Die Gesundheitsformel der 100-Jährigen - Ingo Froböse - E-Book

Die Gesundheitsformel der 100-Jährigen E-Book

Ingo Froböse

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Beschreibung

Uralt werden und dabei nie oder selten krank sein – davon träumen die meisten. Gerade in den blauen Zonen – Sardinien, Okinawa in Japan oder Loma Linda in Kalifornien – trifft genau das auf viele Menschen zu: Sie zählen zu den Gesündesten und Ältesten der Welt. Typische Zivilisationskrankheiten wie Alzheimer, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommen bei ihnen viel seltener vor. Was machen sie anders bzw. richtig? Prof. Dr. Ingo Froböse widmet sich den Erkenntnissen über diese Menschen und ihre Lebensweise. Die ersten Anzeichen von Krankheiten frühzeitig erkennen, den Hebel umlegen und ernsthaften Krankheiten entgegenwirken – Prof. Froböse zeigt, wie man sich seine persönliche blaue Zone zu Hause schafft: durch die richtigen Lebensgewohnheiten, regelmäßige Bewegung und einen geeigneten Ernährungsstil. Denn viel Bewegung, gesunder Schlaf und Regeneration sind gut für unsere Zellen, das Immunsystem und den Stoffwechsel. Machen Sie sich die Ernährungs- und Lebensweise der ältesten Menschen der Welt zunutze. Ganz nach dem Motto von Prof. Froböse: Vorsorgen ist besser als heilen!

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Seitenzahl: 257

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Inhalt

Vorwort

100 Jahre und trotzdem fit – geht das?

Gar nicht mehr so selten: 100 Jahre alt!

Hohes Alter: regional ungleich verteilt

100, 120, 150 Jahre – gibt es eine Obergrenze?

Vorsicht: kürzere Lebenserwartung durch schlechten Lebensstil!

Blue Zones – wo Altsein normal ist

Blue Zones in der Kritik

Die Alten von Okinawa

Die Adventisten von Loma Linda

Was verbindet die Zentren der Langlebigkeit?

Aber: Den Alten geht der Nachwuchs aus

Langes Leben auch in Deutschland

Nur die guten Jahre zählen

„Gute“ Gene für ein langes Leben?

Umwelt und Lebensstil wichtiger als Gene

Assortative Paarung: Gleich und gleich gesellt sich gern

Epigenetik: die Gene an- oder ausschalten

Ist Altern eine Krankheit?

Nur alt oder doch krank?

Faktoren, die das Altern beeinflussen

Gibt es eine natürliche Grenze?

Stammzellen für die Erneuerung?

Anti-Aging-Hormone: besser nicht!

Veränderung lohnt sich

Tod durch Lebensstil auf dem Vormarsch

Geheimnisse eines langen Lebens

7 Schlüssel für ein gesundes Leben

Fitte Muskeln

Je bewegter, desto länger das Leben

Myokine, die Heilstoffe der Bewegung

Stoffwechselorgan Muskulatur

Muskeln kennen kein Alter

Muskel ist nicht gleich Muskel

Wie Bewegung entsteht

Use it or lose it – Muskelschwund

Volkskrankheit Sarkopenie – eine spezielle Form der Atrophie

So wachsen Ihre Muskeln

Abwechslungsreich trainieren

Mein Übungsprogramm für Sie

Gezielter Muskelaufbau ist in jedem Alter möglich

Eiweiß für die Muskeln

Effektiver Stoffwechsel

Blick in das körpereigene Chemielabor

Das stört den Metabolismus

Diabetes Typ 2: Paradebeispiel eines gestörten Stoffwechsels

Den Stoffwechsel auf Trab bringen

Gute Zellernährung

Ein Wunder auf kleinstem Raum

Das mögen Zellen

Fette können mehr, als nur dick machen

Proteine – unser wichtigster Baustoff

Kohlenhydrate – die richtigen sind ein Muss

Ballaststoffe – keineswegs unnötiges Füllmaterial

Vitamine dürfen nicht fehlen

Folatmangel – stark unterschätzt

Mineralstoffe – ohne sie läuft nichts

Spurenelemente – wenig bewirkt viel

Die Zellen vital versorgen

Weniger ist mehr – von Okinawa lernen

Zellen lieben Wasser

Rezepte für einen guten Stoffwechsel

Starkes Immunsystem

Unsichtbarer Schutz gegen Krankheiten

Angeborene und erworbene Abwehr

Entzündung – die wichtigste Reaktion auf einen Angriff

Freie Radikale – von Helfern zu Terroristen

Das Immunsystem unterstützen

Regeneration und Entspannung

Blue-Zone-Ruhe kontra westliche Hektik

Stress beeinträchtigt die Regeneration

Schlaf: unsere Powertankstelle

Im Biorhythmus fällt das Leben leichter

Aktive Erholung am besten täglich

Endlich Wochenende und Urlaub

Glück, Zufriedenheit und Optimismus

Unterschätzte Psyche

Optimisten leben länger

Glück ist kaum messbar, Glückshormone schon

Soziale Kontakte und Wertschätzung

Ikigai: Wofür lohnt es sich zu leben?

Optimale Reinigung

Entgiftung des Körpers – unendlich wichtig

Wie kommen Gifte in unseren Körper?

Leber – absolut lebenswichtig

Nieren – Außenstelle der Leber

Ein Hoch auf schweißnasse Haut

Energie rein, Schlechtes raus – die Lunge

Das Lymphsystem – unser unbekanntes Abwassersystem

Wasser reinigt auch von innen

Nachwort

Literatur

Die Autoren

Liebe Leserinnen und Leser,

sie sind eine Inspiration für jeden Sportler, aber auch ein Vorbild für alle anderen Menschen: Orville Rogers und Julia Hawkins, genannt „Hurricane“ Hawkins. Beide sind bereits über 100 Jahre jung (102 und 104) und mehrfache Leichtathletik-Weltrekordler auf ganz verschiedenen Strecken. Rogers hält mittlerweile die Weltrekorde über 60, 200, 400, 800 und 1500 Meter und noch nie war ein Mensch in seinem Alter schneller als er. Dabei hat er erst mit 50 angefangen, Sport zu treiben und zu laufen. Und auch „Hurricane“ Hawkins begeistert die Zuschauer in den Stadien mit ihren Weltrekorden über die Sprintdisziplinen und ist der beste Beweis dafür, dass es nie zu spät ist, mit Sport und einem gesunden Lebensstil zu beginnen. 

Mehr als 100 Jahre jung und fit wie ein Turnschuh! Das klingt wie eine Mission, eine atemberaubende Perspektive. Möchten Sie auch möglichst so lange leben und dabei so fit sein wie die beiden? Haben Sie in Ihrer Familie viele Angehörige, die richtig lange gelebt haben? Ist das ein gutes Zeichen? Können Sie überhaupt so alt werden, wenn Ihre Eltern und Großeltern leider schon früh verstorben sind? Fragen, die wir uns sicher alle stellen. Aber welche Antworten gibt es darauf?

Sehr häufig werden die Gene als Hauptursache für Gesundheit und Vitalität in einem langen Leben angesehen. Das aber ist falsch, denn die neuesten Forschungsergebnisse zeigen, dass nur maximal 7 bis 10 Prozent unserer Lebensqualität im Alter durch die Gene vorprogrammiert und bestimmt werden. Der andere große Rest, also mehr als 90 Prozent, wird dagegen von unserem eigenen Lebensstil direkt und unmittelbar beeinflusst, und da können wir ansetzen. 

„Manche Leute altern, andere reifen!“ Mit dieser Aussage trifft Sean Connery es exakt: Es geht nicht darum, möglichst viele Lebensjahre zu sammeln, sondern diese Lebensjahre optimal auszufüllen, zu gestalten und zu genießen. Genau das haben wir selbst in der Hand: Wir können unser Leben und unsere Gesundheit ganz allein direkt und unmittelbar beeinflussen und lenken. Es ist kein Zufall oder Schicksal, ob wir lange gesund, fit und vital bleiben. Es ist die Summe unseres Handelns und Lebens, was mit unserer Gesund-heit und unserer Lebensqualität geschieht.

Umfassende wissenschaftliche Studien über die Merkmale des Lebensstils von hochbetagten Menschen jenseits der 90 und 100 Jahre zeigen eindrucksvoll, wie es klappen kann, 100 Lebensjahre und mehr bei bester Gesundheit und optimaler Lebensqualität zu genießen. Ich habe die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse herangezogen und daraus die „Gesundheitsformel der 100-Jährigen“ entwickelt mit den 7 Schlüsseln für ein langes Leben: Genügend Bewegung, ein effektiver Stoffwechsel, eine gute Ernährung für gesunde Zellen, ein schlagkräftiges Immunsystem, gepaart mit der richtigen Portion Regeneration und Entspannung, mit Glück, Zufriedenheit und Optimismus sowie einer leistungsfähigen Selbstreinigung des Körpers, führen als Belohnung zu einem genussvollen, langen und vitalen Leben.

Folgen Sie mir und den Alten dieser Welt und Sie werden sehen, wie leicht das gesunde Altern doch letztlich ist: Viel Freude dabei und bleiben Sie gesund!

Ihr Ingo Froböse

100 JAHRE UND TROTZDEM FIT – GEHT DAS?

Alt werden wollen wir alle. Aber bitte so, dass wir auch im hohen Alter noch aktiv am Leben teilnehmen können. Wie wir das schaffen können, zeigen uns die quicklebendigen 100-Jährigen auf der ganzen Welt. Von ihnen können wir einiges abschauen.

Gar nicht mehr so selten: 100 Jahre alt!

100 Jahre! Das klingt wie ein unerreichbares Ziel. Doch tatsächlich gibt es weltweit immer mehr Menschen, die diese Schallmauer erreichen und ihr Leben auch genießen, weil sowohl ihr Körper als auch ihr Geist noch fit und gesund sind. Gebrechlichkeit spielt für viele dieser Menschen keine Rolle – oder falls doch, höchstens in den letzten zwei bis drei Lebensjahren.

Die Wissenschaft schaut sich diese Menschen schon länger genau an: Von ihnen können wir lernen und Strategien ableiten, die jedem von uns helfen, lange und dabei auch vital zu leben – egal, ob es dann 100 oder „nur“ 90 Jahre werden. Tatsächlich stellen wir bei den 100-Jährigen der unterschiedlichen Kulturen dieser Welt viele Gemeinsamkeiten fest. Ausreichend Bewegung, gesunde Ernährung und regelmäßige Regeneration sowie Entspannung, kombiniert mit sozialen Kontakten, Glück und Zufriedenheit, scheinen über alle Grenzen hinweg die Garanten für eine gute Lebensqualität bis ins höchste Alter zu sein.

LEBENSERWARTUNG IN JAHREN

Mittlere Lebenserwartung in Jahren für ausgewählte Länder

    – Großbritannien   – Deutschland   – Japan   – China   – Russland

Quelle: Life Expectancy by Max Roser, Esteban Ortiz-Ospina and Hannah Ritchie, first published in 2013, last revised in October 2019

Hohes Alter: regional ungleich verteilt

Wie alt jemand heutzutage wird, hängt leider auch davon ab, in welcher Region er das Licht der Welt erblickt. 2015 hatten jene Kinder, die in den 29 wohlhabendsten Ländern dieser Welt geboren wurden, im Durchschnitt eine Lebenserwartung von mindestens 80 Jahren. Dagegen betrug die Lebenserwartung der Jungen und Mädchen, die in den 22 afrikanischen Ländern südlich der Sahara entbunden wurden, weniger als 60 Jahre. Aber auch für diese Region gibt es gute Nachrichten: In afrikanischen Ländern ist das Durchschnittsalter in den letzten 15 Jahren immerhin um 9,4 Jahre angestiegen – das sind die stärksten Wachstumsraten auf der ganzen Welt. Grund dafür ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO die immer bessere Bekämpfung von Malaria und die Beschränkung der Ausbreitung von HIV.

An der Spitze in puncto Lebenserwartung liegen seit Jahren die Frauen in Japan mit durchschnittlich etwa 87 Jahren. Bei den Männern liegt die Schweiz mit 81,3 Jahren vorn. Deutsche leben heute 81,2 Jahre (Frauen: 83,6; Männer: 78,7; Stand: 2016). Im Vergleich mit den europäischen Nachbarn schneidet Deutschland leider nicht so gut ab und liegt mit Platz 18 ziemlich weit hinter unseren Nachbarn (Quelle: Statista, 2018). Schweizer, Spanier und auch Italiener leben in Europa am längsten. In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist die Lebenserwartung von 1990 bis heute durchschnittlich um mehr als sechs Jahre von 74 Jahren auf etwa 80,5 Jahre angestiegen. Außerdem nimmt die Lebenserwartung bei Neugeborenen jedes Jahr um etwa drei Monate zu.

Doch auch innerhalb Europas gibt es deutliche Unterschiede, wenn wir genau hinschauen: Die Menschen in Süd- und Westeuropa leben im Durchschnitt etwa acht Jahre länger als die Bewohner von Mittel- und Osteuropa. Unterschiedliche Standards in der Gesundheitsversorgung, Ernährung, klimatische und umweltbedingte Faktoren sowie das in den Ländern unterschiedlich ausgeprägte allgemeine Wohlbefinden vermutet der EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis als Ursache bei der Vorstellung des Europäischen Berichts zur Lebensqualität 2016.

Zoomen wir mit der Lupe noch näher heran und schauen nur auf Deutschland, finden wir wiederum klare Differenzen. Das Robert-Koch-Institut stellt in seinen jährlichen Berichten fest, dass die Ungleichheiten zwischen den sozialen Schichten nicht nur Einkommen und Bildung betreffen, sondern auch die Lebenserwartung: Gut gebildete und situierte Bürger werden älter. Diese Altersschere zwischen Arm und Reich scheint sich künftig sogar noch zu vergrößern, sofern wir nicht intensiv dagegen vorgehen.

LÄNGERES LEBEN NUR FÜR REICHE?

Mit einer höheren Lebenserwartung steigen auch die Gesundheitskosten. Das ist in unserem Gesundheitssystem schon seit Jahren zu beobachten. Mittel- und langfristig kann das dazu führen, dass der Wunsch nach mehr Lebenszeit nur einer kleinen Gruppe vorbehalten bleibt, die sich „Ersatzteile“ sowie lebenserleichternde Operationen und Behandlungen leisten kann. Genau dort sehe ich aktuell die Gefahr der zunehmenden Industrialisierung der Altersforschung, die gerade in den USA immer stärker auf lebensverlängernde Produkte abzielt.

100, 120, 150 Jahre – gibt es eine Obergrenze?

Allein in Deutschland hat sich die Lebenserwartung in den vergangenen 100 bis 150 Jahren im Durchschnitt nahezu verdoppelt, und zwar von etwa 43 Jahren auf 81,2 Jahre. Möglicherweise wurden aktuell sogar bereits Menschen geboren, die 150 Jahre alt werden können, vermuten manche Forscher. Ist 100 also in den nächsten Jahren nicht mehr die Schallmauer, sondern verschieben wir diese zunehmend weiter nach hinten? Wissenschaftler des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung beschäftigen sich mit diesem Phänomen und werten dazu kontinuierlich die neuesten wissenschaftlichen Arbeiten zur globalen, aber auch zur regionalen Lebenserwartung aus.

Alles andere als rekordverdächtig: Bei der durchschnittlichen Lebenserwartung liegt Deutschland leider nur auf Platz 18.

„Es gibt ein Plateau von gut 100 Jahren, darüber gibt es nicht mehr viel Luft nach oben“, sagt Reiner Klingholz, der Leiter des Berlin-Instituts. Umfassende statistische Analysen deuten darauf hin, dass irgendwo zwischen 115 und 120 Jahren ein biologisches Limit, also ein Höchstalter liegt, über das hinaus niemand altern kann. Nur in Einzelfällen, so Klingholz, sei es möglich, diese Grenze nach oben zu verschieben. Das sehen manche US-amerikanische Wissenschaftler wie Prof. David Sinclair von der Harvard Medical School in Boston anders. Für ihn ist Altern kein natürliches Geschehen mehr, sondern eine Krankheit, der man mit entsprechenden Maßnahmen und biomedizinischen Interventionen begegnen kann. Die Forschung wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zeigen, ob es wirklich gelingen kann, durch genetische und operative Eingriffe sowie Arzneimittel die Obergrenze des Alters noch viel weiter nach hinten zu verschieben – und das zugleich auch ethisch und moralisch vertretbar.

Vorsicht: kürzere Lebenserwartung durch schlechten Lebensstil!

Forscher gehen heute davon aus, dass in einigen Industrieländern in den Geburtsjahrgängen ab dem Jahr 2000 mindestens die Hälfte der Menschen bereits 100 Jahre und älter wird. Ob es wirklich dazu kommt, ist jedoch längst nicht ausgemacht: In den USA sank beispielsweise die mittlere Lebenserwartung 2015 gegenüber dem Vorjahr erstmals um fünf Wochen. Darüber spricht kaum jemand, weil es wenig spektakulär klingt. Doch es sollte uns hellhörig machen, denn es zeigt eindrucksvoll, dass der Trend zum höheren Alter kein Selbstläufer ist. Jene durch den Lebensstil verursachten Krankheiten wie Diabetes, Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs bremsen die Langlebigkeit massiv aus.

Dieses Phänomen wurde nicht nur in den USA beobachtet, sondern es wirkt sich mittlerweile auch in vielen anderen Regionen dieser Welt negativ aus, sogar in den sogenannten Blue Zones.

HEALTHSPANNER ODER IMMORTALIST: ZWEI WEGE ZU HÖHEREM ALTER

In den vergangenen Jahren investierten zahlreiche Unternehmen im Silicon Valley in regenerative Medizin und Langlebigkeit in der Hoffnung, die Endlichkeit des Lebens und damit den Tod zu besiegen oder zumindest weit nach hinten zu schieben. Dabei lassen sich die Wissenschaftler grundsätzlich in zwei verschiedene Strömungen aufteilen.

Die „Healthspanner“ haben primär im Fokus, die Qualität des Lebens und besonders den vollen Besitz der körperlichen und geistigen Kräfte so lange wie möglich zu gewährleisten. Sie setzen dabei hauptsächlich auf Veränderungen des Lebensstils, die sich positiv auf die Vitalität auswirken. Das entspricht etwa meiner persönlichen Denkweise und auch den Inhalten dieses Buchs.

Die andere Gruppe sind die „Immortalists“, Unsterblichkeitsvisionäre, die davon überzeugt sind, dass das menschliche Leben so lange wie möglich dauern soll und ihm kein definitives Ende gesetzt werden darf. Dieser Idee hängt auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg an, der 600 Millionen US-Dollar für ein eigenes Forschungszentrum ausgab.

Der Körper ist für Immortalisten eher eine Maschine, die repariert werden kann und bei der alles Verbrauchte oder Kaputte einfach ausgetauscht wird. Sie hoffen auf die Manipulation von Genen und auf die Verknüpfung des Körpers mit künstlicher Intelligenz. Völlig neue digitale Produkte sollen den uralten Menschheitstraum von Langlebigkeit endlich erfüllen. Selbst vor der Verbindung ihres Gehirns mit einer Cloud schrecken manche nicht zurück.

Im Tierversuch klappt schon einiges. Eine Studie der Mayo-Klinik zeigt zum Beispiel, dass Mäuse länger leben, wenn man bei ihnen regelmäßig bestimmte Zellen austauscht. Diese sogenannten seneszierenden Zellen werden für schnelleres Altern mitverantwortlich gemacht, weil sie negative Signale aussenden.

Blue Zones – wo Altsein normal ist

Wer Langlebigkeit wissenschaftlich erforschen möchte, muss dorthin gehen, wo möglichst viele hochbetagte Menschen leben. Besonders verdient gemacht haben sich in den Anfängen dieses Forschungsfelds die beiden Wissenschaftler Dr. Gianni Pes von der Universität Sassari auf der italienischen Insel Sardinien und Dr. Michel Poulain von der Katholischen Universität Löwen in Belgien.

Im Rahmen ihrer Forschungsarbeiten zur Demografie bestimmter Gesellschaften und Kulturen war den beiden Wissenschaftlern im Jahr 2000 aufgefallen, dass speziell in der Provinz Nuoro mit ihren 74 kleinen Gemeinden im östlichen Teil Sardiniens europaweit die größte Ansammlung an männlichen 100-Jährigen anzutreffen ist. Auf einer Landkarte der Region kreisten sie – zufällig mit einem blauen Stift – jene Dörfer ein, wo besonders viele männliche Hochbetagte wohnten. Die beiden Forscher bezeichneten von da an diese speziellen Regionen als „blaue Gebiete“: Das war die Geburtsstunde des mittlerweile sehr populären Begriffs „Blue Zones“. Er steht weltweit für Regionen mit auffällig vielen, sehr alten Menschen, also für Zentren der Langlebigkeit.

Gemeinsam mit dem Journalisten Dan Buettner erweiterten Pes und Poulain die Blue Zones um die japanische Insel Okinawa sowie um die kleine Adventisten-Gemeinde Loma Linda im Süden Kaliforniens. Später kamen dann noch die Halbinsel Nicoya in Costa Rica und die kleine griechische Insel Ikaria in der nördlichen Ägäis dazu.

Blue Zones in der Kritik

Die Blue Zones haben weltweit große Aufmerksamkeit erregt, versprach man sich doch, dort einen „Jungbrunnen“ für die Menschheit zu finden. So verwundert es nicht, dass das Konzept der blauen Zonen sowohl wissenschaftlich als auch moralisch hinterfragt wird: Den Entdeckern dieser Gebiete wird häufig vorgeworfen, Regionen ausgewählt zu haben, die nur über sehr dürftige statistische Aufzeichnungen verfügen. Durch fehlende Geburtsregister kann das Alter oft nur geschätzt werden, ist also keinesfalls verlässlich und nachprüfbar. Gerade Überprüfbarkeit ist aber ein grundlegender Anspruch in der naturwissenschaftlichen Arbeit.

Außerdem sind die fünf ausgewählten blauen Zonen entweder über Jahrhunderte abgeschnittene Regionen, einsame Täler und Inseln oder religiöse Enklaven, also ziemlich abgeschieden vom westlichen Fortschritt um sie herum. Die meisten sind dadurch geprägt, dass dort Menschen in relativer Armut, mit geringer Bildung und unter harten klimatischen Umweltbedingungen leben.

Wenn diese Merkmale entscheidend für die Langlebigkeit sein sollten, dann ist das Konzept der blauen Zonen sicher nicht zielführend oder gesellschaftlich akzeptabel. Genau deswegen habe ich mich von der alleinigen Betrachtung der blauen Zonen gelöst und mir auch andere regionale Beispiele vorgenommen, um einen weiteren Blick zu bekommen.

Die Alten von Okinawa

Die Forschungsgruppe Gerontologie der Universität von Kalifornien (UCLA, Los Angeles) sammelt in einer Datenbank permanent die Namen und Daten der Ü100-Menschen weltweit. Schaut man sich diese Liste an, dann fällt auf, dass 21 von 45 in Japan leben (Stand: Mai 2020). Fast die Hälfte der international ältesten Menschen sind also Japaner – ein guter Grund, genauer hinzuschauen und sich mit dem dortigen traditionellen Lebensstil intensiver zu beschäftigen. Das sogenannte Ikigai (= Lebenswert) gehört als zentraler und traditioneller Bestandteil dazu und ist in Japan weitverbreitet.

Der Hotspot der Langlebigkeitsforschung ist Okinawa, eine Insel im Süden Japans mit subtropischem Klima. Statt im Altenheim leben die meisten Hochaltrigen auf Okinawa noch allein, arbeiten oft sogar noch oder haben ein Hobby, dem sie täglich nachgehen. Pensionierung, Rente oder Ruhestand sind Begriffe, die es im Sprachgebrauch und täglichen Leben auf der Insel nicht gibt! Obwohl die Blue-Zone-Forscher sich am Alter der Männer orientierten und dadurch auch auf Okinawa kamen, fällt auf, dass es hier vor allem die Frauen sind, die eine überdurchschnittlich hohe Lebenserwartung haben. Die fast vegetarische Ernährung der Bewohner hat bereits als sogenannte Okinawa-Diät bei den Abnehmwilligen im Westen Karriere gemacht. (Obwohl sich diese Diät deutlich von der tatsächlichen Ernährung der Insulaner unterscheidet.) Dort isst man sehr häufig maximal 80 Prozent des tatsächlichen täglichen Energiebedarfs – die Wissenschaft nennt das kalorische Restriktion, die Japaner nennen es „Hara hachi bu“, was so viel bedeutet wie nur 80 Prozent zu essen. Dieses Prinzip soll bereits in den Lehren des Konfuzius verankert sein. Die Ernährung ist sehr pflanzlich ausgerichtet und enthält täglich wenig Kalorien (etwa 2000 kcal). Ganz hoch im Kurs stehen dabei Süßkartoffeln, Tofu und besonders die Bittergurke Goya mit ihren hohen antioxidativen und den Blutzucker regulierenden Bestandteilen.

TEURE GEBURTSTAGE

Bisher waren die Japaner unendlich stolz auf ihre 100-Jährigen und feierten sie jedes Jahr mit großem Aufwand. Seit mehr als 50 Jahren erhielt jeder Japaner, der 100 wurde, vom Staat ein kostbares Geschenk: eine Sake-Schale aus Silber. Außerdem gibt es im September einen Feiertag, um den Respekt vor den Alten zu dokumentieren. Die 100-Jährigen stehen dabei wie große Stars im Mittelpunkt der Feierlichkeiten. 2016 wurde die Ehrung der 100-jährigen Jubilare mit wertvollen Geschenken eingestellt, weil es dem Staat wohl inzwischen zu teuer geworden war: Als man 1963 zu zählen begann, gab es nur 153 100-Jährige, 2016 waren es 4124 Männer und Frauen! Übrigens leben in Japan aktuell etwa 70 000 100-Jährige. Um aufzufallen, braucht es also besondere Leistungen – nur alt zu sein, reicht in Japan nicht mehr. So stellte Hidekichi Miyazaki 2015 einen Rekord über 100 Meter auf: Er lief die Strecke im Alter von 105 Jahren in 42,22 Sekunden!

Die Gartenarbeit wird auf Okinawa hochgeschätzt, weil sie nicht nur viele frische Lebensmittel liefert, sondern auch Stress reduziert und reichlich Bewegung mit sich bringt. Dadurch bleiben die Bewohner aktiv und sind oft an der frischen Luft, tanken Tageslicht und Sonne. Durch die klassische Sitzhaltung auf dem Boden trainieren Japaner ihre Beinmuskeln ganz unbewusst jeden Tag mehrmals, wenn sie aus der Kraft ihrer Beine aufstehen. Außerdem wird auf Okinawa viel Sport in Form der traditionellen japanischen Sportarten wie Karate und Judo betrieben. Auch Gateball – die japanische Form des Krockets – wird fast täglich gespielt und gehört zum Leben einfach dazu. Dan Buettner berichtet sogar von über 80-Jährigen, die noch täglich für den Zehnkampf trainieren.

Doch eins kann ich Ihnen in diesem Zusammenhang nicht vorenthalten: Leider schwindet die Langlebigkeit auf der Insel langsam aufgrund vielfältiger Einflüsse. Andere japanische Städte haben aufgeholt oder Okinawa bereits überholt. Dazu mehr ab Seite 17.

Die Adventisten von Loma Linda

In Loma Linda, einer kleinen Stadt im Süden Kaliforniens, leben besonders viele Siebenten-Tags-Adventisten, also Mitglieder einer protestantischen Freikirche. Sie werden schon seit über 40 Jahren von der Wissenschaft in der „Adventist Health Study“ begleitet und beobachtet, weil es auch dort eine sehr große Menge an außergewöhnlich alten Menschen gibt. Selbst mit über 90 Jahren pflegen viele von ihnen noch ungewöhnliche Hobbys wie Wasserskilaufen und Motorradfahren. Manche üben ihren Beruf noch erfolgreich aus. In dieser großen Studie wollen die Forscher ermitteln, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen der Langlebigkeit und speziellen Ernährungsmerkmalen gibt. Die Menschen in Loma Linda leben im Schnitt, so die Angaben von Journalist Dan Buettner, etwa vier bis sieben Jahre länger als die übrigen Bewohner Kaliforniens.

Die Adventisten selbst sagen, dass ihr Glaube und vor allem ihre optimistische Einstellung zum Leben sie so lange gesund und fit halten. Dass beides sicher eine wichtige Rolle spielt, beweisen zahlreiche Studien, die bereits mit Bewohnern von Klöstern gemacht wurden. Die alten Mönche und Nonnen berichten, dass sie Stress kaum kennen und dass ihnen besonders die Kameradschaft und die Nähe zu Gleichgesinnten viel Kraft und Unterstützung gibt.

Fettleibigkeit ist in der Gemeinde völlig unbekannt: Der Body-Mass-Index (BMI) liegt bei den meisten deutlich unter 30 oder sogar unter 25. (Ab einem BMI von 30 spricht man von Adipositas bzw. Fettleibigkeit, ab 25 von Übergewicht.) Die Adventisten sind täglich sehr viel zu Fuß unterwegs und essen reichlich Gemüse – mindestens dreimal pro Woche Bohnen oder andere Hülsenfrüchte und fünfmal pro Woche eine größere Portion Nüsse mit guten Omega-3-Fettsäuren. Auffällig ist auch, dass abends niemals nach 19 Uhr gegessen wird und nur kleine Portionen aus leicht verdaulichen Nahrungsmitteln auf den Tisch kommen. Außerdem trinken die Adventisten viel Wasser als Hauptgetränk, sicher fünf bis sechs große Gläser über den Tag verteilt.

Was verbindet die Zentren der Langlebigkeit?

Neben den Blue Zones gibt es noch einige weitere Regionen auf der Welt, in denen die Menschen steinalt werden – wie das italienische Dorf Campodimele, die ecuadorianische Gemeinde Vilcabamba oder die chinesische Gemeinde Bama. Zwar weist jede Kultur ihre Besonderheiten auf, und schon aufgrund der geografischen Lage sowie des Klimas müssen sich zwangsläufig Unterschiede in der Ernährung und der Lebensweise finden. Trotzdem gibt es einige Aspekte, die auf die Bewohner all dieser Gebiete auffällig häufig zutreffen und die uns den Weg zum gesunden Altern weisen:

•  vorwiegend pflanzliche Ernährung

•  viel Bewegung im Alltag

•  häufiger Aufenthalt an der frischen Luft

•  wenig Stress

•  soziales Engagement

•  familiärer Zusammenhalt

Dr. Gianni Pes, der Altersforscher aus Sardinien, sieht es allgemeiner: Die Menschen leben dann am längsten, wenn sie sich im Kreuzungspunkt zwischen traditioneller und moderner Lebensweise bewegen. Seiner Meinung nach gibt es optimale Voraussetzungen für ein hohes Lebensalter, wenn die ärgste Kargheit – etwa im Leben der Bauern oder Hirten – zwar überwunden ist, aber der moderne Lebensstil nach westlicher Prägung gerade erst so weit zum Tragen kommt, dass er noch segensreich wirkt, zum Beispiel durch eine bessere medizinische Versorgung, gute Hygiene und eine ausgewogenere, gesündere Ernährung.

Sobald allerdings die Nachteile wie Überernährung, Bewegungsmangel und Stress sich in einer Gesellschaft ausbreiten, sinkt die Lebenserwartung wieder. Dies würde bedeuten, dass nur die Wahrung alter traditioneller Lebensweisen langfristig und nachhaltig gesundheitsförderlich wirkt und jeglicher Überfluss sich negativ auf die Entwicklung der Lebenserwartung auswirkt. Dafür spricht, dass die Ü100er in einigen Zentren der Langlebigkeit in den letzten Jahren leider eher weniger als mehr werden.

Aber: Den Alten geht der Nachwuchs aus

Zwischen 1970 und 1990 waren die Menschen auf Okinawa bei allen Analysen des japanischen Gesundheitsministeriums immer jene mit der höchsten Lebenserwartung. Aktuell liegen die Männer aus Okinawa nur noch auf Platz 30! Ein Grund ist, dass andere Regionen Japans aufgeholt haben.

Vor allem aber hat die weltweit grassierende Epidemie der lebensstilbedingten Erkrankungen auch Okinawa erreicht, denn die jüngeren Menschen dort leben immer weniger auf die traditionelle Weise. Prof. Makoto Suzuki, der schon sein ganzes Leben die Langlebigkeit in Okinawa wissenschaftlich erforscht, bringt es auf den Punkt: Die jungen Leute gehen heute viel weniger zu Fuß, sie essen Fast Food oder Fertiggerichte aus der Mikrowelle und ziehen in die Stadt. Das Leben in Okinawa ist immer näher herangerückt an den westlichen Lebensstil der großen Industrienationen.

Eine Studie des Arztes Prof. Hidemi Todoriki von der Universität Ryukus zeigt, dass der Fettanteil der Ernährung in Okinawa von traditionell 10 Prozent auf über 30 Prozent angestiegen ist – das steht dem Fettgehalt der typischen westlichen Ernährung in nichts nach. Entsprechend hat heute fast jeder zweite Mann im Alter zwischen 20 und 70 Jahren auf Okinawa Übergewicht und um das Alter von 55 finden sich Krankheiten, die es früher dort überhaupt nicht gab. Besonders Leberschäden sind unter den Männern sehr verbreitet und auch Herz- oder Nierenversagen sowie das Auftreten von Diabetes sind rasant gewachsen.

Aktuell versucht die Regierung der Präfektur, diesen rasanten gesundheitlichen Verfall der Bürger mit Diätplänen in Schulen in den Griff zu bekommen. Prof. Suzuki bezweifelt allerdings den Erfolg: Es sei eben nicht nur das Essen, was sich verändert habe, sondern durch die Urbanisierung verschwänden auch viele andere Werte der traditionellen japanischen Lebensweise. Der hochgelobten Halbinsel der 100-Jährigen geht offensichtlich der Nachwuchs aus.

Damit steht Okinawa jedoch nicht allein: Ähnlich sieht es auch in Nicoya auf Costa Rica aus, in Bama, einer Region in der chinesischen Provinz Guangxi, oder im ecuadorianischen Vilcabamba.

Das sind nur einige der Langlebigkeitszentren, die den zunehmenden Wohlstand mit ihrer guten Gesundheit und ihrem langen Leben bezahlen: Die Kinder und Enkelkinder der 100-Jährigen altern schneller und früher als ihre Großeltern dank Fast Food, Autos und Co.!

SONDERFALL LIMONE

Wenn jemand gesund sehr alt wird, liegt das in der Regel nicht an seinen „guten Genen“, sondern an seinem guten Lebensstil. Anders verhält es sich bei den Bewohnern von Limone, einem kleinen italienischen Ort am Gardasee. Auch hier werden die Menschen sehr alt bei guter Vitalität. Aber durch einen Zufall fand man bei ihnen tatsächlich eine genetische Veränderung: Eine sehr große Zahl an Menschen in Limone zeigt eine genetische Besonderheit, die zum Auftreten von „Apolipoprotein A-1 Milano“ im Blut führt. Dieses „anormale“ Protein transportiert mit großer Geschwindigkeit „gefährliche“ Fette aus den Blutgefäßen zur Leber, von wo aus sie dann ausgeschieden werden. Damit hat der Körper der Limoneser eine außergewöhnlich wirksame Waffe gegen Atherosklerose und Herzinfarkt oder Schlaganfall entwickelt.

Langes Leben auch in Deutschland

Wie alt wir werden, hängt also gar nicht selten davon ab, in welcher Region oder Stadt auf der Welt man lebt. Aber ist das bei uns in Deutschland auch so? Gerade im Nordwesten Deutschlands liegt der Anteil der hochbetagten Bürger um mehr als 50 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. An der Spitze liegen die Regierungsbezirke Hannover und Schleswig-Holstein.

Auf der anderen Seite zeigt sich aber auch, dass sich gerade Städte und Regionen im Süden Deutschlands sehr förderlich auf die Lebenserwartung auswirken. Seit vielen Jahren liegen die Region um Starnberg und auch das Breisgau immer an der Spitze der deutschen Rankings. In diesen Gebieten ist die Lebenserwartung am höchsten, während sie in einigen östlichen Bundesländern noch nicht so positiv entwickelt ist.

Doch es gibt auch bei uns weitere Einflussfaktoren für ein hohes Alter, die nicht zu unterschätzen sind. So ist zum Beispiel auffällig, dass die Hälfte der über 100-Jährigen am Lebensende nicht weiter als 25 km von ihrem Geburtsort entfernt wohnen und leben. Der Lebensmittelpunkt der Hochbetagten liegt also bei den meisten sowohl zu Beginn des Lebens als auch zum Ende des Lebens relativ nah beieinander. Das spricht für die wichtige Bedeutung sozialer Netzwerke, wie Wissenschaftler vom Rostocker Max-Planck-Institut für demografische Forschung im Jahre 2014 feststellten.

Nur die guten Jahre zählen

Nach einem Blick in unsere Senioren- und Pflegeheime kommt sicher nicht nur bei mir die Frage auf, ob sich ein langes Leben wirklich lohnt. Es geht eben nicht nur darum, möglichst lange zu leben: Der viel wichtigere Aspekt ist die Lebensqualität. Nur wenn wir sie möglichst lange auf hohem Niveau halten können, wenn wir viele gute Jahre haben können, dann macht ein langes Leben Freude. Wie wir beschwerdefrei, also ohne große Beschränkungen und Einschränkungen, das Leben genießen können, darum geht es in diesem Buch.

Genau damit sieht es bei uns Deutschen jedoch gar nicht so gut aus, wie die Studie „Gesundheit im Blick: Europa 2016“ herausfand: Wir liegen im europäischen Vergleich mit Platz 18 weit hinten. Das Leben ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen erreichen die Deutschen schon mit Mitte 50. Der europäische Durchschnitt dagegen liegt mit 61,5 Jahren deutlich später. In Malta oder Schweden setzen erste körperliche Gebrechen sogar erst mit dem 70. Lebensjahr ein!

Auch wenn die Medizin uns hinsichtlich der Lebenserwartung im europäischen Vergleich auf Augenhöhe mitspielen lässt, zeigt sich beim Blick auf die Lebensqualität leider, dass wir zunehmend eine Gesellschaft von chronisch kranken Menschen werden. Viel zu früh erkranken hierzulande Menschen dauerhaft. Prävention und Vorbeugung spielen in Deutschland im Vergleich zu vielen anderen Ländern eine viel zu kleine Rolle. Deshalb müssen wir das selbst in die Hand nehmen!

„Gute“ Gene für ein langes Leben?

Der Großvater wurde 89, die Mutter 93 und ihr Bruder hat gerade seinen 90. Geburtstag gefeiert – wer aus einer solchen Familie mit vielen Alten kommt, hat doch „gute“ Gene geerbt und wird sicher auch alt. Der Gedanke liegt nahe und ist weitverbreitet, aber stimmt es tatsächlich, dass unsere individuelle Lebenszeit genetisch vorbestimmt ist?

Bei der Entschlüsselung der DNA hoffen die Genetiker bis heute, Erbfaktoren zu finden, die für das Altern und sogar für die Langlebigkeit verantwortlich sein könnten. Das wäre eine gute Grundlage, um neue Strategien und vor allem gut verkäufliche Mittel gegen das Altern und zur Förderung der Langlebigkeit zu entwickeln. Bis jetzt ist das aber nicht gelungen, im Gegenteil: Die Entdeckung der sogenannten Methusalem-Gene war eine der peinlichsten Falschmeldungen in der Genetik überhaupt (siehe Kasten).

Umwelt und Lebensstil wichtiger als Gene

Mit den Genen konnten wir uns immer schön rausreden – bis 2018 eine Studie mit ganz anderen Ergebnissen erschien: Die Analyse der Daten von 400 Millionen Menschen aus dem 19. und 20. Jahrhundert ergab, dass die Gene wahrscheinlich höchstens 7 Prozent ausmachen im Hinblick auf unsere Lebenserwartung! Ihr Einfluss bleibt damit weit zurück hinter dem von Umweltfaktoren und vor allem unserem Lebensstil.

Prof. Graham Ruby aus San Francisco versucht mit seinen Kollegen seit vielen Jahren, den Schlüssel für Langlebigkeit zu finden. Mithilfe statistischer Verfahren hat er die historischen Daten dieser Vielzahl von Menschen auf Lebensdauer, Verwandtschaftsgrad und auch soziokulturelle Faktoren untersucht. Ruby hält es sogar für möglich, dass der genetische Einfluss auf unser Alter noch geringer ist. Blickt man auf jene Blue Zones, in denen die moderne Welt Einzug gehalten hat und wo seitdem die Langlebigkeit zurückgeht, spricht tatsächlich viel für den Lebensstil als Hauptaspekt.

ALS FAKENEWS ENTLARVT: DIE METHUSALEM-GENE