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Derzeit sind für Deutschland fast 14.000 Großpilzarten bekannt. Unter einem Großpilz versteht man Pilzfruchtkörper, die noch mit bloßem menschlichen Auge erfassbar sind. In Niedersachsen werden derzeit 6381 Taxa aus allen taxonomischen Gruppen angeführt. Schwerpunktmäßig befasst sich die Publikation mit der Pilzflora des Harly, einem kleinräumigen Bergzug bei Vienenburg im nördlichen Harzvorland. Sie ist vielen Naturinteressierten nahezu unbekannt, da es bisher keine Veröffentlichung zu diesem Thema gab. Diese Kenntnislücke soll nun verringert werden. Die exakte Zahl von Großpilzen im engeren Sinne ist relativ schwierig zu benennen. Die Landes-koordinatoren zur Artenerfassung in Niedersachsen, Jörg Albers und Axel Schilling (2024), führen bis dato (Stand 12.08.24) 5541 Taxa für Niedersachsen an, wobei mehrere Hundert ungeklärter Namen noch unberücksichtigt bleiben müssen. Ausgehend von dieser vorläufigen Anzahl machen die gefundenen Arten im Harly 16,66 % aus. Das Arteninventar an Großpilzen dürfte im Harly jedoch noch weit höher ausfallen. Insofern versteht sich die Veröffentlichung auch nur als vorläufiger Zwischenstandsbericht. 100 ausgewählte, vom Autor gemalte Bildtafeln und weitere fotografisch festgehaltene Pilzarten sollen den Textteil ergänzen sowie allen Naturinteressierten die wunderbare Welt der Pilze im Harly nahebringen. Wie alles ist auch diese durch Klimakrise und vielerlei lokale Einwirkungen rückläufig und bestandsgefährdet.
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Seitenzahl: 487
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Danksagung
Vorwort
Anliegen der Publikation
Untersuchungsszeitraum und Methodik
Allgemeine Bedeutung der Pilze im Naturhaushalt
Ursachen für den Artenrückgang
Waldschäden im Harly
Der Harly als Untersuchungsgebiet
Vorläufige Liste der Pilzarten aus dem Harly, von denen jeweils eine Bildtafel im natürlichem Größenmaßstab nach Originalfund vorliegt
Abbildungen ausgewählter Pilztafeln aus dem Harly
Vorläufige Gesamtfundliste von Pilzarten im Harly
Abbildungen ausgewählter Pilzfotografien aus dem Harly
Verantwortungsarten von Großpilzen in Deutschland und ihre Verbreitung im Harly
Auswertung und Ergebnis
Glossar
Kurzvita Hans Manhart
Literatur
Impressum
Ich danke allen Personen, die mich bei meinen Exkursionen begleitet, mich mit ihrem Wissen, ihren Hinweisen sowie Zusendungen von Frischpilzfunden unterstützt und bereichert sowie mich mit ihrer Begeisterung für Pilze besonders motiviert haben.
An dieser Stelle seien besonders Harry Andersson (Braunschweig), Klaus (†) und Knut Wöldecke (Hannover) und Marion Franke-Sochacki (Wolfenbüttel) erwähnt.
Mein besonderer Dank gilt Gerwin Bärecke (Oker), welcher die umfängliche und nicht immer einfache Aufgabe des Layoutens und Setzens auf sich genommen hat und ohne dessen tatkräftige Hilfe und Unterstützung die Publikation in der vorliegenden Form nicht hätte erscheinen können und natürlich dem Naturwissenschaftlichen Verein Goslar e.V., welcher die Veröffentlichung finanziell gefördert und ermöglicht hat. Dank auch Frau Dr. Agnes M. Daub für die kritische Durchsicht des Manuskriptes und manch hilfreiche Anmerkung.
Die Publikation widme ich meiner lieben Ehefrau Birgit, die auf mich an vielen Tagen verzichten musste und mir mit ihrer Geduld und ihrem Verständnis eine große Unterstützung war.
Liebe Leser!
Wir freuen uns über den 16. Band der Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Vereins Goslar. Gemäß der Intention, in den Mitteilungen das Wissen unserer Mitglieder festzuhalten, kommt hier der Pilzkundler Hans Manhart zu Wort.
Hans Manhart ist studierter Kunstpädagoge und freier Maler, war Hochschuldozent und Gymnasiallehrer. Schon seit Kindertagen haben ihn Pilze fasziniert und seit mehr als 40 Jahren malt er alle seine Funde, sodass eine große Zahl wunderbarer Pilztafeln entstanden ist. In dieser Zeit ist aus der Faszination für Pilze eine fundierte Kenntnis geworden, Hans Manhart ist geprüfter Pilzsachverständiger der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) und ehrenamtlicher Kartierer für Großpilzarten im Nationalpark Harz.
Im vorliegenden Band der Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Vereins Goslar stellt er die Pilze im Harly vor und zwar retrospektiv, also die Summe aller Funde aus etwa 40 Jahren von ihm selbst und anderen Kartierern. So ist die überwältigende Zahl von 923 Arten zusammengekommen, davon sind 80% Basidiomyzeten (Ständerpilze, darunter die Porlinge, Lamellenpilze und Bauchpilze), 15 % Ascomyzeten (Schlauchpilze, darunter die Becherpilze, Morcheln und Trüffel), der Rest Myxomyzeten (Schleimpilze) und auch drei Arten von Algenpilzen. Etwa 5 % der Pilze sind pflanzenparasitisch.
Ein Drittel der gefundenen Pilze steht auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Von den seit 2014 vom Bundesamt für Naturschutz herausgegebenen Liste der 93 Großpilze, für die Deutschland eine besondere Verantwortung hat, weil diese nur oder überwiegend in Deutschland vorkommen, sind 33 im Harly zu finden.
Leider sind Waldschäden und ein Artenrückgang in den letzten Jahren nicht zu übersehen, Hans Manhart äußert seine Gedanken dazu und weist auf die Schutzwürdigkeit des Gebietes hin.
Das umfassende Werk ist illustriert mit 100 der wunderbaren Bildtafeln von Hans Manhart und 76 Fotos.
Lassen auch Sie sich faszinieren von der großartigen Welt der Pilze im Harly! Und hoffen wir, dass die Natur auch unter den aktuellen Herausforderungen des Klimawandels vielfältig bleibt.
Dr. Agnes-M. Daub
1. Vorsitzende NWV Goslar e. V.
In einem ersten Zwischenstandsbericht soll die vielfältige aber mittlerweile stark bestandsbedrohte Mykoflora des Harly einer interessierten Öffentlichkeit näher vorgestellt werden.
Er wurde als kleinräumiges Gebiet im nördlichen Vorharz ausgewählt, weil er in vielfältiger Weise geologisch, landschaftsmorphologisch, kulturgeschichtlich und botanisch sehr interessant ist. Der Bergzug wird zudem von vielen Menschen als beliebtes Erholungs- und Wandergebiet zu allen Jahreszeiten gern aufgesucht und ist dadurch auch wegemäßig gut erschlossen.
Die räumliche Nähe des Harly zum Wohnort des Verfassers war ein weiterer Grund, den Bergzug über Jahre hinweg regelmäßig aufzusuchen. Er war auch das Ziel mehrfacher mykologischer Exkursionen. (ANDERSSON 1991 und Folgejahre, SCHULTZ, KRIEGLSTEINER, FRANKE-SOCHACKI, JEPPSON (2017) und andere)
Die vorliegende Schrift stellt zum ersten Mal eine regionale Flora der Großpilze eines relativ kleinräumigen Bereiches vor, die in ihrer Struktur und Vielfalt etwas Besonderes darstellt.
Ganz bewusst werden im Speziellen Teil Pilztafeln des Verfassers vorangestellt. Auf eine Abbildung aller nach Pilzfunden im Harly gemalten Tafeln musste jedoch aufgrund ihrer Vielzahl verzichtet werden. Die getroffene Auswahl ist daher subjektiv vorgenommen worden und soll dem Leser exemplarisch die Vielfalt und Schönheit dieser Organismengruppe vor Augen führen.
100 Tafeln sind daher aus einem Konvolut von derzeit 556 Tafeln von Pilzen aus dem Harly ausgewählt worden.
Die Auflistung der Tafeln erfolgt in alphabetischer Reihenfolge, beginnend mit dem wissenschaftlichen Namen nach möglichst aktueller Nomenklatur, dem Publikationsjahr, dem deutschen Namen, sofern ein anerkannter Name vorhanden ist, sowie den wichtigsten Synonymen.
Ein Vermerk des Fundortes mit Angabe des Minutenfeldes in der TK25-Karte sowie Hinweise zum Finder, zum Rote Liste-Status für Niedersachsen nach der 3. Fassung (2014) und, soweit es möglich war, auch eine Einschätzung zur Häufigkeit und jeweiligem Artenbestand im Gebiet schließen sich an. Dazu werden in knapper Form Hinweise zum Habitat der jeweiligen Fundart gegeben.
Natürlich konnte nicht von allen Funden eine Tafel gefertigt worden, so dass sich eine zweite Auflistung anschließt, die sich als vorläufige Gesamtfundliste der im Harly gefundenen Großpilzarten versteht.
Von vielen dieser Funde sind jedoch Fotos mit der Digitalkamera angefertigt worden. Allerdings ist auch hier darauf verzichtet worden, alle Aufnahmen zu dokumentieren, weil dieses den Rahmen der vorliegenden Publikation gesprengt hätte.
Es soll dem interessierten Laien wie dem Pilzbegeisterten die Vielfalt und Ästhetik von Pilzfruchtkörpern eines kleinräumigen Bereiches vermittelt und Interesse für die Welt dieser Organismengruppe geweckt werden.
Gleichzeitig soll aber auch der Artenrückgang und der mit Biotopverlusten einhergehende Gefährdungsgrad von Großpilzen im Harly bewusst gemacht werden. Vielen ist gar nicht die Fülle aber auch die Gefährdung des Arteninventars im Harly bekannt. Die Befassung mit seiner Mykoflora macht gleichzeitig eine starke Rückläufigkeit und Bestandsbedrohung vieler Großpilzarten deutlich. Auch als FFH-Schutzgebiet ist der Harly nicht vor lokalen und globalen Veränderungen gefeit. Das, was sich in diesem insgesamt kleinräumigen Bereich zeigt, ist aber immer noch reicher und vielfältiger als in anderen Landschaftsräumen unserer Region.
Umso mehr muss das Wissen um diesen mykologischen Schatz des Harly jeden Spaziergänger und Naturfreund zu besonderer Achtsamkeit und Rücksicht veranlassen.
Es wäre wünschenswert und schön, wenn sich noch mehr Menschen für die Natur interessierten und ihr mit Achtung und Achtsamkeit entgegenträten.
Die Wahrnehmung von Pilzen hat sich über die Jahrhunderte entwickelt und verfeinert, ebenso wie sich deren Abbild- und Darstellungsmedien differenziert und optimiert haben. Die bildnerische Gestaltung und Wiedergabe von Pilzfruchtkörpern in der botanischen Illustration vollzieht sich im Geschichtlichen vom Einfachen, Schematischen zum Genauen und Differenzierten, z.B. vom vereinfachten Holzschnitt über filigrane Tiefdruckverfahren bis hin zu illusionistischen Trompe l’oeil-Darstellungen.
Mit der Renaissance, der Kunst des 15./16. Jahrhunderts, wird die Entdeckung und Erforschung der Welt, der Dinge und der eigenen Person evident.
So werden die Motive zwar noch im Ansatz abstrahiert, doch mitunter schon in frappierender Genauigkeit und Exaktheit dargestellt. Die Natur beginnt den Menschen der damaligen Zeit zu interessieren. Bekannte Beispiele sind die Studienblätter von ALBRECHT DÜRER wie zum Beispiel das Große Rasenstück, das Veilchen, der Hase oder der Blaurackenflügel, bei denen die äußere Erscheinung der Natur genauestens nachvollzogen und dargestellt wird.
Besonders im 17. Jahrhundert greift sodann die Studie, die genaue Detailzeichnung, wichtige Aufgaben naturkundlicher Betrachtung auf und wird zum wissenschaftlichen Dokument.
In verschiedenen Vanitasmotiven barocker Stilllebenmalerei zeigen sich Pilzdarstellungen in höchst realistischer Darstellungsweise. Sie sind aber Naturalien der Vergänglichkeit, ja Symbole der Erde und des Bösen. Nicht selten werden ihre Darstellungen kombiniert mit Kröten oder Giftschlangen.
Im 18. Jahrhundert verfeinern sich die Darstellungen, im 19. Jahrhundert spalten sich populärwissenschaftliche und wissenschaftliche Darstellungen auf.
Insgesamt umfassen die bildlichen Abbildungen von Pilzen Malerei, Zeichnung und Mischtechnik aber vor allem reproduktive grafische Techniken wie Holzschnitt, Holzstich, Kupferstich, Lithographie, Farblithographie und später analoge und digitale Fotografie, um nur einige Medien zu nennen.
Vermutlich erstmals werden Pilze in den Werken des griechischen Dichters EURIPIDES (480-406 v. Chr.) erwähnt. Erste wissenschaftliche Bemühungen zur Strukturerfassung sind von THEOPHRASTOS VON ERESOS (371-287 v.Chr.) überliefert, der in Pilzen wurzellose Pflanzen sah.
Nach Aristoteles glaubte man an die Urzeugung, welche kleinste Lebewesen und Pflanzen, so auch die Pilze, spontan aus unbelebtem Material hervorgehen ließ.
Insgesamt waren die antiken Vorstellungen vom Wesen der Pilze noch sehr geprägt von volkstümlichen Wissen, was Entstehung, Essbarkeit oder Giftigkeit von Pilzen betraf.
Im Mittelalter haben Pilze in wissenschaftlicher Hinsicht wenig Beachtung gefunden. Eigentlich hauptsächlich von den Mönchen wurden sie zu Speisezwecken benutzt. Durch sie wurde das lateinische Wort boletus zu bolitus, boliz, bülez oder bütz, einer Vorläuferform unseres heutigen Wortes Pilz.
Weitere mittelalterliche Wortformen wie swam, swamb oder swap sind im Neuhochdeutschen Schwamm erhalten geblieben. So spricht man auch heute noch in Österreich und Süddeutschland seit jeher von Schwammerl.
Die erste umfassende Darstellung von Pilzen im Mittelalter stammt von der deutschen Äbtissin HILDEGARD VON BINGEN (1098-1179). Sie stellte die Pilze in das christlichreligiöse Weltbild ihrer Zeit und sah Nutzen und Schaden der Pilze durch göttlichen Willen bestimmt.
Für den Theologen, Philosophen und Naturwissenschaftler ALBERTUS MAGNUS (12001280) sind Pilze die unvollkommensten pflanzlichen Organismen. Seiner Vorstellung nach entstehen sie aus Ausdünstungen und Fäulnis heraus. Vom Verzehr rät er durchweg ab.
Gleiches empfiehlt auch KONRAD VON MEGENBERG (um 1309-1374) in seinem Buch der Natur.
Erst zunehmende Abwendung von traditions- und religionsgebundenem Denken führte in der Neuzeit, also gegen Ende des 15. Jahrhunderts, zu einem Entwicklungsschub naturwissenschaftlicher und medizinischer Erkenntnisse.
Durch die Erfindung des Buchdruckes mit beweglichen Metalllettern von Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg (um 1400-1468) konnte man seit 1450 neu gewonnene Erkenntnisse verbreiten. In der Folge wurden daher viele Kräuterbücher gedruckt, die in das botanische Wissen jener Zeit auch die Pilze aufnahmen.
Man bedient sich nun der reproduktiven Technik des Hochdruckes (Holzschnitt und Holzstich), die zu oftmals flächiger und abstrahierter Darstellung führt. Entweder sind die Handdrucke schwarz-weiß oder nachträglich handkoloriert worden.
Als erster bezieht der Arzt und Theologe HIERONYMUS BOCK (1498-1554) die Pilze in seinem New Kreütterbuch, 1539, Straßburg, mit ein. Er beschreibt in ihm u.a. (irrtümlich) die Tötung von Fliegen durch den Fliegenpilz.
Der Arzt und Botaniker ADAM LONITZER (1528-1586) stellt 1557 erstmals auch das Mutterkorn dar, ein Giftpilz, der Getreideähren befällt und für viele tödliche Vergiftungen des sogenannten Antoniusfeuers verantwortlich war.
Neue Maßstäbe für die Systematisierung der Pilze setzte der niederländische Arzt und Botaniker CHARLES DE L´ECLUSE (1526-1609) mit seinem Werk Fungorum in Pannoniis observatorum brevis historia (Kurze Geschichte der in Pannonien (Anm.: in Westungarn) beobachteten Pilze).
Seine Publikation bildet die Grundlage mykologischer Schriften des 17. Jahrhunderts und enthält neben den Beschreibungen eine Anzahl trefflicher Aquarelltafeln von Pilzen.
Die Fruchtkörper werden formplastisch mit Ansätzen ihrer Gegenstandsfarbe erfasst und in verschiedenen Ansichten dargestellt.
FRANCISCUS VON STERBEECK (1630-1693) beschreibt in seinem Buch Theatrum fungorum, 1675, schon 250 Pilzsippen und fügt 32 Kupferstiche bei.
1588 entdeckt und beschreibt der italienische Naturwissenschaftler GIAMBATTISTA DELLA PORTA (1539-1615) Pilzsporen. Seine Entdeckung, welche die Urzeugung in Frage stellte, war nur durch seine optischen Experimente zur Vergrößerung vor der Erfindung des Mikroskops möglich.
Erst später deutete der Botaniker PIER ANTONIO MICHELI (1679-1773) die Pilzsporen als Fortpflanzungseinheiten.
Mit der Erfindung des Mikroskops Mitte des 17. Jahrhunderts wird die endgültige Trennung zwischen Volkswissen und Naturwissenschaft eingeleitet.
Das 18. Jahrhundert steht für weitere Erfolge der Systematisierung und Klassifizierung der Pilze.
CARL VON LINNÉ (1707-1778), schwedischer Arzt und Botaniker, gilt als Begründer moderner Systematik in der Biologie. Er schuf mit anderen Autoren Grundlagen einer wissenschaftlichen Mykologie.
In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts erschienen zahlreiche handkolorierte Kupferstiche.
Es werden auch das Substrat und wichtige Zeigerpflanzen mit abgebildet, was schon ein komplexeres Verständnis von Verflechtungen von Organismen in der Natur verrät.
Besonderes Augenmerk erregten die Bildtafeln des deutschen Theologen und Naturwissenschaftlers JAKOB CHRISTIAN SCHÄFFER (1718-1790). Es kam zwar, was die Entstehungs- und Lebensgeschichte der Pilze betraf, nicht zu neuen Erkenntnissen, aber man orientierte sich an einer Loslösung der Pilzsystematik von der Pflanzensystematik und trennte sich von der Linné‘schen Systematik.
Sein Tafelwerk ist schon wissenschaftlich-systematisch bzw. systematisierend angelegt.
Der Begriff “Mykologie“ (Pilzkunde) wurde 1794 von dem deutsch-holländischen Botaniker CHRISTIAN HENDRICK PERSOON (1761-1836) geprägt. Es leitet sich von der altgriechischen Bezeichnung μύκης mýkēs ‚Pilz‘ ab.
1800 gab PERSOON das Tafelwerk von SCHÄFFER in einer Neuauflage heraus. SCHÄFFERS Abbildungen sollten das Pilzsystem der 1801 erschienenen Synopsis methodica fungorum (Methodische Zusammenschau der Pilze) illustrieren.
Hingewiesen werden soll auch auf den berühmten Mykologen JEAN BAPTISTE FRANÇOIS PIERRE BULLIARD (1742-1793). Er war ein französischer Arzt, Botaniker sowie Graveur und Aquarellist.
Die Arten werden malerisch sehr differenziert dargestellt.
AUGUST JOHANN GEORG KARL BATSCH (1761-1802) war ein deutscher Botaniker, Mediziner und Schriftsteller, von dem ebenfalls ein Tafelwerk besteht.
Im ausgehenden 18. und beginnendem 19. Jahrhundert stand die Mykologie unter dem Einfluss romantischer und naturphilosophischer Strömungen.
Der Schwede ELIAS MAGNUS FRIES (1794-1878) entwickelte als erster ein System zur Klassifizierung der Pilze und gilt zusammen mit Persoon als Vater der modernen Mykologie.
Im 19. Jahrhundert wurde die Pilzkunde immer wissenschaftlicher.
Der tschechische Arzt und Mykologe JULIUS VINEENZ VON KROMBHOLZ (1782-1843) stellte in seinem Tafelwerk wissenschaftliche und naturgetreue Pilzbeschreibungen zusammen.
Der Botaniker ALBERT FRANK (1839-1900) entdeckte die Fähigkeit von Pilz und Baum in Symbiose zu leben. Er prägte hierfür den Begriff der “Mykorrhiza“ (Pilzwurzel).
JEAN LOUIS ÉMILE BOUDIER (1828-1920) war ein französischer Mykologe und Apotheker.
BOUDIER war einer der führenden französischen Mykologen seiner Zeit.
Die Entdeckung des Schimmelpilzes Penicillium und seiner medizinischen Bedeutung 1928 durch den schottischen Arzt und Bakteriologen ALEXANDER FLEMING (1881-1955) war ein Quantensprung auf dem Gebiet der Verwertung mykologischen Wissens für die Medizin.
Im 20. Jahrhundert zeichnet sich die Bedeutung der Pilze sowohl für das Ökosystem als auch für Pharmazie, Land- und Forstwirtschaft sowie die Nahrungsmittelproduktion immer deutlicher ab. Aber erst 1969 wurden, wie eingangs angemerkt, die Pilze durch ROBERT WHITTAKER dem Reich der Fungi zugeordnet.
Auf dem populärwissenschaftlichen Gebiet erscheinen in der Folgezeit immer mehr illustrierte Pilzbücher, die zunehmend Pilzfotografien als Abbildungsmaterial enthalten.
Durch die Digitalfotografie und kameratechnischer Systeme sind heutzutage bildlicher Darstellung fast keine Grenzen mehr gesetzt. Die Fülle illustrierter Pilzführer und Bestimmungsliteratur ist zudem unübersehbar geworden.
Derzeit verändert sich das Wissen um genetische Zugehörigkeit vieler Pilzarten durch Erkenntnisse der DNA-Sequenzierung spürbar und damit einher geht auch ein Wandel der Nomenklatur. Immer stärker arbeitet sich die Naturwissenschaft in die Genetik und Biochemie von Pilzen ein. Es wird jedoch deutlich, dass das Reich der Pilze noch nicht annähernd erforscht ist.
Da Pilze Bioindikatoren sind und auf Veränderungen im Strukturhaushalt der Natur reagieren, sind sie auch wegen der Klimaerwärmung und Umweltproblematik stärker in den Focus gerückt. Wurden Pilze doch vor etlichen Jahren noch als “Vergessene der Natur“ bezeichnet, kann zum Glück heute davon nicht mehr die Rede sein.
Zum Schluss sollen noch ein paar Illustratorennamen genannt werden :
JOHANN CHRISTIAN PETER ARCKENHAUSEN (* 3. September 1784 in Goslar; † 28. April 1855 ebenda) war ein deutscher Zeichenlehrer, Zeichner und Illustrator botanischer und zoologischer Werke.
Vom ihm stammen auch insgesamt 197 Tafelillustrationen von Großpilzen, wobei unklar ist, ob er diese nach eigenen Aufsammlungen gemalt und selber mykologisch gearbeitet oder die Tafeln auf Anregung und Wunsch anderer angefertigt hat.
Die Originaltafeln konnte der Verfasser im Goslarer Museum vor Jahren persönlich einsehen. Sie weisen einen hohen Grad naturalistischer Wiedergabe auf, sind aber nicht in der Weise beschriftet worden vom Bildautor, dass man ihre mögliche Funktion daraus ableiten kann.
Die Zahl der gefertigten Tafeln jedoch spiegelt ein durchaus größeres mykologisches Interesse und entsprechende Kenntnisse des Künstlers wider. JOHANN ARCKENHAUSEN wurde 1784 in Goslar als Sohn eines Schuhmachermeisters geboren. Er erhielt vermutlich eine Ausbildung als Schreiber und Zeichner, um seinen Lebensunterhalt als Zeichenlehrer in Goslar und als Fachbuchillustrator zu verdienen. Er war Gründungsmitglied des am 23. Oktober 1852 ins Leben gerufenen Naturwissenschaftlichen Vereins Goslar, der einen großen Teil seines wissenschaftlichen und künstlerischen Nachlasses übernahm. ARCKENHAUSEN legte als Basis für seine Illustrationen ein Herbarium sowie eine Insekten- und Schmetterlingssammlung an. Seine Pflanzendarstellungen zeichnen sich durch große Klarheit, Filigranität und Prägnanz aus. Sie wirken ästhetisch gelungen und farblich harmonisch. ARCKENHAUSEN starb im April 1855 im Alter von 70 Jahren in Goslar.
Erwähnung finden soll auch ALBIN SCHMALFUSS (gest. nach 1895), ein Kunstmaler und Illustrator des 19. Jahrhunderts. Seine genaueren Lebensdaten sind jedoch leider unbekannt.
SCHMALFUSS besuchte eine Lehre als Musterzeichner in Plauen und ließ sich als Kunstmaler in Leipzig nieder. Er wurde von EDMUND MICHAEL, einem Lehrer an der Landwirtschaftsschule zu Auerbach/Vogtl., beauftragt, unter dessen Anleitung und in dessen Wohnung alle Abbildungen für seinen erstmals im Juli 1895 erschienenen Führer für Pilzfreunde zu zeichnen. Die so entstandenen Abbildungen machten SCHMALFUSS international bekannt, da der Pilzführer in zahlreichen Auflagen auch im Ausland eine große Verbreitung fand.
EMIL DOERSTLING, Maler und Pädagoge des frühen 20. Jahrhundert soll ebenfalls genannt werden. Er war ein deutscher Maler und Kunsterzieher und besaß daher sowohl gestalterische als auch didaktische Fähigkeiten. Geboren wurde er am 29. August 1859, Stettin (jetzt Szczecin, Polen), gestorben ist er 1940 in Königsberg, dem heutigen Kaliningrad (Russland).
DOERSTLING illustrierte EUGEN GRAMBERGS zweibändige „Pilze der Heimat“ (Leipzig 1913) und ist mit ästhetisch hochwertigen Illustrationen verschiedener Pilzarten bekannt geworden.
CLAUS CASPARI, botanischer Maler und Illustrator im 20. Jahrhundert (1911-1980) ist zu erwähnen, dessen Tafeln sehr fein und genau gestaltet sind und auch malerische Informationen zum Habitat der Pilzart geben. Claus Caspari ist durch seine hochnaturalistischen botanische Pflanzen- und Pilztafeln bekannt geworden.
ERHARD LUDWIG (* 2. Oktober 1938 Berlin, † 23. Januar 2019 Berlin ) ist ein deutscher Mykologe, der in Berlin lebte und arbeitete.
Hauptberuflich war er Zollinspektor, später Haushaltsreferent für das Berliner Schulwesen, im Rang eines Regierungsdirektors, nebenberuflich hat er sich als Mykologe und mit seinem Pilzkompendium, von dem zu Lebzeiten vier Bild- und vier umfängliche Beschreibungsbände erschienen, einen Namen gemacht. Nach anfänglichen Misserfolgen in der Pilzfotografie erlernte der Mykologe autodidaktisch die Aquarelltechnik. Insgesamt hat LUDWIG über 3750 Pilzarten im Aquarell mit schätzungsweise 25.000 Einzeldarstellungen illustriert. Die Bilder sind die Grundlage für eine 6-bändige Pilz-Ikonografie, an der er seit 25 Jahren arbeitete. Band 1, 2, 3 und 4 sind bereits erschienen und geben die Vielfalt der Pilzfruchtkörper in naturalistischer Feinmalerei wieder.
Der Verfasser hat das Glück gehabt, ihn persönlich bei seiner Illustrationsarbeit beobachten zu können, die zum Teil sehr schnell vonstattenging, ihn aber mitunter auch ganze Tage vereinnahmen und beanspruchen konnte. LUDWIG malte nicht nur nach Frischfunden, sondern auch nach Fotografien, aber stets hochrealistisch und konkret stofflich.
Es ging ihm darum, die Pilzgattungen möglichst in ihrer Artenbreite wiederzugeben, was natürlich nicht nach eigenen Funden möglich ist, zumal er in sein Kompendium auch äußerst seltene Arten oder welche, die verstreut in den verschiedensten Ländern Europas fruktifizieren, mit aufgenommen hat.
Warum der Autor auch den direkten Weg der Illustrationsmalerei gewählt hat, ist verschiedenen Umständen geschuldet, die nachstehend kurz betrachtet werden sollen.
Der Vorteil einer künstlerischen Tafelgestaltung von Großpilzen besteht darin, dass man direkten Kontakt mit allen Sinnen zum gefundenen Frischpilz aufnimmt und diesen in seinen äußeren makroskopischen Merkmalen wie zum Beispiel Stielnatterung, Hutschuppung, Hutrandriefung, Lamellen-, Röhren- oder Porenfarbe, Stielwurzelform, Färbereaktionen bei Andruck oder Anschnitt des Fruchtkörpers, Farbverläufe in Hut und Stiel und vieles mehr feinmalerisch und im Detail erfassen kann.
Dabei wird darauf geachtet, dass Fundtypisches wie Druckstellenverfärbungen oder frische Anschnittverfärbungen der Fruchtkörper unmittelbar dargestellt werden. Das bedeutet, dass gefundene Frischpilze möglichst rasch nach ihrem Sammeln gemalt und abgebildet werden müssen
Es lässt sich zudem aus wenigen Fruchtkörpern ein Studienblatt erstellen, welches verschiedene Altersstadien und Ansichten des Pilzes und unter Umständen das hinzugefügte Substrat (Holz, Erde, Moos usw.) zu einer Bildtafel zusammenfasst.
Wer sich mit Pilzen beschäftigt, weiß wie groß die Variabilität von Pilzfruchtkörpern sein kann.
So sind oft mehrere Tafeln von einer Art anzufertigen, um die Plastizität und Stofflichkeit der Erscheinungsform zu veranschaulichen.
Jeder Pilzsucher weiß aber auch, welche Rolle ein glücklicher Zufall oder Umstand bei dem Fund von Pilzen spielt.
Die Wege sind angesichts des deutlichen Artenrückganges und der Bestandsausdünnung der Pilzarten heutzutage aber deutlich länger und auch erfolgloser geworden.
Da viele Kleinarten zudem sehr kurzlebig sind, übersehen wurden, mitunter extrem selten oder unregelmäßig fruktifizieren, ist jeder Fund in dieser Zeit etwas ganz Besonderes.
Diese hängt mit dem Substratangebot, dem Standort, der Art und dem Alter des Fruchtkörpers, der Witterung und der Lichteinstrahlung zusammen und macht es notwendig, auch mehrere Tafeln von ein und derselben Art zu fertigen. Nur so können farb-, form- und texturplastische Aspekte beobachtet und die plastische Vielfalt einer jeweiligen Art dokumentiert werden.
Dadurch, dass Fruchtkörper auf dem Papier als Studie freigestellt werden, lassen sich Simultankontraste als Beeinflussungskontraste zwischen Pilz und Umgebung oder eine bestimmte Lichtfarbe beim Fund- und Aufnahmemoment in der Natur vermeiden.
Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt ist die zeitlich intensive Detailbefassung mit dem Pilz, dessen äußere Erscheinungsform vom Darstellenden verinnerlicht wird und zu einer vertieften Kenntnis der Fundart führt.
Auch Aspekte punktueller Tiefenschärfe wie sie bei einer fotografischen Aufnahme eine Rolle spielen, können vernachlässigt werden. Natürlich ist die Digitalfotografie als zusätzliches Dokumentationsmittel unverzíchtbar, da das Einzelfoto wichtige Informationen zum Pilzstandort und Habitat liefert und auch Möglichkeiten einer Ausschnittvergrößerung als Detailaufnahme mit sich bringt.
Die Tafeln von Pilzfunden aus dem Harly wurden in keinem einzigen Fall bislang nach Fotografien gefertigt, sondern immer nach direkter Frischpilzvorlage und nach Möglichkeit bei gleichmäßig hellem Tageslicht in natürlichem Größenmaßstab abgebildet.
Das lässt sich jedoch bei sehr vergänglichen Arten zum Beispiel aus der Gruppe der Schwindlinge oder Tintlinge nicht durchhalten. Hier kann man dann wirklich meistens nur von fotografischen Vorlagen ausgehen. Arten aus diesen Gruppen sind daher noch nicht im vorliegenden Tafelkonvolut enthalten.
Der Harly wurde seit 1986 vor allem im Süd- und Ostteil mehrmals im Jahr begangen.
Seit Wohnsitzwechsel des Verfassers 1998 von Braunschweig nach Bad Harzburg, Ortsteil Harlingerode, fanden Exkursionsgänge in der Folgezeit fast wöchentlich statt, so dass von einer durchaus intensiven Langzeitbeobachtung bis einschließlich 2023 gesprochen werden kann.
Besonders unterschiedliche Wald- und Saumgesellschaften wurden berücksichtígt und wiederholt alljährlich abgesucht. Auch verschiedene Gesteins- und Bodenbeschaffenheiten des Harly sowie seine Begleitflora fanden dabei besondere Beachtung.
Untersuchungsschwerpunkte und Häufigkeitsfunde ergaben sich jedoch vor allem in den Minutenfeldern 07, 08, 13, 14 und 15 des Quadranten 4029.1 des Untersuchungsgebietes Harly.
Bestimmte Areale besonders an den Nord-, Nordwesthängen sowie in den historischen, zum Teil stark überwachsenen oder schwer zugänglichen Steinbrüchen und Schürfgräben wurden im wesentlichen ausgespart, da diese sich als mykologisch nicht so fundergiebig herausstellten.
Flächendeckend und vollständig wurde der Harly trotz vieler Begehungen also in summa nicht erkundet und kartiert, so dass durchaus auch noch mit Überraschungsfunden zu rechnen ist.
Geschätzt wurden bislang knapp 50 % der Gesamtfläche des Harly intensiv begangen und erkundet.
Makroskopisch bestimmbare Arten wurden meist direkt im Feld bestimmt und in Kartierlisten festgehalten. Nicht im Feld direkt bestimmbare Arten wurden zur Nachbestimmung mitgenommen und mikroskopisch untersucht, zahlreiche Aufsammlungen wurden von verschiedensten Exkursionsteilnehmern bestimmt, die in der Gesamtfundliste aufgeführt werden.
Fruchtkörper zu Illustrationszwecken (Bildtafeln) wurden stets nur in verantwortbarer Kleinmenge entnommen.
Parallel dazu fanden intensive Literaturrecherchen statt.
Die Taxa wurden nach möglichst aktuellem Kenntnisstand gewählt.
Bis ins späte 20. Jahrhundert wurden Pilze wegen ihrer sesshaften Lebensweise noch dem Pflanzenreich zugeordnet. Die Abtrennung der Pilze von den Pflanzen wurde erstmals von ROBERT WHITTAKER (1969) vorgeschlagen.
Seitdem werden sie aufgrund phylogenetischer, biochemischer und anatomischer Befunde neben den Pflanzen und Tieren als dritte, eigenständige Organismengruppe geführt.
Wie Tiere sind Pilze heterotroph (speziell chemoorganotroph) und ernähren sich von organischen Nährstoffen ihrer Umgebung, welche sie meist enzymatisch aufschließen und dadurch löslich und für sich ernährungsmäßig verfügbar machen. Eine weitere Gemeinsamkeit von Pilzen und Tieren ist, dass beide Organismenformen das Polysaccharid Glykogen als Speichersubstanz bilden, während Pflanzen Stärke bilden.
Die Abgrenzung vom Reich der Tiere erfolgt jedoch nicht aufgrund der Unbeweglichkeit der Pilze, da auch manche Tiere, wie Schwämme oder Steinkorallen, den größten Teil ihres Lebens ortsfest verbringen. Wesentliche Unterschiede zu den Tieren bestehen in der Ultrastruktur, so im Vorhandensein von Zellwänden und Vakuolen (wie bei Pflanzen).
Von den Pflanzen unterscheiden sich die Pilze darin, dass sie keine auf Chlorophyll basierende Photosynthese vollziehen können. Außerdem enthält die Zellwand der meisten Pilze neben anderen Polysacchariden auch Chitin, welches im Pflanzenreich nicht vorkommt, aber bei Insekten. Weiterhin fehlt den Pilzen das für Pflanzen charakteristische Polysaccharid Cellulose.
Der Vegetationskörper der meisten Pilze besteht aus fädigen Hyphen (Zellfäden), die im Substrat den Blicken verborgen das Myzel, den eigentlichen Pilz bilden. Das, was wir als Pilz allgemeinsprachlich bezeichnen, ist der sporentragende und –verbreitende Fruchtkörper eines Pilzes.
Alle mit dem unbewaffneten Auge noch wahrnehmbaren Fruchtkörper werden den Großpilzen (Makromyzeten) zugeordnet, die noch kleineren und nur mikroskopisch genau sichtbaren werden zu den Kleinpilzen (Mikromyzeten) gezählt.
Die Welt der Pilze bildet nach den Insekten die zweitgrößte Organismengruppe. Ihre Artenvielfalt ist weit größer als die der Landpflanzen und in ihrer Komplexität noch nicht einmal annähernd erfasst.
Verschiedene Autoren O‘ BRIEN ET AL. (2015), (TEWKSBURY & ROBERTS (2014) schätzen die Gesamtartenzahl der Pilze (Makro- und Mikromyzeten) zwischen 5,1 und 10 Millionen, wobei gerade mal derzeit 380.000 Arten wissenschaftlich beschrieben sind. Es wird geschätzt, dass erst 2-10 % aller Pilzarten bekannt sind. Allein schon die erheblich abweichende Mengeneinschätzung der Gesamtpilzarten zeigt auf, dass große Bereiche der Mykologie noch terra incognita sind.
Taxonomisch gab und gibt es aufgrund molekularphylogenetischer und ultrastruktureller Untersuchungen und daraus resultierenden Erkenntnissen große Umbrüche.
Auch aus diesem Grund werden zu den im Speziellen Teil angeführten Fundarten auch die Synonyme beigefügt. Die Nomenklatur der Fundarten und vieler anderer Pilzarten ist derzeit im Fluss.
Pilze sind ökologisch gesehen hochspezialisierte Organismen, die in der Natur wesentliche Funktionen als Zersetzer und Stoffumwandler (Recycler) von organischem Material, als begleitende Wachstumsoptimierer von Pflanzen oder als Steuerungsorganismen biochemischer Prozesse besitzen. Sie können sich mit Pflanzen und Tieren vernetzen und beherrschen Kooperation und Aufgabenteilung in einem Höchstmaß. Ihre Fruchtkörper verfügen über eine schier unübersehbare morphologische und farbliche Vielfalt.
Pilze sind zum Teil extrem angepasst, jedoch auch aufgrund ihrer Spezialisierung durch veränderte Umweltbedingungen gefährdet, so dass sie auch als Bioindikatoren zum Beispiel Boden-, Klima- und Stoffveränderungen und -defizite anzeigen.
Für fast alle Ökosysteme stellen sie einen unverzichtbaren und lebenswichtigen Bestandteil dar. Zusammen mit Mikroorganismen sind Pilze Zersetzerorganismen (Destruenten) im Stoffkreislauf unserer Ökosysteme. Als Saprobionten (Fäulnisbewohner) bauen sie Holz, Laub- oder Nadelstreu ab sowie alle weiteren in der Natur anfallenden organischen Materialien und halten so den Nährstoffkreislauf in Gang. Dabei führen sie Stickstoffverbindungen und andere Stoffe in den Boden zurück. Durch die Remineralisierung von Nährstoffen stellen sie diese Pflanzen und Tieren erneut zur Verfügung. Ihre “Recycling“-Aufgabe macht Pilze aus ökologischer Sicht zu Ernährern des Waldes.
Pilze und Mikroorganismen machen rund drei Viertel der gesamten Bodenmasse aus und leisten somit den größten Betrag für einen guten und gesunden Boden.
Zusammen mit den Kleinstlebewesen sind sie auch in der Lage, Schadstoffe im Boden abzubauen und Pflanzen bei der Aufnahme von Nährstoffen und der Abwehr von Krankheitserregern zu unterstützen. Daher haben Pilze als Symbionten (Symbiosepartner) eine weitere wichtige Schlüsselrolle als Nährstofflieferanten, Netzwerker und Ernährungsoptimierer inne.
Als Mykorrhiza, übersetzt „Pilzwurzel“, gehen sie eine Partnerschaft mit Gefäßpflanzen ein.
Die meisten unserer Bäume leben zum Beispiel mit solchen Pilzen in Symbiose. Mykorrhizapilze umkleiden oder durchdringen die Feinwurzeln des Baumes, sammeln Nährstoffe und leiten diese zusammen mit Wasser den Pflanzen zu. Im Gegenzug erhält der Pilz die zu seinem Leben erforderlichen Stoffe, also vor allem Zucker, Eiweiße und Vitamine.
Mykorrhiza ist aber nicht nur auf Bäume beschränkt, sondern spielt auch bei Nutzpflanzen, Gräsern oder Orchideen eine wichtige Rolle. Über 90 Prozent der Landpflanzen leben in einer solchen Verbindung mit Pilzen, bei der die zarten Pilzfäden mit den feinen Wurzeln der Pflanzen in Kontakt sind. Eine Geschäftsbeziehung zum gegenseitigem Vorteil: Tausche Mikro-Nährstoffe, Phosphat und Stickstoff gegen Photosynthese-Produkte.
Die Zahl und Diversität von Großpilzen gibt auch immer Aufschluss über die organismische Vielfalt unserer Wälder.
Als eigene Habitatbildner stellen die Pilze mit ihren Fruchtkörpern auch einen wichtigen Lebensraum für andere Organismen zur Verfügung und schaffen eine eigenes Ökosystem. Das gilt nicht nur für eine Vielzahl z. B. auf Pilze spezialisierte Insekten, sondern auch für Mikroorganismen, deren Zahl und Individuenreichtum alles in den Schatten stellt.
Letztendlich stellen Pilze auch für Kleintiere eine wichtige Nahrungsquelle in der Natur dar, wobei Tiere wie zum Beispiel die Fliegen bei der Stinkmorchel als “Sporentaxi“ fungieren und für eine weitere Verbreitung der jeweiligen Pilzart sorgen.
Die hypogäisch wachsenden Trüffeln können im Boden keine Sporen verbreiten und locken daher mit speziellen Duftmolekülen, die sie erst bei Sporenreife produzieren, Wildtiere an, die sie ausgraben, fressen, die Sporen über ihren Stoffwechsel wieder unversehrt ausscheiden und damit Möglichkeiten neuer Mycelbildung schaffen.
Diese Lock- und Botenstoffe entstehen jedoch aus einer komplexen und noch nicht ganz aufgeklärten Wechselbeziehung von Trüffel, Pflanze, Boden, Klima und Mikroorganismen. Man weiß, dass Fruchtkörper von Trüffeln üppige Gemeinschaften von Bakterien und Hefepilzen beherbergen – zwischen einer Million und einer Milliarde Bakterien je Gramm Trockengewicht. Viele Mitglieder des Mikrobioms von Trüffeln erzeugen charakteristische, flüchtige Duftaromen, nicht nur die Trüffel also allein. Ein Beispiel dafür wie fein und präzise alles mit allem in der Natur vernetzt ist.
Auf der anderen Seite halten Bitter- und Schärfestoffe, die in Fruchtkörpern der Pilze produziert und eingelagert werden, Fressfeinde fern, zu denen wir ja im Übrigen auch durchaus gehören.
Welche Aufgabe und welchen Nutzen vorhandene Insektenspezialisierung auf bestimmte Pilzarten besitzt, ist noch weitgehend ungeklärt.
Parasitär lebende Pilze sind zumeist auf einen bestimmten Wirtsorganismus (Pflanze, Pilz, Tier) spezialisiert, den sie als Parasit angreifen und schädigen, um von seinen Nährstoffen zu profitieren, ohne dafür selbst etwas anzubieten, wie es bei einer Symbiose der Fall wäre. Um geeignete Wirte zu finden, haben diese Spezies unterschiedliche Methoden entwickelt. So kann zum Beispiel Armillaria ostoyae, der Dunkle oder Fleischbräunliche Hallimasch, als Schwächeparasit nahezu alle lebenden Holzarten in Laub- und Nadelwäldern und außerhalb befallen. Schwächungen durch Dürreperioden, Schädlingsbefall, Fröste oder Mehltau machen die Bäume anfällig. Der Pilz dringt dann mit Hilfe von im Boden wachsenden Rhizomorphen in die Wurzeln ein, deren Rinde er abtöten kann, und steigt im Stamm hoch, wo die Rinde angegriffen wird oder eine Stammfäule im Kernholz entstehen kann. Mitunter sieht man noch Jahre nach dem Befall die zähen, netzartig verzweigten, schwarzen Rhizomorphen unter der Rinde abgestorbener Wirtsbäume. Ist der Wirt abgestorben, kann der Pilz als Saprobiont büschelweise auf Totholzstämmen oder Stubben eine Zeit lang weiter fruktifizieren.
Pilzliche Pflanzenschädlinge (Phytoparasiten) sind besonders in der Landwirtschaft gefürchtet.
Hierzu gehören die Mehltau-, Rost- und Brandpilze. Diese Pilze bilden eine sehr große Organismengruppe hochspezialisierter, nur auf jeweils bestimmten Pflanzenarten vor kommende Arten.
So produzieren Rostpilze große Mengen an Sporen und erhöhen dadurch die Chance, dass einige von ihnen auf kompatible Wirtspflanzen gelangen. Effektiver ist dagegen die Verbreitung durch Insekten, welche die Wirtspflanzen besuchen. Auf diese Weise werden etwa Hefen, die im Nektar leben, von Blüte zu Blüte transportiert. Die Sporen von Monilinia fructigena, dem Erreger der Fruchtfäule bei Obstbäumen, werden durch Wespen verbreitet, die zugleich durch Anfressen der Früchte den Zugang für den Pilz schaffen.
Brandpilze können jahrelang ohne Wirtspflanzen saprophytisch im Erdreich leben. So sind in einem von Ustilago maydis, dem Maisbeulenbrand, befallenen Acker noch bis zu 12 Jahre danach infektiöse Myzelien vorhanden, die erneut ausgesäte Maispflanzen sofort parasitieren. Auch Tiere und Menschen können sich Pilzinfektionen durch Kontakt mit Pilzsporen zuziehen.
Allerdings führen viele pflanzenparasitische Pilze nicht zum Absterben der Pflanze und müssen daher auch nicht unbedingt bekämpft werden.
Dass nicht alle pilzlichen Parasiten Schädlinge sind, sieht man daran, dass etliche unter ihnen nützlich sind, zum Beispiel als Edelfäule des Weines, oder dass einige zur Bekämpfung tierischer Schädlinge dienen.
Auch für uns Menschen, die wir ein Teil der Natur und von ihr abhängig sind, spielen Pilze eine entscheidende Rolle. Wild- und Zuchtpilze sind als Lebens- und Genussmittel Nahrungslieferanten.
Noch bedeutender sind Pilze jedoch als Mikromyzeten, denn die mikrobielle Biotechnologie gilt als eine zentrale Technologie unseres Jahrhunderts. So wird im Arzneimittelbereich die vielfältige stoffwechselphysiologische Aktivität von Pilzen zur Produktion von Antibiotika und anderer Pharmazeutika genutzt, im Lebensmittelbereich zur Produktion bestimmter Lebensmitteln (z.B. Käse, Alkohol, Brot und Kuchen), des Weiteren zur Herstellung von Enzymen, Zusatz- und Aromastoffen (z.B. Vanillin), quasi als “Lebensmitteldesigner“.
Mikrobiell gewonnene Pilzinhaltsstoffe können in der Medizin den Cholesterinspiegel im Blut senken, besitzen immunmodulierende Wirkungen z.B. bei Krebspatienten, verhindern in der Transplantationsmedizin Abstoßungsreaktionen von Organen, dienen zur Gewinnung von Vitamin B2 oder Vitamin C oder produzieren Zitronensäure als Säuerungsmittel für Getränke und Marmelade. Ihre Enzyme wirken aber auch in Waschmitteln als Fettlöser.
Der Haupteinsatz von Pilzen in der Lebensmittelindustrie ist die Fermentation. Exoenzyme von Schimmelpilzen bewirken einen Abbau, Umbau oder Aufbau von Ausgangsstoffen, häufig unter Beteiligung von Bakterien (z. B. Käse, Salami). Dabei werden komplexe größere Moleküle in aromaaktive niedermolekulare Verbindungen gespalten, was auch zu besserer Bekömmlichkeit führt.
Pilze haben ferner als sogenannte Vital- oder Heilpilze (ganze Pilze oder Extrakte als Nahrungsergänzungsmittel) Bedeutung erlangt und besitzen eine wichtige Rolle in der Traditionellen Chinesischen Medizin und in der Naturheilkunde.
Auch zum Abbau von Bodengiften (Schwermetallbelastungen, Mineralöle, Dioxine) werden Pilze ebenso eingesetzt wie zur Schädlingsbekämpfung in der Forst- und Landwirtschaft.
Als Beispiel für einen ökonomischen Nutzen von Pilzen sollen die Strobilurine enthaltenden Zapfenrüblinge Erwähnung finden. Lichtstabilere chemisch synthetische Strobilurine kommen als Fungizide in der Landwirtschaft zum Einsatz. Sie wirken durch Hemmung der Zellatmung.
All diese Beispiele verdeutlichen, dass ohne Pilze der Naturhaushalt zusammenbräche und auch wir Menschen in existentielle Not kämen.
Dass die Pilzflora rückläufig ist und zunehmend verarmt, ist mittlerweile allgemein bekannt. Jeder aufmerksame Naturfreund und Pilzsammler kann das bestätigen, auch wenn zwischendurch ein sogenanntes “gutes Pilzjahr“ mal eine Ausnahme zu bilden scheint.
Auch im Harly ist diese Entwicklung beobachtbar. Noch vor wenigen Jahren anzutreffende Großpilzarten sind mittlerweile verschwunden oder tauchen nur noch sporadisch als sogenannte Kümmerexemplare auf. Etliche Sammelarten sind bestandsdezimiert und finden sich nur noch sehr zerstreut und zu wenigen Exemplaren an.
Dieser Wandel ist nicht nur bei den Pilzen feststellbar, sondern auch am Erscheinungsbild des Waldes und der Waldsäume, auf das im Einzelnen noch an anderer Stelle eingegangen wird.
Nur unvollkommen wissen wir über die Ursachen der Rückläufigkeit von Großpilzen Bescheid und noch viel weniger, wie es um die Mikroorganismen im Boden bestellt ist, die mit den Pilzen zusammenarbeiten. Zu komplex und zu fein sind die Wechselwirkungen zwischen Pilzmyzel, Bodenstruktur, Mikroorganismen und Pflanzen, die natürlich alle vom Schadstoffeintrag, von der Klimaerwärmung und starken Veränderungen des Wasserhaushaltes betroffen sind und entsprechend interagieren.
Manche möglichen Ursachen des Pilzartenrückganges sind noch wenig untersucht worden. Viele Autoren befassen sich daher schon seit längerem mit der sehr vielschichtigen Problematik (DERBSCH & SCHMITT (1984), MEYER (1984), WINTERHOFF (1984 und 1992), ARNOLDS (1985, 1991), VESTERHOLT & KNUDSEN (1990) ET AL )
Verschiedenste Ursachen von Vitalitätsverlust, Artenrückgang und Artenverschiebung werden diskutiert.
Derzeit werden sogar Aspekte veränderter Ozonschicht oder anthropogene Veränderungen lokaler Feinstruktur des natürlichen Erdmagnetismus und Folgen zunehmender elektro magnetischer Immission in die Ursachendiskussion mit einbezogen.
Fakt hingegen ist, dass nicht eine Ursache symptombildend ist, sondern stets ein ganzes Ursachenbündel.
Sicherlich spielt ein aus dem Lot geratener Wasserhaushalt eine gewichtige Rolle, die sogenannte “Entfeuchtung der Landschaft“. Viele kleine Fließgewässer, Feuchtstellen und Quellen sind, mittlerweile landauf/landab trockengefallen, ein Phänomen, welches klein- bis großflächige Grundwasserabsenkungen andeutet. Und in der Tat ist der Grundwasserspiegel in Deutschland im Schnitt um mehr als einem Meter abgesunken.
Bis auf eine kleine Sinterquelle im Westteil bei Weddingen, einer stets gefüllten und von der in der Nähe vorbeifließenden Oker versorgten unterirdischen Wasserstelle im südöstlichen Bereich, einem kleinen Fließgewässer im Burgtal und dem am Nordhang des Harly entspringenden Ohebach, der zwischen den Ortschaften Beuchte und Lengde hindurchfließt und in die Oker mündet, gibt es im Harly keine Wasserläufe oder Wasserstellen, die in die Beobachtung mit einzubeziehen wären. Im Harly speichern indes mergel- und tonhaltige Böden noch gewisse Feuchtigkeit, aber an vielen anderen Stellen sind auch dort die Oberböden, zumal sie in den Kammbereichen sehr dünn ausfallen, schon viel zu trocken.
Ursachen für die Rückläufigkeit von Großpilzen sind landesweit rückläufige Regenmengen, zunehmende Entwässerungen für Siedlungen, Gewerbe und Verkehr, höhere Durchschnittstemperaturen als Folge globaler Klimaerwärmung und extremere Witterungsverläufe (Dürresommer mit langen Trockenphasen, verstärkte Windaustrocknung, lokale Starkregenphänomene).
Wasserstandsabsenkungen und Trockenlegungen unterirdischer Wasserführungen zum Beispiel in Wassergewinnungsbereichen und Schöpfwerkgebieten bilden ebenfalls ernst zunehmende Ursachen.
Die Dehydrierung von Landschafts- und Naturräumen ist zu einer klassischen und damit wohl wichtigsten Ursache der Pilzartenrückganges geworden.
Austrocknung und Degradierung der Böden führt dazu, dass die Pilzflora frischer, feuchter und nasser Waldböden zusehends verschwindet.
Aber auch Pilzgesellschaften halbtrockener und trockener Wald- und Offenstandorte besiedeln Bereiche mit graduell höherer Bodenluftfeuchte oberhalb unterirdischer Wasserführungen. Daher sind diese von einer Wasserabsenkung gleichermaßen betroffen.
Bäume, die aufgrund von Dürreperioden vermehrt Blätter oder Nadeln abwerfen, verstärken die Besonnung, Erwärmung und damit eine beschleunigte Bodenaustrocknung. Ein geschwächter Baum hat logischerweise auch nur geschwächte Mykorrhizapartner.
Dass Pilze dann keine oder nur wenige Fruchtkörper ausbilden, ist ein eindeutiges Schadzeichen, führt zu keinem oder vermindertem Sporenabwurf und zu bestenfalls stark eingeschränkten Fortpflanzungsmöglichkeiten.
Einen zweiten Ursachenkomplex stellt die Schadstoffimmission in Form von Stickoxiden, Ammoniak und Phosphaten aus Landwirtschaft, Industrie und Verkehr dar, wobei der Luftverkehr einen großen und stetig steigenden Anteil daran hat. Die flächendeckende Eutrophierung der Landschaft und ihrer Böden führt dazu, dass naturnahe und nährstoffarme Standorte einer schleichenden Überdüngung anheimfallen, auf die viele Pilzarten mit Rückläufigkeit oder Ausbleiben reagieren. Arten, die an eine Nähstoffarmut angepasst waren, haben dort kaum mehr eine Überlebensmöglichkeit.
Durch trockene und windreiche Witterungen werden Düngekalkstäube zudem in hohem Maße von den Ackerflächen vermehrt in die Wälder geweht. Deshalb sind die Stickstoff-Immissionen auch in siedlungs- und verkehrsfernen Gebieten kaum geringer als in verdichteten Siedlungsräumen.
Der aufmerksame Naturbeobachter wird die Veränderung der Vegetation an einer zunehmenden Vergrasung und eutrophen Verkrautung von Wald- und Heideböden (Wurzelkonkurrenz) bemerken. Brennnesselsäume an Wegen zum Beispiel oder eine veränderte und verdichtete Waldbodenvegetation (Brombeere, Springkraut, verschiedene Gräserarten) geben Hinweise auf Eutrophierungsfolgen.
Reine Laub- oder Nadelstreuböden in den Wäldern ohne größeren Anteile von Ver krautungsfloren werden zunehmend weniger und seltener. Das bedeutet, dass naturnahe Refugien und ideale Wachstumsbedingungen für Großpilze zunehmend verschwinden.
Nachgewiesen wurden direkte toxische Wirkungen eines zu hohen Stickstoffangebotes in den Oberböden auf Pilzmyzelien besonders bei den Mykorrhizapilzen, was wiederum zur direkten oder indirekten Schädigung Mykorrhiza bildender Baumarten führt. (ARNOLDS (1991), LÜDERITZ (1993)). Als besonders schädlich stellt sich die Kombination von verstärktem Stickstoffangebot und der Oberbodenversauerung heraus.
Zwar haben sich im Laufe ihrer Evolution terricole Großpilzarten an saure Böden mit geringem Stickstoffangebot anpassen können, ihnen und ihren Ökosystemen ist jedoch eine schnelle Gewöhnung an saure Böden mit hohem Stickstoffanteil schlichtweg nicht möglich.
Auch die Erhöhung bodennaher Ozongehalte durch Photooxidantien ist negativ, da das Ozon toxisch auf Hyphen und Myzelien vieler Pilzarten wirkt. Zusätzlich gibt es einen massiven Einsatz von Fungiziden, Herbiziden und Insektiziden in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau oder auf Eisenbahngleisstrecken.
Luftschadstoffeinträge von Schwefeloxiden, Fluorwasserstoffen, aromatischen Kohlenwas ser stoffen, Dioxinen, Reifenabrieb-Aerosolen, Nanopartikeln von Kunststoffen usw. führen zu einer schleichenden Chemikalisierung von Landschaftsräumen mit all ihren Wechselwirkungen und Folgen.
Natürliche Biotope und Habitate sind auch durch Bebauung und Flächenversiegelung oder Aufschüttung im besonderen Maße von Zerstörung bedroht. So wurden in den Jahren 2002 bis 2005 in Deutschland für Siedlungs- und Verkehrsflächen 114 ha pro Tag verbraucht (Quelle: Statistisches Bundesamt 2006).
Das waren für den angegebenen Zeitraum von 4 Jahren insgesamt 166. 440 ha Fläche. Derzeit wächst die Siedlungs- und Verkehrsfläche tagtäglich um 55 Hektar (Quelle: Statistisches Bundesamt 2023).
Kahlschläge, die durch massive Borkenkäferschäden ganzer Fichtenwälder zum Beispiel im Harz in großer Zahl entstanden sind oder noch entstehen und ganze Landstriche verändern, setzen Nährstoffe in erhöhtem Maße frei und führen zur Oberbodenaustrocknung sowie zum Verschwinden aller mit den gefällten Bäumen vormals verbundenen Mykorrhizapilzen. Hinzu kommt die Bodenverdichtung durch schwere Maschinen in Waldbau und Land wirtschaft.
Auch die seit 1980 (Stichwort “Saurer Regen“) durchgeführten Forstkalkungen und -düngungen schädigen die Mykorrhizaflora und führen zu einer problematischen Pilzverarmung, obgleich häufig Gegenteiliges behauptet wird. Durch die künstliche Chemikalisierung der Oberböden werden viele Habitate und ihre Besiedler negativ beeinflusst.
Arten, die das Grünland besiedeln, wurden (und werden) durch Gülle und Mineraldünger nachhaltig vernichtet. Viele Wiesenpilze, darunter Rötlinge, Ellerlinge und Saftlinge, sind dadurch nahezu ausgelöscht worden und nur in nährstoffarmen Reliktzonen noch vorhanden.
Wie jedes andere Gebiet ist auch der Harly der Klimaerwärmung und damit verbundener Folgeerscheinungen ausgesetzt. Trockenschäden, die zu massiven Absterben von Eichen und Buchen führen, sind besonders am oberen Südhang (im Kammbereich) des östlichen Teiles des Harly zu beobachten und keinesfalls auf dieses Gebiet begrenzt.
Im Folgenden werden einige der Schadbilder angesprochen, die Auswirkungen auf die Mykorrhiza haben aber auch auf andere Pilzarten.
Der Ascomycet Cryptostroma corticale (ELLIS & EVERH.) P.H. GREG. & S. WALLER 1952 kann als Schwächeparasit die sogenannte Rußrindenkrankheit verursachen, eine Pilzerkrankung an Ahornbäumen. Der Pilz hat ein hohes Verbreitungspotential und befällt auch gesunde Bäume, wo die Pilzsporen bis zum Zeitpunkt der Infektion, bedingt durch Rindenverletzungen im Ruhemodus verbleiben.
Befallenes Holz erscheint wie verkohlt, was zur Bezeichnung dieser Erkrankung geführt hat, Bei Inhalation der Sporen kann der Pilz auch beim Menschen schwere Entzündungen der Lungenbläschen auslösen, die von Reizhusten, Fieber, Atemnot und Schüttelfrost begleitet sind.
Erkrankte Bäume sind durch Welke, Blattverlust, Absterbeerscheinungen der Krone und Kambiumnekrosen, länglich aufgerissene Rinden und Schleimfluss am Stamm erkennbar. Infektionen werden durch trockenes und heißes Klima und Wasserknappheit begünstigt. Der Absterbeprozess kann mehrere Jahre betragen. Ältere Bäume mit guter Wasserversorgung sind weniger anfällig für Infektionen. Befallenes Stammholz kann im Anschnitt grüne und blaue Verfärbungen aufweisen. Schließlich lösen sich an den abgestorbenen, aber noch stehenden Bäumen die äußeren Rindenschichten ab und geben riesige Massen dunkelschwarz-brauner Konidien frei, wobei sich die Rindenabplatzungen oft über einen sehr großen Bereich erstrecken.
Verletzungsstellen in der Borke sind Eintrittstore für die Konidien dieses Pilzes.
In Jahren mit kühlen Sommern kann das Wachstum des Pilzes zum Stillstand kommen und der Baum sich erholen. Der Pilz kann daher lange Zeit latent im Wirt vorhanden sein, aber wenn der Baum geschwächt ist, und besonders nach längeren Trockenperioden, wächst das Myzel des Pilzes vermehrt vom Kernholz in Richtung Rinde. Die Rinde stirbt in der Folge ab und das unter der Rinde gebildete Stroma des Pilzes teilt sich auf in ein Boden- und ein Dachstroma. Anschließend bilden sich dazwischen über 1 mm lange Säulen, sodass die beiden Schichten voneinander getrennt werden. Der Raum dazwischen, der einer Krypta ähnelt, wird vom Bodenstroma aus mit neuen Konidien gefüllt, während das Dachstroma zerfällt. Wenn es später zu Rindenabplatzungen kommt, werden die Millionen von Sporen (100-170 Millionen Sporen/cm2) durch Wind und Regen verbreitet. In England wurden zudem Sporen des Pilzes im Magen eines Grauhörnchens gefunden, weswegen vermutet wird, dass diese Tiere durch den Verzehr der Baumrinde die Ausbreitung des Pilzes fördern könnten. Auch Spechte und andere Vögel könnten als Vektoren dienen. In erster Linie ist es aber der Wind als Sporentransporteur.
Die Rußrindenkrankheit wurde erstmals 1889 aus Kanada beschrieben, in Europa wurde der Pilz erstmals 1945 in Großbritannien entdeckt, 2005 in Deutschland, parallel dazu in anderen europäischen Ländern. Seitdem ist er in Ausbreitung.
Als Krankheitsverlauf lässt sich festhalten: Kronenverkahlung, Bildung von Wasserschösslingen im unteren Stammbereich, Entstehung schleimiger Stellen, Aufwölben der Rinde, Ablösung derselben in längliche Streifen, Freisetzung rußschwarzer Flächen und Millionen von Pilzsporen. In dieser Finalphase ist der Baum schon abgestorben und bildet eine Infektionsquelle ersten Ranges für Nachbarbäume.
Da Cryptostroma corticale ein wärmeliebender Pilz ist, wird seine Ausbreitung durch trockene und heiße Perioden begünstigt, Durch Wasserknappheit schwächeln die Bäume, was dem Erreger zusätzliche Wachstums- und Ausbreitungschancen bietet.
Allerdings ist auch neben anderen Schwächeparasiten der Ascomycet Stegonsporium pyriforme (HOFFM.) CORDA 1839 an äußerlich ähnlich aussehenden Schadprozessen beteiligt und erzeugt das Ahorntriebsterben, indem er schwarze Sporenlager entwickelt, die der Rußrindenkrankheit optisch stark ähneln und zu Verwechselungen führen. Eine eindeutige Schaddiagnose ist nur mikroskopisch führbar. Das Stegonsporium-Ahorntriebsterben tritt besonders an Jungbäumen von Ahorn auf und ist lokal mehr oder weniger begrenzt.
Ein weiterer Schadpilz ist indes der Ascomycet Diatrype stigma (HOFFM.) FR. 1849 s. str., eine Sammelart, hinter der sich wohl noch verschiedene Kleinarten verstecken.
Dieser entwickelt einen krustenartigen Belag mit schwarzer Färbung. Die Krusten sind etwa einen Millimeter dick und werden unter der Rinde entwickelt. Im Laufe der Zeit löst sich diese ab, sodass die Sporenlager sichtbar werden. Diese haben eine fein punktierte Oberfläche und erscheinen gelegentlich narbenartig oder im Alter rissig.
Das Flächige Eckenscheibchen ist ein häufiger Pilz, der auf Totholz von Birken, Eichen, Buchen und Ahornen zu finden ist.
Im Harly existieren besonders im Ostteil Schadbilder, die auf die Rußrindenkrankheit und auf Diatrype stigma hinweisen.
Ebenfalls besonders an Hanglagen und im Talbereich besonders im Ostteil, aber auch anderenorts (Burggrund, Bärental) zeigen sich an Eschen (Fraxinus excelsior) bei Belaubung Kronenverkahlungen (Wipfeldürren), die ebenfalls auf einen Ascomyceten zurückzuführen sind und Eschen in ihrer Existenz bedrohen.
Das Eschentriebsterben, auch bekannt als Eschenwelke, ist eine schwere Baumkrankheit, die durch den aus Ostasien eingeschleppten Pilz Hymenoscyphus fraxineus (T. KOWALSKI) BARAL, QUELOZ & HOSOYA 2014 , das Falsche Eschenblattstiel-Stängelbecherchen, verursacht wird. In Asien besiedelt H. fraxineus als harmloser Blattpilz die dort heimischen Eschenarten und wurde wohl mit importierten Eschenpflanzen nach Europa eingeschleppt.
Seine Sporen infizieren im Sommer die Blätter der Esche, von wo aus der Erreger in die Triebe vordringt. Dort entwickeln sich die typischen, olivbraun bis orange verfärbten Rindennekrosen, die zum Absterben der Triebe führen. Umfasst eine Nekrose den ganzen Stamm- oder Triebumfang, ist die Wasserversorgung zu den oberen Abschnitten des Triebes unterbrochen. Die Blätter oberhalb der betroffenen Abschnitte beginnen zu welken und sterben ab. Oft bleiben sie braunschwarz verfärbt bis im Herbst an den Zweigen hängen. Auf diese Weise führt ein sich jährlich wiederholender Befall mit H. fraxineus vor allem bei jungen Eschen zu einem raschen Absterben der gesamten Pflanze.
Längere Zeit nahm man an, dass das einheimische Echte Eschenblattstiel-Stängelbecherchen Hymenoscyphus albidus (ROBERGE EX GILLET) W. PHILLIPS 1887 für das Schadbild verantwortlich wäre.
Jedoch hat das invasive Falsche das Echte Eschenblattstiel-Stängelbecherchen verdrängt, an welches die Eschen angepasst waren. Letzteres besiedelt als Saprophyt abgeworfene Eschenblätter und richtet keine Schäden an. Beide Arten bilden im Sommer auf den Blattspindeln letztjähriger Eschenblätter weiße, becherförmige Fruchtkörper, die sich morphologisch kaum unterscheiden. Die Fruchtkörper sind mehrere Millimeter groß und vom Auge gut erkennbar an den dunklen Eschenblattstielen des Vorjahres.
In den befallenen Eschenbeständen Europas dominieren heutzutage die Fruchtkörper von H. fraxineus. H. albidus wird nur noch sehr selten gefunden. Die zu H. fraxineus (sexuelle Hauptfruchtform) gehörige Nebenfruchtform (asexuelle Konidienform) heisst Chalara fraxinea T. KOWALSKI 2006 und lässt sich in isolierten Agarkulturen oder auf Blattresten nachweisen. Betroffen sind Eschen jeden Alters und besonders an feuchten Standorten sind die Eschen einem starken Infektionsdruck ausgesetzt, da Feuchtigkeit die Sporenbildung und den Infektionserfolg fördert. Interessanterweise scheinen bis zu 5% der Eschen in einem Befallsgebiet der Infektion zu widerstehen, so dass Hoffnung auf Arterhalt auf niedrigem Niveau besteht. Diese Widerstandsbzw. Anpassungsfähigkeit ist aber wissenschaftlich noch nicht restlos geklärt.
Beim Gang durch den Harly in den Sommermonaten zeigen sich dem aufmerksamen Auge schon erhebliche Wipfelschäden an den Eschen, gegen die auch die vielen kleinen nachwachsenden Eschenpflanzen nicht gefeit sein werden. Viele kahle Äste und dunkelverfärbtes trockenes Laub in den Eschenkronen zeichnen eindrücklich das Schadbild dieses Ascomyceten nach.
Der Klimawandel beschert uns immer höhere Temperaturen und immer weniger Niederschläge. Nach drei trockenen Jahren, die kaum Regen brachten, sind die Böden ausgetrocknet und die Trockenheit setzt Bäumen und anderen Pflanzen zu.
Pflanzen verdunsten große Mengen an Wasser, um Fotosynthese zu betreiben und ihre Blätter zu kühlen. Das notwendige Wasser nehmen sie aus dem Boden auf und transportieren es über ihr einzigartiges Wasserversorgungsystem von den Wurzeln bis in die Blätter. Suboptimale Umweltbedingungen wie anhaltende Trockenheit stören die Wasserversorgung. Das Wachstum der Bäume wird behindert, ihre Kraftreserven sind erschöpft, die Vitalität geschwächt und Abwehrkräfte reduziert. Der erhebliche Wassermangel stellt eine außer gewöhnliche Belastung dar und löst bei Bäumen den sogenannten Trockenstress aus, der letztendlich zum Absterben führt.
Dieses ist leider an vielen Stellen im Harly zu beobachten.
Besonders betroffen sind die Rotbuchen und die Eichen im Harly, aber auch Waldkiefer und Birke zeigen zum Teil erhebliche Trockenschäden. Zu geringer Jahresniederschlag und anhaltende Trockenheit besonders in den Spätfrühjahrsund Sommermonaten verursachen bleibende Schäden an der Wachstumsschicht ihrer Stämme, was zur Schädigung der Baumkrone führt. Besonders deutlich ist das Schadbild auf dem Kammbereich des Harly im Ostteil zu beobachten, wo Rotbuchen und Eichen in größerer Zahl abgestorben sind. Auch niederschlagsintensive Episoden ändern wenig am Schadzustand.
Jede zweite Eiche in Deutschland ist mittlerweile krank. Besonders junge Bäume im Alter bis zu 80 Jahren. Die meisten leiden an Trockenstress. Besonders während der Wachstumsphase in den Sommermonaten. Die Schäden im Wald sind unübersehbar:
Die Bäume sprengen ihre Rinde ab, was besonders eindrucksvoll im Eichen-Hainbuchenwald im Osten des Harly zu beobachten ist. Etliche schwer geschädigte Eichen verlieren durch Feinwurzelschwund ihre Standfestigkeit und kippen um. Durch das Vertrocknen der Eichen und Rotbuchen entstehen zusätzliche große Lichtungs- und Austrocknungsflächen, die ungehinderte Sonneneinstrahlung und damit übergroße Erwärmung des Bodens begünstigen. Zusätzlich trocknen Winde die frei und ungeschützt liegenden Oberböden nachhaltig aus.
Das ist bemerkenswert, als die Eiche von Natur aus eigentlich eine ausgeprägte Trockentoleranz aufzeigt und sich nach Trockenperioden relativ rasch erholt. Das aber ist in diesem Gebiet leider überhaupt nicht feststellbar.
So wird die Bodenaustrocknung zusätzlich beschleunigt, was natürlich verheerende Auswirkungen auf die Artenvielfalt der Pilze hat. Im Gebiet „Unter dem Harly“, das noch in den neunziger Jahren ein an Artenvielfalt unglaublich reich ausgestattetes Gebiet war, finden sich kaum mehr nennenswerte Pilzfruchtkörper an. Bisweilen erscheinen sie noch in Einzelexemplaren oder Kümmerformen.
Der Zustand der Bäume auf der Nordseite ist im Ostteil derzeit zwar noch besser, wobei diese Bezeichnung nur eingeschränkt zu verstehen ist, als auf der Südseite, die intensiver der Sonne und Austrocknung ausgesetzt ist.
Aber auch hier sind deutliche Schwächezeichen in der Kronenbelaubung und der Blattgüte zu erkennen.
Aufgrund zunehmender Belichtungsflächen wird eine Verkrautung und Vergrasung stark beschleunigt, was zu einer massiven Abnahme besonders der terricol lebenden Mykoflora führt.
Eine besondere Gefahr für das Arteninventar der Pilze stellt die Überdüngung (Eutrophierung) der Böden dar, die durch landwirtschaftlichen Einsatz von Düngekalken als Flugstäube in den Wald gelangen, was besonders bei windreichen Trockenperioden begünstigt wird. Dieser Lufteintrag von Nähr- und Düngestoffen bekommt vielen Pilzarten überhaupt nicht. Sie reagieren mit Rückzug, verminderter Fruchtkörperbildung oder gänzlichem Ausbleiben, während sogenannte nitrophile (stickstoffaffine) Pilzarten davon profitieren.
Im Harly ist die Eutrophierung in erster Linie an den frei liegenden Wegen zu sehen in Form von Säumen der Großen Brennnessel (Urtica dioica) als Ruderalpflanze.
Ein starker Brennnesselwuchs gilt allgemein als Zeiger für einen stickstoffreichen Boden. Eine große Anzahl Brennnesseln in einem Gebiet erlaubt es somit, auch ohne chemische Untersuchungen Rückschlüsse auf die Bodenbeschaffenheit zu ziehen.
Man weiß heute, dass Mykorrhizapilze sehr sensibel auf Umweltveränderungen reagieren, ganz besonders auf erhöhte Stickstoff- und Phosphatkonzentrationen im Boden.
In den stark stickstoffbelasteten Gebieten in den Niederlanden wurde in den 1980er Jahren ein drastischer Rückgang der Mykorrhizapilze festgestellt (ARNOLDS 1991; TERMORSHUIZEN und SCHAFFERS 1987). In Düngungsversuchen konnte dieser Effekt experimentell reproduziert werden (TERMORSHUIZEN 1993). Aber nicht nur die Fruchtkörper, auch das Pilzmycel von Mykorrhizapilzen zieht sich unter erhöhter Stickstoffzufuhr zurück und vermag die Baumwurzeln nicht mehr zu besiedeln. Dies ist eine ernst zu nehmende Entwicklung, deren Folgen für den Wald heute noch kaum abschätzbar sind und die von Trocknungsschäden überlagert werden.
Stickstoffverbindungen werden v.a. durch das Auswaschen von Stickoxiden aus der Luft durch den Regen in den Boden eingetragen. Hauptemittenten der Stickoxide sind der Straßenverkehr (etwa 50%), gefolgt von Kraft- und Heizwerken sowie Industriefeuerung. Die Ammoniakemission erfolgt hauptsächlich durch die Landwirtschaft (über 90%), sie wurde durch den Rückgang der Tierhaltung in den neuen Bundesländern dort um fast 60% reduziert. Im Vergleich zueinander und bezogen auf die Masse der N-Atome ist die Emission an Ammoniak seit dem Jahr 1999 höher als die der Stickoxide.
Mittlerweile existieren im Harly üppige Brennnesselgesellschaften als Indikatoren für stick stoffreiche Böden nicht nur entlang der Wege, sondern auch auf Waldlichtungen und in Waldbereichen. Sie nehmen sichtlich von Jahr zu Jahr an Zahl und Mächtigkeit zu und bilden regelrechte Brennnesselwände.
Allerdings gibt es auch unter den Pilzen Profiteure von stickstoffreichen Fluren, zu sehen an der jährlich zunehmenden Zahl des Riesenbovist (Calvatia gigantea) aus der Gattung der Großstäublinge (Calvatia), der zum Teil stattliche Fruchtkörper ausbildet und bis ins neue Jahr hinein als braunverfärbte, kissenähnliche Fruchtkörperreste ausdauern kann. Calvatia gigantea ist eigentlich ein Wiesenpilz, der sich aber im auwaldartigen Laubwaldsaum des östlichen Harly scheinbar wohlfühlt.
Teilweise haben sich im Harly auch größere Bewuchsflächen von Brombeerarten (Rubus sect. Rubus) gebildet. Brombeeren sind auf freien Flächen Konkurrenzpflanzen für Bäume aber auch für Pilze, in ihrem Bereich wird man sie selten finden. Das gleiche vollzieht sich auf Bewuchsflächen von Hedera helix, das den Boden an einigen Stellen im Harly dicht zu überwuchern mag. Allerdings ist die ökologische Funktion des Efeus (Hedera helix) breitgefächert positiv, jedoch bis auf einige Kleinarten für Pilze nicht attraktiv. Brombeere und Efeu sind keine Eutrophierungszeiger.
Ein gesunder Wald aber ist in summa ausbalanciert, so dass eine Pflanzenart auch nicht zur einseitigen Dominanz neigt. Sich rasch vergrößernde Flächen einer Pflanzenart, die als Schlag- oder Krautflora fungiert, ist jedoch eher als ein Symptom beginnender Unausbalanciertheit des Ökosystems Wald zu verstehen.
Da der Wald auch im Harly sichtlich schwächelt und krankt, lassen sich an etlichen Stellen sich zügig vergrößernde Flächen ausmachen, die oft nur von ganz wenigen Pflanzen wie Brombeere oder Efeu gebildet werden.
Dass sich insgesamt das Waldbild verändert, lässt sich an Wegesäumen auch an invasiven Pflanzenarten wie dem Drüsigen Springkraut (Impatiens glandulifera) erkennen, einem Anzeiger nährstoffreicher und feuchter Böden. Auch nimmt das Einjährige Berufkraut (Erigeron annuus) an Wegesäumen zu und verdrängt meist an Ruderalstandorten die einheimische Flora. Auch der Gemeine Beifuß (Artemisia vulgaris) zeigt wie die Behaarte Karde (Dipsacus pilosus) stickstoffstoffreiche Böden an.
Angesichts der langen Waldbildungs- und -umwandlungszeiten haben die Wald- und Bodenveränderungen in den letzten 30 Beobachtungsjahren eine enormes Tempo an den Tag gelegt.
Reine Streuböden und intakte Altbäume sind immer seltener geworden, so dass man sich eigentlich nicht ausmalen möchte, wie sich Veränderungen wohl in weiteren 30 Jahren darstellen werden.
Trockenschäden im Ostteil des Harly
Betroffen sind Eichen, Buchen und Eschen, die vormals dichte Laubkronen besaßen und nun absterben bzw. abgestorben sind. Eine starke Verkrautung aufgrund des übergroßen Lichteinfalles ist unübersehbar. (Aufnahme Sommer 2023)
Unter dem Harly (Ostteil) bei Schacht I. Die Aufnahme aus dem Sommer 2022 zeigt auf Kammhöhe durchgehend abgestorbene Altbäume (siehe auch die Ausschnittvergrößerung im unteren Bild).
Bemerkenswert dabei ist die hohe Schadensdynamik.
Von der Rußrindenkrankheit Cryptostroma corticale (ELLIS & EVERH.) P. H. GREG. & S. WALLER 1952 befallener Ahorn, Nord seite Harly, nahe der A 36 ( Aufnahme Sommer 2023 )
Eschentriebsterben an Fraxinus excelsior, verursacht vom Falschen Weißen Stängelbecherchen Hymenoscyphus fraxineus (T.KO-WALSKI) BARAL, QUELOZ & HOSOYA 2014, erkennbar am Kronenrand.
(Aufnahme: Unter dem Harly, Sommer 2023)
Hymenoscyphus fraxineus lebt auf den Blattspindeln abgeworfener Eschen blätter (s. Tafel). Seine Neben fruchtform löst das Trieb sterben an Gemeiner und an Schmalblättriger Esche aus. (Tafelabbildung vom Autor)
So wie an diesem Wegrand im Nordteil des Harly sehen mittlerweile die meisten Wegränder im Harly aus: Die Wege säumen üppige Bestände der Großen Brennessel (Urtica dioica), allgemein ein Eutrophierungs-Anzeiger. (Aufnahme 2023)
Der Harly, in manchen Kartenwerken auch als Harli oder Harlyberg bezeichnet, ist ein ca. 5,8 km langer, nahezu 1,5 km breiter und bis zu 256 m hoher Bergzug im nördlichen Harzvorland. Er erstreckt sich parallel zum Harz in westnordwestlicher – ostsüdöstlicher Richtung, fällt zum Westen zum sogenannten Weddinger Pass flach und nach Osten zur Okerniederung steil ab.
Die an ihn angrenzenden Ortschaften sind im Süden Vienenburg und Wöltingerode, im Westen Weddingen, im Norden Beuchte und Lengde sowie im Osten Wiedelah. Der Bergzug bildet ein natürliches Hindernis für die aus dem Harz kommende Oker, die ungefähr auf Höhe des ehemaligen Schacht II ihren Lauf nach Osten nimmt und erst bei Wiedelah nach Norden fließt sowie für den Weddebach, der von Ohlhof kommend, den Harly in zunächst westlicher Richtung umfließt und hinter Weddingen ebenfalls in nördliche Richtung zur Oker hin führt.
Im westlichen Bereich des Harly zeichnen sich zwei fast zueinander parallele Schichtkämme ab, im Ostteil ist diese Gliederung weniger deutlich.
Der Harly gehört zum niedersächsischen Hügelland, sein südlicher Schichtkamm wird von Sand-Tonstein-Wechselfolgen des Unteren und Mittleren Buntsandsteins, der Dachbereich von Kalksteinen des Muschelkalks und vereinzelt des Keupers aufgebaut, was besonders auf dem Kammweg des Harly gut zu beobachten ist.
Zusammen mit dem Vienenburger See ist der Harly ein beliebtes Naherholungsziel, das zu jeder Jahreszeit gern von Spaziergängern und Wanderern angenommen wird.
Durch die A 36, die den Harly am Südostende mit der 200 m langen Okertalbrücke anschneidet, ist über deren Anschlussstelle Vienenburg der Parkplatz Schacht I am Ostteil des Vienenburger Sees gut erreichbar.
Dieser und ein zweiter hinter dem Klostergut Wöltingerode mit Zugang zum Bärental sind beliebte Ausgangspunkte für Wanderungen und Spaziergänge im Harly.
Vom Parkplatz am Vienenburger See aus kann man die 1203 von König Heinrich IV. erbaute und schon 1291 wieder zerstörte Harliburg besuchen, von der auf der großflächigen Bergkuppe jedoch nur noch die großen Wallanlagen und keine Mauerreste erhalten geblieben sind.
Es empfiehlt sich, einen Besuch nur in den Wintermonaten vorzunehmen, weil zu anderen Jahreszeiten der Bereich stark verkrautet ist und die hochgewachsene Vegetation ein Durchkommen kaum gestattet. Diese mittelalterliche Burg hat dem Höhenzug auch den heutigen Namen gegeben. Ihre Steine sind wahrscheinlich in der Wasserburg Wiedelah und der Vienenburg verbaut worden.
Nach Überquerung der Oker direkt am Parkplatz sind beidseitig des Weges Brückenreste, bewachsene Bahndämme und Gebäude, die jetzt als Wohnhäuser genutzt werden, aus der Zeit ehemaligen Bergbaues erkennbar.
Als erstes trifft man auf Schacht I („Neubauerschacht“) des Kalibergwerkes „Hercynia“, das von 1884 bis 1930 Kalisalze förderte, im selben Jahr aber am 8. Mai innerhalb weniger Tage durch starke Laugenzuflüsse in die Schächte und Stollen absoff und gänzlich aufgegeben werden musste. In Folge dieses Laugeneinbruches gab es zahlreiche Erdfälle, die zum Teil auch heute noch im Gelände erkennbar sind. Sowohl bei Schacht I am Hercyniaweg, der beide Orte miteinander verbindet, als auch unterhalb von Schacht II sind noch heute Einsturzkrater als Bergschäden aus jener Zeit sichtbar.
Einzelne Werksgebäude und die Direktorenvilla sind noch erhalten geblieben. Sie alle werden heute als schmucke Wohnbauten genutzt und liegen abseits der Straße südlich unterhalb des Ostteils des Harly (Flurbezeichnung “Unter dem Harly“).
Das Zechengelände am südöstlichen Waldrand des Harly wurde durch eine Anschlussbahn mit der damaligen Reichsbahnstrecke Vienenburg–Grauhof– Langelsheim verbunden. Längst sind die Gleise demontiert und nur noch stellenweise erinnern Bahntrassenreste und Schotter, Eisenteile und Betonfundamente im Gelände daran.