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Cannabidiol (CBD) erobert derzeit die Wellness- und Gesundheitsbranche, THC-haltige Medikamente gewinnen weltweit an zunehmender Akzeptanz. Cannabisprodukte kommen bei einer Vielzahl von Symptomen und Erkrankungen zum Einsatz, darunter zur Linderung von Schmerzen und Entzündungen, von Angstzuständen und Depressionen. Doch was ist dran an den aus der Hanfpflanze gewonnenen Präparaten? Dr. Franjo Grotenhermen liefert einen präzisen Überblick über den aktuellen Stand der Wissenschaft, räumt mit Vorurteilen auf und gibt hilfreiche Ratschläge aus seiner langjährigen Erfahrung.
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Seitenzahl: 244
Dr. med. Franjo Grotenhermen
Die Heilkraft von CBD und Cannabis
Wie wir mit Hanfprodukten unsere Gesundheit verbessern können
Cannabidiol (CBD) erobert derzeit die Wellness- und Gesundheitsbranche, THC-haltige Medikamente gewinnen weltweit an zunehmender Akzeptanz. Cannabisprodukte kommen bei einer Vielzahl von Symptomen und Erkrankungen zum Einsatz, darunter zur Linderung von Schmerzen und Entzündungen, von Angstzuständen und Depressionen. Doch was ist dran an den aus der Hanfpflanze gewonnenen Präparaten? Dr. Franjo Grotenhermen liefert einen präzisen Überblick über den aktuellen Stand der Wissenschaft, räumt mit Vorurteilen auf und gibt hilfreiche Ratschläge aus seiner langjährigen Erfahrung.
Dr. med. Franjo Grotenhermen arbeitet als Arzt in eigener Praxis mit dem Schwerpunkt Therapie mit Cannabis und Cannabinoiden in Köln. Er ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM), Geschäftsführer der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Cannabinoidmedikamente (IACM) und Autor einer Vielzahl von Artikeln und Büchern zum therapeutischen Potenzial der Hanfpflanze und der Cannabinoide, ihrer Pharmakologie und Toxikologie.
Die Geschichte der Erforschung des CBD (Cannabidiol) erinnert an die jenes kleinen gallischen Dorfes, das als einziges nicht von den Römern besetzt war. Während sich seit den siebziger Jahren zahlreiche Wissenschaftler*innen mit dem Cannabiswirkstoff THC befassen, gab es nur eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe, die Forschung zu CBD betrieb. Sie arbeitet weiterhin am Institut für Neurowissenschaften und Verhalten der Universität von São Paulo in Brasilien. Anders als THC, dessen psychedelische Wirkungen und medizinische Eigenschaften den meisten Menschen seit geraumer Zeit bekannt sind, war CBD in der Bevölkerung lange ein nicht beachteter Wirkstoff der Hanfpflanze.
Nun, wir kennen den weiteren Verlauf der Geschichte. Heute ist ganz Gallien von den Römern befreit, und das Thema CBD ist in aller Munde.
Im Rahmen meiner Laudatio auf dem 10. Kongress der International Association for Cannabinoid Medicines (IACM) Ende 2019 in Berlin hatte ich das Vergnügen, die Verdienste von Professor José Alexandre de Soua Crippa, Mitglied eben jener brasilianischen Arbeitsgruppe, zu würdigen. Professor Crippa erhielt den IACM-Preis für seine klinische Forschung zu Cannabidiol.
Die Professoren Isac Karniol und Elisaldo Carlini, Vorgänger Crippas am Institut für Neurowissenschaften und Verhalten in São Paolo, hatten bereits 1972 in einem Fachartikel darauf hingewiesen, dass mit THC nicht alle Wirkungen von Cannabis erklärt werden können,[1] und begonnen, sich intensiv mit CBD sowie den Wechselwirkungen von THC und CBD zu befassen. Ihre frühen und danach konsequent fortgeführten Forschungsarbeiten waren bahnbrechend für unser heutiges Wissen um CBD. Die von den Professoren Crippa und Zuardi übernommene Arbeit bringt immer wieder neue und erstaunliche Ergebnisse zutage. Viele weitere Wissenschaftler*innen haben sich heute dem Thema CBD zugewandt, diesem faszinierenden Bestandteil der Hanfpflanze.
Es gibt noch eine Parallele zu den widerspenstigen Galliern aus der Feder des Zeichners Albert Uderzo. Zwar macht ein Extrakt aus der Hanfpflanze nicht wie der Zaubertrank des Druiden Majestix unbesiegbar, es gibt jedoch keine weiteren bekannten Substanzen, die ein solch breites therapeutisch nutzbares Wirkungsspektrum aufweisen wie THC und CBD. Sie verfügen über schmerzlindernde Eigenschaften und sind effektiv bei zahlreichen neurologischen Erkrankungen, psychiatrischen Leiden, Autoimmunerkrankungen, chronischen Entzündungen, Hauterkrankungen und vielem mehr. In jüngerer Zeit wurde zudem vermehrt auf die mögliche Steigerung der Lebensqualität durch THC und CBD hingewiesen, ein Begriff, der sich mit der Verbesserung des Wohlbefindens gleichsetzen lässt.
Während THC mit bekannten Nebenwirkungen wie etwa psychedelischen Effekten, Einschränkungen der psychomotorischen Leistungsfähigkeit und einem möglichen ungünstigen Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System assoziiert sein kann, besitzt CBD den Charme und Vorteil eines in geringen Dosen meist nebenwirkungsfreien Naturprodukts.
Gibt es weitere gallische Dörfer in der Hanfpflanze, die bisher noch nicht ausreichend wissenschaftlich erobert und in der Bevölkerung weitgehend unbekannt sind? Gewicht abnehmen mit THCV? CBG (Cannabigerol) als Antibiotikum gegen multiresistente Keime einsetzen? Entzündungen bekämpfen mit Beta-Caryophylen?
Wir alle, die an diesem Thema arbeiten, befinden uns in einem kontinuierlichen Lernprozess. Als ich vor mehr als 25 Jahren begann, mich mit dem medizinischen Einsatz von Cannabis zu befassen, war ich davon überzeugt, dass sich dessen Wirkungen nahezu vollständig auf THC reduzieren lassen. Für psychiatrische Erkrankungen erschien mir eine entsprechende Therapie zu gefährlich. Beides hat sich im Laufe der Jahre deutlich verändert. Viele Ärztinnen und Ärzte, die sich der Thematik zuwenden, benötigen ebenfalls Zeit, um zu erkennen, dass THC nicht gleich Cannabis ist und Cannabinoide in der Therapie psychiatrischer Erkrankungen durchaus ihren Platz haben.
Ich erinnere mich gut daran, wie mir erstmals ein Patient erzählte, dass er mit Hilfe von Cannabis seinen Tinnitus (starke Ohrgeräusche) in den Griff bekomme. Später habe ich weitere Patient*innen, die an einem Tinnitus litten, erfolgreich mit THC-reichen Cannabisprodukten behandelt. Ich konnte mir zunächst nicht erklären, warum Cannabis bei Tinnitus helfen kann, bis mir schließlich klarwurde, dass die Prozesse im Gehirn ungefähr jenen bei einer Epilepsie ähneln, die ebenfalls eine Übererregung bestimmter Botenstoffe zur Folge haben. Im einen Fall führen diese zu Krämpfen und anderen Epilepsiesymptomen, im anderen Fall simulieren sie das Vorliegen von Tönen und Geräuschen. Leider gibt es bisher keinerlei Studien zu dem Thema, sodass völlig unbekannt ist, bei wie viel Prozent der Tinnitus-Patient*innen Cannabis wirksam sein könnte. Ist es eine seltene Ausnahme? Sind es vielleicht fünf oder zehn Prozent? Wir wissen es nicht. Ich weiß nur, dass es einigen Patientinnen und Patienten hilft. So ist es mit vielen anderen möglichen Indikationen.
Im Jahr 2018 kam während einer Tagung ein Mann auf mich zu. Ich hätte ihm das Leben gerettet, begann er seine Geschichte. Er komme aus Spanien und habe die spanische Übersetzung eines meiner Bücher gelesen. Er leide Tag und Nacht unter einem sehr starken Tinnitus mit einer Intensität von 90 Dezibel, sodass er entschlossen gewesen sei, sich das Leben zu nehmen. Dann habe er aufgrund meines Berichtes in jenem Buch begonnen, verschiedene THC-reiche Cannabissorten auszuprobieren. Nichts habe geholfen. Er versuchte es dann mit CBD-reichen Extrakten. Auch das habe nichts gebracht. Schließlich fing er an, reines CBD zu inhalieren – mit Erfolg. Er nehme nun etwa alle 15 bis 20 Minuten einen Zug aus einer elektronischen Zigarette mit CBD, was das extrem laute Geräusch in ein leises Rauschen verwandle. Ich hatte noch nie davon gehört, dass auch CBD bei Tinnitus wirksam sein kann. Es erschien mir aber sofort nachvollziehbar, denn sowohl THC als auch CBD verfügen über antiepileptische Eigenschaften. Wieso sollten sie bei Tinnitus nicht ebenfalls die gleichen Wirkungen aufweisen?
Die Erforschung des therapeutischen Potenzials der Hanfpflanze und der Wirkungsweise ihrer Inhaltsstoffe wird uns noch viele Jahrzehnte beschäftigen.
Die Forschungsreise und der Austausch zwischen Wissenschaftler*innen, Ärzt*innen und Patient*innen gehen weiter. Dieses Buch liefert einen für die praktische Anwendung gedachten Zwischenbericht, in den ich all meine persönliche Erfahrung und wissenschaftlichen Kenntnisse aus mehr als 25 Jahren intensiver Beschäftigung mit der Thematik eingebracht habe.
Steinheim (Westfalen), im Juli 2020
Dr. med. Franjo Grotenhermen
Wenn Cannabis-Patient*innen Aussagen von Wissenschaftler*innen über das therapeutische Potenzial von Cannabis lesen, schütteln sie häufig verständnislos den Kopf. Wenn Wissenschaftler*innen, die sich mit Cannabis befassen, Aussagen von Patient*innen lesen, schütteln sie ebenfalls häufig verständnislos den Kopf. Und dieses wechselseitige Unverständnis hat nichts mit der Sprache zu tun.
Wissenschaftler*innen verbringen in ihren stillen Kämmerlein viel Zeit damit, Studien zu analysieren, um daraus Übersichten zur aktuellen Studienlage anzufertigen. Da geht es um die Grade von Evidenz, also der nachgewiesenen Wirksamkeit von Cannabismedikamenten bei verschiedenen Erkrankungen und Symptomen. Für einige wenige Indikationen gibt es eine vergleichsweise gute Evidenz, wie beispielsweise bei der Spastik von Personen mit multipler Sklerose, bei neuropathischen Schmerzen oder Appetitlosigkeit mit Gewichtsverlust bei HIV-Positiven. Der Evidenzgrad für die medizinische Wirksamkeit von CBD ist mit Ausnahme bestimmter Formen der Epilepsie nicht besonders hoch. Wenn etwas allerdings noch nicht erforscht wurde, kann es in diese Analysen und Übersichten auch nicht einfließen. Niedrige Evidenz bedeutet meistens einfach nur, dass es noch nicht ausreichend erforscht wurde, und nicht, dass es nicht wirksam ist.
Patient*innen hingegen haben eigene Erfahrungen mit der Wirksamkeit von Cannabismedikamenten bei unterschiedlichen Erkrankungen gemacht. Diese sind im konkreten Fall entweder wirksam oder nicht, möglicherweise auch nur zu einem gewissen Grade. So kann es passieren, dass der Grad der Evidenz bei einer bestimmten Erkrankung nach wissenschaftlichen Kriterien sehr gut, das Medikament im konkreten Fall aber unwirksam ist. Andererseits können Cannabis oder CBD im Einzelfall hervorragend wirken, bestimmte Symptome nahezu vollständig zum Verschwinden bringen und die Lebensqualität erheblich verbessern, ohne dass dazu auch nur eine einzige klinische Studie vorliegt, geschweige denn solche, die eine hohe Evidenz der Wirksamkeit nachweisen. Beispiele gibt es viele: THC-reiches Cannabis bei Hyperhidrose (übermäßige Schweißproduktion), Tinnitus oder Akne inversa; CBD bei Depressionen, Schlafstörungen und Entzündungen.
Und so reden Wissenschaftler*innen und Patient*innen aneinander vorbei. Das wird noch viele Jahre so bleiben, bis die wissenschaftliche Forschung nachvollzogen hat, was viele Patient*innen schon wissen. Die Geschichte der Erforschung des therapeutischen Potenzials von Cannabis und einzelner Cannabinoide begann meistens mit der Erfahrung eines Patienten, der seinem Arzt anschließend davon berichtet hat. Oder mit Beobachtungen von Ärzten aus Europa und den USA im 19. Jahrhundert, über die uns viele Erfahrungsberichte vorliegen.
Der wissenschaftliche Kenntnisstand sagt nichts über die reale Wirksamkeit von Cannabinoiden und ihren zukünftigen Stellenwert in der Medizin aus. Selbst wenn es bei einigen Indikationen bisher nur Grundlagenforschung oder Fallberichte gibt, so könnte die Studienlage in 20 Jahren ganz anders aussehen. Allerdings ist unbekannt, ob solche Studien auch stattfinden werden. Dazu müssten Forschungsgelder bereitgestellt werden, was für die Erforschung der therapeutischen Wirkung von natürlichen Cannabinoiden in den vergangenen Jahrzehnten nur sehr unzureichend geschehen ist. Wir kennen genug Beispiele aus den USA, Deutschland und anderen Ländern, in denen trotz des Rufes nach wissenschaftlicher Evidenz keine klinischen Studien finanziert wurden. Mehr noch: Ihre Durchführung wurde zum Teil aktiv behindert.
Es wird wahrscheinlich noch viele Jahrzehnte dauern, bevor sich Wissenschaftler*innen und Patient*innen verstehen werden, weil sie auf der Grundlage unterschiedlicher Ansätze zu ähnlichen Ergebnissen gelangt sind. Bis dahin können wir nur versuchen, die andere Seite, die andere Sichtweise ein wenig besser nachzuvollziehen.
Was können wir aus weitverbreiteten Fehlern lernen?
Zwei gängige Beispiele zeigen, wie man es nicht machen sollte. Beide sind zumindest teilweise monetär getrieben. Und wo es um Geld geht, setzt die Vernunft häufig aus.
Das erste Beispiel betrifft die übertriebenen Heilsversprechen durch eine Therapie mit CBD. CBD ist wirklich eine phantastische Substanz, aber die Indikationen, mit denen es beworben wird, haben mit der Realität oft wenig zu tun. Beispielsweise kann CBD in einigen Fällen bei Schmerzen helfen. Das ist aber sehr selten. CBD ist grundsätzlich kein Schmerzmittel. Wie wir wissen, bestätigen Ausnahmen die Regel. Hier wäre es gut, mehr auf die Wissenschaft zu hören.
Das zweite Beispiel betrifft die Kriterien, nach denen die Krankenkassen bei einer Therapie mit THC-reichen Medikamenten nach § 31 Abs. 6 Sozialgesetzbuch V beurteilen, ob eine begründete Aussicht auf Linderung vorliegt und damit eine Voraussetzung zur Kostenübernahme einer solchen Therapie erfüllt ist. Ein Patient kann schwer krank sein, und Ärztin und Patient stellen fest, dass Cannabis sehr gut hilft, viel besser als alles andere, was die moderne Medizin sonst noch zu bieten hat. Aber weil es keine Studien gibt, besteht keine begründete Aussicht auf Linderung. Das ist eine absurde Situation. Hier wäre es gut, mehr auf die Ärztin und den Patienten zu hören.
Letztlich sollte es immer um die gleichen Fragen gehen: Hilft das Medikament mehr, als es schadet? Ist es wirksam? Profitieren Patient*innen davon? Wird es gut vertragen? Halten sich die möglichen Nebenwirkungen in Grenzen?
Und am Ende entscheiden sich diese Fragen stets am konkreten Patienten, so wie es mit allen anderen Medikamenten auch ist. Hilft es ihm? Hilft es ihr? Verbessert es seine oder ihre Lebensqualität? Macht es das Dasein trotz einer Erkrankung lebenswerter? Steigert es das Wohlbefinden und die Lebensqualität?
THC und CBD fallen im Vergleich zu anderen Medikamenten vor allem dadurch auf, dass sie ein sehr breites Wirkspektrum aufweisen. Außerdem zeichnen sie sich durch eine besonders hohe Sicherheit aus.
Die pharmakologische Besonderheit von THC und CBD liegt in ihrer Sicherheit. Bisher sind bei gesunden Personen keine Todesfälle durch Cannabis bekannt. In einer amerikanischen Studie aus dem Jahr 1973 wurde Affen über ihr Futter bis zu neun Gramm reines THC pro Kilogramm Körpergewicht verabreicht, ohne dass ein Affe daran gestorben wäre.[2] Das entspricht bei einem Affen mit einem Körpergewicht von fünf Kilogramm 45 Gramm THC oder so viel THC, wie man in 500 Gramm Cannabis mit einem THC-Gehalt von neun Prozent findet. Es gibt Menschen, die extrem hohe THC-Dosen problemlos vertragen, beispielsweise 20 oder 30 Gramm Cannabis mit einem hohen THC-Gehalt.
Die höchste CBD-Dosis, die Menschen im Rahmen einer Studie pro Tag verabreicht wurde, war sechs Gramm reines CBD, die weitgehend problemlos vertragen wurde.[3] Das entspricht 300 Millilitern eines Hanfextraktes mit fünf Prozent CBD.
Vorsicht ist bei THC geboten, wenn Vorerkrankungen vorliegen, wie beispielsweise Herzerkrankungen und Schizophrenie, oder wenn THC mit anderen Substanzen (Medikamente, Alkohol, Amphetamine) zusammen eingenommen wird. Weitere Informationen hierzu finden sich in Kapitel 14. Auch bei CBD muss man vorsichtig sein, wenn es in sehr hohen Dosen zusammen mit anderen Medikamenten eingenommen wird.
THC-haltige Medikamente gehen auch bei langfristiger Einnahme kaum oder überhaupt nicht mit körperlichen Schäden einher.[4] Man kann THC-haltige Präparate also jahrzehntelang einnehmen, ohne Magen, Leber, Nieren oder Herz zu schädigen.
Im Unterschied zu vielen anderen Medikamenten ist die akute Verträglichkeit von THC-haltigen Cannabismedikamenten häufig schlecht. Viele Menschen vertragen die psychischen Wirkungen nicht gut oder reagieren mit Kreislaufbeschwerden. Allerdings entwickelt sich im Laufe von Wochen oder Monaten häufig eine Toleranz gegenüber unerwünschten akuten Wirkungen wie etwa Müdigkeit, Heiterkeit und Angstzuständen oder einer Beschleunigung des Herzschlages, sodass das Medikament dann besser vertragen wird.[5]
CBD ist eine Substanz, die psychische Leiden wie Depressionen und Ängste lindern und damit die Lebensqualität verbessern kann, ohne dass es eine Abhängigkeit verursacht. Man kann das Präparat auch nach langzeitiger Einnahme jederzeit ohne Entzugserscheinungen absetzen. So traten bei den 30 Teilnehmern einer Studie, die sechs Wochen lang täglich zweimal 750 Milligramm CBD erhalten hatten, keinerlei Entzugssymptome auf, als dieses abrupt abgesetzt wurde.[6]
CBD kann sehr gut zusammen mit anderen Medikamenten kombiniert werden. Bei niedrigen Dosen gibt es überhaupt keine Probleme. Wird CBD jedoch in hohen Dosen eingenommen, wie es etwa bei Epilepsie oder Psychosen üblich ist, so müssen mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten berücksichtigt werden. Eventuell ist es erforderlich, die Dosis dieser Medikamente anzupassen.
Auf der gesamten Welt sind keine weiteren Moleküle bekannt, die ein derart breites therapeutisches Potenzial besitzen.
Mögliche Einsatzgebiete für Cannabis und THC sind:
Allergien: Asthma, Hausstauballergie, Heuschnupfen
Appetitlosigkeit und Abmagerung:HIV/Aids, fortgeschrittene Krebserkrankung, Hepatitis C
Bewegungsstörungen: Bewegungsstörungen mit einem Übermaß an Bewegungen (hyperkinetische Bewegungsstörungen) wie Tourette-Syndrom, Dystonie (zum Beispiel spastischer Schiefhals oder Lidkrampf), durch eine Behandlung mit Levodopa ausgelöste Dyskinesien bei der Parkinson-Krankheit, tardive Dyskinesien (eine mögliche Nebenwirkung von Neuroleptika, die bei Schizophrenie verwendet werden), essenzieller Tremor (Zittern)
Chronisch-entzündliche Erkrankungen: Colitis ulcerosa, Morbus Crohn (eine Darmerkrankung), rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew (entzündliche Arthritis der Wirbelsäule und der großen Gelenke), Psoriasis (Schuppenflechte), Neurodermitis, Akne inversa
Epilepsie
Erhöhter Augeninnendruck: Glaukom (grüner Star)
Hauterkrankungen: Neurodermitis, Psoriasis (Schuppenflechte), Akne inversa
Hörstörungen: Tinnitus (Ohrgeräusche)
Juckreiz: starker Juckreiz bei Lebererkrankungen, Neurodermitis
Krebshemmung: Krebserkrankungen
Psychische Erkrankungen: Depressionen, Angststörungen, bipolare Störungen (manisch-depressive Störung), posttraumatische Belastungsstörung, Hyperaktivität, ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom) beziehungsweise ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom), Impotenz, Alkoholismus, Opiatabhängigkeit, Schlafmittelabhängigkeit, Schlaflosigkeit, Autismus, verwirrtes Verhalten bei der Alzheimer-Krankheit
Reizdarm
Schmerzen: Migräne, Clusterkopfschmerz, Phantomschmerzen, Neuralgien (Nervenschmerzen, zum Beispiel Ischialgie/Ischiasschmerzen), Menstruationsbeschwerden, Parästhesien (Kribbeln, Brennen, Ameisenlaufen) bei Diabetes oder Aids, Hyperalgesie (verstärkte Schmerzempfindlichkeit), Schmerzen bei verspannter Muskulatur und Muskelkrämpfen, Arthrose, Arthritis, Colitis ulcerosa (eine chronische Darmentzündung), Restless-Legs-Syndrom (Syndrom der unruhigen Beine), Fibromyalgie (Weichteilrheumatismus)
Singultus (Schluckauf)
Spastik, Muskelkrämpfe: multiple Sklerose, Querschnittslähmung, Spastik nach Schlaganfall, Spannungskopfschmerz, Bandscheibenprobleme und Verspannungen der Rückenmuskulatur
Übelkeit und Erbrechen: Krebschemotherapie, HIV/Aids, Hepatitis C, Schwangerschaftserbrechen, Übelkeit im Rahmen von Migräne
Überproduktion von Magensäure: Magenschleimhautentzündung
Überproduktion von Schweiß: Hyperhidrose
Weitung der Bronchien: Asthma, Luftnot bei anderen Erkrankungen der Atemwege
Für Cannabidiol kommen unter anderem folgende medizinische Einsatzgebiete in Frage:
Amyotrophe Lateralsklerose (Erkrankung des motorischen Nervensystems)
Angststörungen
Arterielle Gefäßsteifigkeit
Autismus
Bewegungsstörungen: Dystonie, Dyskinesie
Bluthochdruck
Depressionen
Diabetes
Drogenabhängigkeit
Entzündungen
Epidermolysis bullosa (genetisch bedingte Hautkrankheit)
Epilepsie
Fragiles X-Syndrom (erbliche geistige Behinderung)
Schizophrene Psychosen
Schlafstörungen
Schmerzen (meistens jedoch nicht wirksam)
Übergewicht
1. Was ist Cannabidiol?
Cannabidiol ist ein Bestandteil der Hanfpflanze (Cannabis sativa L.). Es zählt zu den Cannabinoiden.
2. Macht CBD high?
CBD wirkt nicht psychedelisch und macht nicht high. Der Rauschzustand ist vielmehr auf THC, ein weiteres Cannabinoid der Cannabispflanze, zurückzuführen. Hanfextrakte mit CBD enthalten häufig unterschiedliche THC-Restmengen.
3. Bei welchen «Beschwerden» kann ich CBD nehmen?
CBD kann in der Medizin in höheren Dosen zur Behandlung einiger Erkrankungen eingesetzt werden, zum Beispiel bei Epilepsie, Angststörungen, Entzündungen, Schlafstörungen und schizophrenen Psychosen. Die Wirkung geringer Dosen, wie sie in Nahrungsergänzungsmitteln auf Hanfbasis eingenommen werden, ist bisher nicht erforscht. Anwender*innen berichten bei der innerlichen Anwendung beispielsweise von Entspannung und verbessertem Schlaf. Forscher des Max-Planck-Instituts für die Biologie im Alter und der Universität Köln haben nachgewiesen, dass das Immunsystem bei älteren Menschen beeinträchtigt ist.[7] Ein Aspekt dieser Beeinträchtigung ist eine chronische Entzündung, die für verschiedene Leiden im Alter wie beispielsweise die Alzheimer-Krankheit verantwortlich gemacht wird. CBD könnte im Alter möglicherweise sinnvoll genutzt werden, um diese verstärkte Entzündungsaktivität zu reduzieren.
4. Auf was sollte ich bei der Einnahme von CBD-Tropfen oder Kapseln achten?
CBD ist in geringen Dosen als Nahrungsergänzungsmittel sehr gut verträglich. Es sind daher keine Vorsichtsmaßnahmen erforderlich. Anders verhält es sich bei hohen, medizinisch relevanten Dosen. Hier werden nicht selten unerwünschte Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, etwa solche gegen Epilepsie, beobachtet. In höheren Dosen können auch Nebenwirkungen wie beispielsweise Übelkeit auftreten.
5. Worauf kommt es bei der Dosierung an?
Die Dosis hängt nicht von der in Prozent angegebenen CBD-Konzentration der Produkte ab, sondern von der eingenommenen Menge. So kann man mit einem Produkt mit fünf Prozent CBD die gleiche CBD-Dosis einnehmen wie mit einem Produkt mit zehn Prozent CBD. Im Falle einer geringeren Konzentration muss nur eine höhere Menge eingenommen werden, um die gleiche Dosis aufzunehmen.
6. Wie wirkt CBD bei äußerlicher Anwendung?
CBD kann sich günstig auf Hautprobleme, Hauterkrankungen (Neurodermitis) und die Hautalterung auswirken. Es wirkt entzündungshemmend und fördert die Produktion von antioxidativen Enzymen in bestimmten Hautzellen (Keratinozyten).
7. Was ist der Unterschied zwischen verschriebenen CBD-Produkten und CBD in Nahrungsergänzungsmitteln?
Reines CBD ist seit 2016 ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel und unterliegt daher strengen gesetzlichen Regelungen. Es kann nur in der Apotheke legal erworben werden. Reine CBD-Lösungen sind als Nahrungsergänzungsmittel unzulässig. Nahrungsergänzungsmittel zählen grundsätzlich zu den Lebensmitteln. Es wird gegenwärtig juristisch diskutiert, ob CBD-Extrakte (ohne synthetisches CBD) als Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden dürfen oder nicht. Dabei setzt sich in der Justiz überwiegend die Auffassung durch, dass alle Nahrungsergänzungsmittel mit CBD der sogenannten Novel-Food-Verordnung der Europäischen Union unterliegen und daher ohne Zulassung nicht vermarktet werden dürfen. Es gibt bisher allerdings keine abschließende höchstrichterliche Klärung. Häufig werden sie daher als Aroma-Öle oder Mund-Öle angeboten.
8. Worauf sollte ich beim Kauf achten? Spielt der Preis eine Rolle?
Der Preis ist unbedeutend. Günstige Präparate können genauso wirksam sein wie teure. Es kommt vor allem darauf an, einen zuverlässigen Hersteller auszuwählen. Es gibt vor allem zwei Anhaltspunkte zur Bewertung der Qualität eines Produktes. Liegen Analysenzertifikate eines zertifizierten Labors für das Produkt vor? Handelt es sich um natürliche Extrakte oder um synthetisches CBD, das mit Hanföl verdünnt wurde? Sogenannte CBD-Extrakte mit 10 % oder noch hören CBD-Anteilen können nicht natürlich sein, weil solche Konzentrationen in der Natur nicht vorkommen.
1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Arzt oder eine Ärztin THC-reiche Cannabismedikamente verschreiben darf?
Die Voraussetzungen sind im § 13 des Betäubungsmittelgesetzes beschrieben. Danach muss eine Behandlung mit Betäubungsmitteln begründet sein. Sie ist insbesondere dann nicht begründet, wenn «der beabsichtigte Zweck auch auf andere Weise erreicht werden kann». Wenn andere Therapien bei gleicher Verträglichkeit genauso wirksam sind, dürfen Betäubungsmittel, also auch THC-reiches Cannabis, nicht eingesetzt werden.
2. Unter welchen Voraussetzungen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen eine Therapie mit Cannabismedikamenten?
Im Wesentlichen müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein. Erstens muss eine schwere Erkrankung vorliegen, zweitens darf diese unter Abwägung des möglichen Nutzens und der Risiken nicht anders als mit Cannabis behandelbar sein, und drittens muss eine begründete Aussicht auf Linderung der Symptome bestehen. Ausnahmen gelten nur für zwei zugelassene Präparate. So ist der Cannabisextrakt Sativex® für die Behandlung der mittelschweren bis schweren Spastik bei Multiple Sklerose im Erwachsenenalter und das Nabilon-Präparat Canemes® für die Behandlung von Übelkeit und Erbrechen aufgrund einer Chemotherapie in Deutschland und anderen Ländern arzneimittelrechtlich zugelassen.
3. Dürfen Medikamente auf Cannabisbasis verschrieben werden, auch wenn die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt?
Ja, es müssen nur die Voraussetzungen des § 13 Betäubungsmittelgesetz erfüllt sein. Eine Verordnung auf einem Privatrezept ist dann jederzeit möglich.
4. Gibt es Symptome oder Erkrankungen, bei denen Cannabismedikamente nicht verschrieben werden dürfen?
Nein. Die Behandlung muss allerdings begründet sein.
5. Welche Medikamente auf Cannabisbasis stehen in Deutschland zur Verfügung und können verschrieben werden?
Einzelne Cannabinoide wie CBD und THC/Dronabinol, zugelassene Medikamente (Canemes®, Sativex®), Medizinal-Cannabisblüten, Cannabisextrakte.
6. Welche Unterschiede gibt es zwischen der oralen und der inhalativen Einnahme von Cannabismedikamenten?
Es gibt Unterschiede beim Eintritt der Wirkung, der Zeit bis zum Wirkungsmaximum und der Dauer der Wirkung. Nach der Inhalation tritt die Wirkung nach wenigen Sekunden bis Minuten ein, weist nach etwa 20 bis 30 Minuten ihr Wirkungsmaximum auf und dauert nicht so lange wie nach der oralen Einnahme. Nach der oralen Einnahme tritt die Wirkung nach 30 bis 90 Minuten ein und hat im Allgemeinen ihr Wirkungsmaximum nach etwa 2 bis 3 Stunden. Die Dauer der Wirkung hängt aber auch von der Dosis und der Art der Wirkung (zum Beispiel Schmerzlinderung, psychische Effekte etc.) ab. So kann die euphorisierende Wirkung nach der Inhalation bereits nach 2 bis 3 Stunden abgeklungen sein, während die schmerzlindernde Wirkung noch mehrere Stunden darüber hinaus anhalten kann.
7. Welche Dosis wird für eine erfolgreiche Therapie benötigt?
Die Dosis hängt nicht von der Indikation ab, sondern von der individuellen Verträglichkeit und Wirksamkeit bei dem jeweiligen Patienten. Es gilt der Grundsatz: Start low, go slow – mit kleinen Dosen beginnen und langsam steigern.
8. Welche Nebenwirkungen können auftreten?
Cannabismedikamente werden akut oft nicht gut vertragen, sodass mit kleinen Dosen begonnen werden sollte, um starke Nebenwirkungen zu vermeiden. Dazu zählen häufig Sedierung, Schwindelgefühl, Mundtrockenheit sowie eine Reduzierung der geistigen und psychomotorischen Leistungsfähigkeit, die unter anderem die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen kann.
Langfristig jedoch werden Cannabismedikamente normalerweise sehr gut vertragen. Besondere Vorsicht ist geboten bei schizophrenen Psychosen in der Familienanamnese und bei der Behandlung von Kindern.
Es gibt eine jahrtausendealte Geschichte der Verwendung von Cannabis für religiöse, kultische und therapeutische Zwecke, in der Ernährung sowie der Nutzung seiner reißfesten Fasern für die Herstellung von Papier, Kleidung, Seilen und anderen Produkten. Vor etwa 200 Jahren, im 19. Jahrhundert, begann in Europa und Nordamerika eine Epoche der Medizin, die erstmals mit dem Anspruch antrat, auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und des wissenschaftlichen Austausches zu behandeln.
Parallel blieben traditionelle regionale Ansätze bestehen, darunter die traditionelle chinesische Medizin und die ayurvedische Medizin Indiens, um nur zwei traditionelle Medizinsysteme zu nennen, die heute auch in westlichen Ländern Beachtung finden und zum Teil mit der westlichen Schulmedizin kombiniert werden.
«Ich habe Kranke […] gesehen, deren gastrische Hyperästhesie so gross war, dass sie keine Speisen mehr zu sich zu nehmen wagten und sich mit wenigen Mundvoll Milch begnügten. Sofort nach den ersten Dosen des Medicamentes fühlten sie eine derartige Linderung, dass sie ohne Nachteil selbst feste Speisen, unter anderen rohes oder gekochtes, gehacktes Fleisch, Pürees von getrockneten Hülsenfrüchten, Eier u.s.w. zu verzehren vermochten […]. Die Cannabis ist von constanter Wirkung zur Beseitigung der Schmerzempfindungen und zur Wiederherstellung des Appetites, unter welchen Verhältnissen auch die Schmerzen und die Appetitlosigkeit auftreten mögen […]. Die Magenverdauung wird durch die Cannabis begünstigt, wenn jene durch einen neuro-paralytischen Zustand verlangsamt, oder durch die Hyperhydrochlorie schmerzhaft ist […]. Auch die Darmverdauung profitiert von den beruhigenden Eigenschaften der Cannabis […].»[8]
Das obige Zitat stammt von G. See, dessen vollständiger Vorname uns heute unbekannt ist, weil in seinem Beitrag für die Deutsche Medizinische Wochenschrift unter dem Titel «Anwendung der Cannabis indica in der Behandlung der Neurosen und gastrischen Dyspepsieen» nicht sein vollständiger Vorname steht. Er hat im Jahre 1890 die Wirkungen von Cannabis auf seine Patienten mit Appetitlosigkeit und Magenbeschwerden umfassend dargelegt. See schrieb, dass bereits geringe Dosen, die nicht zu unangenehmen Nebenwirkungen führten, den Schmerz und die Magenkrämpfe linderten, den Appetit steigerten und Erbrechen bekämpften. Er fasste seine Beobachtungen wie folgt zusammen: «Kurz die Cannabis ist das wirkliche Sedativum des Magens ohne irgend eine der Unzuträglichkeiten der Narcotica wie des Opiums und des Chlorals.»
Viele ärztliche Kollegen aus Europa und Nordamerika bestätigten in Fachzeitschriften die Wirkungen von Cannabisprodukten bei einer Vielzahl von Symptomen. Bereits vor mehr als 100 Jahren war der Ärzteschaft der westlichen Welt in Europa und Nordamerika also bekannt, dass Cannabis nicht nur ein gutes Schmerzmittel sein kann, sondern bei vielen körperlichen und psychischen Erkrankungen noch weitere nützliche Dienste leistet, beispielsweise bei Depressionen, Muskelkrämpfen, Epilepsie, Schlaflosigkeit, innerer Unruhe, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Asthma. Aber auch die Kenntnisse der psychedelischen Eigenschaften von Cannabis, die heute vor allem auf das THC zurückgeführt werden können, waren schon damals weit verbreitet.
Westeuropas wichtigster Pionier für die moderne medikamentöse Verwendung der Hanfpflanze – und insbesondere jener ihrer Inhaltsstoffe, die auf die menschliche Psyche einwirken – war der schottische Arzt, Wissenschaftler und Ingenieur Sir William Brooke O’Shaughnessy. 1833 war der 33 Jahre alte O’Shaughnessy als Angestellter der British East India Company erstmals nach Indien gekommen. Die asiatischen Länder China und Indien wiesen damals schon eine lange überlieferte Tradition der therapeutischen Cannabisverwendung auf.
Der junge Arzt aus Großbritannien begann schnell, sich für das therapeutische Potenzial von Cannabis indica zu interessieren, und veröffentlichte 1839 eine Zusammenfassung seiner Erfahrungen, die in Großbritannien und später in der gesamten westlichen Welt große Beachtung fand. Zunächst berichtete er über die volkstümliche und medizinische Verwendung der Pflanze in Indien. Darüber hinaus führte er Studien an Tieren und Menschen durch, um zu einem besseren Verständnis der Wirkungen zu gelangen und auch das Nebenwirkungspotenzial genauer abschätzen zu können.
Nach ersten Untersuchungen kam er zu dem Ergebnis, dass wegen der «perfekten Sicherheit bei der Gabe von Hanfharz» in Fällen, bei denen «seine offensichtlichen Qualitäten den größten Grad von Nutzen versprechen», eine ausführliche Studie durchgeführt werden sollte.[9]