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Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass die Hanfpflanze (Cannabis sativa L.) und viele Cannabisinhaltsstoffe krebshemmende Eigenschaften besitzen, darunter THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol), aber auch einige weitere weniger bekannte Cannabinoide und Terpene. Viele Krebspatienten suchen nach Alternativen und ergänzenden natürlichen Behandlungsmethoden zu medizinischen Standardverfahren in der Krebstherapie und setzen ihre Hoffnung auf die Behandlung mit Cannabisprodukten. Die Informationen zum Thema in den Medien sind allerdings oft widersprüchlich und irreführend. Dieses Buch bietet eine sachliche und fundierte Übersicht über den aktuellen Stand der Wissenschaft zum therapeutischen Potenzial von Cannabisinhaltsstoffen bei verschiedenen Krebserkrankungen und zu deren praktischer medizinischer Anwendung. Es liefert Antworten auf die Fragen, welche Cannabinoide genutzt werden können, welche Dosen eingesetzt werden sollten, welche Zubereitungen sinnvoll sind, welche Kombinationen mit Standardtherapien vielversprechend sind und warum verschiedene Krebsarten eine unterschiedliche Herangehensweise verlangen.
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Seitenzahl: 176
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Franjo Grotenhermen
Der Stand der Wissenschaft und praktischeFolgerungen für die Therapie
Geleitwort von Prof. Dr. Burkhard Hinz
Verlegt durch:
Nachtschatten Verlag AG
Kronengasse 11
CH-4500 Solothurn
T +41 32 621 89 49
F +41 32 621 89 47
www.nachtschatten.ch
© 2017 Nachtschatten Verlag AG
© 2017 Franjo Grotenhermen
Lektorat: Markus Berger, Felsberg
Layoutkonzept: Nina Seiler, Zürich
Satz: Elena-Maria Bloch, Solothurn
Umschlaggestaltung: Sven Sannwald, Lüterkofen
ISBN 978-3-03788-516-1
eISBN 978-3-03788-517-8
Verbreitung durch Funk, Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe,Tonträger jeder Art, elektronische digitale Medien und auszugsweiser Nachdruck nur unter Genehmigung des Verlages erlaubt.
Geleitwort
Vorwort
Wie alles begann
Immun gegen Krebs: Menschen mit dem Laron-Syndrom
Krebserkrankungen, Vorbeugung und Behandlung
Krebs und Vorbeugung
Krebs zwischen Angst und Sorglosigkeit
Krebs und Persönlichkeit
Was ist Krebs?
Genveränderungen durch Umwelteinflüsse, Vererbung und Zufall
Die Behandlung von Krebs
Chirurgische Behandlung
Strahlentherapie
Chemotherapie
Antihormonelle Therapie
Behandlung mit monoklonalen Antikörpern
Immuntherapien
Chancen auf Heilung
Welche Cannabisprodukte können medizinisch verwendet werden?
Cannabis und Cannabinoide – eine Einführung
Ganzpflanzenprodukte und isolierte Cannabinoide
Definitionen und Erläuterungen
Das therapeutische Potenzial von Cannabis und Cannabinoiden
Cannabis und THC
Cannabidiol
Wie die Cannabinoide im Körper wirken
Cannabinoidrezeptoren
Endocannabinoide
Wie Cannabis bei Krebs helfen kann
Linderung von Symptomen
Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust
Übelkeit und Erbrechen
Chronische Schmerzen
Schlafstörungen, Ängste und Depressionen
Wie Cannabinoide das Krebswachstum hemmen
Verursachung des Krebszelltodes und Reduzierung des Krebswachstums
Mechanismus der Cannabinoid-induzierten Apoptose
Hemmung der Blutgefäßneubildung
Hemmung der Metastasierung
Regulierung der Antitumor-Immunität
Umgang mit Therapieresistenz
Cannabinoid-basierte Kombinationsbehandlungen
Fallberichte mit Cannabis bei Krebserkrankungen
Rückgang gutartiger Hirntumoren bei zwei Kindern
Rückgang gutartiger Myome der Gebärmutter
Absterben aggressiver Leukämiezellen
Äußerliche Behandlung des Basalioms und der aktinischen Keratose
Studien zu Cannabis und Krebs beim Menschen
Übersicht über epidemiologische Studien
Ergebnisse der größten drei epidemiologischen Studien
Pilotstudie mit THC bei Glioblastom
Erste kontrollierte Studie bei Hirnkrebs
Beobachtungen bei einzelnen Krebsarten in experimentellen Studien
Hirnkrebs
Darmkrebs
Leberkrebs
Krebs der Bauchspeicheldrüse
Brustkrebs
Prostatakrebs
Lungenkrebs
Schilddrüsenkrebs
Melanom (Schwarzer Hautkrebs)
Nicht-Melanom-Hautkrebs
Leukämie
Mundkrebs
Neuroblastom
Plasmozytom (Multiples Myelom)
Zellexperimente bei anderen Tumoren
Schlussfolgerung
Die rechtlichen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten einer Therapie mit Cannabis
Die aktuelle gesetzliche Grundlage
Die praktische Anwendung von Cannabis und Cannabinoiden
Therapie mit Cannabis: Die wichtigsten Vor- und Nachteile
Die wichtigsten Vorteile auf einen Blick
Die wichtigsten Nachteile auf einen Blick
Möglichkeiten der Einnahme von Cannabisprodukten
Einnahme natürlicher Cannabisprodukte
Inhalieren von natürlichen Cannabisprodukten
Orale Einnahme von natürlichen Cannabisprodukten
Einnahme pharmazeutischer Cannabisprodukte
Praxistipps
Verschreibung von Cannabis
Auswahl geeigneter Cannabis-Medikamente
Zugelassene Medikamente
Kostenerstattung durch Krankenkassen
Dosierung von Cannabis
Sativex®
Cannabisblüten und Cannabisextrakte
Inhalation
Die praktische Krebstherapie mit Cannabis und Cannabinoiden
Zusammengefasste Ergebnisse der Forschung
Einige vorläufige Folgerungen aus der bisherigen Forschung für die Praxis
Wie sollte eine Therapie durchgeführt werden?
Herstellung von Extrakten und Cannabisöl
Nicht aufgeben
Anhänge
Was sonst noch hilft, Krebs vorzubeugen und zu behandeln
Lebensstil
Ernährung
Nahrungsergänzung
Körperpflege und Medikamente
Untersuchungen zur Vorsorge und für Krebsbetroffene
Vorsorgeuntersuchungen und Impfung
Krebshemmende Pflanzenstoffe in der Ernährung
Die Bedeutung von Pflanzen für eine gesunde Ernährung
Die Bedeutung der Ernährung für die Entwicklung von Krebs
Pflanzen mit krebshemmenden Eigenschaften
Direkte Wirkungen auf Tumorzellen
Wirkungen auf die Tumorumgebung
Fasten
Basische Ernährung
Behandlung mit Methadon
Komplementäre Maßnahmen am Beispiel Brustkrebs
Operation und Vorbereitung auf die Operation
Wann ist eine Chemotherapie nach der Operation notwendig?
Sport und Bewegung
Basiskonzept Brustkrebs während der Chemotherapie
Nicht während der Chemotherapie
Nach Abschluss einer Strahlen -oder Chemotherapie
Spezielle Einsatzgebiete von Vitaminen und anderen Mikronährstoffen
Begleitung der Antihormontherapie
Offener Brief an Rick Simpson
1. Unwissen
2. Irrglaube
3. Verwechslung von Menge und Konzentration
4. Unzureichende Datenbasis
5. Fixierung auf THC
6. Warnung vor wirksamen Therapien
Literatur
Informationsquellen
Patienten-Organisationen
So können Sie auch anderen helfen
Über den Autor
Für meine Mutter
Trotz Jahrtausende währendem Einsatz von Cannabis als Heilmittel ist der medizinische Wissensstand um die Pflanze und ihre Inhaltsstoffe nach wie vor begrenzt. Nach Identifizierung der chemischen Strukturen der beiden wesentlichen pflanzlichen Cannabinoide (–)-Δ9-trans-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) in den 1960er Jahren hat erst der Nachweis eines körpereigenen Endocannabinoid-Systems zu Beginn der 1990er Jahre einen wesentlichen Impetus für eine konsequente Forschung auf diesem Gebiet gegeben.
So wurde auch im Falle der bereits 1975 im Tierversuch beschriebenen hemmenden Wirkung von Cannabinoiden auf das Tumorwachstum die präklinische Forschung auf diesem Gebiet zu Ende der 1990er Jahre wieder aufgenommen. Die Ergebnisse waren und sind beachtlich: Pflanzliche, synthetische wie auch endogene Cannabinoide vermitteln im Laborversuch in vitro an Tumorzellen verschiedenster Entitäten wie auch in vivo im Tierversuch eine Vielzahl krebshemmender Wirkungen. Die in diesem Zusammenhang beschriebenen Effekte reichen von der Hemmung der Tumorzellproliferation und der Induktion des Tumorzelltods (Apoptose, Autophagie, immunologisch vermittelte Tumorzell-Lyse), über die Unterdrückung der Tumorzellausbreitung (Invasivität/Metastasierung) und Tumorangiogenese bis hin zur Aufhebung von Resistenzmechanismen gegenüber klassischen Chemotherapeutika. An Zellkultur- und Tiermodellen durchgeführte Untersuchungen meines Rostocker Instituts fokussierten hierbei insbesondere auf die Mechanismen krebshemmender Eigenschaften von CBD, einem nicht-psychoaktiven Inhaltsstoff der Cannabis-Pflanze.
Wenngleich die Ergebnisse der bisher durchgeführten Laborversuche durchaus optimistisch stimmen, lassen sich zum Erfolg oder Misserfolg eines möglichen therapeutischen Einsatzes von Cannabinoiden zur Tumortherapie derzeit keine belastbaren Prognosen abgeben. In der Tat haben in der Vergangenheit viele neue, in präklinischen Untersuchungen hoffnungsvoll erschienene antineoplastische Wirkstoffe den translationalen Sprung in die Klinik nicht geschafft, da sie beim Patienten nicht die vermutete Wirkstärke zeigten.
Ein kleiner überschaubarer Anfang in Richtung klinische Testung von Cannabinoiden bei malignen Tumorerkrankungen scheint sich derzeit abzuzeichnen. So erhielten – auf Basis entsprechender präklinischer Untersuchungen – die pflanzlichen Cannabinoide THC und CBD aus Extrakten von Cannabis sativa L. im Jahre 2016 die Orphan-Designation für die Therapie des Glioms. Die in Form einer Pressemitteilung skizzierten Ergebnisse einer bislang unpublizierten explorativen Phase-II-Studie an Patienten mit Glioblastoma multiforme lassen aufhorchen: Bei Patienten, die mit THC und CBD zusätzlich zu einer bestehenden Chemotherapie behandelt wurden, war die Ein-Jahres-Überlebensrate signifikant erhöht im Vergleich zu Patienten, denen ein Scheinmedikament (Placebo) zusätzlich zur Chemotherapie verabreicht wurde.
Mit dem vorliegenden Buch hat Herr Dr. Grotenhermen die aktuelle wissenschaftliche Datenlage zu diesen Themen in strukturierter und für Laien sehr verständlicher Form dargestellt. Dabei gelingt es ihm auf eindrucksvolle Weise, die Balance zwischen übertriebenen Erwartungen und vollständiger Negierung eines möglichen therapeutischen Potenzials zu finden. Das Buch bietet allen, die an diesem derzeit noch durch die experimentelle Forschung dominierten Thema Interesse haben, eine wertvolle Quelle der Information. Es steht zu hoffen, dass die bestehende und durch dieses Buch fortgesetzte Diskussion um »Cannabis gegen Krebs« auch eine zeitnahe Konzeption und Durchführung kontrollierter klinischer Studien zur Testung der Wirksamkeit von Cannabinoiden bei verschiedenen Tumoren fördern wird.
Rostock, im Juli 2017Prof. Dr. Burkhard Hinz
Für jedes komplexe Problem gibt es eine einfache Lösung,und die ist die falsche.
Umberto Eco, Das Foucaultsche Pendel
Dieses Buch ist ein vorläufiges.
Natürlich ist jedes Buch über die Behandlung und Vorbeugung von Erkrankungen vorläufiger Natur. Die Wahrheiten – auch die alternativen – in Medizin und Wissenschaft haben oft eine recht begrenzte Lebensdauer. Das gilt insbesondere auch, wenn wir uns die Dynamik der Erkenntnisse zu den krebshemmenden Eigenschaften von Cannabis und Cannabinoiden der vergangenen Jahre anschauen. In jedem Jahr erfahren wir mehr, und in einigen Jahren wird dieses Buch ein anderes sein.
1987 erkrankte meine Mutter an Krebs.
Ich war als junger Assistenzarzt im Krankenhaus tätig und hatte bis dahin nur wenig Ahnung von Krebstherapie, kannte mich kaum mit alternativen Therapieverfahren aus, und von dem möglichen medizinischen Nutzen von Cannabis hatte ich noch nichts gehört.
Ich habe mich dann zum ersten Mal mit möglichen komplementären Therapieverfahren in der Krebstherapie befasst. Denn meiner Mutter wurde zwar eine Niere mit dem Tumor entfernt, im Entlassungsbericht aus dem Krankenhaus hieß es jedoch, dass »aufgrund des Überschreitens der Nierenkapsel die Prognose entsprechend schlecht« ist. Mit anderen Worten: Die behandelnden Ärzte gingen davon aus, dass meine Mutter die Erkrankung vermutlich nicht überleben werde.
Meine Mutter hat eine Vielzahl von Maßnahmen vor allem in den Bereichen Lebensstil, Ernährung, Nahrungsergänzungsmittel und Stärkung des Immunsystems unternommen. Sie ist nicht an Krebs gestorben, sondern lebt. Der Krebs ist lange vergessen. Niemand kann wissen, ob irgendetwas von dem, was sie damals in ihr Leben integriert hatte, in der Hoffnung, dass es helfen möge, den Krebs zu besiegen, wirklich einen Einfluss auf den Krankheitsverlauf hatte. Wir wissen nicht, warum der Krebs nicht wiederkam, sie hat aber alles dafür getan, was sie dazu beitragen konnte. Und darum geht es.
Es ist bekannt, dass Cannabinoide krebshemmende Eigenschaften besitzen.
Allerdings stehen wir noch am Beginn der Forschungsreise auf dem Weg zu sicheren Aussagen zum medizinischen Nutzen von Cannabis und Cannabinoiden in der Krebstherapie. Man tut daher gut daran, genau mit der Thematik umzugehen und sich nicht von der Polarisierung zwischen unkritischer Begeisterung und vollständiger Ignorierung des Potenzials einfangen zu lassen.
Ich sammle seit etwa 1,5 Jahren Material für dieses Buch, nicht nur zum Thema Cannabis und Krebs, sondern auch zu anderen komplementären Verfahren. Denn ich wollte nicht nur den aktuellen wissenschaftlichen Stand zum Thema Cannabis und Krebs darstellen, sondern auch einige andere Ansätze skizzieren. Es ist gut und hilfreich, alle sinnvollen Ressourcen der Schulmedizin und der zusätzlichen (komplementären) Medizin zu nutzen, um die Heilungschancen zu verbessern und die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall zu reduzieren. Es ist allerdings nicht immer einfach, sinnvolle Maßnahmen von weniger sinnvollen oder gar schädlichen zu unterscheiden, auch nicht für Ärzte.
Für die Übersicht zur Krebshemmung durch Cannabis und Cannabinoide waren für mich bei der Abfassung des Buches viele Beiträge hilfreich, die ich in den vergangenen 15 Jahren für die IACM-Informationen zum Thema verfasst habe. Da hat sich eine große Datenbank angesammelt, die von den Lesern beispielsweise für Informationen bei bestimmten Krebserkrankungen genutzt werden kann (www.cannabis-med.org/german/bulletin/iacm.php).
Zur Vertiefung in die Materie konnte ich von einigen hervorragenden wissenschaftlichen Übersichten aus dem Jahr 2016 profitieren, die von herausragenden Experten verfasst wurden, darunter von der Arbeitsgruppe um die Professoren Manuel Guzman und Guillermo Velasco von der Complutense Universität in Madrid sowie von der Arbeitsgruppe um Professor Burkhard Hinz von der Universität Rostock.
Für Hinweise zu anderen komplementärmedizinischen Verfahren möchte ich mich herzlich bei Dr. Nicole Weis von der Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr bedanken, insbesondere für die Übersicht zu komplementärmedizinischen Verfahren am Beispiel Brustkrebs. Diese Übersicht zeigt beispielhaft an einer bösartigen Tumorerkrankung, worauf man bei der schulmedizinischen und komplementärmedizinischen Behandlung achten sollte. Viele Informationen können auch bei anderen Krebserkrankungen von Nutzen sein.
Es gibt im Internet einige gute Seiten zu komplementärmedizinischen Verfahren in der Krebstherapie. Vorsicht ist immer angezeigt, wenn die Vertreter bestimmter Theorien oder Verfahren die »wahren Ursachen« für Krebs präsentieren und einfache und einheitliche therapeutische Lösungen für alle Krebsarten anbieten.
Unser menschlicher Körper ist komplex, die Gründe für Krebs sind vielfältig, und es gibt viele gute Ansätze zur Vorbeugung und Therapie.
Das Buch enthält viel wissenschaftliches Hintergrundmaterial und ist daher nicht immer leicht verdaulich. Es ist aber auch nicht notwendig, das Buch von vorn bis hinten durchzulesen, um Cannabis und Cannabinoide sinnvoll nutzen zu können. Jede Leserin und jeder Leser kann einzelne Kapitel herausgreifen, die ihn und sie besonders interessieren, und sich beispielsweise auf die praktischen Kapitel beschränken.
Ich wünsche Ihnen, dass das Buch eine Hilfe und Unterstützung für Sie sein möge, wo immer Sie gerade in Ihrem Leben stehen.
Rüthen, im Juni 2017Franjo Grotenhermen
Im Jahr 1975 wiesen US-amerikanische Wissenschaftler erstmals nach, dass THC im Tierversuch das Krebswachstum hemmt (MUNSON et al 1975). Mäuse mit Lungenkrebs wurden 10 oder 20 Tage lang mit verschiedenen Cannabinoiden behandelt (Delta-9-THC, Delta-8-THC, Cannabinol und Cannabidiol). Die Cannabinoide wurden mit der Nahrung verabreicht. Dosisabhängig reduzierten Delta-9-THC, Delta-8-THC und Cannabinol (CBN) das Tumorwachstum und verlängerten das Überleben, während Cannabidiol (CBD) nicht wirksam war.
Diese Ergebnisse wurden in den folgenden Jahren nicht weiter verfolgt. Erst eine Studie aus dem Jahr 1996 änderte das und führte zu einem weltweit zunehmenden Interesse an den möglichen krebshemmenden Eigenschaften von THC und anderen Cannabinoiden.
In einem Tierversuch von Wissenschaftlern des Nationalen Instituts für Umweltgesundheitswissenschaften des Research Triangle Park in Nord-Carolina (USA) mit Ratten und Mäusen fiel auf, dass THC das Krebsrisiko verringerte und das Leben der Ratten deutlich verlängerte (CHAN et al. 1996). Eigentlich hatte man im Auftrag des US-amerikanischen Instituts gegen den Drogenmissbrauch untersuchen wollen, ob THC Krebs verursachen kann, wenn es lange und in hohen Dosen gegeben wird. Die Tiere hatten dazu zwei Jahre lang unterschiedlich hohe THC-Dosen erhalten.
Die Ratten erhielten fünfmal in der Woche entweder kein THC, 5 mg, 15 mg oder 50 mg THC pro Kilogramm Körpergewicht als Zusatz zum Futter. Die Mäuse bekamen im gleichen Rhythmus 125 mg, 250 mg oder 500 mg THC. Am Ende der zweijährigen Studie lebten noch 46 Prozent der THC-freien Ratten, während in der Gruppe, die 5 mg THC bekommen hatte, 74 Prozent überlebten. In der 15-mg-Gruppe waren es 68 Prozent und in der 50-mg-Gruppe 66 Prozent. Dies lag überwiegend an der im Vergleich mit der Kontrollgruppe geringeren Krebsrate. Die Anti-Tumor-Wirkungen des THC betrafen mehrere Krebsarten, die häufig bei Mäusen und Ratten gefunden werden, darunter Leberkrebs, Brustkrebs, Hodenkrebs und Krebs der Bauchspeicheldrüse. Auch gutartige Tumoren waren durch THC bei Ratten und Mäusen deutlich reduziert. In einem Kommentar schrieben die Leiter der Studie, dass die geringere Tumorhäufigkeit zum Teil auf dem geringeren Gewicht der Tiere, die THC bekommen hatten, beruht haben könnte. Und weiter: »Dieses sollte nicht von den allgemeinen Anti-Tumor-Wirkungen des THC ablenken, die bei beiden Geschlechtern dieser Tierarten und Rassen beobachtet wurden.«
Es gibt eine Gruppe von Menschen mit einem Gendefekt, dem Laron-Syndrom, die nicht an Krebs erkranken (GUEVARA-AGUIRRE et al. 2011). Das Verständnis der Gründe eröffnet Möglichkeiten zur Vorbeugung von Krebserkrankungen.
Dr. Jaime Guevara-Aguirre untersuchte seit 1988 Menschen in einer bestimmten Region von Ecuador, die kleinwüchsig waren – im Erwachsenenalter wiesen sie eine Körpergröße von etwa 1,10 bis 1,30 m auf. Wie sich im Laufe der Jahre herausstellte, litten sie an einem genetischen Defekt des Wachstumshormonrezeptors in der Leber, der dazu führt, dass das im Gehirn gebildete Wachstumshormon wirkungslos bleibt, sodass keine Wachstumsfaktoren, wie vor allem IGF-1 (Insulinähnlicher Wachstumsfaktor-1) gebildet werden. Die Menschen bleiben kleinwüchsig. Es gibt auch »Laron-Mäuse« mit einem solchen genetischen Defekt. Das Besondere an ihnen ist, dass sie nicht nur kleiner sind als normale Tiere, sondern besonders lange leben. Statt 2 bis 2,5 Jahre leben diese Tiere 3 bis 3,5 Jahre. Eine Rekordmaus brachte es auf 5 Jahre.
Auf der Erde gibt es vermutlich etwa 300 Menschen mit dem Laron-Syndrom, von denen etwa 100 in Ecuador leben. Langjährige Untersuchungen zeigten, dass in dieser Gruppe nur eine Person an einem nicht tödlichen Krebs erkrankte und keine Fälle von Diabetes (Zuckerkrankheit) auftraten, obwohl viele der Studienteilnehmer übergewichtig waren, ein Risikofaktor für die Entwicklung der Zuckerkrankheit und von Krebs. Die Häufigkeit dieser Erkrankungen bei Familienangehörigen der Betroffenen lag bei 17 Prozent für Krebs und 5 Prozent für Diabetes.
In Labortests reduzierte das Blutserum der Menschen mit Laron-Syndrom nach Zusatz von Wasserstoffperoxid die Zahl der DNA-Brüche, also Schädigungen des genetischen Materials in den Zellen. Das Blut schützte also vor genschädigenden Einflüssen von außen. Wurde das genetische Material schließlich dennoch geschädigt, so fand sich eine erhöhte Zahl von Apoptosen, eine Form des programmierten Zelltods (Selbstmordprogramm der Zelle). Auf diese Weise gehen Zellen mit genetischen Veränderungen bei Menschen mit Laron-Syndrom offenbar frühzeitig im Organismus zugrunde, was vor Krebserkrankungen schützt. Es fanden sich auch verschiedene weitere Veränderungen von Laborwerten, die die Zellen schützen. Die Wissenschaftler fanden erniedrigte Insulin-Konzentrationen und einen sehr günstigen Zuckerstoffwechsel, was das Fehlen von Diabetes erklären kann.
Professor Valter Longo von der Universität von Kalifornien in Los Angeles untersucht seit vielen Jahren, welche Faktoren das Leben verlängern können. Er war an der Studie in Ecuador beteiligt. Er stellte sich die Frage, wie gesunde Menschen durch ihren Lebensstil die Konzentration von IGF-1, dem offenbar wichtigsten Wachstumsfaktor, und damit das Krebsrisiko reduzieren können. Seine Arbeitsgruppe stellte fest, dass eine Reduzierung der Proteinaufnahme mit einer starken Reduzierung des IGF-1, des Krebsrisikos und der Sterblichkeit verbunden war (LEVINE et al. 2014). In einer Untersuchung fand er heraus, dass Menschen im Alter zwischen 50 und 65 Jahren mit einer hohen Proteinaufnahme im Vergleich mit Personen, die wenig Proteine aufnahmen, innerhalb der folgenden 18 Jahre eine Vervierfachung des Risikos aufwiesen, an Krebs zu sterben. Dieser Zusammenhang wurde nahezu vollständig aufgehoben, wenn die Proteine aus Pflanzen stammten. Valter Longo empfiehlt daher vor allem eine Reduzierung tierischer Proteine und eine vorwiegend pflanzliche Ernährung.
Neben der Krebsvorbeugung kann nach den Untersuchungen seiner Arbeitsgruppe die Ernährung sowohl günstige Wirkungen auf die Wirksamkeit der Krebstherapie als auch auf die Vermeidung von Rückfällen und sekundären Krebserkrankungen haben. Dabei spielen auch kurzzeitige Fastenperioden eine wichtige Rolle (BRANDHORST et al. 2017 [im Druck]).
In Deutschland erkranken gegenwärtig jährlich etwa 500 000 Menschen an Krebs und 220 000 sterben daran. Vor 1980 starben mehr als zwei Drittel aller Krebskranken an der Erkrankung, während heute mehr als die Hälfte dauerhaft geheilt wird. Die meisten Krebspatienten sterben also nicht an ihrer Krebserkrankung. Die Heilungschance bei jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 39 Jahren ist deutlich höher und liegt bei etwa 80 Prozent. Allerdings gibt es hier noch nicht so viele Langzeitstudien. Im Laufe des Lebens erhält jeder zweite Bundesbürger eine Krebsdiagnose.
Erfolgreicher als alle möglichen Therapieverfahren gegen Krebs ist eine wirksame Vorbeugung. Deutlich über die Hälfte aller Krebserkrankungen werden auf einen krebsfördernden Lebensstil zurückgeführt, darunter insbesondere Tabakrauchen, Übergewicht, ungesunde Ernährung, unzureichende Bewegung und Alkoholkonsum. Würden die Bundesbürger ihren Lebensstil grundsätzlich ändern, so könnte die jährliche Krebsrate und die Zahl der Krebstoten mehr als halbiert werden. Allerdings sind Präventionsmaßnahmen für Forscher und Ärzte intellektuell weniger anspruchsvoll, für die Medien nicht so spektakulär und für pharmazeutische Unternehmen auch nicht so lukrativ wie die Entwicklung neuer, oft sehr teurer Therapieverfahren, mit denen man den Krebs und seine Wandlungsfähigkeit zu überlisten sucht und die das Leben oft nur um wenige Monate verlängern können. Daher ist der Stellenwert der Prävention nicht nur vielen Patienten, sondern auch vielen Ärzten nicht in dem notwendigen Maße bekannt.
Obwohl viele andere Erkrankungen wie beispielsweise Herzinsuffizienz eine schlechtere Überlebensrate als die meisten Krebsarten haben, ist Krebs mit vielen Ängsten und Tabus belegt. Trotz der zunehmend erfolgreicheren Behandlungsmöglichkeiten gilt Krebs in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch als eine im Allgemeinen tödlich verlaufende Erkrankung. Allerdings werden wir immer mit Krebs leben müssen, denn er ist Teil unseres biologischen Erbes. Jede Sekunde teilen sich Millionen von Zellen in unserem Körper, und dabei können Fehler auftreten, die irgendwann zu Krebs führen können. Angesichts einiger leicht vermeidbarer Krebsursachen steht diese Angst in einem bizarren Kontrast zur Sorglosigkeit im Umgang mit einem krebsfördernden Lebensstil. Obwohl Krebs jeden zweiten Bundesbürger im Laufe des Lebens trifft, fühlen sich viele, vor allem junge Menschen, in dieser Hinsicht unbesiegbar und nicht angesprochen – solange eine Krebserkrankung nicht auftritt. Das ist eine tödliche Meisterleistung der menschlichen Verdrängungskunst.
In den siebziger Jahren entwickelte sich in den USA eine psychologische Krebstherapie, die auf der Idee beruhte, dass Krebs auf einer falschen Einstellung zum Leben basiere, dass man eine Krebspersönlichkeit haben könne, die depressiv ist und ihre Emotionen nicht ausdrückt. Einige Psychotherapeuten erklärten, dass man Krebs heilen könne, indem man die Haltung der Patienten gegenüber dem Leben ändert. Unter anderem hat dies dazu geführt, dass man den Opfern der Krebserkrankung die Schuld an ihrer Erkrankung gegeben hat oder sie dafür verantwortlich gemacht hat, dass sie nicht geheilt werden konnten, weil sie nicht ausreichend glücklich waren. Obwohl diese Theorie mittlerweile überwiegend als Unsinn betrachtet wird, haben sich noch Reste dieser Idee gehalten.
Andererseits ist es wichtig, den Mut nicht zu verlieren und eine positive Einstellung zu behalten oder zu entwickeln. Verfahren der Psychoonkologie können die Krebsbehandlung unterstützen und helfen, das Krankheitsgeschehen psychisch zu verarbeiten. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass einsame Krebspatienten eine schlechtere Überlebenschance haben als solche mit einem stabilen sozialen Umfeld. Ein starker Lebenswille und die Unterstützung aus dem Umfeld können dabei helfen, Krebsbehandlungen durchzustehen, auch schwierige Phasen zu überwinden, einen ungesunden Lebensstil zu verändern und aktiv nach Behandlungsoptionen zu schauen. Aber auch Schuldgefühle, Niedergeschlagenheit und Stress nach einer Krebsdiagnose können durchaus günstige Effekte haben (CASTONGUAY et al. 2017). Sie können dazu beitragen, sich neue Ziele zu setzen und eine Entschlossenheit im Kampf gegen den Krebs zu entwickeln. Negative Gefühle haben daher zwar einen schlechten Ruf, können aber durchaus eine positive Rolle spielen.
Unter der Sammelbezeichnung Krebs wird eine Gruppe von Erkrankungen zusammengefasst, die mit krankhaftem Zellwachstum einhergeht und der Möglichkeit, in andere Gewebe einzudringen und sich in andere Teile des Organismus auszubreiten, einhergeht. Wir sprechen von bösartigen Tumoren. Es gibt auch gutartige Tumoren. Je nach Einteilung und Differenzierung der Krebsarten kann man von mehr als 100 Krebsarten, mehr als 300 Krebsarten oder gar 1000 Krebsarten sprechen.
Krebszellen sind durch sechs Eigenschaften charakterisiert. Diese Charakteristika sind notwendig, um einen bösartigen Krebs zu verursachen:
• Zellwachstum und Zellteilung ohne korrekte Signale des Körpers
• Anhaltendes Wachstum und Teilung trotz gegenteiliger Signale
• Vermeidung des programmierten Zelltods (Apoptose)
• Grenzenlose Zahl von Zellteilungen
• Förderung der Blutgefäßbildung
• Eindringen in Gewebe und Bildung von Metastasen
Neben einem ungesunden Lebensstil können bestimmte Infektionen, Umweltverschmutzung und ionisierende Strahlung (Röntgenstrahlen, UV-Strahlen, Strahlung aus Kernkraftwerken) das Krebsrisiko erhöhen. Allein Tabakrauchen ist für 20 bis 30 Prozent aller Krebserkrankungen verantwortlich. Ohne das Rauchen wäre Lungenkrebs eine vergleichsweise seltene Krebsart. Viele Krebserkrankungen basieren auf Infektionen, wie Hepatitis B, Hepatitis C oder dem humanen Papillomavirus (HPV), gegen das man sich impfen lassen kann.