DIE HERREN EINBRECHER GEBEN SICH DIE EHRE - John Boland - E-Book

DIE HERREN EINBRECHER GEBEN SICH DIE EHRE E-Book

John Boland

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Beschreibung

Eine Million Pfund Sterling in einem kühnen Handstreich zu erobern: das ist Ex-Major Hemlingsons großer Plan. Und dann enthüllt er neun seiner ehemaligen Armee-Kameraden einen Plan für einen originellen und wagemutigen Bankraub. Die Liga der Gentlemen wird gebildet, und mit generalstabsmäßiger Pedanterie und militärischer Disziplin wird das tollkühne Projekt in die Tat umgesetzt...

 

Der Roman Die Herren Einbrecher geben sich die Ehre des britischen Schriftstellers John Boland (* 5. Februar 1913; † 9. November 1976) erschien erstmals im Jahr 1958; die deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr (unter dem Titel Bankraub).

Basil Dearden verfilmte den Stoff 1960, und der Film gilt als einer der großen Klassiker der britischen Filmgeschichte.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe des Romans in seiner Reihe APEX CRIME.

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Veröffentlichungsjahr: 2021

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JOHN BOLAND

 

 

Die Herren Einbrecher

geben sich die Ehre

 

Roman

 

 

 

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

DIE HERREN EINBRECHER GEBEN SICH DIE EHRE 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

 

 

Das Buch

 

Eine Million Pfund Sterling in einem kühnen Handstreich zu erobern: das ist Ex-Major Hemlingsons großer Plan. Und dann enthüllt er neun seiner ehemaligen Armee-Kameraden einen Plan für einen originellen und wagemutigen Bankraub. Die Liga der Gentlemen wird gebildet, und mit generalstabsmäßiger Pedanterie und militärischer Disziplin wird das tollkühne Projekt in die Tat umgesetzt...

 

Der Roman Die Herren Einbrecher geben sich die Ehre des britischen Schriftstellers John Boland (* 5. Februar 1913; † 9. November 1976) erschien erstmals im Jahr 1958; die deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr (unter dem Titel Bankraub).

Basil Dearden verfilmte den Stoff 1960, und der Film gilt als einer der großen Klassiker der britischen Filmgeschichte. 

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe des Romans in seiner Reihe APEX CRIME.

  DIE HERREN EINBRECHER

GEBEN SICH DIE EHRE

 

 

 

 

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

 

William Rangerhope war der erste, der eines von den seltsamen Einschreibepäckchen erhielt. Er hatte sich gerade über die offene Kühlerhaube seines klapprigen Wagens gebeugt, als der Postbote herantrat. Rangerhope erwies sich als großer, bulliger Mann, als er sich aufrichtete und die schmutzigen Hände an einem Lappen abwischte, bevor er die Empfangsquittung unterschrieb und das Päckchen an sich nahm.

Als Absender war ein gewisser Mr. White angegeben. Der Name sagte Rangerhope nichts. Er riss das Päckchen auf, und beim Anblick des Inhalts verstärkte sich sein Stirnrunzeln.

»Zum Teufel, was soll das bedeuten!«

Das Päckchen enthielt: Der Millionencoup, von einem Autor namens Lionel White, und einen Briefumschlag mit der Aufschrift:

Captain William Ross Rangerhope, R.A.S.C. 

Das Gesicht des großen Mannes lief rot an. Er war davon überzeugt gewesen, dass keiner mehr etwas von seiner ehemaligen Offizierslaufbahn wusste. Aber nun hatte ihn doch jemand aufgestöbert.

Er schaute sich das Buch genauer an. Es war von einem Verlag namens T. V. Boardman & Co. Ltd., herausgegeben und schon vor einigen Jahren erschienen.

Der Inhalt des Briefumschlags überraschte ihn noch mehr. Er fand darin die Hälften von zwanzig Ein-Pfund-Noten, die sauber in der Mitte durchgeschnitten waren - aber die zweiten Hälften fehlten. Eine Mitteilung lag bei.

 

Lieber Captain,

falls Ihnen daran gelegen ist, die fehlenden Hälften und wahrscheinlich noch viel mehr Geld - zu verdienen, lesen Sie bitte das beigelegte Buch und melden Sie sich bei mir am nächsten Sonntag, dem 3. Mai, vormittags um zehn Uhr dreißig. Treffpunkt ist das Erdgeschoss des Café Sagittarius, Highwater Street, Chelsea, London, S.W. 3.

Die Zusammenkunft wird nicht länger als zwei Stunden dauern. Zehn Pfund pro. Stunde ist keine schlechte Bezahlung, wie Sie sicherlich zugeben werden. Noch dazu, wo Sie als Ergebnis dieser Zusammenkunft weit größere Summen verdienen können. Ich hoffe und erwarte daher, Sie zum festgesetzten Zeitpunkt zu sehen.

Obwohl es nicht mein Name ist, nenne ich mich vorerst –

White

 

Rangerhope legte den Inhalt des Päckchens auf eine freie Stelle der Werkbank an der Hinterwand der Garage und kehrte dann zu seinem Wagen zurück. Er schraubte die Zündkerzen fest und drückte die Leitungskappen darauf. Dann ließ er den Motor an, lauschte eine Minute und nickte zufrieden. Nachdem er den Motor abgestellt und die Kühlerhaube zugeklappt hatte, nahm er den Inhalt des Päckchens, verschloss die Garagentür und ging in die ehemalige Chauffeurwohnung hinauf. Seine Bewegungen wirkten langsam und fast ungeschickt. Man musste erst genau hinschauen, um festzustellen, dass er sich nicht im Mindesten langsam und schwerfällig bewegte. Die großen Hände mit den dicken Fingern schienen nahezu schläfrig zu hantieren, aber der äußere Anschein täuschte.

Die Wohnung bestand nur aus zwei Zimmern. Der Wohnraum war sauber und ordentlich aufgeräumt. An den Wänden hingen zwölf gerahmte Fotos, die Rangerhope entweder am Steuer oder an der Kühlerhaube eines Rennwagens lehnend zeigten. Auf einem Regal standen einige Silberpokale, die er als Siegerpreise bei Autorennen gewonnen hatte.

Nachdem Rangerhope sich in der winzigen Küche sein Mittagessen bereitet hatte, begann er das ihm zugesandte Buch zu lesen. Clean Break erwies sich als fesselnde Erzählung von einer amerikanischen Bande, die das Wettbüro auf einem Rennplatz ausrauben wollte. Der Plan wurde exakt durchgeführt und wäre zweifellos erfolgreich beendet worden, wenn sich der Anführer der Bande nicht mit einer Frau eingelassen hätte. Rangerhope warf das Buch widerwillig zur Seite.

Frauen!

 

Das zweite Einschreibepäckchen war an Martin Craigy Portill gerichtet.

Er fand es bei der Rückkehr in Hildas Wohnung vor, wo er sein Domizil aufgeschlagen hatte, bis sich ihm etwas Besseres böte. Inzwischen hatte er Hilda ziemlich satt, denn er lebte schon fast vier Monate mit ihr - und das war für ihn eine Art Rekordleistung. Aber im Augenblick schienen Frauen, die bereit waren, einem Mann Unterkunft, Essen und ein kleines Taschengeld zu gewähren, rar zu sein. Also musste er sich vorerst weiter mit Hilda begnügen.

Portill war ein schlanker, schmächtiger Mann, rothaarig, mit einem hageren, faltigen Gesicht. Er arbeitete als Pianist in einem Nachtclub. Es war kein erstklassiger Club, aber Portill war auch kein erstklassiger Pianist.

Als er in dieser Nacht nach vier Uhr heimkam, schlief Hilda schon, und er war froh darüber. Da er immer auf einem eigenen Zimmer bestand, konnte er sich jetzt in aller Ruhe mit dem Päckchen beschäftigen, das er auf seinem Bett fand. Aber der Inhalt war für ihn im Grunde genommen ebenso wenig aufschlussreich wie er es für Rangerhope gewesen war. Mit einem Kopfschütteln legte Portill den Brief zur Seite und ging zu Bett.

 

Arthur Hilary Puttinger war der dritte Empfänger der geheimnisvollen Einschreibesendung. Seine Zimmerwirtin, Miss Wright, erwartete ihn schon, als er die Wohnungstür aufschloss.

»Mr. Puttinger!«

»Guten Abend, Miss Wright«

»Sie sind mir aber ein Heimlichtuer! Mir nie etwas davon zu erzählen.«

Er betrachtete sie mit einem misstrauischen, wachsamen Blick aus seinen hellblauen Augen.

»Worüber habe ich Ihnen nie etwas erzählt, Miss Wright?«

»Ich war noch nie in meinem Leben so überrascht, das kann ich Ihnen sagen, Mr. Puttinger.« Sie trat näher an ihn heran. »Als ich heute zum Fleischer ging, da hab’ ich ihm gesagt, ich möchte ein ganz besonders großes Kotelett für meinen Mr. Puttinger. Ein Spezialkotelett.«

Sie brach in schamhaftes Kichern ans, and der kahlköpfige, dickliche Mr. Puttinger wich etwas zurück. Miss Wright zuzuhören, war immer eine feuchte Angelegenheit. Wörter und Tröpfchen sprühten gleichzeitig über ihre Lippen, sobald sie den Mund öffnete.

»Ich - ich begreife nicht ganz...«, murmelte Puttinger.

»So ein reizender, netter Untermieter, dieser Mr. Puttinger, hab’ ich dem Fleischer gesagt. Aber das kann ja auch gar nicht anders sein. Wenn ich mir das vorstelle! Einen richtigen Offizier im Hause zu haben.«

Puttinger spürte plötzlich nervöses Unbehagen.

»Einen Offizier?«

Miss Wright war drauf und dran, ihm in die Rippen zu stoßen, nahm jedoch im letzten Moment von dieser plumpen Vertraulichkeit Abstand.

»Sie müssen nicht so bescheiden sein, Captain.« Freude sprudelte aus ihr heraus, als sie das Einschreibepäckchen hinter dem Rücken hervorzog und ihm hinhielt. »Da steht es doch groß und deutlich.«

Er las Namen und Adresse auf dem Päckchen, und die Gedanken jagten sich hinter seiner Stirn. Wer, zum Teufel, hatte seine Fährte bis hierher verfolgen können? Er brachte ein mattes Lächeln zustande.

»Oh, ja, ich hätte es Ihnen sagen sollen, dass ich bei der Bestellung dieses Buchs zufällig meinen alten Dienstgrad angegeben habe.«

Während der vier Monate, in denen er schon bei Miss Wright wohnte, hatte er einige Bücher bestellt und zugeschickt bekommen. Die Ausrede erschien ihm also ziemlich plausibel.

Miss Wright nickte verzückt.

»Sie waren also wirklich in der Armee! Sich das vorzustellen!«

»Das ist lange her, Miss Wright.« Er trat an ihr vorbei.

»Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden. Ich muss mich noch umziehen, weil ich ins Kino will.«

Er ging die Treppe zu seinem Zimmer hinauf und riss das Päckchen auf. Die Ausrede hatte also sogar gestimmt, dachte er, als er das Buch sah. Nur dass er dieses Buch nicht bestellt hatte.

Da Puttinger in Birmingham wohnte, fand er in seinem Päckchen auch noch eine Fahrkarte nach London und zurück.

Wer mochte dieses seltsame Päckchen geschickt haben? Als er vor viereinhalb Monaten nach Birmingham gezogen war, hatte er seine Fährte verwischt geglaubt. Nach dem Tode seiner Frau Mary war es ihm sinnlos erschienen, das alte Leben in Brighton weiterzuführen.

Aber er hatte jetzt keine Zeit zu Mutmaßungen. Er musste sich schnell umziehen und essen. Diese Woche wurde im Kino ein guter Kriminalfilm gezeigt, den er nicht versäumen wollte. Nicht dass er Kriminalfilme unbedingt bevorzugte. Er sah überhaupt gern gute Filme aller Art.

 

Das vierte Einschreibepäckchen erhielt ein gewisser Pete Vollandier. Pete reparierte gerade ein Radio in dem von ihm gemieteten Schuppen hinter Feeblows Garage, als das Licht über der Sprechanlage aufflammte und Pete sich meldete.

»Ja?«

»Ein Einschreibepäckchen liegt für Sie im Büro, Pete.«

»Danke.«

Er warf den glühenden Zigarettenstummel in einen Wasserkrug auf der Werkbank und ging auf die Tür des

Schuppens zu. Als er sich ihr bis auf einen Meter genähert hatte, öffnete sich die Tür automatisch, weil er den infraroten Strahl des eingebauten elektrischen Auges unterbrochen hatte. Die Tür schloss sich hinter ihm, während er über den Hof schlenderte und die große Garage von hinten betrat.

»Hier ist es, Pete«, sagte Harry Feeblow und warf ihm das Päckchen durch das winzige Büro zu. »Jemand muss Sie ja heiß und innig lieben, um Ihnen so nette Päckchen zu schicken. Was ist da drin? Lauter Fünf-Pfund-Noten?«

Aber Feeblow war an sich völlig uninteressiert und wandte sich sofort wieder seinen Geschäftsbüchern zu. Pete verließ gerade das Büro, als ihm jemand von vorn her zurief.

»Pete! Sie suche ich gerade!«

Es war ein kleiner, dicker Mann mit einem buschigen, schwarzen Schnurrbart. Er sah wie ein Italiener aus. Obwohl es ein kühler Tag war, schwitzte er.

»Pete, ich möchte geschäftlich mit Ihnen sprechen.«

Petes äußere Erscheinung kontrastierte scharf zu der des anderen. Er hatte blondes, lockiges Haar, glatte Gesichtshaut und war schlank. Nur in der Größe stimmten sie überein. Das merkte man, als Bandit Teague freundschaftlich einen Arm um Petes Schulter legte. Man nannte ihn Bandit, weil ihm die vielen Spielautomaten in diesem Bezirk gehörten.

Pete blieb vor der geschlossenen Tür seiner Werkstatt stehen, räusperte sich und sagte:

»Sesam, öffne dich!«

Die Tür glitt zur Seite. Bandit schien fast überwältigt vor staunender Bewunderung.

»Was Sie für ein Genie sind, Pete. Immer denken Sie sich was Neues aus.«

In der Werkstatt zog Bandit sein goldenes Zigarettenetui hervor.

»Hier gleich eine zur Reserve«, sagte er und steckte Pete eine Zigarette in den Mund und die andere hinters Ohr. »Ich will auch nicht lange um die Sache herumreden, Pete. Ich möchte, dass Sie wieder Automaten für mich umbauen.«

Pete stöhnte.

»Nicht schon wieder, Bandit. Irgendwann platzt die Sache, da bin ich sicher.«

Der dicke Mann lächelte.

»Machen Sie sich darüber keine Gedanken, Pete. Die Trottel, die an meinen Arcade-Automaten spielen, würden auch kommen, wenn die Apparate so eingestellt wären, dass sie gar nichts gewinnen könnten.«

»Dessen bin ich nicht so sicher.« Pete sog an seiner Zigarette. »Sie könnten einmal in große Schwierigkeiten geraten, Bandit.«

Etwas von der Freundlichkeit wich aus den braunen Augen von Bandit Teague.

»Ich bekomme keine Schwierigkeiten, Pete. Ich habe Burschen, die in meinem Namen für Ordnung sorgen.«

»Meinetwegen. Das ist Ihre Sache. Was wollen Sie jetzt noch umbauen lassen? Das letzte Mal habe ich die Gewinnchancen auf sechsundsiebzig zu eins herabgesetzt und den Hauptgewinn auf fünfzehn Prozent gekürzt.«

Bandit nickte.

»Das war gut, aber es genügt nicht. Sie haben keine Ahnung, Pete, wie hoch die Unkosten heutzutage sind.« Er tat so, als dächte er nach. »Ich hatte im Sinn, die

Chancen auf hundertzehn zu eins umzuändern und den Hauptgewinn auf zwölf Prozent festzusetzen.«

»Das werden die Spieler sich nicht gefallen lassen, Mann.«

»Sie haben keine Ahnung, wie blöd die Leute sind, Pete. Wenn wir es so machen, werden sie nur glauben, dass der Hauptgewinn erhöht worden ist und mir noch dankbar dafür sein.«

»Sie sind schlau, Bandit. Aber werden Sie nicht zu übermütig.«

»Lassen Sie das nur meine Sorge sein«, sagte Bandit und zog seine Brieftasche. »Ist das genug?«, fragte er, nachdem er ein Bündel Geldscheine auf die Werkbank gelegt hatte.

»Ich muss es erst feststellen«, antwortete Pete. »Jedenfalls wird es keine billige Arbeit sein.«

»In Ordnung. Fangen Sie am Sonntag an, ja?«

Als er allein war, zählte Pete die Geldscheine, die Bandit dagelassen hatte, und fragte sich dabei, wieviel er noch aus dem Dicken herausholen konnte. Dann fiel ihm das Einschreibepäckchen ein, und kurze Zeit später betrachtete er stirnrunzelnd den Inhalt. Er nahm eine von den Geldscheinhälften und rieb sie hart gegen ein Blatt weißes Papier. Als er den grünen Fleck auf der weißen Fläche erscheinen sah, nickte er zufrieden. Die Geldscheine waren echt. Die Druckfarbe auf Fälschungen wurde trocken und ließ sich nicht mehr abreiben. Auf echten Banknoten blieb der Druck immer ein wenig feucht und hinterließ bei kräftigem Reiben Flecke.

Er blätterte in dem Buch und las den Titel.

»Clean Break!«

Plötzlich erinnerte er sich. Er hatte das Buch vor einigen Jahren gelesen. Pete war ein eifriger Konsument

von Kriminalromanen, und er hatte ein ausgezeichnetes Gedächtnis für alles, was er gelesen hatte.

Wollte etwa jemand an einem Totalisator manipulieren, so dass höhere Gewinnquoten herauskamen? Aber wie sollte das möglich sein?

Immerhin: Er würde sich diesen Mr. White einmal anschauen. Vielleicht war da wirklich einmal so viel zu verdienen, dass er seinen Betrieb groß aufziehen und seine elektronischen Erfindungen richtig finanzieren konnte.

Fünf weitere, völlig gleiche Einschreibepäckchen wurden am gleichen Tage versandt und von fünf anderen Männern in Empfang genommen.

 

 

 

 

  Zweites Kapitel

 

 

Am Sonntag, den 3. Mai, um zehn Uhr dreißig vormittags war die Highwater Street in Chelsea leer bis auf zwei Katzen, die im Rinnstein an etwas herumschnüffelten. Die ganze Straße wirkte schäbig. Putz und Holzfarbe war an allen Gebäuden abgebröckelt und hatte überall den gleichen grau-schwarzen Überzug von Ruß und Staub angenommen.

Es war ein kühler, stiller Morgen mit weißem Gewölk am Himmel. Eine von den Katzen hörte zu schnüffeln auf und blickte hoch, als sie auf dem Gehsteig Schritte und das Murmeln von Frauenstimmen hörte.

Zwei Frauen in sauberen, aber abgetragenen schwarzen Sonntagsmänteln kamen um die Ecke und gingen auf das Café Sagittarius zu. Beide Frauen hatten Gesangbücher in den Händen und waren offensichtlich in ein erbauliches Gespräch vertieft.

Als die beiden in gleiche Höhe mit dem Café kamen, spähten sie durch die schmutzige Scheibe. Tische und Stühle waren im Hintergrund des Raumes zusammengestellt - bis auf einen Tisch, an dem sieben Männer saßen. Ein achter stand davor. Dieser kam herbeigeeilt und hielt den Frauen die Tür auf.

»Guten Morgen, meine Damen.«

Die Frauen wurden sich der Aufmerksamkeit der anderen Männer am Tisch bewusst und erröteten. Die größere räusperte sich und sagte:

»Äh, vielen Dank. Sie gehören sicherlich zu der neuen Studiengruppe, nicht wahr?«

»Ja. Meine Freunde und ich sind zusammengekommen um zu studieren, was im...  äh, im Buch aller Bücher geschrieben steht.«

»Eine lohnende Aufgabe, würde ich sagen.« Die kleinere Frau hatte das Gefühl, dass sie lange genug schweigsam gewesen war. »Wir - das heißt, meine Freundin Mrs. Maggerly und ich, Miss Trimp - wir gehören den Heilsuchenden Schwestern der Erleuchtung an.«

»Ja, natürlich. Einige andere Damen sind schon durchgegangen. Ich will Sie also nicht aufhalten. Vielleicht kann ich Sie noch nach Ihrem Gottesdienst sehen?«

Die beiden Frauen nickten geschmeichelt und wandten sich der Treppe im Hintergrund des Ladens zu. Als sie am oberen Treppenabsatz außer Sicht kamen, stieß einer der Männer am Tisch ein verächtliches Schnauben aus.

»Was soll all dieser Unsinn?«, fragte er den Mann, der an der Tür stand. »Wenn Sie nicht bald eine Erklärung abgeben, verschwinde ich.«

Der Mann, den sie nur als »White« kannten, blickte den Fragesteller kühl an.

»Der Termin ist auf zehn Uhr dreißig festgesetzt.«

Die Männer warteten in unbehaglichem Schweigen und beobachteten, wie der große, schlanke Mann mit dem hübschen Gesicht immer wieder die Tür öffnete um ältere und jüngere Frauen zu begrüßen, die in ihrem ärmlichen Sonntagsstaat verlegen durch das Lokal trotteten und die Treppe hinaufgingen. Auf einer Schiefertafel auf einer Staffelei stand in Kreideschrift zu lesen, dass hier eine Gruppe von Herren sich zum Studium und zur Diskussion über den Inhalt des Buchs aller Bücher versammelt habe.

Plötzlich waren aus dem Raum über dem Café die Klänge eines Harmoniums zu hören und dazu Frauenstimmen, die in einen unsicheren Chorgesang einfielen.