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Glanzstück der Reportageliteratur Colliemischling Alf und seine Artgenossen, die an der Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten Wachdienst verrichten und auf Patrouille gehen, sind die Hauptfiguren dieses Glanzstücks der Reportageliteratur. Marie-Luise Scherer schildert eindringlich und präzise das Geschäft von Hunden und Menschen am Grenzstreifen, ihre Kunst der literarischen Reportage ist unerreicht. ›Die Hundegrenze‹ ist durch die politischen Entwicklungen seit 1990 zu einem historischen Dokument geworden und zu einem Klassiker der deutschen Literatur.
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Seitenzahl: 72
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Marie-Luise Scherer
Die Hundegrenze
Marie-Luise Scherer
Mit einem Vorwort von Paul NizonFotografien von Oliver Hermann
Vorwort
Die Hundegrenze
von Paul Nizon
Die Hundegrenze meint den mit Wachtürmen und Minenfeldern versehenen Todesstreifen in dem fast nur von Hunden bewohnten Sperrgebiet längs der gestaffelten Zäune, welche die alte DDR vom freien Westen trennte. Die Hunde liefen an Laufleinenanlagen die gesamte Trasse ab in einer mörderischen Isolierung, in der prallen Sonne und eisigen Kälte, buchstäblich bis zum Wahnsinn. Sie sind im vorliegenden Text die Exponenten des beschriebenen Gebiets und Betriebs, und sie sind die Entlarver einer dazugehörigen Staatsmentalität, zu deren Merkmalen die Abkapselung, Einsperrung, Überwachung und Unterdrückung und die Stimmung übelkeitserregender Spießbürgerlichkeit zählen. Und eine auf das Wachhundewesen ausgerichtetete berufsmilitärische Population, die sch mit verheimlichter bis halberlaubter Geschäftemacherei einer tödlichen Langeweile zu entziehen sucht. Und trotz allem handelt es sich bei dieser unansehnlichen Gesellschaft um Personen mit und ohne Anhang, mit Gefühlen, Zu- und Abneigungen, Charakteren. Und diese Gesellschaft erstreckt sich weit ins hundezüchterische Hinterland hinein, aus welchem der Schutzhunde- und Wachhundebedarf gedeckt wird, kurzum es handelt sich um einen bei aller Armseligkeit roman- bis dramenverdächtigen Stoff, und wie Marie-Luise Scherer sich dieses Stoffes bemächtigt, geht weit über die Qualitäten eines Anschauungsunterrichts hinaus. Es ist schlicht atemberaubend.
Das hat zu tun mit einer Detailkenntnis, die nicht nur die Erfordernisse und Abwicklung des faktischen Grenzbetriebs und Hundewesens umfasst und widerspiegelt, sondern den ganzen weitläufigen menschlichen Hintergrund dazu. Und dies in ener im besten Sinne Wirklichkeit ködernden Sprache mit Krallen, die teils mit Sprachgepflogenheiten aus dem beschriebenen Milieu operiert.
Es bleibt die Frage, wie Scherer zu dem bis in die kleinsten Winkel vordringenden intimen Wissen gelangt ist. Ich denke, wie ein Naturforscher und Entdeckungsreisender. Natürlich liegt solchem Kenntnisgrad eine intensive Recherche zugrunde, eine überaus aufwendige Wühlarbeit, die dazumal der SPIEGEL ermöglicht hat, für den Scherer ihre ausschweifenden literarischen Reportagen schrieb. Was aber hat sie zu dem aufwendigen Unternehmen angeregt, motiviert? Es ist die ihr eigene Neugierde, man muss schon sagen LEBENSneugier und ein nie genug zu befriedigender Wissensdurst. Und in dem besonderen Fall ist es das tiefe Mitleid mit den Hunden.
Nur im Zusammenhang mit den Hunden – einmal heißt es von einem Hundehalter, er kannte alle Nuancen des Hundeunglücks – erlangt der Ton des Berichts eine Art Pathos, während er allgemein eine eher wissenschaftliche Beobachterlaune ohen sonderliches Mitgefühl einhält und aus einer Erzählerperspektive stammt, die weder aus abschätzigem Überblick noch aus einem wie immer verursachtem Aufblicke stammt, sondern auf mitmenschlicher Augenhöhe verläuft. Nur bei den Hunden ist es anders.
Marie-Luise Scherer gilt als eine Spitzenverfasserin von Reportagen. Man sollte sie nicht in dieses Laufgitter einsperren. Sie ist eine bedeutende Prosaautorin, und ihre Geschichten aus dem Alltag haben alle Vorzüge der großen Literatur.
FÜR DIE AUTOS, in denen die Teppichhändler saßen, hatten Herbigs bald einen Blick. Sie kamen flott über den Feldweg gefahren und näherten sich dann im Schleichgang den ersten Häusern. Und ehe man abwinkend vor die Tür treten konnte, postierte sich so ein Auto schon im Hof. Zwei fremdländische Männer stiegen aus. Der eine ging mit geschulterter Teppichrolle auf die Hausbewohner zu, warf seine Fracht vor deren Füßen ab und breitete die guten Stücke über der Klinkertreppe aus.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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