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In "Die Jüdin von Toledo" entführt Franz Grillparzer den Leser in die faszinierende Welt des mittelalterlichen Spaniens, wo Liebe und Verrat in einer Zeit der religiösen Spannungen aufeinanderprallen. Dieses Drama, das stylistisch durch romantische und tragische Elemente geprägt ist, thematisiert das Spannungsfeld zwischen persönlichen und religiösen Loyalitäten. Die Protagonistin, eine jüdische Frau, zeichnet sich durch ihre bemerkenswerte Stärke und Menschlichkeit aus, und ihr Schicksal ist untrennbar mit den Konflikten ihrer Zeit verbunden, was das Werk zu einer vielschichtigen Reflexion über Identität und Zugehörigkeit macht. Franz Grillparzer, ein bedeutender österreichischer Dramatiker des 19. Jahrhunderts, war bekannt für seine tiefen psychologischen Einblicke und seine Fähigkeit, zeitlose menschliche Konflikte in seinen Werken darzustellen. Sein eigenes Leben war von den gesellschaftlichen Herausforderungen seiner Zeit geprägt, was ihn zu einem sensiblen Chronisten der menschlichen Natur und der Schwierigkeiten von Minderheiten machte. Diese persönlichen Erfahrungen flossen maßgeblich in die Erarbeitung der komplexen Charaktere und der emotionalen Tiefe in "Die Jüdin von Toledo" ein. Dieses Buch ist nicht nur ein bedeutendes literarisches Werk, sondern auch ein Meisterwerk der Menschlichkeit, das die Leser dazu anregt, über Identität, Freiheit und die Preisgabe persönlicher Überzeugungen nachzudenken. Es ist eine eindringliche Aufforderung, die jahrhundertealten Themen von Toleranz und Verständnis in unserer modernen Welt zu reflektieren. Für alle Liebhaber klassischer Literatur und Historiografie ist "Die Jüdin von Toledo" ein unverzichtbares Leseerlebnis.
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Historisches Trauerspiel in fünf Aufzügen
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Alfonso VIII., König von Kastilien Eleonore von England, dessen Gemahlin (Tochter Heinrichs II.) Der Prinz, beider Sohn Manrique, Graf von Lara, Almirante von Kastilien Don Garceran, dessen Sohn Doña Clara, Ehrendame der Königin Die Kammerfrau der Königin Isaak, der Jude Esther und Rahel, dessen Töchter Robert und Ramiro, des Königs Knappen Alonso, Diener Standesherren, Hofdamen, Bittsteller, Diener und Leute aus dem Volk
Ort der Handlung: Toledo und Umgebung
Zeit: um das Jahr 1195
Im königlichen Garten zu Toledo.
Isaak, Rahel und Esther kommen.
Isaak. Bleib zurück, geh nicht in Garten! Weißt du nicht, es ist verboten? Wenn der König hier lustwandelt, Darf kein Jüd'—Gott wird sie richten!— Darf kein Jüd' den Ort betreten.
Rahel (singt). La, la, la, la.
Isaak. Hörst du nicht denn?
Rahel. Ei, wohl hör ich.
Isaak. Nun, und weichst nicht?
Rahel. Hör, und weiche doch nicht.
Isaak. Je, je, je! Was sucht mich Gott? Gab doch meinen Deut den Armen, Hab gebetet und gefastet, Weiß nicht, wie Verbotnes schmecket, Je, und dennoch sucht mich Gott!
Rahel (zu Esther). Ei, was zerrst du mich am Arme? Und ich bleib und gehe doch nicht. Ich will mal den König sehen; Und den Hof und all ihr Wesen, All ihr Gold und ihr Geschmeide. Soll ein Herr sein, weiß und rot, Jung und schön, ich will ihn sehn.
Isaak. Und wenn dich die Knechte fangen?
Rahel. Ei, ich bitte mich wohl los.
Isaak. Ja, wie deine Mutter, gelt? Die sah auch nach schmucken Christen, War nach Misraims Töpfen lüstern. Hielt ich sie nicht streng bewacht, Glaubt' ich—nu, Gott wird verzeihen!— Deine Torheit stamme dorther, Sei ein Erbteil schnöder Christen. Da lob ich mein erstes Weib, (zu Esther) Deine Mutter, brav wie du, Wenn auch arm. Was nützte mir Auch der Reichtum jener zweiten? Hat sie nicht damit geschaltet, Schmaus und Gastgebot gehalten, Schmuck gekauft und Edelstein? Schau! sie ist wohl ihre Tochter! Hat sie sich nicht rings behangen, Prangt sie nicht in stolzen Kleidern, Als ein Babel anzusehn?
Rahel (singend). Bin ich nicht schön, Bin ich nicht reich? Und sie ärgern sich, Und mich kümmert's nicht. La la la la.
Isaak. So geht sie auf reichen Schuhen; Nützt sie ab, frägt nichts danach, Jeder Schritt gilt einen Dreier. Hat im Ohr ihr reich Geschmeide, Kommt ein Dieb und nimmt ihr's ab, Fällt's in Busch, wer findet's wieder?
Rahel (ein Ohrgehänge abnehmend). Sieh, so schraub ich's los und halt es. Wie das blitzt und wie das flimmert! Und doch acht ich's so geringe, Wenn mir's einfällt, schenk ich's dir, (zu Esther) Oder werf es von mir. Sieh! (Sie macht mit der Hand eine fortschleudernde Bewegung.)
Isaak (nach der Richtung des Wurfes laufend). Weh, o weh! Wo flog es hin? Weh, o weh! Wie find ich's wieder? (Er sucht im Gesträuche.)
Esther. Ei, was kommt dich an? Das Kleinod—
Rahel. Glaubst du denn, ich sei so töricht Und verschleuderte das Gut? Sieh! ich hab's, halt's in der Hand, Häng es wieder in mein Ohr, Weiß und klein, zum Schmuck der Wange.
Isaak (suchend). Weh! Verloren!
Rahel. Vater, kommt nur! Seht, das Kleinod ist gefunden, 's war ja Spaß nur.
Isaak Daß dich Gott—! So zu spaßen! Und nun komm!
Rahel. Vater, jedes, nur nicht dies. Ich muß mal den König sehen, Und er mich, ja, ja, er mich. Wenn er kommt und wenn er fragt: Wer ist dort die schöne Jüdin? Sag, wie heißt du?—Rahel, Herr! Isaaks Rahel! sprech ich dann, Und er kneipt mich in die Backen. Heiße dann die schöne Rahel. Mag der Neid darob zerplatzen, Wenn sie's ärgert, kümmert's mich?
Esther. Vater!
Isaak. Wie?
Esther. Dort naht der Haufen.
Isaak. Herr des Lebens! Was geschieht mir? 's ist Rehabeam und sein Volk. Wirst du gehen?
Rahel. Vater, hört doch!
Isaak. Nun, so bleibe! Esther komm! Lassen wir allein die Törin. Mag der Unrein-Händ'ge kommen, Sie berühren, mag sie töten! Hat sie's selber doch gewollt. Esther komm!
Rahel. Je, Vater, bleibt!
Isaak. Immer zu! Komm, Esther, komm! (Er geht.)
Rahel. Ich will nicht allein sein! Hört ihr? Bleibt!—Sie gehn—O weh mir, weh! Ich will nicht allein sein! Hört ihr? Ach, sie kommen.—Schwester! Vater! (Eilt ihnen nach.)
(Der König, die Königin, Manrique de Lara und Gefolge kommen.)
König (im Auftreten). Laßt näher nur das Volk! Es stört mich nicht; Denn wer mich einen König nennt, bezeichnet Als Höchsten unter vielen mich, und Menschen Sind so ein Teil von meinem eignen Selbst. (Zur Königin gewendet.) Und du, kein mindrer Teil von meinem Wesen, Willkommen mir in dieser treuen Stadt, Willkommen in Toledos alten Mauern. Sieh rings um dich, und höher poch dein Herz, Denk nur, du stehst an meines Geistes Wiege: Hier ist kein Platz, kein Haus, kein Stein, kein Baum, Der Denkmal nicht von meiner Kindheit Lose. Als ich vor meines bösen Oheims Wüten, Des Königs von Leon, ein vaterloser, Der Mutter früher schon beraubten Knabe, Durch Feindes Land, es war mein eignes, floh, Und mich von Stadt zu Stadt Kastiliens Bürger Wie Hehler eines Diebstahls heimlich führten Weil Tod bedräute Wirt zugleich und Gast, Und übrall nun umstellt war meine Spur, Da brachten mich die Männer, Don Estevan Illan, den längst der Rasen birgt des kühlen Grabs, Und dieser Mann, Manrique Graf von Lara, Hierher, den Hauptsitz von der Feinde Macht Und bargen mich im Turm von Sankt Roman, Den du dort siehst hoch ob den Häusern ragen. Dort lag ich still, sie aber streuten aus Den Samen des Gerüchts ins Ohr der Bürger. Und als am Tage Himmelfahrt die Menge Versammelt war vor jenes Tempels Pforte Da führten sie mich auf des Turmes Erker Und zeigten mich dem Volk und schrien hinab: Hier mitten unter euch, hier euer König, Der Erbe alter Fürsten, ihres Rechts Und eurer Rechte williger Beschirmer. Ich war ein Kind und weinte, sagten sie. Noch aber hör ich ihn, den gellen Aufschrei, Ein einzig Wort aus tausend bärt'gen Kehlen, Und tausend Schwerter wie in einer Hand, Der Hand des Volks. Gott aber gab den Sieg, Die Leoneser flohn; und fort und fort. Ich selber Fahne mehr als Krieger noch Inmitten eines Heers, durchzog das Land Erfechtend mit des Mundes Lächeln Siege; Sie aber lehrten mich und pflegten mein, Und Muttermilch floß mir aus ihren Wunden. Deshalb, wenn andre Fürsten Väter heißen Des eignen Volks, nenn ich mich seinen Sohn, Denn was ich bin, verdank ich ihrer Treue.
Manrique. Wenn alles, was Ihr seid, vieledler Herr, Nur unsres Beispiels, unsrer Worte Frucht, Dann nehmen wir den Dank und sind des froh, Wenn unsre Lehren, unsre Pflege sich In so viel Ruhm, in so viel Taten spiegeln, Dann ist der Dank so ein' als andre Pflicht. (Zur Königin.) Seht ihn nur an mit Eurem holden Blick; Denn so viel Kön'ge noch in Spanien waren, Vergleicht sich keiner ihm an hohem Sinn. Das Alter ist wohl tadelsüchtig sonst, Auch ich bin alt und tadle gern und viel, Und oft hab ich, im Rat mit meiner Meinung Besiegt von seinem fürstlich hohen Wort, Geheim erbost—heißt das, auf kurze Zeit— Bös Zeugnis aufgesucht gen meinen Herrn, Ihn eines Fehls, weiß Gott wie gerne, zeihend, Doch immer kehrt' ich tief beschämt zurück, Mir blieb der Neid, und er war fleckenlos.