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Die Kurzgeschichten in diesem E-Book erschienen erstmals in dem Sammelband «Tiefer». Lustvoll und erotisch. Sex pur. Robert ist cool. Für seine Freundin geht er sogar in den Drogeriemarkt und besorgt Noppenkondome. So richtig schlimm findet er es nicht, dass die heiße Ladendetektivin ihn vor aller Augen des Diebstahls bezichtigt und dann mit in ihr Büro schleift. Vielleicht kann er sich ja freikaufen, wenn er sich besonders charmant erkenntlich zeigt? /// Sich erkenntlich zeigen, das kann auch der Praktikant Mike ziemlich gut. In sein Hotel soll eine ungewöhnlich zickige Kritikerin kommen – aber durch seine Verwöhnkünste kann er sie sicher zu einem wohlwollenden Artikel bewegen? /// Nur der langweilige Frieder muss sich diese Art von Abenteuern aus der Ferne ansehen. Doch am Anblick der schönen Nachbarin Hillu kann er sich ungestört weiden – denkt er ... Sophie Andreskys Geschichten erzählen unverkrampft und freizügig vom Sex, von nicht alltäglichen Phantasien und der Freude daran, sich das zu nehmen, was man möchte.
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Seitenzahl: 27
Sophie Andresky
Die Ladenhüterin. Zicke sein. Das dritte Auge
Die Ladenhüterin
Zicke sein
Das dritte Auge
Robert unterschied sich von den meisten anderen Männern dadurch, dass ihn Drogerien nicht hysterisch machten und er sogar eine Packung Tampons für seine Freundin Maren besorgen konnte, ohne Ausschlag oder Asthma zu bekommen. Die meisten Kerls aus seiner Kneipenrunde bekamen bei solchen Anlässen diesen ganz besonderen Blick, hatte Maren festgestellt: wie ein entlaufenes Pony, das versehentlich in eine Autowaschanlage geraten ist. Dieser Blick spiegelte eine Mischung aus Panik und Koma: Sie irrten ziellos durch die Drogerie, fassten alles Mögliche an, ob Antifaltencremes oder Glitzerhaarspangen, und zogen die Finger so schnell zurück, als befürchteten sie, allein durch die Berührung mit einer Tube Enthaarungscreme schwul zu werden. Andere sprinteten durch die Gänge, warfen ihr Deo oder Rasierwasser aufs Laufband an der Kasse und atmeten erst wieder, wenn sie draußen standen, und beschlossen, sich zur Belohnung und Vermännlichung eine Runde durch den Baumarkt zu gönnen.
Robert war anders. Er war cool, wirklich cool. In die Drogerie am Markt ging er sogar regelmäßig. Er strich um die Intimwaschlotionen herum und badete in Gedanken zwei Teeniemädchen, die vor dem Regal standen, darin. Pelzige Teeniemädchenmuschis, klein wie haarige Pfläumchen. Dann sah er die Verkäuferin. Sie war groß, hager und gelblich, wie ein Spargel auf Stelzen. Biestig sah sie ihn an und kratzte sich über die Wange, was ein Geräusch ergab, als würde man eine alte Raufasertapete von der Wand schaben. Robert schüttelte sich. Die würde nie einen abkriegen, die hatte den Charme eines Insektenvernichtungsmittels und würde hier noch Klopapier verkaufen, bis man sie mit den Füßen zuerst raustrug. Robert mochte cool sein, freundlich war er nicht gerade. Er schlenderte weiter, und da stand sie, die mit den feuerroten Haaren, und blätterte in einer Illustrierten.
Robert verachtete Männer, die auf die Frage, wohin sie bei einer Frau zuerst achteten, immer «in die Augen» oder «auf die Stimme» säuselten. Interviewschleimer. Frauenzeitschriftenleser. Ihn interessierte erst mal das Wesentliche an einer Frau, und dazu stand er auch: Busen und Hintern. Robert hatte eine ganz eigene Geometrie entwickelt, die er in seiner Kneipe nach dem dritten Pils gerne jedem erzählte, der sie noch nicht kannte: Die Brüste einer Frau, so hatte er nämlich festgestellt, müssen, um perfekt zu sein, von oben gesehen genau die gleiche Wölbung nach unten beschreiben wie von unten gesehen die Hinterbacken eine aufstrebende Wölbung. Außerdem, und das war seine zweite Erkenntnis, steht der perfekte Busen zum perfekten Hintern in einem Verhältnis von eins zu zwei, das heißt, ein guter Po sieht aus wie ein guter Busen, nur ist er doppelt so groß, hat weder Vorhöfe noch Nippel und ist natürlich auf der anderen Seite der Frau und entsprechend tiefer. Außerdem sind Konsistenz und Charakter gegensätzlich: weich und anschmieglich oben, prall und fordernd unten. Roberts Freunde grölten an dieser Stelle wie ein Rudel Walrösser, die man mit Ecstasy abgefüllt hatte, und prahlten mit Erinnerungen, wie sie ihre Walrossschwänze zwischen den Brüsten bzw. Pobacken diverser, allen bekannten Frauen platziert hatten, wie es sich wo am besten rieb oder aus welchem Winkel man am besten stoßen konnte. Robert beteiligte sich an dieser Diskussion nicht, sondern schwieg wissend.