Die längste Reise - Poul Anderson - E-Book

Die längste Reise E-Book

Poul Anderson

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Beschreibung

Das Zeitalter der Entdecker

In einer fernen Zukunft auf einem fremden Planeten brechen mutige Seefahrer auf, um ihren Planeten erstmals zu umrunden. Auf dieser längsten aller Reisen treffen sie auf ein bisher unbekanntes Inselvolk. Sie empfangen Kapitän Rovic und seine Mannschaft freundlich – und erzählen eine nahezu unglaubliche Geschichte von einem Schiff, das eines Tages vom Himmel kam …

Die Erzählung „Die längste Reise“ wurde mit dem Hugo Gernsback Award ausgezeichnet. Sie erscheint als exklusives E-Only bei Heyne und umfasst ca. 37 Seiten.

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Seitenzahl: 78

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POUL ANDERSON

DIE LÄNGSTE REISE

Das Buch

In einer fernen Zukunft auf einem fremden Planeten brechen mutige Seefahrer auf, um ihren Planeten erstmals zu umrunden. Auf dieser längsten aller Reisen treffen sie auf ein bisher unbekanntes Inselvolk. Sie empfangen Kapitän Rovic und seine Mannschaft freundlich – und erzählen eine nahezu unglaubliche Geschichte von einem Schiff, das eines Tages vom Himmel kam …

Die Erzählung »Die längste Reise« wurde mit dem Hugo Gernsback Award ausgezeichnet. Sie erscheint als exklusives E-Only bei Heyne und umfasst ca. 37 Seiten.

Der Autor

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Titel der Originalausgabe

THE LONGEST VOYAGE

Aus dem Amerikanischen von Irene Holicki

Überarbeitete Neuausgabe

Copyright © 1960 by Street & Smith Publications, Inc.

Copyright © 2016 der deutschsprachigen Ausgabe by

Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Covergestaltung: Stardust

Als wir zum ersten Mal von dem Himmelsschiff hörten, befanden wir uns auf einer Insel, deren Name ungefähr – so weit sich montalirische Zungen verdrehen können, um einen solch barbarischen Laut hervorzubringen – ›Yarzik‹ lautete. Das war beinahe ein Jahr, nachdem die Goldspringer von Lavre Town abgesegelt war, und wir waren unserer Schätzung nach um die halbe Welt herumgefahren. Unsere kleine Karavelle war so bewachsen mit Tang und Muscheln, dass sie sich selbst bei voller Besegelung kaum über das Meer schleppen konnte. Das Trinkwasser, das noch in den Bütten stand, war inzwischen grün und übelriechend, der Zwieback war voll Würmer, und bei verschiedenen Mitgliedern der Mannschaft hatten sich die ersten Anzeichen von Skorbut gezeigt.

»Gefährlich oder nicht«, entschied Kapitän Rovic, »wir müssen irgendwo an Land gehen.« Ein Funkeln, das ich kannte, erschien in seinen Augen. Er strich sich seinen roten Bart und murmelte: »Außerdem ist es lange her, seitdem wir nach den ›Städten des Goldes‹ gefragt haben. Vielleicht weiß man diesmal etwas über einen solchen Ort.«

Wir steuerten nach dem abscheulichen Riesenplaneten, der jeden Tag höher stieg, je weiter wir nach Westen kamen, und durchquerten eine solche Öde, dass von neuem meuterisches Gerede aufkam. Im Innersten konnte ich es der Mannschaft nicht verargen. Stellt euch doch vor, ihr Herren. Einen Tag um den anderen sahen wir nichts als blaues Wasser, weißen Schaum und hohe Wolken an einem tropischen Himmel; nur den Wind hörten wir, das ›Wuschwusch‹ der Wellen, das Knarren von Holz und manchmal, bei Nacht, das gewaltige Saugen und Rauschen, wenn ein Seeungeheuer an die Oberfläche kam. Das alles war für gewöhnliche Seeleute, ungebildete Menschen, die immer noch glaubten, die Welt müsse eine Scheibe sein, schon schrecklich genug. Aber dann auch noch Tambur ewig über dem Bugspriet hängen und nach oben steigen zu sehen, so dass alle wussten, mit der Zeit mussten wir direkt unter diesem über uns lastenden Körper hindurchfahren … und wodurch wurde er hochgehalten?, murrte die Mannschaft auf dem Vorderdeck. Würde ihn nicht ein zürnender Gott auf uns herabstürzen lassen?

Also trat eine Abordnung vor Kapitän Rovic. Sehr schüchtern und respektvoll waren sie, diese rauen, kräftigen Männer, als sie ihn baten, er möge umkehren. Aber unten drängten sich ihre Kameraden zusammen, muskulöse, sonnenverbrannte, gespannte Körper in den zerfetzten Kilts, Dolche und Belegnägel griffbereit. Wir Offiziere auf dem Achterdeck hatten zwar Schwerter und Pistolen. Aber wir waren nur zu sechst, mich verängstigten Knaben und den alten Froad mitgerechnet, den Astrologen, dessen Gewand und weißer Bart zwar Ehrfurcht erweckten, aber in einem Kampf nur wenig nützen würden.

Rovic blieb lange stumm, nachdem der Sprecher sein Verlangen vorgebracht hatte. Die Stille wuchs, bis es nichts mehr gab als das leere Heulen des Windes in unseren Wanten, das leere Glitzern des Ozeans bis hinaus an den Rand der Welt. Unser Herr sah höchst prächtig aus, denn er hatte seine scharlachroten Kniehosen und die Schnabelschuhe angelegt, als er erfuhr, dass die Abordnung kommen wollte; außerdem seinen Helm und den Harnisch, der so blank poliert war wie ein Spiegel. Die Federn schwankten um das blendende Stahlhaupt, und die Diamanten an seinen Fingern wetteiferten blitzend mit den Rubinen in seinem Schwertgriff. Als er schließlich das Wort ergriff, tat er es jedoch nicht wie ein Ritter am Hofe der Königin, sondern im breiten Anday, das er in seiner Jugend als Fischerjunge gesprochen hatte.

»Zurück wollt ihr also, Jungs? Bei gutem Wind und warmer Sonne wollt ihr lieber umkehren und die Hälfte des Globus versäumen? Was seid ihr doch anders als eure Väter! Kennt ihr nicht die Legende, dass einst alle Dinge taten, was der Mensch befahl, und dass die Faulheit eines Andaymannes daran schuld ist, dass die Menschen jetzt arbeiten müssen? Denn wisst ihr, es war nicht schlimm, dass der Mann seiner Axt sagte, sie solle ihm einen Baum fällen, und den Holzbündeln, sie sollten nach Hause gehen, aber als er ihnen befahl, sie sollten ihn tragen, da zürnte Gott und nahm den Menschen die Macht. Allerdings gab Gott allen Andaymännern als Entschädigung Glück auf See, Glück beim Würfeln und Glück in der Liebe. Was wollt ihr noch mehr, Jungs?«

Verwirrt ob dieser Antwort rang der Sprecher die Hände, errötete, schaute auf die Planken und stammelte, wir würden alle elend zugrunde gehen – verhungern, verdursten, ertrinken, unter diesem abscheulichen Mond zerquetscht werden oder über den Rand der Welt hinaussegeln, denn die Goldspringer war weiter gefahren als je ein Schiff seit dem Sturz des Menschen, und wenn wir sofort zurückkehrten, würde unser Ruhm ewig währen …

»Aber kannst du ihn essen, den Ruhm, Etien?«, fragte Rovic immer noch mit sanftem Lächeln. »Wir haben Kämpfe und Stürme erlebt, ja, und auch fröhliche Zechereien; aber von einer ›Stadt des Goldes‹ haben wir den Teufel gesehen, obwohl ihr sehr gut wisst, dass diese Städte irgendwo hier draußen liegen, voll von Schätzen, die dem ersten gehören, der kommt und sie plündert. Was plagt dich eigentlich, Junge? Ist es nicht eine leichte Fahrt? Was würden die Fremden sagen? Wie würden uns die arroganten Kavaliere von Sathayn und die dreckigen Hausierer von Waldland auslachen – nicht nur uns, sondern ganz Montalir – wenn wir jetzt umkehrten?«

So munterte er sie auf. Nur einmal berührte er sein Schwert, zog es halb heraus, wie zerstreut, als er davon sprach, wie wir den Hurrikan vor Xingu überstanden hatten. Aber alle erinnerten sich dabei an die Meuterei, die danach gekommen war, und daran, wie genau dieses Schwert drei Seeleute durchbohrt hatte, die den Kapitän gleichzeitig angegriffen hatten. An seinem Dialekt erkannten sie, dass er Vergangenes vergessen lassen sein wollte: wenn sie das auch taten. Mit lüsternen Versprechungen von Vergnügungen bei geilen, heidnischen Stämmen, die erst noch zu entdecken waren, mit seiner Aufzählung von Schatzlegenden, seinem Appell an ihren Stolz als Seeleute und Montalirier beschwichtigte er ihre Angst. Und dann, als er schließlich sah, dass sie gefügig wurden, ließ er die provinzielle Sprechweise fallen. Er richtete sich auf dem Achterdeck auf, mit blitzendem Helm und schwankenden Federn, die Fahne von Montalir wehte in ihren vom Meer ausgebleichten Farben über ihm, und er sprach, wie es die Ritter der Königin tun:

»Nun wisst ihr, dass ich nicht eher zurückzukehren gedenke, als bis der große Globus umrundet wurde und wir Ihrer Majestät die Gabe bringen, die wir ganz besonders ihr zu bringen vermögen. Welche nicht in Gold oder Sklaven besteht, nicht einmal in der Kunde von fernen Landen, die sie und ihre hochwürdige Gesellschaft von wagemutigen Kaufleuten ersehnen. Nein, was wir ihr mit unseren Händen an jenem Tage darbringen werden, an dem wir wieder in den langen Docks von Lavre liegen, wird unsere Leistung sein: dass wir das taten, was bisher noch kein Mensch in der ganzen Welt wagte, und dass wir es zu ihren Ehren taten.«

Er stand noch eine Weile da, verharrte in einem Schweigen, das von den Geräuschen des Meeres erfüllt war. Dann sagte er ruhig: »Ihr seid entlassen«, machte auf dem Absatz kehrt und ging in seine Kajüte zurück.