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Dieses E-Book entspricht 176 Taschenbuchseiten ... Verlagslektorin Jennifer lässt sich auf ein riskantes Spiel ein. Der attraktive Alexander möchte mit ihr den Plot für einen erotischen SM-Roman entwickeln. Er schickt ihr stets aufs Neue häppchenweise heiße Geschichten, in denen er äußerst anregend beschreibt, was er gern mit ihr anstellen würde. So treffen sich die beiden immer wieder, um ihre dunkle Leidenschaft gemeinsam auszuleben. Doch dann will Alexander Sexspiele mit anderen. Ihre Beziehung steht auf Messers Schneide … Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.
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Seitenzahl: 227
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Impressum:
Die Le(c)ktorin | Erotischer SM-Roman
von Luzy Fear
Während andere Mädchen ihren Barbies rosa Glitzerkleider anzogen, band Luzy im Alter von dreizehn ihre Puppen nackt an Stuhlbeine. Die blonden Plastikfrauen waren ungezogen gewesen und hatten eine Strafe verdient. Und die bekamen sie auch. Später als Studentin wurde Luzy bewusst, dass die Leidenschaft für Fesseln und das Spiel mit Lust und Schmerz wohl schon sehr lange in ihr geschlummert hat. Erste Kontakte mit der SM-Szene knüpfte sie bei Stammtisch- und Partybesuchen. Aktuell wohnt die 42-Jährige mit ihrem Mann in einer Großstadt. Denn dort haben die beiden besonders viel Gelegenheit, ihre Neigungen gemeinsam und mit anderen auszuleben.
Lektorat: Daniela Jungmeyer
Originalausgabe
© 2019 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: nelka7812 @ depositphotos.com ArturVerkhovetskiy @ depositphotos.com
Umschlaggestaltung: www.heubach-media.de
ISBN 9783862778850
www.blue-panther-books.de
Die schwarze Ledermappe
Jennifer seufzte. Die Verlagslektorin musste noch eine Leseprobe überfliegen, bevor sie in den verdienten Feierabend entschwinden konnte. Der Text befand sich in einer auffälligen schwarzen Mappe, deren Oberfläche wie Leder gestaltet war. Ungewöhnlich. Die meisten Möchtegern-Autoren schickten E-Mails mit endlosen Word-Dokumenten. Oder dicke Briefumschläge. Es war Zeit, dass der Verlag hier mal ein Standardverfahren festsetzte. Sie musste die für ihren Bereich eingehenden Vorschläge durchlesen. Anschließend beurteilte sie, ob es sich lohnte, Idee oder Manuskript in ein Buch umzusetzen. Und dann begleitete sie das Projekt. Sie klappte die Mappe auf und nahm das Anschreiben heraus. Es war an sie persönlich adressiert. Hm. Da hatte wohl jemand genau recherchiert, denn im Internet war nur eine allgemeine Adresse angegeben. Unterzeichnet war der Brief schwung- und stilvoll mit schwarzer Tinte. Sie war jetzt richtig neugierig und las:
Sehr geehrte Frau Lange,
Sie sind für Literatur zuständig, die sich an eine überwiegend weibliche Leserschaft richtet. Ich plane ein Manuskript über eine Frau. Durch die Beziehung zu einem Mann entdeckt sie verschüttete Leidenschaften neu. Ein lang gehegter Traum geht in Erfüllung. Damit Sie sich ein genaueres Bild darüber machen können, was mir vorschwebt, habe ich eine Probe aus einer von meinen Kurzgeschichten beigefügt.
Wenn Ihr Verlag grundsätzliches Interesse an einer solchen Veröffentlichung hat, möchte ich mich gerne persönlich mit Ihnen treffen, um Details zu besprechen. Bitte rufen Sie mich an!
Ihr Alexander Gernot Priamos
Das hörte sich erst mal spannend an. Außer dem kurzen Brief enthielt die Mappe nur den Probetext und eine Visitenkarte. Sie fing an, den Auszug zu lesen:
Er nahm seine Taschenlampe und leuchtete der Gestalt am Schreibtisch mitten ins Gesicht. Es war eine Frau, ungefähr Mitte 20 und sehr attraktiv. Ungewöhnlich – eine Einbrecherin. Bisher hatte er bei seiner Tätigkeit für die Firmen-Security nur Männer aufgegriffen. Der gleißende Strahl blendete sie und sie musste die Augen schließen. Das lange, blonde Haar hatte sie im Nacken zu einem Zopf zusammengebunden. Ihr Gesicht war fein geschnitten. Sehr auffällig war ein großer Mund mit vollen Lippen. Eine Schönheit. Das Gefühl der Macht genoss er, wohl wissend, dass er durch den funkelnden Lichtstahl für sie unsichtbar war.
Er konnte jedes Detail an ihr studieren. Sie hatte Angst. Das sah er an der pulsierenden Halsschlagader. Auf der Stirn und über ihrer Oberlippe glänzte die Haut schweißnass. Er konnte eine tolle Figur erkennen, sie war schlank und hatte trotzdem einen gut gebauten Oberkörper. Trotzdem musste er jetzt seinen Job machen.
»Wer bist du?«, fragte er kalt.
»Ich, ich, w-w-wollte nur …«, stammelte sie und senkte den Kopf. Das gefiel ihm nicht, obwohl die unterwürfige Körperhaltung der Einbrecherin etwas Anrührendes hatte. Mit schnellen Schritten näherte er sich ihr, führte seinen Schlagstock unter ihr Kinn und zwang sie, direkt in die Lampe zu blicken.
»Mach die Augen auf und sprich deutlicher«, forderte er sie auf.
»Sonst werde ich dir wehtun.«
Die Unbekannte presste die Lippen aufeinander, kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. Schnell ging er hinter ihren Drehstuhl und legte den Schlagstock direkt auf ihren Kehlkopf. Sie duftete blumig und frisch, vermischt mit einem leichten Schweißgeruch. Vorsichtig verstärkte er den Druck und beugte sich ganz nah zu ihr herunter. Sein Mund war nun direkt an ihrem Ohr. Er verspürte den Drang, die süße Ohrmuschel mit der Zunge zu necken. Die Frau keuchte leise, so gut es die abgedrückte Luftröhre zuließ. Da war er wieder, dieser betörende Geruch, der seine Gedanken in eine andere Richtung lenkte. Fast hatte er den Eindruck, sie würde die Situation genießen. War es genauso erregend für sie wie für ihn, dass sie ihm ausgeliefert war?
Er zwang sich, seinen Job zu tun. Unerbittlich wiederholte er seine Frage: »Wer bist du und was hast du hier zu suchen?«
Sie krallte sich ängstlich in die Armstützen des Ledersessels. Dann fing sie an zu husten und zu röcheln. Oh, er hatte die Zwinge wohl etwas zu fest zugezogen. In Panik versuchte sie, den Stock zu fassen und ihn nach unten zu stemmen, um sich Luft zu verschaffen. Sofort zog er das Schlagwerkzeug zurück. Mit ungeschickten Fingern griff sie ins Leere und konnte für einen Moment wieder frei atmen. Doch so leicht sollte sie nicht davonkommen. Stattdessen legte er seine Hände fast zärtlich von hinten um ihren Hals. Wenn er wollte, könnte er wieder zudrücken.
Plötzlich lehnte sie ihren Kopf mit hochgerecktem Kinn an die Sessellehne, bot ihm ihren Hals dar. Ein leiser Seufzer stieg dabei aus ihrer Kehle auf. Diese Unterwerfungsgeste war ganz eindeutig! Er war sicher: Sie wollte das Gleiche wie er. Seine Hände gaben ihren Hals frei und wanderten mit festem Druck zu ihren Schultern. Dann strich er langsam und genussvoll über ihre Oberarme, spürte dabei eine Erektion anwachsen. Sie atmete schwer, genau wie er selbst. Von hinten langte er beidseitig in ihren Putzkittel. Den hatte sie zur Tarnung angezogen. Mit einem Ruck riss er das Kleidungsstück vorne auseinander, sodass die Druckknöpfe mit einem lauten »Krrk« gleichzeitig aufsprangen.
Nur von einem engen T-Shirt umspannt, waren ihre Brüste nun als kleine Kugeln sichtbar. Einen BH trug sie nicht und er erkannte deutlich, dass ihre Nippel sich steil aufgerichtet hatten.
»Na, das kleine Verhör scheint dir zu gefallen«, stellte er fest. Sie schien sich ertappt zu fühlen, denn das Blut schoss ihr ins Gesicht. Wie süß sie mit den roten Wangen aussah. Sehr gut. Durch den weiten Halsausschnitt ihres Oberteils umfasste er ihre Brüste mit festem Griff. Seine Daumen glitten dabei über ihre Nippel. Sie japste laut. Dann nahm er beide Brustwarzen zwischen Daumen und Zeigefinger.
»Wer bist du und was machst du hier?«, wiederholte er seine Frage. Während er scheinbar geduldig auf ihre Antwort wartete, massierte er gekonnt ihre Nippel. Sie wand sich auf dem Sitz hin und her und gab sich mit seligem Gesichtsausdruck ganz dem Lustgefühl hin. Zeit für einen Wechsel, dachte er, während es in seinen Lenden pochte.
Er kniff gleichzeitig fest in ihre Brustwarzen und zog die roten Beeren unter dem Shirt in die Länge. Sie quiekte auf.
»Du hast zu antworten, wenn ich dich etwas frage.«
Seine Stimme klang hart und böse. Der plötzliche Umschwung erschreckte sie, das spürte er. Sie hatte sich wohl zu sehr darauf verlassen, dass ihre Begegnung weiterhin angenehm verlaufen würde. Und sie hatte für einen Augenblick vergessen, dass sie ihm ausgeliefert war. Dafür würde er das lüsterne Persönchen bestrafen. Er zog seine Hände zurück und packte sie im Nacken. Ob sie wollte oder nicht, durch seinen unerbittlichen Griff musste sie sich aus dem Sessel erheben.
Er drehte sie ein Stück und drückte ihren Oberkörper nach vorne herunter auf den Schreibtisch, direkt neben die Lampe. Mit der freien Hand entfernte er den Kittel und das T-Shirt, sodass ihre nackten Brüste mit dem kalten Ebenholz der Tischplatte in Berührung kamen. Sie streckte ihre Arme nach vorne und hielt sich an der Arbeitsfläche fest. In dieser Position gefiel sie ihm besonders gut. Sein Schwengel war in der Hose hart geworden.
Ein Klopfen an der Tür und ein fröhlich hereinpolternder Kollege rissen die Verlagsmitarbeiterin aus der fesselnden Lektüre. Ihre Wangen waren beim Lesen rot geworden und irgendwie fühlte sie sich ertappt.
»Hey, Jennifer, wir wollen gleich noch zusammen eine Pizza bei Luigi essen gehen. Kommst du mit?«
Sie musste sich zusammenreißen, um nicht ungehalten zu reagieren.
»Du, das ist eine total nette Idee. Ich muss hier aber noch ganz dringend eine Sache fertigstellen. Dann fahre ich zu einer Freundin. Sie hat Beziehungsprobleme«, log sie mit bedeutungsvollem Blick und einem leicht schlechten Gewissen.
»Ach, so eine Frauengeschichte. Das verstehe ich. Na, das ist schließlich dein Job«, zwinkerte er und verschwand. Sie war dankbar. Draußen wurde es dunkel und der Lärm auf dem Flur ebbte langsam ab. Sie war gierig auf die Geschichte, wollte wissen, wie es weiterging.
Er stellte sich zwischen ihre leicht gespreizten Beine und zwang diese mit seinen Füßen weit auseinander. Sein Schwanz meldete sich immer deutlicher. Es wurde bald Zeit, sie zu ficken. Er legte sich mit dem Oberkörper auf sie und stützte sich seitlich ab. Das raue Gewebe seiner Jacke kratzte über ihre Haut. Dann begann er, sie wild im Nacken zu küssen. Sie wimmerte. Das machte ihn an. Er biss sie in Hals und Nacken und fuhr mit seiner Zunge über die Haut zwischen ihren Schulterblättern. Sie keuchte auf und drängte sich mit dem Hintern gegen seine hammerharte Erektion, die sie deutlich durch ihre Jeans hindurch fühlen musste.
Schade, nur noch eine Seite. Denn jetzt war es richtig spannend. Jennifer wischte sich ein paar Schweißperlen über der Oberlippe weg und blätterte schnell um. Zu ihrer großen Enttäuschung befand sich dort nur ein weißes Blatt, auf dem zwei Sätze standen:
Sie möchten wissen, welche lustvollen Qualen auf die Einbrecherin warten? Rufen Sie mich unter meiner Mobilnummer an!
Mit einer raschen Bewegung schloss sie die Mappe. So etwas war ihr in den vergangenen acht Jahren noch nie untergekommen. Die vielen Liebesromane, die sie Tag für Tag zu lesen bekam, ließen sie meistens kalt. Bei diesem Text hatte sie richtig mitgefiebert. Ja, sie identifizierte sich mit der Heldin! Zu gern wäre sie selbst das Wachs in den Händen des Security-Mannes. Die Lektüre hatte sie erregt. Was mochte der Mann, der diese Textprobe verfasst hatte, für ein Mensch sein? War er selbst ein Sexmonster oder entsprang das Szenario ausschließlich seiner Fantasie? Sie musste sich erst einmal beruhigen. Als sie die Mappe ins Ablagekörbchen legen wollte, fiel die Visitenkarte wie zufällig heraus auf den Boden. Handelte es sich um das Zeichen einer höheren Instanz, ihrem inneren Drang zu folgen? Sie bückte sich und hob das Kärtchen auf.
Alexander Gernot Priamos, Autor
Sie hatte ihren PC zwar schon ausgeschaltet, doch die Neugier trieb sie dazu, wieder den Startknopf zu drücken. Über diesen Mann musste sie mehr erfahren. Langsam fuhr das Gerät seine Funktionen wieder hoch, wie ein störrischer Esel. Nach einer gefühlten Endlosigkeit war es so weit. Google öffnete sich auf ihrem Bildschirm. Mit fliegenden Fingern hackte sie den Namen ein. Ja, er war tatsächlich Buchautor und freiberuflicher Journalist. Er arbeitete für mehrere renommierte Zeitschriften. Neben spektakulären Reiseberichten verfasste er Artikel zu gesellschaftskritischen Themen und schrieb Geschichten über Menschen jenseits der Norm. Auch Firmenberichte fand sie. Priamos’ Mutter war Deutsche und sein Vater Grieche. Als sie diese Information las, entstand vor ihrem inneren Auge das Bild eines antiken, schwarzhaarigen, muskulösen Kriegers, der sich in spärlicher Bekleidung mit Schild und Schwert bewaffnet der Herausforderung des Kampfes »Mann gegen Mann« stellte. Sie schüttelte den Kopf, als sie sich bei diesem Gedanken ertappte. Moment, es gab ja noch die Funktion, sich Bilder anzuschauen. Ein weiterer Mausklick, und auf zahlreichen Fotos grinste ihr ein dunkelhaariger Bursche mit frechem Blick entgegen. Er war laut seines Facebook-Profils 39 Jahre alt, sah unverschämt gut aus, soweit sie das von den Bildern her beurteilen konnte. Und irgendwie kam er ihr auch bekannt vor. Sie schluckte. Sollte sie ihn jetzt anrufen oder lieber erst nächste Woche? Ihr Herz fing an zu puckern. Schließlich überwand sie sich. Als sie die Festnetz-Nummer gewählt hatte, und es schon zu tuten begann, fiel ihr Blick auf die Uhr. Ach du Schreck, es war schon kurz vor 20:00 Uhr! Schnell legte sie wieder auf. Was für einen Eindruck machte ein Anruf um diese Uhrzeit? Plötzlich klingelte ihr Telefon. Bevor sie den Hörer mit zittrigen Händen aufnahm, räusperte sie sich. Trotzdem piepste ihre Stimme in ungewohnten Höhen, als sie sich mit Name und Firma meldete.
»Hallo, hier ist Alexander Priamos. Na, Sie sind ja noch spät im Büro, Frau Lange!«
Er sprach mit ihr, als ob sie sich schon seit Urzeiten kennen würden. Es war komisch, aber sein lockerer Ton nahm ihr die Befangenheit.
»Ja, ich habe gerade Ihren Brief und Ihre Textprobe gelesen.«
Er lachte tief und wohlklingend.
»Und, hat Ihnen die Lektüre gefallen?«
So ein Ärger, gerade jetzt hatte sie wieder einen Frosch im Hals.
»Äh, ja, ich finde die Idee sehr spannend, obwohl Sie schon ziemlich direkt schreiben. Wie pornografisch wird denn die ganze Sache noch?«, fragte sie. Er antwortete nicht sofort, was sie irritierte. Sie hakte nach: »Herr Priamos? Bin ich jetzt in ein Fettnäpfchen getreten?«
»Wie weit die Geschichte geht, das liegt ganz an Ihnen«, sagte er plötzlich. Wieso hing die Ausgestaltung des Textes mit ihr zusammen? Dann fiel ihr ein, wie er es gemeint haben könnte.
»Ach, Sie wollen damit sagen, dass das Manuskript noch nicht fertig ist und dass Sie hinsichtlich der Ausgestaltung flexibel sind?«
Er lachte.
»Ja, der Roman ist in Planung und nur zum Teil fertiggestellt. Wie wäre es, wenn Sie meinen Vorschlag annehmen? Wir treffen uns, um direkt darüber zu sprechen.«
»Ja, das ist eine gute Idee. Ich schaue in meinen Kalender, wie es nächste Woche aussieht. Warten Sie, ich lege den Hörer gerade mal hin.«
Schnell griff sie nach ihrer Tasche, um den schwarzen Kunstleder-Terminkalender herauszuangeln. Auch wenn viele Kollegen auf elektronische Systeme wie den Google-Kalender schworen, zog sie die altmodische Variante zum Durchblättern vor.
»Da bin ich wieder«, rief sie ins Telefon und fügte schnell hinzu: »Ende nächster Woche sieht es ganz gut bei mir aus. Wie wäre es am Freitagvormittag bei Ihnen, so um 10:00 Uhr?«
Statt einer Antwort fragte er: »Haben Sie heute Abend schon etwas vor?«
Wie? Hatte sie richtig gehört? War das professionell? Andererseits war der Typ Journalist, und die hatten immer unregelmäßige Arbeitszeiten.
»Also, das ist ein bisschen ungewöhnlich …«, begann sie.
»Tja, ja oder nein?«, fragte er beharrlich. Da schoss es aus ihr heraus.
»Ehrlich gesagt habe ich zwar Zeit, aber ein bisschen merkwürdig kommt mir die Sache schon vor. Ich kenne Sie ja gar nicht.«
»Genau deshalb wollen wir uns doch treffen, Frau Lange. Wir sprechen die Grundausrichtung meines Manuskriptes durch und Sie überlegen, ob es für Ihren Verlag interessant ist.«
Priamos ergänzte: »Bloß, weil Freitagabend ist, muss das keine schlechte Idee sein!«
Nach kurzer Überlegung ließ sie sich darauf ein, sich mit ihm in einem nahe gelegenen Restaurant zu treffen. Dort lief meist nur leise Musik im Hintergrund und sie hatten die Möglichkeit, sich ungestört zu unterhalten. Als sie im Verlag noch einmal auf die Toilette ging, prüfte sie ihr Spiegelbild kritisch. Ihre vollen, halblangen dunklen Haare hatte sie zu einer Zwiebel am Hinterkopf zusammengedreht. Anders waren sie nicht zu bändigen. Das Make-up war noch in Ordnung und sie trug heute – entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit – einen dunkelroten Pulli mit tieferem V-Ausschnitt. Er betonte ihre Rundungen, ohne jedoch billig zu wirken. Eine schmal geschnittene, schwarze Hose, die gut mit ihrer Haarfarbe korrespondierte, komplettierte das Outfit. Sie hatte breite Hüften und eine schmale Taille. Auch ihr Hintern war eher rundlich als klein. Als Jugendliche war sie von der Angst besessen gewesen, zu dick zu sein. Doch seit längerer Zeit hatte sie Freundschaft mit sich selbst und mit ihrer Figur geschlossen. Sie war kurvenreich und feminin, also genau richtig. Und wer auf spindeldürre Models stand, sollte woanders hinschauen. Welche Art von Frauen Alexander Priamos wohl mochte? Eigenartig. Das Treffen fühlte sich für sie fast wie ein »Blind Date« an, obwohl es doch rein geschäftlicher Natur war.
***
Wenig später betrat sie das Lokal und versuchte, den Raum schnell mit ihrem Blick zu erfassen. Und da erhob sich auch schon ein Mann, der allein an einem Tisch saß, und winkte ihr zu. Das musste er sein! Sie durchquerte den Raum, während er ihr mit strahlendem Lächeln ein paar Schritte entgegenkam. Er sah gut aus, verdammt gut. Sie merkte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Ausgerechnet jetzt löste sich eine Haarsträhne aus ihrer Frisur und fiel ihr in die Stirn. Sie strich sie beiseite und lächelte.
»Hallo, Frau Lange, schön, dass unser Treffen so kurzfristig und spontan geklappt hat!«
Sein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. Er war ungefähr 1,90 m groß und trug zu einer perfekt sitzenden Jeans einen engen, schwarzen Pulli. Die figurbetonte Kleidung ließ ahnen, was für ein durchtrainierter Körper sich darunter verbarg. Die schulterlangen, dunklen Haare trug Priamos nach hinten zu einem Zopf zusammengebunden. Er hatte weit auseinanderstehende, dunkle Augen, geschwungene, für einen Mann volle und sinnliche Lippen. Ein leicht gebräuntes, frisches Gesicht mit Dreitagebart unterstrich seine männliche, naturburschenartige Wirkung. Wow, dachte sie bei sich, während sie ihm die Hand reichte. Auch er musterte sie blitzschnell von oben bis unten. Ein wohliges Ziehen durchfuhr sie, genau zwischen den Beinen. Ärgerlich verbot sie sich derartige Gefühle. Das Essen hier war rein geschäftlicher Natur. Galant bat er sie zu Tisch. Sie nahm mit dem Rücken zum Raum Platz. Eigentlich hätte sie lieber auf der anderen Seite oder übers Eck neben ihm gesessen, doch es befanden sich nur zwei Gedecke genau gegenüber auf dem Tisch. Das Restaurant war zu zwei Dritteln gefüllt. Soweit sie gesehen hatte, saßen keine Leute in ihrer Nähe. Das war gut. Sie atmete tief ein und aus.
»Frau Lange, Sie sehen ein bisschen müde aus. Darf ich Sie als Entschädigung für das späte Treffen einladen?«
Wer konnte dazu schon Nein sagen? Sie jedenfalls nicht.
»Gerne, das ist sehr nett von Ihnen.«
»Wie wäre es mit einem kleinen Aperitif vorab? Was halten Sie von einem Prosecco?«
Hm. Alkohol im Business war riskant. Obwohl, ein kleines Gläschen konnte nicht schaden. Ihr war sowieso schon kribbelig zumute.
»Auch das ist eine gute Idee, Herr Priamos«, antwortete sie brav und musterte ihn mit großen Augen. War dieser sympathische Mann ein perverser Lüstling, der Frauen quälen wollte? Er griff ihren unausgesprochenen Gedanken auf.
»Sie haben sich vielleicht gefragt, was mich antreibt, solche Geschichten zu schreiben, wie ich sie Ihnen geschickt habe.«
Sie fühlte sich ertappt. Aber was sollte das Herumgerede.
»Das stimmt. Liegt ja auch irgendwie nahe«, gab sie zu. Er blickte sie ernst an.
»Ich könnte jetzt antworten, dass ich Journalist bin mit einer Vorliebe für exotische Themen. Dass ich mich in die unterschiedlichsten Menschen hineinversetzen kann und dies zu Papier bringe. Oder ich könnte sagen, dass ich einfach das schreibe, was auf dem Markt gefragt ist. Nach Fifty Shades of Grey und Nachfolgern schießen Werke über sadomasochistische Vorlieben wie Pilze aus dem Boden.«
Er machte eine bedeutungsvolle Pause und fuhr fort: »Diese Antworten treffen auch zu. Das ist aber nicht alles.«
Bei seinen Worten hatte sie sich interessiert nach vorne gebeugt. In diesem Augenblick wurde der Prosecco serviert und ihre Bestellungen aufgenommen. Wie unpassend, gerade jetzt, wo es so spannend war. Er griff zum Glas und erhob es. Sie tat es ihm nach.
»Auf einen schönen Abend, Frau Lange!«
Dabei blickte er ihr tief in die Augen, sodass ihr ganz schummerig zumute wurde. Sie nippte an ihrem Aperitif und spürte den kalten, perlenden Schaumwein auf ihrer Zunge.
»Lassen Sie uns den Gesprächsfaden wieder aufnehmen«, schlug er vor. Sie nickte mechanisch. Dabei musste sie sich immer aufs Neue ins Gedächtnis rufen, dass es eine berufsbezogene Zusammenkunft im Interesse ihres Verlags war.
»Natürlich kann ich nur das authentisch beschreiben, was ich zumindest zu einem Teil nachempfinden kann. Sexuelle Dominanz und das lustvolle Auskosten der weiblichen Hingabe sind meine Leidenschaft.«
Wieder schaute er ihr direkt in die Augen und ließ seinen Blick dann langsam zu ihrem Mund wandern. Moment, um was ging es hier eigentlich? Sie wand sich verlegen. Mit belegter Stimme antwortete sie: »Ja, das klingt einleuchtend. Ich glaube Ihnen aufs Wort, dass Sie ein solches Werk verfassen können.«
Er lehnte sich zurück und beobachtete sie. An den Geräuschen in ihrem Rücken erkannte sie, dass Gäste direkt am Tisch hinter ihr Platz nahmen. Ihre Wangen glühten, was nur zum Teil am Prosecco lag. Sie fühlte sich wie in einer Achterbahn.
»Wie stehen Sie selbst diesem Thema gegenüber?«, wollte er wissen.
»Also, unser Verlag veröffentlicht durchaus erotische Belletristik. Und Sie haben recht: Nach dem Shades-of-Grey-Hype könnte ich mir vorstellen, mit einem Roman auf diesen Zug aufzuspringen.«
»Das meinte ich nicht«, sagte er sanft und tippte mit dem Zeigefinger auf ihre Hand, die ausgestreckt neben dem Prosecco-Glas lag. Seine Berührung ging ihr durch und durch. Statt einer Antwort nahm sie einen hastigen Schluck. Es war nur noch ein Fingerhut voll, lauwarm und ohne Kohlensäure. Er studierte sie. Ihr war mulmig zumute, denn irgendwie lief das Treffen aus dem Ruder. Doch wenn sie ganz ehrlich war, fühlte sie sich alles andere als schlecht. Das hier war tausendmal besser als ein nettes Pizza-Essen im Kollegenkreis. Er bohrte nicht weiter nach, sondern lenkte das Gespräch in eine andere Richtung.
»Wie läuft denn überhaupt eine Zusammenarbeit mit Autoren? Welche Szenarien gibt es da in Hinsicht auf die Manuskripterstellung?«, wollte er wissen. Sie war dankbar über die Feuerpause, aber irgendwie auch irritiert.
»Wie meinen Sie das?«
»Ich habe zusammen mit einem Fotografen einen bebilderten Band über eine Motorradreise quer durch die Schweiz veröffentlicht. Am Anfang haben wir dem Verlag nur die Idee verkauft. Das Manuskript erstellten wir später, damit wir die Vorstellungen und Gedanken des Lektorats berücksichtigen konnten.«
Ach so, das meinte er. Davon hatte er ja schon am Telefon gesprochen.
»Also, Sie möchten mir die Idee eines erotischen Textes nahebringen und das Buch dann so schreiben, wie ich glaube, dass es bei unseren Leserinnen gut ankommt?«
Er grinste.
»Ungefähr so. Nicht ganz.«
Amüsiert betrachtete er sie. Was wollte er nur? Zum Glück wurden genau in diesem Moment die Speisen serviert.
»Wer bekommt die Spinat-Tortellini mit Gorgonzola-Sauce?«, fragte die Bedienung, ein süßes kleines Ding mit langen, blonden Haaren. Sie versuchte, zu erfassen, wie er auf das Mädchen reagierte. Fand er es hübsch? War die junge Frau sein Typ? Nichts war seinem Gesicht anzumerken. Außer einem unauffälligen »Ich bekomme den Salat! Vielen Dank« sagte er nichts und wandte sich wieder ihr zu. Sie pickte die erste Taschennudel auf die Gabel. Obwohl ihr eigentlich gerade nicht nach Essen war, sondern eher nach … Sofort verbot sie sich diesen Gedanken. Mm, die Tortellini waren die richtige Wahl gewesen.
»Also, Herr Priamos, jetzt mal Klartext: Auf was genau wollen Sie hinaus?«
Sie bemühte sich, ihrer Stimme einen sachlichen Klang zu verleihen. Doch leider büxte dieser zum Ende des Satzes nach oben aus. Nachdenklich nahm er eine geviertelte Tomate auf sein Besteck, blickte ihr in die Augen und führte das rot glänzende Stück langsam zu seinem Mund. Genussvoll verspeiste er den saftigen Happen.
»Bevor ich Ihnen das sage, müssten Sie mir erst die Frage beantworten, was Sie, Frau Lange, ganz persönlich und privat, von Dominanz und Hingabe halten. Träumen Sie manchmal davon, richtig von einem Mann genommen zu werden, der von Ihnen alles fordert und Ihnen damit die höchste Lust schenkt?«
Sie musste sich zusammenreißen und hätte sich fast an der nächsten Gabel Pasta verschluckt. In welchem absurden Film befand sie sich gerade?
»Also, ich muss schon bitten …«, begann sie, um Fassung ringend. Er lachte schallend, was sie noch mehr aus dem Konzept brachte. Sie merkte, dass ihr das Blut in den Kopf schoss und dass sie puterrot sein musste. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass einige Gäste interessiert zu ihrem Tisch blickten.
»Frau Lange. Sie und ich wissen genau, um was es hier eigentlich geht. Sie wünschen Klartext? Ich will mit Ihrer Hilfe mein Manuskript erstellen. Sie könnten sozusagen meine Muse sein, wenn Sie das möchten.«
So, seine Muse. Oder musste das »U« nicht eigentlich auf ein »Ö« ausgetauscht werden? So etwas war ihr noch nie passiert. Allerdings: Hatte sie nicht schon oft über ihr eintöniges Leben nachgegrübelt, in dem das Besondere, der Pfeffer, fehlte? Sie krächzte: »Wie sähe das dann aus?«
Er griff zu einer Wasserkaraffe, die mitten auf dem Tisch stand, und goss ihr ein Glas voll ein.
»Nehmen Sie erst mal einen Schluck auf den Schreck hin, Frau Lange. Mir ist klar, dass ich Sie ein bisschen mit meinem Wunsch überrumpele.«
Dankbar griff sie nach dem Trinkgefäß und schluckte in großen Zügen.
»Wenn Sie den Weg mit mir gehen, treffen wir uns, um uns sozusagen Inspirationen für das Werk zu holen. Wie genau das aussieht und wie weit es geht, entscheiden Sie allein.«
Ihre Gedanken rasten. Also, der Typ wollte sexuelle Spielchen mit ihr durchführen und das dann in seinem Manuskript verwerten? Der Vorschlag war ungeheuerlich und gleichzeitig faszinierend.
»Ich … ich muss darüber nachdenken«, sagte sie, obwohl etwas in ihr, das nach langem Schlummern aufgewacht war, bereits eine Entscheidung getroffen hatte.
»Das ist gut, denn Sie sollten gründlich überlegen, auf was Sie sich einlassen.«
Dann unterbreitete er ihr einen Vorschlag: »Wir verabreden uns in genau drei Wochen an einem Ort, den ich Ihnen noch nennen werde. Und dann gehen wir zusammen einen ersten, kleinen Schritt. Sie können jederzeit aus dem Spiel aussteigen und die Zusammenarbeit kündigen.«
Sie nickte mechanisch. Die Situation war ihr entglitten und sie beschloss, sich einfach treiben zu lassen. Das war einfacher, als sich die ganze Zeit selbst zu ermahnen, professionell aufzutreten.
»Also, Sie sind offensichtlich einverstanden«, schloss er und lächelte sie strahlend an. Seine Augen blitzten begeistert und sie sah kleine Lachfältchen in ihren Winkeln. Wenn sie nur daran dachte, von diesem sinnlichen Mund geküsst zu werden und in den starken Armen ihres Gegenübers zu liegen, wurde ihr schwindelig. War sie in ein Märchen oder in einen Horrorfilm geraten? Er unterbrach ihre Träumereien.
»Wir essen jetzt noch gemütlich zu Ende und sprechen darüber, wie unsere nächste Begegnung verlaufen könnte. Als Gute-Nacht-Lektüre und als Entscheidungsstütze gebe ich Ihnen dann den zweiten Teil der Einbrecherinnen-Geschichte mit nach Hause.«
Wieder nickte sie. Er nahm noch einen Bissen von seinem Salat. Aufmunternd sagte er: »Ihr Essen wird kalt, Frau Lange.«
Schnell nahm sie noch eine Teigtasche mit der Gabel auf und schwenkte sie in der lauwarmen Käsesauce.
»Wie würde denn ein solches Treffen ablaufen?«, fragte sie.
»Das hängt ganz von Ihnen ab. Das Beste wäre, wenn wir uns ein bisschen über unsere Wünsche und Ideen austauschen. Haben Sie denn bereits konkrete Vorstellungen davon, was Sie gerne einmal erleben möchten?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Dass Sie passiv sind, gefällt mir einerseits. Ich finde Ihre verschüchterte Ausstrahlung hocherotisch. Allerdings wäre es vor unserer nächsten Zusammenkunft sinnvoll, wenn Sie mich ein wenig an Ihren Fantasien teilhaben lassen könnten.«
Was? Sie sollte einem zugegebenermaßen sehr attraktiven Fremden ihre innersten Wünsche mitteilen? Und noch dazu aus einem Bereich, den sie vor längerer Zeit weit aus ihrem Bewusstsein ausgekerkert hatte? Sie beschloss, sich selbst vor einer großen Dummheit zu schützen und die Notbremse zu ziehen.
»Mir geht das hier alles zu schnell. Zuerst heißt es, wir wollten über ein Manuskript sprechen – und jetzt verhandeln wir schon über Sexualpraktiken. So geht das nicht, Herr Priamos.«
Ihre Stimme klang schärfer, als sie es beabsichtigt hatte. Doch er lächelte sie an.
»Sie haben vollkommen recht und ich entschuldige mich dafür, dass ich Sie so bedrängt habe. Ich vergesse zwischendurch immer wieder, dass Sie wohl noch keine Erfahrungen mit der – ich nenne es mal – ›dunklen Erotik‹ haben.«