Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
In 'Die Legende von Sleepy Hollow' von Washington Irving wird die Geschichte des schüchternen und tollpatschigen Schullehrers Ichabod Crane erzählt, der mit dem Geist des kopflosen Reiters konfrontiert wird. Irving präsentiert diese Geschichte in einem malerischen und romantischen Stil, der den Leser in die ländliche Idylle des alten New York entführt. Das Buch wird als klassisches Werk der amerikanischen Literatur angesehen, das den Übergang zwischen der europäischen Romantik und der amerikanischen Realität reflektiert. Die detaillierte Beschreibung der Naturkulisse und die irrationalen Ängste der Protagonisten verleihen dem Werk eine zeitlose Qualität. Washington Irving, selbst ein Pionier der amerikanischen Literatur, schrieb die Legende von Sleepy Hollow, um die amerikanische Folklore und Kultur zu bewahren. Sein Interesse an Geschichte und Folklore des Hudson Valley spiegelt sich in seinem Werk wider und verleiht dem Buch eine authentische und faszinierende Atmosphäre. Dieses Buch wird jedem Leser empfohlen, der sich für amerikanische Literatur, Folklore und romantische Erzählungen interessiert. Die Legende von Sleepy Hollow ist ein Meisterwerk, das sowohl unterhaltsam als auch bildend ist und den Leser in eine Welt des Übernatürlichen und des Unheimlichen entführt.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 54
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Books
Mitten in einer der geräumigen Buchten, welche das östliche Ufer des Hudson auszacken, an der breiten Ausdehnung des Flusses, welche die alten holländischen Schiffer Tappan Zee nannten, und wo sie immer vorsichtig ihre Segel einzogen und den Schutz des heiligen Nikolas anriefen, wenn sie darüber fuhren, liegt ein kleiner Flecken oder Dorfhafen, der von Einigen Greensburg genannt wird, eigentlich aber mehr unter dem Namen Tarry Town bekannt ist. Er erhielt, wie man sagt, diesen Namen ehedem von den guten Hausfrauen der Umgegend wegen der bösen Gewohnheit ihrer Ehemänner, an Markttagen in den Dorfwirthshäusern herumzulungern.Von dem Wort tarry, d. h. verweilen, zaudern.Nicht weit von diesem Dorfe, ohngefähr zwei Meilen entfernt, befindet sich ein kleines Thal oder besser gesagt ein Stückchen Land, inmitten hoher Hügel, vielleicht eines der ruhigsten Plätzchen der ganzen Welt. Durch dasselbe gleitet ein schmaler Bach, dessen murmelndes Geräusch zum Schlaf einladet. Außerdem sind der Wachtelschlag oder das Klopfen eines Spechtes fast die einzigen Töne, welche die gleichförmige Ruhe unterbrechen.
Ich erinnere mich, daß, als ich noch ein junges Bürschchen war, ich meinen ersten Versuch im Eichhorn-Schießen in einem Hain von starken Wallnußbäumen machte, welche die eine Seite des Thales beschatteten. Ich war in der Mittagszeit dahin gekommen, wo die ganze Natur sich der tiefsten Ruhe überläßt, und erschrak über meinen Flintenschuß, der die Sabbatsstille um mich her unterbrach und durch das Echo noch verstärkt wurde. Wenn ich mir je einen einsamen Ort wünschen sollte, um in der Entfernung von der Welt und ihren Zerstreuungen zu leben und die Erinnerungen an schlimme Tage hinwegzuträumen, so wüßte ich keinen besseren als dieses kleine Thal.
Von der einsamen Stille des Ortes und dem eigenthümlichen Charakter seiner Bewohner, welche noch Abkömmlinge von den ursprünglichen holländischen Ansiedlern sind, ist dieses entlegene Thal lange unter dem Namen der Schlafhöhle bekannt, und die Bauernjungen heißen in der ganzen Gegend die Schlafhöhlenbuben. Eine träge, schläfrige Macht scheint über dem Land zu ruhen und die ganze Atmosphäre zu durchdringen. Einige halten dafür, daß die Gegend in der ersten Zeit der Ansiedlung durch einen mächtigen deutschen Doktor behext worden sei; Andere, daß ein alter indischer Häuptling, ein Prophet oder Zauberer seines Stammes, hier seine Zauberkünste trieb, bevor noch das Land von Hendrick Hudson entdeckt worden war. Sicher ist es, daß der Ort noch immer unter einer Art von Zaubermacht steht, welche die Gemüther des guten Volkes gefangen hält und die Ursache ist, weßhalb sie in einem steten Traumzustand herumwandeln. Sie überlassen sich allen Arten von Wunderglauben, sind Verzückungen und Visionen unterworfen, haben häufig seltsame Erscheinungen und hören Musik und Stimmen in der Lust. Die ganze benachbarte Gegend ist voll von Lokalereignissen, von Orten, die nicht geheuer sind, und anderen abergläubischen Geschichten. Sternschnuppen und Meteore schießen öfter über das Thal als über einen anderen Theil des Landes, und der Alp scheint sich dasselbe zu seinem Lieblingsplatze auserwählt zu haben.
Der dominirende Geist jedoch, der diese verzauberte Gegend beunruhigt und Commandeur en chef über alle Mächte der Luft zu sein scheint, ist eine Figur ohne Kopf zu Pferd. Nach Einigen soll es der Geist eines hessischen Reiters sein, dessen Kopf bei einer Schlacht während des Revolutionskrieges durch eine Kanonenkugel weggeschossen worden ist, und der nun in der Dunkelheit der Nacht wie auf den Fittigen des Windes dahin eilend dann und wann vom Landvolk gesehen wird. Seine nächtlichen Züge beschränken sich nicht blos auf dieses Thal, sondern zu Zeiten auch auf die benachbarten Straßen, insbesondere auf die Umgebung einer nicht weit davon entfernten Kirche. Ja, einige der glaubwürdigsten Historiker dieser Gegend, welche die umgehenden Sagen über dieses Gespenst sorgfältig gesammelt und zusammengetragen haben, behaupten, die Leiche dieses Reiters liege in dem dortigen Kirchhof begraben, und der Geist reite des Nachts auf das Schlachtfeld, um seinen Kopf zu suchen; die Eile aber, mit der er zuweilen durch die Höhle wie ein mitternächtlicher Windstoß dahin ziehe, rühre daher, daß er sich verspätet habe und sich nun sputen müsse, um vor Tages Anbruch wieder auf den Kirchhof zurückzukommen.
Dieß ist im Allgemeinen der Inhalt dieses legendenartigen Aberglaubens, der zu mancher abenteuerlichen Erzählung in dieser dunkeln Gegend das Material geliefert hat, so daß das Gespenst an jedem häuslichen Herde unter dem Namen des kopflosen Reiters aus der Schlafhöhle bekannt ist.
Merkwürdig ist dabei, daß das visionäre Vermögen, dessen wir erwähnten, sich nicht blos auf die ursprünglichen Bewohner des Thals erstreckt, sondern sich unbewußt auch auf Alle ausdehnt, die eine Zeit lang da gewohnt haben. Wie hell und wach sie auch gewesen sein mögen, bevor sie diese schlafmachende Gegend betraten, sicher athmen sie in kurzer Zeit die bezaubernde Kraft mit der Luft ein, werden träumerisch und nachdenkend und sehen Gespenster.
Ich gedenke dieser friedlichen Stelle voll Lobes, denn in solchen verborgenen holländischen Thälern, wie man sie hier und da in dem großen Staate Newyork findet, erhalten sich Bevölkerung, Sitten und Gebräuche unverändert, während der große Strom der Auswanderung und Kultur, welcher so bedeutende Veränderungen in anderen Theilen dieses Landes hervorbringt, unbemerkt an ihnen dahinzieht. Sie sind wie die kleinen Winkel mit stillem Wasser am Rande eines reißenden Flusses, wo wir den Strohhalm und die Blase ruhig vor Anker liegen oder sanft in ihrem Hafen sich drehen sehen, ungestört durch den ungestümen vorbeiziehenden Strom. Obgleich viele Jahre verflossen sind, seit ich das Dunkel der Schlafhöhle betrat, so möchte ich doch fast glauben, daß ich dieselben Bäume und dieselben Familien in dieser versteckten Einöde wiederfinden würde.