Die Lehre von Christi Person und Werk - Ernst Sartorius - E-Book

Die Lehre von Christi Person und Werk E-Book

Ernst Sartorius

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Beschreibung

Die nachstehenden Vorlesungen habe ich, nach einem zu Anfang des vorigen Jahres von Herrn Professor Struve gegebenen Beispiele, zum Besten der von dem hiesigen Hilfsverein unterstützten Armen während der diesjährigen Passionszeit in dem großen Hörsaale unserer Universität vor einem aus Herren und Damen gemischten Publikum gehalten, welches ihnen bis zu ihrem Ende eine erfreuliche Teilnahme geschenkt hat.

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Die Lehre von Christi Person und Werk

in populären Vorlesungen

vorgetragen von

Ernst Sartorius

Doktor der Theologie

© 2020 Librorium Editions

All rights reserved

Table of Contents

Vorwort zur ersten Auflage

Vorwort zur zweiten Auflage

Vorwort zur dritten Auflage

Erste Vorlesung

Zweite Vorlesung

Dritte Vorlesung

Vierte Vorlesung

Fünfte Vorlesung

Sechste Vorlesung

Siebente Vorlesung

Achte Vorlesung

Neunte Vorlesung

Zehnte Vorlesung

Elfte Vorlesung

Schluss

Vorwort zur ersten Auflage

D

ie nachstehenden Vorlesungen habe ich, nach einem zu Anfang des vorigen Jahres von Herrn Professor Struve gegebenen Beispiele, zum Besten der von dem hiesigen Hilfsverein unterstützten Armen während der diesjährigen Passionszeit in dem großen Hörsaale unserer Universität vor einem aus Herren und Damen gemischten Publikum gehalten, welches ihnen bis zu ihrem Ende eine erfreuliche Teilnahme geschenkt hat.

Ich gebe sie im Druck heraus, teils weil andere es gewünscht, teils weil ich selbst wünsche, dass auch in entfernteren Kreisen diese anspruchslosen Vorträge eine bestimmte und praktische Erkenntnis der eigentümlichen Heilslehren des Evangeliums bei solchen Laien befördern mögen, denen es oft weit mehr an dem rechten Wissen, als an dem guten Willen zum wahren Christentume fehlt; und deren sind in dieser Zeit mehr, als man glaubt. Die Lehre von der Menschwerdung des Sohnes Gottes habe ich darum ausführlicher behandelt, weil ich gemeinfasslich zeigen wollte, wie sein Erlösungswerk samt allen seinen Wohltaten für uns durchaus an jener persönlichen Verbindung der Gottheit mit der Menschheit in ihm beruht, und wie wesentlich praktisch und wie notwendig zum Heil deshalb jene große Lehre ist, die ein unchristlicher Rationalismus mit törichter Indifferenz zu verdrängen und der offenbaren biblischen Wahrheit entgegen zu verleugnen strebt. Zugleich wird auch jene Darstellung dazu beitragen, der Reinheit, Konsequenz und Vollendung der kirchlichen Lehre, die zwischen entgegengesetzten Irrtümern stets die allein wahre und festbestimmte Mitte behauptet, auch unter den Laien die gebührende Anerkennung zu verschaffen.

Endlich wird der Druck dieser Vorlesungen ein jedes bei dem bloß mündlichen Vortrage unvermeidliche Missverständnis einzelner Stellen beseitigen, und zugleich denen, die an der Missgunst der Zeit gegen das evangelische Christentums leiden, klaren Beweis geben, dass hier keine neumodische Mystik, sondern nur das alte, gründlich bewährte Bibelchristentum unserer Väter, welches, so lange die Augsburgische Konfession besteht, allein einen rechtmäßigen Bestand in unserer Kirche hat, vorgetragen worden ist. Mögen davon auch noch so viele abgefallen sein; die Wahrheit selbst ist darum nicht gefallen, sondern wird stehen bleiben, wenn auch Himmel und Erde vergeht.

Dorpat, im Mai 1831

Vorwort zur zweiten Auflage

D

a die erste Auflage dieser Schrift schon vergriffen ist, so folgt hier eine zweite, in der nur wenig geändert worden, um den ursprünglichen einfachen Charakter dieser Vorlesungen nicht zu verwischen. Da bisher an christlichen Lehrbüchern für Laien weit mehr Mangel gewesen ist, als an Erbauungsbüchern, so mögen sie einiges dazu beitragen, diesem für eine solide Gestaltung des christlichen und kirchlichen Lebens nachteiligen Mangel an ihrem Teile abzuhelfen.

Dorpat, im September 1833

Vorwort zur dritten Auflage

E

s erscheint hier nach der zweiten beträchtlichen Auflage dieses Büchleins eine dritte, der ich gleichfalls den eigentümlichen Charakter von Vorlesungen, die vor einer größeren gemischten Versammlung gehalten worden sind, unverkümmert gelassen habe. Eben diese Mitte zwischen einer streng wissenschaftlichen und einer nur praktisch erbaulichen Form scheint ihm günstige Leser gewonnen zu haben, und es ist ohnstreitig so Bedürfnis als Pflicht, auch die Mittelstufen, die zwischen dem Katheder der hohen Schule und der hohen Kanzel der Kirche liegen, mit Schriften zu bedenken, die das Wissen um den Glauben auch in dem größeren Kreise der Gemeine lebendig fördern, damit einerseits die schnöde Unwissenheit des Unglaubens, die aus der Aufklärungsperiode noch in bedeutenden Resten vorhanden ist, immer mehr gebannt werde und andrerseits nicht ein spaltender Unterschied zwischen Wissenden und Glaubenden Platz greife, welcher der evangelischen Kirche nicht geziemt und leider vielfach auf eine ganz unkirchliche Gnosis hinausläuft. Während jetzt eine selbstgefällige Subjektivität sich überall gern ein Privatchristentum teils in Denk, teils in Gefühlsformen zurecht macht und deren vage Unbestimmtheit als Freiheit rühmt, ebendarum aber auch in losem Getreibe zu keiner Glaubensgemeinschaft es bringt, hebt sich über den wirren Streit individueller Ansichten das in der großen Gemeinschaft der Kirche entwickelte Erkenntnis und Bekenntnis des biblischen Christentums immer mächtiger wieder als die versöhnende Wahrheit empor, die fest und klar, so wie dem fühlenden Herzen, so auch dem denkenden Geiste, Frieden und Genüge gibt. Ihr treu zu dienen, bleibe fortwährend der Zweck und Nutzen dieser Schrift.

Königsberg, im März 1837

D. Sartorius

Inhaltsverzeichnis

Erste Vorlesung: Einleitung, über das Verhältnis der Christologie zur Astronomie

Zweite bis fünfte Vorlesung: Die Lehre von der Person Christi

Zweite Vorlesung: Von der wahren Gottheit Christi und seiner Menschwerdung

Dritte Vorlesung: Von der wahren Menschheit Christi und ihrer persönlichen Vereinigung mit der Gottheit

Vierte Vorlesung: Von der Gemeinschaft der Eigenschaften und Zustände der göttlichen und menschlichen Natur in Christo

Fünfte Vorlesung: Von dem Stande der Erniedrigung und der Erhöhung des Herrn

Sechste bis elfte Vorlesung: Die Lehre vom Werke Christi

Sechste Vorlesung: Von der Liebe Gottes als der Urquelle alles Heils und der Sünde, die uns des Heils verlustig macht

Siebente Vorlesung: Von dem Unterschiede des Gesetzes und des Evangeliums von Christo, und der Untauglichkeit durch jenes die Seligkeit zu erlangen, wozu nur dieses führen kann

Achte Vorlesung: Von der stellvertretenden Genugtuung Christi

Neunte Vorlesung: Von den Gnadenmitteln, nämlich dem Worte Gottes, d. h. der Taufe und dem h. Abendmahl

Zehnte Vorlesung: Die Heilsordnung nach ihren Stufen

Elfte Vorlesung: Von den drei Ämtern des Herrn

Schluss

 

Erste Vorlesung

D

ie Veranlassung zu diesen Vorlesungen haben mir die im vorigen Jahre von Hrn. Prof. Struve über populäre Astronomie zu demselben Zwecke und an demselben Orte gehaltenen Vorlesungen gegeben.

Viele von Ihnen haben diesen ebenso lehrreichen als anziehenden Vorträgen, die uns das Himmelsgewölbe und seine kostbaren Schätze aufschlossen, gewiss mit dem höchsten Interesse beigewohnt. Ich darf hoffen, dass die geistliche Himmelskunde Ihr Interesse nicht weniger in Anspruch nehmen wird, als die physische, sondern eher, weil sie dem Herzen und Leben näher liegt, mehr. Zwar ist sie Ihnen auch von früh an weit bekannter als jene, aber sie bietet dafür auch dem Vortragenden umso mehr Anknüpfungspunkte dar. Ohnedem liegen beide Wissenschaften gar nicht so weit auseinander; im Gegenteil sie berühren sich und fallen zusammen in ihrer himmlischen Richtung. Was unser beredter Lehrer als Schlussresultat seiner vorjährigen Vorlesungen aussprach, dass nämlich die Astronomie uns die Allmacht und Weisheit Gottes in das herrlichste Licht setze, das sagt uns eben auch die heil. Schrift in den Worten des Psalms 19, 1: »die Himmel erzählen die Ehre Gottes und das Firmament verkündigt seiner Hände Werk.« Ja wahrlich, sie erzählen uns große Dinge von Gott und geben uns eine glänzende Verkündigung seiner Herrlichkeit. Entzückt ruft daher auch der heilige Sänger in einem andern Psalme aus 104, 1 f.: »Herr mein Gott, du bist sehr herrlich, du bist schön und prächtig geschmückt; Licht ist dein Kleid, das du anhast; du breitest den Himmel aus wie einen Teppich.« Fürwahr, es ist eine gewaltige, überwältigende Predigt, die von dem gestirnten Himmel auf uns herabdringt, und die Majestät Gottes glanzvoll und herrlich uns offenbart. Die tiefste Ehrfurcht muss uns ergreifen, wenn wir aufschauen gen Himmel und das Kleid Gottes betrachten, wie es gestickt mit tausendmal tausend Sternen niederwallt vom Zenit bis zum Horizont; und diese Sterne sind nicht solche Flitter, wie sie unsere Ritter tragen, sondern es sind großmächtige Welten, brennende Sonnen, die der Allmächtige wie leichte Funken durch den Äther streut und zum kostbarsten Schmuck seines alle Räume füllenden Gewandes in den Sternbildern zusammenfügt (Hiob 38, 31), und in der Milchstraße zum prächtigsten Saum desselben verwebt. Fürwahr auch der gemeinste Sinn muss die Pracht der Brillanten Gottes bewundern, die im schönsten Feuer funkeln und jeder eine Welt wiegen und keinem Glanze weichen außer dem der Sonne.

Aber diese Bewunderung der Macht und Pracht des Höchsten steigt noch weit höher, wenn der Astronom, den allmächtigen Gedanken und Gesetzen Gottes nachforschend, die wunderbare Ordnung uns enthüllt und wissenschaftlich beschreibt, wonach die ungeheuren Weltkugeln im leeren Raume entweder nur um sich selbst sich wälzend stille stehen, bloß von dem Finger Gottes gehalten, oder von seinem Arm wie Spielbälle geschwungen in furchtbarer Schnelligkeit dahinrollen, und doch stets gehorsamlich in ihrer vorgeschriebenen Bahn sich halten, auch nichts verlieren von allem dem, was mit ihnen die eilige Reise durch den leichten Äther macht, und weder früher noch später, sondern immer zur rechten Zeit, zur bestimmten Stunde, ja zur bestimmten Minute und Sekunde anlangen, wo sie sollen.

Wir bewundern ein gutes Uhrwerk eines geschickten Meisters; aber was für eine kleinliche Stümperei ist es mit seinen Rädern und Federn und Schrauben und Stiften gegen die Himmelsuhr unseres Sonnensystems, in der ohne alle mechanische Nachhilfe, bloß durch die Dynamik der anziehenden und abstoßenden Kräfte, auf dem Zifferblatt der Ekliptik an dem unsichtbaren Zeiger des leitenden Strahls (Radius vector) die Planeten sich drehen und nebenbei noch Monde mit sich führen, und Jahres- und Tageszeiten, Wochen und Monate durch alle Jahrhunderte hindurch mit immer gleicher Pünktlichkeit angeben, ohne einer Reparatur zu bedürfen. Und wahrscheinlich ist dieses Sonnensystem selbst nur ein kleines Werk gegen die ganze große Weltenuhr selbst, in der die Sonnen als Planeten und die Planeten als Monde um einen gemeinsamen Mittelpunkt der göttlichen Kraft in fester Ordnung sich bewegen, und immerfort die ihnen anvertrauten zahllosen Geschöpfe auf ihrem Schoße wiegen und pflegen und alle Befehle des Herrn gehorsam ausrichten zu seinem Preise.

Gewiss, die Sternkunde führet zur Erkenntnis des allerhöchsten Gottes, dessen Erhabenheit auch die Heilige Schrift in den erhabensten Ausdrücken uns schildert und durch die Wunder der göttlichen Offenbarung uns bezeugt. Hebet eure Augen in die Höhe, spricht Jesaias 40, 26, und sehet, wer hat solche Dinge geschaffen und führet ihr Heer bei der Zahl heraus? Der sie alle mit Namen rufet, sein Vermögen und starke Kraft ist so groß, dass nicht an einem fehlen kann. Es ist eine eitle Rede seichter Halbwisser, als hätten die großen Fortschritte, welche die Astronomie in neueren Zeiten gemacht, uns eine andere Erkenntnis von Gott und göttlichen Dingen gegeben, als die Heilige Schrift. Ich behaupte vielmehr im Gegenteil, dass diese herrlichen Fortschritte die Gotteserkenntnis der h. Schrift nur noch herrlicher und glänzender bestätigt haben. Denn je majestätischer die Vorstellung ist, die wir dadurch von der Größe und Allmacht Gottes erhalten, umso mehr ist sie auch der Schrift gemäß, in welcher Gott ebenso groß und unermesslich, wie unsere Erde klein und winzig erscheint, wie dies der Prophet schön aussagt, wenn er sie einen Fußschemel Gottes nennt, Jesaias 66, 1; oder wenn er sagt, dass die Länder vor Gott wie Stäublein geachtet sind und die Völker wie ein Tropfen, der im Eimer und wie ein Scherflein, das in der Waage bleibet, Jes. 40, 15. Auch gibt uns derselbe Prophet den rechten Maßstab für die uns so unermesslich dünkenden Entfernungen der Gestirne, indem er sagt Kap. 40, 12, dass Gott den Himmel mit der Spanne misst; denn was für uns Millionen Meilen sind, das ist für Gott eine Spanne lang. Ferner haben uns diese Fortschritte von der Wunderbarkeit der göttlichen Allmacht auf eine Weise überzeugt, welche die Behauptung der Unmöglichkeit der Wunder, die in der Bibel vorkommen, als eine Torheit erscheinen lassen muss. Der Vorwitz des gemeinen Menschenverstandes, der alles nur nach dem natürlichen, Augenschein und nach der sinnlichen Erfahrung beurteilt, und was dagegen ist, so oft als unbegreiflich und unmöglich zu verwerfen sich anmaßt, wird durch das Kopernikanische System zuschanden gemacht. Nichts scheint natürlicher und erfahrungsmäßiger zu sein, als dass die Erde mit all unserm unbeweglichen Besitz stille steht, und die Sonne und die Sterne dagegen sich bewegen, weshalb diese Vorstellung auch ganz in die gewöhnliche Sprache übergegangen ist; dennoch ist es nicht der Fall; die Erde dreht sich um sich selbst und um die Sonne mit einer Geschwindigkeit, die ebenso unglaublich groß als unmerklich klein ist, und dennoch stattfindet. Wir fahren im ungeheuersten Jagen durch den Weltraum und spüren doch gar nicht, dass wir aus der Stelle kommen, bemerken selbst, der ungeheuren Entfernung wegen, keine veränderte Stellung der Fixsterne während unserer Jahresumwälzung, und dennoch, so sehr sie auch dem natürlichen Urteil zu widersprechen scheint, findet sie statt; wenn das nicht wunderbar ist, was ist es denn? Was in der Bibel ist so wunderbar als dies? Die Himmelfahrt Christi, der durch die göttliche Allmacht den räumlichen Schranken dieser Erde entrückt wird, ist eine wahre Kleinigkeit gegen das Schweben der Gestirne im leeren Raume und gegen die Führung der Planeten und Kometen an den Strahlen der Anziehung durch ihre ungeheuren Bahnen. —

Was kann dem Gott unmöglich sein, der solches schafft, der mit der Blitzesschnelle des Lichtes im Nu die entlegensten Weltkörper verbindet und ohne materielle Berührung sie mächtig aufeinander wirken lässt, so dass ja selbst der kleine Mond durch eine Entfernung von 50000 Meilen hindurch gewaltig unser Meer bewegt. Gewiss, die Wunder in der Bibel sind, wie schon ein alter Kirchenvater sagt, nicht größer, sondern nur seltener, als die in der Natur. Die Teilung des kleinen roten Meeres zum Durchzug der Israeliten ist keine größere, sondern nur eine seltenere Begebenheit, als die tägliche Ebbe und Flut des großen Weltmeers; die Speisung der fünftausend Mann mit wenigen Broten ist nur eine seltenere und schnellere Gestaltung dessen, was jährlich im Großen vorgeht, indem die ganze Menschheit mit den übrigen Saatkörnern des vorigen Jahres gespeist wird; und wer jahraus jahrein die Feuchtigkeit des Bodens und der Luft am Holz des Weinstocks zu Wein macht, der kann auch Wasser in Wein verwandeln, wie es zu Kana geschah.

Die prachtvolle Schrift der Sterne lehret uns also samt dem ganzen großen Buche der Natur denselben Gott der Macht und Majestät erkennen, den uns das einfache Bibelbuch offenbart, wie es selbst bezeugt, Röm. 1, 19 f. Aber wozu; könnte man sagen, ist dann noch die Bibel gegeben, wenn sie doch nichts anders offenbart, als was uns die Natur und die Vernunft auch ohne sie lehren kann? Zur Antwort hierauf würde sich sehr vieles über die nicht sowohl durch die Natur, als durch die Sünde bedingte Notwendigkeit der übernatürlich und schriftlich geoffenbarten Religion sagen lassen, was in den Schulen der Theologen ausführlich verhandelt wird.

Ich hebe indes hier nur das Wichtigste hervor, was zugleich besonders geeignet ist, die Theologie für uns in eine ebenso interessante als kontrastierende Beziehung zur Astronomie zu setzen. Der gestirnte Himmel offenbart uns die unendliche Größe und Herrlichkeit Gottes in einem so hohen Maße oder vielmehr in einer solchen Unermesslichkeit, dass es all unser Sinnen und Denken übersteigt. Diese Myriaden Welten in endlosen Räumen, dieses Heer von Sternen und Doppelsternen in allen Größen, dieser Strom von Sonnen, der durch die Milchstraße zieht – unser Geist schwindelt in dumpfem Staunen und fühlt sich ohnmächtig niedergedrückt von einer solchen alle Schranken übersteigenden Macht und Größe. Senke nieder, spricht Schiller in seinem Gedicht: die Größe der Welt:

Senke nieder,

Adlergedank’, dein Gefieder.

Kühne Seglerin Phantasie

Wirf ein mutloses Anker hie.

Aber derselbe Dichter bekennt auch an einem andern Orte, dass es doch noch etwas Erhabeneres gibt, indem er von den Sternkundigen sagt:

Euer Gegenstand ist der erhabenste freilich im Raume

Aber, Freunde, im Raum wohnt das Erhabene nicht.