DIE NOVIZEN - Christiane Weller - E-Book

DIE NOVIZEN E-Book

Christiane Weller

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Beschreibung

Julia und Gunther wollen aufs Land ziehen und bekommen ein schönes altes Haus zu so günstigen Bedingungen angeboten, dass sie sofort zuschlagen. Es ist wirklich ein Traumhaus auf einem Traumgrundstück - wenn da nur der steinalte Besitzer nicht wäre, der Gunther nach und nach völlig in seinen Bann zieht. Julia spürt, dass Gunther sich immer mehr von ihr abwendet, aber auch sie ist nicht sicher vor den Einflüssen, die in dem Haus auf sie einwirken. Als sie bemerkt, dass das Haus ein schreckliches Geheimnis birgt, ist es fast schon zu spät. Ein Psychothriller von Christiane Weller und Michael Stuhr. 489Standardseiten. Autoreninfo: christianeweller.de, michaelstuhr.de Qindie steht für qualitativ hochwertige Indie-Publikationen. Achten Sie künftig bitte auf das Qindie-Siegel.

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Seitenzahl: 512

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Christiane Weller / Michael Stuhr

DIE NOVIZEN

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

PROLOG

KAPITEL 1 – 1958 - DER JÄGER

KAPITEL 2 - Juni 1994 - SANDER

KAPITEL 3 – 1958 - IRMI

KAPITEL 4 - Juni 1994 - DAS HAUS

KAPITEL 5 - Juni 1994 - GUNTHER

KAPITEL 6 – 1948-1962 - DER FREUND

KAPITEL 7 – 1962 - ÄNNE

KAPITEL 8 - Juli 1994 - DIE LEKTION

KAPITEL 9 - Juli 1994 - DER NOVIZE

KAPITEL 10 - August 1994 - DER VERTRAG

KAPITEL 11 - August 1994 - DIE FAHRT

KAPITEL 12 – 1979 - REGINA

KAPITEL 13 – 1979 - GELIEFERT

KAPITEL 14 - August 1994 - DER STREIT

KAPITEL 15 - August 1994 - DER HENKER

KAPITEL 16 - September 1994 - DER SCHUPPEN

KAPITEL 17 - September 1994 - SAMSTAG

KAPITEL 18 - September 1994 - NACHT

KAPITEL 19 - September 1994 - SONNTAG

KAPITEL 20 - September 1994 - DIE KÜNDIGUNG

KAPITEL 21 - September 1994 - DIE BEERDIGUNG

KAPITEL 22 - September 1994 - AUF DER DEELE

KAPITEL 23 - September 1994 - DAS TESTAMENT

KAPITEL 24 - September 1994 - SVEN

KAPITEL 25 - September 1994 - DAS VORSPIEL

KAPITEL 26 - Oktober 1994 - DER UMZUG

KAPITEL 27 - Oktober 1994 - DAS TAGEBUCH

KAPITEL 28 - Oktober 1994 - DER 220ER

KAPITEL 29 – NOV. 1994 – MRZ. 1995 - FRAU IM EIS

KAPITEL 30 - März 1995 - WETZOLD

KAPITEL 31 - März 1995 - DER MANN

KAPITEL 32 - April 1995 - KOKONS

KAPITEL 33 - April 1995 - HEDWIG

EPILOG

Impressum

Kapitel 1

Die Novizen

Psychothriller

Ausgabe 2013

489 Standardseiten

Alle Rechte bei

Christiane Weller

und Michael Stuhr

www.christianeweller.de

www.michaelstuhr.de

Coverbild:

Christiane Weller

Covergestaltung:

Michael Stuhr

Herausgeber:

WELLER UND STUHR

PROLOG

Behaupten Sie nie, wenn jemand tot sei, dann sei alles vorbei!

Ach, Sie glauben nicht an Geister? Sie hatten nie eine Erscheinung, eine Vision, einen Wahrtraum? Das ist gut! Dann haben Sie ja auch keine Probleme mit bösen Orten, an denen Sie weit müheloser als anderswo in die Tiefen Ihrer Seele schauen könnten. Das ist sehr gut! - Denn die Wünsche, die Sie dort entdecken würden, lassen sich ja meistens doch nicht verwirklichen. Da braucht es schon ganz besondere Umstände. - Einen besonderen Ort zum Beispiel, der bis zum Bersten mit einer Energie aufgeladen ist, die Sie nach und nach völlig unter ihren Einfluss zwingt.

Wir alle hinterlassen Spuren in unserem Leben, die noch lange von unserer Anwesenheit künden, wenn unsere Lebensflamme längst erloschen ist: Fotos zeigen Kinder, die es einst gegeben hat, die zu Greisen geworden sind und die man schon lange begraben hat. Briefe berichten von Gefühlen zwischen Menschen, die es schon lange nicht mehr gibt. Manchmal sterben die Menschen früher und manchmal die Gefühle - aber eines stirbt nie. - Die Energie, mit der sie sich liebten oder hassten. Sie mag sich abschwächen, so wie das Bett die Wärme des Schläfers langsam verliert, wenn er fort ist, aber ein ganzes Leben voller Liebe, Hass oder Verzweiflung kann einem Ort einen unverwechselbaren Stempel aufdrücken. Wenn dann eine arme, verirrte Seele, die ihre Bestimmung noch nicht gefunden hat, in diese Aura gerät, mag es geschehen, dass sie sich von der Ausstrahlung des Ortes gänzlich überwältigen lässt. Heilige werden so geboren und Massenmörder, wahrhaft unsterbliche Liebe und unerklärliche Abneigung - und es gibt Orte, an denen regiert ganz einfach der Hass.

Aber das betrifft Sie ja alles nicht. Sie glauben ja nicht an Geister oder an böse Orte. Wirklich schön für Sie! Egal, ob Sie die Zeichen wirklich nicht sehen können, oder ob Sie die Augen verschließen und sich die Ohren verstopfen - es wird zu Ihrem Vorteil sein. - Denn denken Sie immer daran, dass der Rattenfänger einen bunten Rock trägt und eine lustige Melodie auf der Flöte spielt. Er lockt mit schönen Dingen. Nicht alle müssen ihm folgen, das ist wahr. - Wer ihn nicht sieht, und wer die Musik nicht hören kann, der ist - vielleicht - sicher.

KAPITEL 1 – 1958 - DER JÄGER

Der silbergraue Borgward kündigte sich schon aus weitem Abstand mit immer wieder aufgeblendeten Scheinwerfern an. Der Mann schaute in den Rückspiegel seines brandneuen 220er Mercedes und zog verächtlich die Mundwinkel nach unten. Sein Wagen war gerade eingefahren und zu anderen Zeiten wäre er gern bereit gewesen, es diesem Angeber mal so richtig zu zeigen, aber jetzt hatte er etwas anderes vor.

Immer schneller kam der Borgward heran, immer hektischer wurde das Geblinke. Der Mann sah nach vorne, wo ein Fiat Neckar sich abmühte, an einem Volkswagen vorbeizukommen, aber der VW-Fahrer hatte den Überholversuch rechtzeitig bemerkt und natürlich Vollgas gegeben.

Der Borgward flog förmlich an dem 220er vorbei, und obwohl er so stark abgebremst wurde, dass er ein wenig ins Schlingern geriet, hätte er den Fiat fast gerammt. Der Mann sah noch, wie der Fahrer ungeduldig auf das Lenkrad trommelte, dann verlor er das Interesse an der Szene. Ein Blick in den Rückspiegel verriet ihm, dass sich kein weiterer Wagen näherte. Nur das breite Doppelband der Autobahn zog sich in der Abenddämmerung durch das Tal, und auch auf der Gegenspur mühte sich in einiger Entfernung lediglich ein alter Krupp-Vorkriegs-LKW, tiefschwarze Rußwolken ausstoßend, im Schritttempo die sanfte Steigung hinauf.

Ständig nach allen Seiten sichernd fuhr der Mann auf die linke Spur und wurde langsamer. Dann schlug er die Räder scharf ein und wendete über den Mittelstreifen. Der schwere Wagen rutschte mit den Vorderrädern ein Stück weit durch das hohe Gras, dann fanden die Reifen wieder Halt. Obwohl der Mann nur vorsichtig beschleunigte, rissen die Hinterräder doch eine breite Furche in die weiche Erde. Grashalme und erdbehaftete Wurzelfetzen wurden hochgeschleudert, dann war es geschafft. Fast brutal trat der Mann das Gaspedal durch und der Wagen schoss mit wimmernden Reifen in der Gegenrichtung davon. Der Mann fühlte so etwas wie Jagdfieber in sich aufsteigen - denn auf der Raststätte, an der er eben vorbeigekommen war, wartete sein erstes Stück Wild auf ihn.

Fast wäre sein erstes Opfer ihm doch noch entgangen. Regelrecht entsetzt hatte der Mann feststellen müssen, dass neben dem Mädchen, das er im Vorbeifahren erspäht hatte, ein riesiger Büssing-Lastwagen mit laufendem Motor stand. Aufgeregt parkte er den 220er so, dass er von einem Gebüsch halb verdeckt wurde. Nervös beobachtete er die Szene.

Das Mädchen stand neben der geöffneten Fahrertür und unterhielt sich mit dem Fahrer, einem älteren Mann mit hüftlanger Lederjacke und Schirmmütze. Wenn das Mädchen dort einsteigen sollte, nahm der Mann sich vor, würde er den Lastwagen unauffällig verfolgen und auf eine zweite Chance warten. Die Kleine sah einfach zu verdammt süß aus, in ihrem weißen Faltenrock mit großen schwarzen Blumen, zu dem sie ein schwarzes Bolerojäckchen über weißer Bluse trug. Etwa siebzehn Jahre mochte das Mädchen alt sein, schätzte der Mann. Etwas unsicher stand es in seinen cremefarbenen Pumps vor dem Fernfahrer und schwenkte bei jedem Satz, den es sprach eine kleine schwarze Handtasche hin und her.

"Fast eine richtige kleine Dame" murmelte der Mann seinem Spiegelbild in der Seitenscheibe zu. Besonders apart fand er die ebenfalls etwas unpassenden weißen Söckchen, aber für Nylonstrümpfe hatte es wohl genauso wenig gereicht wie für einen Mantel.

Schließlich schüttelte das Mädchen heftig den Kopf und wandte sich von dem Fernfahrer ab. Der blickte der Kleinen achselzuckend kurz nach, kletterte schließlich in seinen Wagen und fuhr davon.

Hastig schaute der Mann sich um, aber der große Parkplatz lag wie ausgestorben da, also ließ er den Wagen hinter dem Busch hervorrollen und hielt auf die Ausfahrt der Raststätte zu. Er bemerkte, dass die Innenflächen seiner Hände feucht wurden. Jetzt würde es sich zeigen, ob er den Plan, den er schon so lange mit sich herumtrug, heute verwirklichen konnte.

Leise glitt der große Wagen auf das Mädchen zu, das neben einer Telefonzelle stand und die Fernverkehrskarte studierte, die dort hinter Glas aushing. Nervös stellte der Mann fest, dass der Mercedes-Motor so leise lief, dass die Kleine ihn wahrscheinlich erst hören würde, wenn er an ihr vorbei war, und dann wäre es zu spät.

Entschlossen gab der Mann Vollgas. Der Motor wurde lauter und der sanfte Schub drückte ihn in das Polster der Rücklehne. Unbewusst krallten seine Hände sich um das elfenbeinfarbene Lenkrad, denn in wenigen Sekunden würde er hinter dem Mädchen vorbei auf die Autobahn fahren, und wenn es bis dahin nicht versuchte, ihn anzuhalten ...

Plötzlich drehte das Mädchen den Kopf, sah den Wagen herankommen, wirbelte herum und streckte mit einer kindlich - korrekten Geste die Hand aus, den Daumen fein säuberlich nach oben gereckt.

Eilig trat der Mann auf die Bremse und kam direkt neben der Telefonzelle zum Stehen. Sich zur Ruhe zwingend beugte er sich mit gemächlichen Bewegungen über die Sitzbank und ließ die Beifahrertür aufschwingen.

"Fahren Sie in Richtung Hannover? Darf ich ein Stück weit mitfahren?" Das Mädchen war mit schnellen Schritten herangekommen und beugte sich nun ein wenig linkisch zu dem Fahrer hinab, der sich zwang, ihr gerade in die Augen zu sehen. Dennoch hatte er bemerkt, dass die Kleine unter ihrer Bluse keinen BH, sondern bloß ein Feinripphemdchen mit dünnem Baumwoll-Spitzenbesatz trug.

"Komm rein." Der Mann machte eine einladende Handbewegung.

"Danke!" das Mädchen schwang sich auf den Sitz und zog die Tür zu, die mit einem satten Geräusch ins Schloss fiel.

"Da hast du aber Glück gehabt", sagte der Mann. "Ich fahre direkt bis Hannover durch."

"Prima!", freute das Mädchen sich. "Dann komme ich ja heute Abend noch an."

Schweigend konzentrierte der Mann sich auf den Rückspiegel und beschleunigte.

Ein 180er Mercedes raste mit Höchstgeschwindigkeit hupend auf der linken Spur vorbei, als der 220er auf die Autobahn fuhr.

"Du bist ja wohl nicht von zu Hause fortgelaufen?", wollte der Mann jetzt wissen. "Wie heißt du denn?"

"Immer dieselben Fragen!" Die Stimme des Mädchens hatte einen patzigen Unterton.

"Nun sag schon", forderte der Mann. "Ich will keine Schwierigkeiten bekommen, nur weil du vielleicht irgendwo ausgerissen bist."

"Ich heiße Irmi Weber. Meine Mutter ist im Krankenhaus und ich soll für ein paar Tage bei meiner Oma in Hannover wohnen!", leierte das Mädchen unwillig herunter. "Sind Sie jetzt zufrieden?"

"Und da schickt deine Mutter dich so einfach ohne Fahrgeld los?" Der Mann schüttelte verständnislos den Kopf, während er lässig auf die linke Spur wechselte, um eine Isetta zu überholen.

"Ich habe zwanzig Mark!", verkündete das Mädchen stolz. "Aber die spar ich!", setzte es entschlossen hinzu. "Das reicht fast für so ein kleines Transistorradio. Das hol ich mir, wenn ich wieder in der Stadt bin."

"Entschuldigung", begann das Mädchen wieder nach ein paar Augenblicken schweigsamer Fahrt, "stört es Sie wohl, wenn ich das Radio anmache? Im AFN läuft nämlich gerade die amerikanische Hitparade, wissen Sie?"

"Mach nur", forderte der Mann sie auf. Er hatte noch nicht ausgesprochen, da hatte sie das Radio schon eingeschaltet und brachte mit dem Stationsknopf den Zeiger auf der Skala in die Nähe der richtigen Frequenz. Es dauerte einen Moment, bis die Röhren im Gerät sich aufgeheizt hatten, dann schlug dem Mann mit fast schmerzhafter Wucht der Rhythmus eines Elvis Presley-Songs aus dem Lautsprecher in der Mitte des Armaturenbretts entgegen. Schnell griff er zu und regelte die Lautstärke auf ein für ihn erträgliches Maß herab. "Tanzt du gern, Irmi?", fragte er das Mädchen, das im Takt der Musik auf der Sitzbank herumruckelte.

"Natürlich! Alle tanzen gern!"

"Was war eigentlich eben mit dem Fernfahrer?", brüllte der Mann jetzt gegen die Musik an "Ich hab euch zufällig gesehen. - Fuhr der nicht in deine Richtung?".

"Ach der!" Das Mädchen verdrehte mit einer komischen Grimasse die Augen "Der ist mir ganz schön auf die Nerven gegangen. Er hätte auch eine Tochter in meinem Alter, sagt er, aber dass die per Anhalter fährt, das käme gar nicht in Frage, und so weiter. - Das wäre viel zu gefährlich. - und ich sollte mitkommen, zu ihm nach Hause, also zu ihm und seiner Frau und dort übernachten. - Aber das wollte ich nicht. - In Amerika fahren alle per Anhalter, und keinem passiert dabei was!"

"Es wird bald dunkel", stellte der Mann fest, "und der Weg nach Hannover ist noch weit. Hast du denn wirklich kein bisschen Angst?"

"Na ja", begann das Mädchen nachdenklich. "Eigentlich nicht. - Aber wenn es wirklich dunkel wird und ich allein draußen an der Straße stehen muss ... - Aber jetzt bin ich ja bei Ihnen", fuhr es in erleichtertem Tonfall fort. "Sie fahren doch bis Hannover, oder?".

"Natürlich, Irmi", bestätigte der Mann "Mach dir keine Sorgen. Bei mir bist du sicher."

"Ich meine ja nur, weil es bald dunkel wird. - Sonst hab ich keine Angst." Irmi sah den Mann aufmerksam an, und als er ihr nicht widersprach, lehnte sie sich behaglich in das weiche Polster der Sitzbank zurück.

Der Mann lächelte und nickte zufrieden mit dem Kopf "So ist's recht", sagte er. "Mach's dir nur bequem - wir sind noch lange unterwegs." Dann streckte er seinen rechten Arm über die Lehne und fuhr mit der Hand suchend über den Rücksitz. "Keine Sorge", beruhigte er lächelnd das Mädchen, das sich steif aufgerichtet hatte und seine Bewegungen aufmerksam verfolgte. "Ich hab da noch was Schönes für uns.". Endlich hatte er die angebrochene Pralinenpackung gefunden. "Du magst doch auch etwas Süßes, oder?"

Knapp eine Viertelstunde später war das Mädchen betäubt in sich zusammengesunken. Der Mann hielt kurz an und holte ein Kissen aus dem Kofferraum, das er so unter ihren Kopf schob, dass man es von außen bemerken musste. Wer immer den weinroten Mercedes mit seinen Insassen sah, würde vermuten, dass hier ein Vater mit seiner Tochter oder ein Onkel mit seiner Nichte unterwegs war, und sollte das Mädchen vorzeitig erwachen, würde es sich sogar über die Fürsorge freuen.

Der Mann ließ den Motor wieder an, beschleunigte zügig und wenig später schnurrte der Wagen mit über 140 km/h über die Autobahn. Der Mann hatte es eilig, denn die Betäubung hielt wahrscheinlich nur drei bis vier Stunden an, und es war noch ein weiter Weg bis nach Hause.

Der AFN-Sprecher kündigte ein Lied von einem gewissen Buddy Holly an. Angewidert schaltete der Mann das Radio aus. - Er hasste diese Art von Musik. Dann waren für lange Zeit nur noch das Summen des starken Sechszylinders und die Windgeräusche zu hören. Der Mann hing seinen Gedanken nach. Ab und zu warf er einen aufmerksamen, lauernden Blick auf das Mädchen, aber noch wagte er nicht, es zu berühren. Es begann zu regnen. Als der Mann die Scheibenwischer anstellte, hustete das Mädchen kurz im Schlaf.

KAPITEL 2 - Juni 1994 - SANDER

Julias alter Fiesta hatte seine Mucken. Wenn man bei mehr als viertausend Touren das Gaspedal ganz durchdrückte, verschluckte er sich, und es war, als würde der Wagen von einem starken Gummiband fest gehalten. - Gunther hatte soeben das Gaspedal bei Tempo Hundert ganz durchgedrückt und sofort war der Wagen ruckelnd immer langsamer geworden. Der Tacho stand jetzt schon auf Achtzig und die Nadel fiel immer noch weiter.

"Gas wegnehmen, dann wird er schneller", riet Julia vom Beifahrersitz und sah Gunther nervös an. Die beiden hatten trotz des schönen Wetters mit Absicht darauf verzichtet, für diese Fahrt Gunthers BMW zu nehmen. "Wenn wir da mit einem teuren Wagen auflaufen, meint der Typ doch gleich, dass er ruhig noch was auf die Pacht draufschlagen kann", hatte Gunther, wohl nicht ganz zu unrecht, gemeint.

Gunther nahm das Gas etwas zurück und der Wagen beschleunigte wieder. "Das erinnert mich an gewisse Computerprogramme", grinste er zu Julia hinüber. "Zum Beenden auf `'Start' drücken."

Julia lachte unsicher auf. Sie liebte ihren Muckel, wie sie den Wagen nannte, und Gunthers Spott traf sie fast persönlich. Er meinte es ja nicht böse, aber er konnte eben nur mit neuen Sachen richtig gut umgehen, und hatte für ihr 'so genanntes Auto', wie er Muckel bezeichnete, vom ersten Tag an nur sanfte Verachtung übrig gehabt.

Muckel war Julias erster Wagen, den sie sich sofort nach Beendigung ihres Studiums gekauft hatte, und auch da war er schon nicht mehr ganz neu gewesen. Jetzt war er fünfzehn Jahre alt, und die letzte TÜV-Abnahme hatte er nur dem Umstand zu verdanken, dass Julia ihr knappstes T-Shirt angezogen und einen intensiven Flirt mit dem Prüfbeamten angefangen hatte. Von den Rostlöchern und den halbblinden Scheinwerfern abgesehen, waren auch die Fensterheber schwergängig, das Schiebedach klemmte, und die Scheibenwischer konnte man nur mit einem Trick in Gang setzen. Muckel hatte eine schwache Lichtmaschine, brauchte ein bestimmtes Ritual beim Anlassen, und manchmal sprang er überhaupt nicht an. Man musste es dann einfach nach zwanzig Minuten wieder versuchen - dann ging es garantiert.

"Blöde Kiste", murmelte Gunther und trommelte mit den Fingern nervös auf das Lenkrad. Er fuhr jetzt hinter einem LKW und traute sich nicht, ihn zu überholen. - Muss man ja auch nicht, fand Julia. Man kann ja genauso gut dahinter bleiben. Sie sagte aber nichts.

"Sander? Sander?" Der ältere Mann mit dem struppigen Hund überlegte laut. "Sander? Sander? - Wo soll der wohnen?"

Gunther warf Julia einen bedeutsamen Blick zu. "Zwischen den beiden Ortschaften hier", erklärte er dem Mann nochmals betont langsam und deutlich. "In der alten Mühle am Ende des Waldweges. - Aber welchen Waldweges?"

Die beiden waren zwischen den Dörfern in zwei der vielen Wege eingebogen, aber sie hatten sich fast festgefahren und in Muckels Karosserie hatte es bei den Schlaglöchern verdächtig geknackt. Gunthers Handy war im Moment nicht zu gebrauchen. "Kein Netz" stand auf dem Display; die ganze Gegend war ein einziges, riesiges Funkloch.

"Mühle? Mühle? Waldweg?" Der Mann schüttelte den Kopf. "Aber nicht an dieser Straße! - Nicht wahr, Flocki?", wandte er sich an seinen Hund. Flocki schnüffelte uninteressiert an Gunthers Hosenbein und sah, wenn möglich, noch stumpfsinniger aus, als sein Herrchen.

"Ja, dann danke." Gunther wandte sich ab, und hatte den Wagen fast schon erreicht, als die Stimme des Mannes ihn aufhielt: "Warten Sie mal! - Da gibt es doch die alte Nebenstrecke, die wird aber kaum noch benutzt. - Da fahren nur die Bauern mit ihren Treckern lang."

Gunther drehte sich um. "Und? - Gibt es da eine alte Mühle?", fragte er in dem leiernden Tonfall, der Julia verriet, wie gereizt er war.

"Ja, natürlich!", bestätigte der Mann und nickte heftig. "Auf halber Strecke. - Da steht so ein Häuschen an der Straße, wegen der Wildschweine."

"So eine Futterstelle?"

"Ach was!" wehrte der Mann unwillig ab und sah Gunther an, als sei der nicht ganz bei Trost. "Wir füttern hier doch keine Wildschweine! - Nicht wahr, Flocki? - Da sind die Mülleimer drin und die gelben Säcke, damit die ..."

"Und wo ist die Straße?" Das war alles, was Gunther noch wissen wollte, und das expressi-galoppi bitte.

"Sie wollen zur alten Mühle, ja?" Der Mann legte den Kopf schräg.

"Ja-a!"

"Da lang!" Das Kopfnicken des Mannes deutete knapp die Richtung an, wo direkt hinter dem Ortsschild ein schmaler, kopfsteingepflasterter Weg von der Hauptstraße abbog. "Das ist die alte Hauptstraße. - Nicht wahr, Flocki?", beugte er sich wieder zu dem Hund hinab.

Flockis Antwort, wenn er denn eine gab, hörten die beiden nicht mehr. Nach einem hastig hingeworfenen "Danke!" hatte Gunther sich wieder hinter Muckels Lenkrad geklemmt und die Tür zugeknallt. Der kleine Wagen machte einen wilden Hopser, als er anfuhr, und Augenblicke später bogen sie in die Seitenstraße ein, die zwar an den Rändern von Gebüsch und Unkraut überwuchert, aber sonst in einem erstaunlich guten Zustand war.

Gunther fuhr zu schnell, und Muckels Karosserie dröhnte auf dem Kopfsteinpflaster. Es ging an einem Neubau vorbei, auf dessen Garagenhof zwei Ball spielende Kinder innehielten, und dem Wagen neugierig hinterherschauten.

"Mami, Mami! Guck mal, ein Auto!", meinte Julia mit künstlich hoch geschraubter Stimme und setzte noch ein im tiefsten Steinkohlenbass gebrummtes "Nicht wahr, Flocki?" drauf.

Gunther musste grinsen und sah seine Partnerin belustigt an. Fast augenblicklich war seine schlechte Laune verflogen und er fuhr etwas langsamer. Das war es, was Julia hatte bezwecken wollen und nun entspannte sie sich wieder.

"Wenn wir das Haus pachten", meinte Gunther, "werden wir uns wohl einen Geländewagen kaufen müssen."

"Wieso?" überschrie Julia das Rasseln der Heckklappe. "Geht doch prima!"

"Denk mal an den Winter!" Gunther ließ den Wagen vorsichtig ein steiles Gefälle hinabrollen, das in der Senke sofort in eine ebenso steile Steigung überging.

"Winterreifen, Schneeketten", schlug Julia vor. Sie dachte überhaupt nicht daran, sich ohne Not von ihrem Muckel zu trennen. Es fraß zwar an ihrem Öko-Gewissen, dass der Katalysator wahrscheinlich nicht mehr so richtig funktionierte, aber Bäume gab es viele, Muckel jedoch nur einmal.

Im Moment war es sogar so, dass die Bäume die Sicht auf die Landschaft komplett verstellten. Die schmale Straße führte durch dichten Wald und das Laubdach versperrte den Blick auf den Himmel fast vollständig. Dennoch war es nicht dunkel unter den Bäumen. Vereinzelt drang die Sonne durch die Blätter, und die Straße vor ihnen war mit einem wirren Muster aus goldenen Flecken gesprenkelt.

Je weiter die Fahrt ging, desto besser gefiel Julia die Umgebung. Nur die Strommasten, an denen auch eine Telefonleitung befestigt war, deuteten darauf hin, dass in dieser Wildnis vielleicht wirklich irgendwo ein Haus liegen mochte. Sie hoffte jetzt schon, dass sie den Zuschlag erhalten würden. So einsam zu wohnen, das hatte sie sich schon immer gewünscht. Fort von der Stadt, von den so genannten Freunden, von der Familie, den Klienten - von allem, was in ihrem Leben schief gegangen war. Endlich die Erinnerung hinter sich lassen, nur noch sie selbst sein, und sich in einen Zauberwald zurückziehen, unerreichbar, wie auf einem anderen Planeten.

"Verdammt weit draußen." Gunther sah die Sache ein wenig anders. Er musste schließlich jeden Tag zur Arbeit in die Stadt. Er sah auf den Tacho. "Schon achtundvierzig Kilometer."

"Weniger", korrigierte Julia schnell. "Durch die Suche haben wir einen ganz schönen Umweg gemacht."

"Stimmt", stellte Gunther nachdenklich fest. "Bergler fährt jeden Tag über sechzig Kilometer zur Firma. Das ist wohl der Preis für eine ruhige Wohnlage. - Da wäre ich dann mit, sagen wir mal, vierzig Kilometern noch ganz gut dran."

"Schauen wir mal, wie das Haus überhaupt aussieht." meinte Julia. "Wenn es nun eine totale Bruchbude ist ..."

In diesem Moment tauchte auf der linken Seite ein asphaltierter Weg auf, der noch tiefer in den Wald hineinführte. An der Einmündung stand ein kleiner Bretterverschlag. - Wohl das Müllhäuschen, von dem der Mann gesprochen hatte.

"Schau mal, hier kommt sogar die Post vorbei." Gunther zeigte erfreut auf den angerosteten Hausbriefkasten, der auf die Bretter aufgeschraubt war.

Die Holzmasten bogen jetzt ebenfalls von der alten Hauptstraße ab. Die Leitungen überquerten einen hohen Maschendrahtzaun und folgten dann dem schmalen Weg. Offenbar gab es nur ein einziges Haus hier in der Gegend.

Gunther hielt den Wagen an und stieg aus, weil ein einfaches Tor aus Stahlrohren und Maschendraht die Zufahrt versperrte. "Vorsicht, bissiger Hund!", warnte ein verblichenes, mit dünnem Moos behaftetes Blechschild. Gunther ging auf das Tor zu und drückte dagegen. Es war nicht verschlossen und gab überraschend leicht nach.

"Gehört das ganze Gelände etwa dazu?", fragte Julia, als sie durch das Tor gefahren waren, und von einer Mühle noch nichts zu sehen war.

"Mehr als drei Hektar, hat dieser Sander gesagt."

"Wie viel ist das - ein Hektar?"

"Ganz schön viel, jedenfalls." Gunther hatte am Morgen mit dem Vermieter gesprochen. `Ren.bed. Waldhs. Auf gr. Grdstck. in eins. Lg. günst. zu verp.´ hatte in der Zeitungsanzeige gestanden. Dass es dabei um eine alte Mühle mit einem Riesengrundstück ging, hatte er erst am Telefon erfahren, und dann waren sie natürlich sofort gestartet.

Plötzlich trat Gunther fluchend auf die Bremse und lenkte den Wagen scharf nach rechts. Julia schreckte auf und suchte unwillkürlich nach Halt, als ein dunkelgrüner Jaguar mit hoher Geschwindigkeit aus der Biegung kam und mit unvermindertem Tempo dicht an dem Fiesta vorbei rauschte. Undeutlich konnte sie das verkniffene Gesicht des Fahrers erkennen. Die junge Frau auf dem Beifahrersitz war platinblond und auf dem Rücksitz saßen zwei ebenfalls hellblonde Kinder.

"Da hat aber einer schlechte Laune!" Gunther schaute dem Wagen im Rückspiegel kopfschüttelnd nach.

"Will ich ja wohl hoffen, dass der nicht immer so fährt", meinte Julia. Ihre Hände zitterten leicht. Sie hatte sich schon eingeklemmt in den Trümmern des Wagens gesehen. Wäre der Fahrer des Jaguar nur zwanzig Zentimeter weiter herübergekommen ...

Gunther fuhr wieder an und sofort nach der Kurve wichen die Bäume zurück. Eine Lichtung tat sich auf - ein dreieckiges Stück Grasland mitten im Wald. Frei ging der Blick weiter in die Senke hinab, in der eine Ansammlung unterschiedlicher Gebäude stand. Aus der bergseitigen Spitze des Dreiecks perlte ein Wasserlauf herab, sammelte sich in einem großen, birkenumstandenen Mühlteich, floss an der Mühle, einem großen, finsteren Bruchsteinbau, vorbei, und verschwand als träger, breiter Bach hinter dem halb verfallenen Mühlengebäude. Der Hof war mit Ziegeln gepflastert und auf der anderen Seite stand ein solide aussehender, allerdings vom Wetter ausgeblichener Bretterschuppen.

Gunther stoppte den Wagen auf der Kuppe. "Phantastisch", sagte er nur und zeigte auf das Fachwerkhaus neben der Mühle, das dem Eigentümer offenbar als Wohnung diente.

Julia konnte ihm nur zustimmen. Zwar war das Weiß der Ausfachungen mit der Zeit zu einem schmutzigen Grau geworden, die grüne Farbe an Tor und Fensterrahmen blätterte ab, und die Sprossenfenster waren blind vor Staub und altem Schmutz. - Aber da war nichts, was man mit Farbe und Putzmittel nicht wieder hätte in Ordnung bringen können. Das Dach war einwandfrei, vor dem Haus gab es einen verwilderten Bauerngarten und auf der Südseite kletterte ein Dickicht tiefgrüner Weinranken bis zur Dachrinne empor. Julia verliebte sich auf den ersten Blick in das Haus. Selbst das auf dem Hof herumliegende Gerümpel störte kaum und stellte in ihren Augen kein wirkliches Problem dar.

Irgendetwas fiel Julia an dem umgebenden Gelände auf, sie schaute genauer hin. Sicher, das war es! - Das Areal war komplett mit Gras überwachsen, aber dennoch zeichneten sich in dem Grün unterschiedlich gefärbte Linien und Flächen ab, so, als würden unsichtbare Straßen oder Kanäle das Grundstück durchziehen. Sie machte Gunther darauf aufmerksam. "Gebäudereste", meinte der. "Da haben auch mal Häuser gestanden und die Grundmauern liegen noch dicht unter der Oberfläche."

Das war logisch, fand Julia, und gab sich wieder ganz der Betrachtung des Wohnhauses hin. - So hatte sie wohnen wollen, solange sie denken konnte.

Gunther ließ den Wagen langsam auf den Hof rollen und schaute sich vorsichtig um. Er hatte das Schild an der Einfahrt nicht vergessen. Da aber nirgends ein Hund zu sehen war, stiegen er und Julia schließlich aus und gingen zum Tor des Wohnhauses hinüber. Halb in der Erwartung, wütendes Gebell aus der Deele zu hören, schlug Gunther drei Mal hart an das hohe Tor, aber nichts geschah.

"Vielleicht ist er weggefahren", meinte Julia. Sie dachte an die Familie in dem Jaguar.

"Er hat gesagt, dass er den ganzen Tag zu Hause ist." Gunther schlug noch ein paar Mal an das Tor.

Julia musste trocken schlucken. "Hoffentlich hat er nicht schon verm ..."

"Ich habe doch gesagt, Sie sollen verschwinden!", brüllte da völlig überraschend eine Stimme aus dem Haus.

Julia und Gunther wichen unsicher einen Schritt zurück, da wurde auch schon einer der Torflügel aufgerissen und ein uralter, massiger Mann kam blitzschnell einen Schritt weit durch die Öffnung. Er sah sehr wütend aus, und in der linken Hand trug er eine Schrotflinte, deren Lauf genau auf Gunthers Füße gerichtet war.

Der Alte sah Gunther ins Gesicht. "Ach so", meinte er nur, kniff die Augen zusammen und ließ den Lauf der Waffe ein wenig sinken. Mit geübtem Griff nahm er die Flinte hoch, und ließ sie mit dem Kolben voran hinter dem Torflügel zu Boden gleiten. "Kommen Sie rein", sagte er statt einer Entschuldigung, drehte sich um und ging in das Dunkel des Hauses.

Gunther sah Julia groß an, hob kurz die Schultern und folgte dem Alten. "Sie sind Herr Sander, nehme ich an?", fragte er laut in das Dunkel der Deele hinein, wo die Silhouette des Mannes nur undeutlich zu erkennen war. Julia schloss das Tor hinter sich und tastete sich langsam voran.

"Natürlich bin ich das!" Eine Tür am Ende der Deele öffnete sich, und endlich kam etwas mehr Licht herein. Julia sah undeutlich noch mehrere andere Türen, die zu verschiedenen Kammern gehören mochten.

Julia ging hinter Sander und Gunther in den Raum, der für den alten Mann gerade Stehhöhe hatte. Für so ein Fachwerkhaus war das Zimmer erstaunlich groß; es maß etwa drei mal fünf Meter. Freiliegende, rauchgeschwärzte Balken, auf denen ebenso dunkle Bretter lagen, bildeten die Decke. Die Wände schienen aus einem gekalkten Lehmputz zu bestehen, der sich nach oben hin immer mehr verdunkelte. Julias Herz machte einen Hopser und sie musste unwillkürlich tief Luft holen, als sie den offenen Kamin an der Schmalseite des Raumes entdeckte. - Einfach traumhaft!

"Setzen Sie sich", forderte der Alte die Besucher auf und ließ sich selbst aufstöhnend auf ein uraltes Biedermeiersofa sinken. Julia griff nach einem Stuhl und auch Gunther setzte sich an den hohen Tisch mit den gedrechselten Beinen. Die Wachstuchdecke auf dem Tisch war schon zur Zeit von Julias Kindheit unmodern gewesen, und sie kam sich vor, als sei sie um Jahrzehnte, ja, fast um Jahrhunderte, zurückversetzt worden. Gemächlich schwang das Pendel des Regulators, bei jedem Ausschlag ein deutlich hörbares Ticken in den Raum schickend, hin und her. Es war, als liefe die Zeit hier langsamer ab. Sander musterte seine Gäste schweigend, aber selbst das war nicht unangenehm. Niemand musste es hier eilig haben. Vergessen war der ungestüme Empfang mit der Waffe in der Hand. Hier waren Ruhe und Frieden.

"Sie kommen wegen des Hauses.", eröffnete der Alte schließlich das Gespräch und beugte sich vor. Seine Stimme war erstaunlich warm und kräftig, und seine Bewegungen standen denen eines jüngeren Mannes an Geschmeidigkeit kaum nach.

"Steinmann", stellte Gunther sich vor. "Wir haben vorhin telefoniert. - Und das ist Frau Delker, meine Partnerin. - Hatten Sie Streit mit den Leuten, die uns eben entgegengekommen sind?"

"Partnerin?", wiederholte Sander, ohne auf Gunthers Frage einzugehen, und ein verschlagenes Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. "So sagt man heute, wenn man nicht richtig verheiratet ist, ja?"

"Wir leben seit", Gunther überlegte kurz, "fast zehn Jahren zusammen."

"So lange doch schon." Sander gab sich erstaunt, aber seine Augen sprühten vor Spott.

"Auf jeden Fall schon länger, als die Durchschnittsehe hält!" versuchte Julia sich einzuschalten, aber Sander ignorierte sie vollständig. "Und jetzt wollen Sie aufs Land ziehen. - Sie, und ihre Lebensabschnittsgefährtin", stellte er fest, und sah Gunther dabei mit herabgezogenen Mundwinkeln an.

"Mit meiner Lebensgefährtin, ja", korrigierte Gunther, und es lag eine gewisse Schärfe in seiner Stimme.

"War doch nur Spaß." Sander machte eine beschwichtigende Handbewegung.

Julia biss sich auf die Lippen. Sie hielt nichts von solchen Späßen, und hätte dem Alten gern ein paar Takte gegeigt, aber sie hielt doch lieber den Mund.

"Ja, ja, ich hatte zu meiner Zeit auch ein paar - Partnerinnen", fuhr Sander mit einem Zwinkern fort. "Aber ich war ja nebenbei auch noch richtig verheiratet. Da nennt man das wohl noch anders."

"Was soll das?" Gunther war drauf und dran, wirklich ärgerlich zu werden. - Julia und er waren schließlich nicht gekommen, um sich dummdreist anmachen zu lassen. "Ich glaube, wir sollten lieber über das Haus reden!"

"Ach, ich meine ja nur, dass Sie beide es richtig machen." Der Alte setzte ein harmloses Gesicht auf. "Ich habe mich vielleicht ungeschickt ausgedrückt, aber es ist doch wirklich besser, ein festes Verhältnis zu haben, statt ständig mit irgendwelchen Nutten herumzumachen. - Ist doch so, oder? - Sie kennen das ja."

"Nein! Kenne ich nicht!" Gunther war nicht bereit, die Unterhaltung weiter in diesen Bahnen laufen zu lassen. Er beugte sich vor und starrte angriffslustig über den Tisch. Julia war ganz seiner Meinung - Der Alte war ganz offensichtlich ein schmieriger Drecksack, und wenn es so weiterging, dann konnten sie das Haus vergessen.

"Wollen Sie das Haus jetzt vermieten, oder nicht?", fragte Gunther mühsam beherrscht. Bei der nächsten blöden Bemerkung würde ihm nämlich der Kragen platzen, und dann würde Sander sie wohl mit der Schrotflinte vom Hof jagen, so, wie die Leute in dem Jaguar.

"Gut!" lenkte Sander bedächtig nickend zu Gunthers Überraschung ein. "Lassen Sie uns von dem Haus reden. - Gefällt es Ihnen?"

KAPITEL 3 – 1958 - IRMI

Irmi war gewitzter als es zunächst den Anschein gehabt hatte. Fast wäre sie doch noch entkommen.

Als der Mann die Ausfahrt Melling erreichte und den 220er in die scharfe Kurve lenkte, war er sehr vorsichtig. Bis jetzt war alles gut gelaufen, aber nun durfte das Mädchen keinesfalls aufwachen. Der Mann kümmerte sich nicht darum, dass der Fahrer eines großen Barockengel-BMW hinter ihm ungeduldig mit der Lichthupe spielte. Sachte bog er auf die Hauptstraße ein und schaute zu Irmi hinüber, die, immer noch betäubt, in dem Winkel zwischen Türholm und Sitzpolster lehnte. Über eine Stunde lang hatte sie sich nicht gerührt und ein Speichelfaden lief aus ihrem Mundwinkel.

Das machte dem Mann Sorgen. Er hätte zufrieden sein können, aber obwohl alles perfekt ablief, war er unruhig. Was, wenn die Dosis zu hoch gewesen war, wenn sie nicht wieder aufwachte? Schließlich war es das erste Mal, das er so etwas machte.

"Geh aber vorsichtig damit um!", hatte sein Bekannter, der Drogist, ihm ans Herz gelegt, als er ihm das Fläschchen mit dem weißen Pulver gegeben hatte. "Das ist reiner Wirkstoff!" Dann hatte er ihm gezeigt, wie das Zeug zu dosieren war. - Aber wie sollte man vorsichtig sein, wenn man nicht wusste, ob so ein Mädchen eine, drei oder fünf Pralinen nahm? - Das hatte er dem Drogisten natürlich nicht sagen können. Dem hatte er vorgelogen, dass er die normalen Schlafmittel nicht gut vertrug, dass sie bei ihm Brechreiz auslösten, und er deshalb etwas Besonderes brauche. - Etwas, das nicht durchschmeckte! Zwei der Pralinen hatte das Mädchen genommen. - Konnte das zu viel gewesen sein? - Atmete sie überhaupt noch?

Das letzte Dorf auf der Strecke. Danach kam nur noch Wald. Das Mädchen hatte bei einer Bodenwelle im Schlaf gestöhnt. Es lebte. - Gut!

Mittlerweile war es dunkel geworden. Der Mann brauchte sich keine Sorgen zu machen, dass jemand Irmi in seinem Wagen bemerkte, und sich fragte, mit wem er da durch die Gegend fuhr.

Jetzt wurde es kritisch. Sehr langsam bog der Mercedes von der Asphaltstraße ab, aber trotzdem schwankte der Wagen, als er die Pflastersteine unter die Räder bekam. Irmis Kopf sackte nach vorne. Der Mann beschleunigte ein wenig. Das Geräusch der Reifen schwoll auf dem Kopfsteinpflaster an. Der Mann wurde nervös. Nur noch zwei Kilometer.

Irmi schlug träge die Augen auf. "Hab ich geschlafen?", murmelte sie verwundert. "Wo sind wir denn hier? - Sind wir bald da?"

"Fünf Minuten noch." Dem Mann war es bei Irmis Worten schlagartig heiß geworden und seine Stimme klang gepresst. "Gleich sind wir in - Hannover." Gerade noch rechtzeitig war es ihm eingefallen, wo Irmi eigentlich hingewollt hatte.

"Dann muss ich ja gleich raus." Irmis Stimme war schwach, behaglich kuschelte sie sich wieder in das Kissen und schloss die Augen.

Der Mann atmete verhalten tief ein. Sein Herz raste und seine Handflächen waren feucht. Ein Kilometer noch, dann würden sie auf dem Grundstück sein - nur eine Minute! Langsam und mit äußerster Vorsicht lenkte er den Wagen an den Dellen und Schlaglöchern in der alten Straße vorbei. Draußen herrschte jetzt undurchdringliche Finsternis. Weit vor dem Wagen wechselten im Scheinwerferlicht ein paar Rehe von einem Waldstück in das andere. Irmi konnte sie nicht sehen, sie war wohl wieder eingeschlafen.

Als das Tor in Sicht war, bremste der Mann vorsichtig ab, bog ein und hielt an. Lautlos zog er die Handbremse an, dann brachte er den Schalter der Innenbeleuchtung in die 'Aus'-Stellung. - Kein Risiko eingehen! Nicht, dass das kleine Luder im letzten Moment doch noch aufwachte. Nach einem kurzen, prüfenden Blick auf das Mädchen öffnete er leise die Tür und stieg aus.

Geblendet vom Licht der eigenen Scheinwerfer kam der Mann zu seinem Wagen zurück. Die Fahrertür hatte er einen Spalt weit aufgelassen, um Irmi nicht durch das Geräusch des Schließens zu wecken. Jetzt stand das Tor zu seinem Grundstück weit auf. In wenigen Augenblicken würde er mit seiner Beute in Sicherheit sein.

Der Mann stieg ein und schloss die Tür. Jetzt kam es auf ein bisschen Krach nicht mehr an. Triumphierend sah er zur Seite, aber da durchfuhr es ihn wie ein Blitzschlag: Der Beifahrersitz war leer, die Tür offen ...

Ohne zu überlegen legte der Mann den Rückwärtsgang ein und gab Vollgas. Die Beifahrertür schlug so heftig auf, dass die Scharniere knackten und fiel dann federnd ins Schloss. Der Mann achtete nicht darauf und schlug die Lenkung voll ein. Rasend schnell strich der Lichtkegel der Scheinwerfer die Böschung entlang. - Sie durfte nicht entkommen! Er hatte sie entführt und betäubt. Sie kannte ihn und sie kannte seinen Wagen - und jetzt kannte sie sogar die Einfahrt. Wenn die kleine Schlampe es schaffte, sich bis zu irgendeinem Haus durchzuschlagen, dann war er geliefert.

Der Mann kniff die Augen zusammen. Da - abseits der Straße waren zwei helle Flecken zu erkennen, die sich rasend schnell auf und ab bewegten. Das verdammte Biest war gerissen; es lief nicht auf der Straße, es rannte auf der Böschung entlang, und nur der Zaun hatte verhindert, dass sie schon im Wald verschwunden war.

Wenn sie jetzt die Straßenseite wechselte, war er geliefert, das wusste der Mann. Dort gab es keinen Zaun und er hatte keine Taschenlampe im Wagen. Innerhalb von Sekunden würde der Wald sie verschlucken und bei dieser Dunkelheit würde er sie niemals finden.

"Geliefert!" das Wort beherrschte sein ganzes Denken. "Wenn sie entkommt, bin ich geliefert!" Mit aufkreischenden Reifen beschleunigte der 220er und war nach wenigen Sekunden in Höhe der Fliehenden. "Bleib stehen!", schrie der Mann aus dem Fenster. "Bleib doch stehen! Was hast du denn?"

"Hauen Sie ab!" Irmi hielt kurz an. "Sie haben mir was gegeben, damit ich einschlafe!" schrie sie außer Atem von der Böschung herab. "In den Pralinen war was drin!" Sofort rannte sie weiter.

Schlaues Mädchen! Der Mann war immer noch sehr aufgeregt, aber jetzt konnte er wieder klar denken. Ein Grinsen überzog sein Gesicht. - Es sah ganz so aus, als würde sie ganz von selbst in die Falle rennen.

Der Mann hielt den Wagen knapp hinter der Flüchtenden, so, dass er sie im Licht der Scheinwerfer sehen konnte. Gleich musste sie an die Stelle kommen, wo der Zaun einige Meter von der Straße zurückwich, und dann im rechten Winkel wieder vorsprang - An genau dieser Stelle würde er sie festnageln.

Jetzt war es so weit. Irmi hielt sich in der Nähe des Zauns und verschwand zwischen den Büschen. Der Mann stoppte mitten auf der Straße, riss die Handbremse an und sprang aus dem Wagen.

Irmi sah den Zaun nicht und prallte in vollem Lauf dagegen. Die Schuhe, die sie in der Hand getragen hatten, flogen davon und der Anprall an das nachgiebige Geflecht schleuderte sie zu Boden. Rasch wollte sie sich aufrichten, aber da war der Mann schon über ihr und umklammerte mit der Rechten ihren Arm.

"Hilfe! Ah - Sie tun mir weh!", schrie das Mädchen aus Leibeskräften und holte tief Luft.

"Ruhig jetzt!", herrschte der Mann sie an und riss sie hoch. Drohend hob er die Hand. "Du kommst jetzt mit!"

Irmi versuchte, sich loszureißen, aber der Mann war viel stärker. Da gab sie plötzlich nach und ließ sich widerstandslos zwei Schritte weit führen. Dann blieb sie aber doch wieder stehen.

"Weiter!" Der Mann ruckte an dem Arm.

"Moment noch!" Irmi wollte sich bücken.

"Was ist denn jetzt wieder los?" Der Mann zerrte sie ungeduldig weiter.

"Meine Schuhe!"

Das war in den Augen des Mannes mal wieder typisch Frau. Er überlegte einen Moment. Liegen lassen konnte er die hellen Schuhe hier sowieso nicht. - Wenn sie am Tag jemand sah - Sollte sie sie doch ruhig mitnehmen. Also ließ er es zu, dass das Mädchen sich bückte.

Einen Sekundenbruchteil später traf ihn der Absatz mit voller Wucht am Kopf. Vor Schmerz wurde es ihm einen Moment lang schwarz vor Augen. Sein Griff lockerte sich ein wenig, und fast wäre das Mädchen ihm wieder entwischt, aber noch bevor sie ein zweites Mal zuschlagen konnte, fasste er nach und drehte ihr den Arm auf den Rücken. Dann nahm er selber den zweiten Schuh auf und führte das nach vorn gebeugte Mädchen zum Wagen. Jetzt war er gewarnt und ließ sie nicht mehr los, ehe sie durch die Tür des Bunkers unter seiner Garage gegangen waren.

Irmi hatte Angst und sie schämte sich entsetzlich. Der Mann hatte sie so fest auf einen Stahlrohrsessel gefesselt, dass sie noch nicht einmal die Beine bewegen konnte. "Ich möchte nur ein paar Bilder von dir machen." erklärte er gerade mit väterlichem Lächeln. "Portraits, um genau zu sein. - Weißt du eigentlich, dass du ein sehr hübsches Gesicht hast?"

"Lassen Sie mich doch gehen. - Ich sage auch nichts!", bat Irmi mit vor Angst geweiteten Augen. "Bitte!"

"Natürlich weißt du das", fuhr der Mann versonnen fort, ohne auf Irmis Worte einzugehen. Er nahm die Kamera hoch und ein Blitz zuckte auf. "Ich möchte wetten, dass die Kerle wie verrückt hinter dir her sind - Erzähl mir davon." Er bereitete den Apparat für die nächste Aufnahme vor und legte ihn zur Seite.

"Was wollen Sie denn bloß von mir?"

"Hörst du mir nicht zu? - Ich will wissen, was du mit den Männern machst, die du heimlich triffst, in dunklen Kellerecken oder auf dem Boden, wo es keiner sieht."

"Ich mach sowas nicht! Lassen sie mich doch gehen. Ich sag' auch bestimmt nichts."

"Du sollst doch nicht lügen." Von Irmis ängstlichem Blick verfolgt nahm der Mann eine Lötlampe vom Regal, schüttete aus einer Flasche ein wenig Benzin auf die Vorglühpfanne und entzündete es mit seinem Feuerzeug. Als das Gerät heiß genug war, drückte er ein paar Mal den Pumpenhebel nieder. Sofort brach eine gelbliche Flamme aus dem Brenner hervor, die nach wenigen Sekunden zu einer bläulichen, handspannenlangen Feuerlanze wurde. Der Mann pumpte nochmals Luft in den Tank, damit die Flamme stabil blieb; dann stellte er das Gerät nahe vor Irmis linkem Bein auf, so dass sie schon etwas von der Hitze spüren konnte.

Der Mann nahm die Kamera wieder zur Hand. "Kennst du dich in Geometrie aus, Irmi?"

Das Mädchen hatte entsetzt auf die Flamme gestarrt, aber jetzt sah es kurz zu ihm auf. "Was - was wollen Sie bloß von mir?"

"Das ist keine Antwort, Irmi", stellte der Mann mit leichtem Tadel in der Stimme fest. "Wo Geometrie doch so wichtig ist." Er konnte ein Kichern nicht unterdrücken. "Lebenswichtig, möchte ich sagen. - Was meinst du wohl, wird passieren, wenn ich die Lötlampe, sagen wir mal, zehn Grad weiter auf dich zu drehe?"

"Was wollen Sie denn bloß von mir?" Irmi hatte kein Wort verstanden, aber das irre Kichern hatte ihr einen eisigen Schauer über den Rücken gejagt. Sie hatte den Kopf so weit wie möglich nach vorne gebeugt und starrte angstvoll auf die bläuliche, zischende Flamme, die sie bedrohte. Sie begriff, dass der Fremde etwas unsagbar Schreckliches mit ihr vorhatte - etwas viel Schlimmeres, als sie zunächst gedacht hatte - und dass sie ihm hilflos ausgeliefert war.

Ein neues Blitzlicht zuckte auf. Der Mann nahm die Kamera herunter, spulte den Film weiter und wechselte mit ruhigen Bewegungen das verbrauchte Birnchen gegen ein neues aus. "Nur zehn Grad", fuhr er im Plauerton fort, "winzige zehn Grad - dann brennt dir die Flamme ganz langsam das Fleisch vom Knochen."

"Warum?" Irmi schrie die Frage fast heraus. "Warum tun Sie das? - Warum?"

"Mach' ich doch gar nicht", lächelte der Mann auf sie herab. "Ich werde doch ein so hübsches Mädchen nicht zum Krüppel machen." Dann bückte er sich und drehte die Lötlampe ein Stück weit herum. Die Flamme streifte kurz Irmis Bein. Es knisterte leise und ein paar Härchen verschrumpelten zischend. Irmi stieß einen Schmerzlaut aus und das Bein ruckte von der Flamme fort. "Aber aber." Der Mann schüttelte den Kopf. "Warum die Aufregung? Das waren doch nur fünf Grad."

Irmis Körper ruckte in den Fesseln. Die Lötlampe gab zischende Geräusche von sich und spuckte gelbliche Flammen aus. Irmi nutzte den letzten Spielraum, den die Fesseln ihr gaben, um von der Hitze fortzukommen, sie warf den Kopf zurück und ihr Gesicht war dabei vor Angst verzerrt. "Gut so", murmelte der Mann. "Sehr gut!" Er nahm die Kamera wieder hoch. "Wenn du hier raus willst, dann gesteh endlich! Was treibst du mit den Kerlen? Sind es nur die Leute aus dem Haus, oder triffst du sie auch an der Straßenecke?"

"Ich mach' sowas doch gar nicht!", schrie Irmi ein letztes Mal. Sie war vor Angst halb wahnsinnig, aber als der Mann die Lötlampe um eine Winzigkeit verschob, begriff sie, dass sie irgendetwas gestehen musste.

Der Mann war nicht sehr zufrieden mit Irmi. Obwohl ihr nach und nach doch noch so einiges einfiel, was sie mit den Männern aus der Nachbarschaft gemacht hatte, versuchte die kleine Nutte immer noch, ihm die Naive vorzuspielen - fast so, als habe sie wirklich keine Ahnung. Der Mann nahm ihr das natürlich nicht ab. - Er war ja kein Idiot. Er half ihr ein wenig auf die Sprünge und fotografierte ab und zu. Natürlich stellte sich schnell heraus, dass Irmi gar nicht so unschuldig und naiv war, wie sie zunächst getan hatte. - Wie viel Schmutz sich doch in ihrem kleinen, hübschen Köpfchen angestaut hatte, wie tierhaft sie war, wie unersättlich. - Einfach ekelhaft.

Der Mann verbrauchte in dieser Nacht noch zwei weitere Filme, dann machte er der Sache ein Ende, verließ den Keller, und kam erst eine Stunde später wieder zurück. Er breitete ein Stück Maschendraht auf dem Boden aus und begann, Irmis Leiche darin einzupacken. Er zog den Draht eng um den schmalen Körper und verdrillte die Enden mit einer Kombizange. Als er fertig war, sah das Ganze aus, wie ein länglicher Kokon und war viel leichter zu transportieren als der schlaffe, tote Körper.

Irmis Fluchtversuch war dem Mann eine Lehre, und schon am nächsten Tag wurde er, gleich nachdem er eine Birke an das Ufer des Teichs gepflanzt hatte, aktiv.

In der Garage nahm er ein paar Werkzeuge mit zum Wagen und machte sich an der Innenseite der Beifahrertür zu schaffen.

So etwas würde ihm nicht noch einmal passieren. Der Mann hatte sich nie für perfekt gehalten, aber er machte jeden Fehler nur einmal. Darauf war er stolz.

Endlich war die Türverkleidung gelöst und das Stück steifen Drahtes entdeckt, das den inneren Türöffner mit dem eigentlichen Schließmechanismus verband. Ein kleiner Ruck mit der Kombizange und der Draht rutschte aus der Öse. - Fertig. Der Mann besah sich zufrieden sein Werk. "Schlechte Verarbeitung.", murmelte er mit einem nachsichtigen Lächeln. "In den Autofabriken werden sie auch immer schlampiger!" - Diese Tür würde jedenfalls niemand mehr von innen öffnen können, das war sicher. Sehr sorgfältig befestigte der Mann die Innenverkleidung wieder an der Tür. - Was er auf den Tod nicht leiden konnte, waren Autos, an denen irgendetwas klapperte.

KAPITEL 4 - Juni 1994 - DAS HAUS

Die Unterhaltung mit Sander war alles andere als angenehm für Julia und Gunther. Zeitweise schien der Alte verwirrt und gar nicht bei der Sache zu sein; dann wechselte er sprunghaft das Thema und ging auf das Gesagte überhaupt nicht ein. Das Schlimmste aber war, dass er bald schon wieder begann, bei jeder Gelegenheit seine schlüpfrigen Anspielungen abzusondern, von denen er wissen musste, dass sie die Gefühle der beiden verletzten.

Besonders perfide war, dass er das alles mit dem Anschein der Naivität vorbrachte, und gänzlich verständnislos auf die Verstimmung seiner Gäste reagierte. Leutselig beugte er sich vor und gab sich den Anschein größter Besorgnis: "Wenn Sie richtig verheiratet wären - wäre dann nicht vieles einfacher? - Mit den Banken zum Beispiel. - Geben die denn Geld an solche Leute? Früher hat man solche - na ja - Liebesverhältnisse in keiner Weise unterstützt. Da konnte ein Mann seine Geliebte beschenken, ja, er durfte sich sogar für sie ruinieren; aber niemand wäre je auf die Idee gekommen, mit so einer Frau zusammenzuziehen. - Ist das heute denn anders? Denken die Leute nicht mehr so?"

"Die Zeiten haben sich geändert", sagte Gunther spröde.

Julia war verärgert, verschreckt und verlegen zugleich. Die Ruhe, die sie zuerst in diesem Zimmer empfunden hatte, war gestört, der Friede dahin. - Das war sie also in Sanders Augen: So eine Frau! Sie spürte, wie das Blut ihr ins Gesicht schoss. Sie war drauf und dran, aufzuspringen und aus dem Raum zu rennen, wie ein gedemütigtes Kind. - Nur weg von diesem ekelhaften, schmierigen Alten, der mit seinem kranken Gerede alles beschmutzte, aber Gunther legte ihr seine Hand auf den Arm. "Bleib!", sagte diese Geste. "Bleib, denn wir wollen das Haus!"

Julia war sich zwar im Moment nicht so sicher, dass sie das Haus noch wollte. Ihr war heiß vor Scham und Wut, aber sie blieb trotzdem sitzen. Die Zeiten haben sich geändert! - War das alles, was Gunther zu ihrer Verteidigung vorzubringen hatte? Und wieso überhaupt Verteidigung? Hatten sie das nötig? Langsam beruhigte Julia sich wieder. Sander war steinalt, ein Überbleibsel aus einer vergangenen Epoche. Seine Maßstäbe stimmten nicht mehr mit der Realität überein. Das war alles.

Plötzlich ging es Julia besser und sie konnte wieder freier atmen. Endlich hatte sie erkannt, dass man Sander einfach nicht ernst nehmen durfte. Sie nahm sich zusammen und durchbrach die Oberfläche dieses Tümpels von Erniedrigung, in dem sie fast versunken wäre.

"...tut man nicht alles für ein Büschel Haare", faselte Sander gerade - und es war nur zu klar, was für ein Büschel Haare er meinte.

"Hören Sie!" Gunther reichte es jetzt. Er richtete sich auf, sprach dann aber doch nicht weiter, sondern schaute Sander nur einen Moment lang mit zusammengekniffenen Augen an.

Der Alte hielt diesem schwachen Aufflackern von Protest mühelos stand. Dennoch tat er so, als merke er jetzt erst, dass er seinen Besuchern zu nahe getreten war. "Ach", seufzte er schwer auf und ließ sich noch tiefer in die Polster sinken, "vergeben Sie einem alten Mann, der nur noch in der Erinnerung lebt." Er sagte das mit dem Ausdruck ehrlichsten Bedauerns, und Julia hätte ihm fast verziehen, aber da grinste er sie plötzlich von unten herauf an. "Tja", meinte er, "ich habe wenigstens noch so Einiges, woran ich mich erinnern kann!"

Julia und Gunther hielten durch. Gunther wollte das Haus und Julia hielt zu ihm, weil sie es, wenn sie ehrlich mit sich war, auch wollte. Wenn der Vertrag erst zustande gekommen und der Alte von hier verschwunden war, konnten sie immer noch ihre Wunden lecken - aber jetzt galt es sich zu behaupten. Also hatten sie sich, als Sander einmal kurz zum 'Pissen' gegangen war, wie er sagte, abgesprochen, sich von ihm nicht provozieren zu lassen, da seine Ausfälle wahrscheinlich auf seine Verkalkung zurückzuführen seien.

"Trotzdem ist er eine richtige Sau", hatte Julia Gunther schnell noch zugeflüstert, als die Schritte des Alten schon wieder auf der Deele zu hören waren.

"Warum beleidigst du unschuldige Tiere?" wollte Gunther daraufhin von ihr wissen. - Altbekannt und nicht sehr lustig, aber die Anspannung fand endlich ein Ventil und als Sander die Tür öffnete, fand er seine Besucher nervös und schuldbewusst kichernd vor.

Misstrauisch blieb der Alte in der Tür stehen. "Wenn Sie sich ausgealbert haben, können Sie sich jetzt Haus und Grundstück ansehen." Sofort standen Julia und Gunther brav auf und folgten ihm. Obwohl sie im Recht waren, fühlten sie sich wie Kinder, die ein strenger Lehrer beim Schwatzen erwischt hatte.

Im Inneren hielt das Haus noch mehr, als es von außen schon versprochen hatte. Wenn auch keiner der Räume auch nur annähernd so groß war, wie das Kaminzimmer, so gab es doch eine Reihe einfach eingerichteter, aber gemütlich aussehender Kammern. In einem Verschlag stand das Aggregat der Hauswasserversorgung und es gab ein komplett, wenn auch charmant unmodern eingerichtetes Badezimmer.

"Na, wie gefällt es Ihnen?", wollte Sander wissen, als sie mit der Besichtigung fertig waren. "Kann man so hier leben - oder wollen Sie auch alles umstricken und von einem Innenarchitekten einrichten lassen?"

"Wollte der Typ mit dem Jaguar das?", fragte Gunther.

"Seine Schnepfe!", bestätigte Sander. "Dies muss weg, Frank, und da muss was hin, Frank, und das will ich aber neu haben!", äffte er die Frau nach. "Und der Trottel von Kerl steht daneben und nickt mit dem Kopf wie ein großes, blödes, geldspuckendes Kamel. - Ja, mein Schatz! - Klar, mein Schatz! - Wo soll ich's dir hinstecken, mein Schatz? - Hochkant oder quer? So ging das in einer Tour. - Ich bin erstmal Kotzen gegangen, nachdem ich sie vom Hof gejagt habe."

"Wenn ich in einem Neubau wohnen will, dann miete ich mir kein Fachwerkhaus", bemerkte Gunther weise und wartete heimlich auf Sanders' Beifall.

"Darum geht es nicht!" Sander hatte Gunthers Versuch, sich einzuschleimen sofort durchschaut, und gab ihm jetzt eine Lektion fürs Leben: "Ein armer Kerl ist ein Sklave", stellte er fest, "und ein reicher Kerl ist ein König! - Warum aber, um alles in der Welt, benimmt sich ein reicher Kerl wie ein Sklave, bloß weil sein Fickverhältnis in der Nähe ist?"

"Liebe?" mutmaßte Gunther.

"Ach!", wehrte Sander unwillig ab. "Schwäche! - Ich verachte das!"

"Ich finde es schön hier", schaltete sich nun Julia in das Gespräch ein. Sie befürchtete, Sander würde gleich wieder in seine dumpfen, sexistischen Redensarten verfallen. "Ich finde, hier soll alles so bleiben, wie es ist."

"Wir würden das Haus vorsichtig renovieren", bestätigte Gunther. "Aber an der Bausubstanz muss überhaupt nichts verändert werden."

"Da lege ich auch allergrößten Wert drauf!", grollte Sander. Er hatte sich noch nicht ganz beruhigt und sah die beiden prüfend an. "Neu streichen - in Ordnung! Defekte Teile erneuern - auch in Ordnung! Aber niemand soll es wagen, hier auch nur eine Wand herauszureißen!"

"Nein, nein", beeilten sich Julia und Gunther schnell zu versichern, "Würden wir nie tun", denn die Gedanken sind frei, und zwischen der Planungsabteilung des Gehirns und der Zunge gibt es zum Glück keine direkte Verbindung. Der Vertrag würde auf jeden Fall länger laufen, als Sander noch zu leben hatte, und wenn sie erst einmal hier wohnten ...

"Gehen wir hinaus", sagte Sander und zog den Torflügel auf. Gleißende Helligkeit schlug ihnen entgegen, und die Hitze des Sommernachmittags nahm ihnen nach der Kühle des Hauses fast den Atem.

"Gibt es den Hund eigentlich noch?" Gunther ging hinter Sander über den Hof. Julia hielt sich ein wenig abseits und schaute sich gerade das Bauerngärtchen an, dessen uralte Bepflanzung von Unkraut überwuchert war.

"Was für einen Hund?" Der Alte schaute im Gehen über die Schulter.

"Wir haben oben an der Straße ein Schild gesehen."

"Ach das! - Schilder werden älter als Hunde. Ich hatte mal ein paar schöne Dobermänner, aber das ist lange her."

"Aus dem Garten könnte man richtig etwas machen!", rief Julia quer über den Hof.

Sander blieb stehen und sah mit zusammengezogenen Brauen in ihre Richtung. "Weiberwichtigkeiten!", meinte er dann verächtlich. "Meine Holde war genauso."

Gunther tat so, als habe er nichts gehört. Zwar kam der Garten auch in seiner Prioritätenliste erst ganz zuletzt, aber so deutlich brauchte man es doch auch nicht zu sagen. Jedenfalls war er nicht bereit, Sander in allem was er sagte zuzustimmen. Der Alte schien ein Frauenbild zu haben, das mit der heutigen Zeit nicht mehr ganz vereinbar war.

"Hauptsache Sie können zwischen wichtigen und nebensächlichen Dingen unterscheiden, junger Freund", schwadronierte Sander weiter.

"Natürlich!", beeilte Gunther sich zu sagen, womit er ganz klar zugab, dass Julia das seiner Meinung nach wohl wirklich nicht konnte. Schnell sah er zu ihr hin, aber sie war weit genug weg und hatte nichts gehört.

"Mit dem Zeug hier können Sie machen, was Sie wollen." Sander stand mit Gunther in der Mitte der alten Wassermühle, die völlig mit Gerümpel aller Art vollgestopft war. Ganze Generationen mussten hier ihre unbrauchbaren Möbel und alles, was sonst im Haushalt kaputtgegangen war, entsorgt haben. Vor den trüben Fenstern rauschte das Wasser des Mühlbachs und die Wand war so feucht, dass sich schon winzige Kalkzapfen an ihr gebildet hatten.

Jede Menge alter Sachen standen hier herum, aber es lag nicht das Flair einer pseudoantiken Ramschausstellung über dem Ganzen, sondern das unangenehme Odium der Vergänglichkeit und des Verfalls. Es roch nach Moder.

Hässliche, verstaubte Ölschinken lehnten an den feuchten Wänden. Die vergoldeten Holzrahmen waren teilweise von einer Schicht grünlichen Schimmels überzogen. Sessel und Sofas mit faulenden Polstern standen kreuz und quer im Raum herum und alte Elektrogeräte waren auf wacklige Tische gepackt. Zerbrochene Stühle und rostige Ofenrohre lagen herum und die dazugehörigen ausrangierten Öfen standen und lagen im Raum, wie sie vor Jahrzehnten abgestellt worden waren. Eine riesige Fernsehtruhe mit einem winzigen Bildschirm stand flach auf dem Boden, und drei der abgebrochenen Beine hatte jemand auf das Gehäuse gelegt. Alle Gegenstände waren von einer dicken, schmierigen Dreckschicht bedeckt, und selbst die Spinnweben waren schwer von Staub.

"Oh, wie schade!" Julia hatte auf einem Sägebock in der Nähe der Fensterreihe ein achtlos darübergeworfenes Bündel Spitzengardinen entdeckt, das sich aber schon bei der geringsten Berührung in Fetzen auflöste.

Sander grunzte unwillig und Gunther warf ihm einen belustigt-verstehenden Blick zu, um Sander zu zeigen, dass er von diesen "Weiberwichtigkeiten" auch nicht viel hielt.

"Wenn Sie eine Verwendung für den Raum haben, können Sie den ganzen Mist verbrennen, oder sonst was damit machen", erklärte Sander. "Meinetwegen lassen Sie den Krempel hier auch weiter verrotten, ist mir egal."

"Ich denke, ich werde hier aufräumen", meinte Gunther. "Lagerraum kann man immer gebrauchen."

"Na dann, viel Spaß dabei. Schauen wir uns den Hof an." Sander ging hinaus.

"Im Krieg war hier eine Munitionsfabrik", sagte Sander. "Aber die Amis haben ´45 die ganzen Hallen gesprengt. - Nur ein paar Mauerreste sind übrig geblieben - aber die holt sich die Natur jetzt auch langsam zurück."

Die Drei standen auf dem gepflasterten Stück Hof, und eben gerade hatte der Alte mit großer Geste auf das umliegende Gelände gedeutet. "Da unten im Wald ist übrigens der Friedhof, aber um den brauchen Sie sich nicht zu kümmern. Manchmal finden da Gedenkfeiern statt, aber das stört nicht weiter."

"Friedhof?" Gunther sah den Alten fragend an.

"Für die Arbeiter aus der Fabrik", erklärte der. "Es waren schlechte Zeiten, und der Laden war die reinste Knochenmühle. - Arbeiterknochen", schob er mt einem Grinsen nach, als er Gunthers verständnislosen Blick bemerkte. "Unfälle passieren eben. War ja schließlich kein Landerholungsheim. Hier ist gestorben worden, mein Junge."

Gunther bemerkte, dass Julia sich unauffällig ein Stück weit von ihnen entfernt hatte. Sie tat so, als interessiere sie sich sehr für die Rückseite des Schuppens. Gunther kannte das schon von ihr. Alles, was mit Tod zusammenhing, ängstigte sie maßlos. Aber sie hatte, ganz für sich selbst, einen perfekten Verdrängungsmechanismus entwickelt: Was sie nicht hören wollte, das hörte sie einfach nicht.

"Hat Ihre kleine - hm - Freundin etwas gegen Friedhöfe?", fragte Sander unnötig laut, wobei er seine Mundwinkel nach unten zog.

"Wer mag schon Gräber?" Gunther versuchte, seiner Stimme einen lässigen Unterton zu geben, aber ihm war selbst ein Schauer über den Rücken gelaufen, als Sander die umgekommenen Arbeiter erwähnt hatte. "Haben Sie auch hier gearbeitet? - Im Krieg meine ich."

"Als Technischer Direktor", bestätigte Sander. "Heute kann man das ja zugeben. - Früher war das anders! - Die Amis haben uns gejagt, mein Junge - gejagt wie die Hasen. Mitte '45 wäre ich um ein Haar geliefert gewesen."

Gunther presste die Lippen fest zusammen. Kein Erholungsheim! Knochenmühle! Er konnte sich schon vorstellen, was hier los gewesen war: Schlecht ernährte Zwangsarbeiter, zusammengepfercht in pimitiven Schlafbaracken, mörderische Akkordarbeit in Zwölfstundenschichten ... Plötzlich wollte auch er nichts mehr von der Fabrik hören, die hier mal gestanden hatte.

Julia kam wieder heran und schaute sich um. "Ist eigentlich das ganze Gelände eingezäunt?" Wenn der Alte sie auch fast vollständig ignorierte, so war sie doch der Meinung, auch einmal eine Frage stellen zu dürfen.

"Wegen der Wildschweine", bestätigte Sander knapp und ohne sie anzusehen.

Julia traute sich nicht, weitere Fragen zu stellen. Sie hasste sich dafür, aber Sander hatte sie in seiner schroffen Art so sehr eingeschüchtert, dass sie jedes seiner Worte wie einen Schlag ins Gesicht empfand. Jeder Blick und jede Geste sagten ihr, was Sander von ihr hielt. Sie war minderwertig. Sie war Gunthers Geliebte, ein Spielzeug, ein Fickverhältnis. Sie war nur - so eine Frau!