PROJEKT KUTAMBATI - Christiane Weller - E-Book

PROJEKT KUTAMBATI E-Book

Christiane Weller

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Beschreibung

1972, zur Zeit des Kalten Krieges, erhält ein deutscher Chemiekonzern den Auftrag, Defensivkampfstoffe zu entwickeln. Da die rechtlichen Bestimmungen eine Durchführung der Versuche auf deutschem Boden nicht zulassen, wird das erforderliche Großlabor einer Buschklinik in einem Entwicklungsland angegliedert. Die Experimente geraten außer Kontrolle und eine junge Betriebspsychologin kommt der Sache auf die Spur. Ein Polit - Thriller vor realistischem Hintergrund. Ein Wirtschaftskrimi um Kapital und Macht. Ein Wissenschaftsroman um die Erschaffung tödlicher Viren. Eine Verschwörung skrupelloser Seilschaften. Ein Roman mit Ärzten in der Grauzone ihres Berufs. Eine fundierte Zeitgeist- und Milieuschilderung. In einem kleinen Dorf in Kenia spitzt sich die Situation zu, als dort das Testlabor errichtet wird. Ein Team von Wissenschaftlern führt hier im Staatsauftrag gentechnische Experimente zur Kampfstoffentwicklung durch. Es kommt zu einem ernsten Zwischenfall und Testkulturen tödlicher Viren werden freigesetzt. Gegen Ende der Handlung wächst die Erkenntnis: So könnte es gewesen sein! So entstand die Krankheit, die heute die Welt in Atem hält. Genre: Polit- Wissenschafts- und Wirtschaftsthriller 342 Standardseiten Qindie steht für qualitativ hochwertige Indie-Publikationen. Achten Sie künftig bitte auf das Qindie-Siegel.

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Seitenzahl: 342

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Christiane Weller, Michael Stuhr

PROJEKT KUTAMBATI

Retro-Thriller

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

04.09.1972 - 10:45 - Bonn, Verteidigungsministerium

06.09.1972 - 09:00 – Mellinger Forst bei Friedberg

06.09.1972 - Heerdt AG Vorstand - Aktennotiz

14.11.1972 - 08:00 - Kutambati, Kenia

14.11.1972 - 13:00 - Kutambati, Kenia

12.09.1972 - 09:12 – Frankfurt, Heerdt AG, Hauptverwaltung

14.11.1972 - 16:48 - Kenia

13.03.1955 - 20:11 - Allentown, Pennsylvania

14.11.1972 - 18:42 - Mombasa National Airport

14.11.1972 - 20:07 - Mombasa, River Thames Hotel

15.11.1972 - 08:12 - Mombasa, Yomo-Kenyatta-Drive

15.11.1972 - 11:42 - Telegramm Seidel/Heerdt AG

09.11.1972 - 11:04 - Bonn, Verteidigungsministerium

14.11.1972 - 21:30 - Wiesbaden, "Maritim Hotel"

14.11.1972 - 20:44 - Mombasa, "Paradiso"

15.03.1955 - 22:58 - Newark-City

14.11.1972 – Mombasa, Kenia

14.11.72 - 22:37 – Kronberg im Taunus

15.11.1972 – 08:35 – Frankfurt, Heerdt AG, Hauptverwaltung

05.12.1972 - 06:33 - BAB-Hannover - Hamburg

05.12.1972 - 08:48 - Eckernförde

15.11.1972 - 08:37 - Kenia

Januar - März 1973 - Kutambati

Ende März 1973 - Kutambati

Ende März 1973 - Mombasa

07.12.1972 – 14:28 – Frankfurt, Heerdt AG, Hauptverwaltung

07.12.1972 - Frankfurt, Heerdt AG, Hauptverwaltung

05.03.1973 – 09:01 - Bad Homburg, Salzinger Landhaus

01.04.1973 – 10:28 – Frankfurt, International Airport

11.03.1973 – 10:38 - Temple of Heaven-Center, Newark, USA

24.03.1973 – 13:24 - Temple of Heaven TV-Studios, Newark, USA

01.04.1973 - 09:00 - Temple of Heaven TV-Studios, Newark, USA

13.04.1973 - 15:17 - Kutambati, Kenia

17.04.1973 - 11:09 - Kutambati, Kenia

17.04.1973 - 20:22 - Kutambati, Kenia

18.04.1973 - 08:51 - Kutambati, Kenia

28.04.73 - 07:32 - Kutambati, Kenia

28.04.73 - 11:52 – Wajir National Airport, Kenia

28.04.73 - 15:22 - Wajir, Kenia

28.04.73 - Kenia - Uganda - Kenia

30.04.73 – 11:27 - Kutambati, Kenia

30.04.73 – 19:22 - Kutambati, Kenia

25.02.1983 – 15:44 - New York, USA

03.08.1973 – 07:23 - Kutambati, Kenia

08.08.73 – 16:18 - Kutambati, Kenia

08.08.1973 – 18:18 – Kutambati, Kenia

27.02.1983 – 23:20 - New York, USA

09.08.1973 – 08:30 – Kutambati, Kenia

Sommer 1983 - New York

09.08.1973 – 09:37 -Kutambati Kenia

Sommer 1983 - New York

09.08.73 - 09:46 - Kutambati, Kenia

09.08.1973 - 09:58 – Landepiste, Kutambati, Kenia

09.08.1973 - 09:57 – Landepiste, Kutambati, Kenia

09.08.1973 - 09:56 – Kutambati, Kenia

Epilog

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LESEPROBE

Impressum neobooks

Prolog

Schon wieder klingelte das Telefon. Seufzend stellte Hannelore ihre Teetasse ab und ging von der Terrasse ins Wohnzimmer. Seit Bernhard in Afrika umgekommen war, hatte sie kaum eine ruhige Stunde gehabt. Ständig riefen irgendwelche Presseleute an und wollten von ihr Dinge wissen, zu denen sie nichts sagen konnte; und wenn sie es gekonnt hätte, nichts sagen wollte.

"Fellingsen" meldete sie sich müde und wartete auf eine neugierige Stimme, die ihr wieder Unmengen von Fragen stellte - aber nichts dergleichen geschah, am anderen Ende der Leitung war erst mal Funkstille.

"Hannelore!", brach es dann plötzlich mit Urgewalt aus dem Hörer. - Lisbeth natürlich, die sich schnell noch ihr Hörgerät zurechtgerückt hatte. "Ich hab gerade die Zeitung gelesen. Da steht wieder was von Bernhard drin. Dein armer Mann! Er hat doch dort in Afrika nur Gutes getan, also für die Neger und so und dann das! Der Arme." So redete sie weiter: Der gute arme Bernhard, der selbstlos - und so weiter und so fort ...

Hannelore hörte schon gar nicht mehr hin. Sie hatte dieses sinnlose Geschwätz noch nie leiden können. Lisbeth war Bernhards ältere Schwester und schon immer von den guten Charaktereigenschaften ihres Bruders überzeugt gewesen. Auch als Bernhard noch gelebt hatte, hatte sie keine Gelegenheit ausgelassen, ihrer Schwägerin seine Qualitäten vor Augen zu führen, und jetzt war es eher noch schlimmer geworden. Was konnte es also anderes werden, als die übliche stundenlange Lobhudelei, wenn sie sich nicht schnell etwas einfallen ließ.

"Du ich hab Spinat auf dem Herd, ich muss jetzt auflegen." sagte sie absichtlich leise.

"Wie?" Lisbeth kam mit ihrer Lobesrede ins stolpern.

"Ich muss in die Küche", flüsterte Hannelore.

"Was ist, was sagst du?"

"Ich glaube mit deinem Hörgerät ist was nicht in Ordnung", brüllte Hannelore in die Leitung.

"Oh, jetzt hör ich dich wieder! Ja ich glaube auch! Ich muss das mal nachregulieren lassen. Ich leg dann jetzt mal auf, ja?" rief Lisbeth ganz aufgeregt.

"Ja, tu das. Mach's gut, bis bald." wisperte Hannelore.

"Jetzt hör ich dich gar nicht mehr" klang es ganz verzweifelt aus dem Hörer. Dann ertönte ein Knacken und die Leitung war tot.

Irgendwie kam sich Hannelore ja etwas schäbig vor, aber sie konnte Lisbeth manchmal einfach nicht ertragen.

Bernhard - ein Wohltäter? Sicher, so wurde es überall dargestellt: dass der Leiter eines Urwaldkrankenhauses sich an der Seite des Chefarztes selbstlos und tapfer marodierenden Milizen in den Weg gestellt hatte, um die Klinik zu schützen. Das war die offizielle Lesart, die auch von amtlichen Stellen in Bonn verlautbart wurde. Aber Hannelore wusste es besser:

Bevor er nach Afrika aufgebrochen war, hatte Bernhard ihr einen großen versiegelten Umschlag ausgehändigt. Das sei ihre Lebensversicherung hatte er gesagt und ihre Rente, wenn in Afrika irgendetwas schief laufen sollte. Sie müsse damit nur zur Presse gehen und die Heerdt- A.G. sei für alle Zeiten erledigt.

Natürlich hatte sie den Umschlag sofort hervorgeholt und geöffnet, als man ihr die Nachricht von Bernhards Tod überbracht hatte. Listen waren darin gewesen und Tabellen, die ihr nicht soviel gesagt hatten. Licht in die Sache hatten erst ein paar Aktennotizen gebracht, die Bernhard selbst über seine Mitarbeiter und den Zweck des Projekts angefertigt hatte.

Nachdem Hannelore den Inhalt überflogen hatte, war ihr klar geworden, dass Bernhard an alles Andere - nur nicht an ihre Versorgung im Alter gedacht hatte. Das wäre ja auch ein Wunder gewesen. Nein, Bernhard wollte damit nur seine eigenen kleinlichen Ziele verfolgen: Rache an allen, die ihm Unrecht getan hatten.

In einem musste Hannelore ihrem verstorbenen Mann allerdings Recht geben: Wenn das öffentlich wurde, dann würden Köpfe rollen, bis in die Ministerien und Vorstandsetagen hinein.

Einen Augenblick lang hatte sie daran gedacht, die Dokumente wirklich den Medien zu überlassen, aber sie hatte den Gedanken gleich wieder verworfen. Nicht noch mehr Aufregung. Das konnte sie nun wirklich nicht gebrauchen.

Schon wieder klingelte das Telefon. - Nahm das denn nie ein Ende? Hannelore nahm nicht ab. Seufzend stand sie auf und zog den Umschlag aus dem Wäscheschrank, in dem sie ihn versteckt hatte. - Zeit, die Unterlagen verschwinden zu lassen. Nicht für immer, aber für lange Zeit. Für eine längere Zeit, als sie noch leben würde jedenfalls. Sie dachte an den Spalt in der Zwischendecke auf dem Boden. Was man dort hineinsteckte war von der Welt verschwunden, als habe es nie existiert. Fast leichtfüßig stieg sie die steile Bodentreppe hoch. Sollten sich doch spätere Generationen mit der Sache beschäftigen. - Sie jedenfalls hatte keine Lust mehr auf irgendetwas, das mit Bernhard zusammenhing

04.09.1972 - 10:45 - Bonn, Verteidigungsministerium

"Menzel ist einer der fähigsten Köpfe der Wirtschaft. Ich habe in seine Leistungsfähigkeit größtes Vertrauen."

Gloger beugte sich auf seinem Besucherstuhl leicht vor.

"Seit zwei Jahren lasse ich von privaten Agenturen Dossiers über kriegswichtige Industrien und deren Vorstände anfertigen." Er zwinkerte vertraulich. "Menzel und die Heerdt AG schneiden auf dem Sektor Chemie/Pharmazie am besten ab."

F.A. lehnte sich in seinem Sessel zurück und nickte wohlwollend.

"Meiner Meinung nach ist dieses Unternehmen als einziges in der Lage, unser Projekt erfolgreich durchzuführen." Gloger machte eine Pause.

"Die Heerdt AG leitet doch Menzel, oder?"

"Sicher", bestätigte Gloger.

"Guter Mann. - Man hört aber auch allerlei über eine momentane Krise der Heerdt AG." wandte F.A. ein.

"Die augenblicklichen Schwierigkeiten der Firma liegen ausschließlich auf dem Marketing-Sektor. Die wissenschaftliche Qualifikation wird davon in keiner Weise beeinträchtigt." Gloger stand auf und ging zum Fenster. Er schaute durch die beschlagene Scheibe hinaus auf die Rheinauen, über denen träge Nebelschwaden lagen. "Im Übrigen sind die innerbetrieblichen Konsequenzen bereits gezogen worden." Er drehte sich um und ging mit energischen Schritten zum Schreibtisch zurück. "Das halbe Management wurde im letzten Quartal ausgetauscht. Ganz ohne Zweifel wird die 73er Bilanz wieder in den schwarzen Zahlen geschrieben."

F.A. nahm seine Brille ab und richtete sie über den Schreibtisch hinweg wie eine Waffe auf Glogers Brust. "Sie trauen Herrn Menzel also zu, die Angelegenheit in den Griff zu bekommen?"

Gloger ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken. "Nach derzeitigem Wissensstand - ja!"

"Dann weise ich Sie hiermit an, die Heerdt AG mit der Entwicklung der gewünschten chemisch-biologischen Defensiv-Kampfmittel zu betrauen!" Der Minister kniff die Augenlider zu schmalen Schlitzen zusammen. "Wie besprochen unterliegt alles strengster Geheimhaltung!"

Gloger verabschiedete sich. F.A. war doch ein ausgemachter Narr. Defensiv-Kampfmittel - lächerlich! Welche Chancen für Deutschland wären hier fast verschenkt worden. Aber Gloger wusste schon, was zu tun war. Er würde die Weichen schon richtig stellen.

06.09.1972 - 09:00 – Mellinger Forst bei Friedberg

Zügig, aber nicht zu schnell, bog der dunkelgrüne Range Rover von der Hauptstrasse ab. Der Fahrer kannte die Abzweigung genau und so kamen noch nicht einmal die beiden Gewehre, die in ihren Futteralen auf dem Rücksitz lagen, ins Rutschen. Nur der Irish Setter im Laderaum spreizte seine Pfoten seitwärts ab, um die Fliehkraft aufzufangen.

Auf einem befestigten Feldweg ging es noch etwa einen Kilometer in das Gelände hinein. Eigentlich war es ja unnötig, hier einen Allradwagen zu benutzen, aber dieser Gedanke kam dem Fahrer nicht. Von klein auf war er daran gewöhnt, standesgemäß zu denken und zu leben. Und standesgemäß wäre es gewiss nicht, etwa im Jaguar zur Jagd zu fahren - vielleicht sogar noch mit Chauffeur.

Davon abgesehen, konnte der Fahrer heute keine Zeugen gebrauchen.

"Unnötige Risiken vermeiden", hatte sein Vater ihm zeitlebens eingeschärft. Eigentlich war es für ihn schon ein Risiko, sich privat mit Gloger zu treffen. Aber immerhin hatte der Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Dr. Dr. Albert Gloger, um diese Unterredung gebeten.

Im großen Gang zog der gewaltige V8-Motor den schweren Wagen den letzten Hügel hoch. Der Fahrer lächelte amüsiert, als er den roten BMW-Touring am Waldrand stehen sah. Also war auch Gloger ein vorsichtiger Mann und hütete sich, heute seinen Dienstmercedes zu benutzen.

Kaum hörbar glitt der schwere Wagen über den leicht feuchten Untergrund. Gloger, der im Auto gewartet hatte, bemerkte ihn erst im letzten Moment. Langsam stieg er aus und blieb neben seinem Fahrzeug stehen. Der Rover rollte heran und stoppte.

"Guten Morgen Herr Gloger!", rief der Fahrer durch das herunter gleitende Fenster.

"Guten Morgen", gab Gloger säuerlich zurück. - Elektrische Fensterheber, was für ein Angeber! Und dann diese Anrede ohne Titel! Normalerweise war er es ja gewöhnt, mit mehr Respekt angeredet zu werden. Da half es wohl nur, gute Miene zum bösen Spiel zu machen: "Freut mich, dass Sie sich freimachen konnten."

"Schön, dass wir uns mal privat unterhalten können!" Der Roverfahrer war inzwischen ausgestiegen. "Haben Sie gut hergefunden? Was halten Sie von unserem Treffpunkt?"

Gloger reichte dem anderen die Hand. "War kein Problem, Herr Menzel. Das ist also Ihr Jagdrevier?"

"Nicht exakt", gab Menzel zurück. "Mein eigentliches Revier liegt einige Kilometer weiter westlich. Ein Freund von mir war vor einiger Zeit in Geldverlegenheit. Nun - ich konnte ihm helfen; und so überlässt er mir die Ausübung der Jagd auf seiner Pacht."

"So, so", brummte Gloger. Es war wohl doch keine so gute Idee gewesen, den eleganten Trenchcoat anzuziehen. Neben diesem Vollblutjäger in seinem maßgeschneiderten Lodenanzug kam er sich im Moment reichlich deplaciert vor.

"Wie wär's, wollen wir einen kleinen Spaziergang machen?", forderte Menzel ihn auf. "Ich hätte noch eine Futterstelle zu kontrollieren, die im letzten Winter beschädigt wurde. Mein Forstwart sollte sie inzwischen repariert haben."

Zögernd stimmte Gloger zu. Das feuchte Gras würde seine Halbschuhe bestimmt sofort durchnässen. Aber darauf konnte er heute keine Rücksicht nehmen.

"Ich habe Ihnen eine Waffe mitgebracht." Menzel ging zum Wagen und nahm die Gewehre aus den Futteralen. "Sie können doch mit einer Waffe umgehen?"

"Und ob!" lachte Gloger. "Ich habe schließlich gedient und zwar als die Wehrmacht diesen Namen noch verdiente. Na ja, egal - ich konnte jedenfalls bei Kriegsende noch rechtzeitig abhauen. Zurück ins Bergische, wo ich herkomme. War ja sowieso alles im Zusammenbruch damals."

Wortlos reichte ihm Menzel eine der beiden Waffen, einen Drilling modernster Bauart. Ebenso wortlos luden die beiden Männer die Gewehre.

Gloger stellte seine Waffe auf Kugelschuss ein und folgte Menzel, der schon ein Stück vorausgegangen war.

"Der erste Schuss gehört dem Gast." Menzel schritt kräftig aus. Gloger folgte ihm mehr stolpernd als gehend. Aber die

Gelegenheit, womöglich auf etwas Lebendes schießen zu können, trieb ihn voran.

"Weshalb ich Sie angerufen habe", begann er. "Sie wissen ja, dass von meinem Ministerium ein Auftrag vergeben werden soll, um den sich namhafte Firmen beworben haben."

"Hm." Beide wussten, dass auch Menzels Firma in die engere Wahl gekommen war.

"Nun, ich habe eine erfreuliche Mitteilung für Sie! - Sie werden den Auftrag erhalten, falls -", Gloger machte eine bedeutungsvolle Pause." - falls diese Unterredung zu meiner Zufriedenheit ausfällt."

Menzel blieb stehen und drehte sich zu Gloger um. "Dann stecken Sie den Rahmen doch mal ab", forderte er.

"Dann sind wir uns also einig?" Zufrieden lehnte Gloger an der Schutzhütte, zu der sie während ihres längeren Gesprächs gelangt waren. "Kommen Sie also bitte am nächsten Dienstag vormittags ins Ministerium. Ich nehme an, Sie müssen Ihre Herren erst einmal informieren?"

"Reine Formsache, die Firma bin ich, Herr Gloger! Ohne mein Kapital könnten die in Jahresfrist dichtmachen. Seien Sie sicher, die Heerdt AG kann und will auf Ihren Auftrag nicht verzichten."

"Gut, dann bringen Sie mich jetzt bitte zurück zum Wagen. So langsam kriege ich kalte Füße."

Nach ein paar Minuten erreichten die beiden Männer den Waldrand. Schon vorher war helles Hundegebell zu hören, und hinter Glogers BMW stand ein kleiner gelber Kombi. Unweit davon standen eine Frau und ein etwa siebenjähriges Mädchen und spielten Stockwerfen mit einem kleinen weißen Hund. Das Tier war außer sich vor Freude und raste wie verrückt durch das Gras, wobei es ununterbrochen laut kläffte.

"Jetzt schauen Sie sich das an", Menzel deutete mit dem Kopf auf die Gruppe. "Kein Wunder, dass hier kein gutes Stück Wild mehr steht. Dieses Gebell vertreibt alles, was Beine hat. Hier lässt sich doch tagelang kein Reh mehr sehen."

"He, Sie da!" rief er die Frau an. "Nehmen Sie Ihren Hund an die Leine!"

Erschreckt drehten die Frau und das Kind sich um. "Wieso denn?" Die Frau nahm das Kind an die Hand.

"Das hier ist eine Jadpacht! Die Unruhe stört das Wild! Rufen Sie sofort den Hund zu sich! Oder..."

Mit einem Seitenblick bemerkte Menzel, dass Gloger an seiner Waffe hantierte.

"Susi komm her!" rief die Frau. Aber Susi wollte nicht kommen und lief in großem Bogen auf die Jäger zu.

"Susi!" Die Stimme des kleinen Mädchens war voller Angst. Susi lief weiter.

"Die haben das Vieh nicht unter Kontrolle", raunte Gloger Menzel zu. Susi kam noch ein paar Meter näher und drehte dann in Richtung Waldrand ab. In diesem Moment riss Gloger das Gewehr hoch und drückte zweimal ab. Mitten im Sprung wurde das Hündchen von der ersten Ladung erwischt. Die Wucht des Volltreffers schleuderte das total zerfetzte Tier zirka 10 Meter weit auf den Waldrand zu. Der zweite Schuss riss den Kadaver förmlich auseinander.

"So, erledigt." Gloger stand in Siegerpose neben Menzel. "Ich muss schon sagen: eine feine Waffe - wirklich eine feine Waffe haben Sie da." Liebevoll betrachtete er das Gewehr. "Toll! Wirklich toll!"

Menzel war wie erstarrt. Gloger war ja wahnsinnig, direkt mordlüstern. Die Frau und das Mädchen standen noch immer Hand in Hand auf derselben Stelle. Sie schienen noch gar nicht begriffen zu haben, was passiert war.

"Kommen Sie!" Menzel schob Gloger in Richtung der Autos.

"Wirklich eine tolle Waffe", murmelte Gloger verzückt.

"Behalten Sie sie."

"Wirklich?" staunte Gloger. "Danke!" Eilig wollte er das Gewehr in den BMW legen.

"Der Kugellauf ist noch geladen." Menzel nahm ihm die Waffe ab und entlud die Kammer. Die Patrone steckte er in eine Tasche seines Jagdanzugs.

"So, wir sehen uns dann am Dienstag." Gierig nahm Gloger das Gewehr wieder entgegen und verstaute es in seinem Wagen.

"Fahren Sie jetzt ruhig, ich regele das hier." Menzel schaute zu der Frau und dem Kind hinüber.

"Was gibt's denn da zu regeln?" Gloger ließ den Motor an und fuhr ab.

Die Frau hatte inzwischen das Kind zum Wagen gebracht und kam langsam näher. Menzel entlud sein Gewehr und legte es auf die Rückbank des Rover. Der Setter hatte die beiden Schüsse gehört und sprang aufgeregt auf der Ladefläche hin und her.

"Warum haben Sie das gemacht?" Die Frau stand direkt hinter Menzel. "Susi - war doch ganz harmlos."

"Tut mir Leid - ich selbst hätte nie geschossen."

"Warum hat Ihr Freund das gemacht?"

"Mein Jagdgast beruft sich auf geltendes Recht. Der Hund stand nicht vollständig unter Ihrer Kontrolle."

"Warum bloß?" Die Frau hatte gar nicht zugehört. Über ihren Kopf hinweg sah Menzel das Kind auf dem Rücksitz des Kombiwagens. Die Kleine hatte ihr Gesicht in den Händen verborgen und saß ganz still da. Nur ab und zu schüttelte ein Schluchzen den kleinen Körper.

"Es tut mir wirklich Leid! Kann ich die Sache irgendwie wieder gutmachen?"

"Ja durchaus." Die Frau stemmte die Hände in die Hüften. Der Schock ließ offenbar nach. "Nehmen Sie doch einfach Ihre Scheiß-Flinte und knallen Sie sich den Schädel weg!" Abrupt drehte sie sich um und ging zu ihrem Wagen.

"Warten Sie!" Menzel ging ein paar Schritte hinterher. "Kennen Sie das Reisebüro Zeiler in Frankfurt?"

"Ja!" Die Frau blieb stehen.

"Ich werde dort einen Flug nach Spanien für Sie buchen lassen. Wie viele Tickets brauchen Sie?"

"Ich will nichts von Ihnen. Lassen Sie mich in Ruhe!"

"Verlangen Sie Herrn Zeiler persönlich. Er weiß dann Bescheid."

"Unseren Hund kann uns nichts ersetzen!"

Wütend knallte die Frau die Autotür zu. Beim zweiten Versuch sprang der kleine Wagen an und mit viel zu viel Gas schlingerte er auf dem schmalen Feldweg davon.

Nachdenklich stieg auch Menzel in seinen Wagen. Für heute war ihm die Jagd verleidet. Kurz schaute er noch mal zu dem zerfetzten Kadaver hinüber. Die paar Gramm Fleisch einzugraben lohnte sich nicht. Die Füchse würden den Rest erledigen.

Ein paar Tage später kam die Nachricht, dass die Frau vier Tickets für je zwei Wochen Mallorca abgeholt hatte. Menzel zeichnete mit einem leichten Kopfschütteln die Rechnung ab.

06.09.1972 - Heerdt AG Vorstand - Aktennotiz

Vertraulich! Nur für internen Gebrauch!

Betr.: Staatsauftrag zur Entwicklung von Substanzen, die chemisch-biologische Kampfstoffe neutralisieren.

Bezug: Heutige Unterredung mit Staatssekretär Dr. Dr. G.

Das Verteidigungsministerium der Bundesrepublik Deutschland erteilt uns den oben erwähnten Forschungsauftrag, der mit jährlich 65 Mio DM dotiert ist, unter folgenden Bedingungen:

1. Eine von G. benannte Kontaktperson ist im Forschungsstab einzusetzen.

2. Abweichend vom Vertragstext hat sich die Forschung nicht nur auf die Unschädlichmachung bereits bekannter Kampfstoffe zu beschränken. Vielmehr sind auch zukünftige Entwicklungen zu berücksichtigen.

3. Besonderer Wert wird hier auf die Auslotung der Möglichkeiten der Gentechnologie in Bezug auf Krankheitserreger gelegt.

4. Sämtliche Ergebnisse, die Veränderungen der Erbmasse von Erregern und deren Bekämpfung angehen, sind absolut vertraulich zu behandeln und ausschließlich an G. weiterzuleiten.

5. Unser Labor in Kenia ist auszubauen und unterliegt mit Datum der Betriebsaufnahme nicht mehr der Kontrolle des Aufsichtsrates. Unser dortiger Sicherheitsdienst wird durch eine von G. befehligte Anzahl von Leuten verstärkt.

6. Aus Gründen der Geheimhaltung soll der Personalstamm Forschung/Verwaltung in Kenia nicht mehr als 25 überprüfte und zuverlässige Personen umfassen.

7. Besonderer Wert wird auf praxisbezogene Tests an Lebewesen (Primaten) gelegt. Erwartet werden repräsentative Ergebnisse, die Rückschlüsse auf die Wirkung der einzelnen Verfahren im humanmedizinischen Bereich zulassen und/oder bestätigen.

8. Die Verwaltung der eingehenden Gelder obliegt nach wie vor der Firmenleitung. Es wird jedoch erwartet, dass mindestens 80 Prozent dem Projekt unmittelbar zugeführt werden.

Meine Zusage zur Durchführung dieses Projekts habe ich bereits gegeben.

Dr. Philip Menzel

Vorsitzender des Aufsichtsrats

14.11.1972 - 08:00 - Kutambati, Kenia

Die Weite der um diese Jahreszeit grünen Savanne wurde von mächtigen Baobabs und Schirmakazien beherrscht. Vereinzelt sah man Impalas mit ihren imposant gebogenen Hörnern in kleinen Gruppen auf der Futtersuche. Die Luft war nach dem nächtlichen Regen noch etwas feucht, die rote Sandpiste jedoch begann in der Sonne schon wieder zu trocknen. Bald würde sie den Elefanten wieder dazu dienen, sich in einem ausgiebigen Sandbad mit rotem Staub zu bedecken.

Der kleine Ort Kutambati in der Nähe des Nationalparks bestand aus einfachen Holzhütten und einigen Häusern aus roh gemauertem Stein.

"Heerdt-Stiftung" stand in ausgeblichenen Lettern über dem hölzernen Tor am Ortsausgang. Auf dem großen Hof hinter dem Bretterzaun saßen, standen und lagen dutzende von Einheimischen und warteten auf das Erscheinen der Ärzte.

Hier in Kutambati fand man in hundert Kilometer Umkreis die einzige funktionierende Klinik, die dazu noch kostenlos arbeitete. So war es kein Wunder, dass sich an jedem Morgen ganze Völkerscharen dorthin auf den Weg machten.

Zu dieser frühen Stunde war es eigentlich noch recht kühl. Die schwüle Wärme der Nacht war von der Frische des Morgens abgelöst worden. Sogar die Moskitos gaben für kurze Zeit Ruhe. Dennoch waren die drei Wasserhähne auf dem Gelände dicht belagert. Wasserholer aus der Nachbarschaft, die jeden Morgen hier ihre Gefäße füllten, stritten sich lautstark mit den Patienten und deren Begleitern. Jeder drängelte jeden beiseite, um zuerst ein paar Liter Wasser zu erhalten. Schließlich hatten die meisten hier zum ersten Mal Gelegenheit, so bequem an frisches, kühles Wasser zu gelangen.

Die Weißen waren schon wunderlich. Überall sonst musste das Wasser mühsam aus Flüssen oder Bächen geholt oder teuer bezahlt werden. Hier dagegen gab es hunderte von Litern völlig umsonst. Immer mehr Menschen strömten auf den Hof, und das Gedränge hatte seinen Höhepunkt erreicht, als das Hauptportal der kleinen Klinik geöffnet wurde.

Schlagartig änderte sich das Bild. Jeder raffte seine Habe zusammen. Kranke wurden aufgehoben und gestützt, und alles drängte sich in den großen Warteraum in der Vorhalle.

Zwei Kenianer, Bedienstete der Stiftung, wiesen ihren Landsleuten Plätze auf dem Fußboden zu. Gleichzeitig wurden Zettel mit Nummern verteilt, die die Reihenfolge der Behandlung bestimmen sollten.

Das Durcheinander war unbeschreiblich: Kalebassen mit Proviant und saurer Milch wurden abgestellt. Decken und Matten wurden ausgebreitet. Familien, die von weit her gereist kamen, hatten ihre Kochgeschirre mitgebracht, und jeder der Anwesenden tauschte mindestens dreimal seinen Platz, um möglichst viele Freunde und Verwandte in seiner Nähe zu haben. Schwangeren Frauen wurden dabei immer die besten Plätze zugewiesen, das hatte Doktor Wallmann so angeordnet und daran hielt man sich auch.

Zwei Frauen aus dem Dorf hatten, wie jeden Morgen, am Eingang der Halle ein kleines Restaurant eröffnet. Ein aufgeschnittenes Blechfass voll glühender Holzkohle diente als Herd; und nach wenigen Minuten waren die ersten Patatas in der großen, flachen Blechschüssel gargekocht. Auf einem zweiten Herd wurden Mangoschnitzel und Hühnchenteile als Beilage in Öl gebacken.

Ab und zu kamen noch Nachzügler. Aber obwohl der große Raum schon überfüllt war, fand sich für alle noch ein Plätzchen am Boden.

"Breakfast, Bwana!" Laut klopfte es gegen die Tür. Verwirrt schlug Fischer die Augen auf. An die Anrede "Bwana" hatte er sich noch nicht gewöhnen können. Bis vor kurzer Zeit hatte er für die Zweigstelle der Heerdt-Stiftung in Indien gearbeitet. Dort hatte man ihn natürlich mit "Sahib" angeredet.

"Bwana Doktor Fischer! Breakfast!", kam es wieder dumpf durch die Tür.

"Ja, ja, schon gut!" Fischer richtete sich auf und schlug das Moskitonetz zurück. Auf der Bettkante sitzend zündete er sich eine Zigarette an. Nach ein paar Zügen war ihm schon besser. Nur die halbvolle Whiskyflasche auf dem Nachttisch ekelte ihn an. Er hatte nun mal kein Talent zum Säufer. Ein Schluck zu viel - und ein Riesenkater war ihm sicher. - Und gestern Abend waren es mindestens drei Schlucke zu viel gewesen - wenn nicht sogar vier.

Unsicher stand er auf und ging ins Bad. Schwankend stand er vor der Toilette, wobei er das Becken ein paar Mal gründlich verfehlte. Ohne sich darum zu kümmern, drehte er sich weg. Der Hausboy würde nachher schon wieder alles in Ordnung bringen. Die Dusche blieb heute unbenutzt. Fischer fühlte sich einfach zu schwach auf den Beinen. Seine Morgenwäsche beschränkte sich auf ein flüchtiges Fingerabspülen.

Priscilla oder Clarissa, oder wie sie auch immer hieß, lag noch schlafend auf dem Bauch, als er zurückkehrte. Die Decke war hoch gerutscht, entblößte die braunen Schenkel und die strammen, nackten Pobacken. Augenblicklich spürte Fischer die Reaktion in seinem Körper. Die Übelkeit ließ nach, und das Verlangen nach diesem schlanken, dunklen Mädchenkörper überkam ihn so heftig, dass er selbst staunte. Vorsichtig setzte er sich auf die Bettkante. Sanft legte er seine Hand zwischen die Schenkel des Mädchens und begann mit kleinen massierenden Handbewegungen.

Ein Kichern unter der Bettdecke verriet ihm, dass die Kleine sich nur schlafend gestellt hatte. Dann war die reizvolle Pose, in der er sie vorgefunden hatte, vielleicht kein Zufall gewesen. Das ließ sich herausfinden: Rasch kletterte er in das Bett und kniete sich zwischen ihre Beine.

"Come on." Mit beiden Händen erfasste er ihr Becken und hob sie in eine kniende Stellung.

"Oh Martin, I love you!" stöhnte die Kleine, als er in sie eindrang.

"What's your name?" Fischer presste sie noch enger an sich.

"Crissie."

"I love you, Crissie!" sagte Fischer und kam sofort.

"Wie viele sind es denn heute?" Fischer war zu spät zum Frühstück erschienen. Wolters und Wallmann, die beiden anderen Ärzte der Klinik, waren fast schon fertig.

"Bis jetzt schon über achtzig." Wolters nahm sich noch Kaffee. "Wird mal wieder ein harter Tag."

Fischer langte kräftig zu. Gebratener Reis, gebackene Kochbanane und alles, was der Koch sonst noch für europäische Küche hielt, stand reichlich auf dem Tisch. Als Krönung gab es heute allerdings ein Päckchen Original-Schweden-Knäcke mit Sardellenpaste aus Wolters privaten Beständen.

"Bedien dich!" ermunterte er Fischer, was dieser auch dankbar tat.

"Denkt bitte daran", ermahnte Wallmann, der Chefarzt, seine beiden Mitarbeiter. "In zehn Tagen wird die Schmerzmittel-Versuchsreihe III abgeschlossen. Von den geforderten Berichten liegt erst knapp die Hälfte vor. Haltet euch also ran!"

"Wir wissen doch schon jetzt, dass das Zeug nichts taugt. Dieser Versuchsmist, den die Zentrale uns geschickt hat, ist dermaßen unverträglich, dass mir die Leute schon fast hier auf dem Hof umkippten." Wolters schüttelte den Kopf. "Bei 30 Prozent waren die Schädigungen des Magen-Darm-Traktes so schwer, dass wir das wir sie sofort aus dem Programm rausnehmen mussten." Der Chirurg war aufgestanden und ging zur Tür.

"Richtig, Felix", rief Wallmann ihm nach. "Trotzdem besteht die Zentrale auf den Auswertungen!"

"Ich weiß", entgegnete Wolters. "Wir hören mal rum, wer von den Versuchskaninchen noch in der Nähe ist. Wir kriegen das schon hin. Notfalls ..."

"...werden die letzten Berichte einfach aus Wahrheit und Dichtung zusammengemixt." fiel Fischer ein. In Indien hatte er vor ganz ähnlichen Problemen gestanden. In diese verdammten Landkrankenhäuser kamen die Einheimischen nur, wenn es Ihnen nicht zu gut oder zu schlecht ging. Besserte sich ein Leiden, blieben die meisten Patienten einfach weg. Ging es Ihnen wirklich schlecht, verkrochen sie sich in ihre Hütten zum Sterben. Man konnte Versuchsreihen mit tausend Personen starten und bekam unter Umständen doch nur zweihundert Langzeitbeobachtungen zustande. Von einer repräsentativen Untersuchung konnte man da überhaupt nicht mehr reden - aber das hatte die Zentrale noch nie gestört.

"Wahrheit und Lüge? Na, na, was soll denn das?" wies Wallmann Fischer zurecht. "Halten wir es doch bitte wie üblich. Alle wissen Bescheid - und keiner spricht darüber." Auch er erhob sich. "In diesem Sinne: - frohes Schaffen liebe Kollegen!"

Fischer spülte das letzte Stück Knäcke mit echtem Kenia-Kaffee runter und folgte den beiden.

Die drei Ordinationsräume lagen dem Haupteingang gegenüber und teilten den ganzen Block in zwei Hälften. Die vordere Abteilung enthielt den großen Warteraum und die sanitären Anlagen für die Besucher. Hinter den Sprechzimmern lagen die Privaträume der drei Ärzte sowie die Küche und der Gemeinschaftsraum. Koch und Hausboy lebten mit dem anderen Personal zusammen im Nebengebäude, wo es auch 15 Betten zur stationären Behandlung von Patienten gab.

Fischer ging in sein Sprechzimmer und schloss die Vordertür auf. Kurz darauf wurde von einem der Helfer der erste Patient hereingebracht.

"Jambo,Bwana!"

"Jambo!" Fischer nickte dem alten Mann freundlich zu. "Verstehst du englisch?"

Der Alte blickte verständnislos.

Fischer seufzte. "Erzähl mir, was er will", befahl er dem Helfer. "War er schon mal hier?"

Der Helfer sprach ein paar schnelle Worte in Suaheli. Bedächtig wiegte der Alte den Kopf und schaute misstrauisch zu Fischer hinüber. Die Antwort war für afrikanische Verhältnisse sehr kurz. Schon nach ungefähr acht Sätzen durfte der Dolmetscher übersetzen.

"Nein, er war noch nicht hier. Aber er will jetzt den Doktor sehen."

"Sag ihm, dass ich der Doktor bin."

"Sorry, Bwana Doktor Fischer, er wird mir nicht glauben, weil er es nicht sehen kann."

"Wieso?" Fischer blickte an sich herunter. "Oh Scheiße!" murmelte er auf Deutsch. Er hatte vergessen, sich seinen Kittel anzuziehen. Langsam stand er auf und ging zu dem schmalen Wandschrank, in dem er seine Dienstkleidung verwahrte. Er nahm sich einen frischen Kittel vom Bügel und zog ihn über, ohne die Knöpfe zu schließen. Als Krönung nahm er dann sein Etui mit den elf Kugelschreibern aus der Brusttasche des alten Kittels und steckte es gut sichtbar ein.

Ehrfurcht zeichnete sich auf dem Gesicht seines Patienten ab. Dieser Mann war bestimmt ein großer Doktor! Selbst der Polizist in seinem Heimatdorf besaß nur drei Kugelschreiber - und der Bürgermeister sogar nur zwei!

Fischer kam sich, wie immer im ersten Moment, recht lächerlich vor. Die Metall- und Plastikclips zierten seine Brust, als sei er ein russischer General in Paradeuniform, aber die Wirkung blieb nicht aus. Der Alte taute zusehends auf und begann, in schnellen Worten zu erzählen. Der Helfer übersetzte:

"Er ist drei Tage lang gegangen, um hierher zu kommen. Er freut sich, Sie hier anzutreffen und wünscht Ihnen ein langes Leben. Er fragt, wie es Ihnen geht und ob auch ihre Familie wohlauf ist. Es war ein langer Weg hierher - und die Sonne war sehr heiß. - Aber seine Brüder..."

"Moment! Frag ihn, was ihm weh tut."

Die beiden Schwarzen unterhielten sich nun angeregt.

"Well", meinte der Dolmetscher schließlich. "Er ist auf eine Palme geklettert, um Früchte zu holen. Da ist er abgerutscht und auf den Boden gefallen. Dabei ist er mit dem Knöchel auf einen Stein geschlagen. Das tat sehr weh. Seitdem kann er nicht mehr richtig laufen - und jetzt ist er hierher gekommen, um sich heilen zu lassen."

Fischer ließ sich den Fuß zeigen. Schon der erste Blick zeigte ihm, dass er hier nichts mehr ausrichten konnte. Fast der ganze Fuß war bei dem Sturz zerschmettert worden, und die Brüche waren samt und sonders schief zusammengewachsen.

"Wieso kommt er erst jetzt? Und wieso klettert er in seinem Alter noch auf Palmen herum?" fragte er den Dolmetscher.

Der gab die Fragen an den Alten weiter, der wieder zu einer längeren Rede ansetzte. Als er damit fertig war, erfuhr Fischer den wahren Sachverhalt: Der Alte hatte gar nicht sofort kommen können. - Als der Unfall passierte, war er noch ein Kind gewesen.

Fischer seufzte. Da erwartete dieser arme Alte doch wirklich, dass der weiße Wunderdoktor einen mindestens 50 Jahre alten, schlecht verheilten Knochenbruch repariert. Aber die Weißen waren ja selbst schuld, wenn sie überfordert wurden. Jahrzehnte-, ja jahrhundertelang hatten sie sich als Alleskönner und Wundertäter aufgespielt. Und so was war nun die Quittung dafür.

"Hier, das ist gute Medizin!" Aus der Schreibtischschublade hatte er ein Röhrchen mit Zuckerpillen geholt und reichte es dem Alten. "Jede Woche eine Pille - und den Fuß schonen!" ließ er übersetzen. "Aber er soll nicht zu viel erwarten, die Sache braucht Zeit."

Erfreut nahm der Alte die Medizin entgegen und humpelte Danksagungen murmelnd hinaus.

"Glück gehabt, alter Junge. Für einen Feldversuch mit neuen Präparaten bist du einfach zu alt", stellte Fischer bei sich fest und ließ den nächsten Patienten hereinholen.

Zwei Geschwüre, zwei Durchfälle, drei Bilharziosen und einige andere Krankheiten später: Fischer fühlte sich total ausgelaugt. Er war kein Arzt aus Leidenschaft. Die Routine der Behandlungen, die Krankheitsgeschichten, die ewig gleichen Begrüßungsformeln machten ihn krank.

Aus Prestigegründen hatten seine Eltern darauf bestanden, dass er Medizin studierte. Eigentlich hätte er viel lieber eine künstlerische Laufbahn eingeschlagen. Aber um des Familienfriedens willen hatte er schließlich eingewilligt.

Schon bald hatte er allerdings festgestellt, dass er dem Arztberuf wirklich nicht viele positive Seiten abgewinnen konnte. Seine Schwierigkeiten mit den hierarchischen Strukturen des Ärztestandes hatten ihm schon in den ersten Semestern Unmengen von Ärger eingetragen. Dass er trotzdem seine Scheine zusammenbekam und auch ganz gut abschnitt, grenzte an ein Wunder. Immerhin ließ er keine Gelegenheit ungenutzt, sich unter der Professorenschaft Feinde zu machen.

Mitten in diesem Dilemma kam ihm seine Idee, den Fachbereich "Tropenmedizin" zu wählen, wie eine Erlösung vor. Der 22jährige Medizinstudent Martin Fischer träumte davon, eines Tages in einem hübschen kleinen Krankenhaus, in einem interessanten Land - mit netten farbigen Kollegen - nette farbige Patienten zu behandeln.

Heute, 37jährig - nach sechsjährigem, fast ununterbrochenem Einsatz in verschiedenen Ländern - wusste er, dass Entwicklungsarbeit immer bedeutete, bis über beide Ellbogen im Dreck zu wühlen. Aber das war noch nicht das Schlimmste.

Viel mehr als Hitze, Staub und Langeweile machte es ihm zu schaffen, dass er ständig gezwungen wurde, seine Patienten zu Versuchszwecken zu missbrauchen. Fast alle europäischen Pharmakonzerne unterhielten im Rahmen der Entwicklungshilfe Versuchsstationen in der Dritten Welt. Hier wurden die Medikamente getestet, die in Europa nicht an Menschen erprobt werden durften.

Wie entsetzt war er gewesen, als er bei seinem ersten Einsatz in Westafrika feststellte, dass täglich dutzende von vollständig gesunden Bergarbeitern durch die Sprechzimmer geschleust wurden, an die er neu entwickelte Beta-Blocker zu verteilen hatte. Da Beta-Blocker auch Depressionen auslösen können, hatte man dem Präparat eine gute Dosis Stimmungsaufheller beigemengt. Jeder Mann musste Urin- und Stuhlproben abgeben, Blut wurde abgenommen und Reaktionstests wurden durchgeführt. Anschließend musste jeder Arbeiter seine Pille für die Nacht unter Aufsicht einnehmen und durfte dann nach Hause gehen. Die Ehefrauen maulten zwar etwas, weil ihre Kerle nachts zu absolut nichts mehr zu gebrauchen waren, aber das war nicht weiter schlimm. Viel bedenklicher stimmte es, dass die Jungs auch am nächsten Morgen noch völlig high gewesen waren. Fröhlich lächelnd hatten sie bei der Arbeit sich selbst oder anderen - ganz aus Versehen - ein paar Finger oder sonstige Körperteile abgehackt. Eilig war nach Deutschland telegrafiert worden, und man hatte den Versuch sofort abgebrochen. Das neu entwickelte Präparat, das drei Wochen später angeliefert wurde, wirkte schon erheblich milder; musste aber noch zweimal verbessert werden, bevor es in Deutschland in den Handel kam.

Unzählige andere Tests folgten: Appetitzügler, Cortisoncremes, Kreislaufmittel, Rheumasalben und vieles andere wurde in stetem Wechsel auf Wirkung und Verträglichkeit getestet. Die Menschen, an denen diese Versuche vorgenommen wurden, hatten sich alle freiwillig gemeldet. Andererseits hätte die Yekepa Mining Company jeden gnadenlos gefeuert, der sich nicht zur Verfügung gestellt hätte. Schließlich erhielt sie von dem Pharmakonzern ein hohes Kopfgeld für jede Versuchsperson.

Brauner, Fischers damaliger Vorgesetzter, hatte in einem abendlichen, privaten Gespräch dann auch noch die letzten Illusionen zerstört, die Fischer bis dahin noch hätte haben können. Fischer, frisch aus Deutschland importiert, hatte schwere Skrupel wegen des menschenverachtenden Vorgehens seiner Firma. Beiläufig hatte er durchblicken lassen, dass er beabsichtige, einen Bericht auszuarbeiten und die Presse über die skandalösen Zustände zu informieren.

Brauner hatte ihm das allerdings ganz schnell ausgeredet. Er hatte Fischer vor Augen geführt, was passieren würde, wenn diese Klinik geschlossen werden müßte. Die einheimische Bevölkerung würde dann zwar nicht mehr als Versuchsmaterial missbraucht, aber sie würde auch sonst ohne jede medizinische Versorgung sein.

Fischer hatte das einsehen müssen, aber es hatte ihm absolut nicht gefallen. Er war zu keiner Antwort fähig gewesen. Er hatte sich knapp verabschiedet und war in sein Zimmer gegangen In dieser Nacht hatte der junge Doktor Fischer zum letzten Mal in seinem Leben geweint. Es waren Tränen der Hilflosigkeit, der Enttäuschung und der Wut gewesen.

14.11.1972 - 13:00 - Kutambati, Kenia

"Frang-fu! Frang-fu!" Der Postboy versuchte die deutsche Aussprache nachzuahmen, die er von Wallmann gehört hatte. Ohne Rücksicht auf seine Mittagspause kam er, begleitet von einer Horde Kinder, laut rufend in einer riesigen roten Staubwolke über den glühend heißen Hof gerannt. Das Telegramm in der hocherhobenen rechten Hand, raste er direkt auf das offene Fenster des Gemeinschaftszimmers zu, in dem die Ärzte gerade beim Essen saßen.

"Jambo Bwana Doktor Wallmann!" grüsste er außer Atem. "Telegramm from Frang-fu!"

"Jambo Christoph, thanks a lot!" Wallmann stand auf und nahm dem Jungen das Papier ab. Umständlich kramte er in der Hosentasche und reichte ihm einen Shilling. Staunend verfolgte die Kindermeute, wie Christoph seinen Lohn in sein Taschentuch knotete und am Gürtel befestigte.

"Na, was wollen die Frankfurter schon wieder?" Wolters war ungeduldig.

Wallmann überflog das Telegramm. "Seidel kommt."

"Oh nein!" Wolters stöhnte auf. "Ausgerechnet dieser Kotzbrocken."

"Nun beruhige dich mal, Felix. Diesmal brauchst du ihn wohl nicht zu sehen. Ich treffe mich mit ihm im "River Thames" in Mombasa."

"Wann denn?"

"Schon heute Abend. Das Scheiß-Telegramm war mal wieder drei Tage lang unterwegs. Ich versuche Pavarone zu erreichen." Wallmann steuerte das Funkgerät an.

"He Gerd, warte doch mal!" fiel Fischer ein. "Du fliegst heute noch nach Mombasa?"

"Ja!"

"Wann kommst du zurück?"

"Wahrscheinlich morgen früh!"

"Nimmst du mich mit?"

"Na hör mal!"

"Komm Gerd, sei kein Frosch. Nimm mich mit! Felix schafft das hier schon alleine bis morgen. Stimmt's Felix?"

"Wenn ich nur diesen Seidel nicht sehen muss, ist mir alles recht."

"OK Martin, aber wenn ich länger bleiben muss, fliegst du morgen früh alleine zurück.

"Yes, Sir!" Fischer strahlte Wallmann an. "Na denn - wann geht's los?"

Wallmann hatte inzwischen die richtige Frequenz eingestellt. "Heerdt-Klinik ruft Pavarone! Heerdt-Klinik ruft Pavarone! Komm Junge, melde dich!"

Wallmann ließ die Sprechtaste los und wartete einige Sekunden. Alle hörten gespannt auf das Knacken des Lautsprechers.

"Hallo, hier ist Franco! Heerdt-Klinik, was ist los?"

"Tag Franco, hier ist Gerd. Du hör mal, hast du einen Lift für uns? Zwei Personen nach Mombasa und morgen früh zurück. Wann kannst du hier sein?"

"Na, zwei Stunden werde ich schon brauchen. Ich muss erst noch Staub wischen."

"In Ordnung! Wir sind kurz nach drei an der Piste."

"Ja, aber probiert diesmal rechtzeitig, ob euer Wagen anspringt. Ich habe keine Lust, wieder stundenlang zu warten. Ende!"

"Ende!"

Um halb drei fuhr Wolters die beiden Kollegen zum Landeplatz, der zirka sieben Meilen außerhalb des Dorfes lag. Der Pilot hatte recht gehabt. Der VW-Kübel hatte zu lange gestanden und musste tatsächlich wieder angeschoben werden. Jetzt lief er einwandfrei, und kurz vor drei stand der Wagen mit laufendem Motor neben der Piste.

"Ich möchte doch mal gerne wissen, was dich so gewaltig nach Mombasa zieht." Wolters hatte sich zu Fischer herumgedreht.

"Das kann ich dir erklären: Vor vielen Jahren träumte ich davon, einmal eine Klinik an der Küste zu leiten. Und was habe ich bis heute bekommen? Zweitklassige Stellungen in der Steppe, in der Wüste, im Dschungel und im Sumpf. Ich finde einfach, dass ich es meinem Traum von damals schuldig bin, wenigstens ab und zu ein bisschen Seeluft zu schnuppern."

Wallmann, der auf dem Beifahrersitz mitgehört hatte, lachte kurz auf.

"Tja", stellte Wolters fest, "In jedem Arzt steckt ein Romantiker - oder steckte zumindest", setzte er bitter hinzu und wandte sich ab.

Wenige Minuten später trudelte auch Franco Pavarone mit seiner einmotorigen Cessna ein.

"Viel Spaß und viel Glück", rief Wolters zum Abschied, als Fischer und Wallmann in die Maschine eingestiegen waren, "und bringt mir bloß den Seidel nicht mit!" Er hob grüßend die Hand.

Pavarone schob den Gashebel nach vorne, und die Cessna begann zu rollen.

"Was gibt's Neues in Wajir?" Wallmann hatte sich vorgebeugt und brüllte dem Piloten die Frage ins Ohr. Seit einer Stunde war die Cessna nun schon in Richtung Mombasa unterwegs.

"Oh, bei uns tut sich allerhand." Mühelos übertönte die gewaltige Stimme Pavarones den Motorenlärm. "Unser Flugplatz ist jetzt auch nachtlandetauglich. Die Provinzregierung hat den Ankauf von zwölf Petroleumlampen zur Landebefeuerung beschlossen." Pavarone lachte Tränen über den eigenen Witz, den er seit Wochen jedem Passagier erzählte.

"Ich habe gehört, dass es bei euch ein neues Bordell gibt. Erzähl doch mal!" brüllte Wallmann erneut.

Die Cessna flog nur circa 300 Fuß hoch. Bei jedem Wechsel der Landschaftsformation wurde das kleine Flugzeug von heftigen Turbulenzen geschüttelt. Pavarone hatte alle Hände voll zu tun. "Ist schon wieder zu", berichtete er. "Hat massiven Ärger mit der Polizei gegeben. Wir sind nämlich ein moralisches Land, wisst ihr. - Jedenfalls wenn die Schmiergelder nicht pünktlich fließen."

Wallmann nickte und lehnte sich zurück. Mit geschlossenen Augen träumte er von verpassten Gelegenheiten.

12.09.1972 - 09:12 – Frankfurt, Heerdt AG, Hauptverwaltung

Direktor Camberg, seit sieben Jahren Abteilungsleiter der Auslandsniederlassungen der Heerdt AG, war hoch beglückt. Menzel, der große Philip Menzel, hatte ihm heute Morgen sein Vertrauen ausgesprochen und ihm Vollmachten erteilt, von denen er gestern noch nicht zu träumen gewagt hätte.

Als er um 8:30 Uhr in sein Büro gekommen war, hatte seine Sekretärin ihn mit der Nachricht empfangen, dass Dr. Menzel ihn sofort zu sehen wünsche. Mit einem ganz üblen Gefühl in der Magengegend war Camberg in den zwölften Stock hinaufgefahren, wo Menzels Büro lag.

Das letzte Mal, als er seinen Chef gesehen hatte, hatte dieser ihn eiskalt abgefertigt. Vor dem versammelten Aufsichtsrat hatte Camberg Bericht über Zustand und Erfolge seiner Abteilung erstatten müssen.

Menzel hatte ihn dabei mit gezielten Fragen dermaßen in die Enge getrieben, dass Camberg seine übliche Verschleierungs- und Beschönigungstaktik hatte aufgeben müssen. Gnadenlos hatte Menzel selbst kleinste Fehler und Vergehen aufgedeckt. Am Schluss der Sitzung standen die Auslandsniederlassungen da, als seien sie ein absolut uneffektives, schlecht geführtes Anhängsel der Heerdt AG. Camberg war einem Herzanfall recht nahe gewesen. Seit dieser Sitzung vor vierzehn Tagen erwartete er eigentlich täglich seine Beurlaubung.



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