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Erfahrene Anleger wissen: Krisen werden immer wieder kommen, sind kaum vorhersehbar, bieten allerdings auch immer eine Chance für mutige Investoren. So sind Aktien beispielsweise nur in Krisenzeiten wirklich günstig einzukaufen. Wer sich von Untergangsszenarien nicht einschüchtern lässt, der ist in der Lage, von der Krise zu profitieren. Seit der aktuellen Finanz-, Immobilien- und Wirtschaftskrise ist das Vertrauen in die Beraterqualitäten von Banken erheblich erschüttert. Dieses Buch spricht interessierte und neugierige Privatanleger an und versetzt diese in die Lage, ihr Finanzmanagement selbst in die Hand zu nehmen.
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Seitenzahl: 310
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3. komplett überarbeitete und aktualisierte Auflage 2017
© 2017 by FinanzBuch Verlag
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Redaktion: Marion Reuter
Korrektorat: Leonie Zimmermann
Umschlaggestaltung: Laura Osswald, München
Umschlagabbildung: Feng Yu/Shutterstock.com
Satz: inpunkt[w]o, Haiger
ISBN Print: 978-3-95972-047-2
ISBN E-Book (PDF): 978-3-96092-074-8
ISBN E-Book (EPUB, Mobi): 978-3-96092-075-5
Vorwort zur 3. Auflage
Vorwort zur 1. Auflage
1 Grundsätzliches
Warum Sie sich mit der Börse beschäftigen sollten
Welche Ziele sind Ihnen wichtig?
Welcher Anlegertyp sind Sie?
Einstellungssache!
Welche Regionen?
Welche Branchen?
Zeithorizont
Altersvorsorge
Steuern
Steuermodelle
Verschuldung
2 Informationen und Informanten
Die Informationsflut
Bankberater
Börsenprognosen
Analysten
Bücher
Börsensprüche
3 Börsenstrategien
Diversifizierung
Anfängerfehler
Nicht Kurse, sondern Firmen im Fokus
Stop-Loss
Absicherungen
Börsencrash
Börsenpsychologie
Börsenzyklen
Japanische Verhältnisse
Fait accompli
Turnaround-Situationen
Generelle Struktur eines Portfolios
Große oder kleine Firmen kaufen?
Moderne Portfoliotheorie
Anlagestrategie
Kennziffern
Wertpapierkredite
Eine Auswahl empfehlenswerter Firmen und Branchen 140
Allgemeine Überlegungen zur Depotstruktur
4 Anlageformen
Aktienfonds
Indexfonds
Aktienanleihen – Derivate – Carry Trades
Immobilien
Lebensversicherungen
Aufteilung Aktien und Anleihen
Ökoinvestments
Neuemissionen
Gold – oder was?
Sparpläne
Dividenden
Währungen – ein Schwarzer Schwan
Rendite und Risiko
Aktien für die Ewigkeit?
Betrüger
Schlusswort
Über den Autor
Seit dem Erscheinen der letzten Auflage haben sich die Finanzmärkte wesentlich verändert. Man darf zwar niemals sagen »… diesmal ist alles anders …«, tatsächlich hatten wir auch früher schon Hochzinsphasen und Niedrigzinsphasen. Dennoch müssen wir festhalten, dass die kontinuierliche Absenkung der Zinsen die Märkte dadurch wesentlich geprägt hat, dass die Kurse von Altanleihen deutlich steigen mussten. Gleichzeitig sollten, dadurch wesentlich verursacht, die Aktienkurse erheblich steigen – was auch der Fall ist. Die Kurse und Bewertungen von Firmen sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen – logische Folge der Niedrigzinspolitik. Erstaunlich ist die Tatsache, dass derzeit, im Frühjahr des Jahres 2017, keine nennenswerte Euphorie an den Aktienmärkten erkennbar ist, ein großer Teil der Anleger ist nicht investiert, selbst sogenannte Institutionelle halten erhebliche Bestände an Cash.
Für den Privatanleger besteht derzeit keine komfortable Situation: Soll er den Kassandrarufen eines Marc Faber glauben, der Crash und Absturz prophezeit, oder soll er sich an den Aussagen eines Ken Fisher orientieren, der das Markgeschehen deutlich optimistischer einschätzt? Wie eigentlich immer, muss der geneigte Privatanleger selbst und ganz allein und für sich entscheiden, wie er seine Anlagepolitik gestaltet.
Dabei haben wir als Privatanleger im Vergleich zu Fondsmanagern und Vermögensverwaltern unschätzbare Vorteile: Wir können deutlich langfristiger anlegen und müssen nicht auf kurzfristige Performance schielen. Wir können uns gute Unternehmen aussuchen und diese in aller Ruhe akkumulieren.
Eine der Aufgaben dieses Büchleins soll darin bestehen, den Privatanleger zu bestärken und ihn etwas souveräner zu machen gegenüber Einflüsterungen von verschiedenen Seiten.
Georg Eckert im Januar 2017
Warum noch ein Börsenbuch schreiben? Es gibt doch schon so viele!
Mir ist keines bekannt, das sich mit den speziellen Fragen und der besonderen Situation eines Privatanlegers auseinandersetzt und von einem Privatanleger geschrieben ist. Einsteigerbücher für Börsenneulinge und Ähnliches will ich Ihnen gar nicht zumuten. Als Privatanleger sind Sie für manche eine willkommene Beute, weil man Ihnen nicht allzu viel Fachwissen zutraut. Ähnlich wie sich Menschen in einer gotischen Kathedrale klein und unbedeutend vorkommen, wird der Privatanleger mit einem Anlageuniversum konfrontiert, auf dass er sich in die Hände von Experten flüchte. Was aber, wenn sich herausstellt, dass auch die Experten den Stein der Weisen oder die Quelle des Reichtums bislang nicht gefunden haben?
Auch Experten haben die Immobilien-, Finanz- und Wirtschaftskrise nicht deutlich genug kommen sehen – abgesehen von den Dauerpessimisten, die so oft recht haben wie eine stehen gebliebene Uhr, die auch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigt.
Es sollte einmal klargestellt und deutlich gemacht werden, dass »der Privatanleger« am besten selbst seine Interessen vertritt – wobei er allerdings gut beraten ist, wenn er einige Grundkenntnisse und Überlegungen verinnerlicht hat.
Der Terminkalender von jungen Leuten ist regelmäßig noch dichter gefüllt als der von älteren Menschen. Dem Älteren wird zugebilligt, dass er sich Zeit zum Nachdenken nehmen darf. Als junger Mann oder junge Frau im Beruf muss eine Aufbauphase bewältigt werden, daneben ist die Familie wichtig. Viele Dinge müssen gleichzeitig erledigt werden. Trotzdem oder gerade deswegen ist das auch die wichtigste Zeit für den Vermögensaufbau. Es wäre katastrophal, wenn Sie sich die Effekte von Zins und Zinseszins nicht zunutze machen würden. Fehler sind im Anlagebereich nicht zu vermeiden. Aber gerade für Junganleger gilt in besonderem Maße, dass die Zeit viele Fehler heilt.
Im Laufe Ihres Lebens werden Sie vielen Beratern und selbst ernannten Experten begegnen, die Sie alle reich machen wollen. Wären sie selbst erfolgreich, müssten sie möglicherweise ihre Dienste nicht so lautstark anbieten. Unter diesen Fachleuten mag es welche geben, die auf ihrem Gebiet kompetent sind, aber eben ganz vorwiegend auf ihrem Gebiet. Und Ihre Situation ist wahrscheinlich eine ganz andere. Sie benötigen eine auf Sie zugeschnittene Lösung. Ich würde gern zu Ihrer Kompetenz beitragen, damit Sie Ihre Anlageentscheidungen höchstpersönlich treffen können.
Warum nehme ich mir überhaupt die Freiheit heraus, ein Buch zum Thema Geldanlage zuschreiben? Tatsächlich gibt es im Anlageuniversum Experten, die diesen Sektor wesentlich besser verstehen: Ein Experte ist ein Mensch, der von sehr wenig sehr viel weiß. Ihr Problem ist allerdings gegenteiliger Natur: Unter einer Unzahl von Angeboten müssen Sie bestimmte auswählen, und wenn Fragen übrig bleiben, dann sollten Sie dem besten Experten die richtigen Fragen stellen können. Sie sollten sich fachkundig beraten lassen, aber Sie müssen das Thema vorgeben und Sie allein treffen die letzten Entscheidungen!
Die Legitimation der meisten, die etwas zum Thema Geldanlage schreiben, besteht darin, dass sie eine berufliche Affinität mitbringen. Die Situation eines privaten Anlegers ist eine andere. Mir ist wenig bekannt, was aus der Perspektive des privaten Anlegers geschrieben ist, vieles ist dagegen für ihn geschrieben. Über diese spezielle Sichtweise des Privatanlegers und wie Sie hier sehr erfolgreich agieren können, darüber will ich als Privatanleger etwas (wenig genug) schreiben.
Ich möchte Sie auf den nachfolgenden Seiten davon überzeugen, dass Sie mit erstaunlich wenig Aufwand sehr viel erreichen können. Wollen Sie aber deutlich mehr, müssen Sie für mehr Rendite deutlich mehr Engagement und Arbeit einbringen.
Wenn Sie sich mehr als 40 Jahre mit der Börse beschäftigen, wissen Sie immer noch nicht, wo Sie morgen steht. Aber Sie wissen, wie sich einige typische Fehler vermeiden lassen. Von mir selbst muss ich sagen, dass ich in jungen Jahren nur wenige Fehler ausgelassen habe. Das Alter mag Nachteile mit sich bringen, aber das Talent des klugen Investierens wird mit den Jahren und zunehmendem Alter besser. Es gibt die sprichwörtlichen »alten Füchse«, denen man nicht mehr allzu viel vormachen kann – denken wir nur an Investorenlegenden wie Warren Buffett, Charles Munger, George Soros, John Templeton, Peter Lynch, Ken Fisher und vor allem an André Kostolany, der es geschafft hat, Börsenmaterie spannend und vergnüglich aufzubereiten.
Fehler sind nicht schlimm, wir können von ihnen erheblich profitieren, wenn wir bereit sind, aus ihnen zu lernen. Eine meiner wichtigsten Erkenntnisse der vergangenen Jahrzehnte besteht darin, dass sich der Privatanleger im Vergleich zu »Professionellen« keineswegs im Nachteil befindet. Ganz im Gegenteil vertrete ich leidenschaftlich die Ansicht, dass der Privatanleger immer dann sehr gut fährt, wenn er sich innerhalb seiner Grenzen bewegt. Bei entsprechender Strategie kann er die Profis sogar schlagen! So besteht ein gewaltiger Vorteil für den Privatanleger darin, dass er viel unabhängiger entscheiden kann, dass er Durststrecken aussitzen darf und im Gegensatz zu den Profis viel langfristiger denken darf.
Diese Grenzen auszuloten verstehe ich als Aufgabe für dieses kleine Buch. Es hat seinen Sinn schon dann erfüllt, wenn nur einige Fehler vermieden werden können. Fehler kommen unweigerlich vor. Ärgerlich und unnötig ist es aber, wenn die gleichen Fehler immer wieder begangen werden, anstatt aus ihnen zu lernen.
Ich bedanke mich bei meinen Söhnen C. und T. Durch die jahrelangen Diskussionen mit ihnen und aus ihren kritischen Fragen habe ich möglicherweise mehr gelernt, als ich ihnen geben konnte, ebenso bei meiner Frau, die mir den zeitlichen Aufwand für dieses kleine Buch nachgesehen hat.
Bei Markus, einem Freund meiner Söhne, bedanke ich mich für ein kleines Vermögen: Bei einem Winterspaziergang vor einiger Zeit sprachen wir ausführlich über Öltitel. Als seinerzeit der Ölpreis tief und sämtliche Lager voll waren und die Welt in Öl ertrank, gewannen wir die Auffassung, dass all diese Gesichtspunkte »eingepreist« waren, und tätigten ein Engagement in der sicheren Überzeugung, dass auch dieses Szenario sich ändern wurde, was auch ein Jahr später der Fall war.
Zum heutigen Zeitpunkt, also Ende 2010, haben wir nach einem Ölpreisboom, bei dem der Preis für ein Barrel über 150 Dollar anstieg, aufgrund der Wirtschaftskrise erneut einen günstigen Ölpreis. Bei anziehender Konjunktur wird sich dies ändern. Ken Fisher, einer der weltgrößten Vermögensverwalter, sprach sinngemäß davon, dass wir für einen hohen Ölpreis beten sollten, weil das Ausdruck einer gesunden und rund laufenden Wirtschaft sei. Dagegen kann bei tiefen Preisen eine antizyklische Investition überlegt werden. Die Angst vor hohen Ölpreisen ist unbegründet, weil bei hohen Preisen Ersatztechnologien geschaffen werden, die sich günstig auf die Wirtschaft auswirken könnten. Das Mantra »Hoher Ölpreis knebelt die Wirtschaft« ist in dieser Form nicht zutreffend.
Eine taoistische Weisheit (Bai Juyi, 772–846) möchte ich den nachfolgenden Ausführungen voranstellen:
»›Die da reden, wissen von nichts. Die da wissen, bewahren das Schweigen.‹ Es heißt, dass diesen Ausspruch Lao Tze einst getan. Sollen wir glauben, dass Lao Tze selber ein Wissender war, wie kommt es dann, dass er ein Werk von fünftausend Worten verfasste?«
Dieses Zitat fällt mir spontan ein, wenn ich einen Berg an Börsenliteratur sichte und immer wieder betrübt feststellen muss, dass erstaunlich wenig Regeln »zum Anfassen« und zur unmittelbaren Umsetzung erkennbar sind. Entsprechend dieser Weisheit werde ich alles daransetzen, mich auf »Wesentliches« zu beschränken, viel Theorie anderen überlassen und für das »Hier und Jetzt« Überlegungen anstellen, die sich bei Bedarf unmittelbar umsetzen lassen. Da Sie nicht daran vorbeikommen, viele Überlegungen konkret umzusetzen, werde ich möglichst viele Beispiele aus der Praxis anführen. Immer dann, wenn meine Söhne »Handlungsbedarf und Anlagebedarf« anmeldeten, konnte ich nicht mit »verschwurbelten« Theorien antworten, sondern musste konkrete Hinweise und Empfehlungen aussprechen. Diese Empfehlungen kamen dann immer wieder auf den Prüfstand!
Tatsächlich enthalten viele dicke Bücher reichlich Informationsmüll und viele Nebensächlichkeiten. Anstatt ein dickes Buch zu lesen, ist es wesentlich klüger, Wissen bei Bedarf abzurufen und über manche Dinge etwas mehr nachzudenken. Wir haben zurzeit das Problem, dass sich eine Datenflut über uns ergießt – im Gegensatz zu früheren Zeiten stehen wir heute der Notwendigkeit einer kritischen Selektion gegenüber.
Meine Aufgabe sehe ich darin, den Privatanleger mit begrenzten zeitlichen Möglichkeiten und ohne spezielle berufliche Vorbildung in die Lage zu versetzen, eine gute Performance zu erbringen, wobei seriöse Berater nicht diskreditiert werden sollen. Es ist aber immer abzuklären, welche Interessenlage diese vertreten.
Als Privatanleger sind wir eine überschaubare und homogene Gruppe, ich erlaube mir daher eine persönliche Anrede – auch deswegen, weil wir uns alle in einer sehr vergleichbaren Situation befinden. Es gibt erstaunlich wenig Mitmenschen, mit denen wir vertrauensvoll über eine solide, anständige Geldanlage reden können, wenn sich diese Situation stellt. Bei vielen Mitmenschen wollen wir keinen Neid erzeugen. Bankberater dagegen sind – sehr freundlich gesprochen – oft parteiisch und empfehlen ihre Hausprodukte, für die sie meist Provision erhalten. Angesprochen werden sollen daher vor allem Privatanleger, deren Zeit knapp ist und die trotzdem ihre Vermögensgeschäfte, besonders im Aktienbereich, nicht aus der Hand geben wollen – eine sicher gewinnbringende Entscheidung.
Wer immer den Aktienmarkt als unsichere Angelegenheit ansieht, muss sich der Tatsache bewusst sein, dass andere Anlageklassen und auch die staatlichen Sicherungssysteme eher noch wackliger sind. Eine gesunde und erfolgreiche Vorsorge muss in sehr jungen Jahren beginnen, am besten schon in der Schulzeit, damit Ihr wichtigster Verbündeter, die Zeit, für Sie ausreichend lange arbeiten kann! Wenn Sie sich möglichst frühzeitig mit der Börse befassen, werden Sie sehr schnell merken, dass Geschehnisse auf der ganzen Welt plötzlich eine enorme Bedeutung bekommen und in Ihre Überlegungen miteinbezogen werden müssen: Wenn zum Beispiel die USA und Russland einen Freundschaftspakt schließen, können Sie daraus ableiten, dass die Rüstungsausgaben zurückgehen und der Konsum ansteigen wird. Daher werden Firmen in diesem Bereich vermehrt Ihre Aufmerksamkeit gewinnen ...
Es sei noch einmal betont: Das, was als unsicher betrachtet wird, nämlich die Aktienmärkte, könnte sich langfristig als besseres Investment herausstellen als viele andere. Es gibt kaum einen Sektor, der derart kritisch beäugt wird wie eben die Aktienmärkte. In alternativen Anlagen wie Immobilien und anderen können viel problemloser »weiche Kosten« unauffällig versenkt werden, die letztlich die Rendite kaputt machen. Wenn Sie diesen Punkt näher beleuchtet haben wollen, dann schauen Sie mal in das Buch von Stefan Loipfinger mit dem schönen Titel Lizenz zum Bauernfang. Hier können Sie einiges erfahren über die üblen Methoden, die bei geschlossenen, aber auch bei offenen Immobilienfonds häufig praktiziert werden.
Vom Dauerpessimisten Roland Leuschel wird bereits heute eine Hyperinflation als denkbares Szenario an die Wand gemalt. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Hyperinflation erscheint mir nicht zwingend, aber deutlich mehr Inflation als in der Gegenwart, in der noch manche von Deflation oder Stagflation sprechen, ist ziemlich wahrscheinlich. In Inflationszeiten gibt es als Exit-Strategien eigentlich nur Aktien, Immobilien oder Gold. Wir werden darauf zu sprechen kommen.
Für politische Dogmatiker: Es gibt kaum etwas Demokratischeres als die Börse – als Armer kann man reich werden und vice versa kann der Reiche durch unglückliches Anlageverhalten sein Vermögen verlieren.
Bedenklich ist es in meinen Augen, wenn Politiker sich damit brüsten, dass sie »keinerlei« Aktien besitzen. Spätestens jetzt erscheint Gefahr im Verzug, an ihrem wirtschaftlichen Verstand und Sachwissen muss gezweifelt werden. Zu befürchten ist dann, dass solche Politik in »Umverteilung« endet. Tatsächlich kann man aber nur verteilen und umverteilen, wenn vorher etwas erwirtschaftet wurde. Primär muss die Wirtschaftsleistung stimmen und es müssen günstige Bedingungen geschaffen werden für die Wirtschaft, von der wir alle leben wollen. Von Umverteilern und notorischen Bedenkenträgern kann kein Staat leben – und erst recht kein solcher, bei dem das Anspruchsdenken von vielen astronomisch geworden ist im Vergleich zum Rest der Welt.
Manche sehen ein Lebensziel darin, ohne Arbeit reich zu werden. Tatsächlich ist es keine große Kunst, mit viel Arbeit reich zu werden. Die Kunst besteht allerdings darin, das Gleiche mit wenig Arbeit zu schaffen. Das jedoch wird nur wenigen gelingen. September 2010 Georg Eckert
Warum Sie sich mit der Börse beschäftigensollten
»Was wir immer wieder tun, wird immer leichter, aber nicht weil die Aufgabe leichter geworden wäre, sondern weil wir sie besser bewältigen.«Ralph Waldo Emerson
Obige Aussage gilt voll und ganz für die Beschäftigung mit der Börse. Deshalb sind ältere Investoren, die »schon alles erlebt« haben, regelmäßig gute Investoren. Schon deshalb, um Erfahrungen zu sammeln, müssen Sie früh anfangen – je früher, desto besser!
Die richtige Weichenstellung ist in vielen Bereichen wesentlich wichtiger als eine endlose Feilscherei um letzte Details. Im Schwäbischen gibt es den schönen Begriff »Dipfelesscheißer«, der noch um den letzten Cent gnadenlos diskutiert, gleichzeitig aber grundlegende Entscheidungen falsch angeht.
Zu den grundlegenden Entscheidungen gehört die Überlegung, wie Sie Ihr Vermögen strukturieren wollen. Sie sind wahrscheinlich interessiert an regelmäßigen soliden Einkünften, an einem guten und möglichst steuerfreien Wertzuwachs und an ausreichender und gut verfügbarer Liquidität. Lebensversicherungen, festverzinsliche Anlagen und Immobilien sind kaum verzichtbare Accessoires mit relativer Sicherheit und geringer Schwankungsbreite (Volatilität), aber Wohlstand werden Sie mit diesen Komponenten nur schwer erzielen.
Deshalb möchte ich Ihr Interesse besonders für den Aktienmarkt wecken und mit Ihnen über einige Prinzipien sprechen, damit Ihr Lehrgeld an diesem gefährlichen Ort etwas geringer ausfällt.
Ich schreibe dieses Buch, weil es sinnvoll ist, sich möglichst frühzeitig mit Vermögensbildung und Vermögensaufbau zu befassen. Es ist ein dummes Ammenmärchen, dass es einen Dreh gibt, mit dem man über Nacht reich wird – zumindest ist es eine seltene Ausnahme. Sie können nicht damit rechnen, durch Lottospielen reich zu werden, obwohl dies manchen gelingt.
Von Kostolany, Philosoph, Lebenskünstler und gewiefter Aktienexperte – in dieser Reihenfolge –, von dem ich sehr viel halte, stammt das Zitat:
»Wenn du kein Geld hast, musst du spekulieren, wenn du wenig Geld hast, kannst du spekulieren, wenn du sehr viel Geld hast, solltest du spekulieren.«
Ein Vermögensaufbau ist eine langwierige Angelegenheit, aber er wird leichter, wenn Sie sich Zins- und Zinseszinseffekt zunutze machen. Ein frühzeitiger Beginn Ihres Vermögensaufbaus neutralisiert einige Fehler, die Sie unweigerlich machen werden.
Vielleicht ist es klug, sich ganz am Anfang unserer Überlegungen einen Punkt schon mal jetzt klarzumachen: Der Preis einer Aktie richtet sich ausschließlich nach Angebot und Nachfrage. Das und nichts anderes – auch wenn Unmengen von Literatur zu diesem Thema erschienen sind. Diesen Umstand sollten Sie in jeder Rezession bedenken. Das erklärt unter anderem die Tatsache, dass Aktienpreise paradoxerweise oft in der Rezession steigen, weil die Leute dann mehr sparen, weil Börsengänge von Firmen ausfallen und so weiter.
Dabei ist von diesen zwei Komponenten das Angebot noch einigermaßen stabil. Dieses kann geringfügig schwanken: Wenn die Börseneuphorie groß ist, wird die Anzahl der Börsengänge von Firmen und Neuemissionen größer, das Geld der Anleger wird »vom Markt gesaugt«. Stärker variiert jedoch die Nachfrage nach Aktien in Abhängigkeit von Angst und Gier. Nach vielen Semestern Studium der Volkswirtschaft oder der Betriebswirtschaft könnte man geneigt sein, diese elementare Erkenntnis zu vernachlässigen. Aber nur dadurch wird erklärlich, dass an Aktienmärkten munter weiter gekauft wird, auch wenn die Preise für Aktien nicht mehr billig sind.
Anfang 2017 erscheinen Aktien keineswegs mehr billig. Wenn Aktien trotzdem eifrig gekauft werden und in vielen Fällen auch eine gute Investition darstellen, dann ist ein wesentlicher Grund darin zu suchen, dass es zu dieser Zeit offensichtlich keine attraktiven Alternativen mehr gibt: Festgelder mit Minizinsen, die zudem noch besteuert werden, sind schlicht vermögensvernichtend. Immer mehr Leute stellen fest, dass die zu erwartende Rendite ihren Vorstellungen nicht gerecht wird, und suchen höher rentierliche Anlagen.
Immobilien werden als Alternative uninteressanter, weil bei dem Demografieprofil der entwickelten Länder und hier in Deutschland allenfalls durch Zuwanderung die Nachfrage ansteigen könnte. Allerdings stellt sich die Frage, ob es sich dabei um eine zahlungswillige und zahlungsfähige Klientel handelt. Allein der Erhaltungs- und Modernisierungsaufwand wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge haben, dass dieser Sektor keine überdurchschnittlichen Gewinne abwerfen wird. Natürlich können ausgebuffte Profis auch hier Gewinne zaubern, es wird aber mühsamer sein als früher und auch mühsamer im Vergleich zu anderen Sektoren. Für Sie als Privatanleger kommt erschwerend dazu, dass bei Immobilien immer mit viel Geld und womöglich auch mit Finanzierungen gearbeitet werden muss.
Finanzierungen und Verschuldung wollen wir aber nach Möglichkeit vermeiden. Mit Finanzierungen können wir Gewinne hebeln, aber auch Verluste – Sie können richtig reich werden, aber auch völlig pleitegehen. Finanzierung und Verschuldung bedeuten immer stark erhöhtes Risiko. Wir erkennen das bei Privatpersonen, wenn wir an Adolf Merckle denken, aber auch an Staaten wie Dubai, wo jetzt die Erkenntnis dämmert, dass die Skyscraper doch nicht in den Himmel wachsen und die oft gerühmte künstlich aufgeschüttete Palmeninsel eben doch auf Sand gebaut ist. Die Staatsverschuldung der USA ist ebenfalls Dauerthema der Crash-Propheten – hier blicken wir in eine Büchse der Pandora.
Adolf Merckle, Chef von Ratiopharm Ulm, befand sich auf der Forbes-Liste der reichsten Männer dieser Welt. Sein Imperium war jedoch erheblich kreditfinanziert. Als im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise seine Sicherheiten weniger wert wurden, war er nicht mehr in der Lage, seine Verbindlichkeiten zu bedienen. Sein trauriges Ende ist bekannt.
Selbst ein George Soros, derzeit sicher einer der besten Investmentstrategen, der im Devisengeschäft und mit seiner Wette gegen das englische Pfund nicht Millionen, sondern mehr als eine Milliarde Gewinn eingefahren hat, verlor bei einem ähnlichen Geschäft Jahre später einige Hundert Millionen Euro, die ihm dann wohl nicht mehr wehtaten. Wir Normalbürger haben keine vergleichbaren Reserven.
Wenn Sie auf Finanzierungen grundsätzlich verzichten, werden Sie wahrscheinlich keine märchenhaften Reichtümer schaffen, Sie werden aber selbst dann überleben, wenn Ihr Depot mal um die Hälfte schrumpft. Als Aktionär müssen Sie mit der Tatsache leben lernen, dass Sie meistens eine ordentliche Rendite einfahren werden, die im sehr langfristigen Zeitraum zwischen 5 Prozent und 10 Prozent pro Jahr liegt. Der Preis für die höhere Rendite gegenüber allen anderen Anlageklassen – Gold, Immobilien, Anleihen – besteht aber darin, dass Sie mehr Volatilität ertragen müssen, der »Buchwert« Ihres Vermögens wird jeden Tag erheblich schwanken. In Schwaben würde man sagen: »Sie haben es nicht auf dem Briefle«, was Ihr Aktiendepot in einem Jahr wert sein wird.
Fehler sind unvermeidlich, sie sind aber dann nicht schlimm, wenn Sie aus ihnen hinreichend viel lernen.
Sie sind selbst der beste Verwalter Ihrer Interessen. Die Gefahr ist groß, dass andere Sie instrumentalisieren und Ihre Unerfahrenheit ausnutzen. Ihre Unerfahrenheit wird die Ursache von Fehleinschätzungen sein, trotzdem werden Sie vom eigenen Management profitieren, wenn Sie in der Lage sind, Ihre Interessen selbst präzise zu definieren.
Die gedankliche Auseinandersetzung mit der Börse ist eine intellektuelle Herausforderung, die Ihren Geist in jedem Alter sehr wach hält.
Die intellektuelle Herausforderung können Sie auf anderen Gebieten zwar auch haben, aber für Ihre finanzielle Gesundheit sollten Sie ohnehin selber sorgen. Also warum nicht selbst auf diesem Gebiet tätig werden, wenn der Aufwand vertretbar ist?
Natürlich gibt es neben der Börse andere gute Investments. Sie müssen jedoch wissen, ob es »Ihr Ding« ist, sich mit Immobilienbesitz rumzuschlagen, bei dem die Maxime gilt »Keine Rendite und keine Rechte ...«, ob es Ihnen liegt, als Ersatzhausmeister Reparaturen durchzuführen oder auch nur zu veranlassen und sich immer wieder Beschwerden der Mieter anzuhören und zu schlichten. Nicht mein Fall.
Auch Steuermodelle können schon mal – sehr selten – funktionieren. Aber Sie sind in noch höherem Maß von anderen und ihrer Seriosität abhängig.
Daher wird beim Vermögensaufbau das Engagement an der Börse eine dominierende Rolle spielen müssen. Andere Bereiche wie Lebensversicherungen, Rentenpapiere, ein – geringer – Immobilienteil müssen berücksichtigt werden, werden aber eher untergeordneter Natur sein.
Machen Sie sich trotzdem keine Illusionen über die zu erwartende Rendite: Wenn ein Superinvestor wie Warren Buffett eine durchschnittliche Performance von 20 Prozent im Jahr schafft, werden Sie ihn kaum toppen können. Wenn Ihnen jemand eine höhere Rendite verspricht, glauben Sie ihm nicht. Sie sind schon sehr gut, wenn Sie irgendwo zwischen 8 Prozent bis 10 Prozent netto pro Jahr schaffen.
Über kaum ein Thema ist so viel geschrieben und gesprochen worden wie über das Thema Geld und Vermögensanlage. Spezialbereiche wie Derivate, Anleihen, Fonds und immer mehr ETFs (Exchange Traded Funds), die in vielen Facetten und in ihrer Komplexität ausführlich beschrieben wurden, sind für die meisten nicht mehr durchschaubar. Experten für Details müssen oft ein Defizit ihres makroökonomischen Gesamtbildes akzeptieren. Trotz der Komplexität der Materie gibt es in meinen Augen einige wenige Prinzipien, die sich wie ein roter Faden durch dieses Labyrinth ziehen und die Sie nach Möglichkeit nicht verletzen sollten. Dieses Pflichtprogramm muss Ihnen als Privatanleger unbedingt geläufig sein und nichts hindert Sie bei entsprechendem Engagement, eine Kür obendrauf zu setzen.
Meinen Beruf (Augenarzt) habe ich gewählt, weil ich »dünne Lehrbücher« geschätzt habe und die Hoffnung hatte, dass man »kleine« Fächer intellektuell besser durchdringen könne und kompakte Bücher eher »auf den Punkt« kommen beziehungsweise einem Thema besser gerecht werden. Ich war der – irrigen – Meinung, dass man ein »kleineres« Fach immerhin annähernd verstehen könnte. Nicht bedacht habe ich die Tatsache, die jedem Interessierten geläufig ist, dass immer weitere Türen aufgehen, wenn man durch eine Tür hindurchgegangen ist.
Freiberufler wie Ärzte sollten bei der Vermögensanlage besonders vorsichtig und risikoscheu sein. Im Laufe eines strapaziösen Studiums und eines meist ebenso strapaziösen Berufs haben sie oft gelernt, mit kalkulierbaren Problemen erfolgreich umzugehen, also Probleme zu lösen. Der ärztliche Beruf darf auch als Handwerk verstanden werden: Wenn man eine bestimmte Technik gelernt hat, kann man sie erfolgreich auf vergleichbare Situationen anwenden.
Übermäßige Selbstüberschätzung und Euphorie ist an der Börse brandgefährlich. Der Beruf wird Sie aller Wahrscheinlichkeit nach sehr in Anspruch nehmen, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten eher zu groß sein und die verfügbare Zeit zu knapp. Aus diesem Grund muss die Anlagepolitik von stark beschäftigten Freiberuflern noch konservativer sein, wenn sie von ihnen selbst erledigt wird, oder sie muss auf einen langjährig erfolgreichen und vor allen Dingen seriösen Partner übertragen werden.
Börse unterscheidet sich in hohem Maße von einem Handwerk. Es treffen eher gegenteilige Prinzipien zu: Wenn eine Anlagestrategie, die vormals erfolgreich war, von immer mehr Anlegern übernommen wird, dann wird sie eben nicht mehr funktionieren! Dagegen gilt beim Handwerk, dass eine einmal erlernte Technik immer wieder funktioniert. Wenn sich alle Marktteilnehmer vorwiegend nach dem KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) richten, dann werden solche Titel unverhältnismäßig teuer und der Erfolg bei anderen Strategien, die sich am KUV (Kurs-Umsatz-Verhältnis) oder am KBV (Kurs-Buchwert-Verhältnis) orientieren, wird größer. Aus diesem Grund ist die Börse kein Handwerk und genau aus diesem Grund kann man nicht »lehren«, wie man an der Börse erfolgreich agiert. Deshalb sind auch Betriebswirtschaftler oder Volkswirte nicht von vornherein die besseren Anleger. Auch bei ihnen besteht eher die Gefahr, dass sie in euphorische Selbstüberschätzung abgleiten, weil sie einige betriebswirtschaftliche oder volkswirtschaftliche Zusammenhänge besser zu verstehen glauben.
Nichts ist leichter, als Aktien zu verkaufen, die bereits kräftig im Kurs gestiegen sind, und wenige Dinge sind schwieriger, als gefallene Aktien loszuwerden.
Es gilt das umgekehrte Aldi-Prinzip: Zu Aldi geht man, um billig einzukaufen, am Aktienmarkt wird besonders dann gern und häufig gekauft, wenn die Aktien gestiegen sind und alle Marktteilnehmer sich sehr wohlfühlen.
Grundlegende Wahrheiten sind oft einfach und trotzdem so schwer zu befolgen.
Langfristig tendiert die Entwicklung der Börsen nach oben, die Börse ist kein Nullsummenspiel, sondern ein Plussummenspiel. Deshalb muss sich der nicht professionelle Anleger in der Gruppe der Haussiers aufhalten, auf Baisse spielen ist den Profis vorbehalten. Auch die fallen damit oft genug auf die Nase – wie George Soros, der sich, wie schon erwähnt, um einige Hundert Millionen Dollar verrechnete. Insbesondere Hedgefonds brüsten sich damit, in jeder Börsenphase – auch in der Baisse – Gewinne zu erwirtschaften. Sie müssen daran denken, etwa wenn Sie mit Put-Optionen Gewinne machen wollen. Hier müssen Sie nicht ein Mal, sondern gleich zwei Mal mit Ihrer Einschätzung richtigliegen: Sowohl den Zeitrahmen wie auch die Richtung (Call oder Put) müssen Sie richtig prognostizieren.
Auch wenn man an der Börse öfters von einem Roulette spricht, ist das Gegenteil der Fall: Beim Roulette können Sie bei wenigen Einsätzen auch mal gewinnen. Werden aber viele Einsätze beim Roulette getätigt, wird sich die Statistik gnadenlos auswirken. Beim Roulette haben Sie etwa eine Gewinnwahrscheinlichkeit von 47 zu 53. Je mehr Spiele durchgeführt werden, desto sicherer ist ein Verlust. Das ist der Grund dafür, dass im Spielcasino an vielen Tischen gleichzeitig gespielt wird, die Einsätze auf jeden Fall begrenzt sind und möglichst viele Spiele parallel durchgeführt werden. Damit ist für das Casino ein Gewinn garantiert – und eine Erklärung dafür, dass sich staatliche Einrichtungen gerne an solchen beteiligen.
An den Börsen gilt es entsprechend umgekehrt: Die Statistik arbeitet in unserem Sinne, was nicht heißt, dass keine Verluste anfallen. Das muss man unbedingt verstehen. In der Gesamtheit wird der vernünftige Anleger allerdings gewinnen, wenn er angemessen diversifiziert ist.
Langfristig entwickeln sich Aktienkurse annähernd parallel zum Wachstum der Wirtschaft und der Unternehmen, kurzfristig sind Störfeuer nicht nur wahrscheinlich, sondern kommen garantiert.
Gelegentlich werden Sie über ein Phänomen staunen, das immer wieder auftaucht: Wirtschaftsentwicklung und Aktienkurse sind zwar korreliert, aber der Zusammenhang ist nur locker: Interessanterweise werden Sie manchmal gerade während einer Rezession Anstiege der Aktienpreise beobachten, die nur auf den ersten Blick unlogisch sind. Bei näherem Hinsehen kann es gar nicht anders sein: Firmen machen auch während der Rezession Gewinne, die unter Umständen wegen trüber Konjunkturaussichten nicht investiert werden, oder Verbraucher halten sich in schlechten Zeiten mit Ausgaben zurück, weil sie Angst um ihren Arbeitsplatz haben. Das Geld wird gespart, ein Teil davon fließt zwangsläufig in den Aktienmarkt.
Auf diese Weise bieten sich – entsprechende Nervenstärke vorausgesetzt – immer wieder gute Einstiegsmöglichkeiten in den Aktienmarkt. Es ist gut, dass nicht alle Anleger den Markt gleichermaßen einschätzen, sondern unterschiedliche Preise für angemessen halten. Aus diesem Grund entsteht ein Handel und läuft der Markt »rund«. Es finden sich immer genügend Käufer und Verkäufer, es wird regelmäßig zumindest für die großen Gesellschaften ein Kurs gestellt. So gut wie immer können Sie kaufen oder verkaufen – von sehr kleinen Nebenwerten einmal abgesehen.
Vergleichen Sie das einmal mit dem Immobilienmarkt. Haben Sie jemals versucht, eine Immobilie zu einem angemessen erscheinenden Preis zu verkaufen, und es ist Ihnen nicht gelungen? Dann wissen Sie, was ich meine.
Es ist also nur gut, wenn sich im Markt Optimisten und Pessimisten Argumente um die Ohren hauen, und irgendwann hat auch jeder einmal recht. Deswegen müssen wir Kostolany zustimmen, wenn er vom Schmerzensgeld an der Börse spricht: Sie müssen sich gegen die Stimmen der Pessimisten durchsetzen, gegen den allgemeinen Konsens und vor allem auch gegen die Profis.
Nur wenn die allgemeine Stimmung gegen eine Aktie oder den ganzen Markt gerichtet ist, wenn die Welt vor Pessimismus trieft, der nächste Börsencrash und gleichzeitig der Weltuntergang an die Wand gemalt werden, nur dann sind Aktien wirklich billig.
Sie benötigen aber ein sehr gesundes Selbstvertrauen, gerade dann in den Markt zu gehen.
Das halten die meisten nicht aus und versäumen auf diese Weise gute Gewinnmöglichkeiten. Diesem Schreckensszenario und einem solchen Trommelfeuer von schlechten Nachrichten sind die an der Börse direkt Tätigen noch intensiver ausgesetzt und schaffen es oft auch nicht, mental dagegen anzugehen. Deswegen sind Börsenexperten, »Professionelle«, also langfristig nicht unbedingt besser als Sie.
Der LTCM-Hedgefonds, der vor wenigen Jahren das Weltfinanzsystem erschütterte, wurde von den klügsten Köpfen der Welt geführt. Da beim Zusammentreffen der Klügsten sich neben viel Geist auch gern die Hybris einfindet, war dieser Untergang nicht überraschend: Wie bei der Titanic führte Selbstüberschätzung zum katastrophalen Ergebnis. Wahrscheinlich waren tatsächlich allerklügste Köpfe bei diesem LTCM beratend tätig, aber selbst diese können die Börsenentwicklung bestenfalls kurzfristig vorhersehen und sind eben nicht in der Lage, zu prognostizieren, was über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten hinausgeht.
Der unschätzbare Vorteil für Sie als Privatanleger besteht darin, dass Sie nicht dem vernichtenden Urteil von Kollegen unterworfen sind. Sie können Entwicklungen in Ruhe abwarten und aussitzen.
Einer Ihrer größten Vorteile besteht darin, dass Sie sich innerhalb Ihrer Grenzen bewegen können. Sie müssen sich vor niemandem rechtfertigen!
Das bedeutet, dass Sie im Gegensatz zum Fondsmanager nicht nach dem letzten Performance-Kick gieren müssen, um die Kollegen auszustechen. Ganz im Gegenteil können Sie sich in völliger Ruhe und Gelassenheit – stressfrei – vernünftige Titel aussuchen, vorwiegend Blue Chips, und diese dann in einer vernünftigen Zeit zu einem vernünftigen Preis kaufen. Den optimalen Zeitpunkt werden Sie trotzdem nicht erwischen, nach einem alten Börsenslogan schaffen das nur der »liebe Gott und die Lügner«, aber wegen Ihres längeren Zeithorizonts spielt das keine übermäßig große Rolle.
Wollen Sie sich mehr engagieren und an Ihrer Performance feilen, dann können Sie »Hausaufgaben« machen. Dann, und nur dann, sollten Sie kleinere Firmen aussuchen, die weniger im Fokus der Analysten stehen. Sie können sich die Bilanzen der letzten Jahre ansehen, die Gewinnentwicklung verfolgen und sich ein Urteil über die Qualität des Managements bilden. Das ist aber auch schon die Kür für Anleger und geht über das übliche Maß deutlich hinaus. Sie können sich die Prinzipien eines Warren Buffett zu eigen machen, aber dann wird das Anlegen allmählich zu einem Fulltime-Job, den die meisten von uns allerdings gar nicht wollen.
Wenn Sie die Börse nicht als Fulltime-Job verstehen, dann verbieten sich sämtliche Finanzderivate wie Optionen, Puts, Calls, Futures ... Bei solchen Varianten müssen Sie als Anleger auch das Timing beherrschen. Haben Sie die künftige Entwicklung richtig prognostiziert, muss diese auch in der vorgegebenen Zeit eintreffen. Eine Lieblingsweisheit von André Kostolany hieß: »An der Börse kommt immer alles anders und erst später so, wie man – manchmal – denkt ...«
Lassen Sie als Privatanleger die Finger von der Charttechnik und ähnlicher Kaffeesatzleserei! Eine Börsenweisheit besagt, dass noch kein Chartist reich geworden ist. Über das Thema Charttechnik sind viele und dicke Bücher geschrieben worden, der Zeitaufwand ist riesig, die Unsicherheit bezüglich der Ergebnisse ebenso. Die Ergebnisse sind nur dann eindeutig, wenn sie im Nachhinein interpretiert werden! Der Prognosewert der Charttechnik ist ungefähr so einzuschätzen wie manche Wettervorhersagen: »Das Wetter ändert sich oder es bleibt so, wie es ist ...« Im Nachhinein sind die Erklärungen der Chartisten immer exzellent. Nach Meinung von Experten, ich denke zum Beispiel an Burton G. Malkiel, bringt die Chartdeuterei auch keine besseren Ergebnisse als eine schlichte »Buy and Hold«-Strategie. Die Computer machen es auch nicht besser, denken Sie an GIGO (garbage in, garbage out) – der Computer ist nicht schlauer als die Programmierer. Die Charttechnik ähnelt den »Systemen« beim Roulette.
Malkiel stellt völlig zutreffend bereits 1999 in seinem Buch Börsenerfolgist kein Zufall auf Seite 144 fest:
»Die Geschichte der Kursbewegung einer Aktie enthält keine nützlichen Informationen, die einen Investor in die Situation versetzen könnten, ständig besser zu sein als beim Management eines Portfolios mittels einer Kaufen-und-halten-Strategie.«
Da gilt schon eher die alte Weisheit: »Gute Pferde sind gute Pferde und bleiben meist gute Pferde – schlechte sind eben schlecht.« Ähnliches gilt für die meisten technischen Indikatoren von der sogenannten Dow-Theorie bis zum Rocksaum-Indikator. All dieser Firlefanz hält Sie von der einzig wichtigen Sache ab, die Sie wirklich beachten müssen: Kaufen Sie Qualität und nichts anderes als Qualität, und die zu einem vernünftigen Preis. Die erkennbar bestmögliche Qualität ist gerade gut genug. Qualität heißt vor allem zuverlässiges, möglichst konstantes Gewinnwachstum über viele Jahre hinweg, geringer Verschuldungsgrad der Firma, ordentliche regelmäßige Dividendenzahlungen. Weitere Faktoren wie die Marktstellung – die Firma hat ein Quasimonopol wie zum Beispiel McDonald’s in der Systemgastronomie oder Coca-Cola aufgrund seines Markennamens oder Microsoft, weil es einfach umständlich ist, auf die Computer von Apple umzusteigen – dürfen in die Betrachtung einfließen.
Eine bösartige Unterstellung muss ich noch unterjubeln: Banken und Broker verdienen an Provisionen und Umschichtungen. Ein Depot, das wie ein Stein im Keller liegt, ist für alle unattraktiv bis auf den, dem es gehört. Die Techniker werden »geliebt«, weil sie das Geschäft ankurbeln, aber nicht Ihres, sondern ihres. Sie dagegen sollten Ihr Depot mit ganz ruhiger Hand führen.
Trotz allem müssen Sie effektiv vorgehen. Sie benötigen Zeit, um Ihr Vermögen wachsen zu lassen. Eine alte Faustregel sollten Sie sich hinters Ohr schreiben:
Die Zeit, die Sie benötigen, um Ihr Kapital zu verdoppeln, beträgt 70 geteilt durch die Rendite.
Das heißt: Bei einer Rendite von 10 Prozent brauchen Sie sieben Jahre zur Verdoppelung Ihres Einsatzes, bei einer Rendite von 5 Prozent brauchen Sie 12 Jahre. Unter Sparbuchbedingungen schaffen Sie das nie, weil die Inflation den kleinen Zugewinn aufzehrt. Also machen Sie es gleich richtig!
WelcheZiele sind Ihnen wichtig?
»Wer die Kreise der Börse betritt, wird in ewiger Unruhe gehalten und sitzt in einem Gefängnis, dessen Schlüssel im Meer liegen und dessen Riegel sich niemals öffnen.«Don Joseph de la Vega
Diese Aussage ist etwas extrem. Ein stabiles Gemüt ist allerdings von Vorteil und Grundkenntnisse, um dieses »Meer« zu befahren, sind sicher hilfreich.
Deshalb überlegen Sie sehr genau, warum Sie reich werden wollen. Es ist wenig sinnvoll, Euros anzuhäufen bis zu Ihrem bitteren Ende, um dann auf Wolke sieben herumzusitzen und zu beobachten, wie Ihre lachenden Erben Ihr mühsam zusammengegeiztes Erbe verschleudern. Ihr Ziel und Ihren Erfolg müssen Sie für sich persönlich definieren. Geld an sich ist kein Wert, nicht im Geringsten. Und stellen Sie sich vor, Sie rackern sich auf Kosten Ihrer Gesundheit ab, um eines Tages mit einem Herzinfarkt oder Schlaganfall im Krankenhaus zu landen. Wozu das Ganze?
Ein erstrebenswertes Ziel könnte für Sie allerdings zum Beispiel darin bestehen, Unabhängigkeit zu erlangen – von Ihrem Chef oder von äußeren Verhältnissen. Oder Sie könnten ein großes Projekt anpeilen – wie Schliemann, der mit seinem verdienten Vermögen Troja ausgegraben hat, oder wie der Schauspieler Böhm, der Entwicklungsprojekte in der Dritten Welt vorangetrieben hat.
Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, werden Sie hoffentlich wissen, wie Sie es zu einem kleineren oder größeren Vermögen bringen können. Dann dürfen Sie den Faden auch etwas weiter spinnen und sich überlegen, ob Sie mit einem solchen Vermögen das Zeitliche segnen wollen oder ob Sie rechtzeitig für Ihr Alter Vorsorge treffen wollen.
Denken Sie einmal nach: Wollen Sie Kapital ansammeln, um von dessen Erträgen zu leben, oder streben Sie nach einem möglichst hohen Einkommen? Wenn Sie keine eigenen Kinder haben, wird Ihr Ziel kaum darin bestehen, ein größeres Kapital anzuhäufen, sondern darin, ein möglichst hohes Einkommen zu haben.
Machen Sie sich bewusst, dass viele Lottomillionäre arm sterben, weil sie zwar Glück im Spiel hatten, aber ansonsten im Rechnen eher schwach waren. Vielleicht war diesen Spielern nicht klar, dass man bei einer Million Euro Vermögen, angelegt in Anleihen und/oder Aktien, pro Jahr allenfalls ca. 20.000 Euro ausgeben darf, wenn das Kapital erhalten werden soll. Das sind im Monat schlappe 2000 Euro, rund gerechnet und je nach Anlageverhalten.
Welcher Anlegertyp sind Sie?
»Wer nicht fähig ist, sich selber eine Meinung zu bilden und eine Entscheidung zu treffen, darf nicht zur Börse.«André Kostolany
Am eigenen Denken kommen Sie im Anlagebereich nicht vorbei. Selbst wenn Sie hin und wieder eine Fehlentscheidung treffen sollten, werden Sie primär in Ihrem eigenen Interesse handeln und damit gegenüber fremdgesteuerten Entscheidungen einen Vorsprung haben.