Die Quelle der Heilung - Tenzin Wangyal Rinpoche - E-Book

Die Quelle der Heilung E-Book

Tenzin Wangyal Rinpoche

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Beschreibung

Heilung im Innersten.

Tenzin Wangyal Rinpoche vereint in seinem aktuellen Buch auf einfache und pragmatische Weise komplexe buddhistische Praktiken. Ziel dieser Übungen ist es, sich mit der Natur und den fünf Elementen zu verbinden und damit die Seele zu heilen. Erst wenn dies gelingt, wenn das Gefühl der Zerrissenheit und des Nicht-Verbundenseins überwunden wurde, ist ein glückliches und erfülltes Leben möglich. Begleitet werden diese Übungen durch Audio-Meditationen (Download). Laufzeit circa 50 Minuten.

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Seitenzahl: 205

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Buch

Tenzin Wangyal Rinpoche vereint in seinem aktuellen Buch auf einfache und pragmatische Weise komplexe buddhistische Praktiken. Ziel dieser Übungen ist es, sich mit der Natur und den fünf Elementen zu verbinden und damit die Seele zu heilen. Erst wenn dies gelingt, wenn das Gefühl der Zerrissenheit und des Nicht-Verbundenseins überwunden wurde, ist ein glückliches und erfülltes Leben möglich. Begleitet werden diese Übungen durch Audio-Meditationen.

Der Autor

Tenzin Wangyal Rinpoche ist ein Tulku, ein bewusst wiedergeborener Lama. Er wurde 1961 in Tibet geboren und floh mit seinen Eltern nach Indien, wo er später zum Meditationsmeister ausgebildet wurde und den Titel eines Geshe erhielt, den höchsten akademischen Titel in der tibetischen Tradition. 1991 ging er in die USA und gründete dort das Ligmincha-Institut. Er war einer der ersten Lamas, die die Lehren der Bön-Schule im Westen bekannt machten und wurde 1986 vom Dalai Lama zum offiziellen Repräsentanten der Bön-Tradition in der Abgeordnetenversammlung der Exiltibeter ernannt. Er lehrt seit Jahren auch regelmäßig im deutschsprachigen Raum. Seine als Verein organisierte Sangha in Deutschland trägt den Namen Ligmincha Deutschland e.V..

Von Tenzin Wangyal Rinpoche sind bei Goldmann außerdem erhältlich:

Übung der Nacht. Tibetische Meditationen in Schlaf und Traum (21806)

Die heilende Kraft des Buddhismus. Leben im Einklang mit den fünf Elementen (21975)

Tenzin Wangyal Rinpoche

Die Quelle der Heilung

Wie die alte tibetische Praxis der Seelenrückholung Ihr Leben transformieren und heilen kann

Aus dem Englischen

von Claudia Fregiehn

Mit geführter Meditation

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
Die englische Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel »The true Source of Healing« bei Hay House Inc., USA.
© der deutschsprachigen Ausgabe, 2017 Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München © 2015 by Tenzin Wangyal Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München Umschlagmotiv: FinePic®, München Lektorat: Judith Mark, Freiburg Übersetzung der Audio-Meditation: Susanne Kuhlmann-Krieg SSt · Herstellung: cb Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering ISBN 978-3-641-18489-6V002
www. goldmann-verlag.de

Für meinen Lehrer, Yongdzin Tenzin Namdak Rinpoche

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Ihr Leben ganz genau betrachten

Die Seele in der Natur regenerieren

Die Seele durch die innere Zufluchtnahme regenerieren

Die Seele durch Beziehungen regenerieren

Einsamkeit überwinden

Unser inneres Sein nähren

Unseren Körper nähren

Nachwort

Dank

Über den Autor

Vorwort

Ich glaube, dass es keinen besseren Zeitpunkt gibt als jetzt, um die Praktiken der Seelenrückholung vorzustellen – Übungen, die Ihnen auf sehr kraftvolle Weise dabei helfen, sich mit Ihrer natürlichen Umgebung, mit anderen Menschen und mit Ihrer Seele zu verbinden. Wenn sie täglich ausgeführt werden, können diese Praktiken Ihr Leben verändern. Sie helfen Ihnen dabei, Ihre innere Freude wiederzufinden, neuen Schwung in Ihre Beziehungen zu bringen, sich bei der Arbeit eingebundener zu fühlen und produktiver zu werden. Die Praktiken unterstützen Sie auch bei der Heilung von körperlichen Leiden, und sie können auch anderen Menschen Glück und Wohlergehen bringen.

Die Weisheit in diesem Buch ist sehr alt. Sie hat ihren Ursprung im tibetischen Bön-Buddhismus – der indigenen spirituellen Tradition Tibets –, einer der reichsten und ältesten, lückenlos weitergegebenen spirituellen Traditionen der Welt. Die Praktiken und Rituale der Seelenrückholung des Bön sind heute noch genauso lebendig und gültig wie lange Zeit bevor der Buddhismus im 7. Jahrhundert nach Tibet kam. Die meisten Schüler in westlichen Ländern sind so stark in ihre Alltagsverpflichtungen eingebunden, dass sie keine Zeit haben, komplexe Rituale zu lernen. Deshalb lasse ich in diesem Buch die Erläuterungen der traditionellen Rituale und Zeremonien der Seelenrückholung weg und konzentriere mich stattdessen auf die wesentlichsten Bestandteile der Kernlehren.1

Obwohl ich die Praktiken und Anleitungen zum Üben so einfach und verständlich wie möglich vorstelle, bleibe ich den alten Texten treu. Ich habe die Absicht, hier einen klaren Pfad zu soliden Erfahrungen anzubieten. Er richtet Ihre Energie und Ihr Verständnis auf Heilung und Erneuerung aus und hilft Ihnen, negative Gedanken und Emotionen zu klären, die Ihr Glück und Wohlergehen stören. Darüber hinaus unterstützt dieser Pfad Sie dabei, die Begeisterung und Lebendigkeit zurückzugewinnen, die Ihnen im Leben vielleicht verloren gegangen sind. Letztendlich geht es in den hier vorgestellten Lehren darum, sich wieder innig und vollständig mit der eigenen Seele zu verbinden, mit Ihrer wahren Natur, damit Sie ein authentischeres, ausgeglicheneres und erfüllteres Leben führen können.

Ich wurde auf sehr traditionelle Art großgezogen und ausgebildet. Mein Vater war buddhistischer Lama und meine Mutter Bön-Praktizierende. Kurz nach ihrer Flucht aus Tibet, während der chinesischen Kulturrevolution, wurde ich in Indien geboren. Nach dem Tod meines Vaters heiratete meine Mutter einen Bön-Lama. Mit zehn Jahren trat ich in das Menri-Kloster in der Nähe von Dolanji in Indien ein – heute eines der beiden größten Bön-Klöster außerhalb von Tibet. Ich besuchte elf Jahre lang als Mönch die Dialektik-Schule von Menri und absolvierte einen traditionellen, strengen Studiengang, den man mit dem Titel des Geshe abschließt. Zu meinen Studienfächern gehörten buddhistische Erkenntnistheorie, Kosmologie, Sutra, Tantra und Dzogchen. 1986 machte ich meinen Abschluss, und seitdem lebe und lehre ich im Westen. Momentan wohne ich mit meiner Frau und meinem Sohn in Nordkalifornien.

Seit ich denken kann, gehören die Trommeln, Glocken und Muschel-Hörner der traditionellen Bön-Rituale zu meinem Leben – sie waren mir so vertraut wie Kindern heutzutage Videospiele. Mich hat als Kind das Ritual der Seelenrückholung besonders beeindruckt. In Tibet werden Rituale zur Seelenrückholung normalerweise Patienten empfohlen, die sich energetisch erschöpft fühlen, denen aber kein Arzt eine klare Diagnose stellen kann. Meiner Mutter ging es nur selten wirklich gut. Nachdem sie vielerlei Behandlungen erhalten hatte, kam man zu dem Schluss, dass ihre Heilung nur vorankommen würde, wenn man für sie aufwändige Zeremonien und Seelenrückholungs-Rituale praktizierte. Aus traditioneller tibetischer Sicht kann Krankheit mit dem Verlust der Seele zusammenhängen. Eine der vielen Ursachen dafür ist, dass man die Geister verärgert hat, weil man ihrer Welt geschadet hat. Deshalb wurde bei den Ritualen für meine Mutter unter anderem Harmonie mit den Geistern gestiftet: Man brachte ihnen die Opferungen dar, die nötig waren, um sie zu befrieden. Gleichzeitig forderte man die Geister auf, die Lebenskraft meiner Mutter nicht länger zu schädigen und ihr das zurückzugeben, was sie ihr gestohlen hatten. Nach einer dieser Zeremonien änderte meine Mutter sogar ihren Namen, um ihre Identität als Kranke aufzugeben und eine neue, gesündere Identität anzunehmen.

Obwohl dieses Buch keine traditionellen Bön-Rituale enthält, ist ihre Herzessenz in den hier gegebenen Anleitungen enthalten. Die Tibeter bezeichnen die Seele und die Wiedergewinnung der Lebenskraft als lagugtsegug: la bedeutet »Seele«, gug »zurückholen« oder »rufen« und tse »Lebenskraft«. Die Praktiken der Seelenrückholung bringen nicht nur Kranken und Sterbenden Linderung, sondern sie nützen auch körperlich gesunden Menschen. Sie sind ein hervorragendes Mittel, um Ihre Lebendigkeit Tag für Tag zu stärken. Wenn Sie sich unverbunden fühlen, können diese Praktiken Ihnen helfen, ein Gefühl der Verbundenheit mit sich selbst, mit anderen Menschen und mit Ihrer Umwelt zu entwickeln.

Wie auch bei vielen anderen indigenen Traditionen steht beim Bön das Bedürfnis im Mittelpunkt, die Seele zum Wohle aller Menschen und der Erde als solcher zu heilen. Die Philosophie, sich selbst zum Wohle anderer zu heilen, spielt eine wichtige Rolle in den Ursachen-Fahrzeugen des Bön. Dieses System von Lehren ist die ursprüngliche Quelle der Praktiken der Seelenrückholung. In dem umfangreichen Wissenssystem des Bön werden alle Hauptlehren seiner südlichen Schatz-Tradition in die neun Wege des Bön eingeteilt. Die ersten vier Wege sind als »Ursachen-Fahrzeuge« bekannt. Ihr Schwerpunkt liegt auf Methoden, mit denen man förderlich arbeitet: mit der Kraft und den Geistern der Natur, mit Astrologie, Orakeln, Medizin und mit der Kosmologie. Die Lehren bilden die Grundlage für die Praxis der höheren Fahrzeuge des Bön: Sutra, Tantra und Dzogchen. Dzogchen ist als das Fahrzeug der großen Vollendung bekannt.

Aus meiner Sicht sind alle Bön-Lehren miteinander verbunden und können alle – wie die in diesem Buch beschriebenen Methoden zeigen – zur Heilung der Seele beitragen. Die Seelenrückholung kann durch die Kommunikation mit den Elementen geschehen, durch die Klärung negativer Emotionen und die Förderung positiver Qualitäten oder durch die Verbindung mit den subtilen Weisheitszuständen der Dzogchen-Praxis. Alle diese Techniken richten uns auf dieselbe Erfahrung aus: auf eine tiefergehende Verbindung mit dem weiten Gewahrsein, das unser authentisches Selbst ist. Es ist die Quelle aller positiven Eigenschaften, die ein Mensch braucht, um freudig und erfüllt zu sein und um ein Leben zu führen, das anderen nützt.

1 Weitere Informationen über die traditionellen Praktiken und Rituale der Seelenrückholung sind in der Einleitung des Buches Die heilende Kraft des Buddhismus – Leben im Einklang mit den fünf Elementen von Tenzin Wangyal Rinpoche enthalten (München, Goldmann 2012).

Die positiven Qualitäten sind unvorstellbar

wie die Enthüllung eines königlichen Schatzes.

Derjenige, der in seiner wahren Bedeutung verweilt,

erfreut sich am unerschöpflichen Reichtum seines Resultates.

aus: Die Sieben Spiegel des Dzogchen, ein Bön-Dzogchen-Text2

2 Die sieben Spiegel des Dzogchen (rdzogs chen me long bdun pa) im Bön Kangyur (theg chen g yung dring bon gyi bka‘ ’gyur), Bd. 177, Hg.: Mongyal Lhasey Rinpoche (smon rgyal lha sras; Chengdu: si khron zhing chen par khrun lte gnas par ‘debs khang, 1999), S. 295–323.

Einleitung

Einmal habe ich ein Fernsehinterview gegeben, das ein bisschen unangenehm begann. Als ich im Studio ankam, war der Moderator schlecht gelaunt und abgelenkt. Er sortierte seine Papiere, trank hastig seinen Kaffee und sah so aus, als ob er am liebsten woanders wäre. Sobald er aber sein Stichwort erhalten hatte, dass er gleich live auf Sendung sein würde, setzte er sich aufrecht hin und sagte mit einem breitem Lächeln heiter: »Guten Morgen allerseits!« in die Kamera. Von dieser schlagartigen Verwandlung war ich so überrascht, dass ich ein, zwei Minuten brauchte, um mich in dieser Interviewsituation zu entspannen.

Wir wissen alle, wie ein echtes Lächeln aussieht. Es kommt von Herzen und strahlt Offenheit, Leichtigkeit und Wärme aus – ein spontanes Lachen. Die Augen strahlen und stellen Blickkontakt her. Die meisten Menschen können gar nicht anders, als das Lächeln zu erwidern, wenn sie ehrlich angelächelt werden. Das Lächeln dieses Fernsehmoderators hatte aber nichts mit authentischer Freude oder Lebendigkeit zu tun. Es war oberflächlich, gezwungen und übertünchte bloß seine schlechte Laune. Natürlich hatte dieser Mann gelernt, wie man ein breites, heiteres Lächeln aufsetzt, aber er hat nicht gelernt, wie man dabei Zugang zu echter Warmherzigkeit findet.

Wie vielen Menschen graut es davor, jeden Morgen zur Arbeit zu gehen? Vielleicht haben wir den ganzen Tag ein professionelles Lächeln auf dem Gesicht und bringen jeden Abend unseren Stress und unsere Unzufriedenheit mit nach Hause. Obwohl wir, äußerlich betrachtet, alles haben – Arbeitsplatz, Zuhause, Familie –, kann es sein, dass wir uns innerlich düster und deprimiert fühlen. Wir mühen uns damit ab, unser Glück zu finden und sind nie mit dem zufrieden, was wir haben. Das Gefühl, unverbunden und unzufrieden zu sein, scheint in unserer Gesellschaft heute weit verbreitet. Viele Menschen führen ein aktives Leben und erreichen viel. Trotzdem fällt es wohl uns allen schwer, unseren Schmerz und unsere Unzufriedenheit zu erkennen und zu reflektieren oder zu begreifen, was die Ursachen dafür sind.

Uns entgeht etwas ganz Wesentliches, das sich tief in unserem Inneren befindet: Spontaneität, Kreativität, Leichtigkeit und Verspieltheit. Dies sind Qualitäten unseres natürlichen Seins-Zustandes, doch wir merken das nicht. Wenn wir die Verbindung zu unserem natürlichen Zustand verlieren, verlieren wir aus der Perspektive des tibetischen Bön unsere Seele. Das Gute daran ist, dass wir das Verlorene komplett zurückholen können. Versuchen Sie einmal, sich an einen Moment in Ihrem Leben zu erinnern, in dem Sie sich als Mensch vollständig fühlten – zufrieden, rundum lebendig und bei sich selbst zu Hause. Stellen Sie sich vor, dass Sie sich nicht nur hin und wieder so fühlen können, sondern fast immer. Das hat die Praxis der Seelenrückholung zu bieten.

Was ist die Seele?

Bei der Bön-Praxis der Seelenrückholung wird die Seele (tibetisch la) als das Gleichgewicht der subtilen Energien und der damit verwandten Qualitäten der fünf Elemente verstanden: Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum. Die alten tibetischen Lehren vermitteln uns, dass alles im Leben – im Grunde überhaupt alles, was es im Universum gibt, und jede unserer Erfahrungen – aus diesen fünf Elementen besteht. Ohne die äußeren Elemente Erde, Wasser, Luft und die Wärme der Sonne könnten wir nicht existieren, uns am Leben erhalten oder Nahrung finden. Genauso wenig kann unsere Seele ohne die inneren Essenzen der fünf Elemente genährt werden.

Innerlich erleben wir diese elementaren Qualitäten als ein Gefühl von Geerdetsein und Verbundenheit (Erde), von Wohlergehen und Fließen (Wasser), Freude und Inspiration (Feuer), Flexibilität und Bewegung (Luft) und als ein Gefühl der Offenheit und des Annehmens (Raum). Wenn uns eines dieser fünf natürlichen Elemente fehlt oder nur noch vermindert vorhanden ist, schädigt das unsere Seele. Wenn diese Qualitäten wieder ins Gleichgewicht gelangen, heißt es, dass unsere Seele geheilt ist. Bei den Praktiken der Seelenrückholung sind es die Qualitäten dieser fünf Elemente, die wir zurückgewinnen. Es ist möglich, dass Sie nur eine einzige Qualität zurückholen müssen, um alle anderen Qualitäten wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Ursachen für Seelenverlust

Nach den traditionellen tibetischen Lehren vermindert ein Schaden an Ihrer Seele auch Ihre Lebenskraft – Ihre Lebendigkeit. Seelenverlust kann zu körperlicher Schwäche und zu Krankheiten führen. Dadurch können Sie emotional, energetisch, psychisch und spirituell beeinträchtigt werden. In extremen Fällen kann Seelenverlust sogar zum Tod führen. Die mit dem Seelenverlust verbundene Unausgewogenheit der Elemente ist meist Ergebnis der unvermeidlichen Herausforderungen, vor denen wir im Leben stehen. Das kann alles sein: angefangen von einem nicht verarbeiteten Kindheitstrauma bis hin zu einem plötzlichen Schock, wie etwa der Tod eines geliebten Menschen. Ein Seelenverlust kann auch ganz allmählich eintreten – als Folge von angestautem Stress. Selbst ganze Nationen können infolge von Kriegen und Naturkatastrophen kollektiven Seelenverlust erleiden.

Woran merken wir, ob unsere Seele verletzt oder erschöpft ist? Häufig wird dies als tiefgreifende, chronische Unzufriedenheit wahrgenommen. Womöglich versuchen Sie, sich durch exzessives Fernsehgucken, Surfen im Internet, sinnloses Essen oder Trinken oder durch eine Reihe anderer Aktivitäten abzulenken. Trotzdem werden Sie im Hintergrund immer das Gefühl von Unzufriedenheit verspüren. Obwohl Sie die Ursache dafür nicht genau benennen können, wissen Sie, dass Sie nicht glücklich sind.

Auch Erschöpfung kann ein Anzeichen für Seelenverlust sein. Vielleicht haben Sie die Pflege eines älteren Elternteils übernommen und müssen zugleich versuchen, die Anforderungen Ihres eigenen Lebens damit unter einen Hut zu bringen. Sie haben zwar die besten und ganz richtigen Absichten, mitfühlend und großzügig zu handeln, aber Sie fühlen sich gestresst und ausgelaugt. Das Problem ist nicht die Menge der Zeit, die Sie mit der Unterstützung des anderen verbringen, sondern, dass Sie von einem Ort der Unverbundenheit aus agieren. Wenn Sie mit Ihrem natürlichen Zustand des Seins verbunden sind, ist es nicht stressig oder geistig erschöpfend, anderen etwas zu geben. Genau wie ein echtes Lächeln ergeben sich unsere Handlungen dann spontan, mühelos und aus Freude. Sie liefern sowohl dem Gebenden als auch dem Empfänger Energie.

Wenn wir uns aber unverbunden fühlen, entsteht ein Gefühl des Mangels; das Gefühl, dass wir für uns selbst mehr wollen oder brauchen. Dann kann es sein, dass Ihnen alles verkehrt erscheint: wo Sie sind, was Sie tun, mit wem Sie zusammen sind und wie Sie sich in Ihrer Haut fühlen. Vielleicht sind Sie einsam oder es fehlt Ihnen an Selbstvertrauen, an Vertrauen in andere und in Ihre Umwelt. Dieses chronische Gefühl, mehr zu brauchen, wird zu Ihrer Identität.

Wenn der Seelenverlust gravierend ist – wenn er etwa im Zusammenhang mit einem schweren Trauma eintritt –, kann er als posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) zum Ausdruck kommen. Menschen mit PTBS haben mitunter wiederkehrende Albträume, Flashbacks oder lähmende Angst, und es fällt ihnen schwer, im Alltag zu funktionieren. Kriegsveteranen und Opfer von Gewaltverbrechen können unter solch einem schweren Seelenverlust leiden. Er kann auch durch ein traumatisches Ereignis ausgelöst werden, etwa wenn man Zeuge eines schrecklichen Autounfalls wird, plötzlich seinen Job verliert oder einen Herzinfarkt erleidet.3

Ein Pfad zur Heilung

Ganz gleich, was Ihnen im Leben geschehen ist, unter welcher Art von Schmerz Sie leiden oder wie stark beziehungsweise schwach der Schmerz ist – die Praktiken der Seelenrückholung in diesem Buch bieten Ihnen einen direkten Weg, um mit Ihrem Leiden umzugehen. Die Praktiken ermöglichen es, negative Emotionen und Energien, die Ihre freudvolle Natur blockieren, zu beseitigen und die elementa ren Qualitäten, die Sie nähren, zurückzugewinnen und zu pflegen. Der Akt der Rückholung ist für die Heilung entscheidend.

Das erste Kapitel, »Ihr Leben ganz genau betrachten«, hilft Ihnen festzustellen, welches Element Sie momentan für die Heilung Ihrer Seele am nötigsten brauchen. Das zweite Kapitel, »Die Seele in der Natur regenerieren«, erläutert, wie wir das Element, das wir brauchen, direkt aus unserer natürlichen Umwelt zurückgewinnen können. Dabei schöpfen wir nicht nur aus den grobstofflichen Elementen Erde, Wasser, Feuer, Luft oder Raum, sondern auch aus deren jeweiligen subtileren Essenzen. Wasser ist nicht nur die klare, lebenspendende Flüssigkeit, die durch Bäche und Flüsse strömt; Wasser hat auch fließende, wohltuende und entspannende Eigenschaften. Auf einer noch tiefgründigeren Ebene wird jedes Element mit einer bestimmten Art von Weisheit in Verbindung gebracht. Man kann Wasser als die spiegelgleiche Weisheit erleben oder als ein Gewahrsein, das alle Dinge reflektiert, ohne sie zu bewerten. Durch tiefe Meditationspraxis können Sie sich mit jedem Element in seiner reinsten Form verbinden – als eine Qualität von Licht oder von leuchtendem Gewahrsein.

Tabelle 1. Die fünf Elemente und ihre Eigenschaften, Weisheiten und reinen Lichter

Element *

Haupteigenschaften

Weisheit

reines Licht

Erde

Geerdetsein, Verbundenheit

spiegelgleiche Weisheit

gelb

Wasser

Geborgenheit, Fließen

alles vollendende Weisheit

blau

Feuer

Freude, Inspiration

unterscheidende Weisheit

rot

Luft

Flexibilität, Bewegung

Weisheit des Gleichmutes

grün

Raum

Offenheit, Annehmen

Weisheit der Leerheit

weiß

* Weitere Informationen über die Elementar-Aspekte finden Sie in Kapitel 2, »Die Seele in der Natur regenerieren«.

Das dritte Kapitel, »Die Seele durch die innere Zufluchtnahme regenerieren«, zeigt Ihnen Ihre innere Zuflucht auf: die Offenheit, das Gewahrsein und die Wärme Ihrer authentischen Natur. Dies ist die Quelle der Essenzen aller Elemente. Wir bezeichnen es als Zuflucht, weil dies die einzig wahre Quelle von Wohlgefühl, Entlastung und Unterstützung ist. Wenn wir im Leben mit Schwierigkeiten zu tun haben, suchen wir normalerweise Zuflucht bei Menschen, Orten und Dingen außerhalb von uns. So sind wir zum Beispiel auf den Rat eines Freundes angewiesen oder wir suchen uns eine neue Arbeit oder Wohnung, um unsere Probleme zu lösen oder um uns besser zu fühlen. Doch jede äußere Quelle der Unterstützung ist von Natur aus vergänglich und wird uns ganz sicher eines Tages abhandenkommen. Die innere Zuflucht ist auch die Quelle von liebender Güte, Mitgefühl, Freude und Gleichmut – bekannt als die vier unermesslichen Gedanken – und die Quelle aller weiteren tugendhaften Qualitäten. Die im dritten Kapitel beschriebene Meditationspraxis wird Ihnen helfen, durch die drei Tore von Körper, Rede und Geist Zugang zu dieser Zuflucht zu finden.

Im vierten Kapitel, »Die Seele durch Beziehungen regenerieren«, wird erklärt, wie Sie durch die Praxis der inneren Zufluchtnahme die verlorenen Elemente im Miteinander mit geliebten Menschen und in anderen wichtigen Beziehungen zurückgewinnen können. Das fünfte Kapitel, »Einsamkeit überwinden«, beleuchtet Einsamkeit als weit verbreitetes menschliches Leiden – eine weitere Ausdrucksform des Seelenverlustes. Darin wird besprochen, wie Sie Einsamkeit heilen können, indem Sie sich wieder mit der inneren Quelle verbinden.

Das sechste Kapitel, »Unser inneres Sein nähren«, und das siebte Kapitel, »Unseren Körper nähren«, betonen, wie wichtig es ist, dass wir uns regelmäßig auf allen Ebenen nähren. Wir können uns dieses Nähren wie das Laden des inneren Akkus vorstellen. Heutzutage verlieren viele von uns in unserem hektischen, von Industrie und Technik bestimmten Lebensstil jeden Tag Teile ihrer Seele. Wir können uns vom täglichen Berufspendeln, der gleichzeitigen Bewältigung von familiären und beruflichen Verpflichtungen oder auch durch Lärmbelästigung ausgelaugt fühlen. Wenn wir erst einmal bemerken, wie häufig wir erschöpft sind, können wir Wege finden, um uns wieder mit unserer inneren Zuflucht zu verbinden und jeden Tag aufzutanken. Das sechste Kapitel bietet eine Anleitung, wie wir unser inneres Wesen nähren. Im siebten Kapitel wird erklärt, wie man mit bestimmten Praktiken körperliche Schmerzen lindern und sogar Krankheiten vorbeugen oder heilen kann.

Jedes Kapitel schließt mit einer Reihe von Aktivitäten ab, die Sie umsetzen können. Das sind Anleitungen für die formale Praxis (die Zeit, die Sie sich nehmen, um ungestört zu sitzen und zu meditieren) und für die informelle Praxis (bei der Sie das, was Sie in der formalen Meditation gelernt haben, in Ihren Alltag einbringen).

Zur zusätzlichen Unterstützung Ihrer Praxis ist diesem Buch eine geführte Audio-Meditation beigefügt.

Das beste Heilmittel

Seelenrückholung ist innere Arbeit. Eine gängige Reaktion auf störende Gedanken und Emotionen ist, sie entweder zu verdrängen oder sich von ihnen abzulenken. Doch wenn Sie versuchen, Ihre Gedanken und Gefühle abzutöten, werden diese nur noch hartnäckiger. Man kann viel gewinnen, wenn man schwierige Gefühle bemerkt, auf sie hört und sie – in bestimmten Fällen – auch zum Ausdruck bringt.

Wenn Sie sich allerdings Ihren Gedanken und Gefühlen hingeben, folgt fast immer ein Gedanke auf den anderen, wodurch sich der Schmerz zwangsläufig verstärkt. Ein Geist, der Schmerz empfindet, kann sich nicht dadurch vom Schmerz befreien, dass er nachdenkt. Ein traditionelles tibetisches Sprichwort besagt, dass man sich kein Blut von den Händen waschen kann, indem man sie mit noch mehr Blut wäscht. Den Geist, der versucht, sich durch Nachdenken vom Schmerz zu befreien, nenne ich das »clevere Ego«. Es ist oft schwierig, das clevere Ego als das zu erkennen, was es ist, weil wir uns andauernd selbst Ratschläge geben, die uns positiv, attraktiv und lösungsorientiert erscheinen. Das clevere Ego kann ein häufiger Gast bei unseren Meditationssitzungen sein: In unseren Augenblicken der Einsicht mischt es sich ein und gibt sich selbst als Weisheit aus.

Doch diese sogenannte Weisheit ist kein Ergebnis von wahrer Selbstreflektion. Vielmehr ist sie ein Hindernis für die wahre Weisheit; ein Hindernis beim Erkennen der Natur des Geistes.

Eine andere Methode, mit der wir versuchen, unsere Probleme zu überwinden, ist, sie unserem Tagebuch, einem Freund, Berater oder einem Therapeuten anzuvertrauen. Das kann uns durchaus enger mit schwierigen Emotionen in Kontakt bringen, damit wir sie durcharbeiten und loslassen können. Die Psychotherapie hat zweifellos ihren festen Platz in der Heilung, aber ich frage mich, ob die Menschen dabei vom richtigen Standpunkt aus über ihre Probleme sprechen. Viele Menschen reden in der Therapie oder in Selbsthilfegruppen jahrelang immer wieder über dieselben Themen, aber sie sind nicht fähig, dadurch ihr Leiden zu transformieren, weil ihnen das höhere Gewahrsein fehlt.

Wie können wir Zugang zum höheren Gewahrsein finden? Indem wir das nehmen, was ich als die drei kostbaren Pillen bezeichne: Ruhe, Stille und Weite – sie verbinden uns mit unserer inneren Zuflucht. Wenn wir uns in diesem schrankenlosen, heiligen Raum unsere negativen Emotionen oder andere schmerzhafte Erfahrungen ins Gedächtnis rufen und sie in Empfang nehmen, ohne sie zu verurteilen, zu kritisieren, sie abzulehnen oder an ihnen festzuhalten, dann leiten wir den Heilungsprozess ein. Mit »empfangen« meine ich zuzulassen, dass der Schmerz ungehindert aufkommen, verweilen und sich wieder auflösen kann. Das ist eine ähnliche Erfahrung, als ob wir ein großzügiger Gastgeber wären, dessen Gäste einfach so kommen dürfen, wie sie sind. Er lässt die Gäste so lange bleiben, wie sie wollen; er lässt sie gehen, wann es ihnen passt, und sie dürfen auch wiederkommen.

Wenn man den Schmerz wie einen Gast bei sich aufnimmt, kann er sich vollständig in den heiligen Raum der inneren Zuflucht auflösen. Damit wird ein frisches und kreatives Gewahrsein gefördert.

Was diese Praktiken der Seelenrückholung maßgeblich von anderen Therapieformen abhebt, ist, dass die Hauptarbeit erst dann beginnt, wenn der Schmerz nachlässt. Menschen, die Schmerz und Konflikte erfolgreich überwunden haben, denken häufig: Okay, jetzt ist dieses Problem erledigt. Das wäre ich ein für alle Mal los! Dann aber suchen sie sich das nächste Problem, das gelöst werden muss. Sie schaffen Platz, damit das nächste Problem auftauchen kann – und das wird auch geschehen! Wenn wir uns einem Problem nach dem anderen zuwenden, üben wir nicht, uns an das Gewahrsein eines Raumes zu gewöhnen, der frei von Schmerz ist. Dieser Raum ist die Quelle der Qualitäten, welche die natürlichen Gegenmittel für Schmerz sind. Wenn wir uns mit diesem Raum durch Gewahrsein verbinden, werden wir genährt.

Manchmal ist es besser, nicht so viel zu denken und zu reden. Denn nur wenn wir vollständig bei unserem Schmerz sein können und ihn vom Ort der Ruhe des Körpers, der Stille der Rede und der Weite des Geistes aus annehmen, können wir uns mit dem unendlichen Gewahrsein und der Wärme verbinden, aus denen ganz natürlich heilende Qualitäten entstehen. Nur aus der Weite der Offenheit können quälende Emotionen vollständig angenommen und losgelassen werden, und die Seelenrückholung kann geschehen. Wenn die Seele wiederhergestellt ist, wird unser Glück von längerer Dauer sein.

Therapeutische Meditation