Die Rache des Jonathan Randall - Pete Hackett - E-Book

Die Rache des Jonathan Randall E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

Jonathan Randall zügelte sein Pferd und starrte auf die Ansammlung von Häusern, Hütten und Schuppen in der Senke, die sich am Fuß des Hügels erstreckte, auf dem er verhielt. Ein heißer Südwind wehte den feinen Staub Über die Dächer, die Hitze ballte sich auf der breiten Main Street. "Sterling City", murmelte er. "Heiliger Rauch, der Ort sieht noch genauso aus wie vor fünf Jahren." Das Pferd trat auf der Stelle und schnaubte. Jonathan Randall hatte die Hände über dem Sattelhorn verschränkt und ließ das Bild, das sich ihm bot, auf sich wirken. Es war ein verschlafenes Nest am North Concho River, ruhig und beschaulich, ein Ort, den er vor etwas mehr als fünf Jahren verlassen musste... Er war fortgejagt worden. Wie einen tollwütigen Hund hatte ihn sein Vater aus dem Land gejagt. Jetzt war er zurückgekommen. Und er hatte den Vorsatz gefasst, sich seinen Platz hier zurück zu erobern...

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Seitenzahl: 137

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Die Rache des Jonathan Randall

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author www.Haberl-Peter.de

© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH

ISBN 9783956173196

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Über den Autor

Die Rache des Jonathan Randall

Über den Autor

Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."

Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.

Die Rache des Jonathan Randall

Jonathan Randall zügelte sein Pferd und starrte auf die Ansammlung von Häusern, Hütten und Schuppen in der Senke, die sich am Fuß des Hügels erstreckte, auf dem er verhielt. Ein heißer Südwind wehte den feinen Staub Über die Dächer, die Hitze ballte sich auf der breiten Main Street.

"Sterling City", murmelte er. "Heiliger Rauch, der Ort sieht noch genauso aus wie vor fünf Jahren."

Das Pferd trat auf der Stelle und schnaubte. Jonathan Randall hatte die Hände über dem Sattelhorn verschränkt und ließ das Bild, das sich ihm bot, auf sich wirken. Es war ein verschlafenes Nest am North Concho River, ruhig und beschaulich, ein Ort, den er vor etwas mehr als fünf Jahren verlassen musste...

Er war fortgejagt worden. Wie einen tollwütigen Hund hatte ihn sein Vater aus dem Land gejagt. Jetzt war er zurückgekommen. Und er hatte den Vorsatz gefasst, sich seinen Platz hier zurück zu erobern...

Jonathan Randall trieb das Pferd an. Er lenkte es den Hügel hinunter. Die Hufe stampften. Das Tier peitschte mit dem Schweif. Pferd und Reiter waren verschwitzt. Die Luft schien zu kochen.

Dann passierte Jonathan die ersten Häuser der Stadt. Breit und staubig lag vor ihm die Main Street. Winzige Kristalle glitzerten im Staub. Kinder spielten am Straßenrand. Einige Hunde lagen in den Schatten und dösten. Auf den Gehsteigen zu beiden Seiten waren nur wenige Passanten zu sehen.

Es war Mittagszeit und die Stadt hielt Siesta. Die meisten Menschen hatten sich in ihren Behausungen verkrochen, wo sie nicht der sengenden Mittagssonne ausgesetzt waren.

Jonathan Randall ritt bis zum Saloon und saß ab. Er führte sein Pferd zu einem Tränketrog. Sofort tauchte das Tier seine Nüstern in das Wasser und soff. Als es seinen Durst gelöscht hatte, führte es der Mann zum Holm und schlang den langen Zügel lose um den Querbalken. Dann ging er in den Saloon. Der Schankraum war leer. Mitch Henders, der kahlköpfige Salooner, fegte den Boden. Jetzt hielt er in seiner Arbeit inne, wischte sich über die Stirn und knurrte: "Verdammte Hitze. - Guten Tag, Fremder."

Jonathan erwiderte den Gruß und ging zum Tresen. Er stemmte beide Ellenbogen darauf. Mitch Henders ging hinter die Theke, lehnte den Besen weg und fragte: "Was möchten Sie trinken? Bier oder Brandy?"

"Erkennst du mich nicht wieder, Mitch?"

Der Salooner kniff die Augen eng. Er fixierte den Mann. Dann lief der Schimmer des Begreifens über sein gerötetes Gesicht. "Ich werd verrückt", entrang es sich ihm. "Jonathan Randall!"

Jonathan nickte und grinste. "Sehr richtig, Mitch. Ich habe den Weg auf die Heimatweide zurückgefunden. Was denkst du? Ist Old Amos immer noch sauer auf mich?"

Das Gesicht des Salooners verschloss sich. "Das kann ich dir nicht sagen, Jonathan. Old Amos ist tot. Er starb vor zwei Jahren…"

Jonathan prallte zurück. "Old Amos ist tot?", wiederholte er und dehnte die Worte in die Länge. "Mein Gott. Er war doch noch keine 60. Woran ist er gestorben?"

"An einer Unze Blei. Calem Gibson hat ihn erschossen."

"Mein Stiefbruder?"

"Ja. Calem hatte Spielschulden. Etwas über 500 Dollar. Er wollte das Geld von Old Amos. Der weigerte sich, es ihm zu geben. Gibson bedrohte deinen Vater mit dem Revolver. Es kam zu einem Handgemenge. Ein Schuss löste sich..."

"Großer Gott."

"Die Ranch bewirtschaftet seitdem dein Bruder Link. Du wirst dich wundern, wie sehr alles verkommen und heruntergewirtschaftet ist. Link ist eben kein Rancher. Wovon er seinen Lebensunterhalt bestreitet, weiß niemand genau. Manchmal ist er zusammen mit seinen Freunden, die mit ihm auf der Ranch hausen, wochenlang verschwunden. Ich denke, Old Amos hat damals den falschen Mann zum Teufel gejagt." Der Salooner hob die Hände und ließ sie wieder sinken. Es mutete an wie eine Geste des Bedauerns. Henders endete: "Sicher, du warst ein wilder Bursche und du hast das Vieh deines Vaters verkauft, aber du wärst der richtige Mann für die Ranch gewesen."

"Gib mir ein Glas Wasser, Mitch", verlangte Jonathan Randall. "Damit habe ich weiß Gott nicht gerechnet, als ich mich entschloss, nach Hause zurückzukehren." Jonathan ging zu einem der runden Tische und setzte sich. Er bewegte sich sattelsteif und ein wenig linkisch. "Musste sich Calem wegen des Todes meines Vaters vor Gericht verantworten?"

"Er nahm alles Geld, das dein Vater zu Hause aufbewahrte, und verschwand auf Nimmerwiedersehen. Nun, Calem hat nie viel getaugt. Link stand dabei, als es zwischen deinem Vater und Calem zur Handgreiflichkeit kam. Er war nicht stark genug, Calem aufzuhalten. Vielleicht hätte Calem auch ihn getötet..." Mitch Henders zuckte mit den Achseln, schüttete Wasser aus einem Zinnkrug in einen Bierkrug und brachte das Getränk Jonathan. Der bedankte sich und trank einen Schluck. Dann wischte er sich mit dem Handrücken über den Mund und sagte:

"Eigentlich hatte ich vor, hier zu bleiben. Ja, ich wollte Old Amos um Verzeihung bitten und das unstete Leben aufgeben. Er war zwar verdammt streng, er war aber auch gerecht. Er hätte mir sicherlich verziehen."

Henders nickte. "Aus einigen Gesprächen mit deinem Dad weiß ich, wie sehr er es bereute, dich so hart und unnachgiebig behandelt zu haben. Denn eines hat dein Vater sehr schnell einsehen müssen: Weder Calem noch Link hatten das Zeug dazu, einmal die Ranch zu übernehmen. Alles, was Old Amos geschaffen hatte, wäre bei jedem der beiden in die falschen Hände gekommen."

"Beschäftigt die Ranch noch Cowboys?"

"Ein halbes Dutzend. Aber wenn du mich fragst, dann hüten sie keine Kühe, sondern sie bilden zusammen mit deinem kleinen Bruder eine Bande, die von Zeit zu Zeit fortreitet und sich holt, was sie braucht."

"Es sind also die Kumpane Links, von denen du gesprochen hast?"

"So ist es."

"Ich werde auf die Ranch reiten und herausfinden, wovon mein kleiner Bruder seinen Lebensunterhalt bestreitet. Und dann..."

"Was?"

"Ich werde Calem suchen und ihn zur Rechenschaft ziehen. Old Amos war ihm immer ein guter Vater. Er hat ihn groß gezogen wie einen leiblichen Sohn. Mag es auch ein Unfall gewesen sein. Calem hat seinen Tod verschuldet. Dafür muss er bezahlen. Wo wurde Old Amos begraben?"

"Auf der Ranch, neben eurer Mutter."

Jonathan trank noch einen Schluck, dann erhob er sich. "Hat Dad wirklich bereut, dass er mich so ungnädig behandelt hat?"

"Ja. Du warst aus seinem Holz geschnitzt. Er begriff sehr schnell, dass nur du in der Lage gewesen wärst, in seine Fußstapfen zu treten. Allerdings hast du nie was von dir hören lassen. Was hast du getrieben in all den Jahren?"

"Ich war Town Marshal in Altuda. Vorher arbeitete ich als Begleitmann bei der Overland Mail Company. Im vergangenen Jahr ritt ich nur noch durch's Land und verdiente mir meinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsjobs. Keine besondere Karriere..."

"Das kann mal wohl sagen", bestätigte Mitch Henders. "Aber immerhin bist du kein Gesetzloser geworden. Und das ist ja schon ein Erfolg, möchte ich sagen. Dein Vater prophezeite dir, dass du am Galgen enden wirst."

Jonathan Randall zeigte ein freudloses Lächeln. "Ich zeigte alle Ansätze für eine gesetzeswidrige Karriere, Mitch. Als mich Dad zum Teufel jagte, hat mir das zu denken gegeben. Es hat mich sozusagen geläutert. Nein, ich bin kein Gesetzloser geworden. Im Gegenteil..."

"Ich wünsche dir jedenfalls viel Glück hier, Jonathan. Vielleicht bringst du die Randall Ranch wieder zur Blüte. Und eventuell gelingt es dir sogar, deinen kleinen Bruder wieder auf den rechten Weg zurückzuholen. Du solltest damit beginnen, dass du die fünf verkommenen Kerle zum Teufel jagst, mit denen sich dein Bruder umgibt. Es sind Banditen."

"Was muss ich bezahlen, Mitch?"

"Wasser kostet bei mir nichts. Ich freue mich, dass du wieder nach Hause zurückgefunden hast, Jonathan. Du hattest zwar deine Fehler, dennoch mochte dich jeder in der Stadt und im Umland. Viel Glück, Jonathan. Und solltest du wieder in die Stadt kommen, vergiss nicht, bei mir vorbei zu schauen."

"Dann trinken wir einen auf meine Heimkehr", versetzte Jonathan und schwang herum...

*

Jonathan Randall verließ den Saloon. Auf der anderen Seite stand ein Mann im Schatten eines Vorbaudaches. Jonathan achtete nicht besonders auf ihn. Jetzt verließ der Bursche den Schatten. Er kam über die Straße. Nun wurde Jonathan auf ihn aufmerksam. Ihm entging nicht, dass der Mann einen Stern trug. Es war ein Fünfzack – der Lone Star.

Jonathan wandte sich dem Mann zu. "Hello, Jack."

"Ich hab mich also nicht getäuscht, als ich dich am Office vorbei reiten sah. Hello, Jonathan. Lange nicht gesehen."

"Etwas über fünf Jahre. Ja, es war eine lange Zeit."

Der Sheriff schüttelte Jonathan die Hand. Er war ein Mann von etwa 50 Jahren, groß und hager. Graue Fäden zogen sich durch seine ehemals blonden Haare. "Hat dir Mitch schon alles erzählt?"

Jonathan nickte. "Es war nicht viel Gutes darunter, Jack. Ich möchte fast sagen, überhaupt nichts Gutes. Dad ist tot. Mein Stiefbruder hat ihn wegen einiger Dollars erschossen. Was Link macht, weiß keiner so genau..."

"Link befindet sich in schlechter Gesellschaft", versetzte der Sheriff. "Calem haben wir damals bis nach San Angelo verfolgt. Dort verlor sich zunächst seine Spur."

"Zunächst?"

"Ja, es gibt Nachricht von Calem. Er wird steckbrieflich gesucht. Auf seinen Kopf hat die Regierung 1.000 Dollar ausgesetzt. Er hat mehrere Banken und Postkutschen überfallen und bei einem seiner Überfälle einen Mann erschossen. Auf dem Steckbrief steht tot oder lebendig."

"Großer Gott, hören denn die schlechten Nachrichten nicht auf?"

"Der Steckbrief liegt bei mir in der Schublade. Ich habe ihn gar nicht ausgehängt, weil ich davon ausgehe, dass Calem hierher niemals zurückkehrt. Es weiß niemand in der Stadt, dass er ein gesuchter Outlaw ist."

"Wo sah man ihn zuletzt?"

"In Wichita Falls. Sie haben dort die Bank überfallen. Das war vor einer Woche. Man nimmt an, dass Calem sich mit seiner Bande ins Indianer-Territorium abgesetzt hat."

"Ich werde Calem finden", knurrte Jonathan Randall düster.

"Willst du ihn wegen Old Amos' Tod zur Verantwortung ziehen?"

"Ja. Old Amos hat ihn wie einen leiblichen Sohn groß gezogen. Zum Dank dafür hat er ihn erschossen. Das muss gesühnt werden."

"Es war ein Unfall."

"Nein. Calem hatte nicht das Recht, seine Waffe gegen Old Amos zu ziehen. Er wollte von ihm die Herausgabe von 500 Dollar erzwingen, um seine Spielschulden begleichen zu können. Als sich der Schuss löste, war das kein Unfall, Jack. Calem hat es sozusagen herausgefordert."

"Was hast du in all den Jahren getrieben, Jonathan?"

Jonathan erzählte es dem Sheriff.

"Old Amos' Prophezeiung ist also nicht in Erfüllung gegangen", murmelte der Sheriff.

Jonathan Randall zeigte ein finsteres Lächeln. "Sieht nicht so aus. Ich bin nach Hause gekommen, um mit meinem Vater Frieden zu schließen. Wahrscheinlich hätte er mir meine Verfehlungen von damals verziehen. Leider kam ich zwei Jahre zu spät."

"Versuch deinen kleinen Bruder auf den rechten Weg zurückzuholen, Jonathan. Es wäre schade um ihn, wenn er so enden würde wie Calem. Auf den fällt bereits der Schatten des Galgens."

Jonathan leinte sein Pferd los. "Ich werde mein Bestes tun, Jack. Ich hoffe nur, dass es bei Link nicht schon zu spät ist." Mit dem letzten Wort schwang er sich auf's Pferd und hob grüßend die Hand. Dann ritt er an.

Jonathan Randall wandte sich nach Süden und überquerte den North Concho River. Die Stadtbewohner hatten eine Furt aufgeschüttet. Auf ihr reichte das Wasser dem Pferd gerade bis zu den Sprunggelenken. Randall folgte dem Fluss etwa drei Meilen nach Südosten, dann schlug er wieder die Route nach Süden ein. Einige Rudel halbwilder Longhorns kreuzten seinen Weg. Die meisten von ihnen trugen kein Brandzeichen.

Nach etwa fünf Meilen lag vor ihm die Ranch. Jonathan parierte das Pferd. Alles wirkte grau in grau. Das Dach eines Schuppens war teilweise eingebrochen. In einem Corral befanden sich ein halbes Dutzend Pferde. Das Windrad beim Brunnen drehte sich im heißen Wind. Das Tor einer Scheune stand offen und hing schief in den Angeln. Wahrscheinlich ließ es sich gar nicht mehr schließen.

Ja, die Ranch machte einen verwahrlosten, herunter gewirtschafteten Eindruck.

Jonathan Randall ritt weiter. Er gelangte hinter das Haupthaus. Hier gab es zwei Gräber mit Holzkreuzen. Auf einem der Schilder war mit schwarzer Farbe gepinselt: Kath Randall, geborene Gibson, gestorben 1869. Das andere Kreuz erinnerte daran, dass unter dem Grabhügel Amos Randall seine letzte Ruhe gefunden hatte.

Jonathan stieg vom Pferd und verharrte minutenlang vor den beiden Gräbern. Er hielt stumme Zwiesprache mit Old Amos, den er vor Jahren total enttäuscht hatte und den er um Verzeihung bitten hatte wollen. Schließlich nahm er das Pferd am Kopfgeschirr und führte es in den Ranchhof. Vor dem Haupthaus warf er den Zügel über den Querbalken des Holms.

Sein Blick schweifte in die Runde.

Was er sah, gefiel ihm nicht.

Ein Mann kam aus dem Haupthaus. Er war blond. Sein Gesicht wirkte ein wenig aufgedunsen. Wahrscheinlich trank er zuviel. Fragend und misstrauisch zugleich musterte er den Ankömmling.

Aus dem Bunkhouse trat ebenfalls ein Mann. Er war stoppelbärtig, ein unsteter Lebenswandel hatte tiefe Spuren in seinem Gesicht hinterlassen, er mutete hart gesotten und verwegen an. Um seine Hüfte schlang sich ein Revolvergurt. Das Holster mit dem Eisen hing tief an seinem rechten Oberschenkel.

Jonathan wandte sich dem Burschen zu, der aus dem Ranchhaus gekommen war. "Hello, Link."

In den wässrigen, blauen Augen Link Randalls blitzte es auf. "Mich laust der Affe", stieß er heiser hervor. "Bist du es wirklich, Jonathan?"

"Ja, Link, ich bin nach Hause zurückgekehrt. Aber nach allem, was ich in Sterling City hörte, steht meine Heimkehr unter keinem besonders guten Stern. Mitch Henders und Jack McBrian haben mir alles erzählt."

"Ich habe Dad hinter dem Haus neben Mutter begraben", erklärte Link Randall. "Es war tragisch. Calem ist seitdem spurlos verschwunden..."

Dem Burschen, der aus der Mannschaftsunterkunft getreten war, hatte sich ein weiterer Mann hinzu gesellt. Zwischen engen Lidschlitzen hervor fixierte er Jonathan Randall. Die beiden schlenderten näher. Sie hatten die Daumen in die Revolvergurte gehakt. Jonathan spürte den Anprall einer mitleidlosen Strömung. Sie ging von den beiden Kerlen aus wie etwas Animalisches. Jonathan wurde klar, dass es sich bei den beiden um Schnellschießer handelte. Sie hielten fünf Schritte ihm an.

"Wer ist das?", fragte einer der beiden.

"Mein großer Bruder", erwiderte Link Randall, ohne seinen Blick von Jonathan zu nehmen. "Der verlorene Sohn ist heimgekehrt, nachdem es fünf Jahre lang kein Lebenszeichen von ihm gab. - Was willst du hier, Jonathan?"

"Ich wollte mit Dad Frieden schließen, ihn um Verzeihung bitten, und meinen Platz auf der Ranch wieder einnehmen."

"Es gibt hier keinen Platz mehr für dich, Jonathan. Vater hat dich damals enterbt. Die Ranch hat er mir vermacht. Nun, du brauchst dich deswegen nicht zu wundern. Du hast immerhin Vaters Vieh gestohlen und auf eigene Rechnung verkauft. Verzeihen, sagte Dad immer, ist Sache des Himmels, nicht seine. Er hat dir nie verziehen, Jonathan."

"Mag sein, Link. Jetzt bin ich jedenfalls wieder hier. Ob es dir passt oder nicht. Old Amos hat uns Burschen immer ziemlich kurz gehalten. Wir bekamen fast kein Geld von ihm. Darum habe ich einige Rinder gestohlen und verkauft. Mein Verhalten war unentschuldbar. Old Amos hatte recht, als er mich seine ganze Härte spüren ließ. Aber gewiss hätte er mir nach all den Jahren, die verstrichen sind, verziehen."

"Wir werden es wohl nie erfahren, Jonathan. Es gibt jedenfalls hier keinen Platz für dich. Also reite wieder dorthin, wo du hergekommen bist. Ich brauche dich nicht. Und ich will dich hier nicht haben."

"Man erzählte mir, dass du schlechten Umgang pflegst, Bruder. Du hast die Ranch verkommen lassen. Was treibt ihr, wenn ihr wochenlang unterwegs seid? Machst du es wie Calem? Überfällst du Banken und Postkutschen?"