Die Rückreise von Deutschland - Kaspar Eduard Schech - E-Book

Die Rückreise von Deutschland E-Book

Kaspar Eduard Schech

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Beschreibung

Einer der weit über zwanzig Jahre im Ausland gelebt und gearbeitet hat, besucht mit seiner asiatischen Frau Deutschland im Urlaub. Im Laufe der Reisebeschreibung, einer Seereise mit einem Containerfrachter, ergeben sich neue Perspektiven auf das ehemalige Heimatland, Einblicke und Erinnerungen. – Eine leichte, unterhaltsame Lektüre.

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Der Inhalt

Erklärungen zum Text

Wie und warum dieser Text entstanden ist

Die Einleitung

Der Anfang der Reise

Kiel, Reisevorbereitungen und Erinnerung

Hamburg Hafen, August 2003

Rotterdam, im Hafen

Felixstowe (UK), im Hafen

Unterwegs im Ärmelkanal, Kurs nach Süden

Der Urlaub in Deutschland

Berlin. Vergangenheit

Berlin – der Osten der Stadt

Berlin-Friederichshain

Berlin –

Love-Parade

Kontrast: Berchtesgaden

München

Atlantik

Noch in der Biskaya, Richtung Süd

Bücher, Reiselektüre

Gibraltar, Kurs Ost

Durchfahrt durch die Meerenge von Gibraltar

Im Mittelmeer

Vor der Küste Algeriens und später Tunesiens, Kurs Ost

Südöstlich von Sizilien und später Malta, Kurs Ost

Im Mittelmeer, südlich von Kreta

Erinnerungen an Deutschland

Sommerfest

Heimatstadt

Suezkanal und Rotes Meer

Nördlich von Alexandria, Anfahrt nach

Port Said

Reiselektüre, drittes Buch

Im Suez Kanal, Fahrtrichtung Süden

Vom Golf von Suez zum Roten Meer, Kurs Süd

Durchfahrt durch das Rote Meer

Im Roten Meer in Breite Sudan, Kurs Süd

Im Golf von Aden, Kurs Ost

Nördlich der Insel Socotra (Jemen), Indischer Ozean, Kurs Ost

Heimweh?

Indischer Ozean, noch tausend Meilen bis Sri Lanka, Kurs Ost

Im Indischen Ozean, Acht-Grad-Kanal, noch 400 Meilen bis Colombo, Kurs Ost

Dondra Head,

Sri Lanka, unterwegs weiter in Richtung Osten

Andaman Sea, West von Sumatra, Kurs Ost

Malacca Straße zwischen Sumatra und Malaysia, Kurs Südost

Angekommen – aber noch nicht zu Hause

Singapur, Hafen, Hotel

Nachbetrachtung

Erklärungen zum Text

Wie und warum dieser Text entstanden ist

Ich habe diesen Text ursprünglich auf der Heimreise von einem langen Urlaub mit meiner indonesischen Frau in Deutschland geschrieben. Die erste Fassung entstand während der Seereise von Hamburg nach Singapur im Jahre 2003, zunächst als Brief, den ich dann an Freunde und Verwandte verteilt habe. Der Urlaub war in gewisser Weise eine Besichtigung Deutschlands, der Blick auf ein Land, in dem ich früher gelebt habe, jetzt aus der Sicht eines Beinahe-Emigranten.

Es zeigte sich im Laufe der Seereise und während ich den Brief tagebuchartig in meinen Laptop tippte, dass dieser gerade zurückliegende Urlaub, von dem ich aus Deutschland nach Indonesien zurücksegelte, eine Reise in meine eigene Vergangenheit und zu meinen Wurzeln darstellte. Einige Orte sah ich nach Jahrzehnten wieder, woraus sich ein – gelegentlich – emotionaler Rückblick ergibt. Deshalb springt der nachfolgende Brief zwischen Beobachtungen während der Seereise und Erinnerungen an den gerade vergangenen Urlaub und Bezüge aus viel früherer Zeit hin und her.

Die Heimfahrt mit einem Frachter, eine wochenlange Seefahrt, war lange geplant, doch nie zuvor ergab sich die passende Gelegenheit. Ich hatte bestimmt zwei oder drei Jahre Kontakt zu der Reiseagentur, stets ohne einen konkreten Termin. Erst im Sommer 2003 ergab sich die seltene Situation, in der ich sowohl genug Geld1 als auch Zeit für dieses Unterfangen hatte – eine Konstellation, die im Beruf eines freischaffenden Geologen höchst selten auftritt. Die Entscheidung, nach dem gemeinsamen Urlaub mit meiner Frau dann doch alleine auf einem Frachter nach Hause, nach Jakarta zu reisen, fiel spontan (das Flugticket war längst gekauft, bezahlt und bestätigt), nur zwei Wochen vor Abfahrt.

Ich habe mir bei dieser Nachbearbeitung des ursprünglichen Briefes die Freiheit genommen, den alten Text um Einzelheiten zu erweitern, die dem Leser zum besseren Verständnis und zur Unterhaltung dienen sollen.

Der Auslöser, diese Reisebeschreibung nach eineinhalb Jahrzehnten nochmals zu überarbeiten, entstand im Verlauf der Korrespondenz mit einer freundlichen Dame, die einst als Kapitänsfrau auch zur See gefahren war und die mich zur Veröffentlichung ermutigt hat.

Die Einleitung

Dieser Brief beschreibt einen Urlaub in Deutschland im Jahre 2003, damals nach fünf Jahren in Jakarta, Erfahrungen und Erinnerungen und die lange Rückreise aus Deutschland auf einem Frachter von Hamburg nach Singapur und letztendlich wieder nach Hause, nach Jakarta, wo ich seit fast zwanzig Jahren arbeitete, lebte und glaubte, ein zu Hause gefunden zu haben. Viele Beobachtungen und Kommentare kommen aus der Sicht eines Auslandsdeutschen, – wennngleich auch nicht eines Emigranten – und eines Besuchers, der Deutschland nur alle paar Jahre sieht, wie im Zeitraffer-Film.

Dieser Urlaub, zu dem mich meine indonesische Frau in Deutschland begleitete, war lange erwartet, geplant und ersehnt. In die Planung eingeflossen waren der Besuch der Love-Parade in Berlin, Zusammenkunft mit Verwandtschaft, meinen erwachsenen Kindern und – speziell für meine Frau – ein repräsentativer Querschnitt durch Deutschland und das, was Deutschland ausmacht. Es war ein Versuch.

Ich bitte mir, meine zuweilen antiquierte Ausdrucksweise, Fehler in Rechtschreibung und Interpunktion nachzusehen, die sich nach Mühen nach dem richtet, was ich einmal gelernt habe2. Seither ist eine Rechtschreibreform durch das deutsche Land und seine Schulen getrieben worden, die mich nur noch weiter verunsichert hat. Man möge mir es – bitte – nachsehen und in Betracht ziehen, dass ich die letzten zwanzig Jahre kaum Deutsch gesprochen und noch viel weniger geschrieben habe.

Dieser Brief, eine Zusammenfassung mit Kommentaren, sollte eigentlich der Reihe nach von unseren Erlebnissen erzählen. Es ergab sich aber, dass ich beim Aufschreiben der Ferienereignisse an viele Einzelheiten aus meiner Vergangenheit erinnert wurde, denn dieser Urlaub, war – wie ich jetzt merke – eine Reise in frühere Zeiten meines Lebens. Während der Niederschrift erwies es sich als praktisch, den neuen Begebenheiten alte Erinnerungen gegenüberzustellen.

Ich habe den strengen Ratschlag meiner Tante in Berlin nicht befolgt „unter gar keinen Umständen mit dem Schiff zu reisen“, denn es sei sehr gefährlich, meinte sie. Mehr zu Terroristen und Piraten weiter unten im Text. Speziell für alle Zweifler am Sinn von Schiffsreisen, ja schlimmer noch von Frachterreisen, breite ich die Erzählung der seebedingten Beobachtungen und Gedanken in aller Ausführlichkeit aus, um Euch an meiner Reise so viel wie möglich teilhaben zu lassen und – auch das ist wichtig – Euch davon zu überzeugen, dass eine Seereise kein anachronistisches Absurdum ist, sondern eine interessante und im Wesentlichen angenehme Erfahrung. Vielleicht wird es Euch beim Lesen auch klarer, dass ich diese Reise einfach machen musste.

1 Gleich am Anfang die Antwort auf die Frage: „Was kostet so was?“ – Der Fahrpreis für die Überfahrt berechnet sich nach Tagen auf See (wie im Hotel), dabei kommt in diesem Fall etwa so viel zusammen wie ein Erste-Klasse-Flug auf der gleichen Strecke.

2 Dieser jetzt hier vorliegende Text ist allerdings doch von einem Rechtschreibprogramm verbessert und dann noch einmal von einem professionellen Korrektorat durchgesehen worden.

Der Anfang der Reise

Kiel, Reisevorbereitungen und Erinnerung

Auch hier wieder ein anderes Stück der Reise mit ‚damals‘-Aspekten. Mein erster und bisher einziger Besuch in Kiel war vor dreißig Jahren, damals mit meiner ersten großen Geologenexkursion, die mich über Zementfabriken in der Oberkreide, den Mannsfelder Kupferschiefer und geologischen Wattwanderungen nach Fehmarn führte, wo diese Exkursion bei sonnenglühender Sommerhitze und nach Besichtigung irgendwelcher fossiler Kakerlaken mit einem erfrischenden Bad in der Ostsee endete. Kein Wunder also, dass ich Kiel und seine Umgebung in guter und angenehmer Erinnerung hatte. Nun, obwohl ich vieles Schöne und Angenehme in diesem Reiseabschnitt erlebte, muss ich doch gleich sagen, wie sehr mich die Erinnerung trog: Das einst so freundlich erinnerte Stadtbild ist, bei diesem zweiten Hinsehen, doch wirklich nur Nachkriegsarchitektur von seiner grauesten Seite, klotzige Backsteinbauten, die einen schon im Sommer den kalten Wind durch die Jacke fühlen lassen, und Betonstrukturen in Form von Brücken und Anderem aus den sechziger Jahren. Nichts wirklich, was einen in ästhetische Verzückung geraten ließe. Selbst der Ausblick auf die Förde ist schwer beeinträchtigt durch Kais und Industrieanlagen. Schade drum. Wenigstens ist der Ostseestrand anderswo noch nicht verbaut.

Trotzdem war meine Zeit in Kiel schön, wert jede Stunde, und auch diesmal waren die sichtbaren Höhepunkte die Bäder in der kalten Ostsee. Um es der Reihe nach zu erzählen: Mein Sohn holte mich vom Bahnhof ab (so wie vor Wochen auch am Bahnhof in Berlin) und fuhr mich mit seinem Auto (dies meine erste Autofahrt mit meinem Sohn am Volant) nach Hohenfelde, wo seine Mutter ein winziges, aber wohnliches Häuschen hat. Hohenfelde ist ein unglaublich winziges Dorf, dessen wichtigster Vorzug darin besteht, ganz nah am Strand der Ostsee zu liegen. So ist es leicht möglich, zum Morgenoder zum Abendspaziergang, noch einen Gang zum Meer, Wind und Wellen zu unternehmen. Das taten wir, oft und mit Begeisterung, je nach Außentemperatur, um zu baden, zu sonnen, um Steinchen zu sammeln, oder nur einfach zu gucken, was denn so gerade in oder über dem Meer passiert. Die drei (oder vier, wenn man den Hund mitrechnet) gaben mir kleine Arbeiten (Hütte anstreichen), so dass nach jeder gemeinsamen Aktivität meine Spannung zunehmend von innerer Ruhe ersetzt wurde.

Gleichermaßen erfreulich, überraschend und interessant im Verlauf war meine Begegnung mit meinem ex-Schwager (der kleine Bruder meiner ex-Frau), erstmals nach über zwanzig Jahren, wobei ich feststellen musste, dass ich ganz vergessen hatte, dass ich dereinst mal sein Trauzeuge gewesen war. Jetzt also mein geschiedener Trauzeuge. Der ex-Schwager hat sich eine eigene Firma aufgebaut und bastelt medizinische Geräte, die bei der Reha helfen sollen und die er selbst entwickelt hat. Die Apparaturen verkaufen sich nach der schwierigen Anfangsphase inzwischen gut. Jedenfalls hat er alle wirtschaftlichen Sorgen ein gutes Stück hinter sich gelassen und lässt sich in seinem neuen, viel zu großen Auto bewundern, mit dem er samt Frau und Kindern angereist war. Ich erinnere mich, dass er es in der Schule wirklich schwer hatte (im Wesentlichen wegen äußerer Umstände), und frage mich, ob er diesen beruflichwirtschaftlichen sweet-spot und Erfolg, trotz oder gerade deswegen erreicht hat. Beachtlich ist es in jedem Falle.

Sommer an der Ostsee! Die Gartenhütte war nach dem Anstrich endlich getrocknet und roch gar nicht mehr toxisch, ein warmer Abend nach einem heißen Tag, wir aßen und tranken draußen, Wein, Bier und Bärwurz, Kinder schliefen im Garten. Eben ein richtiger Sommer. Auch in der Stadt Kiel, so sahen wir an einem Abend, liefen abends die Stadtmenschen zu Tausenden zusammen, um einen Biergarten im Park zu besuchen. Nicht weit davon und auf der freien Wiese: Grillgerüche, Zwei- und Vierbeiner, die miteinander spielen, Sommer.

Ein anderer Tag, wieder ein heißer Sommertag in diesem Jahr, war eine Einkaufstour, um Reisenotwendigkeiten wie Batterien, Seereiselektüre und ein Fernglas für mich für die Heimreise nach Jakarta zu erstehen, sowie die Zutaten, alles Mögliche und Unmögliche, für neun Pizzabeläge, die wir abends essen wollten, zusammenzutragen. So belanglos diese Einkaufstour auch gewesen sein mag, ich habe mich selten an einem schnöden Einkaufstag so schön geführt, begleitet und unterhalten gefühlt wie an diesem unbeschwerten Tag mit meinen Kindern. Ich werde mich lange an diesen Tag in der Fußgängerzone in Kiel (die ersten verkehrsfreie Innenstadt Deutschlands!) erinnern. Und so kommt es, dass ich Kiel trotz seiner Nachkriegs- und Backsteinhäßlichkeit wieder in guter Erinnerung habe.

Kurz zum Ende und weiter ins Meer: Kiel, Abschied, mit dem Zug nach Hamburg, Containerhafen, Schiff suchen, und dann Abreise, Rückreise, Weiterreise, Heimreise – was denn eigentlich genau?

Hamburg Hafen, August 2003

Wegen der Aufregung – denn man macht solche Reisen nicht oft – war ich viel zu früh dran. Die Agentin des Reisebüros für Frachterreisen, die mich immer gut betreut hatte, riet mir, mich gegen zehn Uhr morgens auf dem Schiff zu melden. Ihre klaren Anweisungen: „Nehmen Sie ein Taxi und fahren sie zum Burchardkai. Dort melden Sie sich und sagen, dass Sie Passagier für die Punjab Senator sind“. Mit dem Zug von Kiel kommend nahm ich ab Hamburg-Hauptbahnhof ein Taxi. Der Taxifahrer aus Syrien war erfreulich ortskundig. Der Burchardkai, wo die Containerschiffe warten, allerdings war ganz anders, als ich es mir – bekennende Landratte – vorgestellt hatte. Kein Gewusel von Piraten, Ballen von Tabak und Säcken von Kaffee, nein, eine sterile Industrieanlage. Gesicherter Eingang. „Wo wollen Sie hin?“, wurde ich durch dickes Panzerglas hindurch gefragt. Ich sagte mein Sprüchlein vom Passagier auf, der zu seinem Schiff will. „Warten Sie. Haben Sie einen Ausweis oder einen Pass?“ Nach einer Weile, einer halben Stunde des Wartens, kam ein Bus, groß wie ein Stadtlinienbus, um mich, einziger Mensch in der Wartehalle, abzuholen. „Ich fahre Sie zur Senator, richtig?“

Am Schiff – „Passen Sie auf mit den Kränen! Nicht über die gelben Linien treten!“, wurde ich freundlich von einem der dunkelhäutigen Seeleute empfangen, der mich flugs über die lange Aluleiter in ein Büro im Bauch des Schiffes führte. – „Grüß‘ Gott, ich bin Ihr Passagier bis Singapur“, stellte ich mich vor. Die Leute, nautische Offiziere, wie ich später erfuhr, die mit Verwaltung und Formularen beschäftigt waren, sahen kurz von ihrer Arbeit auf. Hatte ich mich besser mit „Moin, moin“ vorstellen sollen, anstatt mich als Bayer zu outen? Man hatte mich erwartet. Sie nahmen meinen Pass und mein gelbes Impfbuch entgegen. Sie blätterten darin; seitenweise indonesische Visa und ein Stempel aus Vietnam im Pass und dann die arabische Übersetzung meiner Impfungen (aus der Zeit als ich in Libyen arbeitete), riefen ein verhaltenes „Aha“ hervor. Ich wurde akzeptiert als jemand, der schon ein bisschen etwas von dieser Welt gesehen hatte. Wenigstens kein Hippie oder Journalist, dachten sie wohl.

Ich wurde in meine Kabine geleitet, eine Suite aus Wohn- und Schlafzimmer, die ich später noch beschreiben werde. „Wir fahren um fünfzehn Uhr. Die Messe ist unten auf dem A-Deck, Mittagessen gibt es um zwölf Uhr.“ Klare Anweisungen vom ‚master mariner‘, das stand auf seiner Karte. Fünf Stunden Zeit, um auszupacken, meine Sachen im Zimmer und über den Schreibtisch zu verteilen, den Laptop anzuschließen.

Nach dem Mittagessen saß ich noch in der Messe und schwatzte mit den anderen beiden Passagieren, als der ,master