Die Schmerzen der Krieger - Oliver Pautsch - E-Book

Die Schmerzen der Krieger E-Book

Oliver Pautsch

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Beschreibung

Der psychologische Thriller "Die Schmerzen der Krieger" erzählt von Alex, Hanna, Karin, Peter und Marc und ihrer verzweifelten Suche nach Liebe. Sie alle sind gefangen in einem Netz aus toxischen Beziehungen, Gewalt, Verachtung, Einsamkeit, Egoismus und dem ewigen Kampf um Macht und Sex. Ein Stück über Liebende, Alleingelassene, Patienten, die ihre Thera¬peutin begehren, Serienmörder, Erwartungen, falsche Fährten und Wahrheiten, die tödlich sein können. Die stage&screen edition5p stellt Theaterstücke und Drehbücher von Oliver Pautsch zur Verfügung.

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Seitenzahl: 66

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PERSONEN:

HANNA - Ende Zwanzig

ALEX - Mitte Dreißig

KARIN - Anfang Dreißig

PETER - Ende Dreißig

Außerdem:

MARC - Ende Zwanzig - sprachloses Opfer

SPIELORTE:

Eine Wohnküche

Ein Praxiszimmer

Ein Hotelzimmer

Eine Einzelzelle

Inhaltsverzeichnis

Szene

Szene

Szene

Szene

1. Szene

Eine Wohnküche wie tausend andere. HANNA sitzt am Küchentisch, den Kopf in den Armen vergraben. ALEX, neben ihr, wiegt sie tröstend. Auf dem Tisch zwei Flaschen Rotwein, eine leer, eine halbvoll.

ALEX

Hat er noch was gesagt? Ich meine … hör doch auf zu weinen. Hat Marc irgendwas gesagt?

Sie schüttelt den Kopf.

ALEX

So ein Arschloch!

HANNA (ohne aufzusehen)

Meine Schuld.

ALEX (sarkastisch)

Ja sicher. Es war schon bei Erik deine Schuld. Und Paul hat dich nur verlassen, weil du nicht oft genug mit ihm gefickt hast. Hat er das nicht behauptet? Es war IMMER deine Schuld.

(wütend)

So ein Schwachsinn!

Sie beginnt wieder zu schluchzen.

ALEX (tröstend)

Hör mal, du weißt, dass ich dich sofort heiraten würde.

HANNA

Fang nicht wieder damit an.

ALEX

Diese verdammten Arschlöcher!

HANNA

Paul wäre vielleicht zurückgekommen.

Er beginnt, aufgeregt im Raum herumzulaufen.

ALEX

Ja? Wäre er das? Wann?

Sie schweigt ohne aufzusehen. Er reißt ihr Gesicht hoch und starrt sie an.

ALEX

Wann? Wenn er mit der anderen Kleinen fertig gewesen wäre? Oder hätte er sie mitgebracht? Hierhin? Zu dir? Hättet Ihr es zu dritt versucht? (brüllend)

Hättest du das?

HANNA

Hör auf. Paul hatte Angst vor dir. Alle haben Angst vor dir.

ALEX

Nicht meine Schuld. Hast du Angst … ich meine, wie ist es mit dir?

HANNA

Ich weiß nicht … nein.

ALEX

‚Nein‘ was?

HANNA

Du bist unberechenbar.

ALEX

Was bin ich sonst noch? Für dich?

HANNA

Du kannst mich nicht vor allem beschützen.

Er beginnt wieder zu tigern. Auf und ab.

HANNA

Du bist mein Bruder … Du bist mein Vater. Und du bist mein bester Freund. Du bist alles!

ALEX

Nicht alles. Ich bin nicht dein Liebhaber. Das bin ich nicht.

HANNA

Aber alles andere.

Er bleibt plötzlich stehen. Brüllt Hanna an.

ALEX

Warum kommst du damit immer zu mir?

(leiser)

Warum rufst du mich jedes Mal?

HANNA (leise)

Alex. Wir haben schon so oft darüber geredet. Weil du alles bist.

ALEX

Nicht schon wieder. Nicht dieses Mal.

HANNA

Habe ich dich um etwas gebeten?

Lange Pause. Er denkt nach.

ALEX

Habe ich jemals etwas unternommen, ohne dass du davon wusstest?

Sie nickt ernst. Schweigen.

ALEX

Nein. Bei Erik war das anders. Erik hat damals den Streit angefangen. Und verloren.

HANNA

So einfach war das für dich?

Er stutzt, dann wirft er einen Stuhl mit ohnmächtiger Wut gegen eine Wand, an der er zerbricht.

ALEX

Glaubst du, es hat mir Spaß gemacht? … Also gut. Du willst es nicht anders!

Er stürmt aus dem Raum.

HANNA

Alex …!

Sie ist allein. Trinkt. Denkt lange nach. Geht im Raum auf und ab.

Plötzlich stürzt sie ans Telefon, wählt.

HANNA (zu sich)

Nein, Alex. Diesmal nicht. Vielleicht hätten wir einfach nur einmal miteinander schlafen müssen, und es wäre nie so weit gekommen …

Sie tigert mit dem Telefon in der Hand im Raum umher.

HANNA

Marc, geh ‘ran, verdammt … Aber wir waren Nachbarn, haben gespielt. Wir haben nach der Schule im Garten Buden gebaut, und wir haben nur gespielt und heute … Marc geh‘ endlich ‚ran …

(ins Telefon)

Marc? Ich bin’s, Hanna. Hör mir zu, ein Glück, dass du …

(entsetzt / ins Telefon)

Alex!?

Sie lässt das Telefon fallen. In diesem Moment betritt Alex wieder den Raum, er hält ein Handy in der Hand, zerrt jemand hinter sich her und wirft ihn Hanna vor die Füße.

Der Typ am Boden blutet und ist halb bewusstlos - Marc.

HANNA (erschrocken)

Marc!

ALEX

Er stand vor deiner Tür. Ich musste ihn nur noch pflücken. Ist das nicht ein Glück?

(böse)

Wolltest du ihn warnen?

HANNA

Lass ihn gehen. Bitte!

Alex wirft Marcs Handy in eine Ecke.

ALEX

Das hättest du dir vorher überlegen müssen.

Er stellt seinen Fuß auf das Bündel Mensch am Boden.

ALEX

Du wolltest, dass er Schmerzen hat. So wie du. Oder?

Ein Tritt in Marcs Nieren. Hanna will Marc helfen. Er stößt sie zurück.

ALEX

Neeneenee … Nun hat er Schmerzen. Ich puste ihn aus …. jetzt gleich.

Willst du das?

HANNA

Nein! Lass ihn!

Das Bündel beginnt nach einem weiteren Tritt zu wimmern. Alex reißt ihn auf die Füße, betrachtet ihn mitleidig. Voller Abscheu.

ALEX (zu Marc)

Dabei hast du nie eine Chance gehabt. Nein. Hattest du nicht. Nicht wirklich.

Er zieht einen Revolver aus seinem Hosenbund, hält ihn Marc an den Kopf.

HANNA

Alex, nicht!

ALEX (zu Marc)

Ich bin dein Gewissen. Ich bin deine Schande, und ich bin der Tod …

Kannst du was dafür? Kann sie was dafür?

Marc schüttelt wie paralysiert den Kopf. Das gefällt Alex.

ALEX

Siehst du. Wessen Schuld ist es dann? Meine?

Wieder ein Kopfschütteln.

ALEX

Nein? Vielleicht doch … Erik hat es wenigstens versucht.

(zu ihr)

Erik hatte seine Eier nicht nur, um es dir zu besorgen.

(zu ihm)

Erik hat versucht zu kämpfen.

(zu ihr)

Unser kleiner Marc empfängt einfach nur seine Strafe. (zu ihm)

Du hast gewusst, dass ich irgendwann bei dir auftauchen würde. Ist es nicht so? Du wolltest lebend aus der Sache raus. Deshalb bist du hier. Hast es nicht mehr ausgehalten, wie?

HANNA

Vielleicht wollte Marc einfach nur mit mir reden …

ALEX (unterbrechend)

... Oh, ja. Ganz sicher …

(zu ihr /übertrieben imitierend)

... Danke für die schöne Zeit, Hanna, aber ich muss leider weiterziehen …

(zu ihm /böse)

... Nein! Du hast unten auf der Straße vor ihrer Tür gestanden und gewusst, dass ich da sein würde. Du WILLST deine Strafe!

HANNA

Alex …

Er hält den knienden Marc weiter am Kragen fest und richtet seine Waffe auf Hanna.

ALEX (zu ihm)

Warum bleibt ihr Jungs nicht einfach mit Hanna zusammen? Behandelt sie anständig? Warum zum Teufel geht das nicht? … Wäre es dir lieber, wenn ich SIE erschieße?

Keine Reaktion von Marc.

ALEX

Du kannst es dir aussuchen, Marc. Sie oder du.

Keine Reaktion. Marc ist starr vor Angst.

ALEX

Ich sollte euch alle beide kaltmachen. Dann wäre ich frei. Ist gar nicht so schwer. Nach dem ersten Mal hat man sich daran gewöhnt. Bei Paul hat es sogar fast Spaß gemacht. Der Wichser wollte seine Strafe. So wie du. Aber wofür?

Ein Schlag mit der Waffe auf Marcs Kopf. Der wimmert.

ALEX

Wofür willst du deine Strafe? Dafür, dass du mit ihr gevögelt hast?

Oder fürs Sitzenlassen?

(zu ihr)

Warum bleibt ihr nie zusammen?

(zu ihm / drohend)

Ihr ward doch verliebt, oder? Nicht verliebt? Nein? Hast du wenigstens ein Kondom benutzt?

Keine Reaktion von Marc.

ALEX (lachend)

Liebe kann dich nicht schützen, Marc. Oder spielst du gern Roulette?

Er beginnt, seinen Trommelrevolver zu entladen, während er weiterredet.

Eine Kugel fällt auf den Tisch.

ALEX

Kondome schützen. Noch nie gehört? Siehst du kein Fernsehen?

Die zweite Kugel fällt auf den Tisch.

ALEX

Vögelst du viel in der Gegend rum? Marc?

Die dritte Kugel fällt auf den Tisch.

ALEX

Hee! Ich rede mit dir!

HANNA (flehend)

Hör doch endlich auf, Alex.

ALEX (fröhlich)

Wieso? Is wie‘n Werbespot vom Bundesgesundheitsamt.

(irre singend)

Kondome schützen!

Die vierte Kugel fällt auf den Tisch.

ALEX

Oder, Marc?

Die fünfte Kugel fällt aus dem Revolver auf den Tisch. Alex dreht die Trommel, lacht verrückt und fuchtelt mit dem Revolver herum.

ALEX

Huhhhhh! Russisches Roulette!

(gefährlich flüsternd)

Sie haben es uns beigebracht, Kleiner. Immer wieder. Ohne Gummi reitest du mit dem Tod.

HANNA

Wir haben mit … Wir haben eins benutzt.

ALEX

Wirklich? Glaube ich nicht. Ist auch egal. Zwei sind schon tot … Vielleicht bin ICH deine Krankheit, Hanna.

Alex zielt auf Hanna.

ALEX (zu Marc)

Vor mir kann kein Scheißgummi schützen. Habt ihr? Oder hat sie gelogen?