Die Sehnsucht lässt mich nicht mehr los - Lucy Monroe - E-Book

Die Sehnsucht lässt mich nicht mehr los E-Book

Lucy Monroe

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Beschreibung

Wie hat sich Sebastian verändert! Aus dem jungen Griechen ist ein harter, millionenschwerer Unternehmer geworden, der ihren Puls aber immer noch zum Rasen bringt. Als er sie nach Athen einlädt, weiß Rachel genau, was er von ihr will. Doch geht es ihm wirklich nur um Lust?

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Seitenzahl: 198

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IMPRESSUM

Die Sehnsucht lässt mich nicht mehr los erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2005 by Lucy Monroe Originaltitel: „The Greek’s Innocent Virgin“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 1691 - 2006 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Dr. Susanne Hartmann

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 8/2024

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751535380

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, , HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Wie betäubt verließ Rachel Long das Grab ihrer Mutter. Andrea Demakis war im Alter von fünfundvierzig Jahren gestorben, und Rachel empfand nichts, keine Empörung darüber, dass ein Leben so plötzlich ausgelöscht worden war, keinen Schmerz über den Verlust eines Elternteils, keine Angst vor der Zukunft.

Sie fühlte einfach nichts, nicht einmal Erleichterung. Es bestand keine Gefahr mehr, dass Andrea den Menschen ihrer Umgebung das Leben mit ihren Gefühlsausbrüchen schwer machte. Dennoch fühlte Rachel sich nicht befreit, sondern nur wie betäubt angesichts der Endgültigkeit des Todes.

Langsam ging sie weg, und es kam ihr so vor, als entfernte sie sich immer weiter von ihrer Mutter, die nur ein einziges Ziel gehabt zu haben schien: das Leben um jeden Preis in vollen Zügen zu genießen.

Der Gottesdienst war längst vorbei, und die anderen Trauergäste waren gegangen. Nur Sebastian Kouros war noch da, er stand reglos neben dem Grab seines Großonkels. Mit stoischer Miene hatte er unter der heißen Sonne Griechenlands die erste Hand voll Erde auf den Sarg geworfen.

Rachel blieb neben Sebastian stehen. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte und ob sie überhaupt etwas sagen sollte. Seine Familie hatte ihre Mutter verachtet, und an diesem Tag waren viele geringschätzige Blicke auf Rachel gerichtet worden. Zweifellos ist sie aus dem gleichen Holz geschnitzt wie ihre Mutter, besagten sie. Es tat Rachel immer noch weh, egal, wie oft ihr das schon passiert war. Nur Sebastian hatte sie anders behandelt, er hatte seine Abneigung gegen Andrea Demakis nie auf ihre Tochter übertragen. Er war immer nett zu Rachel gewesen, hatte sich niemals über ihre Schüchternheit lustig gemacht und sie sogar beschützt.

Er hatte seinen Großonkel überzeugt, Rachels Studium zu finanzieren. Aber würde Sebastian weiterhin so tolerant sein? Schließlich wussten alle, warum der ältere Mann tot war. Er hatte die falsche Frau geheiratet. In den vergangenen Jahren war er sicher dem Tod einige Male nahe gewesen, denn Andrea hatte ihn zu sportlichen Heldentaten angestachelt, die er besser wesentlich jüngeren Männern überlassen hätte. Aber dabei war er nicht gestorben, sondern bei einem Autounfall umgekommen. Nach einer weiteren schrecklichen Auseinandersetzung mit Andrea war er angetrunken und gestresst losgefahren.

Er hatte seine junge Frau mit einem anderen Mann im Bett erwischt … wieder einmal.

Andrea und ihr Mann hatten sich vor Zeugen gestritten und dann die Party verlassen. Und sie waren beide bei dem Autounfall gestorben.

Also was sollte Rachel zu Sebastian Kouros sagen, der um seinen Großonkel trauerte?

Worte konnten den Kummer der vergangenen sechs Jahre nicht ungeschehen machen und den Schmerz über den Verlust des Mannes nicht lindern, der ihm seit seiner Kindheit den Vater ersetzt hatte. Trotzdem musste sie es versuchen.

Sie griff nach seiner Hand. „Sebastian?“

Sebastian Kouros spürte die schlanken Finger an seiner Hand, hörte Rachel zögernd seinen Namen sagen und kämpfte gegen den Wunsch an, seine Wut auf eine tote Frau an ihrer Tochter auszulassen. „Was ist, Kleines?“ Der Kosename rutschte ihm einfach heraus, obwohl er keineswegs Zärtlichkeit für sie empfand. Aber Rachel war wirklich relativ klein – ein Meter dreiundsechzig gegenüber seinen eins neunzig. Er war dem Beispiel seines Großonkels gefolgt und nannte sie so, seit er sie kennengelernt hatte.

„Du wirst ihn vermissen. Es tut mir leid.“

Ihre sanfte Stimme berührte ihn sehr. Das durfte er jedoch nicht zulassen, um die mühsam bewahrte Fassung nicht zu verlieren. Er blickte Rachel an, sah aber nur kastanienbraunes Haar, das zu einem konservativen Zopf geflochten war. Sie hatte das Gesicht abgewandt. „Mir auch.“

Jetzt erwiderte sie seinen Blick. „Er hätte Andrea niemals heiraten sollen.“

„Durch die Heirat hat sich doch dein Leben auch verändert, oder?“

Rachel errötete. „Zum Besseren, ja. Das kann ich nicht bestreiten.“

„Dennoch hast du es vorgezogen, in den Vereinigten Staaten einen Job anzunehmen und nur für einige Wochen im Jahr nach Griechenland zu kommen.“

„Ich habe nicht in das Leben gepasst, das die beiden geführt haben.“

„Hast du es versucht?“, fragte Sebastian kalt.

Sein Ton verwirrte sie. „Ich wollte nicht. Andreas hektisches gesellschaftliches Leben hat mir nie gefallen.“

„Matthias hat so viel für dich getan. Hast du nie daran gedacht, auf deine Mutter einzuwirken und ihr vor Augen zu führen, welche Auswirkungen ihr egoistisches Verhalten auf meinen Großonkel hatte?“

Rachel ließ Sebastians Hand los. „Man kann nicht das Leben eines anderen Menschen für ihn führen.“

Im Grunde wusste er, dass Rachel recht hatte. Ihm war es nicht gelungen, seinen Großonkel davon abzuhalten, die verhängnisvolle Ehe einzugehen. Aber für logische Gedanken war in seiner Trauer kein Platz.

„Du hast von der Heirat profitiert. Zumindest hättest du versuchen können, Andrea zu mäßigen.“

„Ich hätte nichts tun können!“, erwiderte Rachel energisch.

Aber ihre schuldbewusste Miene verriet, dass sie sich ebenfalls fragte, ob sie hätte verhindern können, dass es durch Andreas Benehmen mit Matthias stetig bergab gegangen war.

„Vielleicht wolltest du es gar nicht versuchen.“

Sie zuckte zusammen. „Ich hatte es schon vor langer Zeit aufgegeben, Andrea in irgendeiner Weise zu beeinflussen.“

Sebastian sah ihr an, wie verletzt und unglücklich sie war. Plötzlich verspürte er den völlig unpassenden Wunsch, sie zu küssen, bis sich in ihrem Blick süße Leidenschaft spiegelte anstatt des Kummers über die Vergangenheit.

Verdammt. Seine Trauer sollte keinen Raum lassen für diese unerklärliche Sehnsucht. Jedes Mal wenn er in die Nähe der schönen, aber reservierten Rachel kam, packte ihn dieses erschreckende Begehren. Es gefiel ihm überhaupt nicht, dass er Rachel so sehr begehrte, obwohl er ihre Mutter zutiefst verachtet hatte.

Eigentlich müsste er Rachel genauso verachten wie ihre egoistische, skrupellose Mutter.

Rachel war beklommen zumute, als sie in das Arbeitszimmer ging, das Matthias Demakis’ Reich gewesen war. In der großen Villa auf der griechischen Insel, die der Familie gehörte, war es der einzige Raum, den Andrea nicht neu eingerichtet hatte. In diesem Zimmer mit den roten Polstersesseln und der dunklen Holztäfelung war Rachel zwei Mal sehr glücklich gewesen, zum ersten Mal an dem Abend, als Matthias ihr gesagt hatte, sie brauche nicht länger an den Partys ihrer Mutter teilzunehmen, und zum zweiten Mal an dem Morgen, als der ältere Mann sie darüber informiert hatte, dass er sie zum Studium nach Amerika schicken würde.

Rachel war zur Verlesung der Testamente nach unten gerufen worden. Seit ihrem Gespräch mit Sebastian am Vortag hatte sie die meiste Zeit in ihrem Zimmer verbracht. Die Familien Kouros und Demakis hielten sich in der Villa auf, und Rachel hatte keine Lust, den Sündenbock für ihre Trauer und ihren gerechtfertigten Zorn abzugeben. Sie war nicht diejenige, die Matthias Demakis’ Leben zerstört hatte.

Ihr vorzuwerfen, dass sie nicht versucht hatte, ihre Mutter zu mäßigen, war lächerlich, aber Rachel hatte über Sebastians Anschuldigung nicht lachen können. Er machte sie für die Missetaten ihrer Mutter verantwortlich, und das tat weh.

Sebastian war der einzige Mann auf der Welt, den Rachel jemals sexuell begehrt hatte. Sie hatte ihm so sehr vertraut, dass sie mit ihm schwimmen gegangen war und spätabends allein mit ihm auf einem Balkon der alten Villa gesessen und geredet hatte. Doch er hasste sie. Der Tod ihrer Mutter hatte Rachel nicht hart getroffen, sie litt jedoch Seelenqualen, weil Sebastian für sie nun unerreichbar war.

Sie hatte dreiundzwanzig Jahre lang den Preis dafür bezahlt, Andreas Tochter zu sein. Musste sie ihn nach dem Tod ihrer Mutter weiterhin zahlen?

„Miss Long, nehmen Sie bitte Platz.“ Der weißhaarige Anwalt hatte jahrzehntelang für Matthias gearbeitet und strahlte noch immer eine bewundernswerte Vitalität aus.

Genauso viel Vitalität hatte Matthias ausgestrahlt, ehe er eine fünfundzwanzig Jahre jüngere Frau geheiratet hatte.

Rachel ging zu dem kleinen Sofa im hinteren Teil des Raums. Sie setzte sich und strich nervös über ihre weite helle Hose.

Phillippa Kouros, Sebastians Mutter und Matthias’ Nichte, kam herein und setzte sich neben ihren Sohn. Obwohl Sebastian mit dem Rücken zu ihr saß, konnte Rachel erkennen, dass er sich besorgt um seine Mutter kümmerte, bevor er den Anwalt ansah und ihm die Erlaubnis gab anzufangen.

Er verlas zuerst Andreas Testament. Sie hatte alles ihrem Ehemann hinterlassen. Falls er vor ihr starb, sollte ihr gesamter Besitz an Rachel gehen. Die Reihenfolge überraschte sie nicht. Andrea hatte nicht damit gerechnet, dass Matthias sie überlebte. Zweifellos hatte sie ihm mit der Verfügung nur beweisen wollen, dass sie ihn mehr liebte als ihre Tochter.

Matthias Demakis’ Testament war jedoch eine Überraschung. Er hatte zwar einige Dinge mit Erinnerungswert Mitgliedern seiner Familie und Rachel hinterlassen, aber Sebastian erbte den Großteil seines Vermögens einschließlich der Villa. Matthias hatte überhaupt keine Vorkehrungen für seine jüngere Frau getroffen und auch keine Anweisungen erteilt, dass Sebastian für die Witwe sorgen sollte. Da Matthias gewusst hatte, was seine Verwandten von Andrea hielten, war dieses Versäumnis nach Rachels Meinung sehr aufschlussreich. Offensichtlich hatte sich Matthias über seine Frau keine Illusionen mehr gemacht.

Der Anwalt legte das Dokument hin und sah Rachel an. Prompt sahen auch alle anderen sie an. „Bei der Untersuchung des Unfallhergangs hat man nicht feststellen können, wer von den beiden zuerst tot war.“ Er blickte von Rachel zu Sebastian. „Ich bin jedoch sicher, die Familie wird nichts dagegen haben, dass Sie die persönlichen Habseligkeiten Ihrer Mutter mitnehmen.“

Sebastian schüttelte den Kopf.

Sie fühlte nichts, schon gar nicht Freude darüber, irgendetwas zu erben, was Andrea dank ihrer schändlichen Lebensweise an Wertsachen erworben hatte. Das, was für Rachel wirklich wichtig gewesen wäre, hatte ihre Mutter mit ins Grab genommen: die Identität von Rachels Vater. Andrea hatte sich beharrlich geweigert, über dieses Thema zu reden.

Sebastian sah auf, als es klopfte. Die Tür des Arbeitszimmers war offen, aber Rachel blieb zögernd auf der Schwelle stehen. Ungeduldig winkte er sie herein. Er hatte mit ihrem Besuch gerechnet. Seltsamerweise freute er sich jedoch nicht darüber, dass seine Vermutung richtig gewesen war. Aber was habe ich erwartet? fragte er sich zynisch. Sie war wie ihre Mutter, obwohl er immer hatte glauben wollen, sie wäre anders und nicht so habgierig.

„Ich will nicht stören.“ Rachel betrat vorsichtig das Zimmer.

„Wenn ich meine Ruhe brauchte, wäre die Tür geschlossen.“

Rachel vermied es, ihn direkt anzusehen. „Hast du einen Moment Zeit? Ich muss einige Dinge mit dir besprechen.“

Er nickte und zeigte auf einen der roten Sessel. „Nimm Platz. Ich weiß, worüber du reden möchtest, und ich bin sicher, dass wir uns einigen können.“

Sie hatte die Neuigkeit, dass sie so gut wie nichts geerbt hatte, viel zu gelassen aufgenommen. Als Tochter der intriganten Andrea hatte Rachel nach dem Tod ihres reichen Stiefvaters bestimmt eine großzügige Abfindung erwartet. Sie war sicher schwer enttäuscht. Die kleine Büchersammlung über hellenische Kultur, die Matthias ihr vermacht hatte, war nichts weiter als eine sentimentale Erinnerung an die Abende, an denen er mit seiner Stieftochter über griechische Geschichte gesprochen hatte. Wenn Rachel die Sammlung verkaufte, würde sie nicht viel dafür bekommen.

Sebastian sah keinen Grund, Rachel eine Abfindung zu verweigern … wenn sie dafür gelobte, Stillschweigen über die Ehe ihrer Mutter mit Matthias Demakis zu bewahren. Er wollte keine schmutzigen Geschichten in der Sensationspresse lesen.

Rachel setzte sich in den Sessel, dessen hohe Lehne sie wie ein Kind aussehen ließ – oder wie eine Elfenkönigin. Rachel hatte nicht die Figur eines Kindes. Die helle Hose und das Top zeigten die Rundungen zwar nicht, aber Sebastian hatte sie gesehen, als er gelegentlich im Pool seines Großonkels mit ihr geschwommen war. Sie war so anspruchslos und konventionell, wie ihre Mutter extravagant und moralisch verdorben gewesen war. Zumindest dem äußeren Anschein nach.

Ist ihre Unschuld gespielt oder echt? überlegte Sebastian.

In Anbetracht des Gesprächs, das sie mit ihm führen wollte, musste er wohl davon ausgehen, dass sie nicht so unschuldig war, wie sie tat.

„Ich sollte nicht überrascht sein, dass du mich erwartet hast.“ Rachel lächelte flüchtig. „Du hast schon immer Dinge begriffen, die andere übersehen haben.“

„Mit Sicherheit habe ich mehr begriffen als mein Onkel. Er hat deine Mutter erst viel zu spät durchschaut.“

Rachels Miene wurde ausdruckslos. „Da hast du wahrscheinlich recht.“

„Ich nehme an, darüber willst du mit mir sprechen, oder?“ Über die Tatsache, dass Matthias seine habgierige, treulose Ehefrau schließlich durchschaut hatte und weder ihr noch ihrer Tochter irgendetwas wirklich Wertvolles hinterlassen hatte.

„Na ja, nicht unbedingt darüber. Ich muss bald zurück an meinen Arbeitsplatz. Und die Sachen meiner Mutter sind noch durchzusehen.“

„Möchtest du diese Aufgabe an die Hausangestellten delegieren?“

„Nein.“ Rachel verzog den Mund, als wäre ihr der Gedanke zuwider. „Das wäre nicht richtig, aber ich würde gern wissen, was ich mit den Sachen machen soll.“

„Die Entscheidung musst du allein treffen.“

„Ich habe vor, die Kleider und den Schmuck einer Wohltätigkeitsorganisation zu spenden. Mir ist jedoch eingefallen, dass Matthias ihr möglicherweise Familienschmuck geschenkt hat. Den sollen Fremde sicher nicht bekommen, oder?“

Ah, das fing ja gut an. „Und du willst mir vorschlagen, dass ich ihn dir abkaufe?“

Rachel sah ihn mit großen Augen an. „Mach dich nicht lächerlich. Du sollst nur prüfen, bei welchen Schmuckstücken es sich um Familienschmuck handelt. Wenn du keine Zeit hast, ist vielleicht deine Mutter bereit, alles durchzusehen. Ich kann es jedenfalls nicht, und ich will dir das, was euch gehört, zurückgeben, ehe ich anderweitig über die Sachen meiner Mutter verfüge.“

„Du beabsichtigst, mir die Familienerbstücke zu schenken?“

„Natürlich.“ Rachel blickte ihn an, als zweifelte sie an seiner Intelligenz.

Mit dieser Entwicklung hatte Sebastian nicht gerechnet, und er lächelte leicht.

„Außerdem wäre es wirklich sinnvoll, wenn jemand mir beim Aussortieren in Andreas Schlafzimmer hilft, bevor ich die Packer kommen lasse. Die Gegenstände mit Erinnerungswert sollten im Besitz deiner Familie bleiben.“

„Packer?“

„Ich habe mich mit einer internationalen Kinderhilfsorganisation in Verbindung gesetzt. Die Leute haben sich bereit erklärt, Andreas Sachen abzuholen und sie zu versteigern.“

Trotz seines scharfen Verstands brauchte Sebastian einen Moment, um die Tragweite von Rachels Worten zu begreifen. „Du willst nichts behalten?“, vergewisserte er sich verblüfft.

„Nein.“

„Aber allein die Kleidungsstücke deiner Mutter sind ohne Weiteres über einhunderttausend amerikanische Dollar wert.“

„Darüber wird sich die Wohltätigkeitsorganisation sicher sehr freuen.“

„Dir bedeutet es nichts?“ Sebastian weigerte sich, das zu glauben. Niemand würde so leichtfertig darauf verzichten, Gewinn zu machen. „Und die Wohnung in New York? Hast du vor, die auch für wohltätige Zwecke zu spenden?“

„Sie hat eine Wohnung in New York besessen?“ Rachel klang eher verärgert als außer sich vor Freude.

„Willst du die auch einer karitativen Einrichtung spenden?“, wiederholte er.

„Nein, natürlich nicht.“

„Das dachte ich mir.“

„Wenn du den entsprechenden Vertrag aufsetzen lässt, überschreibe ich dir das Apartment.“

Sebastian sprang auf. „Was für ein Spiel treibst du hier eigentlich?“

„Ich treibe kein Spiel“, entgegnete Rachel ziemlich heftig. „Vielleicht hast du recht, und ich hätte versuchen sollen, Andrea in ihren zweifelhaften Aktivitäten zu bremsen. Ich habe es nicht versucht, und damit muss ich jetzt leben. Keinesfalls werde ich irgendeinen Nutzen aus ihrer Ehe mit Matthias ziehen.“

Entweder war Rachel die beste Schauspielerin, die er jemals gesehen hatte, oder sie war völlig aufrichtig. „So große Gesten kannst du dir sparen“, erwiderte er gereizt. Wahrscheinlich wollte sie ihm nur beweisen, dass seine Anschuldigungen vom Vortag ungerechtfertigt gewesen waren. „Zwar besteht kein Zweifel daran, dass deine Mutter meinen Onkel manipuliert und nach allen Regeln der Kunst ausgenutzt hat, aber in finanzieller Hinsicht hat sie ihn nicht viel gekostet.“ Sebastian zählte die wenigen Grundstücke und Autos auf, die Matthias seiner Frau während der sechsjährigen Ehe geschenkt hatte. Nichts davon wollte Sebastian haben. Der Schaden, den Andrea angerichtet hatte, war eher immateriell. Sie hatte Matthias und in gewisser Weise auch seine Familie immer wieder und viel zu sehr verletzt.

„Dann sollte es ja für deine Anwälte einfach sein, dafür zu sorgen, dass alles, was er Andrea geschenkt hat, an dich und deine Familie zurückübertragen wird.“

„Mein Onkel hätte nicht gewollt, dass du auf dein Erbe verzichtest. Ich lehne es ab, das zu akzeptieren.“

Rachel lächelte amüsiert. „Du bist so sehr daran gewöhnt, deinen Willen durchzusetzen, dass du sicher bist, mir etwas vorschreiben zu können.“

„Und das findest du lustig?“

Ihr Lächeln verschwand. „Eigentlich nicht. Wie ich über Andreas Besitz verfüge, ist meine Sache. Wenn du die Rücknahme verweigerst, werde ich alles spenden. Ich will nichts von meiner Mutter haben, überhaupt nichts.“

„Es ist zu spät. Du hast zumindest ihre Gene in dir.“ Die zynischen Worte waren heraus, bevor sich Sebastian eines Besseren besinnen konnte. Er fluchte auf Griechisch, als Rachel blass wurde.

Sie stand auf, am ganzen Körper zitternd. Der schmerzerfüllte Blick, den sie Sebastian zuwarf, wirkte wie eine Anklage. „Wenn du mir die Verträge zur Rückübertragung nicht bis zu meiner Abreise zur Unterschrift vorlegst, werde ich mich in Amerika um den Verkauf von Andreas Besitz kümmern und den Erlös für eine gute Sache spenden.“ Rachel drehte sich um und ging aus dem Zimmer.

Sebastian blickte ihr frustriert nach. Verdammt, warum hatte er das gesagt?

Sie war ins Arbeitszimmer gekommen, und seine vorgefasste Meinung über sie hatte sich als unhaltbar erwiesen. Obwohl sie bewiesen hatte, dass sie anders war als ihre Mutter und sich von ihr nicht hatte beeinflussen lassen, hatte er Rachel höhnisch daran erinnert, dass sie Andreas Tochter war.

Es war unfair von ihm gewesen, und er hatte sie damit offensichtlich verletzt.

Sebastian hätte nicht sagen können, wann er sich zuletzt bei einer Frau entschuldigt hatte. Aber jetzt musste er es tun.

Rachel saß Phillippa gegenüber und fragte sich, warum sie sich eingeredet hatte, sie müsse zusammen mit der Familie zu Abend essen. Es war ihr unhöflich vorgekommen, noch einmal darum zu bitten, dass ihr das Essen auf ihrem Zimmer serviert wurde. Und dann hatte Sebastian ihr durch eine Hausangestellte ausrichten lassen, er erwarte, dass sie zum Abendessen erscheinen würde. Rachel hatte ihn nicht beleidigen wollen.

Warum interessierte es sie, was dieser Tyrann von ihr dachte? Dass er in der Vergangenheit freundlich zu ihr gewesen war, zählte nicht. Er hatte ihr gezeigt, dass er wie alle überzeugt war, sie sei genauso wie ihre Mutter. Es spielte keine Rolle, dass er der einzige Mann war, auf den sie jemals körperlich reagiert hatte. Er war der Held ihrer Träume gewesen, und sie musste diese jugendlichen Fantasien für immer überwinden.

Und das bedeutete, sie musste sich bemühen, es zu einem völligen Bruch mit den Familien Kouros und Demakis kommen zu lassen.

Trotzdem versuchte Rachel, sich mit Sebastians Mutter zu unterhalten. Die ältere Frau war offenbar sehr traurig, und Rachel mit ihrem weichen Herzen konnte es nicht ignorieren.

Sebastian war gleich zu Beginn des Essens wegen eines wichtigen Anrufs aus dem Ausland weggerufen worden. Sein Bruder und die anderen Angehörigen hatten die Insel verlassen, nachdem die Testamente verlesen worden waren.

„Ich habe einen Kräutergarten auf der kleinen Terrasse meiner Wohnung in Südkalifornien“, erzählte Rachel, als der Salat serviert wurde.

Gartenarbeit war Phillippas große Leidenschaft, und Rachel war dankbar, ein Thema gefunden zu haben, das nichts mit dem schmerzlichen Verlust, den die Familie erlitten hatte, zu tun hatte.

„Basilikum und Minze wachsen in Töpfen besonders gut“, erwiderte Phillippa, deren Miene sich vor Interesse aufhellte. „Ich hätte nicht vermutet, dass du Gartenarbeit magst. Andrea war allein schon bei dem Gedanken entsetzt, sich die Hände schmutzig zu machen.“

„Meine Mutter und ich hatten sehr wenig gemeinsam.“

„Das ist bedauerlich.“

„Ja.“ Was hätte Rachel auch anderes sagen sollen?

„Mütter und Töchter haben oft viele Gemeinsamkeiten. Meine Mutter hat mich viele Dinge gelehrt, nicht zuletzt die Liebe zum Gärtnern.“

„Sie war bestimmt eine ganz besondere Frau.“

„Ja, das war sie. Sie und mein Onkel Matthias haben sich immer sehr nahe gestanden.“ Der Kummer kehrte zurück und schien sich wie ein Mantel um Phillippa zu legen.

„Hast du deinen Söhnen beigebracht, im Garten zu arbeiten?“ Rachel konnte sich wirklich nicht vorstellen, dass sich Sebastian oder Aristide für Pflanzen interessierten, aber sie hoffte, dass die Frage Phillippa ablenkte.

Sie lächelte nachsichtig. „Nein. Die beiden hatten für so ein Hobby nie Zeit. Ich habe zwei wundervolle Söhne, doch ich hätte gern noch eine Tochter bekommen.“

„Wenn sie heiraten, hast du zwei Schwiegertöchter.“ Sebastian mit einer passenden jungen Griechin aus guter Familie verheiratet … Der Gedanke tat weh, aber Rachel beachtete den Schmerz nicht. Sie hatte gelernt, ihre Gefühle zu ignorieren.

Phillippa schüttelte den Kopf. „Als Jungen hatten sie für Hobbys keine Zeit, und als Männer sind sie zu beschäftigt damit, Geld zu verdienen, um eine Ehefrau zu finden. Sebastian ist schon dreißig, und bisher haben seine Beziehungen immer nur einige Wochen gedauert.“

„Ich bin sicher, wenn er die Richtige findet …“ Rachel verstummte, weil seine Mutter sie seltsam ansah. Bevor sie fragen konnte, was los war, kehrte Sebastian zurück und setzte sich ans Tischende.

„Du könntest etwas für Rachel tun“, sagte er zu Phillippa.

Sie lächelte ihren Sohn liebevoll an. „Worum geht es?“

„Rachel hat sich entschlossen, alles, was ihre Mutter besessen hat, für karitative Zwecke versteigern zu lassen. Zuvor will sie sich vergewissern, dass sich keine Erbstücke unter dem Schmuck befinden. Dafür braucht sie dich.“

Phillippa warf Rachel einen überraschten Blick zu. „Ich soll die Sachen deiner Mutter für dich durchsehen?“

„Nur die in ihrem Schlafzimmer. Alles, was in der Villa sonst noch ihr gehört, kann sowieso hier bleiben.“ Rachel hielt das für die einfachste Lösung.

„Aber du willst doch sicher die Dinge haben, die sie besonders geschätzt hat?“

„Nein.“

„Ich besitze noch einige Gegenstände, die meiner Mutter gehörten. Das empfinde ich zuweilen als Trost“, wandte Phillippa ein.

„Mir hilft es mehr zu wissen, dass ich mit ihren Sachen etwas Gutes für Kinder in Not tun kann.“

Phillippa nickte verständnisvoll. „Ich helfe dir sehr gern.“

„Danke“, erwiderte Rachel, und es kam von Herzen.

Der liebliche Duft von Geißblatt und die salzige Seeluft hüllten Rachel ein. Sie war am Strand entlanggewandert, weil sie gedacht hatte, ein Spaziergang würde sie beruhigen.

In Sebastians Nähe war sie sich ihrer Weiblichkeit immer allzu sehr bewusst. Nach dem, was ihr mit sechzehn passiert war, fiel es ihr sonst nicht schwer, ihre Weiblichkeit zu ignorieren. Aber dieser Tycoon durchbrach ihre Abwehr, die bei anderen Männern zuverlässig funktionierte.

Und er brauchte sich noch nicht einmal anzustrengen.

Sebastian Kouros hatte kein Interesse an ihr. Er hatte niemals auch nur angedeutet, dass er mehr in ihr sah als die Stieftochter seines geliebten Großonkels. Das hielt sie jedoch nicht davon ab, seinetwegen ganz konfus zu werden.

„Was machst du hier draußen, Kleines?“

Beim Klang seiner Stimme wirbelte Rachel herum. Ihr schlug das Herz bis zum Hals, und sie wich taumelnd zurück, denn seine Nähe irritierte sie.

Sebastian packte sie an den Schultern, um zu verhindern, dass Rachel hinfiel und im flachen Wasser landete. Er zog sie zurück auf den trockenen Strand, ohne sich von der Stelle zu rühren, sodass sie viel zu dicht vor ihm stand. „Hast du mich nicht kommen hören?“