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Klaus Blessing ist für seine zuspitzenden Analysen bekannt, ob er über das Ende der DDR, den Nutzen des Westens aus dem Untergang des Ostens oder den Politiker Joachim Gauck schreibt. In seinem neuen Buch geht es ihm jedoch um mehr als um Teilfragen. Angesichts täglich neuer Indizien dafür, dass das gegenwärtige kapitalistische Wirtschaften keines der Menschheitsprobleme lösen, sondern sie ganz im Gegenteil noch vergrößern wird, fragt er 25 Jahre nach dem Untergang des 'Realsozialismus', wie eine sozialistische Alternative dazu aussehen könnte. Ausgangspunkt seiner Überlegungen sind sowohl die Analyse des bestehenden Wirtschaftssystems als auch die klare Ursachenbenennung dessen, was zum Ende der DDR führte. Im Mittelpunkt seiner faktenreichen und statistisch untermauerten Betrachtungen steht immer das Handeln der Menschen. Er blickt dabei weit über den europäischen Tellerrand hinaus und macht viele Ansätze für zukünftiges alternatives Handeln ausfindig, das in einen neuen Sozialismus führen kann - der frühere Fehler überwindet.
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Dr. oec. Klaus Blessing, geboren 1936 in Liegnitz; 1958 Abschluss als Dipl. Wirtsch. an der Karl-Marx-Universität Leipzig, betriebswirtschaftliche Tätigkeit in metallurgischen Betrieben und Kombinaten der DDR; 1970 Abteilungsleiter, ab 1980 Staatssekretär im Ministerium für Erzbergbau, Metallurgie und Kali. Promotion an der Bergakademie Freiberg zum Dr. oec., 1986 –1989 Abteilungsleiter Maschinenbau und Metallurgie im ZK der SED; Autor mehrerer politischer Sachbücher u.a.
Ist sozialistischer Kapitalismus möglich? (2003), Die Schulden des Westens (2010), Der Osten hängt am Tropf zusammen mit Wolfgang Kühn, mit Manfred Manteufel Joachim Gauck. Der richtige Mann? (2013); Publizist in mehreren Tageszeitungen.
Klaus Blessing
Kein Ende der Geschichte!Eine Streitschrift
ISBN 978-3-86789-824-9
1. Auflage
Alexanderstraße 1
10178 Berlin
Tel. 01805/30 99 99
FAX 01805/35 35 42
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© 2014 by BEBUG mbH / edition berolina, Berlin
Umschlaggestaltung: Susanne Weiß
Umschlagabbildung: © Rhombur / fotolia.com
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Vorwort: Warum dieses Buch?
I. Der Mensch – das Maß aller Dinge?
Ist der Mensch »gut« oder »böse«?
Was ist der Sinn des Lebens – Arbeit oder Genuss?
Der »moderne« Menschentyp: homo consumens idioticus oder auch Konsumtrottel
Braucht der Mensch die Religion?
Braucht der Mensch eine Ideologie?
Wie also ist der Mensch?
II. Die Welt mit anderen Augen sehen
Die Welt durch die Brille des Kapitals gesehen
Die Welt mit glücklichen Augen sehen
Die Welt mit den Augen der Gerechtigkeit sehen
Die Welt in ihrer Komplexität sehen
III. Ist die Finanzkrise die größte Herausforderung für die Menschheit?
Regiert das Geld die Welt?
Wie kann die Krise überwunden werden?
IV. Die Bevölkerungsexplosion – ein Kardinalproblem?
Planet der Slums
Bevölkerungswachstum stoppen
Der Absturz der Lebenserwartung im »Ostblock«
V. Warum ist der in Europa praktizierte Sozialismus gescheitert?
Wo stand die DDR-Wirtschaft 1989 wirklich?
Warum ist der in Europa praktizierte Sozialismus (trotzdem) gescheitert?
VI. Welche Merkmale sollten eine erneuerte sozialistische Gesellschaft prägen?
Menschliche Bedürfnisse neu definieren
Wachstum oder Verteilung?
Arbeit für alle Erwerbsfähigen
Eigentum oder Mitbestimmung?
Plan- oder Marktwirtschaft?
Sozialistische Finanzbeziehungen
Sozialismus, Demokratie und Freiheit
Staatsmacht und Parteien
Sozialistische Umgestaltung der undemokratischen Gewalten: Justiz und Medien
Nationales und Internationales – Frieden
Das Resümee: Die sozialistische Zukunft
VII. Gibt es Gesetzmäßigkeiten für den Übergang zum Sozialismus?
Sind Produktivkräfte und Arbeiterklasse das revolutionäre Element?
Gefährliche Träume: Reformismus und Transformation
Was ist linke Politik?
VIII. Der chinesische Weg – ein Beispiel für die Welt?
Die Wahrheit in den Tatsachen suchen – Deng Xiaoping
Die Theorie vom Sozialismus chinesischer Prägung
Die Kaderbasis der KP Chinas
Die Wirtschaftspraxis: Vormarsch des Privateigentums
Auslandskapital dringt zunehmend in die chinesische Wirtschaft
Das Gefälle zwischen arm und reich ist Weltspitze
Die Berufskrankheit einer Weltmacht ist sein Größenwahn
IX. Südamerika – eine Region im Aufbruch
Ist der Marxismus Grundlage der sozialistischen Entwicklung?
Die Wurzeln des lateinamerikanischen sozialistischen Weges
Die Grundzüge sozialistischer Entwicklung
Sozialismus nach lateinamerikanischer Prägung – ein Beispiel für die Welt?
Ecuador – Beispiel für einen anderen Weg / Exklusiv-Interview mit dem Botschafter der Republik Jorge Jurado
X. Epilog: Wie weiter?
Ein Handlungskonzept zur Überwindung des Kapitalismus
Formierung der Gegenmacht
Anlagen
1. Platzierung der 79 Staaten (über zehn Mio. Einwohner) nach der Höhe des BIP/EW
2. Platzierung der 79 Staaten nach dem Durchschnitt der Wohlstandsindikatoren
3. Erläuterung der komplexen Indizes und ihrer Quellen
4. Erfahrungsaustausch mit ALBA-Staaten
5. Verbesserung der Lebensqualität in Venezuela
6. Sozial-ökonomische Entwicklung in Ecuador
Schluss mit dem Denken im Kleinen. Wer klein denkt, bleibt auch klein und abhängig. Man muss selbstbewusst und mutig sein und strategisch denken, wenn man Probleme anpacken will.
Nelson Jobim, brasilianischer Politiker
Die Menschheit steckt in der Sackgasse. Getrieben von der unersättlichen Profitgier des Kapitals treibt sie dem Abgrund entgegen. Umweltkatastrophen zerstören den Lebensraum. Armut, Hunger, Krankheit vernichten täglich Tausende Menschenleben. Kriege breiten sich auf dem Planeten aus. Finanzkrisen rauben Millionen Menschen die Existenz. Jedem denkenden Menschen müsste klar werden: Ein »Weiter so« führt zum Absturz. Einige Wendungen und Bremsversuche reichen nicht, um diesen zu verhindern. Den Rückwärtsgang einlegen funktioniert nicht. Was die Menschheit benötigt, ist eine generelle vorwärts weisende Richtungsänderung, einen neuen Weg. Objektiv haben die Widersprüche eine nie dagewesene Schärfe erreicht. Subjektiv sind nach einer aktuellen Umfrage der BBC weltweit nur 11 Prozent der Befragten der Auffassung, dass der Kapitalismus in seiner derzeitigen Form funktioniert. 70 Prozent der Befragten aus 24 Ländern wünschen sich eine »grundlegende Neuordnung des Wirtschaftssystems.«1 Mit »Wünschen« verändern wir aber die Welt nicht. Dazu bedarf es eines realistischen gesellschaftlichen Ziels und einer einigenden Kraft.
In den vom Kapital in Europa am meisten gedemütigten Ländern des Südens gehen die Menschen in Massen auf die Straße, um sich zu wehren. Dahinter stecken Verzweiflung und Spontaneität. Es ist den linken Kräften und Organisationen in Europa, fast ein Vierteljahrhundert nach dem Scheitern der ersten praktizierten Alternative zum kapitalistischen Wirtschaften, bisher nicht gelungen, die Ursachen des Scheiterns tiefgründig genug zu analysieren. Folglich gelingt es auch nicht, eine neue Vision zu entwickeln, mit der Menschen zu mobilisieren sind.
Ich möchte mit diesem Buch dazu beitragen, dass beides intensiver und grundsätzlicher erfolgt. Es ist das Ergebnis einer vieljährigen tabulosen kritischen Auseinandersetzung mit grundlegenden Gesellschaftsprozessen in sozialistischer Vergangenheit, kapitalistischer Gegenwart und neuen sozialistischen Ansätzen im 21. Jahrhundert. Es beruht auf Analysen, Studien und Publikationen. Es basiert auf der lebendigen Anschauung über das Leben der Menschen in vielen Ländern dieser Erde. Es schließt unzählige Diskussionen mit Bürgern dieses Landes auf Foren und Veranstaltungen ein.
Der politisch engagierte Berliner Chefdirigent Daniel Barenboim fordert: »Angesichts der vielfältigen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen brauchen wir einen konstruktiven Anstoß zur Veränderung unseres Denken … Der Intellektuelle sollte also allem die Stirn bieten, was einem erzwungenen Schweigen oder stillschweigenden Übereinkommen gleichkommt.«2 Dem will ich mich unterziehen, wissend, dass ich dabei bisherige Tabus brechen und liebgewordene Denkweisen angreifen muss. Daniela Dahn meint: »Die Aufgabe von Publizisten besteht darin, sich zwischen Stühle zu setzen, nicht auf einen Sessel.«3 Ich werde mich zwischen viele Stühle setzen. Das ist gewollt. Nur ein Stuhl tut mir selbst weh. Es ist der, auf dem die ehrlichen Anhänger kommunistischer Ideale sitzen, für die sie oder ihre Angehörigen häufig unter Einsatz ihres Lebens gekämpft haben. Wir kommen aber in unserem Denken und Handeln nicht weiter, wenn wir unverrückbar an diesen Stühlen kleben. Neue Ufer zu erreichen, bedeutet auch, Lehrmeinungen aus dem 19. und 20. Jahrhundert zu hinterfragen, die als Marxismus-Leninismus die realen sozialistischen Verhältnisse geprägt haben. Das zu tun, ist nicht Verrat, Opportunismus oder Revisionismus, sondern die Suche nach der Wahrheit unter den veränderten Bedingungen im 21. Jahrhundert. Wir haben nicht viel Zeit dazu. Eigentlich ist die Zeit schon verstrichen. Die Ereignisse überrollen uns. Wenn die Welt sich noch längere Zeit so weiter entwickelt, besteht die Gefahr, dass Milliarden Menschen sie nicht mehr erleben.
Es geht darum, die geistige Befangenheit und Gefangenschaft im herkömmlichen Systemdenken zu überwinden. Die geistige Ursache für das Scheitern des praktizierten Sozialismus bestand darin, dass gerade dieses weder gewollt noch gekonnt wurde. Alles Denken hatte sich im Rahmen des vorgezeichneten Systems zu bewegen. Das gegenwärtige hilflose und niveaulose Agieren der »Eliten« bei der »Bewältigung der Krise« ist analog. Die Schranken des Systems werden nicht angetastet.
Ich wende mich an den politisch interessierten Normalbürger. Die Politik, auch und besonders die linke, krankt daran, dass sie in hohem Maße in Inhalt und Sprache »verwissenschaftlicht« ist. Politik hat sich aber nicht hinter Wissenschaftsgutachten zu verstecken oder diese zu zelebrieren. Politik muss die Menschen erreichen. Dazu sind klare Positionen und eine verständliche Sprache erforderlich. Um beides habe ich mich bemüht. Es ist kein oberflächliches Buch. Der Leser sollte bereit sein, mit mir in die Tiefe der Probleme einzudringen.
Leser meiner bisherigen Publikationen4 werden auch in diesem Buch die bewährte Verbindung zwischen bissiger Polemik und sachlichem Faktennachweis wiederfinden. Dabei habe ich Statistiken über weltweite Entwicklungen verarbeitet und aufbereitet, wie das in dieser Form bisher noch nicht erfolgt ist. Die umfangreichen Dokumentationen habe ich in den Anlagen wiedergegeben. Der Leser kann, aber muss diese nicht studieren. Es lassen sich daraus jedoch neue Erkenntnisse ableiten. Um das Buch flüssig lesbar zu gestalten, sind wesentliche Aussagen in gesondert dokumentierten Quellen enthalten. Auch hier gilt: Sie dienen der Untermauerung meiner Erkenntnisse, können, müssen aber nicht gelesen werden.
Das Buch orientiert sich an folgender Linie: Der Ausgangspunkt (Kapitel I) und rote Faden ist die Rolle des Menschen in der Gesellschaft. Abstrakte Gesellschaftskonzepte machen keinen Sinn, gesellschaftliche Veränderungen sind nur umsetzbar, wenn der Mensch in seiner Kompliziertheit und Vielschichtigkeit im Mittelpunkt steht. In den Kapiteln II bis IV wird die real existierende globalisierte Welt unter Gesichtspunkten analysiert, die nicht dem Mainstream entsprechen. Wir landen wieder beim Kardinalproblem »was ist nützt es den Menschen«. In den Kapiteln VI und VII wird der Frage nachgegangen, welche Merkmale eine erneuerte sozialistische Gesellschaft auszeichnen sollten und ob es Gesetzmäßigkeiten zu deren Übergang gibt. Die Aussagen in diesen Kapiteln sind in hohem Maße polemisch und setzen sich auch mit linken Auffassungen zu Eigentum, Wachstum, Mitbestimmung, Planwirtschaft, Parteien, Produktivkräften, Computersozialismus und Transformationstheorien auseinander. Vor diesen Grundgedanken einer erneuerten sozialistischen Gesellschaft steht im Kapital V eine grundlegende Antwort auf die Frage, warum der in Europa praktizierte Sozialismus gescheitert ist, die nicht von Oberflächenerscheinungen ausgeht, sondern zu den Wurzeln vordringt. In den Kapiteln VIII und IX wird an Hand umfangreicher Fakten analysiert, ob die als »sozialistisch« firmierten Entwicklungen in China und lateinamerikanischen Staaten wegweisend für eine weltweite Umgestaltung in dieser Richtung sein können. Das Buch schließt im Kapitel X mit Positionen und Vorschlägen, was in Europa und Deutschland zu tun wäre, um eine Entwicklung in Richtung sozialistischer Gesellschaft einzuleiten.
Besonders in den ersten beiden Kapiteln schöpfe ich auch aus Untersuchungen vieler Einzeldisziplinen der Natur- und Gesellschaftswissenschaften. Im Unterschied zu diesen werde ich jedoch nicht vorrangig einzelne Erscheinungen kommentieren, sondern versuche, deren gesellschaftspolitischer Dimension und Ursache auf den Grund zu gehen. Ziel ist es, zu einer ganzheitlichen Erklärung und zu Schlussfolgerungen zu kommen, wie die Gesellschaft verändert werden muss, um die kritikwürdigen Erscheinungen zu beseitigen. Mit einer oberflächlichen Einzelkritik von Erscheinungen und Einzellösungen kommt man nicht weit.
Dem Leser werden zwei begriffliche Besonderheiten auffallen. Rückwärts betrachtet, spreche ich nicht vom »real existierenden Sozialismus«, sondern vom »praktizierten Sozialismus«. Der »real existierende« ist mir zu stark durch Verleumdungen von »Freund« und Feind belastet. Vorwärts gerichtet, spreche ich überhaupt nicht vom »Sozialismus«, schon gar nicht von dem »im« oder »des« 21. Jahrhunderts. Ich bin gegen dogmatische »-ismen« und meine, dass es keinesfalls wieder eine »-ismus«-Theorie geben sollte, nach der sich die Welt zu richten hat. Die Errichtung einer neuen sozialistischen Gesellschaft – um die die Welt nicht herumkommen wird – wird unterschiedliche Formen in ihrer Ausgestaltung und Errichtung einnehmen. Sie sollte jedoch durch einige gemeinsame Wesensmerkmale gekennzeichnet sein. Um diese geht es mir.
In den letzten Abschnitten über internationale Entwicklungen in China und Südamerika war ich gezwungen, in hohem Maße authentische Sekundärquellen zu zitieren. Ich bitte den Leser dafür um Verständnis. Anders lassen sich meine Auffassungen jedoch nicht glaubhaft machen. Als ich mein Manuskript mit politischen Freunden diskutierte und auf öffentlichen Foren meine Meinung vortrug, stießen gerade die Auffassungen über die Entwicklung in der Volksrepublik China teilweise auf Unverständnis, auch auf Ablehnung. Das war für mich Anlass, an Hand vorliegender umfangreicher Publikationen noch tiefer in die Historie und Gegenwart dieses Landes einzusteigen, meine Auffassungen durch die Meinung von anerkannten Sinologen zu hinterfragen.
Im Kapitel über Südamerika konnte ich authentisches Material aus Venezuela und Ecuador verwenden. Ich bin den Botschaftern dieser Länder für ihre Unterstützung dankbar. Mein besonderer Dank gilt dem Botschafter der Republik Ecuador, Herrn Jorge Jurado, der zu einem Exklusiv-Interview für dieses Buch bereit war. Ich danke dem Historiker Tobias Baumann, der meinen Buchtext über Südamerika redigiert und mich auch anderweitig unterstützt hat.
Ich hoffe, mit meinem Buch eine offene, ehrliche, unvoreingenommene und vor allem vorwärts weisende Gesellschaftsdebatte anzustoßen. Erste Diskussionen im Kreise politischer Freunde über mein Manuskript waren durchaus aufschlussreich. Ich danke allen, die sich daran beteiligt haben. Einheitlich wurde anerkannt, dass mit dem Buch eine notwendige Lücke in der politischen Diskussion ausgefüllt wird. Dann schieden sich die Geister. Während die Mehrzahl begrüßte, dass dabei auch Tabus gebrochen und neue Denkrichtungen aufgezeigt wurden, war gerade letzteres für Einige schwer zu verarbeiten. Sie unterstützten die Aussagen, die ins bisherige Weltbild passten, lehnten aber grundsätzliche Abweichungen davon ab. Es ist zu erwarten und sogar zu wünschen, dass auch von den Lesern des Buches durchaus diametral unterschiedliche Meinungen vertreten werden. Das kann für eine lebhafte Debatte und die Wahrheitsfindung nur nützlich sein.
In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern eine intensive geistige Auseinandersetzung mit den Fakten und Gedanken dieses Buches. Im Interesse eines menschenwürdigen Lebens unserer Kinder und Enkel sind wir ihnen schuldig, dass diese Welt verbessert wird. Der Illusion, dass in der heutigen, von den Massenmedien manipulierten Denkweise dieses Ziel durch ein Buch zu erreichen wäre, gebe ich mich allerdings nicht hin. Ich habe auch keine Patentrezepte zu verteilen, sondern will Denk- und Streitansätze liefern.
1Conrad Schuhler »Wirtschaftsdemokratie und Vergesellschaftung« isw-report Nr. 79, S. 16
2Daniel Barenboim im Tagesspiegel vom 15.01.2012
3Daniela Dahn, nd vom 12.01.2012
4Klaus Blessing »Ist Sozialistischer Kapitalismus möglich?« – edition ost, 2003/ »Die Schulden des Westens« – edition ost 2011 / Blessing/Kühn »Der Osten hängt am Tropf« – Verlag am Park 2011 / Blessing/Manteuffel »Joachim Gauck – der richtige Mann?« – edition BEROLINA 2013
Der Mensch ist das Maß aller Dinge
Protagoras
Nichts ist ungeheurer als der Mensch
Sophokles
Um den Kommunismus aufzubauen, müssen wir mit der materiellen Basis zugleich den neuen Menschen schaffen
Ernesto Che Guevara
Seit Menschen auf diesem Planeten leben, existieren sie nicht nur als Individuen, sondern auch als gesellschaftliches Wesen. Über 100000 Jahre Evolution haben den Menschen geprägt und ihm bewusst gemacht, dass er nur in der Gesellschaft überlebensfähig ist. Der Selbsterhaltungstrieb und die Erfahrungen in der Gemeinschaft prägten den Menschen über Jahrtausende. Zu allen Zeiten haben sich Menschen, die als Sippe, Gruppe, Stamm oder Volk leben, Normen für dieses gesellschaftliche Miteinander gegeben, geben müssen. Gestaltet werden diese Normen des Zusammenlebens von Menschen, die dazu die Macht erlangt haben. Es ist die Macht der Herrschenden. Sie sind gerichtet auf die Disziplinierung der Masse der Menschen, die gemeinhin als »das Volk« bezeichnet wird. Anderen Kreisen der Herrschenden wird die Aufgabe übertragen, die Einhaltung der gesellschaftlichen Normen zu überwachen und bei Übertretungen zu bestrafen. Das Geflecht dieser Verhaltensnormen ist begründet in weltanschaulichen Auffassungen politischer oder religiöser Natur, meist umgesetzt in Rechtsakten. In jedem Falle ist der Mensch der Gestalter des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Das gilt sowohl für diejenigen, die die Macht haben, Normative zu erlassen und deren Einhaltung durchzusetzen als auch für diejenigen, die der Durchsetzung ausgeliefert sind, Gesellschaftsordnungen sind also Verhaltensnormen von Menschen für Menschen. Die Interessen und Charaktereigenschaften der Menschen entscheiden letztlich darüber, ob die Vorstellungen über das Zusammenleben funktionieren oder nicht. Gedanken und Konzepte über die Ordnung von Gesellschaften können deshalb nur dann erfolgreich sein, wenn sie vom Wesen des Menschen ausgehen.
Seit alters her haben humanistische und soziale Geister gesellschaftliche Konzepte entworfen, die von Charaktereigenschaften des Menschen ausgehen, die mehrheitlich so nicht gegeben sind. »Edel sei der Mensch, hilfreich und gut, denn das unterscheidet ihn von allen Wesen, die wir kennen«, »Alle Menschen werden Brüder«, »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« – schöne Floskeln, aber wenig der Realität des menschlichen Verhaltens entsprechend. Wenn wir uns also der Diskussion über die Gestaltung einer lebenswerten künftigen Gesellschaft zuwenden, so macht es wenig Sinn, dieser ein Menschenbild zugrunde zu legen, wie es in der Mehrheit nicht existiert.
Wie ist der Mensch? Ist er »gut« oder »böse«? Ist er von Natur aus, angeboren und durch die Gene vorbestimmt, »gut« oder »böse« zu sein oder machen ihn erst die gesellschaftlichen Umstände dazu? Diese Fragen bewegen nicht nur die Philosophen, sondern auch die denkenden Mitmenschen. Aber was ist überhaupt »gut« und »böse«, sind das Kategorien, nach denen man Menschen einstufen und beurteilen kann? Ist der Familienvater »böse«, der in Südafrika, Brasilien, Indien oder anderswo Touristen bestiehlt, um seinen Kindern für einige Tage das Überleben zu sichern? Sind von der Gesellschaft ausgestoßene arbeits- und hoffnungslose Jugendliche »böse«, wenn sie milliardenschwere Supermarktketten plündern, um einen kleinen Anteil vom vorenthaltenen Reichtum abzubekommen? Sind umgekehrt die besitzenden Damen und Herren des Supermarktes oder die Spekulanten dieser Welt »gut«, wenn sie von ihrem ergaunerten Reichtum scheinheilig Weihnachten einige tausend Dollar oder Euro der Aids-Gala oder der Krebshilfe spenden?
Um den Menschen als Maß aller Dinge für die Gestaltung gesellschaftlicher Ordnungen zu begreifen, bedarf es offenkundig tiefer greifender Betrachtungen als die Einteilung in »gut« und »böse«.
In einer gesonderten Ausgabe des Magazins GEOkompakt Warum wir gut und böse sind wird festgestellt: »Kein anderes Wesen ist so widersprüchlich wie der Mensch. Er zeigt tiefes Mitgefühl, tröstet Trauernde, hilft Unbekannten; und er betrügt seine Mitmenschen, neidet seinem Gegenüber den Erfolg, sinnt auf blutige Vergeltung und zieht mordend gegen Seinesgleichen in den Krieg. Wohl kein Tier setzt so wie der Mensch Gewalt ein, um einem Artgenossen bewusst unerträgliche Schmerzen zuzufügen – wie Folterer. Und bei keiner Tierart rüsten sich die Mitglieder einer Gruppe gezielt mit Waffen aus und unterwerfen sich einem hierarchischen Drill, nur um Artgenossen einer anderen Gruppe in großer Zahl zu töten – also Kriege zu führen. Ist der Mensch also ein besonders grausames Lebewesen, das einen aus der Urzeit stammenden Hang zur Aggression auf einen neuen Gipfel getrieben hat?« – fragt GEOkompakt.1
Der Theologe Friedrich Schorlemmer findet das Regulativ in Gott, wenn er zitiert: »Es scheint mir, dass der Versuch der Natur, auf dieser Erde ein denkendes Wesen hervorzubringen, gescheitert ist. Kein Raubtier erreicht die Stufe der Bestialität, der Ruchlosigkeit und der zynischen oder tückischen Wut, mit der der Mensch im Namen der Zivilisation zu morden, zu vernichten, auszurotten, zu unterdrücken, zu erpressen, zu knechten und auszubeuten versteht. Man muss an Gott glauben, wenn man den Glauben an die verborgene Zukunft des Menschengeschlechtes nicht verlieren soll. Empirisch lässt sich die Hoffnung nicht mehr begründen, dass aus der Schändung von allem, was heilig ist, dass aus Niedertracht, Dummheit, Gier, Rohheit und Barbarei noch ein Segen für die Zukunft der Welt hervorgehen kann.«2
Wir sollten die Antwort Albert Einsteins aufgreifen, die er in seinem bemerkenswerten Essay aus dem Jahre 1949 unter dem Titel Was ist Sozialismus? niedergeschrieben hat: »Der Mensch erwirbt mit der Geburt durch Vererbung eine biologische Grundlage, die wir als fest und unabänderlich betrachten müssen. Dies schließt die natürlichen Triebe ein, die für die menschliche Spezies charakteristisch sind. Darüber hinaus erwirbt er während seines Lebens eine kulturelle Grundlage, die er von der Gesellschaft durch Kommunikation und durch viele andere Arten von Einflüssen übernimmt. Es ist diese kulturelle Grundlage, die im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen ist, und die zu einem großen Teil die Beziehungen zwischen dem Individuum und der Gesellschaft bestimmt … Auf dieser Tatsache können diejenigen aufbauen, die das Los der Menschen verbessern wollen: Die Menschen werden nicht durch ihre biologische Konstitution dazu verdammt, einander zu vernichten oder auf Gedeih und Verderb einem schrecklichen, selbst auferlegten Schicksal zu erliegen.«3
Realisierbare Gesellschaftsordnungen müssen einerseits von dieser Vielseitigkeit des Menschen ausgehen und andererseits die Bedingungen schaffen, vorrangig die guten Seiten des Menschen weiter zu entwickeln. Der praktizierte Sozialismus ging davon aus, dass der Mensch vom Grundsatz gut ist. Er meinte nur dieses weiter entwickeln zu müssen, um den perfekten sozialistischen Menschen zu schaffen. Der »sozialistische Mensch« sollte ein Wesen sein, das das Gemeinwohl über die Eigeninteressen stellt, das sich solidarisch verhält, das der Gesellschaft gibt, ehe es nimmt, dem Arbeit zunehmend zum ersten Lebensbedürfnis wird, das ehrlich und fleißig ist, ständig lernt und nach hoher Bildung strebt. In der DDR verkündete Walter Ulbricht bereits 1958 auf dem 5. Parteitag der SED die »Zehn Gebote der sozialistischen Moral«, die auf dem nächsten Parteitag Bestandteil des Parteiprogrammes wurden. Jedoch waren weder die Parteiführung noch die breite Masse des Volkes in der Mehrheit von diesen Eigenschaften geprägt. Das Bewusstsein der Menschen entwickelte sich nicht nach Parteivorgaben. 40 Jahre DDR und 70 Jahre UdSSR reichten nicht, um sozialistische Menschen zu backen. Auf einem Diskussionsforum berichtete mir ein ehemaliger Funktionär der DDR, er habe sich ernsthaft bemüht, die zehn Gebote der sozialistischen Moral und Ethik einzuhalten. Nach einem Jahr habe er das Experiment abgebrochen, das Leben sei zu langweilig gewesen. Heute ist er mit einer Frau verheiratet, die er damals beim »Fremdgehen« kennengelernt hat.
Zwar gab und gibt es herausragende Persönlichkeiten und Personengruppen, die unbeschadet der gesellschaftlichen Umstände nicht nur das Gemeinwohl über egoistische Interessen stellen, sondern bereit sind, dafür Gesundheit und Leben zu opfern – antifaschistische Widerstandskämpfer, Entwicklungshelfer, Ärzte ohne Grenzen. Zweifellos gab es auch unter den »einfachen Menschen« im praktizierten Sozialismus viele, die ehrlich, uneigennützig, fleißig, bescheiden und solidarisch gelebt und gearbeitet haben. Viele, inzwischen im realen Kapitalismus angekommene Ostdeutsche trauern gerade diesem kameradschaftlichen Zusammenleben nach.
Einen solchen solidarischen Menschentyp in der Gesamtheit der Gesellschaft gibt es aber nicht und wird es auch in überschaubaren Generationen nicht geben.
Wenn heute einige linke Denker erneut davon ausgehen, »dass der Mensch seiner biologischen Verfassung nach eben kein egoistischer homo oeconomicus, sondern ein zutiefst soziales Wesen ist. Ein Wesen, dem die Fähigkeit zur Einfühlung in andere Menschen und zu sozialem, kooperativem Verhalten in die Wiege gelegt ist«,4 halte ich das für ein erneutes Wunschdenken.
10 Geboteder sozialistischen Moral für den neuen Menschen
1.
Du sollst Dich stets für die internationale Solidarität der Arbeiterklasse und aller Werktätigen sowie für die unverbrüchliche Verbundenheit aller sozialistischen Länder einsetzen.
2.
Du sollst Dein Vaterland lieben und stets bereit sein, Deine ganze Kraft und Fähigkeit für die Verteidigung der Arbeiter-und-Bauern-Macht einzusetzen.
3.
Du sollst helfen, die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zu beseitigen.
4.
Du sollst gute Taten für den Sozialismus vollbringen, denn der Sozialismus fuhrt zu einem besseren Leben für alle Werktätigen.
5.
Du sollst beim Aufbau des Sozialismus im Geiste der gegenseitigen Hilfe und der kameradschaftlichen Zusammenarbeit handeln, das Kollektiv achten und seine Kritik beherzigen.
6.
Du sollst das Volkseigentum schützen und mehren.
7.
Du sollst stets nach Verbesserung Deiner Leistungen streben, sparsam sein und die sozialistische Arbeitsdisziplin festigen.
8.
Du sollst Deine Kinder im Geiste des Friedens und des Sozialismus zu allseitig gebildeten, charakterfesten und körperlich gestählten Menschen erziehen.
9.
Du sollst sauber und anständig leben und Deine Familie achten.
10.
Du sollst Solidarität mit den um ihre nationale Befreiung kämpfenden und den ihre nationale Unabhängigkeit verteidigenden Völkern üben.
(Von Walter Ulbricht auf dem V. Parteitag der SED 1958 verkündet)
Zehn Gebote für den neuen sozialistischen Menschen
Für die Gestaltung künftiger lebenswerter Gesellschaften gilt es, in diesem Spannungsfeld zwischen individuellen menschlichen Eigenschaften und den gesellschaftlichen Erfordernissen einen realistischen Ausgleich zu finden. Diese Aufgabe wurde bisher von keiner Gesellschaft ausreichend gelöst.
Aus meiner Sicht muss die Lösung von folgenden Aspekten ausgehen: Den idealen Gut-Menschen gibt es zwar als einzelnes, seltenes Individuum, aber nicht als gesellschaftliches Wesen, weder als Führungspersönlichkeit, noch in der Masse des Volkes. Auf dem Reißbrett oder im stillen Kämmerlein der Wissenschaft gesellschaftliche Ordnungen auszudenken, die vom Grundsatz »Alle Menschen werden Brüder« ausgehen, sind zum Scheitern verurteilt. Sie konnten sich zu keiner Zeit durchsetzen. Gleichwohl ist es aber erforderlich, Gesellschaftsordnungen zu gestalten, die für die Menschen die Bedingungen schaffen, als Mensch in Würde zu leben und die guten Seiten im Menschen weiter zu entwickeln. Wenn erwiesen ist, dass der Charakter des Menschen, seine Moral und Ethik, zwar durch Gene und Gehirnstrukturen durchaus vorbestimmt, aber andererseits durch individuelle und gesellschaftliche Bedingungen in hohem Maße beeinflussbar ist, muss eine Gesellschaftsordnung die Voraussetzungen bieten oder schaffen, diese guten Seiten zu entwickeln.
Dreh- und Angelpunkt sind dazu die sozialen Bedingungen. Eine Würde und Freiheit des Menschen ohne materielle Sicherheit kann es nicht geben. Die inhaltsleeren Floskeln der bürgerlichen Grundsatzerklärungen und Verfassungen und ihrer Protagonisten von der Unantastbarkeit der Würde des Menschen sind solange eine Farce, wie diese Gesellschaft nicht in der Lage ist, die sozialen Voraussetzungen dafür zu schaffen. »Erst kommt das Fressen, dann die Moral.« (Bertolt Brecht). Insofern war der gesellschaftspolitische Ansatz sozialistischer Gesellschaften, das Hauptaugenmerk auf die Verbesserung der sozialen Bedingungen für alle Menschen zu legen, richtig. Er hatte jedoch in sich den Mangel, dass diese soziale Sicherheit in hohem Maße ohne ausreichende eigene Anstrengung staatlich gesichert wurde. So falsch, wie es in der bürgerlichen Gesellschaft ist, den Menschen zu suggerieren, dass jeder die eigene Chance zur Selbstverwirklichung vom »Tellerwäscher zum Millionär« hat, so falsch war und ist es, im gutgemeinten sozialistischen Staatswesen hohe soziale Sicherheit quasi ohne eigene Anstrengung zu garantieren.
Im Zentrum der Selbstverwirklichung des Menschen in jeder Gesellschaft sollte die Arbeit stehen. Jeder arbeitsfähige Mensch sollte das Recht und auch die gesellschaftliche Pflicht zur Arbeit haben. Das Recht auf Arbeit und ein menschenwürdiges Dasein ist Bestandteil der »Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte« der UNO vom 10. Dezember 1948 und mehrerer Landesverfassungen der Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahre 1949. Verwirklicht wird es in den Ländern des Kapitals nirgends.
Das Menschenrecht auf Arbeit
Das Recht auf Arbeit ist Bestandteil der »Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte« vom 10. Dezember 1948 (Artikel 23):
Jeder hat das Recht auf Arbeit … sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Maßnahmen.
Das Recht auf Arbeit ist Bestandteil mehrerer Landesverfassungen der Bundesländer. Jeder hat nach seinen Fähigkeiten ein Recht auf Arbeit und, unbeschadet seiner persönlichen Freiheit, die sittliche Pflicht zur Arbeit. (Hessen, Art. 28)
Die Arbeit ist die Quelle des Volkswohlstandes und steht unter besonderem Schutz des Staates. Jeder hat nach seinen Fähigkeiten ein Recht auf Arbeit und die sittliche Pflicht zur Arbeit. Jedermann hat das Recht, sich durch Arbeit eine auskömmliche Existenz zu schaffen. (Bayern, Art. 166)
Das Land erkennt das Recht eines jeden Menschen auf ein menschenwürdiges Dasein, insbesondere auf Arbeit an. (Sachsen, Artikel 7)
Arbeit ist nicht Gelderwerb allein. Sinnvolle Arbeit schafft die notwendige Verbindung zwischen Individuum und Gesellschaft. Der Mensch bildet Fähigkeiten und Fertigkeiten heraus, wird gefordert und entwickelt sich als Individuum und Teil der Gesellschaft weiter. Er tritt in unmittelbaren Kontakt mit Mitmenschen und kommuniziert nicht anonym über Internet und Facebook. Die Verweigerung von Arbeit an große Teile der Bevölkerung, vorrangig die Jugend, ist deshalb nicht nur eine soziale Schande, sondern ein menschliches Verbrechen. Wenn in den vom Kapital am stärksten erpressten Ländern Südeuropas fünfzig und mehr Prozent der Jugend ohne Arbeit und damit Lebensperspektive sind, hat sich dieses Gesellschaftssystem selbst diskreditiert. Dass auf diesem Nährboden vonseiten der Ausgestoßenen auch Aggressionen, Kriminalität, Fremdenhass und Rechtsextremismus gedeihen, beweist nur, in welchem Maße die gesellschaftlichen Bedingungen die Moral und Verhaltensweise des Menschen prägen.
Arbeit ist die entscheidende Voraussetzung, um die guten Eigenschaften des Menschen zu fördern und weiter zu entwickeln. Ja, mehr noch. Bereits Friedrich Engels stellte fest: »Die Arbeit ist die Quelle allen Reichtums, sagen die politischen Ökonomen … Aber sie ist noch unendlich mehr als dies. Sie ist die erste Grundbedingung alles menschlichen Lebens, und zwar in einem solchen Grade, dass wir in gewissem Sinn sagen müssen: Sie hat den Menschen selbst geschaffen.«5
Diesen entwicklungsgeschichtlich bewiesenen Zusammenhängen stellen sich Theorien über »moderne Arbeit« entgegen. In einem Artikel unter dem Titel Wie viel Arbeit braucht der Mensch? stellt eine Professorin für Erziehungswissenschaften stellvertretend für andere »moderne« Auffassungen folgende Behauptungen auf:
»Arbeit ist weit davon entfernt, den Menschen zu seiner höheren Daseinsbestimmung zu adeln … Es geht gar nicht um Arbeit und Arbeit ist auch nicht erstrebenswert. Es geht um Geld. Die Frage: »Wie viel Arbeit braucht der Mensch?« und jene andere: »Wie viel Geld braucht der Mensch?« sind gleichbedeutend … Vom Geld kann man halt nie genug haben … Die Zeit, die wir in sinn- und bedeutungslosen Arbeitsvollzügen zubringen, geben wir als Lebenszeit schon verloren. Das sind also mindestens 8 Stunden täglich, die wir schon abgeschrieben haben und die wir nolens volens als den Preis erachten, den wir nun einmal für die Segnungen der Freiheit zu entrichten haben. Arbeitszeit fällt als Zeit sinnerfüllten Lebens aus.«6
In diesen wenigen Sätzen ist das Credo nicht nur »moderner« Arbeitsphilosophie, sondern »moderner« Lebensphilosophie verankert: Ziel und Lebensinhalt ist der Gelderwerb, davon kann man nicht genug haben. Arbeit ist nutzlos verbrachte Zeit, die uns von den Segnungen der Freiheit, vom Genuss des Lebens abhält. Eine Lebensauffassung, die in erschreckendem Maße Eingang in die Lebensgestaltung der »Moderne« gefunden hat. Das Leben »genießen«, konsumieren, feiern, verreisen werden zunehmend der Inhalt des Lebens. Es ist nicht zu leugnen, dass große Kreise der Bevölkerung dieser Lebensauffassung nachgehen. Auf einer Diskussionsveranstaltung fragte mich ein Mann in den besten Jahren, was ich vom bedingungslosen Grundeinkommen halte. Meine Antwort: »Gar nichts.« Er: »Warum?« Ich: »Weil dadurch allgemeine Faulheit unterstützt und gesellschaftliche Bindungen zerschlagen werden.« Er: »Das ist doch aber schön. Ich muss nicht arbeiten, um meine Grundbedürfnisse zu befriedigen und kann zu Hause bleiben. Nur wer sich mehr leisten will, sucht sich Arbeit.« Bekannterweise steht der Mann in besten Jahren nicht allein mit seiner Auffassung. Die falsche Philosophie hat sich auch in linken Kreisen und Parteien eingenistet und führt erneut in eine gesellschaftliche Sackgasse: Leben ohne Anstrengung. Die Lösung des Problems ist nicht »bedingungsloses Grundeinkommen« für alle, sondern Arbeit für alle.
Dieses herrschende Gesellschaftssystem braucht einen bestimmten Menschentyp und es ist ständig und weltweit dabei, ihn zu schaffen und weiter zu entwickeln. Es geht nicht nur um den homo oeconomicus, den Menschen, der nur als Kostenfaktor des Kapitals bedeutsam ist. Der neue Menschentyp ist am besten mit dem Gattungsnamen homo consumens idioticus – zu gut deutsch »Konsumtrottel« – beschrieben. Konsumtrottel sind durch raffinierte Werbung von früh bis abends abgerichtete Menschen, deren Lebensinhalt und Lebensform im Konsumieren und Nichtdenken besteht. Ihnen geht es nicht darum, dringende Lebensbedürfnisse zu befriedigen, sondern aus Gier, Neid, Prestige, Prahlerei oder einfach, weil es Mode ist, je nach Format des eigenen Geldbeutels, Produkte und Leistungen zu erwerben, die »Statussymbolwert« haben: Das 2. oder 3. Auto mit allen Spielereien, den soundso vielten Computer – natürlich mit dem neuesten, häufig immer schlechter funktionierenden Betriebssystem –, Bildschirme immer flacher, größer und noch hoch-hoch-auflösender, und vor allem multimedialen Schnick-Schnack in Handys, ipods, iphones, playstations – um dabei unsere lieben Kleinen nicht zu vergessen! Natürlich gehören prestigeträchtige Reisen zum Image des Konsumierens – aber bitte in abgeschirmte all-inclusive-Ghettos, um nicht dem häufig sehr tristen und armen Alltag der einheimischen Bevölkerung begegnen zu müssen.
Shoppen in den dafür hergerichteten Tempeln oder im Internet sind dem Konsumtrottel ein vorrangiges Lebensbedürfnis. Rechtzeitig zur Weihnachtszeit 2013 wird für das non-plus-ultra des homo consumens idioticus geworben: die iPhone-Shopping-App. Der Konsumtrottel kann damit, ohne überhaupt vom Sofa aufstehen zu müssen, in der Welt des Shoppings schwelgen. »Das Einkaufen mit hochgelegten Füßen von der heimischen Couch aus wird immer bequemer. Während Kunden heutzutage noch knapp zwei Drittel ihrer Klamotten und Accessoires im Laden aussuchen und kaufen, könnte dieser Anteil in zehn Jahren unter 50 Prozent liegen.«7 Konsumentenherz, was willst du mehr!
Die Werbewirtschaft tut alles, aber wirklich alles, um diese Menschen und vor allem sich selbst glücklich zu machen. Wenn in den Nachrichten »Konsumfreude« der Bevölkerung signalisiert wird, ist die kapitalistische Wirtschaftswelt (fast) in Ordnung. Noch besser ist allerdings der »Konsumrausch«, welcher ab und zu zur Weihnachtszeit eintritt. Der Mensch negiert dann seine finanziellen Bedingungen und realen Bedürfnisvorstellungen komplett und shoppt hemmungslos für sich und seine Lieben. Reicht der Geldbeutel nicht, wird auf Kredit finanziert. Die Margen sind so kalkuliert, dass das Kapital keine Ausfälle hat, sondern auch daran noch gut verdient. Günstig und erstrebenswert für das System ist es, wenn der Rauschzustand zum Normalzustand wird und dabei gleichzeitig auch das geistige Niveau auf »Ramschzustand« heruntergefahren wird. Wer shoppt, denkt nicht viel, schon gar nicht über die Ursachen der Billigeinkäufe in unseren Konsumtempeln. Wer sich den geistigen Ergüssen der werbefinanzierten Sender und Zeitschriften hingibt, denkt auch nicht an die Probleme des Landes und schon gar nicht der Welt. Von Kinderarbeit in Indien, 12-Stunden-Arbeitstag chinesischer Frauen, ruinösen Hungerlöhnen für Kaffee- und Bananenpflücker, Textilarbeiterinnen will er nichts wissen.
Der Konsumtrottel konsumiert statt geistiger Auseinandersetzung mit den Problemen der Welt geistigen »Dünnschiss«: Primitivste Serien, unendliche Krimis, Klatsch und Tratsch der Reichen und Schönen und die Profitmaschinerie im »Profisport«. Die höchsten Einschaltquoten – über 8 Millionen – erzielt dann im Wochenendwettbewerb das Spitzenprodukt »Das Dschungelcamp«. Millionen anziehende Großereignisse nach dem Motto »Brot und Spiele« dürfen auch nicht fehlen. Auf Love-Parades und ähnlichem Getümmel treibt sich »trottelosus« gern herum.
So wird der menschliche Idealtyp für das System geformt, nur mit diesen Menschen kann es überleben. Das Erschreckende ist, dass sich große Teile der Gesellschaft immer mehr zu diesem Konsumtrottel manipulieren lassen. Je länger die Wirkung, desto größer der Erfolg. Schauen wir uns in unserer Umgebung um, das Ergebnis ist schockierend! Das ist der »mündige Bürger«, der dann alle vier Jahre als Höhepunkt seiner demokratischen Grundrechte zum Kreuzchenmalen aufgerufen wird. Es wird schwer, sehr schwer, mit derartig konfigurierten Menschen eine andere Gesellschaft aufbauen zu wollen.
Alle so vehementen Anhänger der völligen Basisdemokratie in der Gesellschaft sollten sich die Frage vorlegen und beantworten, mit welchen Menschen eigentlich die basisdemokratischen Entscheidungen im Staat und im Betrieb gestaltet werden sollen. Die Sozialisten sind schon einmal an einem Menschenideal gescheitert, das es so, wie erhofft und erwünscht, nicht gab. Die linken Superdemokraten laufen erneut in diese Falle. Der sozialistisch agierende Mensch kann nicht gebacken werden. Er entstammt einer kapitalistischen Umwelt, die ihn auf das schlimmste deformiert hat – gierig und unwissend.
Die Frage nach dem Sinn des Lebens stellt sich anders. In meiner Jugend lasen wir vom sowjetischen Autor Nikolai Ostrowski Wie der Stahl gehärtet wurde. Darin kann man folgende wunderbaren Sätze finden: »Das Wertvollste, das der Mensch besitzt, ist das Leben. Es wird ihm nur ein einziges Mal gegeben, und benutzen soll er es so, dass ihn zwecklos verlebte Jahre nicht bedrücken, dass ihn die Schande einer niederträchtigen und kleinlichen Vergangenheit nicht brennt und dass er, sterbend, sagen kann: mein ganzes Leben, meine ganze Kraft habe ich dem Herrlichsten in der Welt, dem Kampf für die Befreiung der Menschheit gewidmet. Ja, man muss sich mit dem Leben beeilen. Denn eine dumme Krankheit oder ein tragischer Zufall kann dem Leben ein Ende bereiten.«9
Lassen wir das etwas überschwängliche Pathos von der »Befreiung der Menschheit« beiseite und ersetzen dieses durch »Gemeinwohl«, »Eintreten für die Schwachen« – dann sollten dies durchaus die zentralen Koordinaten einer Gesellschaft sein, die lebenswert ist. Diese kann man den Menschen nicht befehlen. Aber eine zukunftsfähige Gesellschaft sollte ein Umfeld dafür schaffen, dass sich derartige Wesenszüge entwickeln. Dabei war der praktizierte Sozialismus auf dem richtigen Wege, jedoch nicht am Ziel. Niemand ist gegen den Genuss im Leben. Leben soll weder im Jammertal schuldbeladener, sich selbst kasteiender religiöser Kreaturen, noch in der Askese des Verzichts enden. Zum Leben gehört Freude, Optimismus und Genuss. Bedenklich wird es aber, wenn das gesamte gesellschaftliche System den Genuss zur Existenzgrundlage benötigt.
Und weil dem so ist, braucht das System den Export nicht nur seines Kapitals, sondern seiner »christlichen Wertevorstellungen« in die ganze Welt. Unter dem Deckmantel von Freiheit und Demokratie geht es darum, anderen Völkern und Kulturen die westliche Lebensweise beizubringen. Die Bundeskanzlerin meinte schon im Jahre 2009 bezeichnenderweise vor der Katholischen Akademie in München (Rede am 21.7.2009) »Das heißt also, wir müssen – das ist meine feste Überzeugung – kämpferischer werden … Es ist kein Selbstläufer, dass sich unsere Art zu leben in der Welt durchsetzt.« Unser Bundespräsident tutet aktuell in das gleiche Horn. Da Deutschland überdurchschnittlich von der »offenen Weltordnung« profitiert, »leite sich daraus Deutschlands wichtigstes außenpolitisches Interesse im 21. Jahrhundert ab: dieses Ordnungsgefüge, dieses System zu erhalten und zukunftsfähig zu machen … Manchmal kann dafür auch der Einsatz von Soldaten erforderlich sein.«10 Beide politischen Spitzen sind bekennende Christen! Verdirbt Religion derart den Charakter?
Es wird berichtet, dass ein Schüler des Konfuzius (551–479 v.u.Z.) diesen fragte, wie man Götter und Dämonen verehren solle. Da reagierte er sehr gereizt: »Man hat hier auf der Welt genug zu tun; wo soll man so viel Zeit hernehmen, sich auch noch um Götter und Dämonen zu kümmern.« Ein anderer chinesischer Philosoph (Fan Zhen 450–515) meinte: »Warum vergeuden die Leute ihr Geld und Gut und richten sich zugrunde, nur um den Mönchen zu dienen und Buddha zu verehren, statt für ihre Verwandten zu sorgen und den Armen zu helfen?«11 Friedrich Engels bezeichnete »Religion als das phantastische Spiegelbild der menschlichen Dinge.«12 Karl Marx sagt: »Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks. Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks.«13
Die Forderung ist bis heute nicht im Ansatz erfüllt. Popen, Ajatollahs und von Rom aus gesteuerte alte Männer in heute komisch anmutenden mittelalterlichen Gewändern maßen sich häufig gierig und lüstern, missgelaunt und jammernd mehr denn je an, in die Gestaltung der menschlichen Gesellschaft einzugreifen. Milliarden Menschen rund um den Erdball frönen Götzen, Geistern und Göttern, erwarten ihr Glück im Himmel und im nächsten Leben, opfern nicht nur ihr letztes Hab und Gut dem Himmlischen oder dem Popen, sondern Tausende opfern auch ihr Leben im Namen »Allahs« für durchaus sehr irdische Ziele der Herrschaftscliquen; viele Millionen Menschen rutschen auf Knien, kasteien und geißeln sich, wimmern um Vergebung für ihre Sünden und Heil für ihre Seelen.
Den politisch Herrschenden passt diese Frömmigkeit durchaus ins politische Konzept. Menschen, die an das Heil im Jenseits glauben, werden kaum die irdischen Verhältnisse ändern wollen. Menschen, die religiösen Dogmen frönen, lassen sich im Namen des Herrn hervorragend manipulieren. Häufig wird dabei von Missbrauch der Religion gesprochen, die angeblich das Gute im Menschen, seine Moral stärkt. Dem ist aber nicht so.
Niemand wird bestreiten, dass in den zehn Geboten der Christen – an die sich ohnehin kaum jemand hält, denn dafür gibt es ja für die Katholiken die Beichte – auch Moral und Ethik stecken, die jeder »gute« Bürger erfüllen sollte. »Du sollst nicht morden, Du sollst nicht stehlen.« Aber schon: »Du sollst neben mir keine anderen Götter haben«, legt die Grundlage für die Verachtung und Bekämpfung anderer Religionen und Völker.
Stimmen aus dem Volk sehen es nicht anders. Im Tagesspiegel fand im Monat April 2012 eine umfangreiche Leserdiskussion zu Fragen der Religion in der heutigen Zeit statt. Die Aussagen sind eindeutig: Religion ist unwissenschaftlich, rückwärts gerichtet, unmoralisch und Gewalt verherrlichend. Glauben ist dem Wesen nach Unwissen, antiquiert, abstrus, unglaubwürdig.
Der amerikanische Physiknobelpreisträger Steven Weinberg meint: »Religion (allgemein) ist eine Beleidigung für die Menschenwürde. Mit ihr oder ohne sie gibt es gute Menschen, die gute Dinge tun, und böse Menschen, die böse Dinge tun. Aber damit gute Menschen böse Dinge tun, braucht es die Religion.«14
Das trifft den Kern. Natürlich gibt es auch religiöse Menschen, die aufgrund ihres Glaubens beachtenswerte, uneigennützige Arbeit bei der Betreuung bedürftiger Menschen leisten – wie es solche Menschen auch ohne religiöse Bindung gibt. Es geht aber um die gesellschaftliche Funktion der Religion. Die christliche Kirche hat in über zwei Jahrtausenden ihres Bestehens nie einen nennenswerten Beitrag zur Vorwärtsentwicklung der menschlichen Zivilisation geleistet. Im Gegenteil: Sie hat sich diesen immer entgegengestellt – von der Verbrennung von Wissenschaftlern im Mittelalter bis zur Verdammung der Familienplanung in der Jetztzeit. Sie lähmt mit ihrer Vertröstung auf das Jenseits alle Fortschritte im Diesseits. Und sie legte und legt mit ihrem Glaubensfanatismus die Grundlage für Ausrottungsfeldzüge gegen »Andersdenkende.«
Glauben als gefährliche Antwort aus der Welt der Märchen auf real existierende Probleme
Die Entlarvung des Christentums als reaktionär, gewaltbereit und bösartig
Richard Dawkins enthüllt in seinem Weltbestseller »Der Gotteswahn«, dass christliche Religion vom Grundsatz her reaktionär, gewaltbereit und bösartig ist.15 »Sowohl im Alten, wie auch im Neuen Testament sind Mord und Totschlag, Kindesmissbrauch, Unterdrückung der Frauen, Missachtung anderer Religionen und Völker als von Gott gewollte Taten gepriesen. Die Bibel ist ein Regelwerk für Gruppenmord und Anweisungen zum Völkermord, zur Versklavung anderer Gruppen und zur Weltherrschaft. Böse ist die Bibel aber nicht wegen ihrer Ziele und noch nicht einmal wegen der Verherrlichung von Mord, Grausamkeit und Vergewaltigung. So etwas findet man in vielen antiken Werken … Aber niemand verkauft die Ilias als Fundament unserer Ethik. Genau hier liegt das Problem. Die Bibel wird als Leitfaden für die Lebensführung angepriesen und gekauft. Und sie ist bei weitem der größte Weltbestseller aller Zeiten.«
Auszüge aus der Leserdiskussion im Tagesspiegel
»Warum sollte man einen jungen Menschen zur Entwicklung seines kritischen Verstandes- also zum Denken – anhalten und ihn andererseits zum Glauben verleiten. Die Welt wäre wohl einiges friedlicher, wenn die Menschen etwas mehr denken und etwas weniger glauben würden … Das bedeutet aber auch, dass es nötig ist, ›den Zauber‹ der religiösen Botschaften als das zu entlarven, was er ist: eine gefährliche Antwort aus der Welt der Märchen auf real existierende Probleme.« – Heinz Jörg Tielemann
»Wenn ich von der Richtigkeit der Evolutionstheorie überzeugt bin, welchen Anlass sollte ich dann haben, einer etwa dreitausend Jahre alten biblischen Legende Glauben zu schenken, dass ich mein Dasein und meine Bedeutung in dieser Welt einem übernatürlichen Schöpfungsakt verdanke? Zu behaupten, dass die Religion vor allem ihrer moralischen Kompetenz wegen unverzichtbar sei, ist auch wenig überzeugend. Ein Blick in die Geschichte und Gegenwart zeigt, dass Religionen Menschen keinesfalls humaner machen, sie vielmehr eher spalten und in Konflikte treiben: Kreuzzüge, Inquisition, Dreißigjähriger (Religions-)krieg, zwei Weltkriege mit waffensegnenden Christentum gegen waffensegnende Christen, Sunniten gegen Schiiten, Muslime gegen Christen, Hindus gegen Christen, Palästinenser gegen Juden, um nur ein paar Beispiele zu nennen.« – Univ.-Prof. Dr. Uwe Lehnert
Makabres in der christlichen Glaubenslehre