Die Verräter - Heinrich Mann - E-Book

Die Verräter E-Book

Heinrich Mann

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Beschreibung

Heinrich Manns Kurznovelle Die Verräter ist eine spannende Erzählung, die sich niemand entgehen lassen sollte. Auszug: Liane Vanloo ging durch die Halle dem General von Pfaff entgegen. »Exzellenz, ich muß Sie leider darauf vorbereiten, daß Sie den Herrn Rabener bei uns finden.« »Bei Ihnen?« »Er konferiert drinnen mit meinem Mann und Herrn Krall.« Von Pfaff schwoll rot an. »Nur gut, daß ich schon einen Zylinder trage. Dann kann ich endlich einem solchen Kerl meine private Meinung sagen. Glauben Sie, ich habe Angst?« »Wie sollte ich? Aber die Schwierigkeit liegt darin, daß er eben kein Kerl ist. Eigentlich gehört er zu uns.« Frau Krall kam herbei und sagte: »Solch ein Sozialdemokrat gehört überhaupt nie zur guten Gesellschaft. Kommt her und hetzt unsere Arbeiter auf. Mit dem Auto totfahren müßt man ihn dürfen, sagt mein Mann.« Auch Frau Krall rötete sich. Der General beglückwünschte sie zu ihrer Gesinnung. Die Gräfin Terwang lächelte ironisch. Liane sagte: »Wir haben ihn in Sankt Moritz getroffen. Er war tadellos. Von seiner Tätigkeit wußten wir freilich nichts.«

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Die Verräter

Die VerräterAnmerkungenImpressum

Die Verräter

Liane Vanloo ging durch die Halle dem General von Pfaff entgegen.

»Exzellenz, ich muß Sie leider darauf vorbereiten, daß Sie den Herrn Rabener bei uns finden.«

»Bei Ihnen?«

»Er konferiert drinnen mit meinem Mann und Herrn Krall.«

Von Pfaff schwoll rot an. »Nur gut, daß ich schon einen Zylinder trage. Dann kann ich endlich einem solchen Kerl meine private Meinung sagen. Glauben Sie, ich habe Angst?«

»Wie sollte ich? Aber die Schwierigkeit liegt darin, daß er eben kein Kerl ist. Eigentlich gehört er zu uns.«

Frau Krall kam herbei und sagte: »Solch ein Sozialdemokrat gehört überhaupt nie zur guten Gesellschaft. Kommt her und hetzt unsere Arbeiter auf. Mit dem Auto totfahren müßt man ihn dürfen, sagt mein Mann.«

Auch Frau Krall rötete sich. Der General beglückwünschte sie zu ihrer Gesinnung. Die Gräfin Terwang lächelte ironisch. Liane sagte: »Wir haben ihn in Sankt Moritz getroffen. Er war tadellos. Von seiner Tätigkeit wußten wir freilich nichts.«

»Dann sind Gnädigste entschuldigt«, erklärte von Pfaff. Die Gräfin fragte beiseite: »Und wußte denn der Herr, daß Frau Vanloo beim Theater war?«

Da ging die Tür auf. Krall fing, sobald er den General sah, beglückt zu dienern an. Im Vorübergehen flüsterte Vanloo seiner Frau zu: »Nichts zu machen«; aber sie hatte es ihm schon angesehen, sie kannte diese künstliche Spannkraft. Rabener verabschiedete sich. Vanloo drückte mit beiden Händen seinen Arm. »Sie bleiben doch noch? Das Geschäftliche ist fertig, aber wir sind auch Menschen!« Und er führte ihn zum General von Pfaff. Rabener verbeugte sich leichthin, mit müdem Gesicht. Von Pfaff grüßte tiefer, als vorauszusehen gewesen war, ward röter und sagte: »Sehr angenehm.«

Liane trat zu Rabener.

»Wir gehen dieses Jahr ans Meer, in die Nähe von Ostende wahrscheinlich. Und Sie?«

»Sie sehen, wie beschäftigt ich bin.«

Liane unvermittelt: »Ich verstehe jetzt, was Sie mir damals sagten.«

Er wußte es sogleich. »Ich sagte Ihnen, Sie irrten sich in Ihrer Welt. Sie täten unrecht, sich zu Aristokraten und reichen Leuten halten zu wollen. Sie selbst seien so viel vornehmer.«

Liane: »Sie sagten es, weil Sie für das Volk sind und dies für Ihre Vornehmheit halten.«

Und er: »Ich sagte es, weil Sie verstehen, mit der Seele zu leben.«

Sie wandte ein: »Ich war ehrlicher als Sie. Ich gestand Ihnen, daß ich in der Welt meines Mannes nicht geboren sei. Sie aber –«

Er schloß: »Bei Ihnen habe ich einfach vergessen, ich stände im Dienst einer andern, der Partei.«

Drüben zeterte Frau Krall, fett atmend: »Solch ein Streik ist eine glatte Gemeinheit. Geht es die Schufte an, was wir verdienen?«

Vanloo lächelte skeptisch; er hielt dafür, die Beteiligung der Arbeiter am Gewinn sei nur eine Frage der Zeit. Aber von Pfaff, der fast erstickte, nannte dies gottvergessen. Das Militär sei auch noch da. Krall stimmte ihm begeistert zu. »Da fahren wir drein!« grollte der General; und der Fabrikant dankte ihm mit Hundeblick.

Rabener sah Liane an, aber sie ließ sein Lächeln unerwidert.

»Sie verlangen, ich solle die Leute verachten? Ich tue es nicht; ich würde mich selbst verleugnen. Ich habe meine Klasse gewählt.«

Er sagte: »Auch ich habe die meine gewählt – nicht aber, um blind zu sein für sie.«

»Was wollen Sie also?«

»Ich habe Sie in kein feindliches Lager herüberziehen wollen, sondern zu mir.«

Sie sah nieder, ihr Blick ward starr. Als sie ihn aufhob, gewahrte sie an dem Mann den Ausdruck des angstvollen Leidens, das sie selbst fühlte.