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Die Digitalisierung ist die Königsdisziplin des Managements im 21. Jahrhundert. Kein anderes Thema ist so komplex, vielschichtig und anspruchsvoll. Der Autor zeigt in seinem Buch, wie aus den Potenzialen und Versprechungen der Digitalisierung echte Resultate werden. Nicht Technik oder IT stehen im Zentrum des Buches, sondern Wirksamkeit und Nutzen. Kompakt und fundiert stellt er in jedem Kapitel ein Modell und ein konkretes Digitalisierungs-Werkzeug anhand eines Beispiels vor. Ein Leitfaden für Orientierung, Umsetzung und konkrete Ergebnisse.
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Seitenzahl: 284
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Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft - Steuern - Recht GmbH
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Roman Stöger
Digitalisierung umsetzen
1. Auflage, Oktober 2019
© 2019 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH
www.schaeffer-poeschel.de
Bildnachweis (Cover): © Liu zishan shutterstock.com
Produktmanagement: Dr. Frank Baumgärtner
Lektorat: Dr. Ute Gräber-Seißinger, Bad Vilbel
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/ Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.
Schäffer-Poeschel Verlag
Ein Unternehmen der Haufe Group
Die Digitalisierung als Motor für Transformation: Modell
Das Navigationssystem der Digitalisierung: Modell
Steuerungsebenen im Navigationssystem der Digitalisierung: Modell
Bestandsaufnahme zur Umsetzung der Digitalisierung: Darstellung
Erfolgsfaktoren und Probleme bei der Umsetzung der Digitalisierung: Darstellung
Umsetzung der Digitalisierung: Darstellung
Agilitätsgrundsätze: Modell
Digitalisierungsdefinition: Modell
Orientierungsgrößen für die digitale Transformation: Modell
Disruptionstreiber: Modell
Digitalisierungs-Benchmarking: Modell
Digital Five Forces: Modell
Digitalisierungscamp: Modell
Analyse der Digitalisierung des Marktes: Modell
Digitalisierungsleitbild: Modell
Digitalisierungsmatrix: Modell
Kundennutzen durch Digitalisierung: Modell
Customer Journey: Modell
Digitalisierungsstrategie: Modell
Elemente des Geschäftsmodells: Modell
Digitale Schlüsselthemen für Funktionen: Modell
Digitales Funktionendiagramm: Modell
Schnittstellengestaltung: Modell
Kostentreiber: Modell
Digitale Produktivitätsstrategie: Modell
Elemente einer soliden Unternehmenskultur: Modell
Erfolgsfaktoren für das Changemanagement in der Digitalisierung: Modell
Systematische Müllabfuhr der Alten Welt: Modell
Steuerung der Stakeholder in der Digitalisierung: Modell
Digitale Performancetreiber: Modell
Digitalisierungs-Personalentwicklungsprogramm: Modell
Digitalisierungs-Scorecard: Modell
Agiles Projektvorgehen: Modell
Digitale Schlüsselaufträge und Zielvereinbarungen: Modell
Kernthemen für das Digitalisierungsradar: Modell
Umsetzungscontrolling: Modell
Resultatbericht: Modell
Digitalisierungsdefinition: Werkzeug und Beispiel (Anlagenbau)
Digitalisierungsstatus: Werkzeug und Beispiel (Anlagenbau)
Transformationsszenario: Werkzeug und Beispiel (Großhandel)
Disruptionsradar: Werkzeug und Beispiel (Versicherung)
Digitalisierungs-Benchmarking: Werkzeug und Beispiel (Pharma)
Digitales Wettbewerbscockpit: Werkzeug und Beispiel (Hotel)
Digitalbaustein: Werkzeug und Beispiel (Handel)
Digitalisierungs-Marktcockpit: Werkzeug und Beispiel (Bauunternehmen)
Digitalisierungsleitbild: Werkzeug und Beispiel (Chemie)
Digitalisierungsfelder: Werkzeug und Beispiel (Versicherung)
Kundennutzen-Cockpit: Werkzeug und Beispiel (Logistik)
Customer Journey: Werkzeug und Beispiel (Krankenhaus)
Digitalisierungsstrategie: Werkzeug und Beispiel (Rohstoffhandel)
Digitalisierung des Geschäftsmodells: Werkzeug und Beispiel (Maschinenbau)
Digitales Funktionenprogramm: Werkzeug und Beispiel (Personal)
Digitales Funktionendiagramm: Werkzeug und Beispiel (Entwicklung)
Schnittstellenvereinbarung: Werkzeug und Beispiel (Versicherung)
Digitales Kostentreibermanagement: Werkzeug und Beispiel (Maschinenbau)
Digitale Produktivitätsstrategie: Werkzeug und Beispiel (Ministerium)
Diagnose und Entwicklung der Kultur: Werkzeug und Beispiel (Bank)
Change-Cockpit für die Digitalisierung: Werkzeug und Beispiel (Versicherung)
Systematische Müllabfuhr der Alten Welt: Werkzeug und Beispiel (Chemie)
Digitales Stakeholder-Cockpit: Werkzeug und Beispiel (Handel)
Digitale Stakeholder-Kommunikationsmatrix: Werkzeug und Beispiel (Handel)
Digitales Verbesserungsprogramm: Werkzeug und Beispiel (Logistik)
Digitaler Verbesserungsvorschlag: Werkzeug und Beispiel (Logistik)
Digitalisierungs-Personalentwicklungsagenda: Werkzeug und Beispiel (Pharma)
Persönliche Digitalisierungsagenda: Werkzeug und Beispiel (Vertriebsleiter)
Digitalisierungs-Scorecard: Werkzeug und Beispiel (Elektroindustrie)
Agiler Projektauftrag: Werkzeug und Beispiel (Onlineshop)
Digitalisierungs-Schlüsselauftrag: Werkzeug und Beispiel (Industrie 4.0)
Digitalisierungs-Zielvereinbarung: Werkzeug und Beispiel (IT-Mitarbeiter)
Digitalisierungsradar: Werkzeug und Beispiel (Maschinenbau)
Digitalisierungs-Umsetzungscontrolling: Werkzeug und Beispiel (Versicherung)
Resultatbericht: Werkzeug und Beispiel (Bank)
Prof. Dr. Roman Stöger ist Professor für strategische Unternehmensführung an der University of Applied Sciences FH Kufstein. Er war achtzehn Jahre lang im Malik Management Zentrum St. Gallen tätig und hatte dort als Associate Partner Führungsfunktionen inne. Nebenberuflich unterrichtete er zehn Jahre an der Universität St. Gallen. Zu seinen Beratungs- und Aufsichtsmandaten gehören Unternehmen aus Industrie, Handel und Finanzdienstleistungen aller Größen. Mehrere Hidden Champions zählen zu seinen Referenzkunden. Roman Stöger hat zahlreiche Bücher und Artikel zu den Themen Digitalisierung, Strategie, Innovation, Prozesse, Produktivität, Organisation, Projekte und Führung veröffentlicht. Im Jahr 2016 wurde er in die Expertenkommission Digitalisierung und Innovation im Rahmen des deutschen Bundeswirtschaftsministeriums berufen. Roman Stöger ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Seine Hobbys sind Sport, moderne Literatur und seine Jazzband.
Die Digitalisierung ist eine der bedeutendsten Entwicklungen des 21. Jahrhunderts und beherrscht Wirtschaft und Gesellschaft wie kaum ein anderes Thema. Es gibt Weniges, was so komplex, vielschichtig und anspruchsvoll ist. Dies gilt gleichermaßen aus der Perspektive von Kunden, Staatsbürgern, Politikern, Mitarbeitern und Führungskräften. Mittlerweile sind tausende Bücher, Artikel und Fachbeiträge erschienen, die das Thema aus unterschiedlichen Richtungen beleuchten und darstellen, wo Chancen und Vorteile, Gefahren und Risiken liegen. Was in Forschung und Veröffentlichungen nach wie vor zu kurz kommt, ist die Frage nach der Umsetzung der Digitalisierung1. Es gibt sehr viele gute Beispiele, von denen gelernt werden kann und die eine erstaunliche Ähnlichkeit in der Vorgehensweise aufweisen.
In diesem Buch wird aufgezeigt, wie aus den Potenzialen und Versprechungen der Digitalisierung echte Resultate werden. Der Fokus liegt daher nicht auf der Digitalisierung, sondern auf der Umsetzung der Digitalisierung. Das ist keine sprachliche Spitzfindigkeit, sondern ein wesentlicher Unterschied. Im Vordergrund stehen nicht Technik und IT, sondern das Management und Wirksam-Machen der Digitalisierung. Es geht um bewährte Vorgehensweisen und Werkzeuge, wie sich ein Unternehmen digital entwickeln und Resultate erzielen kann. Nicht technische Spielereien oder bunte PowerPoint-Folien entscheiden über den Erfolg der Digitalisierung, sondern konkrete Maßnahmen. Das ist der Schritt vom Wunsch zur Wirksamkeit.
Entgegen landläufiger Meinung sind die treibenden Faktoren der Digitalisierung nicht Systemtechnik, IT oder das Internet. All das gibt es schon seit Jahrzehnten, im Falle des Webs schon über ein Vierteljahrhundert. Der entscheidende Punkt und zugleich Definition der Digitalisierung sind folgende Elemente: 1) die Vernetzung von Menschen, Maschinen und Daten; 2) die Individualisierung von Produkten, Dienstleistungen und Informationen; 3) die deutliche Zunahme an Geschwindigkeit; 4) die Dezentralisierung bzw. Selbstorganisation und 5) die tendenzielle Auflösung von Branchen- und Unternehmensgrenzen. Das ist der Treibsatz der Digitalisierung und bewirkt die Steigerung von Innovationsleistung und Produktivität. Die Folge davon ist nicht selten die Veränderung von Geschäftsmodellen, Branchen und traditionellen Vorstellungswelten. Paradigmatisch dafür steht das Beispiel Uber: Dieses Unternehmen hat weder das Internet noch das Taxi erfunden. Es hat aber eine klassische Branche herausgefordert, indem es eine globale Lösung für ein seit jeher atomisiertes Geschäft auf den Markt gebracht hat. Der Ansatz ist denkbar einfach und nur über digitale Kommunikation möglich: Der Kunde bezahlt nicht für ein Taxiunternehmen, sondern für eine Taxifahrt. Auch wird anhand dieses Beispiels ersichtlich, dass viele traditionelle Begriffe der Wirtschaftswissenschaften an ihre Grenzen kommen. Ist der Uber-Fahrer Unternehmer, Angestellter, freier Dienstleister oder Kunde? Ergibt die herkömmliche Unterscheidung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in diesem Fall noch einen Sinn?
[22]Trotz des vielfältigen Wandels muss festgehalten werden, dass die Digitalisierung nichts an den Gesetzen des Wirtschaftens verändert. Im Zentrum steht nach wie vor die Frage: Ist der Kunde bereit, für eine digitale Lösung eine Rechnung zu bezahlen? Die Digitalisierung verändert aber alles hinsichtlich Veränderungsfähigkeit, Kompetenzaufbau und methodischer Fähigkeiten. Der Engpass sind nicht die Vorschläge, Potenziale, Chancen oder Ideen. Entscheidend ist die Umsetzungsstärke unserer Unternehmen. Und dies bedingt nicht eine Cloud oder das Silicon Valley, sondern kompetentes Management. Die Digitalisierung sollte daher als Anlass gesehen werden, das Unternehmen wieder einmal grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen. Die zentrale Frage für das Management lautet: Wie können wir die Potenziale der Digitalisierung in Nutzen und Resultate umwandeln?
Die Digitalisierung ist als globales und alles durchdringendes Thema natürlich auch Gegenstand von Sorge und Angst. Klarerweise muss eine kritische Reflexion der Digitalisierung erfolgen, damit negative Wirkungen und Begleiterscheinungen bewusst und öffentlich gemacht werden. Nur so wird ein transparenter und vernünftiger Diskurs entstehen. Niemand kann absehen, wie sich dieses Thema auf die politische, gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Entwicklung auswirken wird. Es existieren drei Gefahrenfelder, die nachfolgend dargestellt werden.
Eine erste Kritik lautet, dass durch Digitalisierung Arbeitsplätze verloren gehen und die Produktivitätsvorteile die Beschäftigungsquote reduzieren werden. Zudem werden Überwachung und eine qualitative Verschlechterung von Arbeitsverhältnissen befürchtet. Auswirkungen in der Arbeitswelt und innerhalb bestehender Beschäftigungsverhältnisse sind natürlich laufend zu prüfen; gleichwohl kann mit einer historischen Analogie gearbeitet werden. Bereits in der ersten Industriellen Revolution im 18. Jahrhundert hat es die gut begründete Sorge gegeben, dass Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und im Handwerk verloren gehen, was wiederum zu Massenarbeitslosigkeit und Verelendung führt. Das genaue Gegenteil ist eingetreten, und dasselbe Muster war auch bei allen anderen industriellen Revolutionen feststellbar – nicht zuletzt seit der Computerisierung in den 1970er-Jahren.
Die zweite Gefahr ist eine handfestere und hat sich schon verschiedentlich gezeigt: Die Möglichkeiten der Digitalisierung führen zu Manipulation und zu einer Beeinflussung von Wählern und Kunden. Die teilweise gesteuerte Wahl des US-Präsidenten Donald Trump und das betrügerische Geschäftsmodell von Facebook sind nur stellvertretende Beispiele für diese Art von Manipulation und Geschäftsmodell. Gerade hier haben mittlerweile Protagonisten der Digitalisierung selbst erkannt, dass diese Entwicklung aus dem Ruder laufen kann. So meint etwa Tim Cook, CEO von Apple: »Ich habe Nichten und Neffen, und ich erlaube ihnen nicht, dass sie einem Sozialen Netzwerk beitreten.« Der Manager für Mitgliederwachstum bei Facebook, Chamath Palihapitiya, spricht die Gefahren für die Gesellschaft offen an: »Was wir schufen, zerstört den [23]Zusammenhalt jeder Gesellschaft: An die Stelle von Bürgerdiskurs und Kooperation setzen wir Desinformation und Unwahrheit. Es geht nicht um ein paar Russen-Hacks, das ist ein globales Problem.« Und Jaron Lanier, Chefstratege bei Microsoft, fasst das Thema ernüchtert wie folgt zusammen: »One has this feeling of having contributed to something that’s gone very wrong.« Diese Beispiele2 zeigen deutlich die Gefahren durch die neuen Technologien und Methoden auf. Demokratie, Menschenrechte und Freiheit müssen gegen Populisten und Diktatoren geschützt werden. Die Politik hat Antworten zu finden und sich gegenüber postfaschistischen und postkapitalistischen Strömungen zu wehren.
Drittes Kritikfeld ist die negative Auswirkung digitaler Geräte, Medien und Kommunikationsweisen auf Menschen. Überspitzt wird gerne von digitaler Degeneration oder digitaler Demenz oder gar digitaler Debilität gesprochen. Vor allem für jüngere Menschen werden Beeinträchtigungen von Konzentration, Wahrnehmungsfähigkeit, körperlicher Fitness und Sozialverhalten befürchtet. Gespräche und Erfahrungsaustausch mit Eltern, Lehrern und generell mit allen, die mit Jugendlichen oder jungen Erwachsenen zu tun haben, vermitteln dieses Bild und führen rasch zu einer Bestätigung dieses Vorurteils. Auch an dieser Stelle gilt: Einerseits sind diese Phänomene oder Hypothesen wissenschaftlich zu untersuchen und im Fall echter Beeinträchtigung ist ihnen entgegenzuwirken. Andererseits hat es aber immer schon grundsätzliche Bedenken gegenüber neuen Medien und neuen Technologien gegeben. Bei der Erfindung des Automobils wurde davon gesprochen, dass der menschliche Körper für Geschwindigkeiten über 50 km/h nicht geschaffen sei. Nach Einführung des Radios bzw. Fernsehens kamen Zweifel auf, ob diese neuen Audio- bzw. optischen Wellen nicht gesundheitsschädlich seien.
Gerade weil die Digitalisierung nicht nur ökonomisch, sondern auch gesellschaftlich und politisch wirkt, ist eine kritische Reflexion notwendig. Dies geschieht in Wissenschaft und Praxis, durch Nichtregierungsorganisationen, Unternehmungen und Regierungen. Eine verantwortliche Unternehmensführung sollte diese Dimension vor Augen haben und sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sein.
Aufgrund der Wirkmächtigkeit der Digitalisierung sind heute praktisch alle Unternehmen aufgefordert, sich mit diesem Thema zu befassen. Dies betrifft nicht nur Start-ups, Konzerne, IT- oder Hightech-Unternehmen, sondern alle Branchen und alle Unternehmensgrößen. Ein einfaches Beispiel soll den Wesenskern der Digitalisierung verdeutlichen: Stellen Sie sich vor, Sie besuchen in London in der Royal Albert Hall ein Konzert von Eric Clapton; diesen Ausflug hat Ihr elektronischer Life-Balance-Coach vorgeschlagen, der genau weiß, dass Sie gerne europäische Großstädte bereisen und ein Fan Eric Claptons sind. Ebenso hat dieser digitale Coach Ihnen vorgeschlagen, zwei Studienkollegen in London zu besuchen, die Sie schon seit vier Jahren nicht mehr gesehen haben. Flug, Transfer und Hotel wurden von einem Reiseportal gebucht und Sie erhalten im Vorfeld über einen i-Shopping-Guide die Liste aller Clapton-Alben, die Sie noch nicht [24]haben. Nach dem Konzert werden Sie von einem Selbstfahr-Taxi abgeholt und müssten hierfür eigentlich 20 Pfund zahlen. Während der Fahrt entscheiden Sie spontan, dass Sie in einem Laden noch zwei Kleidungsstücke kaufen. Die Bestellung wird online versendet, die Verfügbarkeit in Echtzeit positiv rückgemeldet. Das Taxi fährt direkt zum Shop, wo Sie die beiden Teile sofort überreicht bekommen. Aufgrund des Gesamtpreises von 250 Pfund wird Ihre Taxirechnung vom Shop übernommen. Dieses Beispiel zeigt, dass die Digitalisierung nichts an der physischen Reise, dem Konzertgenuss oder den Kleidungsstücken verändert. Sie beeinflusst aber massiv Geschäftsverständnis und Geschäftsmodelle der beteiligten Organisationen.3
Auch wenn es paradox klingen mag: Was sich durch die Digitalisierung verändert hat, ist die Veränderung selber, der Change. Erstens hat sich das Tempo beschleunigt. Früher hatte das Management im Normalfall viel mehr Zeit, sich auf eine Transformation einzustellen und neue Lösungen zu entwickeln. Heute muss vor allem die Umsetzung schneller funktionieren, weil alles transparenter geworden ist. Wenn ein Wettbewerbsvorsprung früher noch in Jahren gemessen wurde, sind es heute oft nur Monate oder Wochen. Zweitens konnte in der Vergangenheit ein kleiner Kreis von Personen die Veränderung bewirken. Jetzt müssen im Normalfall sehr viele Wissensträger, Entscheider und vor allem Umsetzer integriert werden, damit Lösungen entstehen. Und drittens bedeutet Digitalisierung, dass nicht isoliert Produkte, Prozesse oder Organisationseinheiten verändert werden, sondern das gesamte Geschäftsmodell. Genau das hat der damalige CEO von General Electric, Jeffrey Immelt, gemeint, als er die digitale Herausforderung darstellte: »Jedes Industrieunternehmen muss sich zu einem Softwareunternehmen entwickeln.«
Digitalisierung bedeutet Transformation, das heißt einen Übergang von der heutigen sogenannten Alten Welt in eine digitale, sogenannte Neue Welt. Dieser Schritt ist für die meisten Menschen und Unternehmen deshalb so anspruchsvoll, weil wir unsere Gewohnheiten haben, aus einer meist erfolgreichen Vergangenheit kommen und die Alte Welt immer noch funktioniert. Verantwortung in der Führung bedeutet aber, die Grundlagen dieses Erfolgs permanent zu hinterfragen. Es geht darum, das Geschäft von der Zukunft aus zu verstehen und nicht eine erfolgreiche Vergangenheit unreflektiert fortzuschreiben.
Die Digitalisierung als Motor für TransformationModellDie »Alte Welt«Die »Neue Welt«1. Veränderungen sind überschaubar, verlaufen relativ langsam und sind oft auf einzelne Themen beschränkt.→1. Veränderungen vollziehen sich deutlich schneller, umfassender und betreffen das gesamte Geschäftsmodell.2. Grenzen des Unternehmens sind über Eigentum, Verträge, Waren, Dienstleistungen und Geldflüsse definiert.→2. Grenzen des Unternehmensverschwimmen und sind vieldimensional, zum Beispiel durch Einbindung des Kunden, Partnernetzwerke, Plattformen.[25]3. Entwicklung und Produktion enden mit der Markteinführung. Danach beginnt die Vorphase der nächsten Generation.→3. Entwicklung und Produktion beziehen sich auf den gesamten Lebenszyklus. Es gibt keine »nächste Generation«, sondern permanente Weiterentwicklung.4. Verkauf ist der Schlusspunkt von Entwicklung und Vermarktung.→4. Verkauf ist der Beginn einer Kunden-, Echtzeit- und Response-Beziehung.5. Marketing und Vertrieb sind auf den Verkauf ausgerichtet.→5. Marketing und Vertrieb maximieren Nutzen über den gesamten Lebenszyklus.6. Eine Kundenbeziehung wird über einen Kauf definiert, indem das Eigentum vom Hersteller auf den Kunden übergeht.→6. Eine Kundenbeziehung wird über eine Nutzung definiert, die mit Eigentumsfragen nicht identisch ist.7. Daten entstehen entlang der Wertschöpfungskette oder aus externen Quellen.→7. Daten entstehen in Echtzeit durch das Produkt bzw. die Anwendung und müssen in Nutzen übersetzt werden.8. Datenqualität und -sicherheit liegen in der Verantwortung der IT.→8. Datenqualität und -sicherheit sind Handlungsfelder aller Funktionen.9. Die Organisation besteht in hierarchisch getrennten Funktionen wie zum Beispiel F&E, Einkauf, Produktion, Vertrieb.→9. Die Organisation besteht in prozessorientierten Funktionalitäten, in denen es um Tempo, Vernetzung und Umsetzung geht.10. Führung bedeutet direkte Führung von Mitarbeitern, top-down und von der Hierarchie bestimmt.→10. Führung ist vielschichtig und bedeutet die Führung von Kollegen, Chefs, Kunden, Wertschöpfungspartnern.Diskussion, Gestaltung und Umsetzung der digitalen Transformation sind aktuell eine der wichtigsten Herausforderungen für die Unternehmensführung. Das Management muss ein gemeinsames Verständnis der Transformation und der notwendigen Digitalisierungsschritte entwickeln. Die Basis hierzu ist die Bereitschaft, das eigene Geschäft offen und selbstkritisch zu hinterfragen: In welchem Geschäft sind wir wirklich? Wo liegt der eigentliche Kundennutzen? Warum waren wir bisher erfolgreich? Wo sind die Grundlagen des Erfolgs von morgen? Erkennen wir rechtzeitig die neuen Entwicklungen? Sind wir vielleicht sogar dem Wandel voraus? Treffen wir rechtzeitig die notwendigen Entscheidungen? Sind wir schnell genug in der Umsetzung? In der digitalen Welt gilt eine einfache Gleichung: »Die Dynamik des Unternehmens muss mindestens so groß sein wie die Dynamik des Marktes.« Diese ursprünglich aus der Kybernetik abgeleitete Erkenntnis beschreibt die notwendige Veränderungsfähigkeit von Organisationen. Wenn diese Dynamik schwächer wird, fällt das Unternehmen zurück, wird vom Wettbewerb überholt und bleibt in der Alten Welt stecken. Eines der Paradeunternehmen der Jahrtausendwende ist selbst zum Opfer der Veränderungen geworden: Apple ist mittlerweile ein Unterneh[26]men der Alten Welt. Es hat seine Erfolgsprodukte der 2000er-Jahre zwar permanent optimiert, gibt aber keine überzeugenden Antworten mehr auf die Neue Welt.
Viele Menschen glauben, dass Digitalisierung eine Sache von IT sei, dass man Google heißen und am besten an der US-amerikanischen Westküste beheimatet sein müsse, um Erfolg zu haben. Der wichtigste Orientierungspunkt bleibt auch in der digitalen Welt der Kundennutzen. Das ist am Ende des Tages der Schlüssel zum Verständnis von Marktdynamik und Transformation.4 Kundennutzen ist die Quelle von Wettbewerbsvorteilen, Marktanteilen und Innovation. Jedes Unternehmen braucht dazu geeignete Radare und Sensoren in die Märkte, um Wandel und Veränderung wahrzunehmen. Hohe Gewinne, eine erfolgreiche Vergangenheit, starre Strukturen und ein hierarchisches Führungsverständnis können gefährlich sein, weil sie diese Signale des Marktes und der Zukunft nicht aufnehmen. Führungskräfte werden vor allem dafür bezahlt, das Geschäft von der Zukunft aus zu denken und Lösungen für langfristig gesunde Geschäfte zu entwickeln.
Ein verbreitetes Missverständnis besteht darin, Digitalisierung mit Data zu identifizieren. Klarerweise brauchen digitale Lösungen und echter Kundennutzen eine solide, datenintelligente Basis. Das Umgekehrte gilt nicht, das heißt IT, Systeme und Data ins Zentrum zu stellen und erst nachher über mögliche Geschäfte nachzudenken. Das belegt die mittlerweile bedauerlich hohe Quote der nicht erfolgreichen Start-ups. Die Herausforderung für das Management besteht nicht in Data-Warehousing, Response Systems oder Cloud Solutions. Die Kunst der Führung ist es, all das zu verbinden und echte Resultate zu erzielen. Nicht »Big Data« steht daher im Zentrum, sondern »Big Results«. Auch wenn gerne davon gesprochen wird, dass Daten das Gold des 21. Jahrhunderts sind, so zeigt die digitale Praxis auf, dass das nicht stimmt. Daten an sich bewirken gar nichts, schaffen keine Werte, verursachen nur Kosten und erhöhen die Komplexität. Zu Gold werden Daten nur, wenn sie in Lösungen für Kunden und Unternehmen umgewandelt werden.
Schwerpunkte und Anwendungsfelder der Digitalisierung sind einerseits die Innovation von Marktleistungen und andererseits die Verbesserung der Produktivität. Was die Digitalisierung aber genauso verändern wird, sind Führung und Organisation. Dies geschieht momentan in der Tiefenstruktur vieler Unternehmen und ist daher noch nicht allen bewusst. Die meisten Menschen sind nach wie vor vom Organisationsverständnis des 19. Jahrhunderts geprägt: dominante Hierarchien, separierte Funktionen, ausgeprägte Innenorientierung, starre Planungszyklen und vieles mehr. All das hat in der alten Industriegesellschaft seine Berechtigung gehabt und viele Volkswirtschaften nach vorne gebracht. Die Digitalisierung fordert gerade dieses Unternehmens-, Management- und Arbeitsverständnis heraus.5 Die digitale Welt hält sich nicht an unsere organisatorischen Silos, an starre Stellenbeschreibungen und an Führungskräfte mit »bossy habits«. Zu Recht wird davon gesprochen, dass die industrielle Entwicklung in ein viertes Stadium eingetreten ist – Industrie 4.0. Ob Führung und Organisation auch entsprechend fortgeschritten sind, muss kritisch hinterfragt werden. Eher gilt der Spruch: Industrie 4.0 trifft auf Führung 1.0. Praxis und Wissenschaft haben noch nach Lösungen zu suchen, um im 21. Jahrhundert anzukommen.
Unternehmerisch findet die Digitalisierung auf unterschiedlichen Ebenen statt. Vor dem Hintergrund der richtigen Diskussion und Sortierung der Themen ist es angebracht, mit einem Navigationssystem6 zu arbeiten. Dieses befähigt das Management zu einer klaren Einordnung des vieldimensionalen Themas der Digitalisierung und hilft bei der Entscheidung über Schwerpunkte. Das Navigationssystem der Digitalisierung besteht aus einer Zeitdimension (X-Achse) und einer Komplexitätsdimension (Y-Achse). Die Zeitachse gibt den typischen chronologischen Verlauf der jeweiligen Themen an. Gemeint ist die Dauer der Diskussion, der Entscheidungsfindung und vor allem der Umsetzung. Die Komplexitätsachse definiert, wie stark die Komplexität der einzelnen Steuerungsebenen ausgeprägt ist. Dies betrifft vor allem die Größen Veränderungsgrad, Veränderungsgeschwindigkeit, thematischer Umfang und Grad der Beeinflussbarkeit. In den meisten Fällen gilt, dass weniger komplexe Themen auch eine geringere zeitliche Ausdehnung haben.
Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen: Die Einführung einer digitalen Personalakte ist sicherlich ein aufwendiges Vorhaben, hinsichtlich Zeit und Komplexität aber überschaubar und daher im Navigationsmodell links unten positioniert. Im Gegensatz dazu ist die digitale Disruption der Healthcare-Branche bezüglich Zeit und Komplexität rechts oben angesiedelt. Entlang der beiden Achsen des Navigationssystems können vier Steuerungsebenen der Digitalisierung identifiziert werden. Die Ebenen haben einen unterschiedlichen Intensitätsgrad hinsichtlich der Digitalisierung und vor allem unterschiedliche Auswirkungen auf Strategie, Struktur, Kultur, Führung, Changemanagement und Umsetzung.
[28]Die erste Ebene ist die analoge Fortsetzung des heutigen Geschäftsmodells. Dies bedeutet, dass das jeweils aktuelle Geschäftsmodell ohne digitale Weiterentwicklung bestehen bleibt. Auch das ist eine klare Managemententscheidung zur Digitalisierung. Im Fokus steht die Marktdurchdringung mit bestehenden Produkten bzw. Dienstleistungen. Zusätzlich kann eine Professionalitäts- bzw. Produktivitätssteigerung ohne digitale Methoden erfolgen. Wenn ein Versicherungsunternehmen eine Vertriebsoffensive in neue Länder startet, hat diese Maßnahme zwar strategische Bedeutung, kann aber zur Gänze ohne digitale Weiterentwicklung getroffen werden. Vor dem Hintergrund des Digitalisierungs-Hypes muss betont werden, dass diese erste Ebene im digitalen Navigationssystem in vielen Fällen eine unkomplizierte, pragmatische und erfolgswahrscheinliche Variante darstellt.
Die zweite Ebene ist die digitale Optimierung innerhalb des aktuellen Geschäftsmodells. Im Kern ist dies eine kontinuierliche Verbesserung des heutigen Businessansatzes, ohne dass eine grundlegende, digitale Veränderung stattfindet. Bestehende Produkte, Dienstleistungen bzw. Prozesse werden mit digitalen Methoden verbessert, aber nicht in einen komplett anderen Kontext gestellt. Daher ist diese Ebene eine inkrementelle Nutzung der Digitalisierung. Das Ausrüsten von Personenkraftwagen mit digitalen Features wie etwa Abstandsmelder oder Melder von Verbrauchs- und Wartungsdaten ist ein Beispiel für diese Ebene. Es bedeutet einen verbesserten Kundennutzen, verändert aber weder die Kundengewohnheiten noch das Fahrzeug, den Hersteller oder die Branche.
Die dritte Ebene ist die digitale Weiterentwicklung des heutigen Geschäftsmodells. Waren die ersten beiden Ebenen noch isoliert auf einzelne Themen bzw. Marktleistungen bezogen, so geht es hier um die Ausweitung des Geschäftsmodells an sich. Dies erfolgt noch ohne eine Veränderung der Wettbewerbslogik. Produkte bzw. Dienstleistungen werden digitalisiert und ergeben neue Formen von Wertschöpfung und Prozessen. Wenn ein Maschinenbauunternehmen seine Produkte mit Sensorik und künstlicher Intelligenz ausstattet, dann wird dies zu keiner Substitution des Marktes führen, aber neue Geschäftsmöglichkeiten erschließen, wie beispielsweise Wartungsverträge und Preismodelle über den kompletten Lebenszyklus.
Die vierte Ebene ist die Disruption durch ein neues, digitales Geschäftsmodell. Dies ist die radikalste Form der Digitalisierung, weil ein existierendes Geschäftsmodell durch ein neues, digitales ersetzt wird. Markt und Wettbewerb werden somit neu sortiert. Diese Disruption wird aufgrund einer echten Innovation durch digitale Produkte, Dienstleistungen bzw. Wertschöpfungsansätze ausgelöst. Falls es sich nicht um ein Start-up handelt, wird diese Disruption wahrscheinlich auch zu einer Neuaufstellung bzw. zu einer Neuerfindung des Unternehmens führen. Die prominenten Beispiele von Amazon, Uber, Apple und Airbnb stehen stellvertretend für diese vierte Ebene der Digitalisierung und zeigen zugleich auch, dass dies die seltenste und riskanteste Option darstellt.
[29]Steuerungsebenen im Navigationssystem der DigitalisierungModell1. Analoge Fortsetzung des bestehenden GeschäftsmodellsBeibehaltung des Geschäftsmodells ohne digitale WeiterentwicklungMarktdurchdringung mit den vorhandenen Produkten bzw. DienstleistungenProfessionalitäts- und Produktivitätssteigerung des Unternehmens ohne digitale Methoden2. Digitale Optimierung innerhalb des aktuellen Geschäftsmodellskontinuierliche Verbesserung des bestehenden Geschäftsmodells ohne grundlegende, digitale VeränderungOptimierung vorhandener Produkte, Dienstleistungen und Prozesse mit digitalen Methodeninkrementelle Nutzung der Digitalisierung3. Digitale Weiterentwicklung des heutigen Geschäftsmodellsdigitale Ausweitung des Geschäftsmodells ohne Veränderung der WettbewerbslogikDigitalisierung von Produkten bzw. Dienstleistungen im Rahmen des bestehenden Geschäftsmodellsdigitale Weiterentwicklung der Wertschöpfung bzw. der Prozesse4. Disruption durch ein neues, digitales GeschäftsmodellSubstitution eines bestehenden Geschäftsmodells durch eine digitale Neusortierung des Marktesechte Innovation durch digitale Produkte, Dienstleistungen bzw. WertschöpfungsansätzeNeuaufstellung bzw. Neuerfindung des Unternehmens[30]Das digitale Navigationssystem dient dem Management zur systematischen Diskussion, Sortierung und Entscheidungsfindung. Mit dem Ansteigen der Ebenen von eins bis vier steigen Komplexität, Dauer, Anforderungen und Veränderungsgrad. Die Ansprüche an das Management sind entsprechend unterschiedlich. Während auf der ersten Ebene noch mit der Einstellung und den Methoden der Alten Welt geführt werden kann, verändert sich in Richtung der vierten Ebene nicht nur das Geschäft, sondern auch die Art der Führung. Das bedeutet nicht, dass auf der vierten Ebene besser geführt werden muss, sondern einfach anders. Das digitale Navigationssystem kann eingesetzt werden, um die grundlegenden Fragen zur digitalen Aufstellung des Unternehmens aufzuwerfen und einen realistischen Blick auf den Markt und nach innen zu werfen. Digitalisierung bedeutet nicht zwangsläufig, dass die vierte Ebene im Fokus steht. Vielmehr geht es darum, dass ein pragmatischer Digitalisierungsansatz gewählt wird, der zum Geschäft und zum Unternehmen passt.
Für viele Menschen ist die Digitalisierung völlig neu und aus diesem Grund hochspannend. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, dass vieles von dem, was wir heute mit »digital« bezeich[31]nen, bereits vor Jahrzehnten beschrieben wurde. Die Pioniere der Computerwissenschaften und vor allem der Kybernetik haben bereits Mitte des 20. Jahrhunderts die Bedeutung von Vernetzung, Daten, Informationen, Real Time und Cyberspace erkannt: Norbert Wiener etwa in seinem bahnbrechenden Buch Control and Communication in the Animal and the Machine (1948) oder Ross Ashby in An Introduction to Cybernetics (1956). Stellvertretend für viele stehen Namen wie John von Neumann (Computertechnologie), Gregory Bateson (Kommunikationstheorie) und Claude Shannon (Informationstheorie). Bereits in den 1950er-Jahren hat Stafford Beer die Prinzipien der Kybernetik auf Wirtschaft und Unternehmen angewendet, beispielsweise in seinem Buch Cybernetics and Management (1959). All dies zeigt auf, dass viele Phänomene und Eigenschaften der Digitalisierung alles andere als Erfindungen unserer Zeit sind. Fundamentale Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen existieren schon seit Jahrzehnten. Die klassische Kybernetik liefert eine sehr gute und praktikable Grundlage für das richtige Verständnis der Digitalisierung.
Die Digitalisierung ist eine komplexe und vieldimensionale Thematik, die alle Branchen und Unternehmensgrößen betrifft. Gerade deswegen kann mit unterschiedlichen Digitalisierungsbeispielen gearbeitet werden, um Herausforderungen und Lösungen zu verdeutlichen.7 Mercedes als traditioneller Lkw-Produzent erweitert seine Perspektive und fokussiert sich nicht mehr auf den Verkauf eines einzelnen Lkws. Im Zentrum steht vielmehr die optimierte Gesamtlogistikbilanz für den Kunden, beispielsweise mit der internetbasierten Fleetboard-Lösung. Rolls Royce stellt seit Jahrzehnten Flugzeugtriebwerke her. In der digitalen Welt geht es nicht mehr nur um den Verkauf eines physischen Triebwerks. Was den Kunden interessiert, sind fehlerfreie Einsatzstunden. Das bedeutet für Rolls Royce, die Supply Chain digital zu durchdringen und jederzeit in Echtzeit die Verfügbarkeit sicherzustellen. Die Haufe-Gruppe kommt ursprünglich aus dem Verlagswesen. Seit zwei Jahrzehnten geht das Unternehmen konsequent den Weg in Richtung Wissensdienstleister. Wurden in den 1990er-Jahren noch 3 Prozent des Umsatzes mit digitalen Lösungen erwirtschaftet, sind es mittlerweile über 90 Prozent. Das Unternehmen Babolat ist ein klassischer Hersteller von Tennisschlägern. In der digitalen Neuen Welt wird der Schläger nicht mehr als reines Spielgerät definiert, sondern als Trainer, der Ballkontakte, Spin und Aufschlagpunkt misst und optimiert. Die Digitalisierung verändert auch die Literatur. So hat beispielsweise die US-amerikanische Autorin Jennifer Egan ihre Erzählung Black Box auf der Twitter-Plattform des New Yorker veröffentlicht. Ihr Roman A Visit from the Goon Squad,