4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 6,99 €
Hat nicht jeder eine zweite Chance verdient?
Selfmade-Milliardär Darius Benett kann jede Frau haben, die er will. Und doch kommt er nicht über Taylor Eriksen hinweg - die Einzige, die er jemals geliebt hat. Als Taylor nach fünf Jahren plötzlich vor ihm steht und seine Hilfe braucht, nimmt er sich vor, diesmal alles besser zu machen. Die Anziehungskraft zwischen ihnen ist ungebrochen, und während ihre Gefühle füreinander immer stärker werden, wird Taylor klar: Wenn ihre Liebe wirklich eine zweite Chance bekommen soll, muss Darius sich seinen dunkelsten Geheimnissen stellen ...
Der zweite Band der "Dirty Little Secrets"-Reihe von USA-Today-Bestsellerautorin Stacey Kennedy. eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Dirty Little Secrets – Verführt
Self-made-Milliardär Darius Benett kann jede Frau haben, die er will. Und doch kommt er nicht über Taylor Eriksen hinweg – die Einzige, die er jemals geliebt hat. Als Taylor nach fünf Jahren plötzlich vor ihm steht und seine Hilfe braucht, nimmt er sich vor, diesmal alles besser zu machen. Die Anziehungskraft zwischen ihnen ist ungebrochen, und während ihre Gefühle füreinander immer stärker werden, wird Taylor klar: Wenn ihre Liebe wirklich eine zweite Chance bekommen soll, muss Darius sich seinen dunkelsten Geheimnissen stellen …
USA-Today-Bestsellerautorin Stacey Kennedy hat schon mehr als dreißig Liebesromane geschrieben. In ihren Büchern geht es um Menschen wie du und ich, die auf der Suche nach Leidenschaft und der großen Liebe sind. Wenn sie mit ihren heißen Geschichten nicht gerade die Buchseiten oder einen eReader in Flammen aufgehen lässt, lebt sie mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Ontario, USA. Sie glaubt fest daran, dass Wein, Schokolade und sündhaft erotische Bücher alle Probleme des Lebens heilen können.
Stacey Kennedy
DIRTY LITTLE SECRETS
Begehrt
Aus dem Amerikanischen von Nina Hunter
beHEARTBEAT
Deutsche Erstausgabe
»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG
Für die Originalausgabe:
Copyright © 2016 by Stacey Kennedy
Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Tied to His Betrayal«
Originalverlag: This translation is published by arrangement with Loveswept, an imprint of Random House, a division of Penguin Random House LLC
Für diese Ausgabe:
Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Textredaktion: Anita Hirtreiter
Lektorat/Projektmanagement: Anna-Lena Meyhöfer
Covergestaltung: Manuela Städele-Monverde unter Verwendung von Motiven © Roman Seliutin/Shutterstock
eBook-Erstellung: hanseatenSatz-bremen, Bremen
ISBN 978-3-7325-6213-8
www.be-ebooks.de
www.lesejury.de
Wie immer, für meine Leser.
Ich will eine Waffe. Eine geladene stählerne Waffe, um die ich meine Finger legen und abdrücken kann; mit der man einen Mann binnen eines Wimpernschlags töten kann.
Ich überlege, wo ich diese Waffe herbekomme, während ich der einzigen Frau ins Gesicht sehe, die ich jemals geliebt habe. In Taylor Ericksons grün und blau geschlagenes Gesicht. Sie steht direkt vor mir, auf der anderen Seite der Eingangstür zur Eigentumswohnung meiner Halbschwester, Allie Parker. Taylors hellbraune Augen starren in meine und bringen mich völlig durcheinander.
Noch vor wenigen Minuten habe ich mit Allie und ihrem Freund, Micah Holt, an diesem Samstag zusammen zu Abend gegessen. Jetzt kann ich mich nicht mehr bewegen. Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob ich atme. Ich weiß nicht, wie lange Taylor und ich in diesem Blickduell verharren, das ich unmöglich verlieren werde. Alles, was ich wahrnehme, sind die blauen Flecken in ihrem Gesicht, die ich mir sorgsam einpräge, damit ich demjenigen, der sie so verletzt hat, die gleichen Veilchen verpassen kann. »Der Mann, der dir das angetan hat«, presse ich zähneknirschend hervor und sehe, wie sich dabei Tränen in ihren Augen sammeln, »ist ein toter Mann.«
Ich kann hören, wie sie die Luft anhält, bevor sie wieder komplett dichtmacht, so wie früher schon, als wir noch jünger waren. Aber das ist nicht das Einzige, woran ich mich erinnere. Ich erinnere mich auch daran, wie ihre vollen Lippen sich angefühlt haben, wenn ich ihre Sorgen weggeküsst habe. Ich erinnere mich ebenfalls daran, wie warm sie sich angefühlt hat, wenn ich sie in die Arme genommen und vor der grausamen Welt da draußen beschützt habe. Und ich erinnere mich daran, wie meine Finger sich in ihren langen honigfarbenen weichen Locken vergraben und ich sie fest an mich gezogen habe.
Ich kann nichts davon vergessen. Sie lässt mich einfach nicht los. Keinen einzigen verdammten Tag.
»Oh, sei still, Darius«, sagt meine Halbschwester Allie und zieht Taylor hinter sich her in die Wohnung. »Niemand wird hier irgendwen umbringen.« Sie macht die Wohnungstür mit einem lauten Knall hinter sich zu. »Oh Gott, Taylor, du zitterst ja.«
Da bemerke ich erst, dass Taylor nass bis auf die Knochen ist. Ein Blick über die Schulter zu dem Panoramafenster, das einen Ausblick auf die Innenstadt von San Francisco bietet, sagt mir, dass es draußen total schüttet.
»Es geht mir gut«, sagt Taylor und lenkt meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. Kreidebleich schlingt sie die Arme um ihre Mitte. »Zumindest wird es mir wieder gut gehen, sobald ich aus diesen Kleidern rauskomme.«
»Brauchst du Hilfe dabei?«, meldet sich Allie zu Wort.
»Nein. Pff. Ich bin zurück, noch bevor du überhaupt bemerkst, dass ich weg bin.« Sie schenkt Allie ein Lächeln und wirft mir dann einen Blick zu, der mir alles sagt, was ich wissen muss.
Es ist ihr unangenehm, mich wieder zu sehen.
Verdammt, in ihrer Nähe bin ich auch ein nervliches Wrack. Ich zwinge meine Muskeln dazu, sich zu entspannen, meine Faust, sich wieder zu lösen, und meinen hämmernden Herzschlag dazu, wieder langsamer zu werden, während ich Taylor dabei zusehe, wie sie, mit ihren Taschen in den Händen, den Flur in Richtung Schlafzimmer entlanggeht.
Stille umgibt uns. Stille, die lähmend ist und ganz ohne Worte so viel sagt.
Als Taylor endlich verschwunden ist und man im Wohnzimmer hören kann, wie sich die Schlafzimmertür schließt, murmelt Allie: »Oh mein Gott.«
Ich drehe mich um und sehe direkt in ihre klaren blauen Augen, die zwischen Micah und mir hin und her blicken. Sie spielt nervös mit den Fingern an einigen Strähnen ihres langen braunen Haares. Ich weiß, sie versucht gerade Antworten auf die gleichen Fragen zu finden, die ich auch habe, wie beispielsweise, was Taylor zugestoßen ist, aber sie scheint festzustecken und die Sorge um ihre beste Freundin ihre Gedanken zu beherrschen. Dieses Problem habe ich nicht.
»Darius, wo gehst du hin?«, ruft Allie.
Ich ignoriere ihre Frage. Ich suche nach Antworten und konzentriere mich auf die Gefühle, die mich überfallen. Ich lasse Allie und Micah einfach stehen und gehe zum Schlafzimmer. Als ich dort angekommen bin, klopfe ich an die Tür und bin entschlossen, meine Antworten zu bekommen.
»Herein«, ruft Taylor hinter der Tür.
Ich betrete das Schlafzimmer; sie sitzt auf Allies großem Bett. Die nassen Klamotten hat sie gegen eine schwarze Leggings und ein hellblaues T-Shirt eingetauscht. Ihr Haar hat sie sich zu einem Pferdeschwanz gebunden, doch sie ist nach wie vor kreidebleich im Gesicht. Die rosige Farbe der Wangen, an die ich mich noch erinnere, ist verschwunden. »Taylor …«
»Ich will nichts hören, Darius«, unterbricht sie mich mit kühler Stimme und zieht ein Paar Socken aus ihrer Tasche. »Halt mir keinen Vortrag, okay?«
Ich lehne mich mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen. »Wer sagt, dass ich dir einen Vortrag halten will?«
Sie ist damit fertig, sich die erste Socke anzuziehen, hebt den Kopf und schenkt mir ein schiefes Lächeln. »Ich kenne dich.«
Dieses Lächeln haut mich um. Viele meiner schönsten Erinnerungen hängen mit diesem Lächeln zusammen. »Wenn du mich so gut kennst, sag mir eines: Warum bin ich ins Schlafzimmer gekommen?«
Taylor zögert nicht. »Du willst wissen, wer mir das angetan hat und warum es passiert ist?« Sie zieht sich auch noch die zweite Socke an und fährt dann fort: »Die Antwort lautet: ein wütender Exfreund und Alkohol … jede Menge Alkohol.« Sie zieht den Reißverschluss ihrer Tasche wieder zu, steht vom Bett auf und dreht sich herum, um mich ansehen zu können. »Und nun wirst du mir erzählen, dass du einen Leibwächter engagieren willst, der auf mich aufpasst, weil du dir Sorgen um meine Sicherheit machst.«
Ich zögere ebenfalls nicht. »Du hast recht, genau das werde ich machen.«
Sie kommt auf mich zu, und ihre Stimme ist ernst. »Ich brauche keinen Babysitter, also werden wir gar nicht erst darüber diskutieren.« Ihr fruchtiger Duft erfüllt die Luft um mich herum, als sie nah vor mir steht. Ihre strahlenden klugen Augen starren mich nieder. »Aber ich weiß ja, dass du das Ganze nicht auf sich beruhen lassen wirst: Sein Name ist Shawn Mason. Und nein, Darius, du wirst jetzt nicht losziehen und ihn windelweich prügeln.«
Ich höre, was sie sagt, und sogar ich merke, dass sie glaubt, sie braucht mich nicht, doch es ist fünf Jahre her, seit sie so nah vor mir gestanden hat. Herrgott, sie riecht so gut. Sie sieht fantastisch aus. Ich kann mich kaum zurückhalten, muss gegen das Verlangen ankämpfen, das beschützen zu wollen, was einst mir gehört hat. »Du hast den letzten Grund vergessen, aus dem ich hergekommen bin.«
Ihre hellbraunen Augenbrauen schießen in die Höhe. »Ach ja, und was für ein Grund soll das sein?«
Ich strecke ihr meine offenen Arme entgegen. »Komm her.« Sie mag so tun, als würde sie mich nicht brauchen. Aber ich weiß, dass sie das tut. Denn ich kenne diese Frau ebenso gut, wie sie mich kennt – in- und auswendig. Ich weiß, was sie zum Lächeln bringt, ich weiß, was sie zum Weinen bringt, und ich weiß, was sie stöhnen lässt.
Sie ist nicht nur ein offenes Buch für mich. Sie ist ein Buch, das ich eingehend von der ersten bis zur letzten Seite studiert habe.
Für den Bruchteil einer Sekunde zögert sie, dann kommt sie in meine Arme und schmiegt sich, wie früher, an mich. Mein Schwanz wird hart wie Stahl, und ich schiebe meine Hüften zurück, damit sie meinen Ständer nicht spüren muss.
Lange Zeit vergeht, und erst, als sie sich von mir lösen will, wage ich es, sie loszulassen. Die Anspannung in meiner Brust löst sich ein wenig angesichts ihres etwas ehrlicheren Lächelns. »Danke«, sagt sie mit weicher Stimme. »Das habe ich gebraucht.«
Sie will schon an mir vorbeigehen, doch ich strecke die Hand aus und umfasse ihr Handgelenk. Ihr Blick wandert zurück zu mir, und eine Sekunde lang fürchte ich schon, dass es ein Fehler war, sie zu berühren, aber dann kann ich sehen, wie ihre Pupillen sich weiten und ihr Atem stoßweise geht. »Lauf noch nicht weg«, murmele ich, angestoßen von dem Verlangen, das unter der Oberfläche brodelt.
»Wer sagt, dass ich weglaufe?«, sagt sie heiser und hält meinen Blick fest.
Eines Tages wird sie mich noch umbringen. Taylor besitzt mich auf eine Weise, wie mich noch nie jemand besessen hat. Nur ein Blick, ein Wort, und ich bin Wachs in ihren Händen. »Du läufst vor etwas weg.« Ich fahre mit dem Finger über ihre blauen Flecken und unter ihrem Auge entlang und kann tief darin Schmerz sehen. Schmerz, von dem ich mir sicher bin, dass sie ihn verzweifelt versucht zu verbergen. Doch vor mir kann sie ihn nicht verbergen. »Sei nicht zu stark, zu mutig oder zu stolz. Ich bin hier, wenn du mich brauchst.«
»Ja, das weiß ich, aber ich brauche keinen Helden. Das ist mein Problem, nicht deines. Bitte lass mich damit fertigwerden.«
Sie weicht zurück, vergrößert den Abstand zwischen uns, woraufhin es kälter im Raum wird. Es ist eine Kälte, von der ich mir sicher bin, dass sie sie auch spürt. Ich beiße die Zähne zusammen, kämpfe gegen meine Bedürfnisse – den Wunsch, sie in meinen Armen zu halten – an. »Sag mir einfach, dass es dir gut geht und du in Sicherheit bist. Gib mir wenigstens das.«
Sie hält kurz inne. Dann: »Es geht mir gut, und ich fühle mich sicher.«
Bevor ich ihr sagen kann, dass sie lügt, hat sie auch schon das Schlafzimmer verlassen.
Ich schließe die Augen, atme tief ein und aus und versuche der Emotionen, die mir die Kehle zuschnüren, wieder Herr zu werden. Es fühlt sich so an, als wäre kaum Zeit vergangen, seit ich sie das letzte Mal in den Armen gehalten habe. Ich liebe sie noch immer. Ich werde nie damit aufhören. Doch Taylor wollte ein Leben, das ich ihr nicht geben konnte. Sie wollte ein Märchen haben, aber solange der Held auf die dunkleren Seiten von Sex, Macht und Geld steht, kann ich nicht ihr Ritter in glänzender Rüstung sein.
Als ich höre, wie sich ein Gespräch im Wohnzimmer entspinnt, folge ich ihr. Taylor starrt auf den Artikel in der Klatschpresse, der auf dem Couchtisch liegt.
»Was ist das?«, fragt sie, nimmt das Stück, das aus der Zeitung gerissen worden ist, liest die Worte, die auf der glänzend weißen Seite stehen, und lässt sich dann auf die Couch sinken.
Kann Micah Holt der ultimative Betrug jemals verziehen werden? Oder wird Allie Parker sich zwischen zwei Milliardäre stellen?
Ich weiß, dass Taylor das Thema wechselt, um nicht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, darum setze ich mich neben sie und helfe ihr dabei, den Fokus für eine Weile auf jemand anderen zu richten. »Das ist unser aktuelles Problem«, sage ich und deute auf den Artikel in ihren Händen.
Taylor schielt zu Allie, die uns gegenüber in dem übergroßen Sessel sitzt, dann wandert ihr Blick zu Micah, der neben meiner Halbschwester auf der Armlehne sitzt, und schließlich sieht sie wieder mich an. »Entschuldige, ich bin verwirrt. Was genau ist das hier, was ich mir ansehe?«
»Zum zweiten Mal in einem Monat …« Micah fährt sich mit den Haaren durch sein schwarzes Haar, seine dunklen Augenbrauen ziehen sich über seinen blaugrauen Augen zusammen. »Du siehst, wie die Klatschblätter zum zweiten Mal in einem Monat tatsächlich einmal die Wahrheit schreiben.«
»Warte mal. Was?« Taylors Kopf schießt zu mir herum, und sie hat die Augen zusammengekniffen. »Du warst wütend, weil die beiden zusammen sind?«
»Wütend?« Allie lacht laut auf.
Micahs Mundwinkel heben sich, denn das ist nicht ganz, wie die Geschichte sich entwickelt hatte. Micah hat sich würdig erwiesen, um mit meiner kleinen Schwester zusammen zu sein. Das ist der einzige Grund, warum er noch am Leben ist, also ist es eine Untertreibung, wenn man sagt, ich war wütend.
Ich zucke als Antwort bloß mit den Achseln und kann Taylors Überraschung verstehen, denn Allie hatte keine Probleme damit, dass ich mit ihrer besten Freundin zusammen war. Aber ich bin nicht Allie, und ganz sicher bin ich auch nicht so rational wie sie. Außerdem habe ich Allie schon immer beschützt. Ich habe sie aufgezogen, nachdem ihr Vater und unsere Mutter bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen, als Allie fünfzehn Jahre alt war. Ich wurde zu ihrem Vormund, was bedeutet, dass ich auch ein Auge auf die Männer hatte, die in ihr Leben traten.
»Du bist ein ganz schöner Heuchler, was?«, bemerkt Taylor und sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Es ist, wie es ist«, erwidere ich und lege meinen Arm auf der Rückenlehne der Couch ab, ohne mich zu verteidigen. Ich würde mich niemals entschuldigen, nur weil ich Allie oder Taylor beschützen will.
Taylor schnaubt bloß und konzentriert sich dann wieder auf die Seite in ihren Händen. »Okay, aber dann erkläre mir mal eins: Ich meine, warum war es so schlimm, dass du anfangs wütend warst? Man hätte in den Klatschblättern Schlimmeres über dich schreiben können.«
»Auch wenn das stimmt«, erwidere ich nicht allzu glücklich, »wussten nur ein paar Leute, dass ich zuerst nicht sonderlich begeistert von der Idee war, Micah und Allison als Paar zu sehen. Also ist die Tatsache, dass die Klatschblätter etwas so Persönliches in Erfahrung brachten, besorgniserregend.«
Allie fügt, mit vor Sorge schwerer Stimme, hinzu: »Und es ist seltsam, dass sie sich ausgerechnet auf diese Geschichte konzentrieren.«
Micah nickt. »Sie hätten sie viel weiter aufblähen und mit ein paar Lügen spannender machen können.«
Taylor legt den Kopf schief, und von ihrem feuchten Pferdeschwanz tropft Wasser auf ihren nackten Arm. »Aber das haben sie nicht; sie haben lediglich die Wahrheit geschrieben.«
»Das stimmt«, sage ich.
Taylor liest offensichtlich zwischen den Zeilen, denn sie runzelt die Stirn. »Ich schätze, das kann nur bedeuten …«
»… dass es einen Verräter unter uns gibt«, bestätige ich.
Ein Verräter. Die Klatschpresse. Darius.
Nachdem ich den ruhigen Sonntag genutzt und ausgeschlafen habe, habe ich schnell gefrühstückt und bin dann rausgegangen. Jetzt, nachdem ich meinen alten Honda Civic am Bordstein geparkt habe, seufze ich angesichts meiner wild umherspringenden Gedanken und gehe die Straße hinunter in Richtung Glen Park. Mein Leben ist schon kompliziert genug, und jetzt muss das Schicksal mir auch noch weitere Prüfungen auferlegen. Aber als ich unter einer großen Eiche hergehe, rufe ich mir selbst in Erinnerung, dass es heute nicht um die Dinge geht, die ich nicht kontrollieren kann. Heute geht es um den einen Ort, der sicher ist. Den einen Ort, wo nichts auf der Welt mich berühren kann.
Als ich die Straßenecke erreiche, betrachte ich das zweistöckige viktorianische Reihenhaus mit einem Lächeln. In den fünfundzwanzig Jahren, in denen meine Eltern hier gelebt haben, hat sich nicht viel verändert, bis auf ein oder zwei Fenster, die ein Nachbarskind beim Baseballspielen zerbrochen hat, und die Fassade, die einen neuen Anstrich vertragen könnte. Aber das gehört alles zum Charme des Hauses. Für mich ist es mein Zuhause. Es ist die eine Sache in meinem Leben, die sich niemals verändert.
Wie schon so oft zuvor gehe ich darauf zu, nehme zwei der dunklen Holzstufen auf einmal, laufe an den weißen Pfeilern vorbei und halte vor der blauen Haustür an. In diesem Haus existiert so viel Liebe, dass ich schwören könnte, die Energie in diesem Haus fast schon zu spüren, fast so, als wollte sie explodieren und in den sonnigen Tag hinausfließen.
Ich umfasse den bronzenen Türgriff und öffne die Haustür. »Ich bin zu Hause«, rufe ich.
»Taylor?« Die überraschte Stimme meiner Mom ertönt aus der Küche.
»Ja, ich bin es.« Ich schließe die Tür hinter mir, schlüpfe aus meinen Schuhen und atme den holzigen Geruch der Potpourris ein, die meine Mutter in jedem Zimmer unseres Hauses aufstellt.
Ich kann hören, wie die Holzdielen unter ihren Füßen knarren, noch bevor sie ins Wohnzimmer gelaufen kommt. Auf ihrem runden Gesicht zeigt sich ein breites Lächeln. Sie wischt sich ihre mehlbedeckten Hände an ihrer Schürze ab, was aber nicht dabei hilft, sie sauber zu bekommen. »Oh, ich hatte keine Ahnung, dass du nach Hause kommst, Süße.« Sie tritt näher an mich heran, bleibt dann aber abrupt stehen und mustert mein Gesicht. Es vergeht eine weitere Sekunde, ehe ihre Hände auf meinen Schultern liegen und ihre haselnussbraunen Augen – die die gleiche Farbe haben wie meine – langsam größer werden. »Was ist passiert? Hattest du einen Autounfall?«
Anstatt sie anzusehen, während ich sie anlüge, ziehe ich sie in eine Umarmung. »Es ist gestern schon passiert. Ich bin bei einer Freundin im Auto mitgefahren, aber mach dir keine Sorgen, es war bloß ein Blechschaden. Ich habe nur ein paar blaue Flecken abbekommen, mehr nicht.« Meine Mutter darf das mit Shawn nicht erfahren. Sie kann mit solchen Nachrichten nicht umgehen.
Meine Mutter Pam und mein Vater Jason sind seit dreißig Jahren glücklich miteinander verheiratet. Ich habe die Eltern, die sich jedes Kind immer gewünscht hat. Mom blieb daheim, und Dad hatte einen guten Job mit geregelten Arbeitszeiten. Sie haben während meiner Kindheit nicht ein Spiel, eine Aufführung oder sonst etwas, an dem ich teilgenommen habe, verpasst. Und ich glaube, wäre Moms Endometriose nicht gewesen, hätten sie nach mir noch viele weitere Kinder gehabt.
Ich will ihr keine Sorgen bereiten, und durch diese Geschichte würde sie einen massiven Anfall erleiden.
»Meine Güte, ich bin so froh, dass es dir gut geht«, sagt sie ernst und lehnt sich zurück, um mich wieder zu mustern. »Wie lange wirst du bleiben?«
»Um ehrlich zu sein, für immer.«
Ihre Augenbrauen schießen in die Höhe, aber es ist mein Vater, der sagt: »Ich nehme an, das bedeutet, du ziehst wieder zurück?« Er betritt das Wohnzimmer und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Dad ist groß und ein wenig mollig um die Hüften herum, was eine Folge davon ist, dass er in den letzten zwanzig Jahren im Grunde nur gesessen hat – tagsüber am Schreibtisch und abends auf seinem geliebten quietschenden Fernsehsessel. Sein Blick wandert zu mir, und er mustert mich flüchtig. »Und was ist mit deinem Gesicht passiert?«
»Jason!«, faucht meine Mom und fährt sich mit ihren mehlbedeckten Händen durch die kurzen braunen Haare. »Das ist eine furchtbare Art, deine Tochter zu Hause zu begrüßen.«
Ich lache, weil meine Mutter jetzt Mehl in den Haaren hat, und setze mich neben Dads Fernsehsessel auf die geblümte Couch. »Nichts Schlimmes. Ich war in einen Autounfall verwickelt.«
Dad nimmt die Fernbedienung vom Tisch und sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Geht es dir gut?«
»Ja, alles in Ordnung.«
Sein Gesichtsausdruck wird weicher, als er lächelt, wobei mir ganz warm ums Herz wird. Mein Vater ist sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, jemandem ein Lächeln zu schenken. Er lässt diese Wärme nicht jedem zuteilwerden. Und aus irgendeinem Grund macht es sein Lächeln zu etwas Besonderem.
»Wann hast du dich entschieden, wieder nach Hause zu ziehen?«, fragt er, sieht zur Tür und spricht dann wieder mich an. »Und wo ist dein Gepäck?«
Mom ist unschuldig und naiv, aber Dad ist misstrauisch und will mich beschützen. »Allie hat mir angeboten, dass ich in ihrer Eigentumswohnung bleiben kann.«
»Wie nett von Allie«, erwidert Mom und schüttelt sich das Mehl aus ihren Haaren. »Sie ist so ein liebes Mädchen. Wie geht es ihr?«
»Es geht ihr gut, und sie ist bis über beide Ohren verliebt.«
»Was für großartige Neuigkeiten«, sagt Mom.
Meine Brust wird mir ein wenig leichter. Keine Fragen mehr wegen der blauen Flecken. Keine Forderungen, dass ich wieder nach Hause ziehe. Ich habe das Treffen heil überstanden. Ich liebe meine Eltern, aber ich liebe auch meine Freiheit.
»Wenn du schon einmal zu Hause bist, komm mal mit.« Mom winkt mir, ihr in die Küche zu folgen. »Du kannst mir dann auch gleich dabei helfen, Kekse zu backen.«
Dad drückt einen Knopf auf der Fernbedienung und schaltet den Fernseher an, als hätte sich nichts geändert. Meine Eltern sind Gewohnheitstiere. Wenn Dad nicht arbeitet, guckt er sich Sport im Fernsehen an. Wenn Mom nicht putzt, backt sie.
Und ich würde es gar nicht anders haben wollen. Sie sind meine Familie.
Ich folge Mom in die Küche und kann dabei nur daran denken, wie sehr ich mich verändert habe, wie wenig sie sich verändert haben und wie sehr ich mir wünsche, die Zeit um fünf Jahre zurückzudrehen. Damals war ich bereit gewesen, die Welt zu erobern, und bin ausgezogen. Aber als ich die weißen Küchenschränke sehe und die Erdnussbutterplätzchen rieche, weiß ich, dass ich überlebt habe.
Ich habe mich nicht unterkriegen lassen.
Und werde ich auch nicht. Das habe ich noch nie. Doch ich habe noch nicht herausgefunden, wo ich am Ende stehen werde.
Ich behalte diese Gedanken für mich, während meine Mom das Blech mit den Keksen aus dem Ofen holt, es neben dem Herd abstellt und sich dann an die Kochinsel setzt. »Ich dachte, du hättest gesagt, du willst weniger backen, wegen Dads Cholesterinspiegel?«
»Oh, es geht ihm doch gut, und wenn er keine Kekse bekommt, wird er viel zu grummelig.« Mom nimmt mehr Mehl aus der Packung und gibt es in die Schüssel. »Hilfst du mir bei der zweiten Fuhre?«
Ich trete neben sie, werfe einen Blick auf den Mixer und stelle ihn auf Rühren, warte, bis das Mehl untergerührt wurde, und stelle anschließend auf Schlagen. Die Arme des Mixers beginnen sich in hypnotischen Kreisen zu drehen, mischen die Mischung immer schneller, und der verführerische Duft der süßen Mischung aus Zucker und Butter erfüllt die Luft. Er bringt mich zurück zu einer Zeit, als ich diese Erdnussbutterkekse noch für jemand anderen gebacken habe.
»Wir können das nicht mehr machen.«
Darius’ Worte treffen mich in dem Moment, als ich sein Büro betrete und den Teller mit Erdnussbutterplätzchen auf seinem Tisch abstelle. Es ist sieben Uhr abends, und außer uns ist niemand hier. Er ist sehr vorsichtig, wenn es um unsere Beziehung geht, geht immer sicher, dass mich niemand sieht. Obwohl er mich ansieht, werfe ich einen Blick auf sein Ohr, weil ich mich frage, ob er gerade telefoniert.
»Hast du mich nicht gehört?«, fragt er mich und sitzt dabei hinter seinem Schreibtisch.
In dem Moment wird mir klar, dass er wirklich mit mir spricht, und ich kann eindeutig sehen, dass er schlechte Laune hat. »Was können wir nicht mehr machen?«, frage ich zögerlich.
»Das. Uns.«
Mir fallen seine Augen auf. Sie sind kalt. »Warum?« Ich will diese Frage nicht stellen, aber ich weiß, er lässt mir keine andere Wahl.
»Was für eine Art Leben ist das hier, Taylor?« Er steht von seinem Bürosessel auf, stellt sich vor den Schreibtisch und lehnt sich gegen die Kante. Ich fühle mich unwohl, lasse mich in den Bürostuhl sinken und höre ihm dabei zu, wie er sagt: »Du bist erst neunzehn. Und ich neunundzwanzig.«
»Oh, bitte«, erwidere ich. Mein Herz schlägt laut in meiner Brust, und ich bin nicht in der Lage, meinen Blick von ihm abzuwenden. »Wir werden doch nicht wieder davon anfangen, oder?«
»Du bist jung, Taylor«, sagt er und sieht mich dabei sanft an. »Das ist eine Tatsache, die du nicht verleugnen kannst.«
Ich seufze, will nicht schon wieder darüber reden. »Hör auf damit. Du bist nur zehn Jahre älter als ich, und ich bin glücklich mit dir.«
»In diesem Alter ist das fast ein ganzes Leben«, erwidert er ernst.
»Nein, das ist es nicht, und ich will nicht darüber reden.« Denn ich bin es so verdammt leid, immer wieder die gleiche Unterhaltung zu führen. Ich verschränke die Arme vor der Brust und imitiere seine brüske Haltung. »Dann bist du eben älter als ich, was soll’s? Das zwischen uns funktioniert, und das weißt du auch.«
Er bleibt gegen die Kante seines Schreibtisches gelehnt und sieht so eindrucksvoll wie immer aus. Langsam heben sich seine Augenbrauen, was ein Zeichen dafür ist, dass er mir nicht zustimmt. »Ich weiß, dass ich damit beschäftigt bin, zu arbeiten. Ich bin damit beschäftigt, Networking zu betreiben. Ich bin damit beschäftigt, an Events teilzunehmen, die meinem Geschäft dabei helfen, zu wachsen, und zu denen ich dich nicht mitnehmen kann.«
Ein Kloß bildet sich in meinem Hals, als ich die Willensstärke in seinem Gesicht und die Entschlossenheit in seinen Augen sehe. »Na, dann ändere das und nimm mich mit, wenn du zu diesen Events gehst.«
Er schüttelt abwehrend den Kopf. »Du weißt, dass ich das nicht kann.«
Seine Zurückweisung trifft mich wie ein harter Schlag vor der Brust. Aber trotz allem muss ich weiter nachhaken, muss mich noch weiter bestrafen. »Nein, um ehrlich zu sein, habe ich keine Ahnung, warum du das nicht kannst.«
Er lässt die Arme sinken, seine Finger klammern sich an der Schreibtischkante fest, bis seine Knöchel sich weiß verfärben. »Ich habe einen Ruf zu verteidigen, und es kann meinem Ruf schaden, wenn ich mit einem zehn Jahre jüngeren Mädchen zusammen bin.«
Mein Kinn bebt, und ärgerlicherweise rinnt mir eine Träne über die Wange. Ich wische sie rasch weg, will die Frau sein, die er braucht. Aber er bricht mir das Herz und ich kann das nicht verbergen.
Seine Augenbrauen rutschen tiefer, er stößt sich vom Schreibtisch ab und kommt auf mich zu. »Bitte weine doch nicht.« Er nimmt meine Hände, zieht mich auf die Füße, und seine Wärme und seine Stärke umgeben mich. Ich verliere mich viel zu schnell in ihm, als er seine Arme fest um mich legt; diese Wirkung hat er immer auf mich. »Du weißt, dass du mir sehr wichtig bist«, fügt er sanft hinzu und stützt das Kinn auf meinem Scheitel ab, »aber was für eine Art Leben ist das für dich, Taylor?« Er lehnt sich etwas zurück und wischt mir die Tränen von den warmen Wangen. »In mein Büro zu schleichen? Heimlich mit mir in meinem Haus zu Abend zu essen? Dich vor der Welt versteckt zu halten? Das ist falsch.«
»Aber ich will es«, erwidere ich mit fester Stimme.
Er schüttelt den Kopf, und seine Gefühle spiegeln sich in seinen Augen. »Du glaubst, du willst das.«
Es gibt hundert Dinge, die ich sagen will, doch nur eines davon ist so wichtig, dass es alle anderen verdrängt. »Du könntest das alles für mich aufgeben. Du könntest mich dem Erfolg vorziehen.«
So warm, wie seine Augen noch vor einer Sekunde gewesen sind, so sehr brennen sie jetzt mit dem Feuer eines entschlossenen Mannes, und er hat sie zu Schlitzen verengt. »Du weißt, das kann ich nicht.«
Kälte hüllt mich ein, und ich befreie mich aus seiner Umarmung. »Warum? Weil du dich vor deinem beschissenen Vater beweisen musst? Beweise dich doch vor mir. Ich bin die Einzige, die wirklich zählt, niemand sonst.«
Er macht einige Schritte zurück, lehnt sich wieder gegen seinen Schreibtisch, und seine Finger klammern sich erneut an der Kante fest. »Ich will dir nicht wehtun. Das ist nicht …«
»Du tust mir aber weh, Darius«, stelle ich klar.
Er schließt die Augen, öffnet sie wieder, und in den Tiefen seines Blicks sehe ich Entschlossenheit. »Es ist besser, dir jetzt wehzutun, als dir später das Herz zu brechen.«
»Taylor.«
Die laute Stimme meiner Mutter lässt mich zusammenzucken, und ich drehe mich um, um sie anzusehen, während sie fortfährt: »Süße, wenn du den Teig weitermischst, ist bald nichts mehr davon übrig. Ich glaube, er ist fertig.«
»Tut mir leid«, lache ich leise, und als ich den Mixer abstelle, sehe ich, dass meine Hand zittert.
Diese Erinnerung an Darius gehört nicht zu meinen liebsten, und ich hasse es wirklich, dass das Backen mit meiner Mutter sie wieder hervorgeholt hat. Ich hebe den Rührarm und bringe die Teigschüssel dann zu dem bereits wartenden Keksblech auf der Kochinsel.
Meine Mutter stellt sich neben mich, als könnte sie meine Gedanken lesen, und fragt: »Hast du Darius schon gesehen?«
Darius mochte unsere Beziehung geheim gehalten haben, aber ich habe das nicht getan. Meine Eltern wussten davon und akzeptierten unsere Beziehung, weil Darius ein solcher Gentleman war, und sie wussten, dass er mich glücklich macht. Ich gehe zum Spülbecken, nehme meine Ringe ab und wasche mir die Hände. »Habe ich. Er war in Allies Wohnung, als ich dort aufgetaucht bin.«
»Ich sehe ihn immer in den Boulevardmagazinen im Supermarkt«, sagt Mom und nimmt eine Gabel von der Arbeitsfläche. »Er ist jetzt so berühmt. Man sagt, er sei inzwischen Milliardär.« Ich gehe wieder zu ihr an die Kochinsel, und sie fügt hinzu: »Er ist nicht verheiratet. Wusstest du das?«
»Ja, das wusste ich.« Ich nehme etwas Teig in meine Hand und rolle ihn zu einer perfekten Kugel.
Mom wartet, bis ich die Kugel auf das Keksblech gelegt habe, ehe sie den Teig mit der Gabel herunterdrückt und ein Gittermuster hineinmacht. »Wenn du mich fragst, liegt das nur daran, weil er bereut, dass er dich hat gehen lassen.«
Ich rolle mit den Augen. Meine Mutter ist die Romantikerin in der Familie. Aber ich weiß es besser. So etwas gibt es bloß im Märchen. Die Liebe im wahren Leben ist sehr viel chaotischer. »Darius ist mit seinem Job verheiratet. Der Grund, warum er Single ist, ist, weil keine Frau es damit aufnehmen kann.«
»Das stimmt«, sagt Mom mit einem leichten Achselzucken. »Es ist eine Schande, dass er vergessen hat, was wirklich wichtig im Leben ist.« Sie wartet, bis ich eine weitere Teigkugel auf das Keksblech gelegt habe, und fährt dann fort: »Und Shawn? Warum hat er dich nicht begleitet?«
»Um ehrlich zu sein, haben wir Schluss gemacht«, erwidere ich. »Darum bin ich auch nach Hause gekommen.«
»Oh.« Moms Augenbrauen schießen überrascht nach oben. »Geht es dir gut?«
»Ja, es geht mir gut. Diese Trennung war schon lange überfällig.« Ich lege die letzte Teigkugel auf das Blech, bringe es zum Ofen und schiebe es hinein. Ich knie mich vor den Ofen und sehe den Keksen dabei zu, wie sie backen, wie ich es als Kind immer getan habe.
»Also …«, sagt Mom hinter mir lang gezogen und bricht damit das Schweigen. »Du bist Single. Darius ist Single.«
Ich mache mir nicht einmal die Mühe, mich zu ihr umzudrehen. »Komm ja nicht auf komische Ideen. Dieser Zug ist schon vor langer Zeit abgefahren.«
Lügnerin, sagt mein Herz.
***
Als ich aus dem schnittigen schwarzen Jaguar am nördlichen Ende der Stadt steige, steht die Sonne hoch am Himmel. Mein Fahrer schließt die Wagentür hinter mir, während ich schon auf die alte Schokoladenfabrik zugehe, die zum Hauptquartier von Blackwood Security umfunktioniert wurde.
Dort angekommen, steige ich die alten Holzstufen empor und warte vor der Eingangstür aus Stahl darauf, dass die Überwachungskamera näher an mein Gesicht heranzoomt.
Zwei Atemzüge später summt die Tür, und ich betrete das Gebäude. Noch bevor ich drei Schritte ins Innere gemacht habe, sehe ich Ryder Blackwood, der auf mich zumarschiert. Er trägt ein schwarzes T-Shirt mit dem Blackwood Logo darauf, das sich über seiner breiten Brust spannt.
»Was gibt es?«, fragt er und schiebt seine Hände in seine schwarze Cargohose, an deren Seite an seiner Hüfte ein Waffenholster hängt.
»Du musst jemanden für mich durchleuchten«, sage ich und reiche ihm meine Hand.
Ryder schüttelt meine Hand, und seine smaragdgrünen Augen verengen sich. »Sollte ich mir deswegen Sorgen machen?«
»Es geht nicht um das DC« ist alles, was ich sagen muss, damit Ryder weiß, dass ich vom Dominant’s Council spreche. In meinen frühen Zwanzigern haben Ryder, Micah und ich sowie ein weiterer enger Freund namens Gabe O’Keefe die vier Sexclubs in der Stadt aufgekauft und sie renoviert, damit sie auch dem anspruchsvollsten edlen Geschmack gerecht wurden. Wir taten das damals nicht nur, um unsere Egos aufzupolieren, sondern auch, um unsere dunkelsten Fantasien mit willigen Frauen auszuleben, die die verruchteren Genüsse bevorzugten. Aber, was noch wichtiger war, der Kauf dieser Clubs gab uns totale Kontrolle über die Sexbranche in San Francisco. Was uns auch eine Möglichkeit eröffnete, unsere Identitäten vor der Klatschpresse geheim zu halten, die Sexskandale liebte.
Jetzt bin ich fünfunddreißig, und es ist mir wichtiger, dass mein Sexclub Gewinn abwirft, als in seinen Mauern Abenteuer mit Frauen zu haben. Ich habe bereits alles gesehen. Ich habe alles gemacht. Ich bin der alten Show müde geworden. »Das ist eine persönliche Sache, in die jemand verwickelt ist, der mir wichtig ist.«
Ryder mustert mich, versucht meine Laune einzuschätzen und fährt sich dabei mit der Hand über sein kurz geschorenes dunkelblondes Haar. »Alles klar«, sagt er schließlich. »Komm mit nach hinten, dort können wir reden.«
Stumm folge ich Ryder durch die Schokoladenfabrik, und dabei fallen mir die alten Maschinen auf, die noch immer überall stehen. Als ich den Hinterraum betrete, stoße ich ein leises anerkennendes Pfeifen aus. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich gedacht, dass ich direkt in das Hauptquartier des CIA spaziert bin.
Die Wände des Raumes sind mit Bildschirmen gepflastert, die übereinanderstehen und alle an Verkehrskameras angeschlossen sind. Hinter den Bildschirmen sitzen zehn Männer und Frauen, die alle an Computermonitoren arbeiten. »Hast dir hier eine ziemlich große Einrichtung gegönnt«, sage ich und wende mich wieder Ryder zu.
Er nickt stolz. »Es läuft gut.« Er bedeutet mir, ihm zu folgen, und betritt einen Raum, dessen Wände vollkommen aus Glas bestehen. Ich folge ihm, und er dreht sich zu mir um. »Hättest du etwas dagegen, wenn ein weiteres Teammitglied dazukommen würde? Ich vertraue jedem in diesem Raum bedingungslos. Was auch immer du hier drin sagst, wird auch hier drin bleiben.«
»Es macht mir nichts aus.«
»Gut.« Ryder klopft gegen die Scheibe und fängt den Blick einer brünetten Frau auf. Er winkt ihr zu und bedeutet ihr damit, in das Zimmer zu kommen. »Denn Alex ist eine meiner besten Ermittlerinnen.«
Ich öffne den Knopf meines Jacketts und setze mich in dem Moment, als Alex das Zimmer betritt, an den runden Glastisch. Sie trägt das gleiche Blackwood-T-Shirt wie Ryder und blaue Skinny Jeans. Ihr langes Haar hat sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und sie hat nur wenig Make-up aufgelegt, was ihr das Aussehen eines Mädchens verleiht, das gerade erst die Highschool abgeschlossen hat und jetzt auf dem Weg zu einer Pyjamaparty ist. Aber ihre leuchtenden bernsteinfarbenen Augen sagen mir, dass sie verdammt clever ist.
»Alex McCoy, das ist Darius Bennett«, stellt Ryder mich ihr vor.
»Ich weiß, wer er ist«, sagt Alex, schiebt sich die große schwarz umrandete Brille die Nase hinauf und schüttelt dann meine Hand. »Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Mr. Bennett.«
»Die Freude ist ganz meinerseits«, erwidere ich und denke mir nichts dabei, dass sie mich kennt. Jeder kennt mich. Dafür hat die Boulevardpresse gesorgt.
Ich schweige, während Alex sich hinsetzt und ihren Laptop aufklappt. Ryder sieht ihr dabei zu, wartet, bis ihr Computer hochgefahren ist, und nachdem sie fest genickt hat, lehnt er sich gegen die Glaswand, die mir gegenüberliegt, und fragt: »Was brauchst du von uns?«
»Informationen über einen Mann«, sage ich. »Sein Name ist Shawn Mason.«
Ryder runzelt die Stirn und legt den Kopf schief. »Was hast du mit ihm zu schaffen?«
»Er ist das Arschloch, das meine Exfreundin, Taylor Erickson, zusammengeschlagen hat.«
Das muss ich Alex lassen, sie zuckt nicht einmal zusammen, sondern fährt fort, sich Notizen auf ihrem Laptop zu machen. Ryder jedoch reißt die Augen weit auf. Ich weiß, warum. Er hat nicht gewusst, dass ich mal eine Freundin hatte, denn bisher hatte ich auch keine. Ich hatte flüchtige Geliebte, die schnell in mein Leben traten und ebenso schnell wieder daraus verschwanden. Genau so, wie ich es mag.
Langsam baut sich Wut in mir auf. Da ich das nicht ertrage, zwinge ich mich, aufzustehen. Ich schüttle mein Jackett ab, lasse es auf meinen Stuhl fallen und beginne, im Raum umherzulaufen. »Wie du dir sicher vorstellen kannst, mache ich mir Sorgen um Taylors Sicherheit und will daher wissen, wo er jetzt steckt.«
»Ja, das ist verständlich«, pflichtet Ryder mir bei, wirft einen kurzen Seitenblick auf Alex und konzentriert sich dann wieder auf mich. »Wo lebt Mason denn?«
»In San Diego.«
Alex’ Finger bewegen sich rasch über die Tastatur, und sie fragt mich: »Wie alt ist er?«
»Das weiß ich nicht.« Ich lehne mich mit dem Rücken gegen die Glaswand. »Aber er hat früher mit Taylor zusammengelebt, suchen Sie also am besten nach ihr, dann finden Sie ihn wahrscheinlich unter der gleichen Adresse.«
Ich kann sehen, wie angespannt Ryders Züge sind, kurz bevor er mich fragt: »Was genau willst du mit diesen Informationen anfangen, sobald wir ihn gefunden haben?«