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Fünfzehn Jahre lang waren Ulrich Wickerts mal ironisch, mal nachdenklich stimmende Meldungen, mit denen er ganz am Ende der Tagesthemen auf die (meist unerfreuliche) Wetter-Vorhersage einstimmte, seine allerletzten Nachrichten, das Sahnehäubchen des Abends. Sie erzählen von merkwürdigen, von unglaublichen, anrührenden und urkomischen Begebenheiten aus der kleinen und großen Welt - immer versehen mit jenem dezenten Augenzwinkern, das zu Ulrich Wickerts Markenzeichen wurde. "Donner-Wetter" - da braut sich etwas zusammen, zieht herauf, bricht los, tobt, entlädt sich und zieht ab, zur großen Freude für die Leser. Ein (Geschenk-)Buch für verregnete Abende, für sonnige Strandkorbstunden und für Wetterlagen mit ungewissem Ausgang.
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Seitenzahl: 78
Ulrich Wickert
Donner-Wetter
Allerletzte Meldungen vom Tage
Hoffmann und Campe Verlag
Donnerwetter sagt manchmal, wer gar nicht vom Wetter, sondern wie vom Blitz getroffen ist, wen also nicht die klimatische Zuspitzung erschreckt, sondern etwas Verblüffendes bewegt. Und diese Doppeldeutigkeit zwischen erstaunlichem Geschehen und alltäglichem Wetter findet ihren Ausdruck in der allerletzten Meldung des Tages. Einerseits geht es wohl den meisten Menschen so, wie Peter Hacks in seinem Stück »Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe« schreibt: Unter Goethes »Schimpfworten ist das Wort Wetter das wütendste. Er ist fähig, vom Henker mit Verständnis zu reden, nicht vom Wetter. Er spricht vom entsetzlichen oder vom unerträglichen Wetter, aber es bedarf dieser Schmucknamen nicht. Das Wort Wetter allein sagt schon alles. Vom Wetter nämlich hat er beschlossen, daß es an allem schuld sein muß«.
Andererseits: Wer schon vor dem Wetterbericht vom Donner gerührt ist, der mag die Vorhersage mit größerer Gelassenheit ertragen. Drum ist ein kurzes Auflachen nach der allerletzten Meldung bei den Worten »Das Wetter« erwünscht, aber es soll nicht nur fröhlich klingen, sondern auch einen Unterton enthalten – verzweifelt, kritisch, aufgeklärt. Deshalb entwickeln sich die Wettergeschichten manchmal nur aus einem Wort, das Anlaß zum Nachdenken gibt. In der Formelsprache fast aller öffentlichen Bereiche werden mannigfaltige Begriffe erfunden und angewandt, die Unangenehmes verschönern, die verhindern sollen, daß Betroffene vom Donner gerührt sind. Etwa, wenn Politiker oder Wirtschaftsführer von negativem Wachstum reden. Wer unaufmerksam zuhört, in dessen Ohr kommt nur Wachstum an. Aber das Gegenteil ist gemeint.
In einer Presseerklärung von Hoechst zu einem Giftunfall fiel mir das Wörtchen mindergiftig auf. Donnerwetter! So lautete denn meine allerletzte Meldung: »Mindergiftig ist Beamtendeutsch und heißt wahrscheinlich weniger giftig. Aber heute stellt sich heraus, daß die Firma Hoechst sich auch
in der Wahl des Wortes getäuscht hat. Mindergiftig ist nämlich auch giftig, und wie sich nun plötzlich ergibt, sind die ausgetretenen Chemikalien so giftig, daß sie als krebserregend gelten, aber vielleicht nur minderkrebserregend?«
Da mit Worten in vielen Gebieten Humbug getrieben wird, ist es notwendig, darauf aufmerksam zu machen. Das kann aufklärend wirken, falls die Person vor dem Fernseher den »deuxième degré«, die versteckte Zweideutigkeit versteht.
Mit Worten läßt sich trefflich spielen. Da trudelt eine Agenturmeldung ein, ein Beamter im bayerischen Wirtschaftsministerium erlaube einem Kamelreitverein in Nürnberg nicht, ein Kamel aus Ägypten einzuführen, denn das widerspreche der europäischen Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung.
Nun schimpft man ja dumme Menschen häufig ein Kamel. Doch was ist ein Kamel? Es ist – wie im Lexikon festgehalten – ein Schwielensohler. Wer hätte das gedacht. Dagegen – und auch das erklärt das Lexikon, unter einem anderen Stichwort – ist der Mensch ein Sohlengänger. Nicht der Kopf, nicht der Geist, nicht die Vernunft unterscheidet Mensch und Kamel, sondern es sind die Füße. Schwielensohler – Sohlengänger. Donnerwetter! Drum kommt dabei heraus: »Der Mensch unterscheidet sich vom Kamel durch die Füße. Das Buckeltier ist ein Schwielensohler, der Homo ludens ein Sohlengänger. Nun haben in Lauf bei Nürnberg einige Sohlengänger einen Reitverein mit Schwielensohlern gegründet und wollen aus Ägypten ein eingerittenes Höckertier einführen. Das verbietet aber der im bayerischen Wirtschaftsministerium sitzende Sohlengänger, der sich auf die europäische Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung über die Einfuhr von Schwielensohlern beruft. Danach kann ein Kamel aus Ungarn, aber nicht aus Ägypten eingeführt werden. Von dort soll das Tier aber kommen, weil es besonders gut eingeritten ist. Und außerdem: In Ungarn gibt es keine Schwielensohler.« Und dann, wie gesagt: »Das Wetter!«
Roboter-Fische sind alle gleich stark, solange die Batterie voll ist. Doch das wirkliche Leben ist spannender, wie das Magazin »Geo« offenbart. Es berichtet von kleinen und schwachen männlichen Tieren, die bekanntlich nach den Gesetzen der Natur wenig Glück bei der Partnersuche haben. Da gibt es nun gewitzte Tintenfische. Bei denen tarnen sich kleine Männchen als Weibchen und schleichen sich so an kräftige Männchen heran, die schon ein Weibchen erobert haben. Wenn diese kräftigen Männchen dann gegen einen starken Herausforderer kämpfen, nutzen die getarnten Schwächlinge die Gunst der Stunde und brennen mit den Weibchen durch.
Frauen werden laut Statistik älter als Männer. Und nun hat der Berliner Soziologe Professor Walter Hollstein herausgefunden, woran es liegt: Mannsein ist hoch riskant und ungesund. Denn immer noch gilt die Regel, je weniger ein Mann schläft, je mehr Schmerzen er aushält, je mehr Alkohol er verträgt, je mehr er seine Gefühle kontrollieren kann, desto männlicher ist der Mann. Deshalb sind zwei Drittel aller Notfall-Patienten Männer. Besser wird es den Männern gehen, so der Professor, wenn sie sich mehr um die Kinder kümmern und im Haushalt mithelfen.
Wer sich im Verkehr bewegt, lebt gefährlich. In Oldenburg hielt ein Polizist eine 65jährige Frau fest, weil sie im Fußgängerbereich Rad gefahren war. Zehn Mark Strafe! Die Frau fing laut an zu klagen. Sie sei alt und habe kein Geld. Eine Menge Menschen kam zusammen. Ein Passant drückte der Frau fünf Mark in die Hand, ein anderer schloß sich der Spendenaktion an. Schließlich hatte die Frau 65 Mark eingenommen und zahlte davon zehn Mark Verwarnungsgeld. Dann schob sie ihr Rad davon und rief dem Polizisten zu. »Wann treffen wir uns wieder?!«
Andere Länder, andere Sitten: In Italien fuhr ein Senator zu schnell mit seinem Auto und wurde von der Polizei geblitzt. Der Strafzettel mit dem Photo kam zu Hause an, seine Frau machte den Brief auf und sah neben dem Senator dessen Geliebte. So flog die Affäre auf. Da das inzwischen mehreren Senatoren passierte, hat der rechtsgerichtete Senator Antonio Russo jetzt eine Gesetzesänderung beantragt. Photos sollen nicht mehr mit dem Strafzettel verschickt werden. Statt dessen könnten Autofahrer, die geblitzt werden, sich den Schnappschuß bei der Polizei abholen.
Eine Frankfurterin erhielt einen Strafzettel wegen einer kleinen Ordnungswidrigkeit. Sie gab daraufhin gegenüber dem Ordnungsamt an, nicht sie selbst, sondern eine ehrenwerte Freundin habe ihren Wagen ausgeliehen und die Verkehrssünde begangen. Aber sie habe, wie das ja jetzt auch in der Politik üblich sei, ihr Ehrenwort gegeben, die Freundin nicht zu verpetzen. Das Ordnungsamt ließ sich nicht einmal durch den Hinweis erweichen, die befreundete Sünderin habe sich bereits vielfältig um das Vaterland verdient gemacht. Die Autobesitzerin mußte zahlen.
Es gibt Politiker, die wollen im echten Leben keine Filmvorlage sein. Deshalb hat das russische Parlament mit überwältigender Mehrheit Direktübertragungen aus Vollversammlungen verboten. In der letzten Zeit waren Abgeordnete zu häufig gezeigt worden – während sie in ihren Sitzen schliefen.
Wer einen Strafzettel erhält, dem fallen die dollsten Ausreden ein, erklärte heute Axel Hirschfeld, Leiter der Bußgeldabteilung in Magdeburg. Die meisten Entschuldigungen beginnen mit den Worten: »Ich hab’ nur kurz …« Hirschfeld sagt: Ältere Leute seien wesentlich uneinsichtiger, wenn sie erwischt werden. Allerdings habe ein alter Mann gefragt, ob er jährlich einen Pauschalbetrag zahlen könne, damit er nicht für jeden Strafzettel einzeln zur Bank gehen muß.
Falls Sie, meine Damen und Herren, jetzt noch Lust auf ein Gläschen Wein haben, Ihr Ehepartner Ihnen jedoch vorwirft, Sie würden zuviel trinken, dann sagen Sie einfach, Ihr Alkohol-Durst käme vom Telephonieren mit dem Handy. Denn eine Studie der Universität von Washington behauptet, von Handys gingen Strahlen aus, die über den Gehörgang einen chemischen Stoff im Gehirn erzeugten, der dem Morphin ähnelt. Und dadurch würde ein Gefühl der Abhängigkeit erzeugt, das wiederum die Lust auf Alkohol errege.
Ein Redakteur des Magazins »Focus« hat sich die Mühe gemacht, die Regelwut im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu durchforsten. Und raus kam Folgendes: In Denver, Colorado, ist es verboten, seinen Staubsauger an die Nachbarn auszuleihen. In Gary, Indiana, steht es unter Strafe, innerhalb von vier Stunden nach dem Verzehr von Knoblauch ins Theater zu gehen. Und in dem Ort Coeur d’Alene im Bundesstaat Idaho ist es verboten, sich im Auto zu lieben. Aber Polizisten, die ein Pärchen auf frischer Tat ertappen, müssen vor der Festnahme hupen und dann drei Minuten warten.
Selbst wissenschaftlich wird der Kampf der Geschlechter geführt. In der amerikanischen Stadt Baltimore veröffentlichten heute Hirn-Forscher, was sie über die Unterschiede zwischen dem Hirn eines Mannes und dem einer Frau herausgefunden haben. Tatsächlich werden Männer mit einem größeren Hirnlappen geboren als Frauen. Das aber nicht, weil sie schlauer sind, sondern, so fand Ruben Gur von der Universität Pennsylvania heraus, im Lauf der Zeit verlieren Männer ihre Hirnzellen schneller als Frauen.
Vor einiger Zeit hat eine Ihnen allen bekannte Boulevard-Zeitung geschrieben, Frauen hätten ein kleineres Gehirn als Männer. Meine Damen: Die Wissenschaft beweist – das macht nichts. Die Universität Cambridge hat festgestellt, daß Männer schon ab dem 20. Lebensjahr ihr Erinnerungsvermögen verlieren. Frauen bleiben dagegen bis zur Lebensmitte geistig top fit. Auch wenn Männer und Frauen an gar nichts denken, schneidet die Weiblichkeit besser ab. Das wiederum fand die Universität von Pennsylvania heraus. Männer und Frauen wurden gebeten, dreißig Minuten an gar nichts zu denken. Hinterher wurden ihre Gehirnströme gemessen. Bei Frauen waren besonders die zivilisierten Hirnfunktionen aktiv, die Stimmung, Gefühl und Kommunikation regeln. Bei Männern dagegen meldete sich nur das »Reptilhirn«. Das ist zuständig für Prügeln, Fressen und Sex.
Kauft russisch und nicht schwedisch. Die Lebensmittelaufsicht in Helsingborg hat den schwedischen Gärtner Dannevik Nygaard aufgefordert, 80 Kisten mit Gurken zu vernichten. Seit 1954