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Alfred Bekker schrieb unter dem Pseudonym Neal Chadwick diese fesselnden Romane aus der Zeit der amerikanischen Pionierzeit und des Wilden Westens. Als Neal Chadwick begann der bekannte Autor von Fantasy-Romanen, Jugendbüchern und Krimis seine Karriere. Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FAKLSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL AUS MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Inhalt Im Schatten der Outlaws Sonora Geier
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Seitenzahl: 202
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Alfred Bekker (schrieb als Neal Chadwick)
Double Action 2
2 Romane
© 2012 der Digitalausgabe AlfredBekker/CassiopeiaPress
Ein CassiopeiaPress E-Book
www.alfredbekker.de
Umfang: ca. 230 Normseiten
1. digitale Auflage 2015 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956174230
Cover
Titel
Impressum
IM SCHATTEN DER OUTLAWS
SONORA-GEIER
Alfred Bekker schrieb unter dem Pseudonym Neal Chadwick diese fesselnden Romane aus der Zeit der amerikanischen Pionierzeit und des Wilden Westens. Als Neal Chadwick begann der bekannte Autor von Fantasy-Romanen, Jugendbüchern und Krimis seine Karriere. Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FAKLSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL AUS MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall.
Neal Chadwick
Western-Roman
© by Alfred Bekker
www.AlfredBekker.de
All rights reserved
Ein CassiopeiaPress Ebook
Ausgabejahr dieser Edition: 2010
http://www.bookrix.de/-cassiopeiapress
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Die Sonne hatte den ganzen Tag über unbarmherzig vom Himmel herabgebrannt. Jetzt, am späten Nachmittag war sie milchig geworden.
Clay Lawrence zügelte sein Pferd und kniff die Augen etwas zusammen, als er in die Ferne sah - dorthin, wo er einige, sich bewegende Punkte erkannt hatte.
Nach einer Weile konnte er erkennen, daß es Reiter waren, die da im Galopp über die Ebene jagten.
Lawrence war den ganzen Tag geritten, ohne auf eine Menschenseele zu treffen. Die Reiter bewegten sich in seine Richtung und je länger er sich die Sache ansah, desto mehr gelangte er zu der Überzeugung, daß es sich um soetwas wie eine Verfolgung handeln mußte.
Ein Trupp von vier bewaffneten Männern jagte einen fünften Reiter. Lawrence sah eine lange, schwarze Mähne. Zuerst glaubte er, daß es ein Indianer war, aber dann wußte er es plötzlich besser.
Es war eine Frau!
Schüsse donnerten über das flache Grasland. Zwei der Verfolger hatten ihre Revolver aus den Holstern gezogen und ballerten hinter der Flüchtenden her.
Die Frau preßte sich so dicht sie konnte an den Hals ihres Pferdes, so daß sie ein möglichst kleines Ziel bot. Sie war eine ausgezeichnete Reiterin.
Der Abstand zwischen ihr und der Wolfsmeute, die hinter ihr her, vergrößerte sich zusehends.
Die Wölfe schienen Cowboys zu sein. Jedenfalls waren sie dementsprechend gekleidet.
Sie trugen Leder-Chaps um die Beine und Wurfseile an den Sattelhörnern.
Lawrence wußte nicht so recht, was er von der Angelegenheit zu halten hatte. Er wartete einfach ab. Sie kamen ohnehin auf ihn zu.
Wer konnte schon wissen, was dahintersteckte?
Vielleicht hatten die Männer einen guten Grund, die schwarzhaarige Frau aufzuhalten... Vielleicht wollten sie sich auch nur an ihr vergreifen.
Die Männer schossen jetzt aus allen Rohren und auf einmal strauchelte das Pferd, auf dem die Frau pfeilschnell über die Ebene gekommen war. Sie stieß einen überraschten Schrei aus, als das Tier getroffen niederging.
Aber auch in dieser Situation verhielt sie sich geschickt. Sie sprang rechtzeitig vom Pferderücken herunter und rollte sich über die Schulter auf den Boden ab, so daß der massige Körper des Tieres sie nicht unter sich zerquetschte. Lawrence kam nun etwas näher heran, bis er die Frau erreicht hatte. Die Hand fuhr unwillkürlich in die Nähe des Revolvers, den er an seiner Seite trug...
Vielleicht würde er das Eisen noch brauchen, wenn die vier Schießer, die da herangeprescht kamen, nicht vernünftig waren...
Die Frau war sofort wieder hoch.
Lawrence musterte sie kurz.
Sie trug Männerkleidung, die ihr viel zu groß war und durch einen breiten Gürtel zusammengehalten wurde.
"Hilf mir!" wandte sie sich an Lawrence. "Die Kerle wollen mich umbringen!"
Sie versuchte an das Gewehr heranzukommen, daß im Sattelschuh ihres toten Gauls steckte. Aber das Pferd hatte sich bei seinem Sturz auf die falsche Seite gelegt und nun konnte sie die Waffe nicht unter dem schweren Tierleib hervorholen.
Sie keuchte.
Angstschweiß stand ihr auf der Stirn. Der Vorsprung, den sie vor ihren Verfolgern gehabt hatte, schmolz schnell zusammen.
Die Meute rückte unrbittlich näher.
"Nimm mich hintendrauf!" meinte sie. "Und dann nichts wie weg. Wir können in die Berge schaffen!"
Aber Lawrence schüttelte den Kopf. Erstens wußte er nicht, in was für ein Wespennest er da trat und zweitens schätzte er die Chance, den Häschern auf diese Weise zu entkommen, als äußerst gering ein.
"Zu spät, Lady!" meinte er.
"Aber sie werden mich umbringen!"
"Nein, das werden sie nicht!" behauptete Lawrence gelassen.
"Dafür werde ich schon sorgen!"
Sie tauschten einen schnellen Blick. Lawrence sah in dunkle Augen und in ein feingeschnittenes Gesicht, das von namenloser Furcht gezeichnet war.
Er reichte ihr den Arm und einen Augenaufschlag später saß
sie hinter ihm im Sattel.
Als die Wölfe herankamen und ihre Pferde zügelten, versteckte sie sich regelrecht hinter Lawrence breitem Rücken.
Die Männer hatten ihre Revolver wieder eingesteckt. Ein Mann mit schwarzer Lederweste und ebenfalls dunklem Hemd schien der Anführer zu sein. Er grüßte, indem er die Hand hob. Dann schob er sich den Hut in den Nacken.
Die Blicke der anderen gingen immer wieder zu dem Mann in Schwarz hin. Sie warteten auf seine Reaktion und seine Befehle.
"Tag, Gents!" meinte Lawrence gelassen.
"Tag, Mister! Sie sind nicht von hier?"
"Nein, auf der Durchreise."
"Ich bin Bo Cameron von der Mitchell-Ranch." Er sagte das, als würde das allein schon etwas erklären, als wäre es sotwas wie ein Freibrief... "Wir sind hinter dem Luder her, daß da hinten bei Ihnen auf dem Sattel sitzt!"
"Ja, das habe ich beobachtet."
"Lassen Sie sie absteigen. Sie gehört uns!"
"Und was haben Sie dann mit ihr vor, Cameron?"
"Das ist unsere Sache."
"Nein, so einfach ist das nicht."
"Sie ist die Schwester von Juan Lopez, einem gemeinen Hund, der sich mit seiner Bande oben in den Bergen herumtreibt und die ganze Gegend mit seinem Terror in Atem hält."
"Ist das das einzige, was Sie ihr vorzuwerfen haben?" Lawrence verzog den Mund. "Nicht besonders viel, nicht wahr?
Schließlich kann ja niemand etwas für seine Verwandtschaft!"
"Es ist genug!" meinte Cameron. "Sie steckt mit ihrem Bruder unter einer Decke, das ist doch klar!"
"Mit anderen Worten, Sie wollen sie dafür umbringen, daß
sie die Schwester von diesem Lopez ist!"
"Nein, nicht umbringen..."
"Sie haben auf sie geschossen!"
"Wir wollen sie festhalten und diesen Lopez auf diese Weise aus den Bergen locken!"
"Ich habe meinen Bruder seit Jahren nicht gesehen!" rief die Frau nun und klammerte sich fest an Lawrence' Rücken.
"Bitte, du kannst mich nicht diesen Wölfen zum Fraß
vorwerfen!"
Lawrence blickte in das Gesicht von Cameron, dessen Augen sich zu schmalen Schlitzen verengt hatten. Der Ranch-Mann schien jetzt aufs Ganze gehen zu wollen.
"Wir haben keine Lust, länger zu warten!" meinte er. "Die Frau soll absteigen!"
"Sie müssen sie sich schon holen!" meinte Lawrence. Bo Camerons Gesicht verzog sich zu einer Maske des Zorns.
"Wollen Sie Streit anfangen?" Seine Hand ging zur Seite und auch seine Begleiter langten zu den Hüften, dorthin, wo die Revolvergriffe aus den Holstern ragten. "Es macht uns überhaupt nichts aus, Sie über den Haufen zu schießen, Fremder! Hier draußen kräht kein Hahn mehr nach einer Leiche, die irgendwo im Präriegras liegt und von der niemand sagen kann, um wen es sich handelt!"
Es war eine offene Drohung. Der Tonfall war eisig, aber Lawrence blieb ruhig.
"Mir gefällt die Art nicht, in der Sie die Dame hier behandeln - ganz gleich, was für einen Schurken sie auch immer zum Bruder haben mag. Ich schätze, es ist das Beste, wenn Sie ihre Colts steckenlassen und abdrehen..."
"Du hast es nicht anders gewollt, du Wurm!" zischte Cameron wütend.
Vier Mann! dachte Lawrence.
Wenn alle auf einmal zogen, war er erledigt, aber so würde es kaum sein. Einer würde als erster seinen Revolver herausreißen und zu feuern versuchen. Lawrence glaubte, daß es Cameron selbst sein würde, der zuerst schoß. Aber das hieß nicht, daß er die anderen aus den Augen lassen durfte.
Lawrence blickte von einem zum anderen, seine Rechte befand sich in der Nähe des Revolvergriffs. Noch war es eine Hängepartie, noch war nichts entschieden und kein Blei in der Luft...
Aber es war allen beteiligten klar, daß dieser Zustand kaum mehr als ein paar Sekunden dauern konnte.
Einen Augenaufschlag lang hing noch alles in der Schwebe. Dann ging es plötzlich los.
Es war nicht, wie erwartet, Cameron selbst, der als Erster die Nerven verlor und den Colt aus dem Gürtel riß, sondern der Mann rechts neben ihm.
Er war schnell, sehr schnell sogar.
Der Colt lag bereits in seiner Pranke, als Lawrence sein Eisen noch nichteinmal zu Hälfte herausgezogen hatte - und dann feuerte er auch schon.
Aber Schnelligkeit ist nicht alles. Der Mann schoß
überhastet und unsicher.
Der Schuß pfiff an Lawrence vorbei.
Und dann schoß dieser zurück, nicht ganz so schnell, aber mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit.
Der Kerl, der geschossen hatte, schrie vor Schmerz auf und fluchte, als ihm die Kugel in den Unterarm fuhr. Sein Colt fiel in das braune, trockene Gras.
Lawrence wirbelte im Sattel herum und feuerte ein zweites Mal, jetzt auf den Mann zur Linken von Cameron.
Der Mann hatte bereits angelegt und den Hahn seiner Waffe gespannt, aber zum Schuß kam er nicht mehr.
Eine Kugel fuhr ihm in die Schulter und riß ihn herum. Er stöhnte auf, versuchte erneut die Waffe zu heben, aber nun machte es klick! und Lawrence hatte seinen Revolver erneut gespannt.
Alles erstarrte.
Hände umschlossen die Griffe von Revolvern.
Cameron hatte seinen bereits zur Hälfte hochgerissen, aber als er jetzt in Lawrence' Mündung blickte, war auch er wie zu Stein erstarrt.
Sie hatten gesehen, daß dieser fremde Reiter ein ganz außergewöhnlicher Revolverschütze war, den sie nicht so einfach hinwegpusten konnten, wie sie sich das gedacht hatten.
Mit einem derart entschlossenen Widerstand schien die Meute nicht gerechnet zu haben. Und jetzt hatten sie Angst.
"Wer sich bewegt, ist ein toter Mann!" sagte Lawrence ruhig und kalt. Und und in seiner Stimme lag absolute Sicherheit.
"Du wärst ebenfalls tot!" stellte Cameron dann fest, als er sich wieder gefaßt hatte.
Lawrence zuckte mit den Schultern.
"Schon möglich. Aber zuvor wird es noch einige von euch treffen! Die nächsten Schüsse werden nicht nur in den Arm oder die Schulter gehen, da könnt ihr sicher sein! Und um mich zu erledigen, bevor ich nicht mindestens zwei von euch umgelegt habe, dazu seid ihr nicht gut genug - das hat man gerade gesehen!"
Die Wölfe ahnten, daß Lawrence Recht hatte.
Der fremde Reiter rechnete mit ihrer Feigheit. Sie hatten geglaubt, leichtes Spiel mit ihm zu haben, aber jetzt wußten sie, daß sie sich vorsehen mußten.
Und schon war ihr Mut dahin...
"Waffen weg!" meinte Lawrence dann. "Ich sage es nicht zweimal!"
Die Kerle schauten jetzt grimmig drein.
"Okay, okay..."
Cameron war der Erste, der seinen Colt wieder im Gürtel hatte. Die anderen folgten seinem Beispiel.
"Und jetzt verschwindet...!"
Sie ließen sich das nicht zweimal sagen, sondern rissen ihre Pferde herum und preschten davon. Der Kerl, dem der Colt ins Gras gefallen war, machte nichteinmal Anstalten, die Waffe aufzuheben...
Während die anderen dann weiterjagten, zügelte Bo Cameron plötzlich seinen Gaul, riß ihn herum und zeigte Lawrence ein grimmiges Gesicht.
"Wir sehen uns noch, du Hund!" rief er mit heiserer Stimme, die vor Wut bebte. "Und dann wird es dir schlecht ergehen!
Darauf kannst du Gift nehmen! Soetwas kann keiner ungestraft mit mir machen!"
Dann gab er seinem Pferd die Sporen und jagte hinter den drei anderen her.
*
Lawrence wandte sich an die junge Frau hinter ihm im Sattel.
"Ich danke dir!" meinte sie. "Du hast mir das Leben gerettet!"
"Sie haben gesagt, daß sie dich nur gefangenehmen wollten..."
"Sie hätten mich umgebracht, da bin ich mir sicher."
"Warum?"
"Weil sie mich fürchten. Weil Colin Mitchell, der mächtigste Rancher der Gegend mich fürchten muß..." Lawrence runzelte die Stirn.
"Ein Rancher, der sich gegen wilde Longhorn-Stiere, Indianer, Viehdiebe und zwei Dutzend andere unangenehme Sachen durchsetzen muß soll Angst vor einer Frau haben?
Das mußt du mir erklären!"
Sie sah ihn nachdenklich an.
"Woher weiß ich, daß ich dir trauen kann, Fremder!"
"Ich heiße Lawrence. Clay Lawrence. Und daß du mir trauen kannst, habe ich gerade ja wohl hinlänglich bewiesen..." Aber sie schüttelte den Kopf.
"Es ist eine lange Geschichte...", wich sie aus. Lawrence versuchte nocheinmal, weiter in sie zu dringen, aber sie blieb hart und er ahnte, daß es keinen Sinn hatte, dort weiterzumachen.
"Wie heißt du?" fragte er dann.
"Ines Lopez Tejero!"
"Ist dieser Juan Lopez tatsächlich dein Bruder?"
"Ja."
"Er scheint den Leuten hier eine Menge Ärger zu machen!"
"Er ist trotzdem mein Bruder. Es gibt nichts, was das ändern könnte."
"Du wolltest jetzt zu ihm in die Berge reiten, nicht wahr?" Sie gab keine Antwort, sondern sah ihn nur an. Und dann meinte sie: "Du hast mir das Leben gerettet, Lawrence! Und dafür bin ich dir etwas schuldig. Aber das heißt noch lange nicht, daß ich dir jede Frage beantworten muß, Hombre!"
Lawrence lachte unwillkürlich.
Sie war eine kleine, widerspenstige Katze.
Und sie hatte auch Krallen, daß hatte sie soeben unter Beweis gestellt.
Als sie dann lächelte zeugte zwei Reihen wunderschöner weißer Zähne. "Bringst du mich nach Saint David?"
"Ist das die nächste Stadt?"
"Ja."
"Wie weit ist das?"
"Ein paar Meilen nur."
"In Ordnung."
Dann sprang sie plötzlich vom Pferd herunter. Sie machte das sehr behende, gerade so, als wäre sie es von Kindesbeinen an gewohnt gewesen.
Sie drehte sich kurz zu Lawrence herum.
"Ich will nur noch ein paar Sachen von meinem Pferd holen. Hilfst du mir dabei?"
*
Wenig später machten sie sich dann auf den Weg. Ines saß
wieder hinter Lawrence im Sattel. In der Hand hatte sie jetzt ihr Winchestergewehr, daß sie mit Lawrence' Hilfe aus dem Sattelschuh bekommen hatte. Die Satteltaschen hatte sie geschultert.
"Was wirst du tun, Ines, wenn wir in Saint David angekommen sind", meinte Lawrence.
"Ich werde mir ein Pferd besorgen", gab sie zur Antwort. Lawrence verzog das Gesicht zum dünnen Lächeln.
"...um dann in die Berge zu reiten, nicht wahr?"
"Und wenn schon! Willst du mich daran hindern?" Lawrence schüttelte den Kopf.
"Nein, warum sollte ich? In deinem Aufzug paßt du vortrefflich dorthin!"
"Du glaubst inzwischen wohl, daß diese Hunde von der Mitchell-Ranch Recht haben, nicht wahr? Daß ich mit meinem Bruder unter einer Decke stecke..."
"Ich glaube gar nichts", meinte Lawrence kühl. Aber dann setzte er kurze Zeit später noch hinzu: "Nun, so unwahrscheinlich ist das ja auch nicht, oder?"
"Ich habe Juan seit mehr als drei Jahren nicht mehr gesehen", erklärte sie. "Und ich habe nicht das Geringste mit dem zu tun, was er im Moment tut... Ich habe ein paar Jahre in Frisco gelebt, aber jetzt bin ich wieder hier..." Das letzte klang wie eine Drohung. Vielleicht gegen diesen Mitchell?
Es interessierte Lawrence jetzt nicht mehr besonders. Ganz gleich, um was es da ging, er hatte keine Lust, in irgendeine Fehde hineingezogen zu werden.
Schon aus diesem Grund war es das Beste, wenn er nicht länger als unbedingt notwendig in der Gegend blieb. Bo Cameron und seine Leute würden ihm sicher keinen guten Tag wünschen, wenn er das nächste Mal auf sie traf. Nein, er würde Ines in Saint David absetzen, vielleicht dort die Nacht verbringen, und dann weiterreiten... Die ersten Häuser der Stadt tauchten schließlich auf. Sie kamen an einem außer Dienst gestellten Pferdecorral vorbei und dann meinte Ines plötzlich: "Du kannst mich hier absetzen!"
"Hier schon? Die paar Meter bis zu Stadt..."
"Ich möchte es so."
Er zuckte mit den Schultern.
"Meinetwegen." Dann ließ er sie vom Pferd herunter. Vermutlich will sie nicht, daß ich weiß, wo sie sich verdrückt! dachte Lawrence.
Ihm war das recht.
Er hatte ohnehin nicht die Absicht, sich an die Fersen des Mädchens zu heften.
Er nickte ihr noch einmal zu und sie schenkte ihm ein entzückendes Lächeln und dann trieb er seinen Gaul voran in Richtung Stadt.
Sie blieb zurück und er wandte keinen Blick mehr nach hinten.
*
Als Clay Lawrence nach Saint David kam, hatte es keineswegs in seiner Absicht gelegen, hier länger als eine Nacht zu bleiben.
Ein Whiskey im Saloon, möglichst in Gesellschaft von Leuten, die nicht allzuviel redeten, dazu eine Mahlzeit, die unter die Rippen geht, eine Badewanne, ein Bett und acht Stunden Schlaf - in dieser Reihenfolge hatte er es sich gedacht.
Woran ihm am wenigsten gelegen war, war Streit. Er war schließlich den ganzen Tag geritten und ziemlich müde.
Aber es kam ganz anders...
Saint David war ein winziges Nest, ungefähr auf helbem Wege zwischen Fort Douglas und Tucson.
Eine Kirche, ein Saloon, ein Drugstore, dazu ein paar Wohnhäuser. Die Lücken zwischen den Häuserzeilen nannten sich Straßen und sie hatten sogar Schilder, auf denen Namen eingebrannt waren.
Im Augenblick waren diese Straßen furchtbar staubig. Wenn ein Gespann die Main Street entlangraste, konnte man kaum die Hand vor Augen sehen...
Aber wenn es geregnet hatte, dann mußten die Gespanne solange warten, bis es wieder trocken war, so schlammig war es dann.
Clay Lawrence machte keine Umwege.
Er lenkte seinen Gaul mitten über die Main Street, direkt auf den Saloon zu, stieg aus dem Sattel und machte das Tier neben ein paar anderen fest. Lawrence klopfte sich den Staub von der Kleidung, der ihn über und über bedeckt hatte. Dann richtete er sich wieder zu voller Größe auf und passierte die Schwingtüren.
Seine ruhigen, graugrünen Augen musterten den Schankraum und die wenigen Zecher, die sich dort bereits versammelt hatten.
Im weiteren Verlauf des Abends würden sie schon noch zahlreicher werden...
Die Männer drehten sich kurz um, wandten sich dann aber wieder ihren Gesprächen zu.
Lawrence trat an die Theke. Der Mann dahinter war ein riesiger Kerl mit schwarzem Vollbart. Lawrence selbst war schon kein kleiner Mann, aber der Barkeeper überragte ihn noch um Haupteslänge.
Vermutlich war er Keeper und Rausschmeißer in einer Person. Die körperlichen Voraussetzungen dafür hatte er jedenfalls.
"Whisky, etwas zu Essen, und ein Zimmer mit Bad!" brachte Lawrence es gleich auf den Punkt.
Der Keeper machte ein skeptisches Gesicht.
"Können Sie sich soetwas denn leisten?"
"Kann ich!"
Eigentlich konnte er es nicht, denn er war ziemlich abgebrannt. Andererseits hatte er schon seit langem kein Bett mehr gesehen, sondern draußen in der Wildnis kampiert. Und wenn er morgen weiter in in Richtung Tucson ritt, dann lag ohnehin eine lange Strecke vor ihm, auf der es keine Siedlung gab, sondern nur karge Prärie, zum Teil gar Halbwüste. Lawrence holte eine Münze aus der Hosentasche und ließ sie über den Schanktisch rollen. Der Keeper hielt sie ins Licht und nickte dann.
"Gut."
Etwas später bekam er dann einen Teller mit Stew vorgesetzt. Es war ein undefinierbarer Eintopf, bei dem sich kaum genau sagen ließ, was der Keeper alles hineingetan hatte... Aber Lawrence hatte großen Hunger und darum fragte er nicht weiter.
Als er fertig war, schob er den Teller über den Schanktisch.
Unterdessen hatte sich der Saloon aufgefüllt.
Immer mehr Männer waren durch die Schwingtüren getreten, hatten an den Tischen platzgenommen oder sich an die Theke gesellt.
Lawrence hatte gerade den Schlüssel für sein Zimmer bekommen und wollte nun hinaus zum Pferd gehen, um seine Sachen zu holen.
Da sah er die Schwingtüren auseinanderfliegen und einen Mann eintreten, von dem er gehofft hatte, daß er ihm nie wieder begegnen würde...
Bo Camerons Augen wurden schmal, als er Lawrence erblickte. Der Mann von der Mitchell-Ranch erstarrte mitten in der Bewegung. Nur seine Hand, die glitt fast unmerklich zur Hüfte.
Er verzog den Mund zu einem häßlichen Grinsen.
"Seht mal, Leute, wen wir da haben..." Er trat etwas vor und dann kamen noch zwei weitere Männer durch die Tür.
An einen von ihnen erinnerte Lawrence sich noch gut. Er hatte zu der Gruppe gehört, die das Mädchen verfolgt hatte. Den anderen kannte er nicht und genau dieser raunte dann an Cameron gewandt: "Ist das die Ratte, die euch soviel Schwierigkeiten gemacht hat?"
"Ja...", zischte Bo Cameron.
Wie ein Raubtier bleckte er die Zähne. Seine Nasenflügel gingen auseinander.
Die anwesenden Zecher waren mit einem Mal verstummt und sahen gespannt zu, was noch geschehen würde.
"Na, da bist du aber überrascht, was?" meinte Cameron dann. "So schnell sieht man sich wieder..." Lawrence zeigte sich unbeeindruckt.
Er machte ein paar Schritte auf die drei zu, aber Cameron stellte sich ihm so in den Weg, daß er nicht an ihm vorbei kommen konnte.
"Ich hoffe, daß du keinen Streit willst!" meinte Lawrence dann ruhig.
"So einfach kommst du nicht davon, Fremder!" Er spuckte verächtlich aus. Dann setzte er hinzu: "Ich habe über dich nachgedacht!"
"Ach, ja?"
"Ich denke, daß du auch zu dieser verdammten Lopez-Bande gehörst, die da oben in den Bergen haust!"
"Da muß ich dich leider enttäuschen..."
"Du hast seiner Schwester geholfen! Das genügt mir!"
"Geh mir aus dem Weg, Cameron!"
"Außerdem kann ich dich nicht leiden, Fremder!"
"Das ist dein Problem. Was mich angeht, so habe ich einen harten Ritt hinter mir und will keinen Ärger, sofern er sich irgendwie vermeiden läßt!"
In Lawrence' Tonfall lag Bestimmtheit. Aber Cameron schien nicht gewillt zu sein, Ärger zu vermeiden. Er wollte Lawrence um jeden Preis provozieren.
Und er wollte die Rechnung begleichen, die er mit dem fremden Reiter offen zu haben meinte...
"Sollen wir die Sache hier ausmachen, oder dafür auf die Straße gehen?" meinte Cameron.
"Du weißt, daß du gegen mich keine Chance hast, Cameron!
Also lassen wir es lieber. Die Sache ist entschieden worden dort draußen auf der Weide. Das muß genügen!"
"Mir genügt aber nicht!"
Lawrence schob Cameron bei Seite und ging an ihm vorbei. Der Ranch-Mann schaute ihm fassungslos nach. Lawrence wollte zu seinem Pferd.
Keine fünf Schritte hatte er nach draußen getan, da hörte er in seinem Rücken, wie die Schwingtüren auseinanderflogen, und ein Mann hinaustrat.
Lawrence brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, daß
das niemand anderes als Bo Cameron sein konnte, der die Schmach, die er draußen auf der Weide erlitten hatte, einfach nicht verwinden konnte.
Lawrence hatte sich fest vorgenommen, dem Streit bis zum letzten Moment auszuweichen, bis zu dem Punkt, an dem ihm keine Wahl mehr gelassen wurde...
Schließlich war er fremd hier und nicht erpicht darauf, sich zu schießen.
Fremde, die schnell mit dem Revolver waren, und keine halbe Stunde in der Stadt zu sein brauchten, um schon einen Mann erschossen zu haben, waren nirgendwo gern gesehen, selbst dann nicht, wenn sie im Recht waren.
Kaum mehr als ein Sekundenbruchteil war vergangen, seit Bo Cameron Lawrence ins Freie gefolgt war, da hörte der Fremde ein verräterisches, häßliches Geräusch...
Ein Geräusch, daß den sekundenschnellen Tod bedeuten konnte!
Cameron hatte den Colt herausgerissen und den Hahn gespannt.
Aber als dann der Schuß kam hatte Lawrence sich längst zur Seite geworfen. Das halbe Dutzend Pferde, das da angebunden stand, wich wiehernd zur Seite.
Ein zweiter Schuß wurde abgefeuert, ging dicht neben Lawrence in den Boden und erzeugte dort eine kleine Staubfontäne. Den Pferden raubte das den letzten Rest von Verstand. Zwei der Gäule stellten sich hoch auf die Hinterhand und wieherten markerschütternd. Sie zogen verzweifelt an den Zügeln.
Lawrence rollte sich herum.
Ein Hufe traf ihn schmerzhaft an der Schulter, aber er biß
die Zähne zusammen.
Er mußte höllisch aufpassen, daß ihn so ein eisenbeschlagener Pferdehuf nicht unvermittelt am Kopf traf und damit unweigerlich den Rest gab...
Und dann war da noch immer der blindwütigfe Cameron, der zum dritten Mal feuerte, aber wieder nicht traf. Lawrence rollte erneut herum, diesmal ohne Rücksicht auf die Pferdebeine.
Bruchteile eines Augenblicks später hatte er seinen Revolver schußbereit in der Hand und feuerte sofort. Bo Cameron schrie auf und ließ die Waffe fallen. Seine Hand war rot von Blut. Es war ein glatter Durchschuß, aber zumindest für eine Weile würde er Schwierigkeiten haben, irgendeine Waffe zu benutzen.
Lawrence kam jetzt unter den Pferden hervor, die sich langsam beruhigten. Den Revolver hielt er noch immer in der Hand.
Die beiden Kerle, mit denen Cameron gekommen war, traten jetzt ins Freie, aber sie taten nichts, sondern standen zunächst nur schweigend da.
Aber in ihren Augen brannte ein gefährliches Feuer, daß für die nächsten Momente nichts Gutes ahnen ließ. Lawrence mußte weiter auf der Hut sein.
"Blast ihn um!" zischte Cameron haßerfüllt, während er sich die blutende Rechte Hand hielt. "Blast diesen verdammten Bastard um!"
Ein Ruck ging durch die Männer.
Camerons Befehle galten für sie etwas, aber sie waren auch Realisten genug, um zu wissen, daß sie kaum ungeschoren davonkommen würden, wenn sie jetzt zu den Eisen griffen. Cameron fluchte laut, aber seine Jadghunde rührten sich nicht.