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Eine Kurzgeschichte über den Zauber frühen Verliebtseins - phantastisch und sanft erotisch. Es ist die Nacht, in der sich die Drachen zu ihrem feurigen Paarungstanz am Himmel treffen. Die Nacht, in der ein Junge und ein Mädchen im Schein des Drachenfeuers ihre ersten eigenen Erfahrungen mit der Liebe machen … Die Geschichte erschien erstmals 2007 unter dem Titel ›Komm, schweb mit mir, mein Amethyst‹ in der von Wolfgang Hohlbein herausgegebenen Anthologie ›Flammenflügel – Fantastische Drachengeschichten‹ und wurde vom Autor überarbeitet.
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Seitenzahl: 21
Kai Meyer
Drachenreigen
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»Ich komm gern hierher«, sagte ich, und das war nicht gelogen. »Auch ohne die Drachen.«
»Ja«, sagte sie. Ich war nicht sicher, wie sie das meinte: Ging sie selbst manchmal her, oder bedeutete es nur, dass sie sich natürlich vorstellen konnte, dass einer wie ich sich oft hier draußen herumtrieb?
Ich hätte sie danach fragen können, aber an einem Abend wie diesem hatte ich Angst vor der Antwort. Nur keinen Fehler machen. Nicht heute. Nicht bei ihr.
»Ja«, sagte sie noch einmal, diesmal leiser, aber das machte die Sache auch nicht klarer.
Ich zuckte die Achseln und lächelte. Sie mochte mein Lächeln, das hatte sie mir auf dem Weg hierher gesagt, und wie war das für den Anfang? Seitdem zeigte ich es ihr, so oft ich nur konnte, und das war immer dann, wenn sie mich ansah.
Sie saß neben mir im hohen Gras. Die Halme bildeten um uns eine Mulde, die von außen nicht einzusehen war. Der Feuerschein spiegelte sich auf ihren nackten Schenkeln, auf ihren Unterarmen, auf ihrem langen Haar. Während sie mich vorhin geküsst hatte – ja, sie hatte mich geküsst, was hoffentlich nicht nur an meinem Lächeln lag, aber eigentlich war mir das egal, solange sie nur weitermachte –, während sie mich also geküsst hatte, hatte sie zugelassen, dass ich meine Hand auf ihren Schenkel legte und langsam daran hinaufstrich. Bevor es aber ernst werden konnte, hatte ich mir Sorgen gemacht, dass ich zu voreilig sein und sie verärgern könnte, und das wäre dann wohl das Ende dieses Abends gewesen. Deshalb hatte ich die Hand wieder hinuntergeschoben, ganz langsam, dann wieder hinauf und wieder hinunter. Es war schön, sie zu streicheln. Sie fühlte sich toll an.
Die Luft war fast windstill, als hätten sich selbst die Naturgewalten zurückgezogen um die Drachen zu beobachten, so wie das wohl jeder tat in dieser Nacht. Nach Sonnenuntergang hatten sich die meisten Menschen auf den Straßen versammelt oder waren hoch auf die Stadtmauer geklettert, um das Spektakel von dort aus zu bestaunen. Eigentlich war es verboten, sich heute im Freien aufzuhalten, aber niemand kümmerte sich darum, zumindest was die Straßen und die Plätze und die Mauer anging.