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Bei einer Zigarette auf der kleinen Stufe vorm Haus stellen sich plötzlich seltsame Veränderungen ein. Das Zwitschern der Vögel, das Summen und Sirren der Insekten verschwindet aus der Wahrnehmung. Gefühle und Gedanken bahnen sich den Weg ins Gehirn und führen zu einem regelrechten Feuerwerk. Das Corona-Virus hat sich in mein Gehirn geschlichen und dort eingenistet. Die Aussage: "Das Corona-Virus verändert die Welt!" kämpft mit der Frage: "Verändert das Virus auch mich?" Drei Tage, einen Ameisenhaufen und eine Raucherentwöhnung später ist klar: Das Virus kann zum CoronaWIRus mutieren und so die Welt positiv verändern. Während dieses WIRus mein Herz erobert, lehren mich ein Regenbogen, eine scheinbar leere Karte und meine Katze, warum das Virus mich nicht verändern kann.
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Seitenzahl: 131
Wie wenig ist am Ende
der Lebensbahn daran gelegen,
was wir erlebten,
und wie unendlich viel,
was wir daraus machten.
(Wilhelm von Humboldt)
Tag mit CoronaWIRus im Kopf
Tag mit CoronaWIRus im Kopf
Tag mit CoronaWIRus im Kopf
Es passiert gar nicht so selten, dass ich irgendwo sitze und meine Gedanken Amok laufen. Wenn ich dies dann merke, schaffe ich es meist, mich aus den Gedanken zu reißen und in die Realität zurück zu kehren, mich wieder an mein Tagwerk zu erinnern und einfach weiter zu machen – so, als wäre nichts gewesen.
Doch im Moment fällt es mir immer schwerer, mein Amokdenken zu unterbrechen und mich dem Alltag zuzuwenden – wie Fliegen, die vom Licht angezogen werden, werden Nachrichten, Meinungen und Geschehnisse von meinem Gehirn angesogen. Während so manche Fliege an der Glühbirne einfach verbrennt, scheinen die Nachrichtenfliegen, Geschehnismotten und Meinungsstechmücken eher nicht zu verglühen. Wie ein Feuerwerk den Nachthimmel mit bunt leuchtenden Lichtquellen erhellt, scheinen diese äußeren Einflüsse meinen Hirnhimmel zu erleuchten, wobei die ein oder andere Gehirnzelle in besonderer Weise angeregt wird.
Gedankenblitze rasen durch mein Gehirn und ein Funkenregen wühlt Erinnerungen, Gefühle, verschollene Ahnungen, verdrängte Ängste und längst überwunden geglaubte Anschauungen auf. Mein Meer an erarbeiteter innerer Sicherheit, meine Woge mühevoll hergestellter Seelenruhe und mein See an gewonnener Gelassenheit werden wieder aufgewühlt. Alles ist wieder in Wallung geraten und die Gischt trifft mich mit scheinbar unbändiger Kraft mitten ins Gesicht.
Ich sitze auf der kleinen Stufe vorm Haus, irgendwo im Nirgendwo, rauche die gefühlt fünfmillionste letzte Zigarette meines Lebens und alles, was mich sonst an dieser Stelle so zufrieden und glücklich gemacht hat, scheint verschwunden. Normalerweise genieße ich hier die Ruhe nicht vorhandenen Alltagslärms. Kein Motorengebrumm, kein Menschengeschwätz, keine Hatz, kein Gedränge. Stattdessen das Zwitschern der Vögel, das Summen und Sirren der Insekten, das Rauschen des Windes in den Bäumen und erfreuliche Menschenleere. Dies alles erfüllte mich, seit ich hier wohne, mit Freude und schenkte mir Zufriedenheit.
Doch jetzt ist alles anders. Diese Beschaulichkeit erfüllt mich nicht mehr, ja, sie berührt mich sogar gar nicht mehr. Stattdessen berührt, ja bedrängt mich ein unsichtbarer, tückischer, ja geradezu mörderischer Virus – der Corona-Virus. Er verändert gerade die Welt – und auch mich?
Dieser Gedanke trifft mich wie ein Schlag – buchstäblich schlagartig erstirbt mein Hirnfeuerwerk und ich merke, dass meine Zigarette von allein abgebrannt ist. Ich habe offensichtlich nicht mehr an ihr gezogen. Ich war wohl zu sehr in meine Gedanken vertieft und geradezu weggetreten. Was hat mich beschäftigt? Ach ja, dieser Virus, diese unsichtbare Kraft, die gerade das Leben auf der Welt verändert – und mich verändert?
„Welt verändert – Mich verändert“ – diese Worte schwingen in mir hin und her. Ich muss an dieses Gestell denken, in dem fünf oder sechs Kugeln an Fäden nebeneinander hängen. Nimmt man eine Kugel weg und lässt sie los, dann knallt sie an die Zweite, die allerdingst scheinbar ruhig liegen bleibt. Stattdessen schwingt die hinterste Kugel weg und kommt wieder zurück, schlägt ihrerseits ihre Nachbarkugel an und schon springt wieder die Kugel weg, mit der man gerade alles in Schwung gebracht hat. So pendeln die äußeren Kugeln hin und her, ohne dass sich die Mittleren bewegen. Die Worte „Welt verändert“ und „Mich verändert“ pendeln gerade in meinem Hirn hin und her. Das, was dazwischen liegt, scheint still zu liegen, wobei es aber doch irgendwie mitschwingt.
Ein Virus, das mich verändert, die Welt verändert! Hat das eine mit dem anderen zu tun? Mit dieser Frage im Kopf gehe ich wieder ins Haus und die Stufen hoch in mein Wohnzimmer. Auf der Couch wartet meine Katze. Als ich mich hinsetze, bedrängt sie mich mit ihren Anforderungen: Sie liebt Kokosöl und möchte ihre tägliche Ration schlecken – und zwar jetzt. Sie duldet keinen Aufschub, keine Verzögerung. Ich muss mich ihr widmen – Corona-Virus hin oder her.
Meine Katze ist schon ziemlich alt, siebzehneinhalb Jahre, und ich freue mich, dass es ihr noch so gut geht. Deshalb nehme ich ihr ihre Aufdringlichkeit nicht übel und gebe ihr, wonach sie verlangt. Ich bin sogar dankbar für ihre Aufdringlichkeit. Zieht sie doch für einen Moment meine ganze Aufmerksamkeit auf sich und weg von meinen bedrängenden Überlegungen. Zufrieden schleckt die Katze das Öl von meinem Finger. Wenn ich es ihr auf einem Tellerchen serviere, verschmäht sie es. Sie mag es nur und ausschließlich von meinem Finger lecken. Schon seltsam, diese Katze – eigensinnig, individuell, mit ihrer ganz eigenen Persönlichkeit. Beneidenswert – schießt es mir durch den Kopf!
Bevor ich mich mit diesem Gedanken weiter beschäftigen kann, klopft es an meine Tür. Mein Mitbewohner und Vermieter möchte das schöne Wetter nutzen und einiges im Garten erledigen. Er fragt, ob ich nicht Lust hätte, ihm zu helfen. Einerseits fühle ich mich etwas aus meinem Denken gerissen, andererseits erscheint mir die Bewegung an der Luft bei Sonnenschein auch sehr verlockend. Ich entscheide mich für die Gartenarbeit und gehe direkt mit.
Die Sonne wärmt meinen Körper und die Arbeit mit der Erde erdet mich. Ich fühle mich wieder etwas freier und genieße den Leerlauf in meinem Hirn. Leider hält dieser Zustand nicht lange an. In einer Pause setze ich mich auf den Liegestuhl unter der Birke und lasse mich in die Liegeposition gleiten. Wunderbar dieser Blick durch die noch blattlosen Äste und Zweige der Birke, die scheinbar endlos hoch in den Himmel reichen. Ich fühle mich unendlich beschenkt vom Leben, welches mich hier in diesen Liegestuhl brachte.
Und schon spüre ich, wie etwas an diesem nahezu perfekten Moment zerrt. Wie kann ich hier so genussvoll mein Leben genießen, während anderswo die Menschen in ihren Wohnungen wegen des Coronavirus geradezu gefangen sind? Viele Menschen leben allein in relativ kleinen Wohnungen, andere leben als Familie, was nicht unbedingt bedeutet, dass sie pro Person mehr Quadratmeter zur Verfügung haben.
Beide Menschengruppen haben zur Zeit Probleme – Singles leiden unter fehlenden Kontakten mit Freunden und ihrer Familie; Familien leiden unter der Möglichkeit, ihre erzwungenen engen Kontakte nicht minimieren zu können. Schon schizophren, diese Corona-Welt. Menschen zuhause, kein normaler Zustand! Dieser Satz wirft ein Gedanken-Karussell an.
Bilder sitzen in dessen Gondeln und drehen sich schwungvoll mit. Bilder von gelassen sich zuprostenden Menschen in Biergärten, Bilder von fröhlich lachenden jungen Menschen in Kneipen, Bilder von ausgelassen tanzenden jungen Leuten. Fröhlichkeit und Lebensfreude spiegeln sich in diesen Bildern. Erinnerungen an meine Studienzeit mischen sich unter diese Bilder. Damals habe auch ich viel Zeit außerhalb meines Zuhauses verbracht. Ich ging zur Uni, daneben hatte ich noch den ein oder anderen Putzjob zu erledigen, einmal in der Woche bin ich in den Tanzkreis der Uni, ab und an traf man sich zum Essen im Restaurant oder bei jemandem zuhause, oder man traf sich einfach mal zum Quatschen in der Kneipe um die Ecke. Es war ein Leben mit viel Abwechslung außerhalb der eigenen vier Wände – ein Leben, das in Corona-Zeiten unmöglich ist.
Die bunten Farben verschwinden und die Bilder werden schwarz-weiß. Zusätzlich legt sich ein düsterer Schatten auf die Bilder. Traurigkeit und Verzweiflung steigen in mir auf und mit diesen Gefühlen auch neue Bilder. Bilder von Menschen, die einsam auf ihrem viel zu großen Sofa sitzen, Bilder von mit Gummihandschuhen und Scheuertuch bewaffneten Menschen, die verzweifelt ihre Bude in allen Ecken gründlich putzen und Bilder von Menschen, die all ihre Klamotten aus den Schränken holen, weil sie endlich mal ausmisten wollen. Die zentrale Angst von Asterix und Obelix mischt sich unter die Bilder: „Hoffentlich fällt uns der Himmel nicht auf den Kopf!“ und ich denke: „So manchem Single fällt gerade zwar nicht der Himmel, aber die Decke auf den Kopf!“
In meinem Kopf taucht das Bild des einsamen Poeten auf, der mit Regenschirm in seiner kleinen Bude im Bett liegt. Ja, glücklich kann sich schätzen, wer nicht nur Lesen gelernt hat, sondern auch noch Spaß am Lesen von Büchern hat und noch das ein oder andere Schätzchen zuhause im Regal stehen hat, was schon immer mal oder nochmal gelesen werden wollte. Jetzt ist Zeit hierfür.
Meine Bilder im Kopf werden wieder bunter. Es gibt Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben. Wer keine Lust am Lesen hat, kann den Fernseher oder das Internet anschalten und Filme, Dokumentationen oder irgendwelche Posts anschauen. Das Internet bietet auch Möglichkeiten, sich auszutauschen – Kontakte aufrecht zu erhalten und Freud und Leid miteinander zu teilen. Anderen zu helfen, ist auch eine Möglichkeit eines erfüllenden Zeitvertreibs.
Es keimt eine zentrale Frage auf, die plötzlich in meinem Gehirn raumgreifend wird: Hat die Unmöglichkeit, sich sein Leben allein zuhause sinnvoll zu gestalten, vielleicht damit zu tun, dass ein Leben in Abwechslung außerhalb der Wohnung auch als Spiegel für ein Leben außerhalb der eigenen Person gesehen werden kann? Leben die Menschen noch ihr Leben oder leben sie „nur“ ein Leben? Wenn ja, welches? Wirft die Krise mit ihren Ausgangsbeschränkungen die Menschen auf sich selbst zurück?
Ist zu leben etwas Körperliches, oder eher etwas Geistiges? „Nicht was wir erleben, sondern wie wir es empfinden, macht unser Schicksal aus“, lautet ein Zitat von Marie von Ebner-Eschenbach, das mir dazu einfällt. Könnte ein Sinn der Corona-Krise darin liegen, dass sich die Menschen wieder auf sich selbst besinnen und hierdurch wieder im wahrsten Sinne zur Besinnung kommen? Weg vom Einfordern äußerer Bedürfnisbefriedigung, hin zur Befriedigung der Bedürfnisse, die wirklich wichtig sind. Weg vom allumfassenden Anspruchsdenken, hin zur bewussten Wahrnehmung dessen, was alles schon gegeben ist. Weg von überzogenen Konsumwünschen, hin zu Wünschen, die ganz persönlich sind.
Mein Mitbewohner kommt wieder und möchte im Garten weiter machen. Ich fühle mich wie betrunken – betrunken von diesem schwerwiegenden Gedanken, der wie Alkohol wirkt und meinen Geist vernebelt. Leben Menschen noch ihr Leben? Mit dieser Frage im Kopf stehe ich auf und greife wieder nach der Schaufel. Die Schaufel schwingend und in der Erde grabend, verbrennt der „Alkohol“ schnell und ich merke, wie positive Lebensgeister wieder die Oberhand gewinnen. Sich körperlich zu betätigen ist ein echter Segen. In der Natur bei Sonnenschein ist es ein regelrechtes Seelenbad.
Während meine Seele so vor sich hin badet, muss ich doch noch einmal an die Singles denken, die nicht wissen, wie sie die Decke, die ihnen auf den Kopf zu fallen droht, abstützen können. Die Erinnerung an Zeiten, in denen auch ich nicht viel mit mir anzufangen wusste, steigt in mir hoch. An einem Punkt in meinem Leben hatte ich mich selbst in meinem Leben verloren. Zu diesem Zeitpunkt kannte ich mich eigentlich gar nicht mehr. Vielleicht geht es so manch anderem ähnlich und die Ausgangssperre wegen Corona offenbart nun diese Tatsache. Mir fällt ein Buch ein, in welchem meine Situation von damals recht gut beschrieben war. Ich entscheide mich, dieses Buch nachher zur Hand zu nehmen.
Damit hake ich diesen Gedanken erst einmal ab, greife mir eine Harke und harke ein Hochbeet. Jetzt will ich mich meiner Arbeit hier im Garten mit der gebührenden Achtsamkeit widmen. Achtsamkeit, ein Schlagwort der letzten Jahre, das im Zuge der Corona-Krise gänzlich ins Hintertreffen geraten zu sein scheint. Dabei ist doch die Achtsamkeit genau das, was das Ausbreiten dieses Virus verhindern soll. Weil wir gegenüber allen gefährdeten Personen achtsam sind, leben wir doch mit den Ausgangsbeschränkungen. Wieder so eine Schizophrenie dieser Zeit.
Schluss jetzt mit diesen Gedanken! Konzentriere dich auf das Hier und Jetzt! Hier und jetzt bist du am Beete anlegen. Beete für Kartoffeln, Möhren, Lauch, Zucchini, Kürbis und einiges mehr. Wie groß wird die Freude sein, wenn dieses gartenfrische Gemüse verzehrt werden kann.
Die Natur ist schon großartig und beschenkt einen mit geschmackvollen Geschenken für geleistete Arbeit. Mit diesem Gedanken gehe ich frisch ans Werk und freue mich innerlich darüber, so positiv denken zu können. Dabei breitet sich langsam Hunger in mir aus. Nach einer Weile stillen Arbeitens begrüße ich den Vorschlag meines Mitbewohners, nach getaner Arbeit nun eine Essenspause einzulegen.
Gestärkt mit gutem Essen und abgelenkt von einem erfrischenden Gespräch ziehe ich mich in mein Wohnzimmer zurück, während sich mein Mitbewohner zum Mittagsschlaf begibt. Meine Katze begrüßt mich mit freudigem Miau und fordert einige Streicheleinheiten ein. Das Streicheln tut auch mir gut. Dabei kann ich gar nicht sagen, warum, aber es hat so etwas Beruhigendes und es ist, als würde ich meine eigene Seele streicheln. Vielleicht liegt es am Schnurren oder einfach nur am Körperkontakt. Diese Empfindung kann wohl nur nachvollziehen, wer dies selbst schon erlebt hat. Wie das funktioniert, wird wohl immer das Geheimnis der Katzen bleiben. Nachdem meine Katze für sich beschlossen hat, dass sie nun genug Streicheleinheiten erhalten hat, dreht sie sich um und rollt sich zu einem Schläfchen ein. Dies gibt mir Gelegenheit, das Buch zu suchen, in dem ich ja etwas nachlesen wollte.
Ich finde das Buch schnell und kann direkt auf der ersten Textseite lesen: „Allzu lange habe ich immer wieder gedacht: ‚Das Leben könnte so schön sein, wenn…‘ Ja, wenn nur dieses gewesen oder jenes eben nicht gewesen wäre. So vieles schien zu fehlen, während anderes da war, obwohl es nicht da sein sollte. Ich haderte fast täglich mit meinen Lebensumständen.“
Beschreibt dies nicht das, was viele gerade in der Corona-Krise fühlen? Wenn die Sonne scheint und niemand darf einfach raus, um dies gemeinsam mit Freunden oder Familie zu genießen, kommt da nicht der Gedanke: „Das Leben könnte so schön sein, wenn es Corona nicht gäbe!“ auf?
Ich denke darüber nach, wie selbstverständlich viele Dinge sind. So vieles in meinem Leben erscheint normalerweise so selbstverständlich. Mir wird die selbstverständliche Selbstverständlichkeit vieler Dinge schlagartig bewusst. Die Freiheit, Familie, Freunde und Bekannte zu besuchen, die Freiheit, Eltern im Altenheim zu besuchen, die Freiheit, ins Restaurant zu gehen oder einfach mal in irgendwelchen Läden zu stöbern, die Freiheit, fremde Länder zu bereisen, die Freiheit, Menschen, die einem wertvoll sind, einfach zu umarmen, wenn man sie trifft – alles gerade keine Selbstverständlichkeit! Und warum? Weil es offensichtlich eine Selbstverständlichkeit ist, seine Mitmenschen zu schützen, für sie einzustehen, ihnen zu helfen!
Alle Menschen schränken ihr Leben ein, damit das Krankheit und Tod bringende Virus nicht allzu viele Leben vernichtet. Das Virus scheint zu schreien: „Schaut her, ihr seid verwundbar! In eurer Überheblichkeit habt ihr geglaubt, dass ihr unverwundbar seid und euer ‚Immer höher – immer schneller – immer besser‘ einfach immer so weiter geht. Aber das ist ein Irrtum. Ich bin klein und unsichtbar und dennoch mache ich euch einen Strich durch eure Rechnung – ich ganz allein!“ Aber die Menschen erstarren nicht, sie verharren nicht in ohnmächtiger Hilflosigkeit. Sie stehen beieinander, sie bleiben zuhause in emotionalem Miteinander. Dies zeigt doch, worauf wir bauen können!
Die Selbstverständlichkeit, mit der die Menschen die Ausgangsbeschränkungen hinnehmen, erfüllt mich mit Freude. Diese Freude breitet sich wie eine warme Welle in mir aus und schenkt mir geradezu Frieden. Unwillkürlich muss ich an den Segen am Ende eines Gottesdienstes denken. Ich gehe nur selten in die Kirche, meist nur zu Weihnachten. Aber immer, wenn ich einmal in die Kirche gehe, freue ich mich auf den Segen am Ende und warte gespannt, bis der Pastor oder die Pastorin sagt: „Der Herr segne dich und behüte dich; der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden" (4. Mose 6,24)