Drei Western Band 1013 - Pete Hackett - E-Book

Drei Western Band 1013 E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Western: Gnadenlose Rache (Pete Hackett) Die Rache des Jonathan Randall (Pete Hackett) Stirb! (Pete Hackett) John Parks warf die Karten auf den Tisch. »Full House«, sagte er trium­phierend. »Drei Damen und zwei Asse. Sind Sie besser, mein Freund?« Der rothaarige Bursche in der Uni­form eines Aufsehers fluchte und schleuderte seine fünf Kartenblätter vor sich hin. Finster stierte er Parks an. Seine roten Brauen hatten sich zusammengeschoben, in seinen wasser­blauen, glasigen Augen erschien eine böse Flamme. »Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu, Mister!«, stieß er hervor, und seine Stimme klang trunken. »Ein Mann kann nicht den ganzen Abend nur verlieren. Das Blatt muss sich ein­mal wenden. Aber ich …« Parks lehnte sich lässig zurück. Ein kühles, unpersönliches Lächeln huschte um seinen Mund. Er mur­melte: »Sie haben Ihr ganzes Geld ver­loren und obendrein noch tau­send Dollar Schulden bei mir. Lo­gisch, dass Sie verärgert sind. Das sollte Sie aber nicht dazu hinreißen, mich des Falschspiels zu bezichti­gen.« Das Lächeln schien einzugefrieren. »Dar­auf reagiere ich nämlich höllisch un­gemütlich.« Parks strich seinen Gewinn ein. Darunter befand sich ein Schuld­schein des rothaarigen Aufsehers. Sein Name lautete Steve Frawley. Er gehörte zu den gemeinsten Kerlen, die je in Yuma Gefangene bewachten. Seine Brutalität war gefürchtet. Für ihn waren die Gefangenen keine Menschen, er stellte sie auf eine Stufe mit tollwütigen Tieren. Frawleys Mundwinkel zuckten hef­tig. Er griff nach seinem Glas und stürzte den Brandy mit einem Ruck hinunter. Hart setzte er das Glas auf den Tisch zurück. »Sie geben mir Re­vanche!«, blaffte er heiser. »Auf der Stelle. Wir lassen uns ein Päck­chen frische Karten bringen. Okay?« Das letzte Wort war fast drohend gekommen. John Parks schien unbeeindruckt. Er sortierte die Geld­scheine und Münzen und nickte. »Meinetwegen.«

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Seitenzahl: 378

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Pete Hackett

Drei Western Band 1013

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Inhaltsverzeichnis

Drei Western Band 1013

Copyright

​Gnadenlose Rache

​Die Rache des Jonathan Randall

Stirb!

Drei Western Band 1013

Pete Hackett

Dieser Band enthält folgende Western:

Gnadenlose Rache (Pete Hackett)

Die Rache des Jonathan Randall (Pete Hackett)

Stirb! (Pete Hackett)

John Parks warf die Karten auf den Tisch. »Full House«, sagte er trium­phierend. »Drei Damen und zwei Asse. Sind Sie besser, mein Freund?«

Der rothaarige Bursche in der Uni­form eines Aufsehers fluchte und schleuderte seine fünf Kartenblätter vor sich hin. Finster stierte er Parks an. Seine roten Brauen hatten sich zusammengeschoben, in seinen wasser­blauen, glasigen Augen erschien eine böse Flamme.

»Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu, Mister!«, stieß er hervor, und seine Stimme klang trunken. »Ein Mann kann nicht den ganzen Abend nur verlieren. Das Blatt muss sich ein­mal wenden. Aber ich …«

Parks lehnte sich lässig zurück. Ein kühles, unpersönliches Lächeln huschte um seinen Mund. Er mur­melte: »Sie haben Ihr ganzes Geld ver­loren und obendrein noch tau­send Dollar Schulden bei mir. Lo­gisch, dass Sie verärgert sind. Das sollte Sie aber nicht dazu hinreißen, mich des Falschspiels zu bezichti­gen.« Das Lächeln schien einzugefrieren. »Dar­auf reagiere ich nämlich höllisch un­gemütlich.«

Parks strich seinen Gewinn ein. Darunter befand sich ein Schuld­schein des rothaarigen Aufsehers. Sein Name lautete Steve Frawley. Er gehörte zu den gemeinsten Kerlen, die je in Yuma Gefangene bewachten. Seine Brutalität war gefürchtet. Für ihn waren die Gefangenen keine Menschen, er stellte sie auf eine Stufe mit tollwütigen Tieren.

Frawleys Mundwinkel zuckten hef­tig. Er griff nach seinem Glas und stürzte den Brandy mit einem Ruck hinunter. Hart setzte er das Glas auf den Tisch zurück. »Sie geben mir Re­vanche!«, blaffte er heiser. »Auf der Stelle. Wir lassen uns ein Päck­chen frische Karten bringen. Okay?«

Das letzte Wort war fast drohend gekommen. John Parks schien unbeeindruckt. Er sortierte die Geld­scheine und Münzen und nickte. »Meinetwegen.«

Copyright

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​Gnadenlose Rache

Western von Pete Hackett

Über den Autor

Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."

Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author www.Haberl-Peter.de

© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

Staub wölkte unter den wirbelnden Hufen. Schüsse krachten Ohren betäubend. Pulverdampf vermischte sich mit dem aufgewirbelten Staub. Die fünf Conestoga-Schoner waren zu einem Karree zusammengefahren.

Das durchdringende, vibrierende Angriffsgeschrei der Apachen ging im rasenden Feuer unter. Durch den wallenden Staub leuchteten die zerfetzten Planen der Prärieschoner. Hinter den Wagen zuckten pausenlos Mündungsfeuer hervor. Eine Horde Indianer preschte im halsbrecherischen Galopp um die Wagenburg herum. Pfeile zogen ihre lautlose Bahn, bohrten sich in das Holz der Fuhrwerke und blieben zitternd stecken. Im Gras lagen tote Mustangs, dazwischen reglose Gestalten mit langen, schwarzen Haaren und farbigen Tüchern um die Köpfe.

Der Tod griff mit kalter Hand nach den Apachen. Er war unersättlich in seiner Gier...

Hinter den schweren, eisenbereiften Rädern hervor verteidigten sich die Belagerten mit zäher Verbissenheit. Halbnackte, braunhäutige Krieger jagten auf niedrig gebauten, ausdauernden und struppigen Mustangs im Kreis um die Wagenburg. Langes, strähniges Haar flatterte blauschwarz im Wind. Gewehrläufe blinkten im Sonnenlicht, Pfeile zogen ihre flirrende Bahn.

Mustangs brachen zusammen, überschlugen sich, und bildeten mit ihren Reitern ein wildes Durcheinander. Die Siedler jagten ihre Kugeln einfach in die heranwogende Masse der Pferde und Reiter hinein. Aber der Kreis der Apachen zog sich immer mehr zusammen. Die Meute machte einen erschreckenden Eindruck von Wucht und Stärke. Nur ein Mann mit stählernen Nerven konnte bei ihrem Anblick die Fassung bewahren. Die Krieger hingen an den Seiten ihrer Pferde und schossen unter den Hälsen der Tiere hervor. Sie schrien und kreischten und feuerten wie irrsinnig, ohne wirklich zu zielen. Die eine oder andere Kugel fand ihr Ziel dennoch.

Ein jeder der Verteidiger spürte den Strom des Vernichtungswillens, der von der näherbrandenden Schar ausging...

Hinter einem der Gefährte taumelte eine hagere Gestalt hervor. In ihrer Brust steckte ein Pfeil. Der Mann hielt die Winchester im Hüftanschlag. Er schoss einen herandonnernden Angreifer vom Pferd, dann kippte er sterbend vornüber...

Duncan McKenzie zielte zwischen den Speichen eines Rades hindurch. Sein Finger krümmte sich. Feuer, Rauch und Blei stießen aus der Mündung.

McKenzie sah einen der Mustangs vorn einbrechen, sein Reiter machte den Rücken hohl und warf die Arme hoch. Einige nachfolgende Pferde prallten gegen das niedergehende Tier, und im Nu bildete sich ein Pulk ineinander verkeilter Krieger und Pferde. Und in dieses Knäuel hinein feuerte McKenzie mit der Präzision einer Maschine. Mustangs stiegen auf die Hinterhand, bockten, keilten aus, flohen voll Panik und rasten mit wehenden Mähnen und gestreckten Schweifen in alle Himmelsrichtungen davon. Ihr angstvolles, panisches Wiehern gellte wie das Schmettern von Fanfaren an den Talhängen empor.

Es war ein Inferno des Grauens. Tote Pferde, tote Indianer, Verwundete, Wimmernde, Sterbende. Pferde wurden getroffen, rasten schmerzgepeinigt davon, bohrten sich in die Front der heranwogenden Krieger und lösten ein weiteres Chaos aus.

Wutgeschrei erschallte. Es ging den Verteidigern der Wagenburg durch Mark und Bein. Ein wahres Bleigewitter prasselte in den Pulk der Apachen. Ihr mörderischer Angriff war ins Stocken geraten. Chaos und Panik griffen um sich. Eine gutturale, sich überschlagende Stimme war zu hören. Plötzlich rissen die Indianer ihre Mustangs herum und flohen in östliche Richtung zwischen die Hügel. Wütendes Gewehrfeuer folgte ihnen, und der eine oder andere Krieger wurde von vom Pferd geholt. Dann waren sie außer Gewehrschussweite. Die Waffen schwiegen. Grollend, in vielfältigen Echos, verhallten die Detonationen...

»Ob sie genug haben?«, fragte Laura McKenzie. Sie hielt Duncans Revolver in den Händen. Ihr Gesicht war geschwärzt vom Pulverschmauch. In ihrem gleichmäßigen Gesicht zuckten die Nerven.

McKenzie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Aber wie ich die Rothäute kenne, geben sie erst auf, wenn sich hier zwischen den Wagen kein Leben mehr regt und unsere Skalps an ihren Gürteln hängen. Es war verrückt, mit dem Wagenzug durchs Indianerland zu ziehen.«

Irgendwo ertönte ein Befehl. Weitere Stimmen erklangen. Jemand rief: »Svenson hat es erwischt. Er ist tot. Corrigon hat eine Kugel in den Oberschenkel bekommen. Shaugnessy wurde von einem Pfeil getroffen. Er wird wohl die nächste Stunde nicht mehr überleben.«

»Diese dreckigen Parasiten!«, brüllte ein Mann. »Warum lässt Gott zu, dass sie uns abschlachten?«

»Die Ratschlüsse des Herrn sind unerforschlich«, rief Joshua Turner, der Führer des Trecks. »Du solltest nicht an ihm zweifeln, Nelson.«

»Haben wir eine Chance, Duncan?«, fragte Laura und schaute ihren Mann an.

McKenzie wich ihrem Blick aus. »Ich weiß es nicht«, murmelte er. »Die letzten Kugeln heben wir uns jedenfalls für uns und die Kinder auf. Lebend fällt von uns keiner diesen Barbaren in die Hände.«

McKenzie sprach es mit Entschiedenheit und Endgültigkeit im Tonfall. Die Linien in seinem Gesicht schienen sich vertieft zu haben. Seine Augen blickten hart. »Aber so lange ein Funke Leben in uns ist, Laura, besitzen wir eine Chance. Vielleicht hält sich in der Nähe eine Kavallerie-Patrouille auf, die den Kampflärm hört. Wir dürfen einfach nicht aufgeben, Laura.«

Er begann, sein Henry Rifle nachzuladen. Patrone um Patrone drückte er in den Ladeschlitz, dann repetierte er. Er nahm Laura den Revolver aus den Händen und lud auch ihn nach. Dann gab er seiner Frau die Waffe zurück. »Vielleicht haben die Apachen eingesehen, dass der Blutzoll, den sie ihrem Hass zu entrichten haben, zu hoch ist. Auch diese roten Burschen hängen am Leben. Vielleicht verschwinden sie von selbst wieder.«

Laura schaute skeptisch. Im Wagen lagen flach auf der Ladefläche zwischen Möbeln und Saatgut, das sie mit nach Oregon nehmen wollten, Johnny und Eliza. Johnny war acht Jahre alt, Liza zehn. Laura wollte ihren Kindern in Oregon eine gute Zukunft aufbauen, sie in Ruhe und Frieden groß ziehen. Duncan McKenzie wollte einer düsteren Vergangenheit entfliehen. Jetzt schien es, als stünden sie vor den Trümmern der Illusion, die sie bewogen hatte, sich dem Wagenzug anzuschließen...

*

Das Land wirkte leer, wie ausgestorben. Aber diese scheinbar so friedliche Stille war trügerisch. Unheilvoll Spannung erfüllte die Atmosphäre. Der Hauch von Gefahr, Gewalt und Tod lag in der Luft.

Zwischen den vom Sonnenlicht überfluteten Hügeln im Osten rührte sich nichts. Es war, als hätte die Erde die Apachen geschluckt. Über den toten Körper vor der Wagenburg schwebten Wolken von Mücken. Der süßliche Blutgeruch zog sie an wie Licht die Motten. Hoch oben am Himmel zogen Geier ihre lautlosen Bahnen.

Die Verteidiger der Wagenburg warteten voll Anspannung. Sie sprachen nur leise miteinander. Niedergeschlagenheit und die Furcht vor dem Ungewissen, vor den kommenden Stunden, zeichneten ihre Gesichter und flackerte in ihren Augen. In den Schatten der Prärieschoner standen Posten mit schussbereiten Gewehren in den verkrampften Fäusten.

Die Zeit schien stillzustehen. Die Minuten dehnten sich, wurden zu Viertelstunde, zur halben... Die Sonne hatte ihren höchsten Stand überschritten.

Zur Bedrücktheit in der Wagenburg gesellte sich mehr und mehr die Ungeduld. Die Stimmung wurde gereizt. Jeder erwartete, dass endlich etwas geschah, das den verdammten Druck von ihm nahm. Es war, als fieberten die Auswanderer der Entscheidung entgegen.

Joshua Turner, der Treckführer, kam zu McKenzie. Der saß, an das Wagenrad gelehnt, am Boden. Quer über seinen Beinen lag die Henrygun, seine Rechte umklammerte den Kolbenhals. »Diese roten Bastarde wollen uns mürbe machen«, sagte Turner. Er räusperte sich. »Was denkst du? Wann werden sie erneut angreifen?«

»In der Abenddämmerung«, erwiderte McKenzie knapp.

»Kann es nicht sein, dass sie längst das Weite gesucht haben« Hoffnungsvoll musterte Turner den Mann am Boden. Eine fast verzweifelte Hoffnung hatte im Tonfall seiner Stimme gelegen.

McKenzie lachte auf. »Sie sind das, und ihren Spähern entgeht keine unserer Bewegungen.«

»Hatten Sie schon einmal mit Apachen zu tun?«, fragte Turner.

»Nein. Aber mit Komantschen und Sioux. Das Vergnügen mit Apachen habe heute zum ersten Mal. Von welchem Stamm sie wohl sind?«

»Es sind Chiricahuas«, antwortete Turner.

»Sicher ist, dass sie angreifen werden, wenn sie uns ihrer Meinung nach genügend weich gekocht haben. Wann das sein wird, das weiß letztendlich nur der Satan. Wir sollten uns aber drauf vorbereiten, dass sie mit der Abenddämmerung kommen. In ihrer Taktik dürften sich die Apachen kaum von den Komantschen und Sioux unterscheiden.«

»Sehen Sie, McKenzie...« Turner hob den Arm und wies nach Osten. Auf einem der Hügel stieg eine Rauchsäule empor. McKenzies Brauen zogen sich zusammen. Die Rauchsäule brach jäh ab, wölkte am Himmel auseinander und zerflatterte. Eine neue, schmale Säule stieg auf, kerzengerade und dunkel, sie wurde unterbrochen, kam erneut...

Sie zählten viele Rauchfahnen, die in gewissen Abständen zum Himmel aufstiegen und sich zu einer dichten Schwade vereinten, die träge nach Süden trieb.

»Die Apachen fordern Verstärkung an«, knurrte Turner. »Das bedeutet, dass sie unter Umständen diesen Nervenkrieg tagelang mit uns führen, bis ihre Zahl genügend groß ist, um uns zu überrennen.«

»Jemand müsste versuchen, sich zu einem Fort durchzuschlagen«, meinte McKenzie.

Turner schaute ihn an, als zweifelte er an McKenzies Verstand. Dann sagte er bissig: »Derjenige, der versucht, das Lager zu verlassen, kann sich gleich eine Kugel durch den Kopf schießen. Das wäre die gnädigste Art von Selbstmord.

Weitere Männer kamen heran. Auch ihnen waren die Rauchzeichen nicht verborgen geblieben. Einige von ihnen hatten Turners letzte Worte gehört. Einer rief kummervoll: »Warum versuchen wir nicht, uns mit den Apachen friedlich zu einigen? Geben wir ihnen alles, was wir entbehren können. Soviel ich gehört habe, sind die Rothäute doch ganz wild auf Geschäfte mit den Weißen.«

Turner lachte sarkastisch auf. »In den Herzen der Apachen sitzt nichts als Hass auf alles, was eine weiße Hautfarbe hat. Alles, was sie von uns wollen, sind unsere Skalps. Mit denen kannst du nicht verhandeln. Den Plunder, den wir ihnen bieten können, bekommen sie sowieso, wenn sie über uns kommen wie der Adler über die Feldmaus.«

McKenzie starrte in die Ferne, wo wieder Rauchzeichen zum Himmel pufften. Dumpf schlug das Herz in seiner Brust. Seine Gedanken arbeiteten. Du hast deine Familie in diese missliche Lage gebracht, Duncan. Hättest du nicht aus Texas fliehen müssen, weil du vom Gesetz gesucht worden bist, dann wären wir niemals auf diesen verdammten Trail gegangen. Es ist deine Schuld. Du wirst Laura, Johnny und Eliza auf dem Gewissen haben. Du hast ihnen von einer guten Zukunft in Oregon erzählt. Großer Gott, was bist du für ein dreckiger Bastard, Duncan McKenzie. Gott im Himmel, wenn du so gerecht bist, wie es behauptet wird, dann lass meine Familie leben. Mach mit mir, was dir beliebt. Ich bin ein Bandit und die Luft nicht wert, die ich atme. Aber meine Familie...

Es waren düstere, unerfreuliche Gedanken, die Duncan McKenzie beschäftigten. Seine ganze Sorge galt seiner Frau und seinen beiden Kindern. Bis sie Texas verließen, hatte er sich kaum um sie gekümmert. Er war mit einem wilden, gesetzlosen Haufen geritten. Sie hatten Banken und Postkutschen überfallen. Als bei einem der Überfälle ein Mann getötet wurde, hatte er sich besonnen. Er war nach Hause geritten, um sich zu verkriechen. Dann entschlossen sich einige Nachbarn, nach Oregon umzusiedeln. In Texas erwartete ihn eine langjährige Gefängnisstrafe. Also schloss er sich den Aussiedlern an. Laura war Feuer und Flamme gewesen. Oregon war das Land, in dem Milch und Honig fließen sollten...

Jetzt zerfleischte sich Duncan McKenzie mit Selbstvorwürfen. Du wirst deine Familie auf dem Gewissen haben, durchfuhr es ihn immer wieder. Er konnte keinen anderen Gedanken mehr fassen.

*

Die Sonne stand weit im Westen. Die Schatten waren lang und blass. Die Menschen in der Wagenburg bereiteten sich auf den Angriff der Chiricahuas vor. Die Männer und Frauen knieten hinter den dürftigen Deckungen der hohen Wagenräder, lagen unter den Fuhrwerken, duckten sich hinter provisorisch errichteten Barrikaden aus Fässern, Kisten und Truhen.

Die Nervosität schien sogar auf die Pferde und Maultiere in der Mitte der Wagenburg übergegriffen zu haben. Sie drängten sich ängstlich zusammen, schnaubten erregt, schlugen mit den Schweifen und rollten die Augen.

McKenzie kniete bei der Deichsel seines Schoners. Laure lag unter dem Fuhrwerk. Das Warten zerrte an den Nerven und machte mürbe. Die Luft schien vor Spannung zu knistern – fast wie vor einem schweren Blizzard.

Sie Sonne sank tiefer und tiefer, und über den Felszacken im Osten schlugen die ersten grauen Schleier der Abenddämmerung zusammen. Die Abendsonne begann das Land in blutiges Rot zu tauchen.

Plötzlich tauchte auf der Kuppe eines der Hügel ein Indianer auf. Er saß auf einem Pferd. Er starrte herüber zu der Wagenburg.

Ein Schuss krachte. Der Knall stieß über die Ebene und zwischen die Hügel. Der Krieger wurde vom Pferd gerissen. Joshua Turner hatte geschossen. Er besaß eine weittragende Sharps.

Ein schriller Schrei gellte durch die Dämmerung. Wut, Enttäuschung, Hass - eine unstillbare Leidenschaft kam in diesem Schrei zum Ausdruck. Der Schrei wiederholte sich und wurde schließlich von vielen Kehlen vervielfältigt.

»Yiiiieeeyyyaaa!« Es klang, als wäre die Hölle aufgebrochen. Das Geheul ließ die Herzen der Auswanderer erbeben. Das Entsetzen griff um sich. Zwischen den Hügeln zeigten sich die ersten Krieger. Staub wallte unter den unbeschlagenen Hufen. Es waren an die 60 Krieger, die im letzten Licht des Tages ein farbenprächtiges Bild boten, ein Bild, das sich unauslöschlich in den Gemütern der Auswanderer einprägen würde.

Markerschütterndes Geheul trieb über die Ebene, die Apachen hoben ihre Waffen und schwenkten sie drohend über ihren Köpfen. Die Reiterkette setzte sich in Bewegung. Wieder wogte der Staub der Wüste. Rotes Sonnenlicht zeichnete scharf die Konturen der muskulösen, gedrungenen Körper nach.

McKenzie hörte Laura erregt atmen. Er schoss ihr einen schnellen Blick zu. O verdammt, er liebte sie. Er hatte sie immer geliebt. Und dennoch war er lieber mit einer Horde Banditen geritten. Zuletzt war er anderthalb Jahre weg gewesen. Als er nach Hause gekommen war, waren ihm die beiden Kinder wie einem Fremden begegnet. Könnte ich nur einiges wieder gut machen, rieselte es durch seinen Verstand. Aber in Oregon will ich Laura ein guter Mann und den Kindern ein guter Vater sein. Ich werde mich ändern. Nein, ich habe mich schon geändert. Zur Hölle mit dir, Duncan, du bist 42 Jahre alt und hast noch nichts geschaffen. Alles, was du zuwege brachtest, war, dass sie dich in Texas per Steckbrief suchen...

Die Indianer kamen in breiter Front. Auf den Spitzen ihrer Lanzen brach sich das Abendrot. Einige waren mit Gewehren bewaffnet. Einer der Krieger stieß seine Faust mit einem veralteten Karabiner in die Höhe. Sein kehliger, gellender Befehl übertönte sekundenlang das Stampfen der Hufe, und im nächsten Moment begann die Erde unter trommelnden Hufschlägen zu dröhnen. Spitzes, abgehacktes Geschrei, triefend vor heidnischer Grausamkeit, ließ den Hufschlag fast versinken. Der Tod donnerte heran – personifiziert in der Gestalt einiger Dutzend Chiricahuas, die nur vom Willen zum Kämpfen und Töten beseelt waren.

In der Wagenburg brüllten heisere Stimmen durcheinander, ein hartes, metallisches Knacken lief durch die Reihe der Auswanderer, als sie die Hähne ihrer Waffen spannten oder repetierten.

»Haltet euch mit dem Schießen zurück, bis ich es anordne«, gebot Joshua Turner. »Zielt ruhig, Leute. Jeder Schuss muss sitzen. Im Kampf Mann gegen Mann erdrücken sie uns.«

Gebannt starrten die Auswanderer den in wilder Karriere heransprengenden Apachen entgegen. McKenzie schob den Lauf der Henrygun zwischen den dicken Speichen eines Wagenrades hindurch und zielte. Kugeln jaulten heran, Pfeile sirrten wie schwarze Striche durch die Luft. Das Wummern und Krachen vermischte sich mit dem durchdringenden Kriegsgeheul zu einem Ohren betäubenden, Nerven zerrenden Lärm. Schließlich waren die Apachen so nahe, dass sie Weißen deutlich ihre Kriegsbemalung erkennen konnten.

Sie waren voll Hass. Ein Hass, der keine Zugeständnisse und keine Versöhnung kannte.

»Feuer!«, brüllte Joshua Turner, der Trailboss. Und dann begannen die Gewehre und Revolver zu donnern.

Indianer kreischten gellend, Pferde wieherten, schrien nahezu, und alles war ein Gewirr von Leibern, Staub und Dreck, die das Grauen verhüllten.

Pfeile trafen die Bordwände und Segeltuchplanen der Schoner, Lanzen beschreiben weite Flugbahnen und bohrten sich knirschend in die Erde. Die Wagenplanen schlugen und knatterten unter den Einschlägen. Die ersten Tomahawks wirbelten heran. Überall war Krachen, Splittern und Schreien. Irgendwo brüllte ein Mann seinen Schmerz hinaus. Ein Todesschrei, der jäh abbrach...

McKenzie schoss das Rohr heiß. Pferde brachen zusammen, Indianer starben, einer der Siedler taumelte aus seiner Deckung und stürzte auf das Gesicht. Der beizende Geruch von Pulverdampf breitete sich aus und reizte die Schleimhäute.

Ein Pfeil strich dicht über McKenzie hinweg. Eine Kugel prallte mit infernalischem Heulen vom Eisenreifen des Wagenrades ab, McKenzie konnte das grässliche Wimmern nahe an seinem Ohr hören.

Die Pferde und Maultiere zerrten wie verrückt an den Leinen und versuchten voll Panik, sich loszureißen.

Es war die Hölle.

Die Linie der Apachen riss, zwei Gruppen schwärmten in entgegengesetzter Linie auseinander. Einige Verteidiger der Wagenburg wechselten hastig ihre Position, um das Lager nach zwei Seiten zu verteidigen.

Apachen jagen auf ihren Mustangs vorbei, schleuderten Speere und Äxte und brüllten wie eine Horde Teufel.

Dann waren die beiden Reiterpulks vorbei. Weit hinten, außerhalb des Schusssektors, sammelten sie sich. Zwischen den Wagen lagen drei tote Männer und tote Frau. Verwundete stöhnten und ächzten. Bei den getöteten Männern knieten weinende Frauen. Die Verletzten wurden hastig und notdürftig versorgt. In den Fuhrwerken weinten Kinder...

Die Auswanderer hatten ein wenig Zeit, Luft zu holen. In fieberhafter Eile wurden alle verfügbaren Waffen nachgeladen. Dann kamen die Apachen zurück.

Ein Kugelhagel empfing sie. Die Auswanderer schossen wie besessen. Das todbringende Blei bohrte sich in die muskulösen, sehnigen Körper, schüttelte sie, wirbelte sie herum und warf sie zu Boden.

Reiterlose Pferde irrten umher. Einige der Apachen erreichten die Schoner und drängten ihre Mustangs durch die Lücken zwischen den Wagen. Die mörderische Besessenheit verzerrte ihre breitflächigen, knochigen Gesichter, in ihren dunklen Augen glomm der Hass.

Nur zwei Drittel der Apachen hatte die Höllenstrecke zur Wagenburg geschafft. Die Fläche hinter ihnen war von toten Pferden und sterbenden Indianern bedeckt. Der wallende Staub senkte sich wie ein Leichentuch auf sie nieder. Bei den Wagen entbrannten erbitterte Kämpfe von Mann zu Mann. Weiß und Rot fielen wie Wölfe übereinander her. Jeder war nur von dem Gedanken beseelt, sein Leben mit dem Preis des toten Gegners zu erkaufen. Es war der Irrsinn brutalster Gewalt.

Schließlich trieb heftiges Gewehr- und Revolverfeuer die Indianer zurück.

Plötzlich brüllte ein Mann mit sich überschlagender Stimme: »Seht, dort vorne! Bei allen Heiligen! Ich kann es nicht glauben. Das sind ja...« Seine Worte endeten in einem Röcheln, als er getroffen wurde. Er brach zusammen.

Aus einer Hügellücke im Norden galoppierten blauuniformierte Reiter. Sie stießen aus dem dunklen Schattenfeld des Einschnitts und sprengten in direkter Linie auf die Wagenburg zu. Eine Trompete schmetterte. Der Trupp fächerte auseinander.

Wutgeheul kam von den Apachen. Sie fluteten zurück. Nur noch vereinzelte Mündungsblitze zerschnitten das Grau, das mittlerweile zwischen den Fuhrwerken wob. Sehnige Gestalten schnellten aus dem Gras in die Höhe, hetzten hinter ihren flüchtenden Stammesgenossen her, sprangen mit pantherhafter Geschmeidigkeit auf vorbei rasende, reiterlose Mustangs und hieben ihnen die Fersen in die Seiten.

Verwundete Krieger wälzten sich im Staub, während andere wie vom Satan verfolgt die Sicherheit des hügeligen Terrains suchten.

Die Soldaten versuchten, den Apachen in schräger Linie den Weg zwischen die Hügel abzuschneiden. Und sie schafften es. Sie stießen auf ihren schweren Kavalleriepferden in das entsetzte Knäuel der Fliehenden wie ein Keil hinein. Die blanken Klingen ihrer Säbel reflektierten das purpurne Licht. Der Hall von –Revolverschüssen wehte über die Ebene...

*

Schließlich war der Spuk vorbei. Die Apachen wurden von den Soldaten zusammen getrieben und gefesselt. Ein Captain, ein Lieutenant und ein Sergeant kamen in die Wagenburg. Sie sprachen mit Joshua Turner.

Männer und Frauen lagen sich in den Armen und weinten vor Freude über ihre Rettung. Duncan McKenzie sagte: »Der Weg nach Oregon ist gepflastert mit Leichen von Auswanderern, die von den Rothäuten getötet wurden. Das war erst der Anfang. Hier in Arizona sind es die Apachen. Weiter nördlich die Navajos, Utes und Shoshonen, und schließlich die Nez Percés...«

Laura musterte ihren Mann stumm. Er legte ihr die Hände um die Oberarme. »Ich will dich und die Kinder dieser tödlichen Gefahr nicht länger aussetzen, Laura. Darum bleiben wir hier. Hier gibt es sicher Siedlungsland. Wir bauen unsere Farm hier in Arizona auf. Was sagst du dazu, Laura?«

»Es war deine Idee, nach Oregon auszuwandern, Duncan. Ich würde mit dir überall hin gehen. Das weißt du. Wenn du der Meinung bist, wir sollten in Arizona bleiben, dann sollten wir das auch tun. Ja, es gibt hier sicherlich Siedlungsland.«

McKenzie küsste seine Frau auf den Mund. Dann kümmerte sie sich um die Kinder, die verstört auf dem Fuhrwerk saßen. Er ging zu Turner und den drei Soldaten hin. Gerade sagte der Captain: »...am sichersten der Oregon Trail. Er führt durch das Tonto Basin, Sie durchqueren Utah in nördliche Richtung und wenden sich dann ab der Grenze von Idaho nach Nordwesten. Die Armee hat entlang des Trails einige Forts und Camps errichtet. Sie können also, wenn Sie den Trail benutzen, ziemlich sicher trailen.«

Turner blickte McKenzie entgegen. »Die Patrouille kommt aus Fort Grant. Das Fort liegt etwas 15 Meilen nördlich von hier. Wir könnten vom Fort aus nach Norden über Fort Thomas und Fort Apache ziehen und...«

McKenzie winkte ab. »Ich bliebe in Arizona. Die Chance, Oregon zu erreichen, ist 50 zu 50. Das ist mir zu unsicher. Dabei geht es mir weniger um mich. Ich denke an meine Familie. Ihre Sicherheit geht mir über alles.« Er wandte sich dem Captain zu. »Haben Sie eine Ahnung, ob in diesem Territorium Siedlungsland freigegeben wurde?«

Der Captain nickte. »Die Regierung hat am Pantona Wash östlich von Tucson und am Santa Cruz River Land zu Besiedlung freigegeben. Sie können ein Stück von 160 acres für sich nutzen, und wenn Sie es fünf Jahre lang bewirtschaften, geht es in Ihren Besitz über.«

»Was empfehlen Sie mir?«

»Den Santa Cruz River«, versetzte der Captain. »Etwa 25 Meilen südlich von Tucson wurde eine Stadt gegründet. Sie wird Green Valley genannt. Ja, ich würde Ihnen empfehlen, sich in der Nähe dieser Stadt eine Siedlungsstätte abzustecken. Einige Familien haben sich dort schon angesiedelt.«

»Wie muss ich fahren, um Green Valley zu erreichen?«

»Begeben Sie sich nach Tucson und erwerben Sie eine Parzelle. Sie brauchen sich dort nur nach dem Agenten für die Landvergabe erkundigen. Und dann fahren Sie 25 Meilen nach Süden, den Fluss hinunter. Sie können Green Valley gar nicht verfehlen.«

»Vielen Dank.«

»Wollen Sie wirklich aufgeben?«, fragte Turner.

»Ja.« McKenzie wandte sich ab.

Noch in derselben Stunde verließ er den Treck. Er nahm die Richtung nach Westen, wo Tucson lag...

*

Sechs Monate später...

Den ganzen Tag über hatte Duncan McKenzie gepflügt. Jetzt war er müde. Das Kreuz schmerzte ihm. Doch er war mit sich zufrieden. Es schien, dass er einen Platz gefunden hatte, an dem er bleiben konnte. Sein bewegtes Leben auf dem Pfad der Gesetzlosigkeit hatte er abgeschüttelt. An den Abenden malten er und Laure sich die Zukunft in den schillerndsten Farben aus. Sie träumten von riesigen Weizen- und Maisfeldern, von einem Corral voller Pferde, von einem Leben in Ruhe und Frieden.

Aber das Schicksal wollte es anders. Es hielt für Duncan McKenzie eine Reihe von Rückschlägen bereit. Und dieser Tag sollte die Wende bringen.

Der Acker war gepflügt. McKenzie spannte den Ochsen vor das Fuhrwerk, auf das er den Pflug geladen hatte. Er schwang sich auf den Wagenbock. Fast eine Stunde musste er fahren, um die Farm zu erreichen. Er hatte ein festes Blockhaus mit zwei Räumen errichtet, es gab einen Stall und eine Scheune. An den Stall schloss sich ein Corral an. In einem Pferch tummelten sich zwei Ziegen und drei Schafe.

McKenzie hatte viel Geld in die Farm investiert. Geld, das er als Bandit in Texas erbeutet hatte und das ihm kein Glück bringen sollte...

Als er in den Hof der Farm fuhr, sah er fünf Pferde am Hitchrack vor dem Stall stehen. Die Tiere waren verstaubt und verschwitzt. McKenzie kniff die Augen eng. Seine Kiefer mahlten. Misstrauen flackerte in ihm hoch. Er hatte das Gespann angehalten. Jetzt bereute er es, keine Waffe mit sich genommen zu haben.

McKenzie sprang vom Wagen. Steifbeinig setzte er sich in Bewegung. Da kam aus dem Wohnhaus ein hochgewachsener Mann. Er grinste. Seine Lippen gaben ein weißes, kräftiges Gebiss frei.

»Jack!«, entfuhr es McKenzie. »Wo kommst du her?«

»Es hat lange gedauert, bis wir dich gefunden haben. Aber dann hörte ich in Tucson deinen Namen, Duncan. Man spricht von dir als dem Mann, der nach Oregon wollte aber aus Angst vor den Indianern aufgegeben hat.«

In McKenzies Miene arbeitete es. »Warum habt ihr mich gesucht? Ist euch der Boden in Texas zu heiß geworden unter den Stiefelsohlen?«

»So kann man es sagen, Duncan. Wir haben, nachdem du dich abgesetzt hast, noch die Bank in Big Spring überfallen. Der Überfall ging schief. Shorty ist dabei vor die Hunde gegangen. Ein Aufgebot jagte uns bis zur Grenze von New Mexiko. Wir beschlossen, Texas für einige Zeit den Rücken zu kehren, bis sich die Wogen wieder etwas geglättet haben. – Du hast also deinen Vorsatz in die Tat umgesetzt und bist sesshaft geworden, Duncan. Allen Respekt.«

»Was wollt ihr wirklich, Jack?«

Jack Linhardts Grinsen wurde dürftiger. Er trat in den Hof und stemmte die Arme in seine Seiten. Tief an seinem rechten Oberschenkel hing der Sechsschüsser. Der Kolben war griffbereit nach außen gedreht. Die Art, wie Linhardt das Eisen trug, ließ vermuten, dass er damit umzugehen verstand.

»Als wir hörten, dass du in der Gegend lebst, fragten wir uns, ob du nicht wieder mit uns reiten würdest. Schließlich haben wir viele Jahre gemeinsam den Sattel gedrückt. Die Bank in Tucson wäre ein lohnendes Objekt...«

McKenzies Miene verschloss sich. »Ich habe damit Schluss gemacht, Jack. Daran ließ ich auch keinen Zweifel offen, als ich mich von euch trennte. Ich habe mir geschworen, nur noch für meine Familie zu leben und keine Waffe mehr in die Hand zu nehmen. Verschwindet, Jack. Lasst mich in Ruhe. Ich habe das Leben als ständig Gehetzter satt. Mit mir kannst du nicht mehr rechnen.«

Das Grinsen Linhardts war erloschen. »Wie schade, Duncan. Allerdings denke ich, dass nicht dazu geboren bist, um auf einer Farm zu verkümmern. Das Geld liegt sozusagen auf der Straße. Man muss sich nur danach bücken. Als Farmer bekommst du einen krummen Rücken von der Arbeit. Mit uns aber...«

»...lande ich eines Tages am Galgen, oder ich gehe an einem Stück Blei zu Grunde. Nein, Jack. Ich habe eine Frau und zwei Kinder, und ich bin mir meiner Verantwortung, die ich habe, bewusst geworden. Keine Chance, Jack. Ich reite nicht mehr mit euch.«

»Ich will aber, dass du dich uns wieder anschließt, Duncan. Und ich pflege meinen Willen in der Regel durchzusetzen.«

»Lass mich in Ruhe, Jack.«

»Gehen wir hinein und reden wir in Ruhe drüber«, schlug Linhardt vor. Er drehte sich um und wandte McKenzie den Rücken zu.

McKenzie presste kurz die Lippen aufeinander. Hart sprangen die Backenknochen in seinem Gesicht hervor. Und er entschloss sich von einem Augenblick zum anderen. Mit zwei Schritten war er bei Jack Linhardt. Mit sicherem Griff zog er Linhardts Revolver aus dem Holster. Er drückte Linhardt die Mündung gegen den Rücken und spannte den Hahn. »Ruf deine Kumpane heraus, Jack, und dann verschwindet.«

Jack Linhardt stand steif wie ein Pfahl. Seine Hände öffneten und schlossen sich. »Vergiss nicht, dass mein Bruder und die anderen deine Frau und deine Kinder haben.«

»Das hilft dir nicht, Jack. Denn ich werde dich das Rückgrat auseinander schießen, wenn du jetzt deine Kumpane nicht aufforderst, das Haus zu verlassen.«

Der Ausdruck einer wilden Entschlossenheit, den Duncan McKenzie verströmte, berührte Jack Linhardt geradezu körperlich. Der Bandit spürte ein seltsames Kribbeln zwischen den Schulterblättern. Er kannte McKenzie und wusste, dass dieser kein Mann leerer Versprechungen war. Der Druck auf seinem Rücken verstärkte sich.

Jack Linhardts Lippen sprangen auseinander. »Brad, Jesse, Wyatt, Jim, wir verschwinden. Kommt heraus. Es war dumm von uns, hierher geritten zu sein.«

»Spar dir deine Kommentare«, knurrte McKenzie.

»Es ist dumm von dir, Duncan, uns auf diese Weise die Freundschaft zu kündigen. Du wirst es bald bereuen.«

»Ich werde wieder meinen Revolvergurt umschnallen«, versprach McKenzie mit grollender Stimme. »Und ich werde auf der Hut sein.«

Laura McKenzie kam zur Tür heraus. Brad Linhardt bewegte sich dicht hinter ihr, hatte ihr den linken Arm um den Hals geschlungen und benutzt sie wie ein lebendes Schutzschild gegen Duncan McKenzie. »Weg mit dem Revolver, Duncan. Oder ich erschieße deine Frau.«

Ihnen folgten Jesse McLowry, Wyatt Donegan und Jim Winfield. Sie hielten die Colts in den Fäusten. Matt schimmerten die Köpfe der Kugeln in den Kammern der Trommeln. Die Kerle schauten verkniffen drein.

»Lass meine Frau los, Brad«, gebot McKenzie. Er packte Jack Linhardt am Jackenkragen. »Sag ihm, dass er Laure loslassen soll, Jack. Oder du bist der Dumme. Und zwei von deinen Kumpanen nehme ich obendrein mit. Du kennst mich.«

»Lass die Frau los, Brad!«, befahl Jack Linhardt. »Er spaßt nicht. Und weg mit den Revolvern. Lassen wir ihm heute den Triumph.«

»Keine Drohungen, Jack. Ich habe nichts gegen euch persönlich. Ich will nur nicht mehr mit euch reiten. Akzeptiere es. Selbst wenn ich zwingen würdet - ich wäre euch auch keine besondere Hilfe mehr. Ein Hund, den man auf die Jagd tragen muss, wird nie ein guter Jagdhund. Aber wem erzähle ich das?«

Brad Linhardt nahm seinen Arm von Laura uns senkte die Faust mit dem Revolver. Nach kurzem Zögern versenkte er die Waffe im Holster. Auch seine Kumpane stießen die Revolver in die Futterale. McKenzie nahm seine Hand von Jack Linhardt Jackenkragen. »Verschwindet, Jack, und kommt nie wieder her. Ich will mit euch nichts mehr zu tun haben. Die Zeit, in der wir zusammen ritten, ist vorbei. Ich will hier eine Farm aufbauen und meine Kinder in Ruhe und Frieden groß ziehen. Ich will nicht, dass sie mich eines Tages verachten, weil ich irgendwo als Bandit geendet habe.«

Jack Linhardt setzte sich in Bewegung. Er marschierte zu seinem Pferd. Sein Bruder und die anderen drei Banditen folgten ihm. Sie schwangen sich in die Sättel, zogen die Pferde herum und ritten an. Wortlos verließen sie die Farm. Aber die Blicke, die sie McKenzie zuwarfen, waren beredter als alle Worte der Welt. In ihnen lag eine tödliche Drohung...

Als sie über einer Bodenwelle verschwunden waren, senkte McKenzie die Hand mit dem Revolver. Er wandte sich Laura zu. »Ich denke, sie kommen nicht noch einmal«, murmelte er. »Sicher hat Jack Linhardt begriffen, dass er mit mir nicht mehr rechnen kann.«

»Ich habe Angst, Duncan«, murmelte Laura. »Dieser Jack Linhardt ist gewiss sehr nachtragend. Ich habe den Hass auf dich in seinen Augen gesehen.« Laura schluckte. Ein Laut, der sich anhörte wie trockenes Schluchzen entrang sich ihr.

Duncan ging zu ihr hin und nahm sie in die Arme. »Ich werde dich und die Kinder beschützen, Laura. Wir haben hier den Platz gefunden, an dem wir leben können. Und diesen Platz werden wir behaupten.«

Sie gingen ins Haus...

*

Eine Woche verstrich. Duncan McKenzie dachte kaum noch an seine früheren Kumpane. Die Arbeit auf der Farm lastete ihn jeden Tag von früh bis spät aus. Er fuhr am Morgen weg, um irgendwo mit seinem Pflug die Erde umzubrechen, sie zu eggen und Samen auszubringen. Er hatte sich voll und ganz der Arbeit auf der Farm verschrieben.

Nur eines hatte sich für ihn geändert. Er trug wieder seinen Revolvergurt mit dem schweren, langläufigen Remington, und er führte immer die Henrygun mit sich.

Er sägte an diesem Tag einige Bäume um, die die Anlage eines Ackers behinderten, grub die Wurzelstöcke aus, säge die Stämme in handliche Stücke und belud den Wagen damit. Er musste auch für Brennholz sorgen. Morgen wollte er das Land pflügen. Den Pflug hatte er schon mitgebracht. Er ließ ihn auf dem Stück Land zurück, auf dem er im kommenden Jahr Kartoffeln anbauen wollte.

McKenzie war mit sich zufrieden. Der Winter konnte kommen. Die Äcker und Felder waren bestellt, die Wintersaat war ausgebracht. Er würde, wenn auch dieser Acker fertig war, auf der Ranch Brennholz machen und noch einen Schuppen bauen. So etwas wie ein Glücksgefühl, das tief aus seinem Innersten kam, durchrieselte ihn. Er freute sich auf Zuhause, auf Laura, auf die Kinder...

Er spannte den Ochsen vor das leichte Fuhrwerk, mit dem er den Pflug befördert hatte, schwang sich auf den Bock und trieb das Zugtier an. Die Sonne stand weit im Westen. Der Tag neigte sich seinem Ende zu. McKenzies Rücken schmerzte. Er sah es als eine Art Wiedergutmachung für seinen früheren Lebenswandel an, als er unstet durch das Land zog und dort erntete, wo andere gesät hatten.

Der Ochse ging langsam. Die Schatten wurden schnell länger und blasser. Dann versank die Sonne hinter den Felsgraten und –zacken und färbte mit ihrem Widerschein den Himmel blutrot. Von Osten schoben sich die ersten grauen Schlieren der Abenddämmerung ins Land.

Dann lag die Farm vor McKenzie. Aus dem Schornstein stieg kein Rauch. Von Laura und den Kindern war nichts zu sehen. Ein ungutes Gefühl, dessen Ursprung er sich nicht erklären konnte, beschlich McKenzie. In der Fence meckerte eine der Ziegen. Ein Schaf blökte. Im Stahl muhte die Milchkuh. McKenzie fuhr bis in die Hofmitte und stieg vom Wagenbock. Die Futtertröge in der Fence waren leer.

»Laura!« Seine Stimme entfernte sich von McKenzie, das Wort versank in der Stille. Jähe Beklemmung erfüllte den Mann. Er schaute sich um, nagte an seiner Unterlippe, setzte sich mit einem Ruck in Bewegung und ging ins Haus.

In der Küche lagen Johnny und Eliza auf dem Fußboden. Sie waren tot – erschossen. Die Tür zum Schlafraum stand offen. McKenzie bewegte sich wie von Schnüren gezogen. Es überstieg seinen Verstand, sein Begriffsvermögen. Auf dem Bett lag Laura. Tot. Halb entkleidet. McKenzie konnte den Anblick nicht ertragen und schloss die Augen. Eine Blutleere im Gehirn ließ ihn taumeln. Er öffnete die Augen...

Es war kein Alptraum. Es war brutale Realität. »Laura«, entrang es sich ihm. Er beugte sich über sie, fühlte ihren Puls. Aber da war nichts mehr. Lauras Augen waren halb geöffnet. In ihrem Gesicht spiegelten sich noch das letzte Entsetzen und die letzten Qualen ihres Lebens wider.

McKenzie schlug die Hände vor das Gesicht und taumelte zu einem Stuhl, ließ sich schwer darauf niedersinken und konnte keinen Gedanken fassen. Als er die Hände vom Gesicht nahm, sah er Johnny und Eliza...

Eine Viertelstunde saß McKenzie da, ohne sich zu rühren. Er war erschüttert, fassungslos, in seinem Innersten aufgewühlt. Heiß stieg es immer wieder in ihm auf. Es wollte ihm nicht in den Sinn. Schließlich erhob sich McKenzie. Er ging zum Schrank und öffnete die Tür des Aufsatzes. Er nahm eine Kanne heraus und schaute hinein. Das Geld, das er in der Kanne aufbewahrt hatte, war fort. Es waren fast 1000 Dollar gewesen. Auch die beiden Schmuckstücke – es waren ein Ring und ein Armband aus Silber -, die Laura ihr eigen genannt hatte und die ihr Duncan zum 30. Geburtstag geschenkt hatte, waren fort. Laura hatte sie nur sonntags, wenn sie nach Green Valley zur Kirche gefahren waren, und zu besonderen Anlässen getragen.

»Linhardt«, murmelte McKenzie. »Dafür wirst du bezahlen, Jack. Ihr alle werdet dafür bezahlen. Ich werde erst ruhen, wenn der letzte von euch Schuften tot vor mir liegt.«

Es klang wie ein Schwur.

McKenzie begrub seine Frau und seine Kinder am folgenden Morgen. Hinter ihm lag eine schlaflose Nacht. Lange stand er an ihren Gräbern. Sein Blick war auf einen imaginären Punkt in der Ferne gerichtet. Neben seiner Trauer kannte er nur noch einen Gedanken: Rache! Die Mörder seiner Frau und seiner Kinder mussten gnadenlos zur Rechenschaft gezogen werden.

McKenzie machte sich auf den Weg nach Tucson. Er ritt über das Land Gilbert Winslows, seines Farmnachbarn. Er traf auf Winslow, als dieser gerade die Farm verlassen wollte, um auf einem seiner Felder oder einem Acker zu arbeiten. Winslow saß schon auf dem Fuhrwerk. Jetzt starrte er McKenzie entgegen. Seine Augen wurden schmal. Er wartete, bis McKenzie bei ihm das Pferd zügelte. »Reitest du nach Tucson? Seit wann trägst du einen Revolver?« Winslows Miene verdüsterte sich. »Was ist vorgefallen, McKenzie?«

»Ein paar Strolche haben meine Farm überfallen und Laura und die Kinder ermordet. Ich bin auf dem Weg nach Tucson, um mein Land wieder zu verkaufen. Und dann folge ich der Bande...«

»Großer Gott. Sie haben deine Frau und die Kinder...« Winslows Stimme erstarb. In seinen Mundwinkeln zuckte es. Er starrte McKenzie an, als hätte dieser etwas völlig Unsinniges von sich gegeben.

»Ja. Aber ich hole mir die Schufte. Ich habe es an den Gräbern geschworen.«

»Weißt du überhaupt, wer es getan hat?«

»Jack Linhardt und seine Bande.«

»Nie gehört, den Namen«, murmelte Winslow. »Was hat es mit diesem Linhardt auf sich?«

»Ich ritt früher mal mit ihm.« McKenzie schien durch Winslow hindurch zu blicken. Es war, als wäre er der Welt entrückt. Mit schmalen Lippen sagte McKenzie: »Mich hat die Vergangenheit angeholt. Es sollte nicht sein, dass ich Ruhe und Frieden finde. Es ist wie ein Fluch. Das Schicksal hat mich bestraft...«

Er ritt weiter.

»Wofür hat dich das Schicksal bestraft, McKenzie?«, rief Winslow hinter ihm her.

»Für die Verbrechen, die ich im Lauf meines Lebens begangen habe«, rief McKenzie, ohne sich umzuwenden.

Winslow schaute verständnislos drein. Dann verzog er den Mund, nahm die langen Zügel und ließ die Peitsche knallen. Das Tier im Geschirr zog an, der Wagen begann zu rollen.

Als Winslow sich einmal umwandte, war McKenzie um einen Knick des Flusses hinter dem Ufergebüsch verschwunden. Winslows Blick war nachdenklich geworden...

Als die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, kam McKenzie nach Tucson. Er ritt zum Agenten für die Landvergabe und erklärte diesem, dass er die Heimstatt, die er erworben hatte, zurückgeben wollte. Einen Grund nannte er nicht. Der Agent zahlte ihm, ohne Fragen zu stellen, das Geld wieder aus, das McKenzie für die 160 Acres bezahlt hatte. Es war nur ein geringer Betrag. Aber jetzt hatte McKenzie wenigstens einige Dollar in der Tasche. Er begab sich zum Sheriff's Office.

Sheriff Matt Donahan hörte sich an, was McKenzie zu sagen hatte. Dann sagte er: »Die fünf Kerle, von denen Sie sprechen, McKenzie, haben vor fünf Tagen die Bank überfallen und sind über alle Berge. Ich bin ihnen mit einem Aufgebot bis in die Roskruge Mountains gefolgt, dort aber haben wir ihre Spur verloren.«

»Sie sind also nach Westen geflohen«, murmelte McKenzie.

»So ist es. Mutet es Sie nicht ein wenig seltsam an, dass sie sich dann wieder nach Südosten gewandt haben sollen, nur um Ihre Frau und Ihre Kinder...«

Der Sheriff brach ab. Alles in ihm sträubte sich dagegen, das Wort ermorden zu gebrauchen. Er ahnte, wie es in McKenzie aussah.

»Es ist so«, sagte McKenzie mit Bestimmtheit.

»Ich werde die Fahndung nach den Banditen einleiten, McKenzie«, erklärte der Sheriff. »Innerhalb einer Woche weiß jeder Sheriff und Marshal in Arizona Bescheid. Die Schufte kommen nicht weit. Die Regierung wird eine hohe Belohnung aussetzen. Sie werden also nicht nur Gesetzesmänner auf ihrer Fährte kleben haben...«

»Ich werde die Kerle zur Rechenschaft ziehen«, stieß McKenzie hervor. »Es gibt keinen Ort auf der Welt, an dem ich sie nicht aufstöbern werde. Ich werde mir diese Bastarde holen. Einen nach dem anderen.«

»Hass führt in die Hölle, McKenzie.«

»Mag sein. Aber Linhardt und seine Banditen werden vor mir dort anlangen...

*

Duncan McKenzie ritt nach Westen. Das war die ursprüngliche Richtung, in die die Banditen geflohen waren. McKenzie nahm an, dass sie diese Richtung wieder gewählt hatten, nachdem sie seiner Farm den unseligen Besuch abstatteten.

McKenzie war voll Hass. Es war ein Hass, der keine Zugeständnisse, kein Entgegenkommen und keine Versöhnung kannte. Drei Tage, nachdem er Tucson verlassen hatte, kam er nach Silver Bell. Er ritt in den Mietstall und saß im Hof ab. Der Stallmann kam aus dem Tor. Er musterte McKenzie von oben bis unten, dann sagte er: »Sie scheinen schon ein paar Meilen hinter sich gebracht zu haben, Fremder. Reiten Sie einen rauchigen Trail? Jagt Sie das Gesetz?«

McKenzie reichte dem Burschen die Zügel. »Nein, mich jagt nicht das Gesetz. Ich bin hinter fünf Kerlen her. Zwei von ihnen sind Brüder und sehen sich sehr ähnlich. Es sind Banditen, die einige Morde auf dem Gewissen haben.«

»Aaah, dann sind Sie ein Sheriff. Allerdings vermisse ich den Stern an Ihrer Jacke. Sind Sie ein Gesetzesmann, oder jagen Sie die Kerle des Kopfgeldes wegen?«

»Sind fünf Männer vor einigen Tagen hier durch gekommen?«, fragte McKenzie, und es klang ungeduldig.

Der Stallmann legte den Kopf ein wenig schief. »Ja, sie waren da. Vor fünf Tagen. Einer von ihnen war verwundet. Er hatte eine Kugel in der Schulter. Er befindet sich noch im Ort. Sein Name ist Donegan. Er hat sich im Hotel einquartiert.«

»Wyatt Donegan«, murmelte McKenzie. Er zog mit einem Ruck die Henrygun aus dem Sattelholster. »Versorgen Sie mein Pferd. Ich weiß nicht, wie lange ich bleibe. Schätzungsweise reite ich noch heute weiter.«

»Macht einen halben Dollar«, beeilte sich der Stallmann zu sagen.

McKenzie griff in die Jackentasche, holte einige Münzen heraus und warf dem Stallmann einen halben Dollar zu. »Versorgen Sie ihn gut«, murmelte er, dann schritt er zum Hoftor.

»Wie viel ist dieser Donegan wert?«, rief ihm der Stallmann hinterher.

McKenzie gab ihm keine Antwort. Der Wert des Banditen interessierte ihn nicht. Er wollte ihn tot sehen. So tot wie Laura und Johnny und Eliza.

Es war um die Mitte des Nachmittags.

McKenzie ging hinter den Häusern entlang. Aus der Mündung einer Gasse in die Main Street beobachtete er fast eine Stunde lang das Hotel. Es war ein stöckiges Gebäude mit einer Außentreppe und einem großen Vorbaudach, das von kunstvoll geschnitzten Balken getragen wurde. Einmal kam ein Mann heraus, bei diesem aber handelte es sich nicht um Wyatt Donegan.

McKenzie schritt schräg über die Straße und betrat das Hotel. Die Rezeption war verwaist. Er schlug mit der flachen Hand auf die Glocke. Aus einer Tür unter der Treppe zum Obergeschoss trat ein Mann mittleren Alters. Er kam hinter die Rezeption. »Sie möchten ein Zimmer?«

»Zunächst eine Frage, Mister. Bei Ihnen ist ein Mann namens Donegan abgestiegen. Wo finde ich ihn?«

Der Bursche kratzte sich hinter dem Ohr. »Donegan«, murmelte er. »Jemand hat ihm die Schulter zerschossen. Unser Doc kümmerte sich um ihn. Ja, der wohnt bei mir.«

»Wo finde ich ihn?«, wiederholte McKenzie seine Frage.

»Was möchten Sie denn von ihm?« Der Owner schluckte. »Donegan hat seine Rechnung bei mir noch nicht bezahlt.«

»Sie bekommen Ihr Geld.«

»Wahrscheinlich finden Sie ihn im Saloon. Er hat jedenfalls gegen Mittag das Hotel verlassen.«

»Vielen Dank.« McKenzie schwang herum und verließ die Halle. Draußen empfing ihn warmer Sonnenschein. Es war Oktober, aber die Tage waren noch ziemlich heiß. Feine Kristalle glitzerten im Staub der Main Street.

Einige Kinder spielten auf der Straße. In den Schatten sah McKenzie einige Hunde schlafen. Die Stadt vermittelte Ruhe und Frieden.

McKenzie ging die Main Street entlang. Zwei Frauen, die sich auf dem Gehsteig bewegten, begegneten ihm. Sein Blick starr nach vorn gerichtet. Die beiden Frauen musterten ihn scheu. Der Anblick, den er bot, war nicht gerade Vertrauen erweckend. Sein Gesicht war hohlwangig geworden. Tagealte Bartstoppeln bedeckten Kinn und Wangen. Er war verstaubt und verschwitzt. Er sah aus wie ein Satteltramp...

McKenzie erreichte den Saloon. Er betrat ihn nicht durch die Vordertür, sondern begab sich in den Hof und benutzte die Hintertür. Er gelangte in einen kleinen Flur, der bei einer Tür endete, die in den Schankraum führte.

Er trat ein. Das Gewehr hielt er in der Linken. Die Rechte hing neben dem Knauf des Remington. Sein Handgelenkt streifte ihn bei jedem seiner Schritte.

Im Schankraum war es düster. Insgesamt sechs Männer zählte McKenzie. Zwei standen an der Theke. An den Frontfenstern summten Fliegen. Der Geruch von Tabakrauch und verschüttetem Bier stieg McKenzie in die Nase.

McKenzie ging zum Tresen. Leise klirrten seine Sporen. Sein Blick hatte sich an Wyatt Donegan verkrallt, der an einem der runden Tische saß und ein Bier trank. Donegan starrte McKenzie an wie eine Erscheinung. Er schluckte hart. Sein Kehlkopf rutschte hinauf und hinunter. Langsam erhob er sich.

»Du?«

»Sehr richtig, Wyatt. Dass ich dich so schnell schnappe – damit hast du nicht gerechnet. Du hast dich hier ziemlich sicher gefühlt. Dein Fehler, Wyatt.«

»Was willst du? Warum bist du hinter mir her?«

McKenzies Gesicht veränderte sich auf erschreckende Weise. Etwas Böses schien ihn plötzlich zu umgeben. Es war eine Physiognomie des Hasses und der tödlichen Leidenschaft. »Das fragst du?«, peitschte McKenzies Organ. »Eine tote Frau und zwei tote Kinder lassen grüßen, Wyatt. Und jetzt zieh deinen Revolver.«

»Hör mir zu, McKenzie«, stieß Donegan hastig hervor und hob beide Hände. Er zeigte McKenzie die Handflächen. »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst. Drück dich deutlicher aus. Ich...«

McKenzie zog den Remington. Das Eisen schwang in die Waagerechte, McKenzie spannte den Hahn.

Auch Donegan griff nach dem Eisen. Es war ein Reflex, als McKenzie nach der Waffe griff. Der Selbsterhaltungstrieb... Auch Donegan brachte das Eisen in den Anschlag. Doch dann donnerte es ihm entgegen. Er spürte die Wucht des Treffers und taumelte zwei Schritte zurück.

»Das – das – ist - verrückt«, murmelte der Bandit mit ersterbender Stimme. Er versuchte noch einmal die Hand mit dem Revolver zu heben.

Bei McKenzie krachte es erneut. Donegan bekam die Kugel zwischen die Augen. Er brach zusammen wie vom Blitz getroffen. Als er aufschlug, war er tot.

Pulverdampf hüllte McKenzie ein. Aus der Mündung seines Revolvers kräuselte ein feiner Rauchfaden. Im Saloon war es still wie auf einem Boot Hill nach dem Jüngsten Tag. McKenzies Stimme durchbrach diese lastende Stille: »Nummer eins«, sagte er ohne jede Gemütsregung. Dann stieß er den Remington ins Holster und wandte sich dem Keeper zu. »Geben Sie mir einen Whisky.«

Von den Männern im Saloon fiel die Erstarrung. Einer stemmte sich am Tisch hoch. »Warum haben Sie den Mann erschossen? Wussten Sie nicht, dass er verwundet war? O verdammt, Fremder, er hatte keine reelle Chance.«

»Er und seine Komplizen haben meine Frau und meine beiden Kinder ermordet. Es spielt keine Rolle, ob er eine reelle Chance hatte. Er ist ein niederträchtiger Mörder und Bankräuber. Unabhängig davon hatte er seine Chance. Ich schoss erst, als er den Revolver im Anschlag hatte.«

»Das ist richtig«, mischte sich der Keeper ein. »Großer Gott. Was für ein Schuft. Er hat den Tod verdient.«

»Vorausgesetzt, seine Geschichte stimmt«, sagte wieder der Mann, der eben schon gesprochen hatte. Er schlug die Jacke auseinander. An seiner Weste befand sich ein Sechszack. »Ich bin Deputy Sheriff Will Hanson. Ich werde die Sache untersuchen müssen, Mister. Sagen Sie mir Ihren Namen.«

»Duncan McKenzie. Ich hatte eine Farm am Santa Cruz River...«

»Ich werde Sie festnehmen, bis alles geklärt ist, McKenzie. Ich bin der Meinung, Donegan hatte keine richtige Chance. Er war verwundet und Sie haben zuerst den Revolver gezogen. Ich verhafte Sie...«

McKenzie richtete den Colt auf den Deputy Sheriff. »Ich habe keine Zeit, langwierige Ermittlungen abzuwarten, Deputy. Donegan hatte seine Chance. Jeder hier kann es bestätigen. Vier Banditen aber laufen noch frei herum. Sie haben in Tucson die Bank ausgeraubt. Nehmen Sie mit Sheriff Matt Donahan in Tucson Verbindung auf. Ich denke, er ist Ihr Vorgesetzter. Er wird Ihnen die Wahrheit über die Bande sagen.«