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Muss Liebe wirklich so kompliziert sein? Romy und ihre drei besten Freundinnen haben als Jugendliche einen Pakt geschlossen. Sie werden sich niemals von Männern abhängig machen und deshalb alle fünf Jahre ihre jeweilige Beziehung beenden. Auch dieses Jahr steht das große Schlussmachen wieder an, doch plötzlich ist alles anders: Denn was ist, wenn sie sich überhaupt nicht trennen wollen? Wenn eine von ihnen schwanger ist oder verlobt? Gilt der Pakt dann immer noch? Im Laufe eines Wochenendes müssen die Freundinnen ihre Erwartungen an Liebe und Partnerschaft ganz neu ergründen und lernen, ihren Gefühlen zu vertrauen. »Die zweitbeste Trennung meines Lebens.« Nena Tramountani In diesem Freundinnenroman spielt die Autorin Lea Melcher gekonnt mit den Klischees rund ums Thema Beziehung und wirft einen scharfsinnigen Blick auf Liebe, Beziehungen und Abhängigkeiten. Lea Melcher ist eine Mainzer Illustratorin und Autorin. Sie studierte Literaturwissenschaft, Film und Fernsehjournalismus sowie Mediendramaturgie. Auf Instagram teilt sie unter @leamelcher Einblicke in ihr Leben, ihre Gedanken und Gefühle.
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ISBN 978-3-492-06298-5
© Piper Verlag GmbH, München 2022
Redaktion: Monika Kempf
Illustrationen: Lea Melcher
Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)
Covergestaltung: FAVORITBUERO, München
Coverabbildung: Bilder unter Lizenzierung von Shutterstock.com genutzt
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Cover & Impressum
Inhaltshinweis
Widmung
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Triggerwarnung
Anmerkungen
Inhaltsübersicht
Cover
Textanfang
Impressum
Liebe Leser*innen,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deswegen findet ihr am Buchende eine Triggerwarnung[1]. Diese enthält Spoiler für die gesamte Geschichte.
Wir wünschen euch allen das bestmögliche Leseerlebnis.
Eure Lea und der Piper Verlag
Für meine Freundinnen
Immer wenn ich jemanden Neues kennenlerne, überlege ich, wie ich mit ihm Schluss machen könnte. Schließlich ist es wichtig, über die verschiedenen Beziehungen in meinem Leben einen Überblick zu behalten und sie nicht wie zu lang im Kühlschrank stehende Milch versauern zu lassen. Beim Schlussmachen kommt es auf verschiedene Aspekte an: das perfekte Timing, ein gewisses Fingerspitzengefühl, das Vermeiden von Floskeln – aber vor allem darauf, dass man es richtig durchzieht. Ein halbes Schlussmachen, ein Zurückrudern, ein Türchen-Offenlassen ist schlimmer, als überhaupt nicht Schluss zu machen. Das habe ich am eigenen Leib erfahren, denn ich war ja nicht immer dermaßen gut im Schlussmachen. Außerdem betrifft das ja nicht nur romantische Beziehungen, sondern zum Beispiel auch eine Freundin, die sich nur meldet, wenn sie mir das Ohr abkauen will, oder meine Yogalehrerin, die immer mehr verschwörungstheoretische Floskeln in ihre Routinen einfließen lässt. Für jeden Menschen gibt es das perfekte Schlussmachen, aber eigentlich geht es vor allem darum, dass man mit sich selbst im Reinen ist und der anderen Person gar nicht genug Raum lässt, um etwas zu erwidern. Ich vertrete außerdem die Ansicht, dass es nicht unbedingt nötig ist, persönlich Schluss zu machen, man muss der anderen Person nur genug stichhaltige Gründe nennen, um nicht allzu lange damit zu hadern. Ich liebe dich nicht mehr oder Ich möchte mein Geld zurück sind sehr viel stärkere Ansagen als Es funktioniert einfach nicht oder eine lang ausgedehnte Diskussion über die Glaubwürdigkeit von Presse und Politik und wie man sich da einig sein müsse. Es gibt nur einen einzigen Menschen in meinem Leben, bei dem ich keinen blassen Schimmer habe, wie ich mit ihm Schluss machen würde.
Adrian blinzelt gegen die untergehende Sonne und grinst zu mir herüber. »Was denkst du?«, fragt er mit seiner warmen Stimme. Das Lenkrad gleitet durch seine Hände, als wir um eine Kurve biegen und zum ersten Mal das Meer sehen. Die scharfkantigen Felsen, die von der Straße aus bis zum Wasser hinabfallen, leuchten rötlich orange in der Abendsonne. Der Wind pustet meine roten Locken durch das geöffnete Beifahrerfenster nach draußen. Ich versuche gar nicht erst, sie zu zähmen, sondern lasse sie um meinen Kopf wirbeln und den Stress meines Alltags hinaus in die Dämmerung blasen.
»Was denkst du?«, wiederholt Adrian noch einmal, und ich fürchte, dass er seinen Blick nicht wieder auf die Straße richten wird, bis ich ihm antworte.
Ich lege den Kopf schräg und mustere ihn; von den dunklen Locken über die buschigen Augenbrauen und die sonnengebräunten Unterarme, als hätte er den ganzen Sommer draußen verbracht und nicht in der Küche seines Restaurants.
»Ich denke darüber nach, wie ich mit dir Schluss machen würde«, sage ich wahrheitsgemäß und beobachte jede seiner Regungen. Aber Adrian lässt sich keine Irritation anmerken, die Haut um seine Augen wirft Falten, er legt den Kopf zurück und gluckst.
»Und wie würdest du mit mir Schluss machen?«
Ich knabbere an der Haut um meinen Daumennagel und ziehe die Beine auf den Sitz. »Ich weiß nicht, das ist es ja, was mich so beschäftigt.«
Wieder gluckst Adrian, diesmal wächst dieser Laut aber zu einem richtigen Lachen heran. Auch dieses Geräusch wirbelt der Wind durch den Innenraum des Autos, bis es mich komplett umhüllt und ich nicht anders kann, als mit ihm zu lachen.
»Wie weit ist es noch?«, frage ich.
»Nicht mehr weit.«
»Wenn du mir sagen würdest, wo wir hinfahren, würde ich nicht ständig fragen.«
Wieder blinzelt Adrian mich an, bis ich den Sonnenschutz vor seiner Stirn herunterklappe. »Keine Chance, Romy. Das hier ist immer noch eine Überraschung.«
»Ich hasse Überraschungen«, brumme ich, kann mir aber ein kleines Grinsen nicht verkneifen. »Aber du hast schon recht, es gibt schlimmere Überraschungen, als mit dir nach der Arbeit an die Côte d’Azur zu fahren.«
Adrian beugt sich zu mir herüber und gibt mir einen Kuss. »Na, siehst du.«
»Auch wenn ich es verrückt finde, für ein Wochenende so eine ewig lange Fahrt auf sich zu nehmen.«
»Ich dachte, du magst verrückte Dinge?«
Ich knabbere weiter an meinem Daumen. »Ja, aber du nicht.«
Ich warte gespannt auf seine Reaktion, aber Adrian sieht nicht wieder zu mir herüber. Ich rutsche auf meinem Sitz herum und lehne den Kopf gegen den Rahmen des geöffneten Fensters. Die Sonne bewegt sich mit uns, kriecht immer weiter an den Horizont heran und zieht alles in unserer Umgebung lang wie Kaugummi. Ich habe das Gefühl, dass diese lang gestreckten Schatten, diese verzerrten Momente, eine Art Übergang in eine andere Welt darstellen, ich bin mir nur nicht sicher, in was für eine.
Straßenschilder rasen an uns vorüber. Fünfzig Kilometer bis Cannes, dreißig Kilometer bis Saint-Tropez. In der Ferne schiebt sich ein weißer Leuchtturm zwischen den Felsen hervor. Er sieht aus wie eine Rakete, die drauf und dran ist, ins All zu starten. Ich blinzele, und auf einmal liegt alles in unserem Auto im Schatten, und Adrian biegt von der Küstenstraße ab. Kurz höre ich Kies und Sand zwischen den Rädern. Die Nachtluft ist hier auf einmal kühl, surrend lässt Adrian alle Fenster wieder hinauf, als wollte er die letzten Sonnenstrahlen noch ein bisschen im Wageninneren festhalten. Ich lege meine Hand auf seine, die den Steuerknüppel umfasst hält. Von ihm geht eine Wärme aus, die mich immer beruhigt. Zedernbäume ragen weit in die Fahrbahn hinein und streifen unser Fenster. Ich fühle mich an eine Waschstraße erinnert und denke daran, wie ich früher zusammen mit meinem Bruder auf der Rückbank kauerte, hin- und hergerissen zwischen Angst und Begeisterung. Ich zwinge mich, nicht noch einmal nachzufragen. Bist du sicher, dass wir hier richtig sind? Wo bringst du mich hin? Was ist das für ein seltsamer Wochenendtrip? Ich muss mich daran erinnern, dass ich Adrian vertraue, meinem Adrian. Schließlich vertraut er mir auch, das weiß ich ganz sicher. Also ist es vielleicht an der Zeit, ein bisschen Vertrauen an ihn zurückzugeben.
Ich atme zischend ein, als Adrian scharf abbiegt und durch eine holprige Senke fährt. Für einen Moment schieben sich die Zweige und Büsche und Bäume vor den Mond, und es ist komplett dunkel im Auto, nur die Lichter der Armaturen leuchten rötlich auf. Gebannt verfolge ich die Zweige, wie sie erst gegen die Frontscheibe und dann an mir vorbeistreifen, und verspüre auf einmal das Verlangen, einfach die Scheibe runterzulassen und mein Gesicht nach draußen zu strecken. Das hatte ich mir als Kind in der Waschstraße auch immer gewünscht – und es einmal sogar getan. Das war das letzte Mal, dass mein Vater mich mit in die Waschstraße genommen hatte.
Der Motor seufzt, als Adrian den Wagen wieder aus der Senke lenkt, einen kleinen Hügel hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter. Ich frage mich, ob wir jetzt direkt auf das Meer zufahren, da entdecke ich die schmale blaue Linie weit unter mir, höre das Rauschen der Wellen in den Ohren. Ich kann meine Augen nicht von diesem Anblick lösen, wenn ich sie zukneife, dann sieht es aus, als würden Himmel und Wasser einfach ineinander übergehen, als wäre ich in einer Blase gefangen, die uns komplett umhüllt. Ich bekomme kaum mit, dass der Wagen langsamer wird und schließlich zum Stehen kommt, das Anziehen der Handbremse dringt nur gedämpft zu mir durch.
Adrian berührt sanft meine Schulter. »Schatz, wir sind da.«
Erst das Bellen eines Hundes reißt mich aus meiner Trance. Unser Auto steht vor einem alten französischen Steinhaus mit weißen Sprossenfenstern und blauen Fensterläden, von denen der Lack schon ein bisschen abblättert. Weinreben wachsen an dem Gebäude empor. An einer Seite des Hauses trennt nur eine unregelmäßige Mauer das Grundstück von den Klippen, jedenfalls sieht es von hier so aus. Auf der anderen Seite wachsen knorrige Bäume, die wirken, als hätten sie sich zu oft nach den Bewohnern des Hauses umgedreht und sich dadurch selbst verknotet.
Der Hund schießt hinter dem Haus hervor und springt an meiner Autotür empor. »Kasper? Was machst du denn hier?«, flüstere ich und öffne die Tür. Sofort drückt das Tier seine feuchte Schnauze zwischen meine Knie. Ich kraule seine Ohren, die sich an den Spitzen grau gefärbt haben, ganz anders, als ich sie in Erinnerung habe. Jetzt bemerke ich erst, dass ein zweites Auto in der Einfahrt steht. Im Halbdunkel kann ich gerade noch das Münchner Kennzeichen ausmachen.
»Adrian, was …?«
In diesem Moment öffnet sich die Eingangstür des Hauses, und Olga steht im Türrahmen. Ihre langen dunklen Haare hat sie über eine Schulter geworfen, sie trägt eine Schürze über dem Sommerkleid, ihre Füße sind nackt und ihre Ärmel bis weit über den Ellenbogen hochgekrempelt.
»Überraschung!«, flüstert Adrian, gibt mir einen viel zu lauten Kuss aufs Ohr und steigt aus dem Auto aus.
Kasper jault vor Glück und kann gar nicht genug von meinen Streicheleinheiten bekommen. »Ist ja gut«, murmele ich, »ist ja gut, mein Großer.« Aber eigentlich bin ich froh, dass der Hund mich in Beschlag genommen hat. Übelkeit steigt in meiner Speiseröhre empor, ich schlucke mehrfach, um das flaue Gefühl wieder runterzudrücken, was meinem Magen gar nicht gefällt. Er gibt ein lautes Knurren von sich.
Leichtfüßig springt Olga die wenigen Stufen vor dem Haus herunter und umarmt Adrian fest, schwenkt ihn von der einen Seite zur anderen, eine geradezu vertraute Geste. »Schön, dich endlich kennenzulernen«, sagt Adrian.
»Ach, mich freut es auch, mich freut es auch.«
Adrian tritt zurück und sieht sich nach mir um.
»Kasper!«, ruft Olga, und der Hund gehorcht aufs Wort, rast an ihr vorbei zurück ins Haus.
»Alles in Ordnung, Romy?«, fragt Adrian, aber ich winke ab. »Alles gut, mir ist nur ein bisschen übel von der Fahrt.« Ich klettere aus dem Wagen und schließe die Beifahrertür.
Für einen Moment steht Olga einfach vor mir, die Arme hängen an ihren Seiten herab, ihr langes dunkles Haar weht im Abendwind. Dann öffnet sie ihre Arme und zieht mich in eine eiserne Umarmung. »Freue mich, dass du kommen konntest«, flüstert mir Olga ins Ohr. Auf meinem ganzen Körper breitet sich eine Gänsehaut aus. Ich zwinge mich zu einem Lächeln, das meine Überrumpelung verdrängen soll.
»Deine Haare sind länger geworden«, bringe ich hervor, als wäre das die einzige Veränderung, die sich bei meiner besten Freundin abgespielt hat. Zumindest war sie meine beste Freundin, als wir uns das letzte Mal gesehen haben. Doch die Erinnerung daran fühlt sich an wie aus einem anderen Leben.
Olga mustert mich mit scharfen Augen. »Du siehst noch genauso aus wie vor fünf Jahren«, sagt sie, und ich weiß nicht, ob ihre Worte eine Beleidigung sein sollen oder nicht.
»Wow, das ist ja eine einzigartige Lage hier!«, ruft Adrian uns zu. Er steht mit beiden Händen in die Hüfte gestemmt im hohen Gras, das sich an die Mauer vor der Steilküste schmiegt. »Ja, oder? Was für ein Glück, dass wir dieses Schätzchen noch bekommen haben.«
»Wann seid ihr angekommen?«, fragt Adrian.
»Gestern schon«, antwortet Olga und tritt neben ihn. »Wir konnten es einfach nicht länger erwarten.« Ich bin mir sicher, dass diese Worte an mich gerichtet sind, aber ich tue so, als wäre ich damit beschäftigt, meine Reisetasche aus dem Kofferraum zu hieven. Trotzdem entgeht mir nicht, wie Olga Adrian die Schulter tätschelt. »Das Essen ist gleich fertig, aber vielleicht magst du noch einen Blick darauf werfen? Ich könnte deinen Rat gebrauchen.«
Adrian lacht. »Wenn du meinst.«
»Aber zuallererst gibt’s ’ne kleine Führung.«
Die beiden sind drauf und dran, das Ferienhaus zu betreten, da strecke ich meine Hand nach Adrian aus. »Adrian? Hilfst du mir erst mal kurz mit dem Gepäck?«
»Klar.« Er springt die Stufen vor dem Haus wieder runter und tritt zu mir hinter die Heckklappe. Olga bleibt für einen Moment unschlüssig im Hauseingang stehen und beobachtet uns, dann verschwindet sie im Halbdunkel des Flurs. Adrian legt mir einen Arm um die Hüfte und zieht mich zu sich heran, aber ich winde mich aus seinem Griff. »Was zur Hölle soll das, Adrian?«, zische ich.
Seine Augen werden groß, das Weiß um die dunklen Iriden leuchtet zu mir herüber. »Was meinst du?«, fragt er, offensichtlich völlig aus dem Konzept gebracht. »Ich dachte, du freust dich darüber! Du hast deine Freundinnen so lange nicht gesehen, und endlich lerne ich sie auch mal kennen.«
Ich öffne den Mund, klappe ihn wieder zu und öffne ihn ein weiteres Mal. »Ich dachte, das hier wird ein Heiratsantrag oder so was.«
Adrian legt die Stirn in Falten. »Aber du willst doch gar nicht heiraten.«
»Ich weiß, aber du schon. Ich dachte halt, dass du, ach, ich weiß auch nicht.«
»Freust du dich denn gar nicht?« Die Enttäuschung in seiner Stimme ist deutlich zu hören.
Ich lege ihm eine Hand auf die Wange. »Doch, doch«, sage ich schnell. »Natürlich freu ich mich.«
Adrian hebt das Kinn. »Aber?«
»Nichts aber. Das ist schwer zu erklären, eine lange Geschichte.«
»Du steckst voller Überraschungen, Romy Schuster«, sagt er und pfeift durch die Zähne. »Diese Reaktion hatte ich wirklich nicht erwartet.«
Ich verziehe das Gesicht. »Tut mir leid, du hast nichts falsch gemacht. Es ist nur … vielleicht mag ich deswegen keine Überraschungen, weil ich schon genug mit mir selbst zu tun habe.«
Adrians Mundwinkel zucken. »Du bist gar nicht so anstrengend, wie du denkst.«
»Wenn du das wirklich denkst, dann … lass uns wieder fahren.«
Adrian hebt die Augenbrauen. »Wie bitte? Wir sind doch gerade erst angekommen.«
Ich presse die Zähne zusammen. »Ich weiß, ich weiß. Lass uns eine Ferienwohnung oder ein Hotel in der Nähe nehmen, ich zahle auch alles, versprochen.«
»Ist es wirklich so schlimm, ein Wochenende mit deinen alten Freundinnen zu verbringen?«
Ich weiß nicht genau, was ich antworten soll. Ich will ihm nicht zu viel Grund zum Nachfragen geben, er soll nicht merken, dass es da etwas gibt, das ich ihm auf keinen Fall erzählen will. Aber dafür ist es vermutlich schon zu spät.
»Nein, Quatsch. Ich meine nur … ich habe mich so auf ein Wochenende zu zweit gefreut, nur wir beide, verstehst du?«
Adrian zieht mich noch einmal zu sich heran, und diesmal lasse ich es geschehen. »Das wird bestimmt trotzdem ein schönes Wochenende, Romy. Deine Schulfreundinnen sind so ein großer Teil deines Lebens, den ich nicht von dir kenne. Dieses Wochenende wird uns nur noch mehr zusammenschweißen.« Ich kaue auf meiner Unterlippe herum und überlege fieberhaft, was ich noch einwenden könnte. »Außerdem hat uns Olga sogar eingeladen, wir müssen nicht einmal was für das Ferienhaus zahlen.«
»Ach, hat sie das?«, würge ich hervor, an dem dicken Kloß vorbei, der meinen Hals versperrt.
»Was soll denn passieren, Romy?«
Ich seufze. »Ich weiß nicht, ich habe die doch selbst alle so lange nicht gesehen.«
Adrian streicht mir über den Kopf. Das ist sein Ich weiß doch, was gut für dich ist-Streicheln – eigentlich kann ich immer darauf vertrauen, dass er damit recht hat. »Lass uns erst mal ankommen und zu Abend essen – und wenn es gar nicht mehr geht, sagst du Bescheid und wir fahren wieder, okay?«
»Ist es dann nicht schon zu spät?«, frage ich leise zurück.
Aber er schüttelt den Kopf. »Vertrau mir, Romy. Das wird ein tolles Wochenende!« Und ich will ihm glauben, ich will ihm wirklich glauben. Also hebe ich meine Reisetasche aus dem Kofferraum und folge ihm zum Haus. Er hat ja keine Ahnung, was er sich damit angetan hat.
***
Das Haus besteht aus zwei Stockwerken. Adrian steigt mir voran die schmale steile Treppe nach oben. Im Hinaufgehen erhasche ich einen kurzen Blick an der Garderobe vorbei und einen mit Terrakotta gefliesten Flur entlang in einen großen Raum. Ein verführerischer Duft nach Zwiebeln und gebackenem Gemüse schwebt mir daraus entgegen. Die weiß gestrichenen Stufen quietschen unter meinen Schuhen. Die Treppe ist so steil, dass ein falscher Schritt mich ganz bestimmt umbringen würde. Überall an den Wänden hängen Kunstwerke in unterschiedlichsten Größen. Aquarelle, Kohlestudien, auch kleinere Ölbilder entdecke ich darunter. Sie alle zeigen Menschen, manche von ihnen vor dem Ferienhaus selbst, andere sitzen auf ebenjenen Treppenstufen, die wir soeben emporgestiegen sind. Die untere rechte Ecke eines jeden Bildes ziert dieselbe Signatur, die ich aber beim besten Willen nicht entziffern kann. Ich suche die Augenpaare auf den Bildern, von Kindern, von Frauen, Männern jeden Alters, als könnten sie mir verraten, was in diesem Haus schon alles vorgefallen ist und ob das, was dieses Wochenende passieren wird, für dieses Haus ein Novum sein wird oder ganz normal. Vielleicht buchen ja auch andere Menschen ein Haus an der Côte d’Azur, um ihr Leben eigenhändig in Stücke zu hauen.
»Soll ich dir die Tasche abnehmen?«, fragt Adrian, der bereits den Treppenabsatz erreicht hat, aber ich schüttele den Kopf. Auf einmal versperrt wieder dieser dicke Kloß meinen Hals, und ich senke den Kopf, um die letzten Stufen zu erklimmen.
»Olga meinte, unser Zimmer ist das hinten links. Das davor ist Lydias.« Adrian deutet auf die einzige Tür am Ende des Ganges, die offen steht. »Ihr habt wohl wirklich alles besprochen«, murmele ich und quetsche mich an ihm vorbei. Die Tür zu Lydias Zimmer ist verschlossen, ich weiß nicht, ob sie auch schon angekommen ist. Unser Zimmer riecht ein bisschen muffig und nach Lavendel. Ein großes Bett mit geblümter Tagesdecke nimmt den Großteil des Raumes ein. Gegenüber der Tür steht ein wuchtiger, dunkler Eichenholzschrank, daneben ein Stuhl, der so wackelig aussieht, als sollte man sich besser nicht daraufsetzen. Zwei Schemel stehen zu beiden Seiten des Bettes als Nachttischchen, darauf zwei Lampen mit orange getünchten Glasschirmen, direkt aus den Siebzigern in die neuen Zwanziger katapultiert. Ich öffne das bodentiefe Fenster am Fußende des Bettes und strecke den Kopf hinaus auf einen langen, schmalen Balkon, der das Zimmer mit dem auf der gegenüberliegenden Seite des Flurs verbindet. Dann blicke ich mich im Raum um. Auch hier hängen Zeichnungen von Menschen an der Wand, die mit ihren winzigen Kohleaugen jedem meiner Schritte folgen. Zum Glück ist das Zimmer so klein, dass ich nicht viele gehen kann. Ich stelle meine Tasche vor dem Bett ab und trete hinaus auf den Balkon. Sofort umweht mich eine salzige Brise, auch wenn ich das Meer von hier aus nicht sehen kann. Stattdessen blicke ich in den Garten, der von einer niedrigen unregelmäßigen Mauer umsäumt wird. Unter einem der knorrigen Apfelbäume steht ein Gartentisch mit einer weißen Tischdecke. Gläser und Teller leuchten im Licht der Lampions, die Olga in den Baum gehängt hat. Eine Gestalt steht weiter hinten im Garten neben einem Grill, der gewaltig qualmt und alles bis auf die schemenhaften Umrisse der Person verschleiert. »Wo sind die anderen?«, frage ich und drehe mich zu Adrian um. Der lässt sich mit einem Seufzen aufs Bett fallen. Ich erinnere mich daran, dass auch er eine anstrengende Woche hinter sich hat. Adrian streckt die Arme nach mir aus, und ich werfe mich zu ihm aufs Bett. Es ist unglaublich weich, als könnte man komplett darin versinken, und die Drahtfedern quietschen bei jeder Bewegung. Ich schmiege mich in Adrians feste Umarmung und spüre seinen Herzschlag ganz nah an meinem Ohr. Ich höre, wie er Luft holt, und komme ihm zuvor. »Das wird sicher ein schönes Wochenende«, sage ich leise.
»Glaubst du, ja?«
Ich presse die Augen zusammen. »Ja, ganz bestimmt. Es ist lieb, dass du mir eine solche Überraschung gemacht hast.«
Adrian atmet erleichtert auf. »Ich dachte schon, ich dachte …«
In diesem Moment hören wir Olga durch die Bodendielen unter uns fluchen. »Ich sollte nachsehen, ob ich ihr helfen kann«, seufzt Adrian. Ich höre an seiner Stimme, dass er am liebsten für immer mit mir im Bett liegen geblieben wäre. Er gibt mir einen Kuss und steht ächzend auf. »Ich bin zu alt für so was.«
»Das hättest du dir mal früher überlegen sollen.«
Adrian grinst und verschwindet durch die Zimmertür, kurz darauf höre ich ihn die Stufen der alten Holztreppe nach unten springen, so leichtfüßig, als könnte man sich darauf nicht mit einem kleinen Fehltritt das Genick brechen. Für einen Moment bleibe ich noch auf dem Bett liegen, fahre mit den Augen die Rillen und Risse in der verputzten Zimmerdecke nach. Dann stehe ich abrupt auf, öffne die Reisetasche und ziehe ein ziemlich zerknittertes geblümtes Sommerkleid daraus hervor. Ich hatte eigentlich nicht vorgehabt, meine Jogginghosen heute noch einmal auszuziehen, oder zumindest nicht von eigener Hand. Aber diese unvorhergesehene Situation löst in mir den Drang aus, mir einen Schutzpanzer anzuziehen. Und wie geht das besser als mit einem sehr französischen figurbetonten Sommerkleid und frisch gewaschenen rostbraunen Locken, ein Ausdruck der Gelassenheit. An der Tür zum Badezimmer hängt ein Schild mit einer gezeichneten Löwenfußwanne, aber es gibt stattdessen nur eine klassische Duschkabine in der Ecke. Ich schiebe die Glastüren auf und finde auf der Ablage bereits mehrere Flaschen Duschgel. Ein Shampoo für blondes und eines für dunkles Haar. Und dann eine schwarze Flasche, die mit »männlich-herbem Duft« wirbt. Ich stelle stirnrunzelnd das Wasser an. Drei verschiedene Shampoos lassen auf drei verschiedene Menschen schließen, die bereits hier sind. Wahrscheinlich stammt das blonde Shampoo von Olgas Freundin – aber was hat es dann mit dem Männer-Duschgel auf sich? Vielleicht sollte ich nicht so eingeschränkt denken, das Duschgel könnte sowohl Olga als auch ihrer Freundin gehören. Oder aber Olga hat Jasmin gar nicht mitgebracht, und Lydia ist ebenfalls schon angekommen, mit Partner oder ohne. Warum sind die beiden dann aber nicht aufgetaucht, als Adrian und ich angekommen sind? Schließlich waren auch Lydia und ich einmal enge Freundinnen. Ich muss an die Gestalt denken, die ich vom Balkon aus gesehen habe. In diesem Moment dringt von unten ein helles Gekicher durch das leise Geprassel der Dusche, gefolgt von Adrians kehligem Lachen. Abrupt stelle ich das Wasser ab und bemerke, dass ich mein Handtuch auf dem Zimmer vergessen habe. Ich greife mir das nächstbeste und klettere hastig aus der Dusche. Bin ich wahnsinnig? Ich kann die beiden doch nicht einfach so allein lassen! Was hat Olga Adrian alles schon erzählt, während ich nicht dabei war? Ist das hier ein ausgeklügelter Plan von Olga, um sich für ihre verletzten Gefühle zu rächen? Ich trockne mich notdürftig ab und schlüpfe in das Sommerkleid, dann trage ich ein bisschen Concealer und Rouge aus den Make-up-Täschchen auf, das ich unter dem Waschbecken finde.
Als ich aus dem Halbdunkel des Flurs im Erdgeschoss in die offene Küche trete, stehen Adrian und Olga am Herd und unterhalten sich. Adrian trägt mittlerweile eine Schürze und rührt in einem Topf über der Gasflamme. Olga hat sich an die Kochzeile gelehnt und hört Adrian dabei zu, wie er über die Vorzüge von Thymian spricht. Die Tür zur Terrasse steht offen und saugt die hellblauen Vorhänge nach draußen, in Richtung des gedeckten Gartentischs und der Lampions, die sich mit den Zweigen im Wind wiegen.
Auf der anderen Seite der Küche steht ein langer Tisch, und dahinter breitet sich im Wohnbereich eine Sofalandschaft aus, die aus unterschiedlichsten Möbelstücken zusammengewürfelt ist. Eine abgewetzte Samtcouch und daneben ein geblümter Zweisitzer, ein Ohrensessel und ein Designerstuhl mit durchhängendem Leder, wie Olga ihn bestimmt auch im Wartebereich ihrer Kanzlei in München stehen hat.
»Riecht gut«, sage ich und trete an die Küchenzeile heran. Olga verzieht das Gesicht. »Jetzt schon. Nachdem Adrian mein Backofengemüse in eine Art Eintopf umgewandelt hat.«
Ich sehe, wie Adrian am Haaransatz errötet. »Ich wollte nicht – ich hoffe, ich bin dir nicht zu nahe getreten.« Aber Olga unterbricht ihn mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Ich mach nur Späße.«
Für einen Moment breitet sich Stille aus. Ich suche Adrians Blick, versuche, an ihm abzulesen, ob Olga ihm irgendwas verraten hat, aber er wirkt völlig in den Topf und die darin schwimmenden Gemüsestücke vertieft.
»Ich hab gar nichts Besonderes zum Trinken mitgebracht«, sage ich.
»Keine Sorge, ich hab vorgesorgt.« Olga öffnet den Kühlschrank, der unserer Konversation bis dahin mit einem leisen Surren beigewohnt hatte. Die gesamte Kühlschranktür ist voller verkorkter Flaschen mit verschiedenfarbigen Flüssigkeiten darin.
»Was haben wir denn da?«, frage ich und lasse meinen Blick über die Flaschen gleiten. Die meisten davon haben ein französisches Etikett.
»Ich war heute Morgen extra noch in der Markthalle von Saint-Tropez«, sagt Olga, der Stolz in ihrer Stimme ist nicht zu überhören.
»Du musst ein Vermögen gezahlt haben«, flüstere ich und spüre einen kleinen Stich in der Brust. Früher war ich es immer gewesen, die die exquisiten Getränke direkt von der Arbeit mitgebracht hatte. Teure Weine von der Konkurrenz, die meine Chefin zu Spionagezwecken besorgt hatte, oder Getränkemixturen, die noch gar nicht erhältlich waren. An manchen Sommerabenden haben wir uns durch so viele Sorten Glühwein für das nächste Wintersortiment probiert, bis wir alle nach Zimt und Bratapfel stanken.
»Ehrlich gesagt hat Chris das alles besorgt.«
Ich hebe die Augenbrauen. »Chris? Wer ist Chris? Und was ist mit Jasmin?«
Olga antwortet nicht auf diese Fragen. »Keine Sorge, wir haben dir den Wein fürs Wochenende überlassen und nur etwas für heute Abend gekauft. Ich wusste ja, dass du kommen würdest.« Bei den letzten Wörtern lächelt sie mich an. Ich ziehe neugierig einen dunkelorangen Glaskrug aus dem Kühlschrank hervor, in dem mehrere Limettenscheiben treiben. »Ach, den kannst du mir gleich mal geben«, sagt Olga. »Das Fleisch müsste auch jeden Moment fertig sein.«
Ich drehe mich um und reiche Olga den Krug. Jetzt entdecke ich auch ein paar Himbeeren, die unter der Oberfläche schwimmen. Das Getränk sieht ziemlich genau nach meiner Speziallimonade aus, die ich früher immer für meine Freundinnen gemixt habe. Selbst gemachter Himbeersirup, frische Früchte, Eiswürfel – und Orangenblütenextrakt als Geheimzutat, von der nicht einmal Olga weiß.
»Wo ist eigentlich Lydia?«, frage ich, kurz bevor meine Finger den Griff des Krugs loslassen. »Und was ist mit Nathalie?« Olga, Lydia, Nathalie und ich – jahrelang hatte es uns nur im Viererpack gegeben. Bis vor fünf Jahren.
Olgas Körper versteift sich, sie blickt kurz im Raum umher, und ich merke, dass ich sie aus der Fassung gebracht habe. Später werde ich mir nicht mehr ganz sicher sein, ob ich in diesem Moment bereits losgelassen habe oder ob ich meine Finger erst jetzt mit Absicht vom Griff des Krugs löse. Jedenfalls sehe ich die Limettenscheiben wie in Zeitlupe durch die Luft fliegen, bevor der Krug mit einem krachenden Splittern auf die Küchenfliesen trifft. Reflexartig springe ich zurück, um den Scherben zu entgehen, und auch Olga stolpert nach hinten, doch es ist zu spät. Sie zieht scharf die Luft ein, als sie mit den nackten Füßen in die Splitter tritt.
»Scheiße«, zischt Olga. »Das war garantiert ein teures Stück.« Sie geht in die Knie und hebt den Henkel der Karaffe hoch, der als Einziges heil geblieben war.
Ich gehe ebenfalls in die Knie. »Vorsicht, Olga, ich glaub, du bist reingetreten.« Erst jetzt blickt sie zu Boden und entdeckt die wässrige Blutlache, die sich unter ihrem Fuß ausbreitet. An meinem Rocksaum kleben zermatschte Himbeeren und bilden mit den Minzblättern ein wildes Muster auf dem geblümten Stoff. Adrian hat vor Schreck den Kochlöffel fallen gelassen, Soßenspritzer sprenkeln die Küchenzeile. »Nicht bewegen!«, ruft er, als ginge es um Leben und Tod. »Ich suche einen Kehrbesen.«
In diesem Moment ertönt ein Gepolter aus dem Garten, dann scheint jemand sein Gesicht durch die Terrassentür in die Wohnküche zu strecken. »Alles in Ordnung, Schatz?« Die Kücheninsel versperrt mir aus der hockenden Position den Blick auf den Ankömmling, ich kann nur hören, dass es sich um einen Mann handeln muss. Lydias Freund? Ich erhebe mich langsam und vorsichtig. »Alles gut. Olga hat sich nur ein bisschen geschnitten«, antworte ich.
»Oh«, sagt der Typ, »du musst Romy sein. Ich bin Chris, hi.« Chris muss die Fragezeichen in meinem Gesicht gelesen haben, denn er fügt schnell noch hinzu: »Olgas Freund.«
»Ach, natürlich«, bringe ich hervor, als wäre ich gar nicht überrascht. Chris ist ein Hüne, fast einen Kopf größer als Adrian, mit breiten Schultern, die sich unter seinem blütenweißen Hemd spannen, und sorgsam gescheitelten Haaren, dazu ein perfekt gestutzter Vollbart. An seinem Handgelenk sitzt eine dicke Uhr. Chris schmunzelt mich an, als hätte er diesen Blick stundenlang vor dem Spiegel einstudiert. In diesem Moment kommt Adrian aus dem Flur zurück, in seiner Hand hält er einen Besen wie eine Waffe vor sich. Als er Chris sieht, lässt er den Besen sinken. »Oh, hi.«
Seufzend erhebt sich nun auch Olga hinter der Kücheninsel. »Chris – Adrian, Adrian – Chris, mein Freund.« Die beiden Männer schütteln sich die Hände, Adrian ist ebenfalls sichtlich irritiert, was Chris aber keineswegs zu stören scheint. Ich erinnere mich nicht genau daran, aber ich habe Adrian bestimmt einmal von meiner besten Kindheitsfreundin Olga und ihrer großen Liebe Jasmin erzählt. Chris klopft Adrian kumpelhaft auf die Schulter, dann tritt er auf mich zu und öffnet die Arme.
»Vorsicht, die Scherben!«, rufe ich und strecke ihm abwehrend die Hände entgegen. Aber im Gegensatz zu mir und Olga trägt Chris Schuhe. Sein Blick fällt auf den Boden, auf die Scherben, die Limettenscheiben und das Blut, das zwischen Olgas Zehen hervorfließt. Er streckt die Hände aus und sieht sich um, als gäbe es irgendwo ein wildes Raubtier, das für diese Szene verantwortlich ist.
»Alles okay«, sagt Olga schnell. »Es ist nur ein kleiner Schnitt.«
»Nicht bewegen«, gibt Chris mit einer Knappheit zurück, die mich vermuten lässt, dass er mal beim Militär gewesen sein muss. Wer weiß, vielleicht ist er das ja noch immer, mich würde zu diesem Zeitpunkt gar nichts mehr überraschen. Chris steigt mit todesmutigem Blick über die Scherben hinweg, die unter den Sohlen seiner Schuhe knirschen. In einer raschen Bewegung hebt er Olga vom Boden hoch und hievt sie um die Kücheninsel herum zu den Sofas im hinteren Bereich des Raumes. Für einen Moment blicken Olga und ich uns an, aber dann schlägt sie die Augen nieder. »Rühr dich nicht von der Stelle, ich hole das Erste-Hilfe-Kit«, ordnet Chris an, und Olga gehorcht. Sie liegt auf dem abgewetzten Samtsofa, ihren blutigen Fuß über eine Lehne gelegt, und starrt an die Decke. Währenddessen beginnt Adrian, die Glasscherben um mich herum zu einem Häufchen zusammenzufegen. »Alles okay?«, flüstert er mir zu.
Ich nicke und mache einen großen Schritt aus den Scherben hinaus. Adrian fegt weiter die Reste des Krugs zusammen, während Chris mit schnellen Schritten zu Olga eilt, um ihren Fuß zu verarzten. Ich höre sie leise miteinander sprechen, wende kopfschüttelnd den Blick ab und trete in den Flur.
Als ich einmal tief durchgeatmet habe, kommt Adrian hinterher, die Scherben auf einem zusammengefalteten Stück Pappe. »Ich gehe kurz raus zur Müll…«, setzt er an, aber ich lasse ihn nicht aussprechen, stattdessen ziehe ich ihn am T-Shirt zu mir heran, umfasse sein Gesicht mit den Händen und küsse ihn. Adrian erwidert den Kuss, zieht mich mit seiner freien Hand näher zu sich, das zusammengefaltete Stück Pappe mit den Scherben zwischen unseren Körpern.
»Ich liebe dich«, flüstere ich. Sein Atem kitzelt mich am Ohr, ich höre, wie er Luft holt. Ein Räuspern unterbricht uns, und wir rücken abrupt voneinander ab. Wie aus dem Nichts steht plötzlich Lydia auf der untersten Treppenstufe. Ich frage mich, wie lange sie da schon steht, und fühle mich auf einmal wie ein Teenager, der bei etwas Verbotenem erwischt wurde. »Lydie, hi«, bringe ich hervor. »Du bist ja auch schon da.« Lydia ist immer noch so zierlich, wie ich sie in Erinnerung hatte, die langen blonden Haare fallen wie ein Vorhang um ihr Gesicht. Alles an Lydia wirkt weich. Ihre Haut, ihre Stimme, ihre Finger, sogar ihre Augen wirken immer ein bisschen wässrig. Nur die spitze Nase verleiht ihrem Gesicht etwas Scharfes, und sie erinnert mich damit an einen Specht, der mit seinem Schnabel Löcher in Holzstämme klopfen kann.
»Oh, hi, Lydia«, sagt Adrian und versteckt das Stück Pappe mit den Scherben hinter seinem Rücken, als handele es sich dabei um etwas Anrüchiges. »Ich bin Adrian, Romys Freund.« Er umarmt Lydia mit seiner freien Hand. Sie lässt mich dabei nicht aus den Augen.
»Schön, dich kennenzulernen, Adrian«, sagt Lydia mit ihrer sanften Stimme und lächelt dabei, was mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen lässt. Ich atme tief durch und erinnere mich daran, dass ich eine erwachsene Frau Anfang dreißig bin, die ihre eigenen Entscheidungen treffen kann und nicht von der Meinung ihrer Schulfreundinnen abhängig ist.
»Entschuldigt mich, ich bringe das mal schnell raus«, sagt Adrian und deutet mit der freien Hand auf die zusammengefaltete Pappe. Er schiebt sich an uns vorbei, und Lydia und ich tauschen verlegene Blicke, wie zwei Fremde, die sich gerade erst kennengelernt haben und durch äußere Umstände in eine viel zu intime Situation geraten sind.
»Adrian wirkt nett«, sagt Lydia, als er außer Sichtweite ist.
»Ist er auch«, gebe ich zurück, »ist er echt.«
Für einen Moment starren wir uns wortlos an. »Wo ist Nathalie?«, rutscht es mir dann heraus.
Lydia runzelt die Stirn. »Hat dir Olga nicht gesagt, dass sie sie ausgeladen hat?«
»Doch«, ruft irgendwas aus mir heraus. »Stimmt, hatte ich irgendwie vergessen.«
Wieder breitet sich Verlegenheit zwischen uns aus. Denkt sie gerade auch daran, dass ich seit Jahren keine ihrer Nachrichten beantwortet habe?
»Romy, ich hab nachgedacht«, setzt Lydia an, »wir sollten auf jeden Fall noch mal …« Ein durchdringendes Piepen aus der Wohnküche unterbricht sie.
Adrian hastet an uns vorbei. »Das ist das Essen!«, ruft er. Ich bin froh, dass er mir eine Ausrede gibt, zurück in die Küche zu laufen. Adrian steht am Herd, Olga ist gegen Chris’ Willen wieder aufgestanden und stellt Sektgläser aus dem Oberschrank auf die Kücheninsel. »Lasst uns anstoßen!« Sie öffnet den Kühlschrank und holt eine Flasche Champagner und einen Tetrapak Orangensaft heraus. »Schön, dass ihr da seid, auch wenn das hier sicher nicht das ist, was Romy sich ausgesucht hätte«, fährt Olga fort und lässt den Korken an die Zimmerdecke knallen. »Den hier hat Chris aus der Sammlung seines Chefs … geborgt.« Sie wackelt verschwörerisch mit den Augenbrauen.
Chris stellt sich grinsend neben sie. »Ich bin mir sicher, dass er denken wird, er hat ihn selbst getrunken«, lacht er. »Und wie wir alle aus den Supermarktmutproben unserer Kindheit wissen, schmeckt Geklautes immer noch am Besten. Prösterchen!« Olga hält mir ein prickelndes Glas Champagner hin.
Ich mache mir nichts aus Alkohol, was wahrscheinlich der Grund ist, warum ich meinen Job schon so lange machen kann. Dort gibt es ständig irgendetwas zu probieren, das gehört zur Stellenbeschreibung einfach dazu. Bei uns landet nicht Kaffee in den Bürotastaturen, sondern Wein. Ich habe schon einige Kollegen kommen und gehen sehen – und andere, die seit vierzig Jahren dort arbeiten und sich freiwillig für jede Probe melden. Das sind die echten Kenner – auch wenn sie ohne die tägliche Spirituosenprobe ihre Arbeit kaum ohne zitternde Finger durchführen können. »Santé«, stimme ich ein und hebe mein Glas.
»Was ist mir dir, Lydie?«, fragt Olga. »Gemischt oder pur?«
»Ich nehm einfach ein Glas Orangensaft.«
Olga hebt die Augenbrauen, ich tue es ihr gleich. Für einen Moment fühlt es sich an wie früher.
Lydia verdreht die Augen. »Ihr seid furchtbar, darf man nicht ein Mal nüchtern bleiben, ohne dass alle gleich denken, man wäre schwanger? Ich mag Alkohol einfach nicht, hab ihn nie gemocht und war immer nur zu schüchtern, es zu sagen.«
»Na dann, auf dich, Lydie!«, sage ich und hebe mein Glas.
Olga zuckt die Achseln. Chris nimmt ihr das für Lydia bestimmte volle Sektglas aus der Hand. »Bleibt immerhin mehr für mich. Schließlich trinke ich hier meinen selbst erarbeiteten süßen Schweiß.«
»Auf deinen Schweiß«, lacht Adrian und prostet ihm zu.
Chris gibt Olga einen Kuss auf die Wange. »Wir wissen doch alle, dass du nur auf den Wein wartest.«
Olga kichert und stupst mit der Nase gegen seine Wange. Eine so vertraute Geste, ein so intimer Moment, dass ich kurz schlucken muss. Bis jetzt habe ich gedacht, dass Olga Chris nur mitgebracht hat, um mich zu provozieren. Und dennoch, mein Inneres läuft vor Neugierde über. Wo steckt Nathalie? Hat Olga sie wirklich ausgeladen? Und was zur Hölle ist aus Jasmin geworden?
***
Rauchschwaden hängen über dem Garten, als wir uns zum Essen an den Tisch setzen. Über dem zerbrochenen Krug hatte Chris das Fleisch auf dem Grill vergessen, und als es uns wieder einfiel, war es bereits zu spät. »Aber keine Sorge, ich habe noch genug«, sagt Chris, und Adrian folgt ihm zum Grill, was ich als Zeichen dafür interpretiere, dass er mittlerweile wirklich Hunger haben muss. Ich bin beruhigt, dass Chris ganz und gar nicht so wirkt, als wüsste er, worum es an diesem Wochenende geht. Also kann er sich Adrian gegenüber auch nicht verplappern. Ich muss nur noch dieses Essen durchhalten, dann gehen wir ins Bett – und morgen früh kann ich mit Adrian abhauen. Ich werde ihm ein kleines bisschen von dem erzählen, was vor fünf Jahren zwischen uns passiert ist, das wird reichen, um ihm klarzumachen, dass ich mich hier nicht wohlfühle und wir besser woandershin fahren sollten. Lydia, Olga und ich lassen uns an dem runden Tisch unter dem knorrigsten aller Bäume nieder und schwenken die Reste des Champagners in unseren Gläsern. Ich bemühe mich um eine gelassene Fassade.
»Du hast Nathalie ausgeladen«, sage ich zu Olga und nehme den letzten Schluck aus meinem Glas. Es ist eine Feststellung, aber die Frage darin ist für alle deutlich hörbar.
»Hast du was dagegen?«, entgegnet Olga überraschend scharf.
Ich zucke die Achseln. »Ich meine, das ist nicht wirklich nach den Regeln.«
Olga wendet kopfschüttelnd den Blick ab. »Du bist unglaublich, Romy. Dass du dich vor diesem Wochenende drückst, ist auch nicht gerade nach den Regeln, oder?«
Wieder hebe ich die Schultern. Mein Herz rast, aber nach außen hin bemühe ich mich, die Gelassenheit in Person zu sein. »Wie hast du Adrian gefunden, um das hier alles einzufädeln?«, frage ich.
Olga räuspert sich. Sie hat sich versehentlich eine Spur Blut auf die Wange geschmiert, aber ich sage es ihr nicht. Es sieht fast aus wie Kriegsbemalung – oder eine Träne, aber das kommt mir ein bisschen zu dramatisch vor.
»Ich hab dich bei Instagram gefunden«, wirft Lydia ein. Überrascht drehe ich mich zu ihr um. »Du hast genau zwei Fotos gepostet, auf denen Adrian verlinkt ist. Und dann habe ich ihn einfach angeschrieben. Das wäre natürlich gar nicht nötig gewesen, wenn du einfach unsere Nachrichten beantwortet hättest.«
»Warum hast du dich vor uns versteckt, Ro?«, fügt Olga hinzu.
In diesem Moment treten Adrian und Chris an den Gartentisch heran, und ich bin froh, dass das Gespräch an dieser Stelle beendet ist. »So, wer will Würstchen?«, fragt Adrian, und Lydia hebt ihren Teller.
»Hast du auch meinen Grillkäse?«, fragt Olga.
»Der liegt noch drauf, ich hol ihn gleich, mein Schatz«, antwortet Chris.
»Was darf’s sein, Mademoiselle?« Chris beugt sich mit dem Fleischteller zu mir herunter. Der Geruch lässt mir das Wasser im Mund zusammenlaufen, aber ich sehe, dass Olga neben mir das Gesicht verzieht. Meine beste Freundin ist schon Vegetarierin, seit ich denken kann, natürlich ist sie das. Wenn etwas falsch ist, dann gibt es für Olga darauf nur eine richtige Reaktion. In solchen Dingen ist sie konsequent. »Ich hätte gern was Steakiges«, sage ich und steche mit meiner Gabel in ein großes Stück Fleisch, aus dem sofort ein bisschen Saft spritzt.
Die Männer setzen sich zu uns und machen die Runde komplett. Bis auf Nathalie natürlich. Ich erinnere mich an das letzte Mal, dass wir so zusammengekommen sind. Damals hatten um einen ähnlich großen Tisch noch mehr Leute gesessen. Es fühlt sich ein bisschen so an, als wäre das hier das Jahrestreffen irgendeinen Clubs, dem die Mitglieder langsam wegsterben.
»Wer will Wein?«, fragt Olga und steht auf, während Adrian das Gemüse auf den Tellern verteilt.
Ich beiße mir auf die Zunge, um nicht zu fragen, um was für einen Wein es sich denn handelt.
»Was ist es denn für einer?«, fragt Adrian an meiner Stelle und zwinkert mir zu. Ich lächele zurück, aber aus irgendeinem Grund ist mir auf einmal übel, und ich kann das Stück Fleisch auf meinem Teller nicht mehr ansehen.
»Oh, nichts Besonderes«, sagt Olga, aber ich höre die Anspannung in ihrer Stimme. »Ein roter.«
Adrian öffnet den Mund, um nachzufragen, da hebe ich mein Glas. »Ich nehme was.« Olga gießt mir ein und sieht Lydia dann fragend an. »Immer noch nicht«, antwortet diese.
Olga zieht kurz die Augenbrauen in die Höhe und schenkt sich dann selbst ein Glas ein, fast randvoll. Chris geht zum Grill zurück und holt Olgas Grillkäse, dann setzt auch er sich mit einem großen Stück Nackensteak an den Tisch. Für einen Moment herrscht Stille, dann nimmt Olga ihre Gabel zur Hand. »Guten Appetit!«
»Guten Appetit«, wünschen sich alle, dann beginnen wir, Fleisch und Käse zu schneiden und Gemüse auf unsere Gabeln zu schaufeln. Bis auf das Klappern des Bestecks ist es im Garten vollkommen ruhig. Erst als ich genauer hinhöre, vernehme ich das Rauschen der Wellen unten an der Küste und das Zirpen der Grillen im Gras. Mittlerweile ist es stockdunkel geworden, nur die Lampions über unseren Köpfen und die Kerzen, die Olga auf den Tisch gestellt hat, beleuchten unsere Gesichter. Als Adrian mir gesagt hat, ich solle mir dieses Wochenende frei halten, hatte ich wer weiß was erwartet, ja, sogar einen Heiratsantrag. Aber nicht das. Ich hätte nie gedacht, dass Olga so weit gehen würde. Dass sie sich mit Lydia verbünden würde, um herauszufinden, wer mein Freund ist, wo er arbeitet und wie sich mich zu diesem Wochenende schleppen könnten. Doch wenn ich die Übelkeit und meinen Fluchtdrang zur Seite lege, dann muss ich zugeben, dass es mich berührt, dass etwas, das ich vor fünfzehn Jahren begonnen habe, seine Finger bis in die Gegenwart streckt. Es erinnert mich an die Mädchen, die wir einst waren. Sie nahmen die Versprechen so ernst, die sie sich damals gaben.
»Chris ist in der Immobilienbranche tätig«, sagt Adrian laut an mich gewandt. Chris nimmt einen großen Schluck Wein und tupft sich den Bart mit einer Serviette ab. »Genau. Meine Firma kauft Wohnungen, saniert diese und verkauft sie weiter. Unter anderem.«
»Gentrifizierung als Firmenmodell quasi?« Die Frage rutscht mir raus, bevor ich mich zurückhalten kann. Alle starren mich an, und ich überschlage in Gedanken kurz, wie viele Stunden es noch sind, bis wir morgen früh fahren können. Nichts wie weg von diesem Ort. Nichts wie weg von diesen Leuten, mit denen mich nichts mehr verbindet außer Erinnerungen, die man besser begraben lässt.
»Du arbeitest immerhin bei einer Firma, die Leute zu Alkoholikern macht«, sagt Lydia jetzt in meine Richtung, ruhig und leise.
Chris lacht, als hätte sie einen Witz gemacht, und dreht den Goldring an seiner rechten Hand, in den irgendein Symbol eingraviert ist. Ist das eine Art Bizeps, oder sieht das nur so aus? Ich kneife die Augen zusammen, als ich bemerke, dass Chris mir auf meine Frage antwortet. »So sehe ich das eigentlich nicht, Romy. Wir holen Wohlstand in die Städte, was wiederum die lokale Wirtschaft ankurbelt, und am Ende freuen sich alle.«
»Chris hat mir vorhin den Kontakt zu seiner Firma gegeben«, sagt Adrian jetzt. »Die operieren auch in Freiburg, vielleicht könnten wir über sie noch erschwingliches Eigentum ergattern.«
Mir bleibt der Salat im Hals stecken, und ich unterdrücke ein Husten. »Eigentum?«, krächze ich.
Chris tupft sich erneut den Mund mit seiner Serviette ab, bevor er das Wort ergreift. »Das muss alles gar nicht so schaurig sein, wie es zunächst klingt«, sagt er. »Heutzutage lässt sich so was auch ohne viel Eigenkapital finanzieren.«
Ich runzele die Stirn. »Hat genau dieses Modell nicht zur letzten Finanzkrise geführt?«
Adrian legt wieder seine Hand auf meine. »Jetzt hör es dir doch erst mal an.«
Ich spüle den Essig mit einem tiefen Schluck Wein hinunter.
»Es geht gar nicht unbedingt darum, dass ihr in dem Haus wohnen müsst.«
»Ein … Haus?«, frage ich.
»Betrachte das mehr als eine Form der Altersvorsorge. Von der gesetzlichen Rente werden wir ohnehin alle nicht mehr leben können. Da muss man sich schon selbst kümmern.«
Ende der Leseprobe