"Du sollst nicht töten" — Der dissoziierte Hirntod und die Frage nach  Organtransplantation in medizinischer Perspektive und theologischer Reflexion - Björn Tackenberg - E-Book

"Du sollst nicht töten" — Der dissoziierte Hirntod und die Frage nach Organtransplantation in medizinischer Perspektive und theologischer Reflexion E-Book

Björn Tackenberg

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Beschreibung

Examensarbeit aus dem Jahr 1997 im Fachbereich Theologie - Systematische Theologie, Note: 1,0, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Systematische Theologie (Dogmatik und Ethik)), Veranstaltung: Zulassungsarbeit zur theologischen Promotion, Sprache: Deutsch, Abstract: Vorbemerkung: Zum ersten Mal kam ich vor fünf Jahren in einem meiner ersten medizinischen Semester während einer vorklinischen Vorlesung über Nierentransplantation mit den Problemen des Hirntodes in Berührung. Der engagierte Professor bot seine ganze Autorität auf, um uns Anfängerinnen und Anfängern nahezubringen, wie wichtig die Definition des Hirntodes für die Transplantationsmedizin ist; auch wie vielen Menschen durch eine Organtransplantation dauerhaft geholfen werden könne. Es sei deswegen, allemal für Studierende der Medizin, eine moralische Pflicht, als Organspenderin und Organspender zur Verfügung zu stehen. Eindringlich bat er uns, entsprechende testamentarische Verfügungen auszufüllen. Einige Zeit später begann der makroanatomische Präparierkurs an der Leiche. Im wissenschaftlichen Umgang mit einem Toten hatte ich über ein Semester Zeit für eine erste Auseinandersetzung mit Tod und Sterben. Im klinischen Studienabschnitt half ich, ein außercurriculares Seminar für Studierende der Medizin zum Thema „Diagnosemitteilung und Sterbebegleitung“ zu organisieren und konnte dafür Professoren und Dozentinnen der Psychologie, Medizinethik, Inneren Medizin und Theologie gewinnen. Ich glaubte, eine gewisse Diskrepanz erkennen zu können zwischen dem Menschenbild der Medizin, wie es sich mir in den Vorlesungen, Kursen und im Gespräch mit den Lehrenden erschloß und dem Menschenbild, das ich in meinem Theologiestudium kennenlernte. An (fast) keinem Ort des Medizinstudiums ist der Zweifel didaktisches Konzept. Im Notfall zu zweifeln tötet! Und Medizin wird in der Universität oft vor diesem weiß-schwarzen Hintergrund gelehrt. Ich habe mich deswegen sehr auf die Arbeit an dem vorliegenden Text gefreut. Sie hat mir die Möglichkeit gegeben, mir in einem für die Medizin wichtigen Bereich ein Urteil zu bilden.

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Inhaltsverzeichnis

 

A. Vorbemerkungen

B. Einleitung

C. Hauptteil

1. Der Hirntod in Medizinischer Perspektive und kritischer Reflexion

1.1 Das zugrundeliegende Menschenbild

1.2 Einwände

2. „Du sollst nicht töten“ — Der Anwendungsbereich des Fünften Gebotes bei Martin Luther

2.1 Das zweite Gebot der zweiten Tafel

2.2 Darstellung

2.3 Anthropologie, Glaube und Ethik

2.4 Der Anwendungsbereich des Fünften Gebotes — Fazit

3. Die Organexplantation in theologischer Reflexion

3.1 Der als Geschöpf Gottes kommunizierende Mensch

3.2 Im Vertrauen auf das Versprechen Gottes

3.3 Der im Glauben verantwortliche Mensch vor Gott

D. Schlußteil

E. Literaturverzeichnis

 

 

 „Die gesamte Medizin ist unsicher; und also sind alle Medici waghalsig. [...] Es ist unmöglich, den Medicus zu entschuldigen als nur durch die Vergebung der Sünden. Da muß er hin. Sonst - wenn er es behandelt in seiner Gerechtigkeit - so ist er des Teufels.“ [1] (Martin Luther)

 

A. Vorbemerkungen

 

.... zum ersten Mal kam ich vor fünf Jahren in einem meiner ersten medizinischen Semester während einer vorklinischen Vorlesung über Nierentransplantation mit den Problemen des Hirntodes in Berührung. Der engagierte Professor bot seine ganze Autorität auf, um uns Anfängerinnen und Anfängern nahezubringen, wie wichtig die Definition des Hirntodes für die Transplantationsmedizin ist; auch wie vielen Menschen durch eine Organtransplantation dauerhaft geholfen werden könne. Es sei deswegen, allemal für Studierende der Medizin, eine moralische Pflicht, als Organspenderin und Organspender zur Verfügung zu stehen. Eindringlich bat er uns, entsprechende testamentarische Verfügungen auszufüllen.

 

Einige Zeit später begann der makroanatomische Präparierkurs an der Leiche. Im wissenschaftlichen Umgang mit einem Toten hatte ich über ein Semester Zeit für eine erste Auseinandersetzung mit Tod und Sterben. Im klinischen Studienabschnitt half ich, ein außercurriculares Seminar für Studierende der Medizin zum Thema „Diagnosemitteilung und Sterbebegleitung“ zu organisieren und konnte dafür Professoren und Dozentinnen der Psychologie, Medizinethik, Inneren Medizin und Theologie gewinnen.

 

Ich glaubte, eine gewisse Diskrepanz erkennen zu können zwischen dem Menschenbild der Medizin, wie es sich mir in den Vorlesungen, Kursen und im Gespräch mit den Lehrenden erschloß und dem Menschenbild, das ich in meinem Theologiestudium kennenlernte. An (fast) keinem Ort des Medizinstudiums ist der Zweifel didaktisches Konzept. Im Notfall zu zweifeln tötet! Und Medizin wird in der Universität oft vor diesem weiß-schwarzen Hintergrund gelehrt. Ich habe mich deswegen sehr auf die Arbeit an dem vorliegenden Text gefreut. Sie hat mir die Möglichkeit gegeben, mir in einem für die Medizin wichtigen Bereich ein Urteil zu bilden.

 

 Abschließend noch einige formale Bemerkungen. Zitate werden in der am Fachbereich Evangelische Theologie der Philipps-Universität Marburg üblichen Weise wiedergegeben. Werden einzelne Sätze aus weiteren als den im Literaturverzeichnis angegebenen Schriften Luthers zitiert, wird die Stelle der Weimarer Ausgabe lediglich in den Anmerkungen genannt. Eine Aufnahme in das Literaturverzeichnis als Quellenschrift, erschien mir dann nicht angemessen. Die Abkürzungen richten sich in der Regel nach der 2. Auflage des IATG von 1992. Weitere Abkürzungen werden entweder im Text eingeführt oder sind im Literaturverzeichnis durch Unterstreichung angegeben. Hinweise zu besonderen Zitierweisen finden sich am Ende dieser Seite.

 

 Abschließend sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß ich es für sehr wichtig erachte, in Sprache und Ausdrucksweise Männern und Frauen gleichermaßen gerecht zu werden. Wo immer dies aufgrund stilistischer Erwägungen möglich war, habe ich mich darum bemüht. In den übrigen Fällen wird je entweder Frau oder Mann genannt.

 

Marburg, am 30. Mai 1997

 

Besondere Zitierhinweise

 

Zeitschriften Autorennachname, Autorenvorname: Titel des Aufsatzes. In: abgekürzter Name der Zeitschrift, Jahrgang. Erscheinungsjahr (evtl. Heft-Nr.): Seitenangabe

 

WA Band (arab. Ziffern)/evtl. Abteilung (röm. Ziffern), Seite

 

 (arab. Ziffern), Zeile(n) (arab. Ziffern)

 

BSLK Seite (arab. Ziffern), Zeile (arab. Ziffern)

 

LuSt Band (röm. Ziffern), evtl. Abteilung (arab. Ziffern), Seite (arab. Ziffern)

 

B. Einleitung

 

„Glanz und Elend unserer Zeit wohnen in dieser unaufhaltsamen Flut.“[2] Resignierend reagiert der deutsch-amerikanische jüdische Philosoph Hans Jonas 1970 in seiner berühmt gewordenen Streitschrift „Gegen den Strom“ auf die Bestrebungen von amerikanischen und europäischen Ärzten, Theologen, Politikern und Juristen, das Hirntodkriterium als Kriterium für den Tod des Menschen zu etablieren. Von Anbeginn ist die Frage nach dem Tod des Menschen aufs engste mit der Frage nach der Organtransplantation verbunden.[3]

 

Jonasscheitert. Seine Warnung verhallt im Machbarkeitsgetöse medizinischer Hybris. Spätestens seit Mitte der Achtziger Jahre ist das Hirntodkriterium weitgehend unangefochten ein neues Kriterium für den Tod des Menschen, das sich nur aus terminologischen und historischen Gründen noch nicht in den Kapiteln „Sichere Todeszeichen“ der meisten medizinischen Lehrbücher befindet.[4] Erst als sich zu Beginn der Neunziger Jahre die deutsche Politik zum wiederholten Male daran begibt, ein Transplantationsgesetz zu erarbeiten, gewinnt das Thema erneut Beachtung. Mit der Einweisung einer hirntoten schwangeren Frau in die Erlanger Universitätsklinik im Oktober 1992[5] geraten die alten, weitgehend unangefochtenen Argumentationsmuster der Befürworterinnen und Befürworter des Hirntodkriteriums in einen Sog der Kritik. Das alte Konzept gerät ins Wanken. Bis in unsere Tage hält die Diskussion an, und sie scheint (immer noch) schärfer zu werden.[6] Doch was ist Gegenstand, was Problem bei dieser Diskussion? Um das aufzufinden, müssen wir uns zunächst auf einen Weg begeben, der damit beginnt, die Begriffe der Medizin in den Blick zu nehmen, sie möglichst scharf zu fassen, um anschließend zu betrachten, wie sie von Medizinerinnen und Medizinern verwendet werden. Aus beidem läßt sich dann der Aufbau der Arbeit entwickeln.