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Examensarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Theologie - Biblische Theologie, Note: 1,0, Universität Paderborn, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Gebot „Du sollst nicht töten!“ steht in jüngerer und in jüngster Zeit immer wieder direkt oder indirekt im Fokus der Öffentlichkeit. Der „Gemeinsame Hirtenbrief der Deutschen Bischöfe über die Zehn Gebote als Lebensgesetz der Völker“ von 1943, die gemeinsame Erklärung der EKD und der Deutschen Bischofskonferenz „Grundwerte und Gottesgebot“ von 1979, der jüngst erschienene Hirtenbrief zur Fastenzeit 2008 über das Thema Sterbehilfe vom Paderborner Erzbischof Hans‐Josef Becker oder der Fall der Sterbehilfe des Hamburger Ex‐Senators Roger Kusch betonen die Aktualität des Themas. Aus der Motivation heraus, dass der Autor die Ausbildung zum Offizier der Reserve durchlaufen hat, wurde sich mit der Bedeutung des Tötungsverbots für Soldaten befasst, die im Ernstfall nicht auf tödliche Gewalt verzichten können. Macht sich der Soldat beim Gebrauch seiner Waffe im Sinne des Gebotes schuldig und begeht er daher eine Sünde? Sollte dies der Fall sein, besteht dann wenigstens eine Ausnahme in einer Notwehrsituation? Stecken Christen, die die äußerste Gewalt anwenden, mit Blick auf die Bergpredigt nicht von vornherein in einem Dilemma? Es scheint lohnenswert, sich einmal genauer mit militärischer Gewalt und der Frage der Sünde zu befassen. Um diesem Problem nachzugehen, wird zunächst im Kapitel eins auf den Dekalog, dem Widerspruch zwischen Zehnernorm und Anzahl der Gebote und die Entstehungsgeschichte des Dekalogs eingegangen. Daran schließt sich eine Analyse des entscheidenden Verbes razach im sogenannten fünften Gebot an, um im dritten Kapitel eine Aktualisierung des Themas an Hand der Berufsgruppe der Soldaten vorzunehmen.
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„Du sollst nicht töten!“
Zur alttestamentlichen und sozialethischen Bedeutung des sogenannten 5. Gebots.
Schriftliche Hausarbeit vorgelegt im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Grund‐, Haupt‐, Real‐ und Gesamtschulen, im Fach Katholische Religion von David Flore.
Datum: Paderborn, den 21.08.2008
Gutachter:
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3.3.1. Nothilfe ................................................................................................................................ 40 3.3.2. Notwehr als indirekte Tötung oder Tötung eines Schuldigen .............................................. 41
3.3.3. Resümee .............................................................................................................................. 42 3.4. Der gerechte und der ungerechte Krieg ‐ Meilensteine einer Diskussion ............................. 43
3.4.1. Von Konstantin bis Luther .................................................................................................... 43 3.4.2. Zum gerechten Krieg unter Berücksichtigung des Katechismus der Katholischen Kirche ... 45
3.4.2.1. Das Recht zur Verteidigung ............................................................................................ 45 3.4.2.2. Die im Krieg zu beachtenden Grundsätze ...................................................................... 47 3.4.3. Der Soldat als Mörder? ........................................................................................................ 48 3.4.4. Christus und die Soldaten .................................................................................................... 51
4. FAZIT ........................................................................................................................... 52
5. LITERATURVERZEICHNIS .................................................................................... 54
5.1. Primärliteratur .................................................................................................................. 54 5.1.1. Dokumente des kirchlichen Lehramts ................................................................................. 54 5.1.2. Klassische Quelltexte der Theologie .................................................................................... 54 5.1.3. Gesetzestexte und Vorschriften ........................................................................................... 54 5.2. Sekundärliteratur .............................................................................................................. 55
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1.Einführung
1.1. Sitz im Leben
Das Gebot „Du sollst nicht töten!“ steht in jüngerer und in jüngster Zeit immer wieder direkt oder indirekt im Fokus der Öffentlichkeit. Der „Gemeinsame Hirtenbrief der Deutschen Bischöfe über die Zehn Gebote als Lebensgesetz der Völker“ vom 19. August 1943, die gemeinsame Erklärung der EKD und der Deutschen Bischofskonferenz „Grundwerte und Gottesgebot“ vom 17. Juli 1979, der jüngst erschienene Hirtenbrief zur Fastenzeit 2008 über das Thema Sterbehilfe vom Paderborner Erzbischof Hans‐Josef Becker oder der Fall der Sterbehilfe des Hamburger Ex‐Senators Roger Kusch betonen die Aktualität des Themas. Ich möchte mich allerdings aus der persönlichen Motivation heraus, dass ich selber fast zwei Jahre bei der Bundeswehr war und dort eine Ausbildung zum Offizier der Reserve durchlaufen habe, mit der Bedeutung des Tötungsverbots für Soldaten befassen, die im Ernstfall nicht auf tödliche Gewalt verzichten können. Macht sich der Soldat beim Gebrauch seiner Waffe im Sinne des Gebotes schuldig und begeht er daher eine Sünde? Sollte dies der Fall sein, besteht dann wenigstens eine Ausnahme in einer Notwehrsituation? Stecken Christen, die die äußerste Gewalt anwenden, mit Blick auf die Bergpredigt nicht von vornherein in einem Dilemma? Es scheint lohnenswert, sich einmal genauer mit militärischer Gewalt und der Frage der Sünde zu befassen.
Um diesem Problem nachzugehen, wird zunächst im Kapitel eins auf den Dekalog, dem Widerspruch zwischen Zehnernorm und Anzahl der Gebote und die Entstehungsgeschichte des Dekalogs eingegangen. Daran schließt sich eine Analyse des entscheidenden Verbes razach im sogenannten fünften Gebot1an, um im dritten Kapitel eine Aktualisierung des Themas an Hand der Berufsgruppe der Soldaten vorzunehmen.
1 Sofern ich mich auf eine Nummerierung des Dekalogs in dieser Arbeit beziehe, tue ich dies nach der augustinisch‐lutheranischen Zählung. Als Textgrundlage nutze ich die Einheitsübersetzung.
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1.2. Der Dekalog
Der Dekalog oder das Zehnwort (deka= zehn, logos = Wort) ist ein Gesetzeskorpus, den „Jahwe am Sinai/Horeb zum Volk unmittelbar ohne prophetischen oder kultischen Mittler gesprochen hat“.2 Wir finden den Dekalog in Exodus 20,2‐17. Dort steht er den anderen Geboten, die durch Mose vermittelt werden, voran. Zudem finden wir den Dekalog im Deuteronomium 5,6‐21 in leicht abweichender Form. Einige Besonderheiten zeichnen den Dekalog aus und bedingen „seit alters her die Schwierigkeit seiner Interpretation“.3
1.2.1. Die Doppelüberlieferung
Als eine Besonderheit des Dekalogs gilt seine Doppelüberlieferung im Alten Testament. Exodus 20,2‐17 und Deuteronomium 5,6‐21 besitzen ein hohes Maß an Kongruenzen und daher ist die Frage nach dem Grund der Differenzen nachzugehen, denn sie stehen gegen den ausdrücklichen Anspruch, „randscharf abgegrenztes allein gebietendes Jahwewort zu sein“.4Das Alte Testament hat zudem diese Unterschiede nicht beseitigt, sondern „ohne Ausgleich kanonisiert und der außeralttestamentlichen Rezeptionsgeschichte die Vereinheitlichung überlassen“.5
Die beiden Fassungen in Exodus und Deuteronomium unterscheiden sich in 20 Punkten, wovon 13 Zusätze im Deuteronomium sind. Am offensichtlichsten ist vor allem der Unterschied in der Begründung des Sabbatgebots: Das Ruhen Gottes nach der Schöpfung am siebten Tag in Exodus bzw. im Deuteronomium das Herausführen der Juden aus der Sklaverei in Ägypten. Die als gewollt eingestuften Abweichungen gelten insgesamt als Hinweis auf den Wachstumsprozess des Dekalogs, die „sukzessiv zu dem vorliegenden Endtext, der beiden D.fassungen“6weitergeschrieben wurden.
2 Hossfeld, in Hossfeld und Berger, Dekalog, Sp. 402.
3 Hossfeld, in Hossfeld und Berger, Dekalog, Sp. 400.
4 Hossfeld, in Hossfeld und Berger, Dekalog, Sp. 402.
5 Hossfeld, in Hossfeld und Berger, Dekalog, Sp. 402.
6 Hossfeld, in Hossfeld und Berger, Dekalog, Sp. 402.
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1.2.2. Der Widerspruch zwischen Zehnernorm und Anzahl der Gebote Als weitere Besonderheit ist der Widerspruch zwischen der Zehnernorm und der Anzahl der Gebote zu nennen. „Der weitere Kontext führt mit dem direkt (Dtn 4,13.10,4) und indirekt (Ex 34,28) auf den D. bezogenen Ausdruck ,die Zehn Worte´ die Zehnernorm ein.“7Doch bei einer kritischen Betrachtung kann man eigentlich nicht von zehn Geboten sprechen, denn ihr entsprechen weder eine Nummerierung, noch die Zahl der Gebots‐ und Verbotssätze. Auch gibt die Überlieferung von den zwei Tafeln8keine Aufschlüsse über die genaue Verteilung der Gebote.
Ben Schalom‐Chorin führt in seiner Monographie an, dass das erste Gebot im strengen Sinn nicht als solches angesehen werden könne. Es stelle eine Selbstaussage des sich offenbarenden Gottes dar und sei damit die Begründung der folgenden neun Gebote, deren Zählung uneinheitlich sei.9Er führt weiter aus, dass Christen üblicherweise die Zählung kennen, die Augustinus vorgenommen habe und die von der Katholischen Kirche und von Martin Luther übernommen wurde. Nach dieser Zählung werden die Verse Exodus 20,2‐6 als erstes Gebot registriert, 17a als neuntes und 17b als zehntes Gebot. Im Mittelalter, in dem der Dekalog vornehmlich in der Beichtpraxis Verwendung fand, wurde dann das Bilderverbot ebenso wie die Dekalogseinleitung völlig übergangen. Um trotzdem die Zehnerzahl zu erhalten, „wurde das Begehrverbot geteilt und als 9. und 10. Gebot gezählt“.10
Johannes Calvin führte eine weitere christliche Zähltradition ein. Er zählte das Bilderverbot wieder als selbstständiges Gebot, womit sich eine Teilung des Begehrverbots erübrigte. Im Judentum wiederum ist eine weitere Zählung üblich geworden. Sie fasst Exodus 20,2 als erstes, die Verse 3‐6 als zweites und Vers 17 als zehntes Gebot auf. Diese Einteilung finden wir ähnlich bei Philo von Alexandrien und Josephus Flavius.11
7 Hossfeld, in Hossfeld und Berger, Dekalog, Sp. 402.
8 Ex 31,18.32.34; Dtn 9f.; 1 Kön 8,9.
9 Ben‐Chorin, Die Tafeln des Bundes, S. 13.
10 H.J. Boecker: Der Dekalog, S. 210.
11 Ben‐Chorin, Die Tafeln des Bundes, S. 13.
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