Easton High: Sammelband der mitreißenden New-Adult-Trilogie - Eliah Greenwood - E-Book

Easton High: Sammelband der mitreißenden New-Adult-Trilogie E-Book

Eliah Greenwood

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Beschreibung

Diese E-Box enthält alle drei New-Adult-Liebesromane der intensiven und emotionalen Easton-High-Reihe: Dear Love I Hate You:  Als Aveena einen anonymen Brief in der Bibliothek vergisst, hofft sie inständig, dass ihn niemand findet. Doch dann bekommt sie eine Antwort – und Aveena und der unbekannte Verfasser fangen an sich zu schreiben. Jedes Stück Papier enthüllt ihre dunkelsten Geheimnisse. Die Regeln sind klar: Niemals dürfen ihre Geständnisse nach außen dringen, denn das würde Leben zerstören. Ein scheinbar harmloses Spiel, bis Aveena herausfindet, wer ihr Brieffreund ist: Xavier Emery. Star der Basketballmannschaft, Tyrann aus ihrer Kindheit und ausgerechnet der, in den sie sich zu verlieben droht …  Dear Heart I Hate You:  Alles beginnt mit einer Stellenausschreibung: »Haussitter für den Sommer gesucht. Unterkunft und Verpflegung inbegriffen.« Dass die Anwesenheit eines eingebildeten Basketballers Teil des Deals ist, begreift Dia jedoch erst, als es schon zu spät ist: Finn Richards - arrogant, heiß, unheilbar kaputt und wild entschlossen, Dia zur Kündigung zu bewegen. Dennoch braucht Dia das Geld. Zwei Monate wird sie definitiv aushalten können, das nimmt sie sich fest vor. Auch wenn sie sich bald nicht mehr sicher ist, ob sie ihm lieber den Kopf oder die Klamotten vom Körper reißen will … Dear Heart I Miss You: Alles beginnt mit einem Abschied: Finn hat sich aus dem Staub gemacht und Dia mit nichts als gebrochenen Versprechen und tausend Fragen zurückgelassen. Ein Jahr später steht er wieder vor ihr – mit neuen Tattoos und neuen Geheimnissen. Die Highschool-Zeiten sind jedoch vorbei, und Dia hat inzwischen jemanden gefunden, der seine Versprechen hält. Finn will Dia um jeden Preis zurück, koste es, was es wolle. Das einzige Problem: Dia ist längst nicht mehr das süße und unschuldige Mädchen, das sie einmal war …  

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Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text- und Data-Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Veröffentlicht im Carlsen Verlag Völckersstraße 14-20, 22765 Hamburg Originalcopyright © 2021 / 2022 / 2022 Eliah Greenwood Copyright © der deutschsprachigen Ausgaben: 2023 / 2023 / 2024 / Carlsen Verlag GmbH, HamburgDear Love I Hate You aus dem Englischen von Ivonne SennDear Heart I Hate You & Dear Heart I Miss You aus dem Englischen von Friedrich Pflüger Originalcovergestaltung: Eliah Greenwood Umschlagabbildung: © Michelle Lancaster Covergestaltung und -typografie: ZERO Werbeagentur, formlabor ISBN 9783646940473

Wohin soll es gehen?

Dear Love I Hate You (Easton High 1)

Dear Heart I Hate You (Easton High 2)

Dear Heart I Miss You (Easton High 3)

Viten

Eliah Greenwood

Dear Love I Hate You

Aus dem Englischen von Ivonne Senn

Würdest du einem Fremden deine dunkelsten Geheimnisse verraten?

Ich habe genau das getan.

Als Aveena Harper einen anonymen Brief in der Bibliothek vergisst, ist sie außer sich. Niemand hätte ihn je entdecken sollen. Niemand hätte ihn je lesen sollen. Und noch weniger hätte ihn jemand beantworten sollen. Doch Aveena und der Unbekannte beginnen, sich zu schreiben. Erst ein Brief. Dann zwei. Und dann immer mehr. Jedes Stück Papier enthüllt ihre dunkelsten, tiefsten Geheimnisse. Und die Regeln sind klar: Niemals dürfen sie die wahre Identität des anderen erfahren. Niemals dürfen ihre Geständnisse nach außen dringen, denn das würde ihr Leben zerstören. Alles scheint ein harmloses Spiel zu sein, bis Aveena herausfindet, wer ihr Brieffreund ist: Xavier Emery. Star der Basketballmannschaft, Tyrann ihrer Kindheit und ausgerechnet der, in den sie sich zu verlieben droht.

Geheimnisse, Sehnsüchte und anonyme Geständnisse: ein Buch wie ein Rausch.

Wohin soll es gehen?

Buch lesen

Vorbemerkung

Playlist

Danksagung

Für alle mit schmutzigen Geheimnissen.Möget ihr jemanden finden, der eure Geständnisse verdient.

Vorbemerkung

Liebe Leserin, lieber Leser,

dieser Roman enthält potenziell triggernde Inhalte. Aus diesem Grund befindet sich hier eine Triggerwarnung. Am Romanende findest du eine Themenübersicht, die Spoiler enthält.

Entscheide bitte für dich selbst, ob du diese Warnung liest. Gehe während des Lesens achtsam mit dir um. Falls du auf Probleme stößt und/oder betroffen bist, bleibe damit nicht allein. Wende dich an deine Familie und an Freunde oder suche dir professionelle Hilfe.

Wir wünschen dir alles Gute und das bestmögliche Erlebnis beim Lesen dieser besonderen Geschichte.

Eliah und das Carlsen-Team

Playlist

Secrets and Lies – Ruelle

River – Bishop Briggs

I Need You To Hate Me – JC Stewart

Out of My League – Fitz and the Tantrum

A Little Bit Yours – JP Saxe

Prolog

Liebe Ms. Callahan …

Sie sind ein Arschloch.

Das wusste ich vom ersten Moment an, als ich am Anfang der zwölften Klasse den Klassenraum betreten habe. So. Ich habe es gesagt. Sie. Sind. Ein. Arschloch. Und nicht eines von den »wenn-man-sie-erst-mal-kennenlernt-ist-sie-eigentlich-ganz-nett«-Arschlöchern. Sie sind das menschliche Äquivalent davon, einen Kieselstein im Schuh zu haben.

Es würde mich nicht überraschen, wenn Sie Ihre Abende damit verbringen, im Höllenfeuer zu baden und sich neue Arten auszudenken, Ihre Schüler leiden zu lassen. Ernsthaft, was denken Sie sich eigentlich?

»Zwanzig Seiten über ein Gedicht schreiben? Tolle Idee! Und achtundvierzig Stunden Zeit, um das gesamte Buch zu lesen und den Aufsatz abzugeben? Genial!«

Bevor ich mit meinem Wutanfall weitermache, würde ich mich gerne (nicht wirklich) für eventuelle Fehler entschuldigen, die ich in diesem Brief, den Sie wo möglich niemals bekommen werden, gemacht habe. An Grammatik bin ich im Moment nicht sonderlich interessiert.

Verstehen Sie, meine Zeit ist begrenzt. Ich versuche, meinen Highschoolabschluß zu machen und ein einmaliges Stipendium zu ergattern, damit ich endlich aus dieser Stadt verschwinden kann. Ich spiele Chauffeuse für meine Schwester, das Wunderkind, und bin gleichzeitig eine Vollzeitenttäuschung für meine Mom.

Und nicht zu vergessen, die zwanzig Seiten. Wer braucht schon Schlaf?

Klar, theoretisch gesehen ist es meine Schuld, dass ich diesen Gedichtband am Hals habe. Aber woher zum Teufel hätte ich wissen sollen, dass Sie uns das Buch für unseren Aufsatz, der die Hälfte unserer Note ausmacht, ausgerechnet an dem Tag aussuchen lassen, an dem ich krank bin?

Okay, ich hätte sowieso ein langweiliges Buch abbekommen (es ist ja nicht so, als hätten Sie superaufregende Alternativen zur Wahl gestellt).

Sie denken bestimmt, ich bin verrückt. Aber ich kann versichern, das bin ich nicht. Ich bin eigentlich ein ziemlich netter Mensch, wenn ich nicht gerade mittelalte Frauen Satan nenne. Zu meiner Verteidigung: meine Therapeutin sagt, meine Gefühle aufzuschreiben würde mir helfen, mit ihnen umzugehen.

Also, was ist schon dabei, wenn ich Sie n Arschloch nenne? Was soll es schon, dass ich hier in der Bücherei sitze und meine Zeit damit vergeude, einen Hassbrief an eine Lehrerin zu schreiben, die sich sowieso nie an meinen Namen erinnern kann. Es ist ja nicht so, als würde diesen Brief jemals jemand lesen.

Ich merke gerade, dass das alles ein wenig durcheinander ist, also fasse ich den Inhalt einmal für Sie zusammen:

Liebe Ms. Callahan,

aufrichtig,

aus tiefstem Herzen,

fuck you.

- L

1. KAPITEL

Aveena

»Aveena Harper D’Amour?«, ruft Mr. Lowen, mein sechzigjähriger Mathelehrer, über das Chaos hinweg und ich verspüre einen Anflug von Mitleid mit ihm. Es ist alles andere als einfach, während eines tobenden Gewitters die Anwesenheitsliste durchzugehen.

»Hier!«, rufe ich einmal.

Zweimal.

Dreimal.

Kein Glück.

Eine Minute später erblickt mich Mr. Lowen in der Menge, nickt kurz und hakt mich auf seiner Liste ab. Ihr fragt euch bestimmt, wie ich hier gelandet bin? Draußen, im strömenden Regen? Wo ich mir gemeinsam mit der gesamten Schülerschaft der Easton High auf dem Rasen vor dem Schulgebäude den Arsch abfriere?

Ich. Habe. Nicht. Die. Geringste. Ahnung.

»Puh, Gott sei Dank!« Jemand zieht an meinem Ärmel, und ich wirble so schnell herum, dass ich das Gleichgewicht verliere. Ich brauche eine Sekunde, um mich wieder zu fangen und durch die fallenden Wassermassen meine beste Freundin Diamond zu erkennen. Sie ist komplett durchnässt und ihr Markenzeichen, die schwarz gelockten Haare, hängen schnurgerade herunter.

»Ich habe überall nach dir gesucht!«, ruft sie und zieht mich in eine so feste Umarmung, dass mir die Luft aus den Lungen gepresst wird. Das einzige Fach, das Dia und ich nicht gemeinsam haben, ist Mathe, und natürlich musste genau in dieser Stunde die gesamte Schule evakuiert werden.

»Was um alles in der Welt ist los? Die Lehrer sagen uns nichts.« Ich löse mich von ihr. »Brennt es wirklich?«

»Muss wohl.« Sie zuckt mit den Schultern. »Warum sollte sonst der Feueralarm losgegangen sein?«

Ich nicke und lasse meinen Blick über das kleine Gebäude schweifen, das die Easton High School beherbergt. Aber ich sehe und rieche nichts – kein Rauch, kein Feuer, absolut nichts.

In der Ferne donnert es, und ich schreie auf und packe den Arm meiner besten Freundin. Der Himmel ist ein dunkler, wolkenverhangener Albtraum. Mutter Natur lässt uns auf ihre Art wissen, dass sie gerade erst angefangen hat.

»Meinst du, es ist nur eine Übung?«, frage ich Dia.

Ein höhnisches Schnauben hinter uns hält sie von einer Antwort ab. Wir drehen die Köpfe und erblicken einen zerzausten, durchnässten Theodore Cox. Er wird von allen Theo genannt. Ein kleiner Ratschlag am Rande: Verwendet niemals seinen vollen Namen.

Es könnte sonst passieren, dass er beißt.

Theo ist, wie seine Kumpel aus der Basketballmannschaft, das typisch schlagfertige und beliebte Arschloch. Ihr wisst schon, so ein »Er ist attraktiver, als gut für ihn ist«-Typ. Er ist groß, arrogant, denkt, er hat immer recht, und zu meinem großen Leidwesen muss ich auch noch täglich Zeit mit ihm verbringen.

»Wolltest du was mit der Klasse teilen, Cox?«, seufzt Dia.

»Das ist auf keinen Fall eine verfickte Übung«, schnaubt Theo. »Wir hatten dieses Jahr schon eine. Außerdem würden sie das nicht während dieser Sintflut machen.« Mit einer ausladenden Geste fordert er uns auf, uns umzuschauen.

Auf dem Rasen vor der Schule stehen Schüler dicht gedrängt aneinander und wir alle frieren.

Sind von Kopf bis Fuß durchnässt.

Der Mistkerl hat nicht ganz unrecht.

Die Schule würde wohl kaum während dieser Weltuntergangsstimmung eine Brandübung durchführen. Und so verrückt es auch klingen mag, Theodore Cox ist nicht komplett dämlich. Wisst ihr, jahrelang dachte ich, Sportskanonen verfügten über die Intelligenz einer Fußmatte, und ich habe lange an diesem Klischee festgehalten. Doch dann musste meine beste Freundin sich ausgerechnet in einen der beliebtesten Kerle verlieben …

Finley Richards. Star-Basketballspieler, Herzensbrecher und Dias neueste und liebste schlechte Entscheidung. Was ich eigentlich sagen will: Dieses Jahr hängen wir mit Finns Clique ab. Dia ist meine einzige Freundin. Also habe ich keine andere Wahl, wenn ich nicht bis zum Schulabschluss alleine in der Cafeteria sitzen will. Alles begann letzten Sommer, als Dia einen Job als Housesitterin der Richards ergattert hatte. Finns unerträglich reicher Vater verbringt seine Sommer in Santa Monica und hatte kein Vertrauen, dass sein Sohn sich um das Haus kümmert. Sagte ich Haus? Ich meinte Villa.

Der Golden Boy nahm das mangelnde Vertrauen seines Vaters nicht gut auf und ließ seinen Frust an Dia aus. Er machte ihr das Leben zur Hölle und überschritt jegliche Grenzen, um sie zur Kündigung zu bewegen. Kurz gesagt: Finn und Dia hassten einander.

Bis … ihre Genitalien es nicht mehr taten.

Und so begann die verwirrendste Liebes-/Hass-Beziehung aller Zeiten. Warum? Weil Dia und Finn nicht zusammen sind. Also nicht wirklich. Sie sagen gerne, dass sie »Freunde mit gewissen Vorzügen« sind, aber jeder mit ein bisschen Menschenverstand weiß, dass das Bullshit ist. Sie tun alles, was Pärchen auch tun: Sex, knutschen und Händchenhalten in der Öffentlichkeit, übelkeitserregende Spitznamen.

Die Liste ist endlos.

Es ist fast schon schmerzhaft, wie offensichtlich es die beiden erwischt hat. Trotzdem bezeichnen sie sich nie gegenseitig als Freund und Freundin. Wenn ihr mich fragt, diese sogenannte lockere Beziehung wartet nur darauf, in einer fetten Katastrophe zu enden.

Zwei Löschfahrzeuge der örtlichen Feuerwehr und ein Streifenwagen rasen auf das Schulgelände, bevor Dia und Theo sich weiter streiten können.

»Na, sieht das nach einer Übung aus?« höhnt Theo.

»Halt den Mund, Cox«, grummelt Dia und zwirbelt ihre Haare, um das Wasser herauszupressen. Die Flut ist zu einem feinen Nieselregen verebbt. Wurde auch langsam Zeit. Sehr viel länger hätten sie uns nicht im strömenden Regen stehen lassen können.

»Wo wir gerade davon sprechen, wo ist eigentlich Finn?« Dia stellt sich auf Zehenspitzen und sucht nach ihrem Nicht-Freund. Sie hat recht. Er sollte inzwischen hier sein, denn die beiden sind wie Magneten.

»Woher soll ich wissen, wo dein Freund ist?«, fragt Theo. In diesem Moment piept sein Handy. Er nimmt es aus der Hosentasche und reißt die Augen auf, als er durch die Nachricht scrollt. »Ihr wollt mich doch verarschen.«

»Was ist?«, fragt Dia.

»Diese verrückten Idioten. Sie haben es tatsächlich gemacht«, sagt er mehr zu sich selbst.

»Wovon zum Teufel redest du?«, hakt Dia nach.

»Es ist …« Theo bricht abrupt ab, die Augen fest auf etwas in der Ferne gerichtet. Doch es ist nicht nur er; die gesamte Schülerschaft ist seltsam still geworden.

Dia und ich folgen Theos Blick zum Haupteingang der Schule. Oder genauer gesagt zu den beiden über eins neunzig großen Schwachköpfen, die gerade vom Sheriff aus dem Gebäude eskortiert werden.

Der Erste, den ich sehe, ist Finn.

Dann sehe ich ihn.

Xavier Emery.

Finns bester Freund – der wie ein Bruder für ihn ist. Die beiden sind praktisch Familie und tragen sogar die gleichen Halsketten. Xavier ist vieles: beliebt, Kapitän der Basketballmannschaft und so schön, dass es beinahe wehtut … Aber für mich? Für mich ist er nur das kleine Arschloch, das einen meiner Zöpfe abgeschnitten hat, als wir noch Kinder waren.

Dia dreht durch. »Cox, bei Gott, wenn du mir nicht sofort sagst, was los ist, werde ich …«

»Entspann dich«, knickt er ein. »Gestern habe ich die zwei über einen Streich reden gehört. Ich dachte, es wäre nur Angeberei. Nie hätte ich geglaubt, dass sie das ernst meinen.«

Wurden wir deshalb evakuiert?

Weil die Stars der Basketballmannschaft einen Streich abgezogen haben?

Was haben sie Schlimmes getan, dass der Feueralarm ausgelöst und die gesamte Schule evakuiert werden musste?

»Was für ein Streich?«, fragt Dia. Ihre Stimme zittert.

Theo zuckt mit den Schultern. »Irgendwas mit Stinkbomben, glaube ich?«

Dia schließt die Augen und stößt lange und genervt den Atem aus. Das Schlimmste ist, dass sie nicht mal überrascht wirkt. Finn Richards war schon immer ein Unruhestifter.

Dieser impulsive, leichtsinnige Typ! Hätte er nicht so einen reichen Vater, wäre er schon lange von der Schule geflogen! Aber hey, was kann man schon machen? Easton High braucht die finanzielle Unterstützung, und genau wie Xavier ist Finn einer der wertvollsten Spieler der Schule, also wird sein Verhalten unter den Teppich gekehrt. Objektiv gesehen war von Finn nichts anderes zu erwarten. Es ist der Xavier-Part, der für mich keinen Sinn ergibt. Er ist der korrekteste Typ, den ich kenne, warum also beteiligt er sich an einem solchen Streich? Ich kapiere es nicht.

»Warte mal, sind Stinkbomben nicht illegal?«, frage ich, als es mir langsam dämmert.

»Das ist es. Mein Gott, sind die beiden bescheuert. Das könnte sie den Rest der Saison kosten.« Theo schnalzt verständnislos mit der Zunge.

Ich richte meine Aufmerksamkeit wieder auf Finn und Xavier. Ersterer scheint zu realisieren, dass er es richtig verkackt hat, als er die sechshundert Schüler im Regen stehen sieht. Xavier hingegen wirkt vollkommen ungerührt.

Absolut ungerührt.

Es ist die Haltung seiner Schultern, die Art, wie sein Blick gelangweilt über die Menge gleitet. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, Xavier und Finn haben ihre Körper in der weltschlechtesten Neuverfilmung von Freaky Friday – Ein voll verrückter Freitag getauscht.

Ein Polizist zieht Rektorin Emery zu Seite. Jupp, Xaviers Mom ist die Rektorin an unserer Schule. Was im Moment vielleicht ganz günstig ist. Und das Sahnehäubchen? Xaviers Dad arbeitet ebenfalls an der Easton High. Er ist unser Sportlehrer und ihm gegenüber empfinden wir eine Art Hassliebe. Klar, Silver Springs ist eine Kleinstadt. Trotzdem hätten die beiden zumindest versuchen können, nicht an ein und demselben Ort zu arbeiten.

Der Cop sagt etwas zu Rektorin Emery, das wir nicht verstehen können, worauf sie mit einem Tun Sie, was Sie tun müssen-Nicken reagiert. Das Stichwort für das Universum, den gesamten Pazifischen Ozean über uns auszuschütten.

Der Regen setzt stärker ein als zuvor, und doch kann ich nicht anders, als dabei zuzusehen, wie die zwei Blödmänner zum Streifenwagen geführt werden.

Erinnert ihr euch, als ich gesagt habe, dass Xavier Emery so schön ist, dass es beinahe wehtut? So, wie er in diesem Moment aussieht … das ist genau das, was ich meine. Selbst komplett durchnässt und kurz davor, seinen Hintern in einen Streifenwagen verfrachtet zu bekommen, mit einem Hemd, das an seinem harten, muskulösen Körper klebt, und braunem Haar, das ihm nass in die Stirn fällt, ist er ein feuchter Traum – dieses Wortspiel war Absicht.

Sicher, der Kerl war ein Arsch, als er mit acht Jahren aus meinem Leben verschwand. Trotzdem weiß ich den Anblick des blauäugigen Adonis ebenso zu würdigen wie alle anderen Mädchen.

»In Silver Springs wirds nie langweilig, hm?«, merkt Theo an, als Xavier und Finn auf den Rücksitz geschoben werden und der Streifenwagen mit Vollgas losfährt. »Mann, ich hoffe, das bedeutet, wir haben morgen frei. Ich hab noch nicht mal mit Ms. Callahans Aufsatz angefangen.«

Bei diesem Stichwort trifft mich die Erinnerung wie ein Schlag.

Dieses Jahr konnte ich einen Job in der Schulbücherei ergattern, die gleichzeitig auch als öffentliche Bücherei von Silver Springs fungiert. Gestern hatte ich eine Schicht, bevor ich losfuhr, um meine Schwester von ihrem Gesangsunterricht abzuholen. Sie endete damit, dass ich einen albernen Brief an meine Englischlehrerin geschrieben habe, um Dampf abzulassen. Heute früh konnte ich den Gedichtband jedoch nicht in meinem Rucksack finden.

Ich habe das Buch vergessen, oder?

Ich hab das Buch in der Bücherei vergessen.

Mit dem Brief darin.

Verdammt, Vee, wie blöd kann man eigentlich sein?

Es ist eine Sache, einen wirklich schlechten Tag zu haben und das in einem Hassbrief an eine nervtötende Lehrerin zu verarbeiten. Aber es ist eine ganz andere Sache, so dumm zu sein und den Brief in der Bücherei zu vergessen, wo jeder ihn finden könnte.

Ich sehe schon förmlich vor mir, wie die Schule meine Mutter anruft, um ihr mitzuteilen, dass ihre am wenigsten geliebte Tochter suspendiert wurde, weil sie – und ich zitiere: »… ihre Lehrerin beschuldigt hat, im Höllenfeuer zu baden«.

Doch bevor die Panik mich vollkommen überwältigt, höre ich die Stimme meines Vaters in meinem Kopf.

Ganz ruhig. Atme tief durch und finde das Positive an der Situation.

Mein einziger Trost ist, dass ich den Brief in einem alten, staubigen Buch zurückgelassen habe, das seit über zehn Jahren nicht mehr ausgeliehen worden ist. Die Chancen stehen gut, dass ich auf dem College bin, bevor jemand ihn findet. Und selbst wenn ihn jemand finden sollte, könnte ihn niemand zu mir zurückverfolgen. Shit, ich glaube, ich habe meine Schwester, das Musikgenie, erwähnt. Und mein mögliches Stipendium.

Okay, vielleicht könnte man den Brief zu mir zurückverfolgen, wenn sich jemand die Mühe macht, zu recherchieren. Aber so weit wird es nicht kommen. Das lasse ich nicht zu.

Mr. Lowen gibt uns den Rest des Tages frei und alle Gedanken an Xavier Emery schwinden aus meinem Kopf. Es bleibt nur ein Gedanke übrig.

Eine Mission.

Ein Plan.

Ich muss den Brief in die Hände bekommen, bevor jemand anderes ihn findet.

2. KAPITEL

Xavier

»Habt ihr zwei Trottel irgendeine Ahnung, was ihr da gerade angerichtet habt?«, stößt Hank, Finns Dad, in diesem tiefen, zischenden Ton aus, der zehnmal einschüchternder ist, als wenn er uns anbrüllen würde.

Vermutlich sollte ich am ganzen Leib zittern und über mein »kindisches und leichtsinniges Verhalten« (Hanks Worte) nachdenken. Oder noch besser, ich sollte mir eine Ausrede einfallen lassen, um mein Handeln zu rechtfertigen. Doch während ich von dem Mann, der mir so nahesteht wie ein zweiter Vater, die Standpauke meines Lebens bekomme, kann ich nur eines denken: Verdammt, das ist eine verflucht dicke Ader an seiner Stirn.

Warum würde ich sie so gerne zum Platzen bringen?

Bitte, Ader, platz.

Ein Teil von mir hatte gehofft, dass Sheriff Daniel uns nur zur Show aufs Revier bringt. Immerhin habe ich jahrelang zugesehen, wie Finn ähnliche Streiche abgezogen hat, ohne auch nur eine Verwarnung zu kassieren. Meine Hoffnungen lösten sich jedoch in Rauch auf, als sie unsere kriminellen Ärsche in einen Befragungsraum verfrachteten und uns befahlen, uns zu setzen. Dann wechselten der Sheriff und Finns Dad sich drei Stunden lang damit ab, uns anzubrüllen.

»Xav?«, drängt Hank.

Ich reiße mich zusammen. »Hm?«

»Wartest du darauf, dass das Gras wächst? Falls nicht, beantworte die verdammte Frage.«

Mist.

Notiz an mich: Du solltest besser zuhören, wenn die Leute mit dir reden.

»Ich …«

Finn unterbricht mich. »Nein, natürlich haben wir nicht damit gerechnet, dass sie die Schule evakuieren, Dad. Es war nur eine kleine Stinkbombe.«

Ich stelle Blickkontakt mit meinem besten Freund her.

Finn grinst.

Danke für die Rettung, Idiot.

»Diese eine kleine Stinkbombe«, Hank malt Gänsefüßchen in die Luft, »hat so schlimm gestunken, dass eure arme Lehrerin geglaubt hat, es handle sich um ein Gasleck. Du hast ganz genau gewusst, was du da tust, Finn. Verstehst du das nicht? Du steckst tief in der Scheiße. Und ich weiß nicht, ob ich dich dieses Mal da rausholen kann.«

Hank atmet tief durch, um sich unter Kontrolle zu bringen. »Wie klingt eine dreiwöchige Suspendierung, hm? Wie wäre es, wenn wir Basketball für den Rest des Schuljahres streichen? Und was den Abschlussball angeht, ich hoffe, du hattest nicht vor, hinzugehen. Denn das wird verdammt noch mal nicht passieren.«

Hilflos schließt Finn den Mund und sackt auf seinem Stuhl zusammen. Um fair zu sein, auch wenn es in dem Klassenraum gerochen hat, als wäre etwas gestorben, habe ich keine Ahnung, wie unsere Vertretungslehrerin »warmer Müll und Furz« mit »Gas« hatte verwechseln können.

Ich habe hinten in der Klasse gesessen und die Stinkbombe gezündet, als sie kurz den Raum verließ. Sobald der Gestank sich verbreitete, wurde die Gute panisch und informierte das Schulsekretariat per Gegensprechanlage über einen »ekelhaften, giftigen Gestank«.

Daraufhin wurde der Feueralarm ausgelöst und wir wurden in Rekordgeschwindigkeit aus dem Gebäude geführt.

Ich kann immer noch nicht fassen, wie schnell wir ertappt wurden.

Alles dank ihres sogenannten Videos.

Das war das Erste, was sie zu uns sagten, als sie Finn und mich aus der Versammlung auf dem Rasen herausgeholt haben. Dass sie uns per Video überführen konnten,hat uns eiskalt erwischt. Dann wurden wir auch schon ins Gebäude gezerrt, um auf die Cops zu warten.

Ich habe keine Ahnung, wie ein Video in einem Klassenraum ohne Kamera zustande kommen konnte, aber darüber kann ich im Moment nicht nachdenken.

»Du musst lernen, nachzudenken, bevor du handelst, Sohn.« Hank klopft gegen Finns Stirn, als wolle er sichergehen, dass sich dahinter ein Gehirn befindet. »Denk verflucht noch mal nach.«

Ich erinnere mich daran, wie cool ich Hank als Kind fand, weil er fluchte. Deswegen habe ich auch immer zugehört, wenn er etwas gesagt hat. Und vertraut mir, das bedeutet viel, wenn es von dem kleinen Scheißer mit der zweisekündigen Aufmerksamkeitsspanne kommt, der ich mal war. Doch dann passierte der Unfall und beinahe jedes zweite Wort von ihm ist nun ein Kraftausdruck.

Irgendwann hat es seine Wirkung verloren.

Andererseits … Ich würde auch fluchen, wenn ich die Liebe meines Lebens verloren hätte.

»Und was dich angeht.« Hanks Blick bohrt sich direkt in meinen Schädel. »Du kannst dich glücklich schätzen, dass es das erste Mal ist, dass du so einen Scheiß verzapft hast. Im Gegensatz zu jemand anderem …« Er schaut Finn an, »… solltest du in der Lage sein, die Saison zu beenden. Vielleicht wirst du für ein paar Wochen suspendiert. Und das auch nur, weil wir den Sheriff auf unserer Seite haben. Wenn ihr zwei Clowns jemand anderes wärt, könntet ihr euch im Moment auf eine verfickte Anzeige gefasst machen, ist euch das klar?«

Finn und ich nicken. In den Augen meines besten Freundes schimmert Reue. Das hier ist die reinste Folter für ihn. Basketball ist unser gesamtes Leben. Und ich weiß, wie sehr er Teamkapitän werden wollte. Nachdem ich und nicht er Kapitän wurde, war ihm das Grinsen für mehrere Tage vergangen.

Ah, Shit, ich kann das nicht zulassen.

»Er hatte nichts damit zu tun«, platzt es aus mir heraus.

Die Arme vor der Brust verschränkt schweigt Hank sekundenlang. Ich spüre, dass er mir nicht glaubt, aber wenn es auch nur die kleinste Chance gibt, meinem Freund sein letztes Schuljahr zu retten, muss er mich anhören.

Finn sieht mich mit großen Augen an. »Xav, was hast du …«

»Lass ihn reden, Sohn.« Hank bedeutet mir mit einem Nicken, fortzufahren.

»Er hat nichts damit zu tun. Ich habe die Idee gehabt. Ich habe das blöde Ding mit in die Schule gebracht. Ich habe es ausgelöst. Das war alles ich«, lüge ich.

»Netter Versuch, aber ich habe das Video gesehen. Verdammt, ich wette, die ganze Schule hat es inzwischen gesehen. Du hast ihm die Stinkbombe, eine Minute bevor sie losging, in deinem Rucksack gezeigt.«

Ich schlucke den Drang herunter, ihn nach dem verdammten Video zu fragen, von dem sie ständig reden.

Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, Xav.

»Ganz genau. Ich habe sie ihm gezeigt. Was soll das beweisen? Es bedeutet nicht, dass er vorher davon gewusst hat. Oder dass er auf irgendeine Weise damit zu tun hatte.«

Hank läuft im Raum auf und ab und massiert sich die Schläfen, als ob er tatsächlich glaubt, dass ihm das beim Denken helfen würde. Fünf schmerzhafte Sekunden später sagt er es.

»Ich glaube dir nicht.«

Und da geht mein Moment als Held dahin.

»Du bist nicht der Typ dafür, Xav. Du bist ein guter Junge. Seit achtzehn Jahren kenne ich dich, und du hast dich nicht ein einziges Mal von meinem Sohn in seine schlechten Ideen hineinziehen lassen. Also nein, ich glaube dir nicht.«

Geschlagen senke ich den Blick zu Boden.

»Aber …«, fährt Hank fort, und ich hebe überrascht den Kopf. »Wenn das deine Version der Geschichte ist, wenn du die Schuld auf dich nehmen willst, um deinem Freund zu helfen, kann ich dich nicht aufhalten.«

Aus dem Augenwinkel werfe ich Finn einen Blick zu. Finn, der zum ersten Mal in seinem Leben nicht der führende Kopf hinter einem Streich war. Es ist vielleicht gelogen, wenn ich sage, er hatte nichts damit zu tun. Aber eines ist wahr: Es war meine Idee. Meine. Wenn überhaupt war ich derjenige, der ihn dazu überredet hat.

»Ich sage das nicht, um ihn zu decken. Es war wirklich so.«

Ich sehe förmlich, wie das Gewicht der Welt von Finns Schultern abfällt, als diese Worte über meine Lippen kommen.

»Wenn du das sagst.« Hank nickt, und ein kleines Lächeln zupft an seinen Mundwinkeln.

Ich kann ihn glasklar lesen.

Das ist ein »Dankeschön«.

»Okay. Wir leiten die Nachricht an die Schule weiter und lassen sie über das Strafmaß entscheiden. Der Sheriff will noch mal mit euch reden, danach steht es euch frei, zu gehen.« Hank geht zur Tür, bleibt dort jedoch noch einmal stehen und wirft mir einen Blick über die Schulter zu. »Ich habe nur eine Frage.«

Ich warte darauf, dass er sie mir stellt.

»Warum jetzt?«, fragt er.

»Ich verstehe nicht?«, erwidere ich.

»Warum benimmst du dich plötzlich so? Das bist nicht du, Junge.«

Wenn ich es dir sagen würde, würdest du mich nie wieder auf die gleiche Art ansehen.

»Es hat keinen Grund.«

***

»Was zum Teufel hast du dir nur dabei gedacht?«, kreischt meine Mutter, und ihre Stimme klingt wie Fingernägel, die über eine Tafel kratzen.

Halt den Mund.

Halt einfach den Mund.

»Xavier Emery! Ich rede mit dir!«, brüllt sie.

Ich zucke nicht mal.

Falls sie denkt, es würde etwas bringen, mich mit meinem vollen Namen anzusprechen, dann hat sie sich geirrt. Ich sinke tiefer in den Beifahrersitz und beobachte, wie die einzige Stadt, in der ich je gewesen bin, am Fenster vorbeizieht.

Seitdem sie mich vor einer halben Stunde am Polizeirevier abgeholt hat, werde ich von dieser Frau mit Fragen gelöchert. Ich habe bisher noch keine einzige davon beantwortet, aber »aufgeben« kommt in ihrem Wortschatz nicht vor.

Mal so unter uns … Sie hat auch Probleme mit dem Wort Treue.

»Xavier, hast du mir überhaupt zugehört?« Sie wird langsam ungeduldig.

»Ja, ich habe dich gehört«, brumme ich.

Zufrieden setzt sie ihre Tirade fort. »Hast du eine Ahnung, wie glücklich du dich schätzen kannst, dass Hank eng mit Sheriff Daniel befreundet ist? Das ist der einzige Grund, und ich meine wirklich der einzige Grund, warum du heute gehen durftest. Ich hätte den Sheriff sonst auf Knien anflehen müssen, dich nicht anzuzeigen.«

Ich lache schnaubend.

Es wäre sicher nicht das erste Mal, dass du diese Woche vor einem anderen Mann auf die Knie gegangen wärst, oder, Mom?

»Ich habe dir gesagt, dass dieser Finn einen schlechten Einfluss auf dich hat. Genau wie sein älterer Bruder.« An einer roten Ampel betrachtet sie sich im Rückspiegel und wischt sich mit dem Zeigefinger einen Lippenstiftfleck vom Mundwinkel. »Es ist mir egal, wie lange ihr euch kennt. Oder dass Finns und dein Dad alte Freunde sind. Diese Familie bedeutet nur Schwierigkeiten. Ich wünschte, ihr zwei würdet den Kontakt zu diesen Leuten endgültig beenden.«

Um mich von einer Erwiderung abzuhalten, beiße ich mir so hart auf die Zunge, dass es blutet. Ein metallischer Geschmack flutet meinen Mund, und ich balle die Hände zu Fäusten, damit ich nicht die Beifahrertür aufstoße und aus dem Wagen springe.

Du hast wirklich keine Ahnung, oder?

Ich weiß, was du getan hast.

Ich weiß alles.

Hanks Frage nagt an mir, seit ich das Revier verlassen habe. Warum benimmst du dich plötzlich so? Das bist nicht du. Vielleicht habe ich mich unterbewusst davon überzeugt, dass so einen Mist am Arbeitsplatz meiner Mutter zu veranstalten der beste Weg ist, um Rache an ihr zu üben.

Um ihr für das wehzutun, was ich gesehen habe.

Andererseits … warum will ich dann immer noch ein Loch in ihre Windschutzscheibe schlagen? Warum ertrage ich den Gedanken nicht, meinem Dad in die Augen zu schauen? Und warum, verfickt noch mal, bringe ich es nicht über mich, es ihm zu sagen?

Mom versucht sich für fünf Minuten an Small Talk, bevor sie den Hinweis versteht. Der Rest der Fahrt verläuft ereignislos, abgesehen davon, dass mein Handy mit einer Nachricht von Finn piept, als wir auf unsere Auffahrt einbiegen.

Finn: Danke für das, was du da vorhin getan hast. Ich schulde dir was. Oh, und nur als kleine Vorwarnung: Du solltest besser die Snapchat-Story deiner Freundin angucken.

3. KAPITEL

Aveena

Drei Tage später

»Bries Snapchat-Story?« Das Lachen platzt aus mir heraus, als ich meiner besten Freundin die Treppe hinauf zu ihrem Zimmer folge. »Auf keinen Fall.«

»Doch.« Dia grinst. »Alle reden darüber. Ich kann nicht fassen, dass du sie noch nicht gesehen hat.« Sie stößt die Tür zu ihrer Abstellkammer auf und wirft sich auf das in der Ecke stehende Bett. Ich mache mich nicht über ihr Zimmer lustig. Es war tatsächlich mal ein Abstellraum.

Dia kommt aus einer Familie mit vier Kindern und als ihre Väter im letzten Jahr das jüngste adoptiert haben, ging ihnen der Platz aus. Also mussten sie improvisieren. Da wir alle in ein paar Monaten sowieso aufs College gehen, bot Dia freiwillig an, bis dahin in dieser Kammer zu wohnen. Es ist kein Vergleich zu ihrem alten Zimmer, aber ein zugegebenermaßen doch recht großer und überraschend gemütlicher Abstellraum.

»Fünf Dollar, dass Xavier die liebe Brie dafür verlässt.« Dia klopft neben sich auf die Matratze. »Setz dich.«

Ich gehorche und setze mich im Schneidersitz auf das Bett meiner besten Freundin, während sie ihr Handy herausholt und die Kamera-App öffnet.

»Ich habe ihre Story aufgenommen, bevor sie verschwunden ist«, erklärt Dia und scrollt durch die Fotos von ihr und Finn, auf denen sie lächeln, einander umarmen, sich küssen – und dabei immer noch behaupten, dass sie nur Freunde sind. Es dauert einen Moment, bis sie das Video unter dem ganzen süßen Pärchenkram findet.

»Tada!«, sagt sie und zieht das Video größer.

Brielle Randall, Cheerleaderin, Präsidentin der Schülervereinigung und professionelles Biest, taucht auf dem Display auf und aktiviert den Snapchat-Puppy-Filter. Das muss aufgenommen worden sein, als die Lehrerin den Raum verlassen hat. Die Lippen zum Schmollmund verzogen spielt Brie mit einer Hand an ihren langen, feuerroten Haaren und schaut aufreizend in die Kamera. Dazu der Hashtag: #IHaveNoSelfieControl

Anfangs sehe ich es nicht – ironischerweise hat Brie es anfangs auch nicht gesehen.

Doch dann spielt Dia es noch einmal ab.

Und ich sehe sie im Hintergrund.

Xavier und Finn.

Nichts ahnend, dass die Handykamera auf sie gerichtet ist, tauschen die beiden einen wissenden Blick, während Xavier auf den Rucksack zu seinen Füßen zeigt und ihn mit dem Fuß näher zu Finn schiebt, damit der einen Blick hineinwerfen kann. Auf dem Video ist offensichtlich, dass sie etwas im Schilde führen. Kein Wunder, dass die Schule innerhalb von Millisekunden eins und eins zusammengezählt hat. Xavier checkt seine Umgebung nach Zeugen ab – allerdings nicht gründlich genug, wie wir jetzt wissen – und steckt dann eine Hand in den Rucksack. Das Video endet in dem Moment, als er die Stinkbombe herausholt.

Ja, das genügt.

Viel Glück damit, deine Unschuld zu beweisen, Kumpel.

Ich weiß, ich sollte das Unglück anderer nicht amüsant finden, aber die Ironie, dass Seine Majestät Xavier Emery auf Social Media von seiner eigenen Freundin überführt wurde, ist einfach zu surreal.

»Was ist passiert? Wurden sie suspendiert?« Ich muss mir ein Grinsen verkneifen.

»Du hast es noch nicht gehört?«, Dia klingt schockiert.

»Sorry«, schnaube ich. »Weißt du nicht, mit wem du hier redest?« Dia weiß verdammt gut, dass ich nie im Bilde bin, was den Schulklatsch angeht. Dieses Mädchen ist der einzige Grund, warum ich überhaupt irgendetwas mitbekomme.

»Stimmt.« Sie lacht leise. »Xavier hat die Schuld auf sich genommen und geschworen, dass Finn nichts damit zu tun hatte. Das ist zumindest die offizielle Version.«

»Wirklich? Warum hat er das gemacht?« Ich kann meine Überraschung nicht verbergen.

»Ich schätze, um seinen Kumpel zu beschützen?« Dia zuckt mit den Schultern. »Finn meinte, sie hatten vor, ihn aus der Mannschaft auszuschließen, also hat Xav die Schuld auf sich genommen. Das ist so typisch für ihn.«

Ich halte mich zurück, ihr zu sagen, was ich wirklich von Mr. Nice Guy halte. Es ist, als würde die ganze Schule – die ganze Stadt, um ehrlich zu sein – eine unsterbliche Leidenschaft dafür teilen, Xavier Emery Zucker in den Arsch zu blasen.

Was verständlich ist.

Sie kennen ihn nicht so gut wie ich.

Soweit die anderen es beurteilen können, ist Xavier dieser großartige, aufrichtige junge Mann. Er hat eine Freundin, der er treu ist, ist intellektuell genauso begabt wie sportlich und zettelt nie irgendeinen Unsinn an. Na ja, bis jetzt.

Xavier verbringt seine gesamte Zeit mit Finn und Theo. Die beiden haben sich quasi schon durch das gesamte Cheerleading-Team geschlafen, und dennoch … Xavier ist schon seit über einem Jahr in einer festen Beziehung mit Brie.

Alle wissen, dass Finn und Theo diesen Scheiß lieben: die Partys; dass die Stadt jedes Spiel beinahe religiös verfolgt; die Groupies. Zu ihrer Verteidigung muss man sagen, dass Silver Springs, North Carolina, nicht gerade der Hotspot für heiße Kerle ist – das ist die Schattenseite des Lebens in einer Kleinstadt.

Aber Xavier?

Er wirkt ehrlich gesagt ein wenig … gelangweilt. Gelangweilt von den leichten Siegen, den Afterpartys nach den Spielen, den mit den Wimpern klimpernden Mädchen. Für den Rest der Welt ist Finn der Bad Boy und Xavier der strahlende Ritter.

Aber ich kaufe ihm das nicht ab.

Nicht für eine Sekunde.

Nur weil Xavier einen Hauch weniger schlimm ist als der Rest seiner Freunde, macht ihn das in meinen Augen nicht zu einem Heiligen. Ganz im Gegenteil. Ich scheine nicht denselben Kerl zu kennen wie der Rest der Welt, denn Xavier Emery hat sich mir gegenüber nie anders als ein Arschloch benommen. Sicher, wir waren acht, als wir das letzte Mal etwas miteinander zu tun hatten, aber egal.

Finn, Xavier und ich waren damals quasi befreundet. Wir trafen uns jeden Sonntagmorgen während des Gesangsunterrichts meiner Schwester in Finns Haus zum Spielen, während unsere Mütter miteinander tratschten. Wir frühstückten zusammen und gingen uns gegenseitig höllisch auf die Nerven. Und mit uns auf die Nerven gehen meine ich, dass Xavier und Finn mich genervt haben. RIP an alle Barbiepuppen, die in jenem Sommer auf dem Grill gelandet sind.

Natürlich war das noch zu der Zeit, als unsere Mütter einander ausstehen konnten. Wie sich herausstellte, war das Einzige, das meine Mutter und Delilah Emery – Xaviers Mom – jemals gemeinsam hatten, die Freundschaft mit Nora Richards. Als Finns Mutter in jenem Sommer bei einem tragischen Bootsunglück starb, zerbrach das Trio.

Ab da veränderte sich alles.

Es gab keine gemeinsamen Frühstücke mehr, keine Spieltreffen und auch keine gegrillten Barbiepuppen. Kurz darauf wechselten Xavier und Finn die Schule und ich verschwendete nie wieder einen Gedanken an die zwei. Bis ich sie zu Beginn des neunten Schuljahres in die Easton High stolzieren sah, als gehöre sie ihnen.

Okay, das ist gelogen.

Ein klein wenig habe ich an Xavier gedacht, nachdem er aus meinem Leben verschwand. Aber nur wegen dem, was im Park passiert war, als wir das letzte Mal miteinander spielten. Unvorstellbar, dass wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht die geringste Ahnung hatten, dass Ms. Richards vierundzwanzig Stunden später so ein tragisches Schicksal ereilen würde. Und das ausgerechnet vor den Augen ihres Sohnes.

Ich hatte mich weinend unter der großen Rutsche versteckt, nachdem Xavier mich vom Klettergerüst gestoßen hatte. Der Rotz lief mir aus der Nase und Blut sickerte aus einer Wunde am Knie. Das war das erste und einzige Mal, dass ich echtes Gefühl in Xaviers Augen gesehen habe.

Und dieses Gefühl war Schuld.

Sehr viel Schuld.

»Es tut mir leid. Bitte hör auf zu weinen«, flehte er mich an. Ich glaube, er fürchtete, Schwierigkeiten zu bekommen. Es war eine Sache, mich zu ärgern, aber eine ganz andere, mir wirklich wehzutun. »Ich schwöre, ich wollte das nicht. Es tut mir leid. Bitte sag es nicht meinem Dad.«

Es war auch das erste Mal, dass er halbwegs nett zu mir war. Doch als ich nicht aufhörte zu weinen, wurde er panisch und meinte: »Was soll ich tun? Sag es mir. Soll ich es mit einem Kuss besser machen?« Ich erinnere mich, dass ich ihn ansah, als wäre er nicht ganz dicht, mir vorzuschlagen, mein blutiges Knie zu küssen. Er lachte nur, packte mein Gesicht, wischte eine Träne ab … und küsste mich.

Glaubt mir, das brachte mich sofort zum Verstummen.

Xavier Emery war mein erster Kuss.

Aber er ist trotzdem ein Arschloch.

»… gehört, er und Brie haben sich deswegen gestritten. Sie hat auch einige ihrer Fotos von Instagram gelöscht.«

Ich kehre in die Gegenwart zurück und nicke brav zu der Geschichte, die meine beste Freundin erzählt, wobei ich mich frage, woher sie immer all diese Dinge weiß. Die Sache ist kaum drei Tage her.

Das Wochenende ist noch nicht mal vorbei.

Den Freitag haben wir freibekommen. Die Feuerwehr hat das gesamte Schulgebäude durchsucht, um sicherzustellen, dass die beiden uns nicht noch mehr … Überraschungen hinterlassen haben. Noch nie hatte ich es so eilig, endlich wieder in die Schule zurückkehren zu können.

Ich sage nur ein Wort: Hassbrief.

Seit wir am Donnerstag nach Hause geschickt wurden, bin ich besessen davon, dieses blöde Stück Papier zurückzukriegen. Dank des Streichs war die Bücherei das ganze Wochenende geschlossen, was bedeutete, dass ich nicht arbeiten konnte und keine Gelegenheit hatte, das verdammte Ding zu verbrennen. Vermutlich reagiere ich über. Die Chancen, dass jemand den Brief vor mir findet, stehen beinahe bei null. Ms. Callahan hat uns wissen lassen, dass sie von allen Büchern Exemplare zu Hause hat, also wird sie definitiv nicht nach dem Buch suchen. Trotzdem habe ich Panik, erwischt zu werden.

»Also, was für eine Strafe bekommt Xavier?«, frage ich. »Wenn er die Schuld auf sich nimmt, muss es ernst sein.«

»Äh, das weiß ich noch nicht.« Diamond zuckt mit den Schultern. »Ich glaube, nicht mal Xav weiß es. Aber da es sein erstes Mal ist und so, vermute ich, dass er nur nachsitzen muss.« Dias Handy piept mit einer Nachricht, und sie schaut schnell auf das Display. »Nachher ist eine Party bei Theo. Seine Eltern sind über Nacht weg. Bist du dabei?«

»Lass mich darüber nachdenken.« Ich halte kurz inne. »Ich passe.«

»Das war nicht darüber nachdenken«, murrt Dia.

»Ich denke sehr schnell«, erwidere ich grinsend, und sie stößt einen entmutigten Seufzer aus. »Was ist mit unserem Plan, dass wir beide heute Abend allein abhängen?«

Sie kaut auf ihrer Unterlippe herum. »Vee, du weißt, dass ich dich lieb habe, aber … wir haben die letzten drei Jahre damit verbracht, allein abzuhängen. Es ist unser letztes Schuljahr. Willst du da nicht auch ein wenig was erleben?«

Tief im Inneren hatte ich immer vermutet, dass Dia mehr will.

Mehr Beliebtheit, mehr Partys, mehr Flirts.

Und wenn ich ehrlich bin, hat ein Teil von mir sich immer vor dem Moment gefürchtet, an dem dieses »mehr« auch sie will.

Ich habe nur auf den Tag gewartet, an dem die Hohlköpfe von der Easton aufwachen und erkennen, dass meine beste Freundin umwerfend hübsch ist. Dia ist eine dunkelhaarige Schönheit und hätte keine Probleme, Millionen Follower auf Instagram zu bekommen, wenn sie es nur versuchen würde.

Und nein, ich bin nicht neidisch.

Mein Selbstbewusstsein reicht so weit, dass ich weiß, dass ich nicht komplett unansehnlich bin. An guten Tagen mag ich mein Aussehen sogar: meine karamellfarbenen Haare, die mir in Wellen über den gesamten Rücken fallen; meine braunen Augen mit den grünen Flecken darin; sogar meine Sommersprossen, die ich früher immer abgedeckt habe. Aber ich fühle mich in meiner Haut nicht halb so wohl, wie Dia es in ihrer tut.

Ich trage keine Shorts, Crop-Tops oder Bikinis. Ich bin eher der Typ für Rollkragenpullover und Mom-Jeans, die eine Nummer zu groß sind. Und obwohl mir mein Mauerblümchen-Stil gefällt, weiß ich, dass er mich unsichtbar macht. Zumindest was den männlichen Teil der Bevölkerung angeht.

Ist vermutlich besser so.

Mein Vater sagte immer, Silver Springs sei eine Sackgasse. Bevor er starb, war er so kurz davor, Mom davon zu überzeugen, hier wegzuziehen. Er würde sich im Grab umdrehen, wenn er sähe, dass sein kleines Mädchen sich auf irgendetwas anderes als seine Träume konzentrierte. Aber da müsste er sich keine Sorgen machen, denn das Einzige, das für mich zählt, ist ein Stipendium zu ergattern.

»Erde an Vee?« Dia wedelt mit einer Hand vor meinem Gesicht.

»Sorry. Hör mal, wenn du Finn sehen willst, sag es einfach. Das ist in Ordnung.«

»Will ich nicht«, behauptet sie, und ich ziehe fragend eine Augenbraue hoch. »Okay, gut. Ich habe ihn das ganze Wochenende über nicht gesehen, aber ich will auch Zeit mit dir verbringen.«

»Ist schon okay, D. Wir treffen uns einfach wann anders. In einer halben Stunde muss ich sowieso Ashley abholen.« Ich habe noch nicht mal meinen ersten Schritt gemacht, als Dia vom Bett springt und mich aufhält. »Vee, weißt du, wie viele Leute in der Schule dafür töten würden, um auf diese Partys eingeladen zu werden?« Sie packt meine Schultern, als wolle sie mir die Worte ins Gehirn einhämmern. »In ein paar Monaten ist die Highschool vorbei. Für immer. Wenn du nicht wenigstens versuchst, den Rest der Zeit zu genießen, wird dein zukünftiges Ich es bereuen.«

Zögernd kaue ich auf der Innenseite meiner Wange.

»Komm schon, wir spielen nur ein wenig Billard und trinken ein bisschen was. Das ist alles ganz locker. Nur wir und die Jungs. Bitteeeee.« Sie legt die Hände zusammen und fleht mich an.

»Meine Güte, na gut«, gebe ich nach. »Ich komme vorbei, nachdem ich Ashley abgeholt habe. Aber wenn es ätzend ist, bin ich sofort wieder weg.«

Laut quietschend zieht Dia mich in eine Umarmung. »Es wird nicht ätzend, versprochen.«

Ich löse mich aus ihren Armen, verabschiede mich und verlasse das Haus der Mitchells.

***

»Ashley Camilla Harper!«, rufe ich aus voller Lunge, sobald ich unser Haus betrete. »Würde es dich umbringen, mir Bescheid zu sagen, wenn deine Probe abgesagt wird?«

Keine Antwort.

Ihre Schuhe sind hier, was bedeutet, sie ist es auch. Wütend schmeiße ich meine Schlüssel auf die Ablage im Flur und stürme, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hoch zum Zimmer meiner Schwester.

»Ich habe zwei Stunden auf dich gewartet. Zwei Stunden!«, brülle ich über die Musik, die durch ihre geschlossene Tür dringt. Je näher ich komme, desto lauter dröhnt der Chor von Bishop Briggs’ River.

Ich drücke die Klinke herunter, stoße die Tür auf und … bereue es sofort.

Das Erste, was ich sehe, ist meine Schwester, die halb nackt auf dem Bett liegt.

Das Zweite ist der Kerl, der mit freiem Oberkörper auf ihr liegt.

Lustigerweise entsetzt es mich nicht so sehr, meine siebzehnjährige Schwester dabei zu ertappen, wie sie mit einem Typen rummacht. Es ist vielmehr der Kerl, der mir das Herz in den Magen plumpsen lässt.

Was um alles in der Welt macht er hier?

Die Musik ist so laut, dass sie mich nicht hereinkommen hören.

Das Arschloch schiebt seine Hand unter den Rücken meiner Schwester, um ihren BH zu öffnen, und ich bekomme eine kleine Panikattacke. Es wäre mir lieber, sie ließe den BH an, wenn ich sie gleich anbrülle.

In einem Anflug von Panik trenne ich das Handy meiner Schwester von dem Lautsprecher und stoße das lauteste »Was zum Teufel?« hervor, das ich auf Lager habe. Die beiden springen so schnell auseinander, wie es nur menschenmöglich ist. Ashleys Kiefer sackt beinahe zu Boden, während sie mit der Hand auf dem Bett nach ihrem T-Shirt tastet.

»Vee! W-was machst du denn schon so früh zurück?« Sie presst das Stück Stoff gegen ihren Oberkörper.

»Früh? Es ist nach sechs.«

»Wirklich?« Ashley springt vom Bett und zieht ihr T-Shirt über, als wäre die Uhrzeit wesentlich wichtiger als die Tatsache, dass sie mit ihm im Bett erwischt wurde.

»Du hast mich zwei Stunden an der Akademie warten lassen.«

»Shit, Shit, Shit.« Sie wirbelt wie eine Verrückte durch das Zimmer. »Ich … Bitte, verrate Mom nichts. Es tut mir so leid, Vee. Ich wollte an der Schule auf dich warten, damit du mich wie geplant abholst, aber dann … Ich schätze, wir haben die Zeit vergessen und …«

»Warte mal«, unterbreche ich sie. »Was meinst du damit, du wolltest an der Schule auf mich warten, damit ich dich abhole? Warst du gar nicht da?«

Ihr Gesicht verrät alles. Das hatte nicht rauskommen sollen, oder?

Sie verzieht das Gesicht. »Okay, sei nicht sauer, aber … Es kann sein, dass ich die sonntäglichen Proben erfunden habe.«

»Wie bitte?«

Sie schlägt sich die Hände mit den manikürten Nägeln vors Gesicht. »Ich weiß. Es tut mir so leid. Bitte hass mich jetzt nicht. Ich wollte nur einfach ein wenig freie Zeit haben. Mom treibt mich in den Wahnsinn.«

»Du willst mir also sagen, dass ich mir seit drei Monaten den Arsch aufreiße, um dich von einem Ort abzuholen, an dem du gar nicht jeden Sonntag sein musst?«

Als wäre es nicht schlimm genug, dass ich sie an jedem Tag der Woche von ihrem Gesangsunterricht an ihrer noblen Musikakademie abholen muss.

»Du weißt verdammt gut, dass Mom mir sonntags zusätzliche fünf Stunden gebucht hätte, hätte ich mir die Proben nicht ausgedacht. Und ich habe so schon kaum Zeit zum Atmen. Es tut mir leid, dass du den Chauffeur spielen musst. Ich habe Mom gesagt, dass ich den Bus nehmen kann, damit sie dich nicht zwingt, mich abzuholen, aber sie hat darauf beharrt, dass du nichts Besseres zu t…«

»Ash.« Ich atme aus. »Ist schon gut. Ich verstehe das.«

Sosehr ich auch sauer auf sie sein will, ich kann es nicht.

Ich kann ihr nicht vorwerfen, dass sie auch ein wenig leben will.

Ich kann ihr auch nicht vorwerfen, dass sie so unglaublich talentiert ist, dass sie mit nur sechs Jahren Rising Voices gewonnen hat, einen großen Gesangswettbewerb im Fernsehen. Und vor allem kann ich ihr nicht vorwerfen, dass sie seitdem mit dem Preisgeld und ihrem YouTube-Kanal einen Großteil unserer Rechnungen bezahlt.

Die elfjährige Aveena hat sich einst nach diesem Scheiß gesehnt. Es hat eine Zeit gegeben, da hätte ich getötet, nur um Moms schillernder Stern zu sein. Das Zentrum ihres Universums. Damals hätte ich so gern Ashleys Platz eingenommen.

Heute nicht mehr.

Denn heute verstehe ich, welches Glück ich hatte, als ein ganz gewöhnlicher Mensch geboren worden zu sein.

Meine Mutter wurde in dem Moment der Momager meiner Schwester, in dem Ashley einen Ton halten konnte. Da kann sie nicht viel älter als vier gewesen sein. Und eines habe ich in der Zeit gelernt, in der ich zusehen musste, wie Ashley seit der Vorschule versucht, sich eine Karriere aufzubauen: es hat einen Preis, besonders zu sein. Und nur wenige sind mutig genug, ihn zu zahlen.

»Wirst du es Mom sagen?« Ashley kaut auf ihrer Unterlippe herum. Ich tue, als würde ich darüber nachdenken, obwohl meine Antwort bereits in Stein gemeißelt ist.

»Nein«, sage ich, und sie lässt erleichtert die Schultern sacken.

»Danke, Vee. Du bist die Beste.«

»Aber du fährst ab heute mit dem Taxi. Es ist mir egal, was du tagsüber machst: Solange wir beide zur gleichen Zeit zu Hause sind, muss Mom es nicht erfahren.«

Ohne ein Wort schlingt sie ihre Arme um mich, und ich erwidere die Umarmung halbherzig. Ich habe lange versucht, sie zu hassen, doch es hat nicht funktioniert. Denn egal, wie talentiert sie ist, egal, wie viele Hits ihre Songs auf YouTube kriegen, meine kleine Schwester ist ein wirklich netter Mensch.

Ich bin mit meiner Mutter in vielen Dingen nicht einer Meinung. Aber sie hatte recht damit, darauf zu bestehen, dass Ashley ihren Highschoolabschluss in Silver Springs macht, bevor sie nach Los Angeles zieht und diesem Superstar-Ding eine Chance gibt. Es hält sie geerdet …

Zum Großteil.

Na gut, manchmal hat Ash ein übergroßes Ego und glaubt, dass die Welt sich nur um sie dreht. Dabei erkennt sie nicht, wie viel Glück sie hat, das alles bereits mit siebzehn zu haben. Trotzdem ist sie eine gute Seele … Was mehr ist, als ich über das Stück Dreck in ihrem Bett sagen kann.

»Oh, und das hier …« Ich zeige auf ihren Ex-Freund. »Muss aufhören. Mom wird dich umbringen.«

Ashleys schlechte Entscheidung lässt seinen Blick einmal über meinen gesamten Körper gleiten.

»Lange nicht gesehen, Vee.« Sein Grinsen jagt mir Schauder des Ekels über den Rücken.

»Logan.« Ich gönne ihm kaum einen Blick, sondern konzentriere mich auf Ashley. »Seit wann seid ihr wieder zusammen?«

»Das ist ehrlich gesagt gerade erst passiert«, antwortet meine Schwester mit einem breiten, verliebten Lächeln im Gesicht, und mein Herz zieht sich zusammen.

»Ich dachte, du hättest die Stadt verlassen«, sage ich zu Logan und muss all meine Energie aufbringen, um meine Abneigung gegen ihn zu verbergen.

Du Scheißkerl. Du hast es versprochen.

Du hast versprochen, dass du nach dem, was wir getan haben, nie wieder zurückkommen würdest.

»Ich weiß, aber ich habe meine Meinung geändert. Was soll ich sagen? Ich habe mein Mädchen vermisst.« Er schaut mir direkt in die Augen, als er das sagt. Der Unterton ist so schmerzhaft deutlich, dass ich mir ein Loch graben und mich vor den Dämonen meiner Vergangenheit verstecken will.

Vor meiner Scham.

Ashleys Handy klingelt zum Glück, bevor es unangenehm wird.

»Mist, das ist Rob.« Sie dreht das Handy so, dass ich den Namen ihres Managers lesen kann. Mom glaubt gerne, dass sie die Kontrolle hat. Aber wir alle wissen, dass eigentlich er derjenige ist, der Ashley die Jobs verschafft. »Da muss ich ran.«

Sie verlässt das Zimmer und lässt mich mit dem Menschen allein zurück, den ich auf dieser Welt am wenigsten mag. Ihre polternden Schritte auf der Treppe sind Logans Stichwort, seinen Zug zu machen.

»Hast du mich vermisst?«, besitzt er doch tatsächlich die Frechheit zu fragen.

»Nicht für eine verdammte Sekunde.«

Ungerührt kommt er auf mich zu.

»Tja, das ist schade. Denn ich habe dich vermisst, Vee-Card.«

Ekel sammelt sich in meiner Kehle.

Hat er mich so genannt?

War das mein Spitzname, wenn er mit seinen Freunden über mich geredet hat?

»Verstehst du? Vee-Card? Weil du Aveena heißt und, nun ja, den Rest muss ich nicht erklären, oder?«

Nein, muss er nicht. Ich weiß, dass V-Card für Virginity-Card steht. Dieser bescheuerte Ausdruck steht dafür, dass man noch Jungfrau ist.

»L-lass mich eines klarstellen: Das mit euch beiden war vorbei. Ihr hattet schon Monate vorher Schluss gemacht.« Ich bemühe mich, selbstsicher zu klingen, aber meine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern. »Und du hast gesagt, dass du niemals zurückkommen wirst. Du und ich … Das hat nichts bedeutet. Überhaupt nichts. Verstanden?«

»Okay.«

Zuerst bin ich überrascht, wie einfach das war.

Überrascht, dass er die Botschaft anscheinend wirklich verstanden hat. Bis er die Tür zumacht und mich in der engen Ecke bei Ashleys Schreibtisch einkesselt.

Ich könnte kotzen.

Denn er ist hart.

Und ich bin ein schrecklicher Mensch.

Aber vor allem bin ich eine furchtbare Schwester. Ich hasse es, dass das einzig Verrückte, das ich je in meinem Leben gemacht habe, sich als mein allergrößter Fehler herausgestellt hat.

»Aber das bedeutet nicht, dass wir es nicht noch mal tun können, oder, Vee-Card?« Mit dem Daumen streicht er mir über die Wange, und ich zucke zurück. »Verdammt, wenn Ashley Bock darauf hat, könnten wir doch einen Dreier machen, was meinst du?«

Das Schlimmste ist: Ich glaube nicht, dass er das als Scherz meint.

»Lass mich verfickt noch mal in Ruhe!« Ich schubse ihn von mir.

»So ein schmutziger kleiner Mund. Mir hat es besser gefallen, als er um meinen …«

Ich ohrfeige ihn so hart, dass es mich selbst schockiert. Sein Kiefer erschlafft und seine Augen werden so dunkel wie seine Seele, als er einen drohenden Schritt auf mich zu macht.

»Du Schlampe«, stößt er zwischen zusammengebissenen Zähnen aus, verstummt dann aber, als Ashleys Stimme lauter wird. Sie ist immer noch am Handy, aber auf dem Weg zurück in ihr Zimmer. »Oh, Schwesterlein kommt zurück. Was meinst du? Ist es ein schlechter Zeitpunkt, um ihr die Idee mit dem Dreier vorzuschlagen?«

Die Angst scheint mir ins Gesicht geschrieben zu stehen, denn er lacht hämisch auf. Ashley und ich haben unsere Beziehung gerade erst wieder auf eine gute Ebene gebracht. Sie darf niemals erfahren, was passiert ist. Niemals.

»Sei doch nicht gleich beleidigt, Vee-Card. Dein Geheimnis ist bei mir sicher.«

Logan zieht sich aufs Bett zurück, wo meine Schwester ihn zurückgelassen hat. Tränen brennen in meinen Augen, und ich ziehe die Tür auf, doch zwei Sekunden bevor ich auf den Flur hinauslaufen kann, fügt Logan hinzu: »Für den Moment.«

4. KAPITEL

Aveena

Es ist Viertel vor sieben, als ich in die Einfahrt zu Theodore Cox’ Haus einbiege und den Motor abstelle. An jedem anderen Tag hätte ich mir alle möglichen Ausreden einfallen lassen, um nicht zu dieser Party zu gehen – oder dem »gemeinsamen Chill-out« oder wie auch immer sie das nennen. Aber ich musste aus dem Haus.

Weg von Ashley und Logan.

Vor allem, nachdem meine Mom ihn zum Dinner eingeladen hat. Es ist verrückt, wie leicht es Logan fällt, den Schalter umzulegen und einen auf netten Kerl zu machen. Es ist über ein Jahr her, dass er und Ashley sich getrennt haben, und der skrupellose und manipulative Mistkerl findet noch immer ohne ein Blinzeln in seine Rolle zurück.

Er hat seine Arschkriecher-Persönlichkeit perfekt gemeistert: das scheue Lächeln, das ständige »Bitte« und »Danke«, die falschen Komplimente an meine Mom, die unbedingt glauben will, dass sie nur halb so alt aussieht, wie sie ist.

Er hätte mich wirklich täuschen können. Verdammt, er hat mich getäuscht. Er hat mich dazu gebracht, ihm zu vertrauen, mich ihm zu öffnen, mein eigen Blut zu hintergehen.

Auf Theos Einfahrt stehen mehrere Autos, darunter Dias limettengrüner Käfer. Als ich auf das einstöckige Haus zugehe, tippe ich eine Nachricht an meine beste Freundin:

Ich bin hier.

Verdammt.

Ich war schon mal bei Theo. Auf der Party zum Ferienende, auf die Dia mich vor Beginn unseres letzten Schuljahres geschleppt hat. Bevor ich meine Manieren vergesse und uneingeladen eintrete, klopfe ich. Die Küche ist leer, aber die Arbeitsplatten sind mit leeren Bierdosen und roten Plastikbechern übersät.

»Dia?«, rufe ich und recke den Hals, um ins Wohnzimmer zu gucken. Keine Menschenseele in Sicht.

Doch dann höre ich einen spitzen Schrei, gefolgt von einem lauten Platschen und entferntem Gelächter. Ich folge den Geräuschen in Richtung Garten und schiebe die Glastür auf, hinter der sich die Elite der Easton High im Pool tummelt.

Nun ja, rein technisch gesehen sind es nur Finn, Dia und Theo. Brielle und die Kapitänin der Cheerleader, Lacey Mattson, liegen in ihren Bikinis auf gelben Sonnenliegen, während Axel Fletcher – ein Typ aus der Basketballmannschaft – sie beäugt, als wären sie Lammkoteletts.

Ich schlendere aus dem Haus, wobei sich Nervosität in meinem Magen ausbreitet. Dia schreit Finn an, weil er sie komplett angezogen ins Wasser geworfen hat, aber er schwimmt nur lächelnd auf sie zu, nimmt sie in die Arme und küsst sie und sie schmilzt daraufhin förmlich in seinen Händen.

Bisher hat mich noch niemand bemerkt.

Ich könnte nicht weniger hierherpassen, wenn ich mich bemühen würde. Das ist mein Stichwort. Ich ziehe mich langsam zurück und hoffe, es zu meinem Auto zu schaffen, bevor sie mich bemer…

»Vee?« Ich erkenne Dias Stimme.

Mist.

»Oh, hey.« Ich winke verlegen.

Alle Augen sind auf mich gerichtet.

»Wolltest du gerade gehen?«, fragt meine beste Freundin besorgt.

»Was? Nein, ich wollte nur … was zu trinken holen. Drinnen. Weil mir heiß ist.« Ich fächere mir Luft zu.

Sehr smooth, Trottel.

»Nicht nur dir.« Axel Fletcher schiebt seine Sonnenbrille ein Stück die Nase herunter, als würde er das Angebot mustern.

Arschloch.

Ich muss zugeben, der Kerl macht seinem Ruf alle Ehre. Er könnte eine solide Acht sein, wenn er nicht alles innerhalb eines Wimpernschlags sexualisieren würde.

Dia kommt aus dem Pool und geht schnurstracks zu der roten Kühlbox am Grill. Ihre durchweichten Shorts und das Tanktop kleben wie eine zweite Haut an ihr, und ihre dicken schwarzen Haare sind total zerzaust. Finn hat sie so richtig erwischt.

»Was willst du? Bier? Eistee? Wir haben alles.«

»Eistee klingt gut.«

»Bitte.« Sie reicht mir eine Dose Arizona Iced Tea.

»Mist, du hast deinen Badeanzug nicht dabei, oder?«

Ich schüttle den Kopf.

»Du etwa?« Ich zeige auf ihre Klamotten, und sie lacht.

»Ja, ich wollte ihn gerade anziehen, als mein Trottel von Freun…« Sie räuspert sich. »Als Finn mich in den Pool geworfen hat.«

Da ist es. Ich habe schon eine Weile darauf gewartet, dass sie sich verplappert, um meinen Verdacht bestätigt zu bekommen.

Ihre nichtexklusive Beziehung ist nicht Dias Idee. Und das war sie auch nie. Es ist Finns. Er ist derjenige, der auf diesem »Freunde mit gewissen Vorzügen«-Unsinn besteht. Dia hätte es schon vor einer Ewigkeit offiziell gemacht.

Das wird so was von nicht gut enden.

»Ich ziehe mich schnell um. Los, misch dich unter die Leute.« Sie deutet auf ihre neuen Freundinnen.

Ich nicke, flehe sie aber innerlich an, mich nicht mit ihnen allein zu lassen. Dia marschiert in Richtung Haus, bleibt dann aber kurz stehen und schaut über die Schulter zu mir zurück. »Oh, und Vee?«

»Ja?«

»Ich bin echt froh, dass du gekommen bist.«

Lüge ich und schenke ihr ein kleines Lächeln.

Nachdem Dia im Haus verschwunden ist, gehe ich zum Pool. Eine Sekunde lang überlege ich, ob ich mich zu den Mädels setzen soll, aber dann wird mir klar, dass ich mir eher die Augen mit einer Mistgabel ausstechen würde, als Small Talk mit Brielle Randall zu halten.

Wir waren schon vor der Highschool auf der gleichen Schule, und sie und ihr Gefolge haben mir damals das Leben zur Hölle gemacht. Auch als Dia und ich das erste Mal bei Finn und seinen Kumpels abhingen, verteilte Brie ständig Spitzen gegen mich.

Zu meinem Glück brachte Finn sie schnell zum Schweigen. Er meinte, jeder, der Dia wichtig wäre, wäre auch ihm wichtig und sie könne entweder ihr verdammtes Maul halten oder gehen. Finn mag ein Schwachkopf mit Bindungsängsten sein, aber selbst ich muss zugeben, dass er verdammt loyal ist.

»Hey Aveena!« Lacey winkt, als ich beinahe am Pool angekommen bin.

»Hey.« Ich schenke ihr ein Lächeln, und das ist überraschenderweise echt. Manchmal frage ich mich, warum Lacey mit Brielle abhängt. Okay, sie sind beide Cheerleader, umwerfend und beliebt, aber was ihre Persönlichkeiten angeht, könnten sie nicht unterschiedlicher sein.

Einmal hatte ich ein gemeinsames Naturwissenschaftsprojekt mit Lacey– äh, fangen wir noch mal von vorne an: Ich habe ganz allein ein Naturwissenschaftsprojekt gemacht, während Lacey dabei zugesehen hat, aber sie war nett. Sie ist vielleicht nicht die hellste Leuchte, aber dafür, dass sie die Kapitänin der Cheerleader ist, ist sie überraschend … anständig.

Ich setze mich an den Rand des Pools, rolle meine Jeans so weit hoch, wie es geht, und schlüpfe aus meinen gefälschten Toms, um meine Füße ins Wasser zu tauchen.

»Vee, hey. Ich freue mich, dass du kommen konntest«, sagt Finn aus reiner Höflichkeit. Es ist so offensichtlich wie Bries Selbstbräuner, dass er nur nett zu mir ist, weil ich Dias beste Freundin bin. Aber ich weiß es trotzdem zu schätzen.

Theo schnaubt. »Aveena, richtig? Hat dir jemals jemand gesagt, dass dein Name klingt wie eine Handcreme?«

Ich will gerade etwas erwidern, als Theos Augen aufleuchten.

»Da ist er ja!«, ruft er. »Das wurde auch verdammt noch mal Zeit.«

Ich wirble mit dem Kopf herum und sehe niemand Geringeren als Xavier Emery in all seinem sexy Good-Boy-Glow aus Theos Haus kommen. Ich würde ja gerne Bad Boy sagen, aber laut der gesamten Stadt kann der Kerl ja nichts falsch machen. Er trägt zerrissene Jeans und ein schwarzes T-Shirt. Es sieht so aus, als hätte er die Info, dass das hier eine Pool-Party ist, auch nicht bekommen.

»Babyyyy!« Brie springt von ihrer Liege auf, schlendert auf ihn zu und schlingt ihm die Arme um die Schultern, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. Xavier schenkt ihr nicht mal einen Blick, bevor er ihre Arme einen nach dem anderen von sich löst.

Autsch.