Edgar Allan Poe: Der Mann und das Werk - Hanns Heinz Ewers - E-Book

Edgar Allan Poe: Der Mann und das Werk E-Book

Hanns Heinz Ewers

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Beschreibung

Dieses eBook: "Edgar Allan Poe: Der Mann und das Werk" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Dieses Buch ist eine detaillierte Biografie über das Leben des US-amerikanischen Schriftstellers Edgar Allan Poe, seine Dichtung und Symbolismus. Edgar Allan Poe (1809-1849) prägte entscheidend die Genres der Kriminalliteratur, der Science-Fiction und der Horrorliteratur. Seine Poesie wurde zum Fundament des Symbolismus und damit der modernen Dichtung. Poes Frühwerk ist beeinflusst von George Gordon Byron sowie von Autoren der deutschen Romantik, wie beispielsweise E. T. A. Hoffmann und Friedrich de la Motte Fouqué. Später wurde er von unter anderem von Charles Dickens, den er persönlich kennenlernte, und Fürst Hermann von Pückler-Muskau beeinflusst. Zu seinen stilprägenden Erzählungen - nicht zuletzt, weil er ein Virtuose des Grauens war - gehören die Kurzgeschichte Der Untergang des Hauses Usher, die als Beispielwerk der Schwarzen Romantik gilt, und Poes einziger Roman Die Abenteuer Gordon Pyms. Mit Der Doppelmord in der Rue Morgue gilt Poe als einer der Erfinder der Detektivgeschichte und des deduktiv arbeitenden Krimihelden, der seine Fälle durch Logik und Kombinationsgabe löst. Poes großes Sujet, das in vielen Geschichten immer wieder auftaucht, ist der Tod einer schönen Frau (Morella, Ligeia, Annabel Lee). Ebenfalls von großer Bedeutung ist sein lyrisches Werk. Der Rabe (englisch The Raven) und The Bells gelten als die ersten bedeutenden Gedichte Amerikas in der Weltliteratur. Poe maß bei der Konzeption seiner Gedichte der Musik und dem logisch-formalen Aufbau einen hohen Stellenwert bei und sorgte oft für die klangliche Veranschaulichung der im Gedicht beschriebenen Dinge (The Bells), was ihn zu einem Vorläufer des Symbolismus machte. Hanns Heinz Ewers (1871-1943) war ein deutscher Schriftsteller, Filmemacher, Globetrotter und Kabarettist.

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Seitenzahl: 49

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Hanns Heinz Ewers

Edgar Allan Poe: Der Mann und das Werk

Eine detaillierte Biografie mit Abbildungen

e-artnow, 2014
ISBN 978-80-268-2222-6

Inhaltsverzeichnis

Cover
Titelblatt
Text

GUSTAV MEYRINK,

dem Rauschkünstler, dem Träumer, der an Träume glaubt als an das einzig Wirkliche — wie es Poe tat, wie es der tut, der dies schrieb — sei dies Büchlein gewidmet.

In der Alhambra

HANNS HEINZ EWERS.

April 1905

Leicht schreitet mein Fuss über die grauen Steine, den alten Weg, den ich so oft gegangen, hinauf zu der Alhambra heiligem Haine. Das Tor der Granaten öffnet sich weit meiner Sehnsucht, dahinter bin ich der Zeit entflohen — — so leicht wandelt man in der Träume Land. Wo die Ulmen rauschen, wo die Springquellen plaudern, wo aus Lorbeerbüschen hundert Nachtigallen singen, da mag ich wohl an meinen Dichter denken.

***

Man sollte es nicht tun. Wirklich nicht.

Man sollte nicht hingehen und irgendein Buch lesen über den Künstler, den man liebt. Fast immer wird man enttäuscht sein — — wie kann ein Pfaffe über Gott sprechen? So vorsichtig soll man damit sein, so sehr vorsichtig.

Du solltest es so machen:

Du liebst Firdusi? — Goethe schrieb über ihn; den kennst du nicht? Nun gut: lies erst alles, was Goethe schrieb, ehe du das liest, was er über den Perser sagt. — Und dann erst, wenn du den genau kennst, der über deinen Liebling schrieb, dann erst entscheide dich, ob du das lesen willst, was er über ihn sagt! — So wirst du keine Enttäuschung erleben.

Lies nie, was Hinz und Kunz über den Künstler schreiben, den du liebst. Und wenn Hinz und Kunz die allergrössten Sterne sind, und wenn dein Liebling ein ganz kleiner Nebelfleck ist — — lies es nicht! Lies es nicht eher, bis du Hinz und Kunz genau kennst, bis du weisst: sie haben ein Recht, über deinen Künstler zu sprechen.

Ich habe es nicht so gemacht. Ich habe irgendwoher ein paar dickflüssige Tropfen im Blute: unerträgliche deutsche Gründlichkeit. So eine Art Pflichtgefühl. Ich dachte: eh du über den Dichter schreibst, den du liebst, lies das, was andere vor dir schrieben. Ich dachte: „Vielleicht — —“

Ich las also viel über Edgar Allan — Nun bin ich so enttäuscht, so sehr enttäuscht. Da war nur einer, dessen Geist ihn fassen konnte.

War nur Baudelaire — —

Baudelaire, der aus dem Haschich eine Kunst schuf. — Wie hätte er ihn auch nicht fassen sollen, ihn, der aus Alkohol und Laudanum Kunstwerte formte?!

***

— Jetzt muss ich das alles vergessen, was die anderen sagten. Diesen grässlichen Griswold muss ich vergessen, dessen ganze Poebiographie nichts anderes ist, als ein giftiges Ausspucken: „Er soff, er soff, pfui doch, er soff!“ — — Und den noch grässlicheren Ingram muss ich vergessen, diesen Narren, der meinen Künstler ehrenrettete, indem er immer wieder stammelte: „Er trank gar nicht, wirklich, er trank gar nicht!“

Rasch, ehe ich sie vergesse, will ich die Daten niederschreiben, die ich von ihnen habe:

„Edgar Allan Poe, geb. am 19. Januar 1809 in Boston. Irische Familie, langer Stammbaum, normannisches, keltisches, angelsächsisches, italienisches Blut. 1816 nach England mit seinen Pflegeeltern, ein paar Jahre in einer Boarding-School in Stoke-Newington. — 1822 zurück nach Amerika, 1826 Student in Richmond, dann in Charlottesville. 1827 Reise nach Europa mit unbekannten Abenteuern. 1830 Offizierskadett in Westpoint. 1834 Leiter des Southern Literary Messenger in Richmond. 1836 verheiratet mit seiner Cousine Virginia Clemm. Er schrieb. —1 Er lebte abwechselnd in New-Jork, Philadelphia, Richmond, Fordham. Es ging ihm sehr schlecht. ,Er soff‘ (sagt Griswold). ,Er trank gar nicht‘ (sagt Ingram). Er starb am 7. Oktober im Armenkrankenhaus zu Baltimore, vierzig Jahre alt.

So, das wären diese allergleichgültigsten Daten. Nun kann ich auch das vergessen.

— Wie schwer das doch ist! — Ganz langsam gehe ich durch die Ulmenallee, hinauf zu dem Königsschloss. Links biege ich ein und durchschreite die mächtige Turmpforte des Gesetzes. Ich freue mich über die Hand da oben, die den bösen Blick bannt; ich denke: da werden meine Pfaffen draussen bleiben. Nun bin ich oben — — allein in den vertrauten Räumen.

Ich weiss wohl, wohin ich will. Rasch durch den Myrtenhof, durch den Saal der Mocaraben in den Hof der zwölf Löwen. Links hinein in das Zimmer der beiden Schwestern und durch das der Ajimeces. Nun bin ich da, im Mirador de Daraxa, wo Boabdils Mutter ‘Aicha wohnte. Ich sitze am Fenster, blicke hinaus auf die alten Zypressen — —

Wie schwer es doch ist, zu vergessen! Da gehen meine Pfaffen im Garten spazieren. Zwei englische Heuchler, runder Hut, kurze Pfeife, schwarzer Rock. Den Bädeker in der Hand.

„Er soff!“ zischt der eine.

„O nein, er trank wirklich nicht!“ fistelt der andere.

Ich möchte sie mit den Köpfen zusammenstossen! Ich möchte ihnen zuschreien: „Fort, Ratten, fort! Hier sitzt einer, der träumt von dem Künstler, den er liebt! Er sang in eurer Sprache — — und ihr Stöcke wisst nichts von ihm!“ —

Sie gehen ja schon, gewiss doch! Ich bin wieder allein — —

***

Er soff — — er soff nicht! — So streiten Engländer über ihre Dichter! Sie lassen Milton verhungern, sie stehlen Shakespeare sein ganzes Lebenswerk, sie wühlen mit krummen Fingern in Byrons und Shelleys Familien­geschichten, sie begeifern Rossetti und Swinburne, stecken Wilde ins Zuchthaus und zeigen mit den Fingern auf Charles Lamb und Poe — — weil sie tranken!

Ich bin doch froh, dass ich ein Deutscher bin! Deutschlands grosse Männer durften — — unsittlich sein. Unsittlich — — das heisst: nicht eben genau so sittlich, wie die guten Bürger und Pfaffen. Der Deutsche sagt: „Goethe war unser grosser Dichter“. — Er weiss, dass er nicht so sehr sittlich war, aber er nimmt ihm’s nicht weiter übel. — Der Engländer sagt: „Byron war unsittlich, darum war erkein grosser Dichter“. Nur in England konnte des widerlichen Moralpfaffen Kingsley Wort über Heine ein geflügeltes werden: „Sprecht nicht von ihm — — — er war ein schlechter Mensch!“ —

Wenn es aber gar nicht mehr anders geht, wenn alle Völker ringsum die „unsittlichen“ englischen Dichter anerkennen und lieben, wenn der Engländer endlich gezwungen wird, zu sprechen — — — dann lügt