Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen - Lynda Curnyn - E-Book

Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen E-Book

Lynda Curnyn

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Beschreibung

Angela DiFranco möchte eigentlich Schauspielerin werden - sie weiß es nur noch nicht. Und sie liebt den falschen Mann - aber auch das weiß sie noch nicht. Darum verfolgt sie einen Plan, der eigentlich gar nicht ihrer ist. Entsprechend geschockt ist sie, als der sich zu erfüllen scheint. Panisch zieht sie die Reißleine ,,,

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Seitenzahl: 509

Veröffentlichungsjahr: 2012

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Alle Rechte, einschließlich das der vollständigen oder auszugsweisen Vervielfältigung, des Ab- oder Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten und bedürfen in jedem Fall der Zustimmung des Verlages.

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Ein bisschen Single – und andere bühnenreife Vorstellungen

Als auch ihr dritter Ex-Freund freudestrahlend von seiner bevorstehenden Hochzeit erzählt, kommt Angie doch langsam ins Grübeln: Warum ist sie mit 31 noch nicht unter der Haube? Warum ignoriert Kirk – Lebensgefährte seit immerhin fast zwei Jahren – ihre schmachtenden Blicke vor den Schaufenstern mit Eheringen so konsequent? Schlimmer noch: Warum stellt er sie noch nicht mal seinen Eltern vor?

Angie beschließt, dem Mann auf die Sprünge zu helfen – mit Erfolg, wie ihre Freunde missmutig feststellen müssen. Sie finden, der bodenständige Kirk ist viel zu brav für die temperamentvolle Italienerin. Und das Schicksal scheint ihnen Recht zu geben, denn gerade, als alles gut zu werden scheint, wirft Angie sämtliche Pläne über den Haufen …

Lynda Curnyn

Ein bisschen Single – und andere bühnenreife Vorstellungen

Roman

Aus dem Amerikanischen von Katja Henkel

RED DRESS INKTM TASCHENBUCH

RED DRESS INKTM TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Cora Verlag GmbH & Co. KG,

Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg

Deutsche Erstveröffentlichung

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

Engaging Men

Copyright © 2003 Lynda Curnyn

erschienen bei: Red Dress Ink, Toronto

Published by arrangement with

Harlequin Enterprises II B.V., Amsterdam

Konzeption/Reihengestaltung: fredeboldpartner.network, Köln

Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln

Titelabbildung: by GettyImages, München

Autorenfoto: © by Harlequin Enterprise S.A., Schweiz

Satz: D.I.E. Grafikpartner, Köln

ISBN 978-3-95576-161-5

www.mira-taschenbuch.de

eBook-Herstellung und Auslieferung:

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

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1. KAPITEL

Festsitzende Deckel und andere Theorien über das männliche Verhalten.

Alles begann mit einer Nachricht auf meinem Anrufbeantworter.

„Rate mal, wer heiratet?“ sagte eine Stimme, die ich nur zu gut kannte.

Sie gehörte Josh. Meinem Ex-Freund. Der nun der Verlobte einer anderen war. Nicht, dass ich Josh jemals hatte heiraten wollen, schließlich litt er unter einer unüberwindbaren Abneigung gegen Zahnseide. „Haben vielleicht die Steinzeitmenschen Zahnseide benutzt?“ hatte er mich einmal gefragt. „Und? Leben diese Steinzeitmenschen vielleicht noch?“ hatte ich geantwortet. Unsere Beziehung dauerte nur sechs Monate, dann verkündete ich, dass ich keine Lust hätte, mit fünfundsechzig darauf achten zu müssen, dass er vor dem Zubettgehen sein Gebiss herausnimmt. „Okay, okay, dann benutze ich eben Zahnseide“, antwortete er. Aber da war es schon zu spät. Die Romantik war weg.

Und jetzt wollte er also heiraten. Eine Frau, die er kaum drei Monate nach unserer Trennung vor vier Jahren, kennen gelernt hatte. Er war nicht mein erster Ex-Freund, der diesen Weg beschritt. Randy, mein Freund vor Josh, begann bereits gerade mal sechs Wochen, nachdem wir uns tränenreich getrennt hatten, den Hochzeitsmarsch zu blasen. Dann gab es noch Vincent, meine erste Liebe – der war nun schon seit beinahe einer Dekade verheiratet. Gemäß meiner Mutter – die in Rufweite seiner Mutter in Marine Park in Brooklyn wohnt und es nie versäumt, mich auf dem Laufenden zu halten – haben Vincent und seine Frau bereits das dritte Kind in der Mache.

Wenn ein Ex heiratet, dann kann man noch darüber lachen. Beim Zweiten wird man nervös. Aber beim Dritten? Drei?

Dann beginnt man, es persönlich zu nehmen. Ich meine, warum verspüren die Männer nie bei mir das Verlangen, im Namen der ewigen Liebe Unsummen an Geld rauszuschmeißen?

„Das ist das Dilemma mit den festsitzenden Deckeln“, erklärte meine Freundin Michelle.

„Festsitzende Deckel?“ Vielleicht kannte sie ja eine Weisheit, die meine Welt wieder zurecht rückte. Schließlich hatte sich Michelle in den vier Jahren, in denen ich mir einen Wirtschaftsabschluss erarbeitet hatte, den ich nie brauchte, sich einen Ehemann, ein Haus und einen Diamanten von der Größe New Jerseys geangelt.

„Das kennt man doch“, fuhr sie fort. „Man versucht die ganze Zeit erfolglos, den Deckel eines Marmeladenglases zu öffnen, der sich keinen Millimeter bewegt. Und wenn man dann das Glas jemand anderem gibt, geht es völlig problemlos auf. Oder glaubst du wirklich, dass Jennifer Aniston, egal, was für eine hübsche Frisur sie hat, bei Brad Pitt hätte landen können, wenn es da nicht vorher Gwyneth gegeben hätte? Und schau dir mich und Frankie an.“ Das war der Mann, mit dem sie seit sieben Jahren verheiratet war. Sie hatte ihn sich kurz nach seiner Trennung von Rosanna Cuzio, der Ballkönigin unserer Highschool, gegriffen.

Nachdem Michelle mir ihre Theorie so geschickt erläutert hatte, konnte ich es nicht länger leugnen. Offenbar hatte ich Josh, Randy und Vincent erfolgreich darauf vorbereitet, beim nächstbesten Mädchen das Ehegelübde abzulegen. Meine Güte, für meine Bemühungen hätten sie mich eigentlich zur Trauzeugin machen müssen.

Stattdessen war ich nur die Ex-Freundin, die vielleicht oder vielleicht auch nicht zur Hochzeit eingeladen wurde, was davon abhing, wie sicher sich die Braut ihres künftigen Ehemannes war.

Sofort betrachtete ich Kirk, meinen derzeitigen Freund, mit anderen Augen. Wir waren seit einem Jahr und acht Monaten ein Paar, was seit meinem dreijährigen Verhältnis mit Randy absoluter Rekord war. Wir gaben ein richtig nettes, kleines Paar ab, Kirk und ich. Ich bekam inzwischen sogar Einladungen zu Partys, die an uns beide gerichtet waren — daran sieht man doch, wie ernst unsere Beziehung genommen wurde. Die Frage war: Würde mich Kirk eines Tages zu seiner Hochzeit einladen, oder …?

„Kirk … Sweetie“, sagte ich, als wir in dieser Nacht vor dem flackernden Fernsehschirm im Bett lagen. Die Möglichkeit, miteinander zu schlafen, hing wie eine ungestellte Frage in der Luft.

„Hm?“ Er konnte seinen Blick nicht vom Fernsehschirm losreißen, der Krimi schien ihn völlig zu vereinnahmen.

„Deine letzte Freundin … Susan?“

„Ja?“ Nun sah er mich doch an, allerdings ein wenig beklommen. Offenbar befürchtete er eines dieser „Beziehungsgespräche“.

„Ihr beide wart recht lange zusammen, oder? Wie lange noch mal? Zwei Jahre?“

„Dreieinhalb.“ Er erschauerte. Ich schluckte. Offenbar bewegte ich mich auf ganz dünnem Eis.

Doch ich gab nicht auf. „Habt ihr beide denn nie übers, ähm, Heiraten gesprochen?“

Er lachte. „Machst du Witze? Das war der Grund für unsere Trennung. Sie hat mir das übliche Ultimatum gestellt – entweder, wir heiraten, oder es ist vorbei.“ Er schnaubte. „Überflüssig zu erwähnen, dass ich mich für Letzteres entschieden habe.“

Aha. Erleichtert schmiegte ich mich an ihn. Er verfiel wieder in seinen vegetativen Zustand, als die Polizisten im Fernsehen einem völlig überraschten Täter Handschellen anlegten.

Wenn also Susan dafür gesorgt hatte, dass der Deckel sich ein wenig bewegte, dann konnte das nur Eines bedeuten: Nun war ich in der Lage, ihn komplett zu öffnen. Himmel, in einem Jahr war ich vielleicht bereits verheiratet!

Das wollte ich am nächsten Tag mit meiner besten Freundin Grace beim Mittagessen feiern. Was alleine schon ein Ereignis war, da Grace wegen ihrer sensationellen Karriere und ihrem Freund kaum noch Zeit hatte. Als Zugeständnis an ihre hektische Lebensweise hatten wir uns in einem Restaurant verabredet, das nur zwei Blöcke von ihrem Büro lag. Natürlich wusste Grace nicht, dass ich in Feierstimmung war, bis ich mit meinem Wasserglas mit ihr anstieß und sagte: „Du kannst mir gratulieren. Ich werde heiraten.“

„Wie bitte?“ Ihr fielen beinahe die graublauen Augen aus dem Gesicht. Dann starrte sie auf den Ringfinger meiner linken Hand, der, natürlich, unberingt war.

„Nicht jetzt. Aber eines Tages.“

Sie verdrehte die Augen, kräuselte die Nase und sagte mit ihrer üblichen Ironie: „Gratuliere.“

Typisch Grace. Sie war in der Lage, als Dreiunddreißigjährige ohne Ehering am Finger auch noch zu lachen. Sie ist eine der stärksten und unabhängigsten Frauen, die ich kenne. Nicht nur, dass sie immer einen umwerfenden Freund an ihrer Seite hat, sie hat auch einen Wahnsinnsjob als Produktmanagerin für Roxanne Dubrow Cosmetics. Ja genau, diese Roxanne Dubrow. Die, für die man extra zu Saks auf der Fifth Avenue marschieren muss. Grace ist während der Junior Highschool mal ganz kurz mit meinem Bruder Sonny gegangen. Aber wir freundeten uns erst an, als sie mir auf dem Schulhof das Leben rettete. Ein riesengroßes Mädchen namens Nancy, die nicht ertragen konnte, dass ich gute zwanzig Kilo weniger wog als sie, wollte gerade meinen Kopf gegen die Betonmauer knallen. Grace ging dazwischen, groß und blond und kräftig, und empfahl Nancy, sich besser aus dem Staub zu machen. Jeder, selbst Nancy, hatte Respekt vor Grace. Ich bewunderte sie maßlos. Umso mehr, als sie mich zu ihrer neuen besten Freundin machte, obwohl ich in der achten und sie bereits in der neunten Klasse war. Ihre Clique war nicht gerade begeistert davon, dass sie mich überall hin mitschleppte. Aber Grace ließ sich davon nicht beeindrucken.

Und jetzt saßen wir hier, noch immer Freundinnen. Die einzigen Mädels, die sich aus Brooklyn hatten retten können, unversehrt, ohne einen dickhalsigen Schläger namens Sal zu heiraten und jährlich ein Baby zu produzieren. Graces Eltern waren, als sie sechzehn war, nach Long Island gezogen, in der Hoffnung, ihr auf diese Weise Zigaretten, Jungs und schlechtes Benehmen auszutreiben. Trotzdem verbrachten wir unsere Sommerferien zusammen. Wenn meine Eltern mich im Juni aufs Schiff setzten, fühlte ich mich immer wie ein Kind, das in die Sommerferien geschickt wird. Direkt nach dem College zog Grace nach Manhattan, und ich folgte ihr ein Jahr später. Sie war für mich die Schwester, die ich nie hatte. Meine Mutter hatte sie sogar als ehrenhaftes Mitglied in unsere Familie aufgenommen.

„Machst du dir denn nie Sorgen, Grace? Hast du keine Angst, dass du einmal ganz alleine dastehst?“ Ich forschte in ihrem Gesicht nach Anzeichen von Unsicherheit.

Sie zuckte mit den Schultern. „In dieser Stadt kann eine Frau alles bekommen, was sie will. Wenn sie ihre Karten geschickt zu spielen versteht.“

Für Grace war es leicht, so was zu behaupten. Sie war groß und üppig, hatte kinnlanges zerzaustes blondes Haar und perfekt geformte Gesichtszüge. Sie war einfach wunderschön. Während ich … ich war immer die „kleine Angie DiFranco“ – und bin es immer noch –, etwas über einssechzig groß mit lockigem schwarzen Haar, das sich erfolgreich gegen jegliche Styling-Produkte wehrt, und Schenkeln, die drohten, so zu werden, wie die meiner Mutter. Ich seufzte. Was sollte nur aus mir werden, für den Fall, dass Kirk und ich nicht heirateten?

„Was ist mit dir und Drew?“ Vielleicht zog Grace ihren aktuellen wunderschönen Freund ja als Ehemann in Erwägung. „Denkst du jemals an … du weißt schon?“

„Natürlich“, sagte Grace. „Jedes Mädchen denkt daran.“

Erleichtert stellte ich fest, dass ich wenigstens nicht die einzige Hysterikerin über dreißig war. Zumal Grace und Drew sich erst seit einem Jahr kannten – also mindestens acht Monate weniger als Kirk und ich.

„Aber es ist nicht das Wichtigste“, sagte sie.

Am nächsten Tag, als ich zur Arbeit fuhr, wurde mir bewusst, dass Grace Recht hatte. Heiraten war nicht alles. Ich hatte so viel um die Ohren, dass eine Hochzeit im Grunde überhaupt kein Thema war. Ich war Schauspielerin, und derzeit sogar arbeitende Schauspielerin. Okay, es handelte sich um einen Job bei Rise and Shine, einer Gymnastiksendung für Kinder, die nur im Kabelfernsehen lief. Aber wenigstens sammelte ich Erfahrung vor der Kamera. Denn Agenten weigerten sich, Schauspieler zu nehmen, die nichts anderes vorweisen konnten, als zahllose Off-Off-Broadway-Shows.

Als ich in den gelben Turnanzug und die babyblauen Strumpfhosen schlüpfte, was nun mal mein Los als Co-Moderatorin der Sendung war, fragte ich mich zum etwa hundertsten Mal, ob es gut für meinen Lebenslauf war, mit einer Gruppe Sechsjähriger Sprünge und Dehnungsübungen zu machen.

„Hey, Colin“, rief ich meinem Co-Moderator zu, als ich das Studio betrat, eine Tasse Kaffee fest umklammernd. Ein Nachteil dieses Jobs war, dass man morgens um fünf aufstehen musste, um rechtzeitig zur Aufzeichnung um sechs da zu sein. Zu keiner anderen Uhrzeit war der Fernsehsender bereit, uns das Studio zu überlassen. Dabei hatte unsere Sendung ein zwar kleines, aber treues Publikum, bestehend aus Eltern und deren Kindern, die in Form gebracht werden sollten.

Colin blickte erschrocken von dem Buch hoch, in dem er gerade las, um mir dann sein übliches Lächeln zuzuwerfen. Colin war einer der wenigen Menschen, der in der Lage war, morgens um sechs zu lächeln. Er war von Natur aus fröhlich, und deswegen auch der perfekte Moderator für Rise and Shine. Die Kinder liebten ihn, und in den sechs Monaten unserer Zusammenarbeit hatte ich ihn ebenfalls lieben gelernt. Er war ein warmer, großzügiger, liebevoller Mann, der gut mit Kindern umgehen konnte. Ganz zu schweigen davon, dass er großartig aussah, mit feinen Gesichtszügen, blauen Augen, langen Wimpern und kurzem, dunklem Haar, das immer nach dem neuesten Trend geschnitten war. Er hatte alles, was sich eine Frau von einem potenziellen Ehemann wünschen konnte. Ich wäre vielleicht sogar mit ihm ausgegangen, bis er eine andere Frau geheiratete hätte – wenn er nicht schwul gewesen wäre.

„Was liest du da?“ Ich beugte mich über ihn, um den Buchtitel zu sehen.

„Ach, nur das.“ Er lächelte und sah irgendwie verlegen aus, als er eine schon recht zerlesene Ausgabe von Die Herausforderungen der Kindererziehung hochhielt. „Dachte mir, das könnte vielleicht hilfreich sein. Was die Sendung angeht, weißt du?“

Darüber musste ich lachen. „Colin, wir wollen nur, dass sie fit bleiben, wir sollen sie nicht erziehen.“

Er gluckste. „Ich weiß, ich weiß. Aber du hast doch gesehen, wie wild sie manchmal sind.“

Colin nahm seinen Job bei Rise and Shine wirklich sehr ernst.

„Bist du bereit?“ fragte er.

Ich seufzte. „So bereit man nur sein kann.“

Ich war nach wie vor erstaunt darüber, dass ich diesen Job überhaupt bekommen hatte – bis zum Casting hatte ich nicht einen Tag in meinem Leben Sport getrieben. Und jetzt brachte ich jeden Morgen eine Gruppe von zehn verschlafenen Kindern dazu, zu hüpfen, zu turnen und sich zu dehnen. Zum Glück waren meine babyblauen Strumpfhosen dick genug, um meine Cellulite zu verbergen.

„Alle auf Position“, rief Rena Jones, unsere Aufnahmeleiterin mit Blick in unsere Richtung. Nun ja, eher in meine Richtung. Sie betete Colin an. Und tolerierte mich. Weil sie extrem viel Wert auf Pünktlichkeit legte … und ich eher nicht.

Nachdem Colin und ich uns vor der Kamera positioniert hatten, legte ich das erforderliche fröhliche Gesicht auf und machte mit Colin zusammen eine etwa dreiminütige Einführung, um eine Bevölkerungsgruppe mit dem vermutlich geringsten Körperfett dazu zu überreden, zu hüpfen, zu turnen und sich zu dehnen. Im Namen der guten Gesundheit. „Gewohnheit ist für die gute Gesundheit entscheidend“, erklärte Rena immer, wenn irgendjemand – meistens ich – auf die Tatsache hinwies, dass die meisten Sechsjährigen kein Herz-Kreislauf-Training benötigten.

Trotz alledem fand ich die Routine irgendwie gut. Meine Füße setzten sich in Bewegung, sobald die Musik begann: Zirkus-Rhythmen und ein Sänger, der klang wie eine Kreuzung aus Barnes der Dinosaurier und Britney Spears. Ich kannte die Schrittfolge für die Aufwärmphase. Und wenn wir uns dann dehnten, in die Hocke gingen oder Beinübungen machten, wusste ich, dass mein Körper biegsam genug war. Zudem war ich in der Lage zu joggen, zu springen und durch den Raum zu fegen und gleichzeitig zehn Knirpsen aufmunternde Worte zuzuwerfen. Knirpse, wie ich hinzufügen möchte, die versuchten, es ihren Eltern Recht zu machen. Die Eltern saßen vor der Wand aufgereiht und schauten zugleich stolz und besorgt drein, weil sie befürchteten, ihre Kleinen könnten stolpern, hinfallen und dann aus der Sendung gekickt werden. Und sie hatten doch so hart dafür gearbeitet, dass ihre Kinder ins Fernsehen kamen!

In dem Moment, in dem der Uhrzeiger die Dreißig-Minuten-Marke erreichte, seufzte ich wie immer leise auf (was ich allerdings als gesundes Ausatmen zum Wohle meiner winzigen Schüler tarnte), um dann eine letzte Dehnung zu machen und die glücklichen Zwerge unter dem Applaus, der die Sendung beendete, ziehen zu lassen.

„Gehst du heute Abend mit Kirk aus?“ fragte Colin, als wir in den kleinen Umkleideraum im hinteren Teil des Studios liefen. An der Art, wie er diese Frage stellte, merkte ich, dass er mit der Entwicklung meiner Beziehung zufrieden war. Seine Trennung von Tom vor zwei Monaten war hart gewesen – Colin war ein monogamer Mann –, aber augenscheinlich fand er Trost in der Tatsache, dass auch andere Menschen sich für immer treu bleiben wollten.

„Natürlich“, antwortete ich, mit all der Zuversicht, die ich wohl haben durfte, wenn man bedachte, in welcher Phase unserer Beziehung wir uns befanden.

Später am Abend musste ich jedoch feststellen, dass Kirk sich in einer anderen Phase befand.

Wir waren in seiner Wohnung, in der ich unter der Woche meistens übernachtete. Nicht nur, weil er Ecke 27. Straße und Third Avenue und damit deutlich näher am Studio wohnte als ich, sondern, weil wir einfach jede wache Minute miteinander teilen wollten – und auch jede schlafende, was oft der Fall war, da Kirk dazu tendierte, früh wegzudösen.

Davon abgesehen war Kirks Einzimmer-Apartment in einem bewachten Wohnblock eine willkommene Abwechslung zu meiner Zweizimmerwohnung ohne Fahrstuhl, die ich mit Justin teilte. Justin war nicht nur mein Mitbewohner, sondern neben Grace mein bester Freund. Kirks Apartment war eine Oase der Ordnung, in den Schränken hingen Reihen von gut gebügelten Hemden, und die Filmplakate an den Wänden waren präzise aufgehängt (ja, wir beide waren Kinofans, obwohl Kirk eine beunruhigende Vorliebe für Horrorstreifen hatte, während mir eher die Klassiker und alles mit Mel Gibson gefiel).

Selbst sein Medizinschränkchen ist ein unvergesslicher Anblick, dachte ich, als ich an diesem Abend meine Zähne putzte. Die Zahnpasta lag sorgfältig aufgerollt neben dem glänzenden Becher mit seiner Zahnbürste. Sein Rasierzeug (ein Geschenk seiner Ex, das ich einmal durch eine Packung Gillettes ersetzen wollte, allerdings ohne Erfolg) schmiegte sich sehr hübsch an eine Flasche Chanel for men (ein Geschenk von mir, besten Dank, er benutzte es nur unter ernsthaftem Druck). Dort bewahrte ich auch mein Antihistaminikum auf – ich neige beim geringsten Anlass zu Allergien: Pollen, Hausstaubmilben, Schimmelpilze. Mit einem zufriedenen Seufzen spuckte ich die Zahnpasta in das strahlend weiße Waschbecken, spülte dann sorgfältig die Reste hinunter, damit das Porzellan nichts von seinem Glanz verlor, und ging zurück ins Schlafzimmer, wo Kirk sich auf dem Bett ausgebreitet hatte. Vor sich einen Laptop, dessen Bildschirm er intensiv studierte.

„Zeit zum Spielen.“ Ich hüpfte in Boxershorts und T-Shirt (was ich aus der untersten linken Schublade geklaut hatte) aufs Bett.

„Lass mir noch eine Minute, Sweetie.“ Er blickte kurz hoch und warf mir ein anerkennendes Lächeln zu.

Ich machte es mir neben ihm bequem, schielte auf den Bildschirm, der mit einem Haufen unverständlicher Codes übersät war, und schnappte mir das Buch, das ich auf Kirks Nachttisch aufbewahrte. Das Theater und sein Double von Antonin Artaud. Ich schlug Seite fünf auf, exakt die Seite, die ich die letzten sechsmal ebenfalls aufgeschlagen hatte, und begann zu lesen. Nun, nicht wirklich zu lesen – mein Blick wanderte immer wieder über Kirks Profil.

Er hatte die schönsten Augenbrauen, die ich je gesehen hatte. Fast pechschwarz auf cremweißer Haut und normalerweise glatt, obwohl sie sich jetzt gerade über seinen grauen Augen runzelten, während er fast ohne zu Blinzeln auf den Bildschirm starrte. Von Anfang an hatte ich ihn für seine Fähigkeit bewundert, sich in allen möglichen Situationen zu konzentrieren. Verstehen konnte ich das ehrlich gesagt aber nicht. Ich höre sofort auf, wie ein intelligentes Lebewesen zu denken, wenn ich mich der Möglichkeit des Beischlafs gegenüber sehe. Um genau zu sein war es sogar Kirks scheinbares Desinteresse am anderen Geschlecht, das mich von Anfang an gereizt hatte.

Wir lernten uns bei meinem „Tagesjob“, oder Zweitjob, kennen. Ich arbeite als Teilzeit-Kraft in der Kundenberatung bei Lee and Laurie Catalog. So kam ich an das Geld, das ich als Schauspielerin nicht verdiente. Zu dieser Zeit arbeitete Kirk für Lanix, die zufälligerweise die Software herstellten, mit der Lee and Laurie arbeiteten, und eines Tages kam er vorbei, um die Version zu aktualisieren. Von der ersten Sekunde an, als ich sah, wie eifrig er sich an einem der vielen Terminals bei Lee and Laurie zu schaffen machte, fühlte ich mich von ihm angezogen. Er sah mit seinem dunkelbraunen Haar, den intelligenten grauen Augen, den vollen Lippen und dem kräftigen Kinn nicht nur sehr gut aus, er war auch klug. Sogar so klug, dass er nichts und niemanden wahrzunehmen schien, nur die Codes, die er in jeden einzelnen Terminal eintippte. Das war wahrscheinlich der Grund dafür, dass ich ihm derart schnell verfiel, zumindest behauptete Grace das, die ich mehrfach anrief, um ihr von jedem fehlgeschlagenen Flirtversuch meinerseits zu berichten. Trotzdem fand ich immer wieder einen Grund, um Kirk an meinen Schreibtisch zu locken – eine nicht funktionierende Maus, ein klemmendes Keyboard (lag an den Sesamkörnern vom Mittagessen, aber zumindest hatte ich ihm ein Lächeln abgerungen) und totales Nichtbegreifen der neuen Software, die er gerade installiert hatte. Und während er geduldig an meiner Maus wackelte, mein Keyboard reinigte und die neuen Prozeduren noch einmal erklärte, machte ich alberne aber nett gemeinte Witze, stellte mich nah genug neben ihn, um „aus Versehen“ seinen Arm zu berühren (der wunderbar muskulös war) oder ihm gewinnend in sein hübsches und scheinbar völlig ausdrucksloses Gesicht zu lächeln.

„Ich bin verrückt nach ihm“, erzählte ich Grace in der zweiten Woche.

„Das liegt an der Herausforderung“, antwortete sie. „Der kannst du nicht widerstehen.“

Sie hatte Recht. Und deswegen folgte ich schließlich ihrem Rat, mich „um Himmels willen einfach mit ihm zu verabreden“. Und er sagte zu meiner Überraschung ja. Ich war vom ersten Tag an Feuer und Flamme. Kirk war anders als alle Männer, die ich vorher gekannt hatte. Erstens einmal verdiente er genug Geld, um das Abendessen zu bezahlen. Außerdem konnte ich nicht anders, als seinen Ehrgeiz zu bewundern, wenn er mir von seinem Traum, eine eigene Software-Firma zu gründen, erzählte … Nicht weniger bewunderte ich, als es soweit war, seinen wohlgeformten Körper, den er viermal die Woche im Fitnessstudio trainierte.

Die Wärme dieses schlanken, muskulösen Körpers sickerte jetzt wieder in mein Bewusstsein, ich schmiegte mich enger an ihn, den Blick fest auf die Seiten meines Buches gerichtet, bis er endlich sein Gewicht verlagerte, den Laptop schloss und auf den Nachtisch stellte.

Freudig klappte ich das Buch zu und spürte, wie ein erregendes Gefühl von Triumph durch meinen Körper schoss, wie immer, selbst noch nach fast zwei Jahren Beziehung. Sie können mich für eitel halten oder nymphoman, es ist mir völlig egal – für mich gab es nichts Schöneres, als Kirk mit einem verwegenen Glitzern in den Augen auf mich herablächeln zu sehen.

„Komm her, du“, sagte er mit heiserer Stimme, als ob ich mich die ganze Zeit zurückgehalten hätte.

Ohne zu zögern grätschte ich meine Beine um ihn und begeisterte mich an der Feststellung, dass er in Sekundenschnelle von Software auf Hardware umgeschaltet hatte, und das, obwohl man kaum erkennen konnte, dass sich eine Frau unter dem weiten T-Shirt, das ich trug, versteckte. Trotzdem fanden seine großen Hände zielsicher den Weg unter den Stoff, ertasteten meine eher mageren Hügel und streichelten sie.

Ich seufzte, wohl wissend, was kommen würde. Denn wenn es etwas gab, was Kirk und ich inzwischen bestens im Griff hatten, dann den Sex. Wie ein Wissenschaftler hatte er ewig lang an mir herumexperimentiert, um herauszufinden, was er tun musste, um mich dahin zu bringen, wo ich hin wollte. Und trotzdem wird es nie langweilig, dachte ich, als er sich auf mich rollte und sich dann kurz auf die Fersen hockte, um sich ein immer bereitliegendes Kondom aus der Nachttischschublade zu nehmen.

Ich war Wachs in seinen Händen, sobald er in mich eindrang stieg in mir wie immer eine gewohnte Hitze auf. Ich konnte mich wirklich nicht beschweren, außer vielleicht darüber, dass Kirk beim Sex nicht sonderlich gerne küsste. Um genau zu sein, berührte er meine Lippen gar nicht mehr, wenn wir vereinigt waren. Aber das ist okay, dachte ich und blickte in sein leicht errötetes Gesicht, sah seine dunklen Wimpern und seine vollen Lippen. Ich hatte von hier unten einen ziemlich guten Blick. Und gerade als ich mich auf den Rhythmus einstellte, erfüllte ein plötzliches und ziemlich unerwartetes Bild meine Gedanken. Ich stellte mir vor, dass Kirk mich auszog, hochhob und auf ein Himmelbett legte, das ich noch nie zuvor in meinem Leben gesehen hatte. Und als ich mich in Gedanken umwandte und den Berg von Kleidern betrachtete, während Kirk den letzten Knopf an meinem – T-Shirt? – öffnete, sah ich zu meinem Entsetzten Berge aus weißer Seide. Hatte ich in meiner überhitzten Fantasie ein Hochzeitskleid gesehen?

O Gott, dachte ich, als mein Köper zu zucken begann – fast ein wenig unwillig, es war noch viel zu früh – und dann hatte ich den größten Orgasmus meines Lebens. Ich riss die Augen auf, als sich ein fremder, markerschütternder Schrei meinen Lippen entrang. Ich dachte schon fast, Kirk wäre es gewesen, denn im Gegensatz zu mir hatte er keine Probleme damit, sein Vergnügen lauthals zu äußern. Bis ich direkt in seine überraschten Augen sah. Nur Sekunden später spürte und hörte ich seine eigene Befriedigung, und sein Körper wurde ganz weich.

„Wow“, sagte er, als er schließlich den Kopf hob und mich wieder ansah. „Das war ja was.“ Lächelnd beugte er sich zu mir herunter und küsste mich flüchtig.

Ich studierte seinen Gesichtsausdruck. Das war wirklich etwas, dachte ich, und spürte, wie mein Herz hoffnungsvoll schlug. Aber bedeutete es etwas? Nun, es bedeutete auf jeden Fall etwas, denn mit Kirk zu schlafen war immer wie eine Offenbarung. Doch diesmal war die Offenbarung von etwas anderer Art. Zumindest für mich, dachte ich, schaute in seine Augen und suchte in ihnen nach den gleichen Gefühlen, die mich gerade übermannten.

Ich sah ein Glänzen in Kirks Augen, aber wovon es herrührte, musste erst noch herausgefunden werden. Dann hörte ich seine nächsten Worte.

„Ich habe dich noch nie so … stark gespürt. Das muss ja ein wahnsinniger Orgasmus gewesen sein, wie?“ fragte er lachend, lehnte sich dann mit einem Gesichtsausdruck zurück, der keine Frage darüber offen ließ, was er fühlte. Stolz. Die übliche Selbstgefälligkeit, die einen Mann überkommt, wenn er guten Sex geboten hat. Und dann führte er sich wieder wie ein Wissenschaftler auf. „Woran, glaubst du, lag das? Ich meine, es war ja immerhin nur die blöde Missionarsstellung. Nichts Besonderes.“ Er nahm seine Hand, die mich gerade noch sanft massiert hatte, von meiner Hüfte und schlug damit aufs Bett. „Vielleicht an der neuen Matratze? Mein Gott, wenn ich das geahnt hätte, hätte ich dem Verkäufer ein Trinkgeld gegeben.“

Grundgütiger.

Normalerweise wäre ich inzwischen total angewidert gewesen, wenn Kirk sich nicht auf den Rücken gedreht und mich fest in die Arme genommen hätte. Vielleicht lag es daran, wie sich seine muskulöse Brust unter mir anfühlte. Oder daran, wie sanft seine Hände meinen Rücken streichelten. Oder vielleicht wollte ich einfach nur glauben, dass er, obwohl er sich als Mann über sexuelle Techniken begeistern konnte, doch noch etwas anderes gespürt hatte — etwas, das er nicht in Worte fassen konnte. Jedenfalls wurde ich ganz weich und klammerte mich an diesem Gefühl fest, worum auch immer es sich handelte. Zumindest, bis die Realität mich wieder hatte. Was ziemlich schnell der Fall war.

Kirk blickte auf seine Uhr, entwirrte unsere Gliedmaßen und setze sich auf. „Es ist schon zehn? Ich muss packen.“

„Packen?“ Kälte kroch meinen Rücken hinauf, als er aus dem Bett sprang, Boxershorts anzog und zum Schrank lief.

„Verdammt, habe ich etwa vergessen, dir davon zu erzählen?“ Er drehte sich um, sah mich mit verblüfftem Ausdruck an, als würde er im Geiste seine Aufgabenliste durchgehen und feststellen, dass er einen der wichtigsten Punkte vergessen hatte: mich.

Da ich annahm, dass er einen Kunden treffen wollte, setzte ich gerade eine Rede darüber an, dass es schön wäre, so etwas rechzeitig zu erfahren. Doch dann sprach er weiter.

„Ich fahre übers Wochenende nach Hause.“

Das ließ mich innehalten. Kirk fuhr nach Newton, Massachusetts. Um seine Eltern zu besuchen. Eltern, wie ich hinzufügen möchte, die ich bisher noch nicht kennen gelernt hatte.

„Wann hast du das denn beschlossen?“ Vage Panik machte sich in mir breit.

„Hmm … letzte Woche? Wie auch immer, ich habe erst heute Morgen die Tickets besorgt. Ich wollte dir noch davon erzählen …“

Seine Stimme verklang, als ich begann, den Tatsachen ins Auge zu sehen: Kirk machte seinen halbjährlichen Besuch zu Hause, und er hatte mich nicht dazu eingeladen. Wieder nicht. Ich dachte an Joshs spöttische Stimme auf meinem Anrufbeantworter. Während ich wegen eines Hochzeitskleides einen Orgasmus hatte, plante Kirk eine Reise zu seinen Eltern, und zwar ohne mich. Ganz offensichtlich war ich nicht die Frau, die bei Kirk den Deckel öffnen konnte. Wenn man bedachte, dass Kirk bereits dreimal in den vergangenen eineinhalb Jahren nach Hause gefahren war, ohne mich einzuladen, dann war der Deckel wohl absolut luftdicht verschlossen.

Da ich nicht wusste, wie ich das Thema „Elterntreffen“ ansprechen sollte, bezog ich mich auf das aktuellere Problem. „Ich wünschte, du hättest mir das früher gesagt …“ Dann hätte ich die Möglichkeit gehabt, meine Position als Freundin auszubauen, dachte ich, sprach es aber nicht aus.

„Tut mir Leid, Noodles“ antwortete er zerknirscht. „Du weißt doch, wie beschäftigt ich mit diesem neuen Kunden war. Habe ich dir erzählt, dass ich ein Programm für Norwood Investments schreibe? Die haben überall im Land Geschäftsstellen. Wenn ich Norwood an Land ziehe, dann habe ich Aufträge für die nächsten Jahre …“

Seine Worte brachten mich einen Moment zum Schweigen. Vielleicht lag es an dem Kosenamen, den er mir in der Anfangszeit unserer Beziehung gegeben hatte, als ich es gewagt hatte, Pasta für ihn zu kochen, die er als typisch amerikanischer Junge Nudeln mit Soße nannte. Nachdem ich ihm erklärt hatte, dass meine italienische Mutter ihn am Ohr packen und rauswerfen würde, wenn er ihre Pasta jemals als „Noodles“ bezeichnen würde, hatte er mich liebevoll so genannt. Aber es lag nicht daran, dass ich den Mund hielt. Es lag auch daran, wie er mich unterschwellig daran erinnerte, ein Software-Experte auf dem aufsteigenden Ast zu sein. Und dass er nichts anderes im Kopf hatte, als das Programm, das er vor sechs Monaten entwickelt hatte. Und nun war auch noch eine angesehene Firma wie Norwood Investments darauf aufmerksam geworden. Angesichts dieser Tatsache traute ich mich nicht, meinen Wunsch, seine Eltern kennen zu lernen, zu äußern.

„Hey, Noodles?“ Kirk zog Jeans und T-Shirt an. „Ich renne mal schnell zu Duane Reade, um noch ein paar Sachen für die Reise zu besorgen. Brauchst du was?“

Ja, dachte ich. Ja, ich sollte mal meinen Kopf untersuchen lassen. „Äh, nein, ich brauche nichts“, antwortete ich verhalten.

„Okay, ich bin in einer Viertelstunde wieder da.“ Er küsste mich noch flüchtig auf die Stirn, bevor er das Apartment verließ.

In der Sekunde, in der ich die Tür ins Schloss fallen hörte, schnappte ich mir das Telefon. Ich brauchte eine zweite Meinung. Genauer gesagt: die Meinung eines Ex-Freundes. Und nachdem mich mein Stolz davon abhielt, den seit neuestem verlobten Josh zurückzurufen, wählte ich Randys Nummer, die ich noch immer im Kopf gespeichert hatte. So gab es wenigstens doch einen Vorteil, wenn man seine Männer nicht heiratete. Man konnte gute Freunde gewinnen.

„Ich dachte, dir wäre all das gar nicht so wichtig“, sagte Randy. Ich hatte ihn gefragt, warum wir niemals übers Heiraten gesprochen hatten.

„Was heißt all das?“ fragte ich.

„Du weißt schon, Hochzeit, Kinder. Übrigens, habe ich dir erzählt, dass Cheryl und ich gerade an unserem ersten Baby arbeiten?“

„Das ist wunderbar“, antwortete ich wie betäubt. „Wie genau meinst du das, dass mir Hochzeit und Kinder nicht so wichtig sind?“

Randy lachte. „Komm schon, Ange, du weißt doch genauso gut wie ich, dass für dich immer deine Karriere im Vordergrund stand. Du wolltest doch immer ein großer Filmstar werden.“

„Schauspielerin. Ich bin Schauspielerin.“

„Wie auch immer.“

Als ich kurz darauf auflegte, fragte ich mich, ob ich vielleicht einen falschen Eindruck vermittelte. Stimmt, ich hegte den Wunsch, mit meinem schauspielerischen Talent Karriere zu machen. Und auch wenn ich in den vier Jahren, nachdem ich meinen festen Job im Verkauf aufgegeben hatte, nicht gerade eine Traumrolle ergattert hatte, so war Rise and Shine doch immerhin auch etwas, oder?

Offenbar musste ich aber etwas realistischer werden, wenn ich diesen speziellen Deckel irgendwann öffnen wollte. Ich war einunddreißig Jahre alt. Und ich wurde auch nicht jünger, was meine Mutter nie versäumte, mir in Erinnerung zu rufen. Ich musste endlich beginnen, wie eine Ehefrau auszusehen.

2. KAPITEL

Ich bin keine wirkliche Ehefrau, aber ich spiele eine im Fernsehen.

Als ich am nächsten Morgen nach der Sendung Justin dabei erwischte, wie er versuchte, ein Sofa durch die enge Eingangstür unseres Apartments zu quetschen, erkannte ich, dass ich zwar nicht wie eine Ehefrau aussah, aber sehr wohl so klingen konnte.

„Was in aller Welt tust du da?“ schrie ich. Dabei wusste ich ganz genau, was er tat. Er sammelte das, was andere Leute wegschmeißen. So liebenswert Justin auch war, er hatte eine der schlimmsten Eigenschaften, die ein Mitbewohner haben kann. Er litt unter Sammelwut.

„Hey.“ Er musste zu mir hoch schauen, weil er über seinem letzten Fundstück gebeugt stand: ein türkisgrünes Sofa, das ohne Zweifel schon bessere Zeiten gesehen hatte. „Kannst du dir vorstellen, dass jemand so was wegschmeißt?“

Kann ich, dachte ich, als ich die gelben Blumen und die platten Sitzkissen mit erneutem Horror betrachtete.

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