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Das schönste am Fest war der Adventskalender. Jeder freute sich darauf. Jedes Jahr freute er sich auf diese verkleidete, geheimnisvolle süße Gabe. Draußen die bunten Bilder, die versteckten Türchen, Zahlen, die zwischen Engeln, Krippen und Weihnachtsmännern umherschwirrten. Und nach dem Öffnen die in Schokolade gegossenen Figuren. So war es jedes Jahr, aber dann stimmt irgendetwas nicht. Dies erzählt die Geschichte um einen ganz besonderen Adventskalender voller Überraschung. Stimmungsvoll werden die Erinnerungen an 24 Tage Warten auf Weihnacht in jenem denkwürdigen Jahr beschrieben.
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Seitenzahl: 40
Meiner geliebten Frau
Mein Adventskalender
1. Dezember
2. Dezember
3. Dezember
4. 5. 6. Dezember
7. Dezember
8. Dezember
9. und 10. Dezember
11. Dezember
12. Dezember
13. Dezember
14. Dezember
15. und 16. Dezember
17. Dezember
18. Dezember
19. und 20. Dezember
21. Dezember
22. Dezember
23. Dezember
24. Dezember
Biografie
Das schönste am Fest war der Adventskalender. Jeder freute sich darauf. Jedes Jahr freute ich mich auf diese verkleidete, geheimnisvolle süße Gabe. Draußen die bunten Bilder, die versteckten Türchen, Zahlen, die zwischen Engeln, Krippen und Weihnachtsmännern umherschwirrten. Und nach dem Öffnen die in Schokolade gegossenen Figuren. Mit jedem Tag wurden die Türchen größer. Am 24.12. gab es sogar eine aus zwei Flügeln, sonst hätte ich die dahintersteckende dicke Schokoladenfigur nicht herausbekommen. So war es jedes Jahr.
Rechtzeitig einen Tag vor dem 1. Dezember hing wieder ein Adventskalender an meiner Tür. Bei uns gab es dreimal den Nikolaus. Der erste brachte den Adventskalender, der zweite füllte die Stiefel und der dritte brachte am Heiligen Abend die Geschenke. Hatten wir über das Fest Besuch aus Amerika, gab es als Zuschlag sogar einen St. Claus am ersten Weihnachtsfeiertag. Damit war das Quartett dann aber vollständig.
Am Morgen des 1. Dezembers lief ich als Erster zum Adventskalender. Allen Ermahnungen meines Zahnarztes zum Trotz würde ich mir noch vor dem Zähneputzen die herrliche Schokolade in den Mund stopfen und sie wie lieblichen Tau zwischen Zahnlücken und Karieskratern zergehen lassen.
Die erste Tür fand ich sofort, sie wurde von einem Engel versperrt. Jahre später erinnerte er mich im Nachhinein an Cherubim, der mit einem flammenden Schwert das Paradies vor den Menschen schützt. Der kleine Engel auf dem Papier schien noch zu schlafen. Es war eben erst sechs Uhr in der Früh und ich nutzte die Chance zu einem hinterhältigen Angriff, den schlafenden Wächter zu überlisten. Lautlos öffnete ich die Tür, immer den kleinen Engel fixierend. Mit jedem geöffneten Millimeter wurde meine Erwartung größer. Endlich stand die Tür weit geöffnet vor mir, an ihrer Rückseite war noch immer der kleine Engel, der offensichtlich nicht aufgewacht war.
Zu meiner Überraschung war das Türchen leer. Ein leerer, ausgestanzter Hohlraum starrte mich an.
Meine kleine Schwester, kam es mir unwillkürlich in den Sinn, niemand anderes konnte es gewesen sein. Und Engeln war es zuzutrauen, mit kleinen Mädchen gemeinsame Sache zu machen. Als sich meine Aufregung gelegt hatte, entdeckte ich den Zettel, der an der Rückseite des Türchens klebte. Vorsichtig nahm ich ihn ab und faltete das Papier auseinander. Es stand ein einziges Wort darauf, das ich nie zuvor gelesen hatte:
Buenos Aires!
Dieses Wort klang nach Sonne und Luft, nach Wind und Ferne. Es klang nach bunten Vögeln und tanzenden Menschen. Jedenfalls stellte ich mir diese Dinge dabei vor, ohne zu wissen, was Buenos Aires bedeutete.
Meine Zahnkariesbakterien hatten sich, genauso wie ich, zu früh gefreut und so verbrachte ich den Tag einigermaßen missgelaunt, jedenfalls in einem Maß, wie man als kleines Kind missgelaunt sein kann.
Eine Niete hatte ich gezogen. Morgen würde es dafür eine Gewinnchance sein, dachte ich, als ich abends zu Bett ging und vor dem Einschlafen minutenlang auf den Adventskalender starrte. Bevor mich der Schlaf übermannte, holte ich meine Taschenlampe vor und suchte vom Bett aus nach dem zweiten Türchen. Es stand direkt neben einem braunen Bären, der mich grimmig anblickte.
Gut, dachte ich, vor diesem Bären wird auch meine kleine Schwester Respekt haben. In Gedanken sah ich ihre Hand zurückschrecken, als sie nach dem Türchen griff und stattdessen im dicken Fell des Bären landete. Beruhigt schlief ich ein.
(1.Strophe)
Leise will die Welt nun werden, Will ruhen von aller Last. Friede wird endlich einkehren, Verstummen wird jede Hast.
Am nächsten Morgen war die zweite Tür bereits geöffnet. Vom Bären war nur noch der Kopf zu sehen, der runde Körper klebte zurückgeklappt am aufgeschlagenen Papptürchen. Auch der Cherubim war nicht wieder aufgetaucht. Das Feld hinter der Zwei war weiß und leer, ich meinte zunächst, den Duft von Schokolade und süße schwarze Spuren wahrzunehmen. Nichts. Allerdings fand ich wieder einen zusammengefalteten Zettel. Eigentlich war meine Enttäuschung zu groß und meine Neugierde zu klein, dennoch faltete ich das Papier auseinander.
Vor mir entstand das Bild eines kleinen Fischerbootes. Es bot nur Platz für einen Mann. Am Bug standen Kisten, in denen die gefangenen Fische zappelten. Vor der Kajütentür hing ein gewaltiger Haifischzahn, der einem glatt den Kopf rasiert hätte, wenn man beim Hinuntergehen nicht Acht gab. In der Mitte des Haifischzahns entdeckte ich einen roten Fleck. Blut, kein Zweifel. Ich konnte aber nicht ausmachen, ob das Blut vom Haifisch stammte oder vom Fischer, der mit ihm gekämpft hatte. Ich konnte den Mann auf dem kleinen