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Die Grande Dame des Yoga zeigt die ganze Bandbreite von Meditation in der Tradition des Yoga. Anna Trökes wendet sich dabei vor allem an alle Meditationsinteressierten, die bereits Yoga praktizieren bzw. Yoga unterrichten. In den sechs Kursen à zehn Tagen kann man sich individuell eine Übungseinheit zusammenstellen, denn die verschiedenen Kurse bzw. einzelnen Meditationen sind verschieden kombinierbar. Ein besonderes Plus ist ein didaktischer Teil am Ende des Buches, der Yoga-Lehrerinnen und Yoga-Lehrern hilfreiche Hinweise für das Anleiten von Meditation gibt. Würde man den kompletten Kurs umsetzen, käme man auf etwa acht Wochen sich immer weiter vertiefender Meditationserfahrung. Nach den Erkenntnissen der Hirnforschung sind es eben acht Wochen, die unser Gehirn braucht, um neue Informationen wirklich neuronal im System zu verankern. "Ein Kurs in Meditation" gliedert sich in insgesamt sechs Kurse: Von der "Stabilisierung des Geistes" als idealem Einstieg ins Meditieren über den "Umgang mit Hindernissen", die "Körper-Achtsamkeit", die "Achtsamkeit für innere Befindlichkeiten", die "Atem-Achtsamkeit" bis hin zu zehn schönen thematischen Meditationen im Schlussteil, wie etwa über Dankbarkeit, Selbst-Mitgefühl oder das Licht in unserem Herzen. Das Bedürfnis nach Meditation, nach Vertiefung der Praxis wächst im Yoga unaufhörlich. Das Praxisbuch von Anna Trökes bietet hier eine perfekte Möglichkeit, Meditation zu lernen oder eben auch zu lehren und sich von deren Heilwirkung immer mehr "durchtränken" zu lassen. Mit Meditation startet man einen inneren Prozess, der dazu führt, dass wir uns selbst immer mehr verstehen lernen.
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Seitenzahl: 447
Anna Trökes
Das 8-Wochen-Programm für die tägliche Praxis
Knaur eBooks
Die Grande Dame des Yoga zeigt die ganze Bandbreite von Meditation in der Tradition des Yoga.
Anna Trökes wendet sich dabei vor allem an alle Meditationsinteressierten, die bereits Yoga praktizieren bzw. Yoga unterrichten. In den sechs Kursen à zehn Tagen kann man sich individuell eine Übungseinheit zusammenstellen, denn die verschiedenen Kurse bzw. einzelnen Meditationen sind verschieden kombinierbar. Ein besonderes Plus ist ein didaktischer Teil am Ende des Buches, der Yoga-Lehrerinnen und Yoga-Lehrern hilfreiche Hinweise für das Anleiten von Meditation gibt. Würde man den kompletten Kurs umsetzen, käme man auf etwa acht Wochen sich immer weiter vertiefender Meditationserfahrung. Nach den Erkenntnissen der Hirnforschung sind es eben acht Wochen, die unser Gehirn braucht, um neue Informationen wirklich neuronal im System zu verankern.
„Ein Kurs in Meditation“ gliedert sich in insgesamt sechs Kurse: Von der „Stabilisierung des Geistes“ als idealem Einstieg ins Meditieren über den „Umgang mit Hindernissen“, die „Körper-Achtsamkeit“, die „Achtsamkeit für innere Befindlichkeiten“, die „Atem-Achtsamkeit“ bis hin zu zehn schönen thematischen Meditationen im Schlussteil, wie etwa über Dankbarkeit, Selbst-Mitgefühl oder das Licht in unserem Herzen.
Das Bedürfnis nach Meditation, nach Vertiefung der Praxis wächst im Yoga unaufhörlich. Das Praxisbuch von Anna Trökes bietet hier eine perfekte Möglichkeit, Meditation zu lernen oder eben auch zu lehren und sich von deren Heilwirkung immer mehr „durchtränken“ zu lassen. Mit Meditation startet man einen inneren Prozess, der dazu führt, dass wir uns selbst immer mehr verstehen lernen.
Einleitung
»Meditieren heißt im Grunde [...]
Für wen ist dieses Buch gedacht?
Die Grundlagen
Was ist Meditation?
Warum Menschen meditieren wollen
Wirkungen der Meditation
Beschwerden und Kontraindikationen der Meditationspraxis, und was uns dabei hilft
Körperliche Beschwerden
Psychische Beschwerden
Kontraindikationen für die Teilnahme am Meditationsunterricht
Meditieren lernen – Schritt für Schritt
Länger auf dem Boden sitzen
Die Augen geschlossen halten und (möglichst) still sitzen
Wach bleiben
Sich Zeit nehmen, genau und differenziert zu spüren
Sich nicht ablenken (lassen), sich selbst aushalten
Aufmerksamkeit und Achtsamkeit entwickeln
Sich selbst erforschen und nahekommen
Etwas auch einmal einfach nur geschehen lassen
Lernen, sich von seinen Wünschen und Erwartungen abzukoppeln
Womit »arbeiten« wir in der Meditation?
Wenn Geist und Gehirn sich selbst überlassen bleiben
Chitta und Vrittis – yogische Konzepte für die Arbeit mit dem Geist
Der prozesshafte Ablauf der Meditation
Stufen der Meditationserfahrung
Unterschiedliche Formen und Vertiefungszustände der Meditation
Ruhezeiten für unser Gehirn – der Default-Modus
Zeuge – Beobachter – Seher und weitere wichtige Yoga-Konzepte
Der Status des Zeugenbewusstseins
Der Status des Beobachters
Die Erkenntnisinstanz des Sehers
Anhaftung (Samyoga) und Entkopplung (Viyoga)
Unterscheidungsfähigkeit (Viveka) und die Ursachen für Leiden (Kleshas)
Was eine gute Meditationspraxis auszeichnet
Die Bedeutung einer bejahenden inneren Haltung
Einige Vorschläge und praktische Hinweise zum Einstieg
Die Bedeutung der Wegbegleitung durch einen Lehrer oder eine Lehrerin
Wegbegleitung finden
Was eine gute Wegbegleitung ausmacht
Das Guru-Prinzip des Yoga
Die Praxis
Was ist Yoga-Meditation?
Meditationsformen der großen Yoga-Traditionen
Die Frühzeit des Yoga
Die Zeit der Upanishaden
Die Zeit des Buddhismus in Indien
Die Zeit der Epen
Meditation im Yoga-Sutra
Meditation im Hatha-Yoga
Einführung in die Yoga-Meditation – ein Kurs gegründet auf sechs Themen
Beruhigung und Stabilisierung des Geistes
Umgang mit Hindernissen
Entwicklung von Körper-Achtsamkeit
Achtsamkeit für die innere Befindlichkeit
Entfaltung von Atem-Achtsamkeit
Den Geist entspannen
Zur sprachlichen Gestaltung der Texte und zum Aufbau der Meditationen
Die Meditationspraxis vorbereiten
Wesentliche äußere Faktoren zur Vorbereitung der Meditation
Der Entschluss zu meditieren (Sankalpa Shakti)
Wie man einen guten Meditationssitz findet
Was sonst noch hilfreich sein kann
Basiskurs 1: Stabilisierung des Geistes
Basiskurs 1 – 1. Tag: Einführung in die Struktur und die Themen
Basiskurs 1 – 2. Tag: Gedanken nicht bekämpfen
Basiskurs 1 – 3. Tag: Zuschauer des Treibens der Gedanken werden
Basiskurs 1 – 4. Tag: Zum Status des Beobachters/des Zeugen
Basiskurs 1 – 5. Tag: Zuschauen, wie das Gehirn so »vor sich hin denkt« und sich dabei »aufräumt«
Basiskurs 1 – 6. Tag: Was tun, wenn Gedanken auftauchen, die wirklich Beachtung brauchen?
Basiskurs 1 – 7. Tag: Loslassen von Widerstand gegen die Unruhe des Geistes
Basiskurs 1 – 8. Tag: In Gleichmut mit den eigenen Gedanken sein
Basiskurs 1 – 9. Tag: Achtsamkeit verändert das Gehirn
Basiskurs 1 – 10. Tag: Meditation als Mittel gegen Stress
Basiskurs 2: Umgang mit Hindernissen
Basiskurs 2 – 1. Tag: Was passiert, wenn du müde bist?
Basiskurs 2 – 2. Tag: Bei Müdigkeit Stabilität finden
Basiskurs 2 – 3. Tag: Betonter Einatem und sanftes Dehnen bei Müdigkeit
Basiskurs 2 – 4. Tag: Langeweile – was will dein Geist?
Basiskurs 2 – 5. Tag: Strategien und Ablenkungsmanöver des Geistes beobachten
Basiskurs 2 – 6. Tag: Das spannende Leben in dir beobachten (differenzierter Bodyscan)
Basiskurs 2 – 7. Tag: Vertiefung der Innenschau und Entwicklung der inneren Sinne
Basiskurs 2 – 8. Tag: Störende Körperempfindungen 1 (eingeschlafene Beine)
Basiskurs 2 – 9. Tag: Störende Körperempfindungen 2 (Jucken)
Basiskurs 2 – 10. Tag: Störende Körperempfindungen 3 (Schmerzen)
Basiskurs 3: Entwicklung von Körper-Achtsamkeit
Basiskurs 3 – 1. Tag: Becken (Wurzelraum)
Basiskurs 3 – 2. Tag: Unterbauch/unterer Rücken
Basiskurs 3 – 3. Tag: Bauchraum
Basiskurs 3 – 4. Tag: Brustraum und Herz
Basiskurs 3 – 5. Tag: Halsraum
Basiskurs 3 – 6. Tag: Kopfraum
Basiskurs 3 – 7. Tag: Stirnraum
Basiskurs 3 – 8. Tag: Raum in der Mitte des Schädels
Basiskurs 3 – 9. Tag: Scheitelpunkt
Basiskurs 3 – 10. Tag: Gesamter Innenraum des Körpers
Basiskurs 4: Achtsamkeit für die innere Befindlichkeit
Basiskurs 4 – 1. Tag: Wohlbefinden
Basiskurs 4 – 2. Tag: Lebendigkeit
Basiskurs 4 – 3. Tag: Ruhe
Basiskurs 4 – 4. Tag: Unruhe
Basiskurs 4 – 5. Tag: Kummer, Trauer und Leid
Basiskurs 4 – 6. Tag: Zufriedenheit
Basiskurs 4 – 7. Tag: Glück
Basiskurs 4 – 8. Tag: Sicherheit und Vertrauen
Basiskurs 4 – 9. Tag: Weite und Leichtigkeit
Basiskurs 4 – 10. Tag: Fülle
Basiskurs 5: Entfaltung von Atem-Achtsamkeit
Basiskurs 5 – 1. Tag: Atem-Achtsamkeit etablieren
Basiskurs 5 – 2. Tag: Atmen und lächeln
Basiskurs 5 – 3. Tag: Den Atem als Gast begleiten
Basiskurs 5 – 4. Tag: Den Einatem als Geschenk erfahren
Basiskurs 5 – 5. Tag: Den Ausatem als Entlastung erfahren
Basiskurs 5 – 6. Tag: Atmen als Geben und Nehmen erfahren
Basiskurs 5 – 7. Tag: Den Atem entspannen
Basiskurs 5 – 8. Tag: Atemräume erfahren
Basiskurs 5 – 9. Tag: Der ganze Körper atmet
Basiskurs 5 – 10. Tag: Der Atem atmet sich selbst
Basiskurs 6: Den Geist entspannen
In der sechsten und [...]
Basiskurs 6 – 1. Tag: Wolken am Himmel
Basiskurs 6 – 2. Tag: Wolkenloser Himmel
Basiskurs 6 – 3. Tag: Über die Wipfel schauen
Basiskurs 6 – 4. Tag: Blick in die Weite des Meeres
Basiskurs 6 – 5. Tag: Unter der Meeresoberfläche sitzen
Basiskurs 6 – 6. Tag: In der Nabe des Bewusstseins ruhen
Basiskurs 6 – 7. Tag: Das Ego verschwindet
Basiskurs 6 – 8. Tag: Ganz mit sich sein
Basiskurs 6 – 9. Tag: Die drei Ebenen des Herzens
Basiskurs 6 – 10. Tag: Im Jetzt sein
Fachdidaktik der Meditation
Niedrigschwelliger Einstieg
Von der Yoga-Praxis in die Erfahrung der Meditation
Die Sitzhaltung
Neurodidaktischer Aufbau für einen Meditationskurs
Die sprachliche Gestaltung meditativer Übungen
Wortwahl
Rhythmus und Pausensetzung
Die wesentliche Bedeutung des Stimmklangs
Das Bedingungsgefüge für einen Meditationskurs
Checkliste für den Meditationsunterricht
Beziehung zwischen Lehrenden und Teilnehmenden
Prozessbegleitende Einzelgespräche führen
Die rechtliche Seite
Anhang
Anleitung zur 3-Minuten-Meditation
Anleitung zur Maitri-Meditation
Maitri-Meditation für dich selbst
Maitri-Meditation für andere
Fragebogen
Fragebogen für Teilnehmende
Fragebogen für Lehrende
Vorschlag für ein Meditationstagebuch
Beispiel eines Meditationsberichts für Einsteiger*innen
Vorlage für eigene Meditationseintragungen
Danksagung
Literatur
Quellenangaben
Hilfreiche Adressen
»Meditieren heißt im Grunde nichts anderes, als zu sein. Innehalten, sich eine Pause gönnen, aufhören, irgendetwas nachzujagen, und stattdessen präsent sein, sich im Körper verankern. Es ist eine Schule des Lebens. […] Meditieren heißt, Anfänger zu bleiben. Offen und neugierig. Man tut nichts, und es passiert doch so viel.«1Fabrice Midal
Es ist offenkundig – und in allen Medien nachzulesen –, dass Meditation »in« ist. Mehr und mehr wird der Wert der Meditation anerkannt, vor allem um Stress abzubauen. Sie gilt gewissermaßen als eine »Entspannungsantwort« erster Wahl. Viele medizinische Forschungen konnten zeigen, dass eine regelmäßige Meditationspraxis in starkem Maße unser vegetatives Nervensystem darin unterstützen kann, sich selbst im Zusammenspiel seines anregenden Anteils (Sympathikus) und seines in die Ruhe führenden Anteils (Parasympathikus) zu regulieren. Als Folge einer solchen »Entspannungsantwort« lassen sich auch viele heilsame Auswirkungen in anderen Körpersystemen wie dem Atemsystem, dem Herz-Kreislauf-System, dem Verdauungssystem, vor allem aber auch dem allem übergeordneten Immunsystem beobachten.
Liest man die Liste all dieser unterdessen gut dokumentierten Heilwirkungen, könnte man meinen, Meditation sei ein Medikament. Das ist es ganz sicher nicht, aber wahrscheinlich liegt darin der Grund, warum so viele Menschen heutzutage daran interessiert sind, das Meditieren zu lernen. Und es ist wohl auch der Grund dafür, warum so viele (ca. 80 Prozent!) diesen Versuch schon bald wieder abbrechen. Das hat vor allem damit zu tun, dass wir uns angewöhnt haben zu erwarten, dass alles, was wir tun, schnell Wirkung zeigt. Zusätzlich erwarten wir, dass Meditation sich immer gut anfühlen soll und sich – wenn wir uns zum Meditieren hinsetzen –verlässlich Entspannung und Ruhe einstellen, die wir uns so sehr wünschen. Und genau mit diesen Erwartungen kommen wir nicht weiter, denn die Methoden der Meditation müssen zunächst einmal eingeübt und dann regelmäßig angewandt werden.
Überall dort, wo sich Traditionen begründet haben, die Meditation lehren, wird es als selbstverständlich angesehen, dass solch ein Lernen nur allmählich und prozesshaft geschehen kann – und genau deshalb kann Meditation nicht mit einem Medikament verglichen werden! Wie bei jedem gelingenden Lernprozess brauchen wir auch für den der Meditation vor allem ein Interesse, das aus unserem Inneren erwächst, also eine »intrinsische Motivation«. Dabei sollte aber nicht der Nutzen im Vordergrund stehen, der bewirkt, dass wir etwas »haben wollen« (und das auch noch am besten möglichst schnell!), sondern vielmehr der innere Wunsch, uns selbst besser zu verstehen.
Steht dieser Wunsch im Vordergrund, dann machen wir uns auf zu einer Entdeckungsreise zu uns selbst. Von allem, was wir von Entdeckungen gehört und auf unseren eigenen Reisen erlebt haben, wissen wir, dass es nicht immer so läuft wie geplant, dass Störungen, Hindernisse und manchmal auch Umwege ganz natürlich dazugehören. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass es bereits auf dem Weg (also hier im Prozess des Erlernens) sehr viel zu entdecken gibt und dass – wie so oft im Leben – der Weg das Ziel ist.
In der Meditation gibt es – genau wie im Yoga – nichts zu erreichen, aber sehr viel zu erfahren. Wir können nicht lernen, »gut zu meditieren«, sondern uns nur selber immer wieder förderliche Bedingungen erschaffen, damit sich uns der Zustand der Meditation eröffnen kann. Dadurch erschaffen wir uns einen Raum bzw. eine weite Ebene der Möglichkeiten, in dem bzw. auf der dann tatsächlich alle Erfahrungen möglich sind, weil wir uns selbst erlauben, dass sich alles, was sich zeigen möchte, zeigen darf.
Diese Ebene der Möglichkeiten ist ein weiter, unbegrenzter Ort, der uns zunächst wenig Orientierung bietet. Da wir, wenn wir uns auf dem Kissen niederlassen und die Augen schließen, nie wissen können, was unser Inneres zum Vorschein bringen möchte, gilt es seit jeher in allen Traditionen als unverzichtbar, dass uns ein erfahrener Wegbegleiter zur Seite steht.
Traditionellerweise ist das der Guru, also der langjährige spirituelle Lehrer, auf den die Quellentexte des Yoga sich immer wieder beziehen. In der heutigen Zeit ist es eher eine/ein Meditationslehrer*in, die bzw. der die Menschen mit den Konzepten und Methoden der Yoga-Meditation vertraut macht und sie – zumeist in der Gruppe – durch einen Kurs oder ein ganzes Kursprogramm begleitet.
Es wird dabei als selbstverständlich angesehen, dass so eine/ein Lehrer*in über gute eigene Erfahrungen verfügt und dass sie oder er auch gut in der eigenen Praxis gegründet ist. Das reicht aber in der Regel nicht aus, um unterrichten zu können, da die eigenen Erfahrungen immer nur bestimmte Aspekte aller möglichen Erfahrungen abdecken können. Deswegen geht man heute eher dazu über, Meditationskurse aus traditionellen Kontexten zu lösen, um sie mehr auf die Bedürfnisse jener Menschen ausrichten zu können, die beginnen zu meditieren und die eine Begleitung durch die ersten Jahre suchen, bis sich ihre eigene Praxis gefestigt hat.
Aber wo und wie lernt man, Meditationslehrer*in zu werden? Obwohl es heutzutage unzählige Angebote an Yoga-Lehrausbildungen gibt, sind erstaunlicherweise bis jetzt kaum institutionalisierte Angebote für Ausbildungen von Meditationsleiter*innen zu finden.
Da es sicher noch einige Zeit brauchen wird, bis solche Angebote zur Verfügung stehen, soll mit diesem Buch der Versuch unternommen werden, alle wesentlichen Themen vorzustellen, die durchgearbeitet werden sollten, wenn man selber Meditationsgruppen leiten möchte oder wenn man meditative Elemente im Yoga-Unterricht zu etablieren beabsichtigt. Außerdem bietet es eine Vielzahl an Informationen und Anregungen für die Praxis für alle, die tiefer in die Yoga-Meditation einsteigen möchten.
Das Durcharbeiten dieses Buches ersetzt selbstverständlich weder die eigene Praxis noch die selbst erfahrene Begleitung durch einen Lehrer oder eine Lehrerin. Aber es bietet eine Art Leitfaden für die Praxis und den Prozess, wenn du Meditation lehren und auch besser verstehen willst, worum es bei der Yoga-Meditation geht.
Das Besondere an diesem Buch ist, dass es sich vor allem mit Yoga-Meditation beschäftigt, deren Konzepte und Methoden bis heute selbst unter Absolvent*innen von Yoga-Lehrausbildungen noch weitgehend unbekannt sind.
Besonders ist auch, dass der Bogen der Informationen bewusst sehr weit gespannt wird: von den teilweise jahrtausendealten Quellentexten bis hin zu neueren Erkenntnissen der Psychologie, der Mind-Body-Medizin und der Gehirn- und Bewusstseinsforschung. Und es möchte dir dabei sowohl ein methodisch-didaktischer Leitfaden als auch ein Nachschlagewerk sein.
Genau diese grundlegende Frage ist nicht so einfach zu beantworten, denn: Es gibt bis heute keine allgemein anerkannte Definition von Meditation! Es fehlen außerdem allgemein anerkannte Kriterien für die Beschreibung der verschiedenen Meditationsformen, die sich im Laufe der Jahrtausende entwickelt haben, sogar auch für die, die erst im letzten Jahrhundert entstanden sind.
Das hat vielleicht damit zu tun, dass »das Wort ›Meditation‹ ein Begriff ist, der vielen Techniken, die heute als Meditation bezeichnet werden, gewissermaßen ›übergestülpt‹ wurde«, wie Peter Sedlmeier in seinem wegweisenden und aktuellen Buch Die Kraft der Meditation – Was die Wissenschaft darüber weiß so treffend bemerkt.2
Der Begriff »Meditation« hat seinen Ursprung im Lateinischen meditari und bedeutet dort »das tiefe Nachdenken über spirituelle und philosophische Probleme«3. Er hat aber auch einen Bezug zum lateinischen Adjektiv medius, »mittlerer«, weswegen meditari auch »die Mitte finden« bedeuten kann.
Seit dem Mittelalter hat im Westen ein Bedeutungswandel des Begriffs stattgefunden, sodass wir heute darunter eher irgendeine Form des Sitzens in der Stille verstehen oder einen Zustand, in dem man sich ganz in sich zurückzieht.
Auch die Sanskritbegriffe wie Dhyana (zu finden in den Upanishaden, der Bhagavadgita und dem Yoga-Sutra) oder Raja-Yoga (zu finden in der Hatha-Yoga-Pradipika) helfen uns nicht weiter, denn unsere Übersetzungen treffen oft die Bedeutung nur annähernd und variieren zudem noch innerhalb der verschiedenen Yoga-Traditionen.
So wird verständlich, dass auch unter Begriffen wie »Yoga-Meditation« und »Vipassana« bzw. »Achtsamkeitsmeditation« die verschiedenen Traditionen und Schulen jeweils etwas anderes verstehen (übrigens ähnlich wie beim Begriff Yoga).
Auch Ulrich Ott, ein Psychologe, der seit vielen Jahren an der Universität Göttingen meditative Bewusstseinszustände erforscht, weist darauf hin, dass der Begriff »Meditation« mehr und mehr zu einem Sammelbecken unterschiedlichster Techniken wird. Er übernimmt deswegen eine Unterteilung in »Familien«, die Cortland J. Dahl, ein Wissenschaftler am Center for Healthy Minds an der Universität Madison, Wisconsin, mit Kolleg*innen erarbeitet hat und die allgemein als sehr hilfreich angesehen wird. Er unterscheidet:
die Aufmerksamkeitsfamilie
Hierzu gehören alle Meditationen, die auf ein Objekt ausgerichtet sind oder die Übende in einen Zustand offenen Gewahrseins einladen, in dem alles im Geist erscheinen darf.
die konstruktive Familie
Hierzu gehören alle Meditationen, in denen es darum geht, ein bestimmtes Gefühl zu entfalten und zu kultivieren, wie z.B. Mitgefühl (Karuna) oder liebende Güte (Maitri).
die dekonstruktive Familie
Hierzu gehören alle Meditationen, in denen es darum geht, tiefe Einsichten in die Natur der Wirklichkeit zu bekommen, in Kontakt mit dem eigenen Wesenskern/dem Selbst zu treten und sich den Erfahrungen der Nicht-Dualität allen Seins zu öffnen.4
Diese Unterscheidung wird zum einen gemacht, weil sie in etwa abbildet, wie sich bei den meisten Übenden das Bewusstsein entfaltet: Zuerst werden Aufmerksamkeit und Achtsamkeit geschult (Konzentration), dann entsteht das Bedürfnis, positive innere Haltungen wie Mitgefühl und Güte zu entwickeln (Konstruktion), und schließlich – nach vielen Jahren – wird das Bedürfnis in den Vordergrund treten, sich von allen Konstrukten zu lösen (Dekonstruktion). Zum anderen brauchten die Forscher*innen eine Kategorisierung, um die in der Hirn- und Bewusstseinsforschung erhobenen Befunde klarer zuordnen zu können.
In der Bewusstseins- und Hirnforschung, die sich in den letzten Jahrzehnten intensiv mit Meditation beschäftigt hat, wurde zwar sehr klar herausgearbeitet, dass meditative Techniken unterschiedliche Bewusstseinszustände hervorbringen. An einer einheitlichen Definition nach Kategorien muss im Westen5 aber unbedingt weitergearbeitet werden, um mehr Klarheit darüber zu bekommen, womit genau man sich in der Meditation beschäftigt und wie die Methoden gelernt und gelehrt werden sollten. Solche Vereinbarungen scheinen allerdings die Forschenden vor eine schier unlösbare Aufgabe zu stellen, da sie sich bis heute ja noch nicht einmal annähernd darauf einigen konnten, was sie unter dem Begriff »Bewusstsein« verstehen.
Immer dann, wenn es keine allgemein anerkannten und akzeptierten Definitionen gibt, eröffnet sich damit auch ein weites Feld der Möglichkeiten, das große Frei- und Spielräume eröffnet. Oder anders gesagt: Wenn wir uns mit Meditation beschäftigen, wir mehr über sie lernen und sie lehren wollen, müssen wir uns nicht zwingend auf irgendeine Methode festlegen. Das klingt vielleicht etwas irritierend, steht aber in bester indischer Tradition, denn in Indien wurden über die Jahrtausende hinweg dazu immer wieder verschiedene Aspekte unterschiedlicher Sichtweisen im Sinne einer Synthese neu zusammengefügt.
So betrachtet ist es vielleicht am sinnvollsten, den Begriff »Meditation« als ein Dach zu sehen, unter dem sich ganz viel sammeln lässt.
Dennoch lässt sich eine gewisse Übereinstimmung darüber beobachten, was heute in den westlichen Kulturen bei so gut wie allen Angeboten in Bezug auf Meditation als wichtig angesehen wird.
Meditation im Kontext von Yoga wird als eine Methode angesehen, um
den Geist (die Gefühle und Gedanken) zu beobachten und zu beruhigen,
den Atem zu beobachten und ihn langsamer und feiner werden zu lassen,
die Körperempfindungen zu erfahren und zu verfeinern,
offenes Gewahrsein zu entwickeln und in ihm zu verweilen.
In meinen eigenen Meditationsleiter*innen-Ausbildungen gebe ich immer am Beginn einen Fragebogen aus. Er dient zum einen dazu, dass ich weiß, welche Motive die Teilnehmenden dazu führen, sich für solch eine längere Weiterbildung zu interessieren. Zum anderen sagen mir aber auch die Teilnehmenden, dass sie sich durch das Ausfüllen des Fragebogens oft erst richtig ihrer Motive bewusst werden.
Die Teilnehmer*innen dieser Weiterbildungskurse sind bei mir fast durchgängig weiblich und im Durchschnitt älter als 40 Jahre. Sie haben in der Regel viele Jahre Erfahrung mit Yoga, haben oft eine Yogalehrer*innen-Ausbildung im Umfang von 200 bis 1000 Stunden abgeschlossen und spüren selber ein starkes Interesse an Meditation.
Viele haben in ihrer Ausbildung dazu nur wenig Information und Anleitung erfahren; trotzdem üben sich fast alle schon seit Jahren in den unterschiedlichsten Formen der Meditation (vor allem Achtsamkeitsmeditation und Zazen). Ähnlich wie bei der Yoga-Praxis möchten sie das, was sie für sich selber als hilfreich erfahren, gerne weitergeben.
Die meisten möchten ihren Yoga-Unterricht um meditative Elemente ergänzen, viele planen aber auch, eines Tages Wochenend-Workshops, Ferienkurse oder Retreats zum Thema Meditation geben zu können. Ich halte ihre Angaben zur Motivation damit für ziemlich repräsentativ für alle, die sich aktuell intensiver mit Meditation beschäftigen wollen.
Die Auswertung meiner Fragebogen zeigt folgende Reihenfolge ihrer Motive auf die Frage:»Warum meditiere ich?«
Sie suchen vor allem nach
mehr Klarheit,
Selbsterforschung und Selbsterkenntnis,
Ruhe,
innerem Frieden,
einer Möglichkeit, sich Zeit für sich zu nehmen/Selbstfürsorge,
mehr Bewusstheit,
einer Möglichkeit, sich selbst nahezukommen,
spirituellen Erfahrungen, wie Samadhi, Erleuchtung, Einswerden, Freiheit,
der Erfahrung von Weite, Offenheit, Durchlässigkeit,
einer Möglichkeit, abschalten zu können,
Entspannung,
einer Verbesserung der Gesundheit,
einer Möglichkeit, besser schlafen zu können,
Wohlgefühl,
einem besseren Umgang mit Schmerzen.
Wenn dagegen Menschen nach ihren Motiven gefragt werden, die sich für einen Meditationskurs in ihrer Yoga-Schule oder z.B. an der Volkshochschule interessieren, sieht die Gewichtung etwas anders aus. Peter Sedlmeier, Professor für Forschungsmethodik und Evaluation am Institut für Psychologie der TU Chemnitz, der zu diesem Thema viele Studien und vor allem Metastudien ausgewertet hat, meint vor allem säkulare Motive zu erkennen.
Seine Auswertung zeigt folgende Reihenfolge auf die Frage: Warum wollen Menschen Meditieren lernen?
Sie möchten
weniger depressiv sein,
weniger gestresst sein,
lernen abzuschalten,
sich besser entspannen/besser schlafen können,
Schmerzen besser ertragen können,
etwas für ihre Gesundheit tun,
selbstsicherer werden,
ihre Beziehungsfähigkeit verbessern,
sich besser konzentrieren können,
leistungsfähiger werden.6
Sedlmeier weist darauf hin, dass in den gängigen aktuellen Studien Motive wie »Sinnfindung« oder »Erleuchtung« bis jetzt kaum mitberücksichtigt wurden, weil sie sich scheinbar der wissenschaftlichen Untersuchung entziehen. Gleichzeitig macht er auch deutlich, dass es bisher (Stand 2016) überhaupt so gut wie keine Studien darüber gibt, die sich mit der Motivation beschäftigen.
Feststellen lässt sich aber schon einmal auf den ersten Blick, dass diejenigen, die das Meditieren lernen wollen, wesentlich weltlichere Motive haben als diejenigen, die Meditation lehren wollen. Letztere sind viel mehr an den Motiven orientiert, die sich auch in den Quellentexten des Yoga finden lassen. Dort heißt es, dass Meditation ein unverzichtbarer Teil unserer Übungspraxis sein sollte,
um sich in seinen Gefühlen, Gedanken und seinem Verhalten besser zu verstehen (alle Texte),
um innerlich frei zu werden (z.B. im Erlangen von Kaivalya; siehe Yoga-Sutra),
um zu einer unmittelbaren Schau zu finden (alle Texte),
um Einheit zu erfahren (Advaita/Upanishaden),
um in Kontakt mit dem Göttlichen zu treten und mit ihm eins zu werden (Bhagavadgita, Hatha-Texte),
um den Zyklus der Wiedergeburten zu beenden (Bhagavadgita, Hatha-Texte).
Es wird deutlich, dass die genannten Motive der Meditationsleiter*innen und derjenigen, die an diesen Kursen teilnehmen, zwar ein sehr großes Spektrum abdecken, aber mit denen, die die Quellentexte nennen, auf den ersten Blick nur wenige Überschneidungen zeigen.
Wie auch im Yoga steht hier als vermittelnde Instanz zwischen beiden Positionen die Lehrerin bzw. der Lehrer. Ihnen fällt die Aufgabe zu, sich einerseits an den Vorgaben der Quellentexte zu orientieren, andererseits aber auch die Interessen ihrer Teilnehmer*innen zu erkennen und ihnen entsprechende Angebote zu machen.
Eine solche Sichtweise des Lehrenden als vermittelnde Instanz weicht stark ab von dem Dogma, das lange besonders bezogen auf Meditation üblich war und das besagt, dass man genau nach den Maßgaben der Tradition zu lehren habe, in der man selbst gelernt hat.
Dasselbe gilt übrigens auch für diejenigen, die sich tiefer auf die Meditation einlassen wollen. Auch sie werden sich fragen, ob sie sich weiterhin bestimmten Sichtweisen und Methoden verpflichten wollen, von denen sie merken, dass sie nicht mehr richtig mit ihrer eigenen Lebenswirklichkeit übereinstimmen.
Da, wie oben beschrieben, Meditation eher als ein Dach- und Sammelbegriff angesehen werden kann, sind immer häufiger Anpassungsprozesse der Konzepte und Methoden zu beobachten, um sie für moderne Menschen verständlicher und umsetzbarer zu gestalten. Das ist sicher sinnvoll, heißt aber auch, dass wir achtsam bleiben müssen, damit unser Verständnis von Meditation bzw. das Meditieren nicht in eine Beliebigkeit abdriftet.
Ich möchte deswegen einige Kommentare zu den Quellentexten bzw. Definitionen moderner Meditationslehrer*innen anbieten, die mir hilfreich erscheinen, damit du für dich selbst entscheiden kannst, mit welchem inneren Verständnis von Meditation du bei der Lektüre dieses Buches fortfahren willst.
»Meditation ist ein In-Beziehung-Setzen zusammengehöriger Wirklichkeiten, als eine Entdeckung mystischer Zusammenhänge im Kosmos, im Menschen und im göttlichen Bereich.«7 (Bettina Bäumer – bezogen auf die Upanishaden)
»Meditation oder Kontemplation ist eigentlich der Weg der Verinnerlichung, der ›Blick nach innen‹ (Katha Up. IV,1). Doch hat selbst die Meditation eine kosmische Dimension. […] Der Mensch ist nicht isoliert, wenn er meditiert, vielmehr nimmt er Anteil an der Meditation als einem Zustand kosmischer Gelassenheit.«8 (Bettina Bäumer – bezogen auf die Upanishaden)
Dhyana heißt »Meditation« oder »Versenkung«. Der Begriff wurzelt im Buddhismus, und zwar im Pali-Wort Jhana, das »Sammeln der Achtsamkeit« bedeutet. Die Versenkung und das stille Gewahrsein sind das unverzichtbare Bindeglied zwischen der Erkenntnis und dem Handeln, denn das sind die Zustände, in denen die Seele zu uns spricht. Um diese innere Stimme hören zu können, braucht es das Zurückziehen der Sinne, »so, wie eine Schildkröte ihre Glieder zurückzieht«.9 (Ela Thole – bezogen auf die Bhagavadgita)
»An einem sauberen Ort soll er seinen festen Sitz errichten, der weder zu hoch, noch zu niedrig ist, mit einem Tuch bedeckt, einem Rehfell und auf heiligem Gras,dort soll er sitzen in Konzentration seines Mentals und in voller Beherrschung der Wirkweisen des mentalen Bewusstseins und der Sinne. So soll er zur Läuterung seiner selbst den Yoga üben.«10 (Bhagavadgita,6, 11–12)
»Regungslos wie das Licht einer Lampe an einem windstillen Ort ist das unter Kontrolle gehaltene Bewusstsein des Yogis, der das Einswerden mit dem Selbst übt.« 11 (Bhagavadgita,6, 19)
»Jede Meditation, jede Situation also, in der sich ein Mensch mit höchster Aufmerksamkeit einem Gegenstand, einer Frage oder einem anderen Inhalt zuwendet, ist immer ein Zusammenspiel von drei Anteilen: Es gibt die Person, die sich ausrichtet, den Prozess der Annäherung durch den Geist und das Meditationsobjekt. Nur wenn diese drei Aspekte sich miteinander verbinden, ist vollkommenes Verstehen (d.h. der Zustand der Meditation; A.T.) möglich.«12 (Kommentar zum Yoga-Sutra1.41 in der Übertragung von T. K.V. Desikachar)
»Wenn der Geist eines Menschen frei ist von Ablenkungen, ist er in all seiner Bewegung nur auf den einen Gegenstand der Meditation ausgerichtet. Verbleibt ein Mensch in diesem Zustand, so verbindet er sich mehr und mehr mit dem Gegenstand, bis er schließlich vollständig darin versunken ist. In diesem Augenblick spiegelt sein Geist wie ein glasklarer Diamant nur noch den Gegenstand in aller Vollkommenheit wider und sonst nichts anderes.«13 (Yoga-Sutra1.41 in der Übertragung von T. K.V. Desikachar)
»Meditation bezeichnet eine Gruppe von Geistesübungen, die in verschiedenen Traditionen seit Jahrtausenden überliefert sindund seit dem 20. Jahrhundert zunehmend auch in der westlichen Welt in säkularer Weise praktiziert und beforscht werden. Ein wesentliches Element meditativer Techniken ist das bewusste Steuern der Aufmerksamkeit.«14 (Wikipedia)
»Meditation kann dir etwas vermitteln, das du durch nichts anderes finden kannst: Es führt dich zu dir selbst.«15 (Swami Rama)
»Bei der Meditation geht es nicht um den Versuch, irgendwo hinzugelangen. Es geht darum, dass wir uns selbst erlauben, genau dort zu sein, wo wir sind, und genauso zu sein, wie wir sind, und desgleichen der Welt zu erlauben, genauso zu sein, wie sie in diesem Augenblick ist.«16 (Jon Kabat-Zinn)
»Im weitesten Sinne bedeutet Meditation, wir machen uns aktiv vertraut mit etwas, was guttut und heilsam oder heilend ist, für uns und andere. […] Im engeren Sinn kann man Meditationsübungen in drei Gruppen einteilen: Sammlung, Einsicht, Hingabe.«17 (Sylvia Wetzel)
»Meditation gibt uns Gelegenheit zu offener, mitfühlender Aufmerksamkeit gegenüber dem, was gerade geschieht. Der meditative Raum ist wie das weite Firmament – geräumig und so unermesslich weit, dass er alles aufnehmen kann, was auftaucht.«18 (Pema Chödrön)
»Yoga und Meditation sind ein Schatz für die Menschheit, weil sie uns helfen, die Naturgesetze zu verstehen. Wenn ich sie verstehen lerne, kann ich mich selbst, meine Mitmenschen und die Welt verstehen. Das, was uns Leid erschafft – Krankheit, Alter und Vergänglichkeit – beruht ja auf Naturgesetzen. Denn alles, was erschaffen – und damit zusammengesetzt – ist, ist vergänglich und wird wieder in seine Einzelteile zerfallen. Yoga und Meditation helfen uns, mit den Naturgesetzen zu arbeiten und leben – und nicht gegen sie! Weil sie uns helfen, das, was ist (die Phänomene), zu durchschauen, unterstützen sie uns darin, uns von unserer Gebundenheit an Angst, Schuld und Unglück zu lösen und unbeschwert und frei zu werden.«19 (Ursula Lyon)
»Der Geist (das Instrument) besitzt ein enormes kreatives Potenzial. Wir selbst gestalten unsere Erfahrungswelt. Im Meditationsprozess arbeiten wir daran, dieses Instrument zu schulen und zu entwickeln, damit eine heilsame und konstruktive Veränderung – bezogen auf uns selbst wie die Welt als Ganzes – ermöglicht wird. Meditation ist Schulung des Geistes.«20 (Michael Kissener)
»Meditieren heißt nicht, ›bewusst‹ zu sein, sondern mit einem Gefühl des Präsentseins in Berührung zu kommen, das die Gesamtheit unseres Seins, unseren Körper, unser Herz, unsere Gefühle und natürlich auch unseren Geist, umfasst, und auf diese Weise in der Welt verankert zu sein. Meditieren heißt nicht denken, sondern spüren. Es heißt, dass wir in lebendigem Kontakt sind mit dem, was gerade passiert, ohne uns ständig bewusst machen zu wollen, was da abläuft.«21 (Fabrice Midal)
»Meditation macht aus uns niemand anderen, sondern den, der wir immer gewesen sind.«22 (Carl Friedrich von Weizsäcker)
Im Gegensatz zu einer Vielzahl von Untersuchungen zu den positiven Auswirkungen der Meditation ist der Forschungsstand zu ihren Risiken und Nebenwirkungen noch sehr überschaubar. Sedlmeier berichtet in seinem sich auf Metastudien stützenden Buch Die Kraft der Meditation – Was die Wissenschaft darüber weiß, dass es »kaum systematische Überblicksstudien gibt, wohl aber eine Reihe von Fallstudien, in denen meistens sehr auffällige und schwerwiegende Vorkommisse berichtet werden«32.
Grundsätzlich kann man sagen, dass für viele Anfänger*innen der Weg in die Meditation nicht immer nur glatt läuft. Das hat vor allem mit der Vielzahl an unrealistischen Erwartungen zu tun, die durch Berichte in den Medien geschürt werden, in denen meist nur davon berichtet wird, wie gut Meditation tun kann und dass sie bei allen möglichen Beschwerden hilft. Gemäß unseren Prägungen in einer Leistungsgesellschaft erwarten wir außerdem, dass dann, wenn wir uns nur genügend anstrengen, sich auch nur Gutes zeigen wird und sich spürbare Erfolge bald einstellen sollen! Dem ist aber leider nicht so, und deswegen ist es wichtig, die Teilnehmenden an Meditationskursen darauf vorzubereiten, dass der Anfang oft recht holperig ist und sich nicht nur angenehme Gefühle zeigen werden. Was also sollten die Teilnehmenden erwarten?
Sie können erwarten, dass sie, wie viele Menschen, bedingt durch die Prägungen unserer Sitzkultur große Schwierigkeiten damit haben könnten, etwas länger auf dem Boden zu sitzen. Sie sollten sich bewusst machen, dass es sehr sinnvoll sein kann, zunächst das Angebot anzunehmen, doch besser auf einem Stuhl zu sitzen. Das kann den Einstieg sehr erleichtern, auch wenn die unbewusste Vorstellung, bedingt durch die inzwischen an jeder Ecke zu findenden Buddhastatuen, uns keine andere Wahl zu lassen scheint als die Vorgabe: Zum Meditieren hat man auf der Erde zu sitzen!
Doch gerade deshalb klagen viele Menschen über Schmerzen, und zwar vor allem über Knieschmerzen, Rückenschmerzen und Anspannungen im Schulter- und/oder Nackenbereich.
Diese Probleme lassen sich meist allerdings mittel- bis langfristig gut lösen, am besten durch eine an die Anforderungen des Sitzens angepasste Asana-Praxis und eine ausführliche und variantenreiche Hinführung zu einer individuell als stabil und bequem erfahrenen Sitzhaltung.
Was Anfänger*innen der Meditation auch als sehr störend erleben können, sind andere Körpererfahrungen wie das Einschlafen der Beine, Krämpfe in den Füßen oder wie aus dem Nichts auftauchender (wandernder) Juckreiz. Auch damit kann man lernen umzugehen:
Beim Einschlafen der Beine oder bei Krämpfen die Sitzhaltung dezent lösen, kleine (für andere unhörbare) Bewegungen machen.
Beim Juckreiz hilft am besten das Benennen: »Da ist Jucken!« Und dann (bloß) nicht weiter darauf eingehen. Ignorieren. Es jucken lassen. Das hilft mittelfristig und schult gleichzeitig sehr gut die Regulation reflexhafter Handlungen (z.B. Kratzen) oder eingefahrener Denkmuster (wie etwa: »Das nervt jetzt!«).
Eine weitere, oft als sehr unangenehm empfundene Begleiterscheinung der Meditation ist, dass in der Stille für viele Menschen erst einmal so richtig spürbar wird, wie müde und erschöpft sie eigentlich sind. Dies äußert sich dann in ständigem Wegdämmern, Zucken, Schwanken und Wegsacken. Immer wieder berichten Teilnehmer*innen, dass sie das Gefühl haben, die ganze Zeit kämpfen zu müssen, um nicht einzuschlafen oder umzufallen. Und es ist nur zu verständlich, dass diese Erfahrungen die Motivation nicht gerade stärken. Was wäre in solchen Fällen hilfreich?
Der erfahrene Meditationslehrer Michael Kissener (in der Tradition von Swami Rama und Veda Bharati) schlägt vor, den Teilnehmenden zunächst eine Reihe von Entspannungsübungen, Bodyscans und Energielenkungen im Liegen anzubieten und sie erst nach 15 bis 30 Minuten aufsitzen zu lassen, um mit der Meditation zu beginnen. In der Tat gaben die Teilnehmenden dazu immer ein positives Feedback, denn tief sitzende Müdigkeit und Erschöpfung müssen unbedingt bedacht und beachtet werden. Weiterhin denkbar wäre auch eine regenerierende Asana- und Pranayama-Praxis zur Vorbereitung der Meditationsphase.
Immer dann, wenn ihm keine Außenreize angeboten werden, beschäftigt sich unser Gehirn bevorzugt mit sich selbst, d.h. mit der Person und dem Geist, die und den es verkörpert. Menschen denken pro Tag etwa 80000 Gedanken, von denen gut 80 Prozent negativ gefärbt sind und nur ca. 10 Prozent neues Denken repräsentieren. Das erklärt, warum Menschen, die gerade ihre ersten Erfahrungen mit der Meditation machen, mit größter Wahrscheinlichkeit auch viele unangenehme Gedanken und Gefühle ins Bewusstsein steigen werden. Sie finden ihre Grundlage in den fest verknüpften Nervennetzwerken unserer Prägungen, Glaubenssätze und Ansichten und treten deswegen meist in derselben Form, ja sogar im selben Wortlaut, immer wieder auf. Auf einer unbewussten Ebene sind sie immer gegenwärtig und scheinen nur darauf zu warten, dass wir uns einmal nicht mit äußeren Dingen beschäftigen, sondern zur Ruhe kommen, um sofort die Bühne unseres Bewusstseins für sich zu beanspruchen. Wie soll man damit umgehen?
Das Wichtigste ist, aufzuklären über die Art und Weise, wie unser Geist und unser Gehirn natürlicherweise funktionieren. Dafür ist es sinnvoll, sich die Zeit zu nehmen, den Teilnehmer*innen zu erklären, wie z.B. das Ruhezustandsnetzwerk arbeitet (mehr dazu im Kapitel »Ruhezeit für unser Gehirn«) und warum das, was es zu sein scheint – ein »Monkey Mind« – so sinnvoll ist. Auch hilft es Anfänger*innen, wenn sie verstehen, dass ihr Geist sich natürlicherweise eher von allem angezogen fühlt, was stört und was negativ ist. Das scheint evolutionäre Gründe zu haben und kann deswegen nicht als persönliches Versagen bewertet werden!
Genauso wichtig ist aber auch die Installation einer Metainstanz, die beobachtet und die – gerade dadurch, dass sie etwas auf Distanz bleibt – in der Lage ist zu erkennen, dass Gedanken nur Gedanken und Gefühle nur Gefühle sind (mehr dazu im Kapitel »Meditieren lernen – Schritt für Schritt« im Abschnitt »Sich selbst erforschen und nahekommen«). Sie sind weder Abbildungen der Realität noch das, was den Menschen an sich ausmacht, denn: Wir sind mehr als unsere Gedanken und Gefühle. In uns gibt es auch noch die Ebene, die sich dieser Gedanken und Gefühle gewahr werden kann, und wir sind potenziell immer in der Lage, jeden Gedanken und jedes Gefühl zu bearbeiten oder anders zu bewerten. Gerade die Meditationspraxis hilft uns in besonderem Maße, das zu erkennen und damit immer wieder Erfahrungen zu machen (wodurch sowohl unser Geist als auch unser Gehirn verändert werden!).
Wichtig zu wissen: Solange der/die Teilnehmende die Erfahrung macht, unangenehme und belastende Gefühle und Gedanken, die in der Meditation auftauchen, selber regulieren und den Beobachterstatus aufrechterhalten zu können, spricht nichts dagegen, die Meditationspraxis fortzusetzen. Allerdings sollten die Übungsleiter*innen die Teilnehmenden unbedingt darüber aufklären, dass solche Gedanken und Gefühle auftauchen können – sogar mit einiger Wahrscheinlichkeit auftreten werden –, und ihnen deutlich machen, wie wichtig es deswegen ist, die Fähigkeit, Beobachter*in zu bleiben, immer weiter zu schulen.
Eine besondere Indikation in dieser Hinsicht ist die Depression. Da der Begriff sehr ungenau genutzt wird, ist es wichtig, mit dem Teilnehmenden erst einmal abzuklären, ob sie/er unter einer depressiven Verstimmung leidet oder einer depressiven Episode und, wenn ja, in welchem Schweregrad (leicht, mittel, schwer) sie sich zeigt.
Handelt es sich um depressive Verstimmungen oder eine leichte depressive Episode, dann ist nur zu bedenken, dass es in einem solchen Zustand nicht hilfreich ist, wenn der Geist durch einfaches stilles Sitzen sich selbst überlassen ist. Menschen in solchen inneren Verfassungen können aber dagegen sehr von geführten Meditationen profitieren wie z.B. Dankbarkeitsmeditation, Meditation über die heile Mitte oder über den unverletzlichen Wesenskern, Lichtmeditationen und Mantra- oder Yantra-Meditationen. All dies sind Meditationsformen, die den Geist beschäftigen und ihn mit positiven, bestärkenden und aufhellenden Inhalten erfüllen können.
Berichtet ein oder eine Teilnehmer*in jedoch davon, dass er/sie aktuell unter einer mittleren oder schweren depressiven Episode oder unter Angststörungen leidet oder dass er/sie in der Meditation von Angst- oder Panikgefühlen überflutet wird, die sich nicht beherrschen lassen, dann sollte dieser Mensch sich nach professioneller Unterstützung durch eine Psychotherapeutin oder einen Psychiater umsehen. Mittlere und schwere Depressionen, Angststörungen und Panikattacken stellen psychische Krankheitsbilder dar, und deshalb gehören Menschen, die darunter leiden, nicht in einen Yoga- und/oder Meditationsunterricht, der per definitionem ausdrücklich für gesunde Menschen konzipiert wird.
Es ist sinnvoll, die Menschen, die sich für einen Meditationskurs interessieren, zu bitten, vorab einen Fragebogen auszufüllen. In einem solchen Fragebogen können Vorerfahrungen, Erwartungen und (Vor-)Erkrankungen abgefragt werden.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, mit allen Interessent*innen einzeln ein Vorgespräch zu führen, in dem die oben genannten Punkte persönlich erfragt werden können. (Eine Vorlage für einen solchen Fragebogen ist im Anhang zu finden.)
Wenn wir lernen wollen zu meditieren, dann müssen wir bereit sein, uns kontinuierlich und über einen längeren Zeitraum auf etwas einzulassen, womit wir im Alltag nur wenig zu tun haben.
Eine kleine Übersicht:
Länger auf dem Boden sitzen (muss zwar nicht sein, aber »echte« Meditation wird nun einmal im Westen grundsätzlich mit einem Yoga-Sitz in Verbindung gebracht).
Die Augen geschlossen halten und (möglichst) still sitzen.
Wach bleiben (Schläfrigkeit und Erschöpfung widerstehen).
Sich Zeit nehmen, genau und differenziert zu spüren.
Sich nicht ablenken (lassen), sondern vielmehr sich selbst aushalten (auch Juckreiz, eingeschlafene Beine, usw.).
Aufmerksamkeit und Achtsamkeit entwickeln.
Sich selbst erforschen und sich selbst nahekommen.
Den eigenen Gefühlen begegnen und sie aushalten.
Gleichzeitig (immer mal wieder) das Gefühl für den eigenen Körper sowie Raum und Zeit verlieren.
Etwas auch einmal einfach nur geschehen lassen (Meditation kann man nämlich nicht machen!).
Sich von seinen Wünschen und Erwartungen abkoppeln.
Fehlerfreundlichkeit und Selbstakzeptanz einüben.
Dies sind nur ein paar der Dinge, mit denen wir es während der Meditation zu tun bekommen, und es gibt noch vieles mehr!
Allein diese sicher sehr unvollständige Aufzählung macht uns schon klar, dass selbst der motivierteste Anfänger all das in der Meditation weder kurzfristig noch gleichzeitig erlernen kann. Das gelingt noch nicht einmal den Menschen, die sich für ein paar Wochen in ein Retreat begeben, denn Lernen geschieht ja in den allermeisten Fällen prozesshaft. Es geschieht Schritt für Schritt bzw. Schicht um Schicht, wobei vieles (ständige) Wiederholungen braucht, damit sich im Gehirn als Repräsentationen des Gelernten solide und belastbare Netzwerke bilden.
Meditieren lernen braucht also sowohl Schulung als auch Training – wie so ziemlich alles im Leben. Erfahrene Meditationsleiter*innen äußern sogar, man müsse die oben erwähnten zu erlernenden Fähigkeiten in der Weise trainieren, wie man Muskeln trainiert. Damit ist aber auch klar, dass jede dieser Fähigkeiten (sogar die, länger bequem auf dem Boden zu sitzen) wieder abnimmt bzw. nachlässt, wenn wir sie nicht regelmäßig nutzen bzw. üben.
Besonders die Themen der Selbsterforschung, des Sich-selbst-Nahekommens, des Spürenlernens, des Beobachtens, des Abkoppelns entfalten sich in der Praxis nur prozesshaft, also allmählich, und oft sogar nur unter Widerständen.
Das ist nur verständlich, denn indem wir uns auf diese Themen einlassen – und das auch noch in der Stille und Regungslosigkeit der Meditation –, müssen wir vieles von dem, was wir gelernt haben, um im Alltag mit den Anforderungen der Leistungs- und Konsumgesellschaft zurechtzukommen, regelrecht auf den Kopf stellen.
So haben die meisten von uns sicherlich zutiefst verinnerlicht, dass man das Gewünschte erreicht, wenn man es nur intensiv genug will und sich entsprechend intensiv genug anstrengt. Aber genau dieses Prinzip funktioniert überhaupt nicht, wenn wir das Meditieren lernen wollen, ja, es ist dabei sogar äußerst kontraproduktiv. Stattdessen brauchen wir für unser Lernen Geduld, Nachsicht, Hingabe, Demut und vor allem sehr viel Fehlerfreundlichkeit und Frustrationstoleranz.
Um in den Zustand der Meditation zu gelangen, gibt es nichts zu tun.
Wir können immer nur gute Bedingungen schaffen und dann erleben, ob sie sich einstellt – oder ob der Geist unruhig und zerstreut bleibt oder es sich zeigt, dass wir aktuell einfach zu müde und erschöpft sind für eine Meditationssession.
Im Folgenden schauen wir uns die Lernfelder etwas genauer an, damit wir erkennen, welche Anforderungen sie an uns stellen und mithilfe welcher Methoden wir sie uns aneignen können.
Selbst wenn man als Leiter*in einer Yoga- oder Meditationsgruppe den Teilnehmenden anbietet, dass sie auch auf einem Stuhl sitzend meditieren können, weisen die allermeisten diese Angebote mehr oder weniger vehement zurück. Egal, ob die Knie murren oder der Rücken schmerzt: »Echte« Meditation wird nun einmal im Yoga-Sitz geübt!
Was hilft: Sitzhilfen anbieten und ausdrücklich dazu ermuntern, bei Bedarf die Sitzhaltung zu ändern.
Methode: Übungen anbieten, um die Gelenke der Beine und Füße zu mobilisieren, den Rücken zu kräftigen und die Elastizität des Fasziengewebes in Beinen, Becken (Hüftgelenke!) und Rücken wiederherzustellen. Das braucht je nach Grad der Steifheit viele Wochen oder Monate.
Diese Anforderungen sind deshalb herausfordernd, weil sie so entgegengesetzt zu unserem Alltagsverhalten sind. Für viele Menschen bedeutet, mit geschlossenen Augen ruhig dazusitzen, automatisch Nichtstun – und das, so hat man es ihnen beigebracht, geht gar nicht. Obwohl jede und jeder versteht, dass beides – geschlossene Augen und das Stillsitzen – dazugehört, um meditieren zu können, wird das Einüben doch für manche zur Qual. Die meisten Menschen brauchen dafür auf jeden Fall viel Geduld und eine gute Motivation, denn es dauert eine ganze Weile, bis das stille Sitzen zur Gewohnheit wird und sie es irgendwann auch noch mögen.
Was hilft:Ermuntern, sich immer wieder zwischendurch ganz dezent zu dehnen (z.B. intensiv die Finger zu spreizen) und den Blick entspannt zu fixieren (z.B. zur Mitte der Stirn).
Methode: Vor dem eigentlichen Sitzen eine Übungspraxis anbieten, in der mit geschlossenen Augen geübt wird. Zwischen jeder Übung bzw. zwischen kleinen Übungsgruppen immer wieder aufsetzen zum stillen, regungslosen Nachspüren.
Sehr oft merkt man erst, wenn man sich hinsetzt, die Augen schließt und sich in sich zurückzieht – man sich also endlich Zeit für sich nimmt und zur Ruhe kommt –, wie müde und erschöpft man aktuell ist. Da die Außenreize fehlen, fällt es vielen Menschen (besonders den Männern) oft sehr schwer, der aufkommenden Schläfrigkeit zu widerstehen.
Und so kommt es, dass das, was nach außen wie Meditation aussieht, tatsächlich eher ein Dösen ist. Manchmal gesellt sich dazu ein unangenehmes Schwanken, das durch einen Sekundenschlaf verursacht wird.
Was hilft: Aufrecht sitzen, sich anlehnen, immer wieder tief und kraftvoll einatmen, denn das hebt etwas den Blutdruck und beschleunigt etwas den Herzschlag. Gleichzeitig wird durch das bewusste Einatmen der Sympathikus (das »Gaspedal« des vegetativen Nervensystems) aktiviert.
Methode: Vorher eine Übungspraxis anbieten, die viele Dehnungen und Rückbeugen enthält. Eventuell vorher einige Runden Feueratmung üben (30 bis 60 Sekunden durch beide Nasengänge schnell und schwingend gleich schnell/intensiv ein- und ausatmen). Das macht wach!
Etwas genau und differenziert zu erspüren braucht Zeit und Geduld. Da bei den meisten Menschen, bedingt durch jahrelangen Stress, die Fähigkeit, sich im Körper zu erfahren (Propriozeption), mehr oder weniger verkümmert ist, muss genau dieser Sinn – der Körperwahrnehmungssinn – erst wieder erweckt und trainiert werden. Und das kann dauern – bei Menschen, die jahrelang schweren Disstress ertragen haben, möglicherweise sogar Jahre!
Was hilft: So oft wie möglich kurz (vielleicht eine Minute) im Alltag innenhalten und mit der Frage »Wie geht es mir jetzt?« in sich hineinspüren. Möglichst oft bewusst die eigene Körperhaltung und den Grad der Anspannung der Muskeln erspüren. Bewusst atmen, bewusst essen, bewusst duschen usw.
Methode: Eine Asana- und Atempraxis anbieten, die am Spüren und Erfahren (und nicht am Erreichen von irgendetwas) ausgerichtet ist. Zunächst vor allem erkunden lassen, was alles sich angenehm und wohl anfühlt.
Das ist vielleicht die größte Herausforderung! In den letzten Jahren hat sich überall eine »Kultur der permanenten Ablenkung« entwickelt, in der in jeder freien Sekunde das Smartphone konsultiert wird zum Checken, Chatten oder um einfach im Internet zu surfen. Oder es wird Musik gehört, noch schnell ein Video geschaut usw., usw.
Meditation verlangt aber ganz sicher eines: Zeiträume digitaler Abstinenz. In dieser Abstinenz werden wir auf uns selbst zurückgeworfen und müssen wieder lernen, ohne Ablenkung Zeit mit uns zu verbringen und uns selbst auszuhalten –auch dann, wenn unangenehme Gedanken oder Gefühle auftauchen, auch dann, wenn sich körperliches Unwohlsein wie z.B. Juckreiz, eingeschlafene Beine, Schmerzen bemerkbar machen.
Was hilft: Wenn man vorhat, meditieren zu lernen, schon im Vorfeld einüben, digitale Abstinenz zu üben – jeden Tag in kleinen Dosen.
Methode: Einüben zum Beobachter/zur Beobachterin der eigenen Reiz-Reaktions-Mechanismen zu werden. Wann genau will man sich ablenken? Warum will man das? Was will man damit eventuell vermeiden? Das ist ein langer Lernprozess, aber die unverzichtbare Voraussetzung, damit wir lernen können, Aufmerksamkeit und Achtsamkeit zu entwickeln.
Ohne die Fähigkeit, aufmerksam und achtsam zu sein, kann sich der Zustand der Meditation nicht einstellen. Beide Fähigkeiten sind in uns durch Veranlagung und Erziehung mehr oder weniger stark ausgeprägt, und zwar je nachdem, in welchem Maße unser Stirnhirn (präfrontaler Cortex), das unsere selektive Wahrnehmung steuert, aktiv ist.33
Aufmerksamkeit und Achtsamkeit können und müssen geschult werden, und zwar auf dieselbe Weise, wie wir unsere Muskeln trainieren: durch ständiges, beharrliches und lebenslanges Üben. Dieses Lernen geschieht prozesshaft, das heißt
im Wechsel einer spürbaren Zunahme beider Fähigkeiten,
mit Lernplateaus, die der Integration dienen, die aber den Eindruck erwecken, dass es nicht vorangeht, und
mit Rückschlägen (vor allem, wenn wir uns gerade sehr gestresst fühlen), in denen wir das Gefühl haben, unsere mentale Unruhe und Zerstreutheit kaum bändigen zu können.
Schauen wir uns erst einmal die Aufmerksamkeit an, da sie die Grundlage für Achtsamkeit ist.
Die Fähigkeit, unsere Aufmerksamkeit auf etwas richten zu können, ist in mehreren Bereichen im Gehirn verankern, nämlich überall dort, wo sich Aufmerksamkeitsnetzwerke gebildet haben.34 Man unterscheidet drei Netzwerke, die für unterschiedliche Aufgaben zuständig sind:
Vigilance (entspricht der Fähigkeit, aufmerksam, wach und präsent zu bleiben)
Orienting (entspricht der Fähigkeit, die Informationen auszuwählen, die aktuell wesentlich sind)
Executive Attention (entspricht der Fähigkeit, bewusst zu entscheiden und zu planen; dieses Netzwerk ist außerdem an der Regulation von Emotionen beteiligt)35