Ein moderner Lederstrumpf - Robert Kraft - E-Book

Ein moderner Lederstrumpf E-Book

Robert Kraft

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Beschreibung

Ellen Howard und Judith Barrilon sind Konkurrentinnen um die Gunst von Sir Robin Munro. Dieser hat sich Ellen zugewandt; um ihn dennoch zu erringen, schafft es Judith, ihre Konkurrentin zu einer Wette zu verleiten: Ellen soll die Erde in 300 Tagen per Rad umrunden. In dieser Zeit hofft Judith, die Gunst Munros zu erringen. Dieser hält jedoch zur teils recht störrischen Ellen und engagiert ohne deren Wissen den Abenteurer Curt Starke zu ihrem Schutz. Nach anfänglichem Widerwillen kommt Ellen gut mit ihrem Begleiter aus und verliebt sich sogar in ihn. Die Reise geht zunächst gut voran, es häufen sich jedoch schließlich immer gefährlicher werdende Anschläge auf die Reisenden, hinter denen Lady Barrilon steckt. (Zitat aus karl-may-wiki.de)

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4. Capitel. Der achte September.

»Haben Sie etwas Verzollbares bei sich? Spitzen, Pretiosen, Spirituosen?«

Unter dem scharfen Blicke des amerikanischen Zollbeamten erröthete Ellen bis in die Schläfen, sie wurde immer verlegener, konnte nur noch flüstern – gerade jetzt, da sie sich vorgenommen hatte, offen aufzutreten, und sie hatte ja auch gar nichts bei sich. Und nun erröthete sie.

Erstens machte sie der Gedanke verlegen, dass jetzt die Augen aller Passagiere mit spöttischem Staunen auf sie gerichtet seien, denn Angesichts der Freiheitsstatue im New-Yorker Hafen präsentirte sie sich zum ersten Male in ihrem Weltreisecostüm, und zu diesem gehörten Hosen; denn sie benutzte ein Herrenrad, und Hosen hatte Ellen noch nie gegen den eleganten Radlerrock vertauscht gehabt.

Der Spiegel in der Cabine, in welcher jetzt ihr Reisekleid dem zur Verfügung stand, der es zuerst fand, hatte ihr zwar gesagt, dass sie recht fesch in dem abenteuerlichen Herrencostüm aussah, in dem dunkelbraunen Lodenanzug, mit den hohen, gelben Schnürstiefeln, wie unter dem schottischen Mützchen die blonden Locken hervorquollen, ein frisches, edles Gesicht einrahmend; auch der Revolver im Futteral am Gürtel gab ihr etwas von ritterlicher Verwegenheit, der Tornister auf dem Rücken entstellte das ganze Bild auch nicht – ja, sie sah recht gut aus, aber sie hätte schon kaum gewagt, aus der Cabine herauszutreten, und als sie dann ihr Rad über Deck fuhr, und als sie einen Mann vor Staunen förmlich zurückprallen sah, da wünschte sie, schon in der einsamen Mongolensteppe zu sein. Ach, diese Hosen! Es war ein grässlicher Gedanke.

Zweitens kam nun der Zollbeamte mit seinem durchdringenden Blick.

Sie hatte schon genug davon gehört, sie fühlte sich bereits von fremden Händen ausgeschält. Jacke, Weste, Hose, Stiefel, Strümpfe aus, Alles aus bis auf's Hemd, ob sie nicht eine Leibbinde von Brüsseler Spitzen trüge, und wenn es auch Frauenhände waren, in einer abgeschlossenen Kammer, es war doch furchtbar – und es musste so kommen, denn sie erröthete ja immer mehr, obgleich sie doch gar nichts Verzollbares hatte.

Aber Ellen irrte sich. Einmal hatten die Passagiere soviel mit ihren Koffern und mit sich selbst zu thun, dass sie das Mädchen im Männercostüm gar nicht beachteten, und dann wissen die Zollbeamten, dass gerade jene Damen und Jünglinge, welche gleich so erröthen und zittern, die allerunschuldigsten sind, die geben sich nicht mit Pascherei ab. Aber die, welche ein keckes Nein sagen und dreist den Blick erwidern, die haben sie schärfer im Auge, und überhaupt, diese Zollbeamten sehen, riechen und fühlen mehr als andere irdische Menschen, manchmal scheinen sie wirklich hellsehend zu sein.

»Nein, ich habe wirklich nichts,« stammelte Ellen.

»Ringe? Es ist nur ein Diamantring frei.«

Gehorsam streckte Ellen die Hände aus. Die linke trug nur einen oxydirten Kupferring, der nicht einmal einen Australneger gereizt hätte, und für Ellen vertrat er die Visitenkarte. »Ellen Howard, London« war darauf eingravirt, falls man einmal eine Leiche, nach Jahren ein Skelett finden sollte. »Dieses neue Rad muss verzollt werden.«

»Ich will – ich möchte – um die Erde fahren,« stotterte Ellen mit bittendem Blick und knöpfte das Jäckchen, auf, um den englischen Pass hervorzuholen.

»Schon gut,« wehrte der Beamte ab, der nicht einmal das leiseste Staunen bei dieser Erklärung zeigte. »Schläuche auf – Schläuche auf, Schläuche auf!« drängte er, als seiner Aufforderung nicht gleich nachgekommen wurde.