Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Immunität. Jeder will sie, aber nur ein Mann hat sie. Unser Held, wenn man ihn überhaupt so nennen kann, will aus der Regierungseinrichtung fliehen, in der er gefangen gehalten wird. Er will der Armee von Ärzten und Soldaten entkommen, die der Ansicht sind, dass er die Antwort auf die verheerende Zombie-Epidemie wäre. Er will zu seinen Freunden fliehen, von denen ihn ein ganzer Kontinent trennt. Aber könnte er sicher die verwüsteten Vereinigten Staaten durchqueren, in denen es von unersättlichen, infizierten Kannibalen nur so wimmelt? Oder sollte er lieber in der uneinnehmbaren Festung bleiben, seine Pflicht tun und sich den Tests fügen, in der Hoffnung, damit jeden retten zu können? Was sollte ein immuner, arroganter und grober Krimineller wie er tun?
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 420
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
This Translation is published by arrangement with SEVERED PRESS, www.severedpress.com Title: CONSPIRACY THEORY. All rights reserved. First Published by Severed Press, 2020. Severed Press Logo are trademarks or registered trademarks of Severed Press. All rights reserved.
Diese Geschichte ist frei erfunden. Sämtliche Namen, Charaktere, Firmen, Einrichtungen, Orte, Ereignisse und Begebenheiten sind entweder das Produkt der Fantasie des Autors oder wurden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, lebend oder tot, Ereignissen oder Schauplätzen ist rein zufällig.
Deutsche Erstausgabe Originaltitel: CONSPIRACY THEORY Copyright Gesamtausgabe © 2024 LUZIFER Verlag Cyprus Ltd. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Cover: Michael Schubert Übersetzung: Celine Anger Lektorat: Manfred Enderle
Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2024) lektoriert.
ISBN E-Book: 978-3-95835-875-1
Sie lesen gern spannende Bücher? Dann folgen Sie dem LUZIFER Verlag aufFacebook | Twitter | Pinterest
Sollte es trotz sorgfältiger Erstellung bei diesem E-Book ein technisches Problem auf Ihrem Lesegerät geben, so freuen wir uns, wenn Sie uns dies per Mail an [email protected] melden und das Problem kurz schildern. Wir kümmern uns selbstverständlich umgehend um Ihr Anliegen.
Der LUZIFER Verlag verzichtet auf hartes DRM. Wir arbeiten mit einer modernen Wasserzeichen-Markierung in unseren digitalen Produkten, welche Ihnen keine technischen Hürden aufbürdet und ein bestmögliches Leseerlebnis erlaubt. Das illegale Kopieren dieses E-Books ist nicht erlaubt. Zuwiderhandlungen werden mithilfe der digitalen Signatur strafrechtlich verfolgt.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
Der Boden ist immer kalt. Jedes Mal, wenn ich dieses Krankenhausbett verlasse, sagen mir meine Füße, wie kalt dieser verdammte Boden ist. Die Fliesen sind eiskalt, und sie geben mir nicht einmal Socken. Hausschuhe kommen auch nicht infrage. Ich meine, WTF? Was können Socken oder Hausschuhe schon ausrichten? Meine verdammten Zehen sind kalt. Alles, was ich trage, ist ein blauer Krankenhaus-Kittel. Nicht, dass ich ein Modekönig wäre, aber mein Arsch hängt nun mal heraus.
Mein Zimmer, das im Grunde nur eine Zelle ist, ist zwölf mal neun Schritte groß, das Bad nicht mitgerechnet. Weiße Wände mit einer abgehängten Decke, darüber nichts als Stahl und Beton (ich habe es überprüft). Der Boden ist stumpfgrau gestrichen. Mehrere Geräte sind hier drin, die meisten zu meiner Überwachung, aber ich muss zum Glück nicht dauerhaft an sie angeschlossen bleiben. Es gibt sechs Kameras hier drin und zwei im Badezimmer, aber das Schlimmste ist das Fenster. Es gibt nämlich ein riesiges Glasfenster in einem Aluminiumrahmen, das mich vom Korridor trennt. Vor meiner Stahltür sitzen immer zwei Wachen auf Stühlen. Warum haben sie eine Stahltür, aber ein riesiges Glasfenster, fragst du dich? Weil das Zeug kugelsicher ist. So steht es zumindest in Gelb in der unteren rechten Ecke des Fensters. Ich frage mich, ob eine Panzergranate durch dieses Baby gehen würde.
Ich fühle mich wie ein Fisch in einem Krankenhausaquarium. Ständig starrt jemand in einem blauen Kittel mit einem Klemmbrett durch das Fenster. Normalerweise sind es zwei oder mehr Personen. Sie reden nie mit den Wachen, und die Wachen reden nie mit ihnen oder mit mir. Niemals.
Es gibt zwar eine Tür zu meinem Badezimmer, aber die Kameras haben jede Illusion von Privatsphäre zunichtegemacht. Ich kann nicht einmal einen abseilen ohne Publikum. An meinem fünften Tag hier habe ich mir einen runtergeholt, und innerhalb von Sekunden nach der glückseligen Vollendung ertönte das Zischen meiner hermetisch verschlossenen Stahltür, und eine Krankenschwester mit zwei bewaffneten Wachen war hier drin und verlangte mein Taschentuch. Ich weiß … igitt.
Ich habe keine Außenfenster, aber ich habe das Gefühl, unter der Erde zu sein. Ich weiß nicht, warum ich mich so fühle, vielleicht, weil etwas Oberirdisches leicht entdeckt werden würde, und dieser Ort ist auf jeden Fall ein Geheimnis.
Plausible Bestreitbarkeit.
Alles ist zu meinem Schutz. Ich bin hier so etwas wie eine Berühmtheit. Ich bin wichtig, wie all die Ärzte und Typen in den Anzügen immer sagen. Denn ich bin immun. Vor etwas mehr als einem Jahr ist etwas wirklich Beschissenes passiert. Niemand weiß, wie oder warum, aber die Toten blieben auf einmal nicht mehr tot. Ich weiß, dass das an sich schon schwer zu begreifen ist, aber viel schlimmer ist es, dass diese Toten hungrig zurückkommen. Sie wollen allerdings keine Pizza oder Spinat-Dip, sie wollen dich. Sie wollen dich fressen, und niemand hat sich die Mühe gemacht, ihnen zu sagen, dass es beim Essen auch auf die Präsentation ankommt. Sie fressen Menschen nämlich bei lebendigem Leib.
Sie sind langsam und dumm, aber sie sind in der Überzahl, und die Menschen stehen jetzt auf der zweiten Stufe der alten Nahrungskette. Angeblich sind sie uns zahlenmäßig Tausende zu eins überlegen. Ich sollte auch noch erwähnen, dass diese Dinger, diese ehemaligen Menschen, diese Infizierten, verdammt schwer zu töten sind. Nur die Zerstörung ihres Gehirns kann sie aufhalten. Wenn man ihnen in den Kopf schießt, oder ihre Köpfe zerquetscht, sind sie für immer erledigt. Sie so stark zu verbrennen, dass ihr Gehirn kocht, oder ihnen einen Stromschlag zu verpassen, funktioniert auch, aber ein Schuss in die Brust? Vergiften? Ertränken? Nein, sie scheren sich einen Dreck um körperliche Traumata. Ich habe welche gesehen, bei denen die unteren Körperhälften merkwürdigerweise nicht vorhanden waren und diese den Lebenden hinterherkrochen, wobei wichtige Teile von ihnen zurückblieben oder sogar ganz fehlten.
Sie verbreiten ihre Infektion durch Bisse und Kratzer. Wenn du einmal infiziert bist, bist du erledigt. Man stirbt vielleicht nicht, aber das andere ist genauso schlimm. Die Leute, die nicht sterben, verwandeln sich nämlich in Runner.
Stell dir einen achtzig Kilo schweren Kannibalen vor, der so verrückt ist wie eine Scheißhausratte, aber keine Angst kennt und eine unglaubliche Schmerztoleranz besitzt. Sie rennen in Rudeln, genau wie ihre untoten Cousins. Wenn sie sterben, kommen sie als Eiterbeule zurück. Langsamer, aber viel haltbarer.
Ich sollte auch erwähnen, dass diese Dinger überall sind. Man kann nicht eine tote Katze werfen, ohne einen von ihnen zu treffen … oder sechzig. Einzeln oder zu zweit sind sie nicht so schlimm, es sei denn, sie sind in der Nähe, aber in Schwärmen und Horden kann dein Tag schnell in die Hose gehen.
Aber es ist unmöglich, dass du nichts von den Infizierten weißt. Es ist unmöglich, dass du das hier liest und es nicht weißt. Das ist der Grund, warum ich hier bin. Ich wurde gebissen, habe die Infektion aber abgewehrt. Nach meinem besten Wissen und dem der Ärzte hier bin ich der Einzige auf der Welt, der nicht durch Kontakt mit infizierten Flüssigkeiten erkrankt ist. Der Einzige! Ich. Einer von sechs Milliarden, mehr oder weniger.
Montana. Ich bin irgendwo in Montana. Ich war nicht mehr draußen, seit ich hierhergebracht wurde, aber ich habe die Leute reden hören, wenn sie dachten, ich würde nicht aufpassen. Oder vielleicht ist es ihnen auch einfach scheißegal. Es ist ihnen egal, weil ich diese Einrichtung sowieso nie wieder verlassen werde.
Anfangs war es für mich noch schwieriger, denn sie behandelten mich wie Kobe-Rindfleisch … sehr wichtig, aber letztendlich würde ich für einen besseren Zweck sterben. Sie haben mich hundertmal am Tag mit Nadeln gestochen und mir jede erdenkliche Art von Flüssigkeit abgenommen. Sie steckten mir auch Nadeln in die Wirbelsäule und in den Kopf, und sie waren dabei ausgesprochen grob und unfreundlich. Sie haben mir sogar etwas von meiner Tränenflüssigkeit abgenommen, und das war echt ätzend. Das nennt sich wässriger Humor, aber der Scheiß war überhaupt nicht lustig.
Ich war wochenlang an mein Krankenhausbett gefesselt, mit einer Bettpfanne unter mir, in die ich mich entleeren konnte. Schließlich bat ich darum, aufstehen zu dürfen, und als sie das ablehnten, schlug ich um mich und wehrte mich jedes Mal, wenn sie sich mir näherten. Selbst festgeschnallt war es von da an sehr viel schwieriger, meine Säfte zu stehlen. Sie konnten mich nicht betäuben, weil das ihre Tests gestört hätte, also wurde ich zu einer Gefahr für mich selbst, und ich bin wichtig, nicht vergessen. Als eine dieser Nadeln schließlich durch meine Vene ging und ich innerlich blutete, ließen sie mich aufstehen und danach lief es für uns alle besser.
Ich habe kooperiert. Eine Zeit lang.
Ich bat um etwas zum Lesen und dann um einen Stift und ein Notizbuch zum Schreiben, und sie gaben mir tatsächlich einige Bücher, einen dieser flexiblen Stifte und auch ein Notizbuch. Jemand kontrolliert es jeden Tag, aber ich habe ihnen gesagt, wenn sie versuchen, irgendetwas darin zu schwärzen, würde ich wieder gegen sie kämpfen. Der Psychiater hat mir gesagt, es sei gut, ein Tagebuch zu führen. Davon gibt es im Moment zweifellos auch Dutzende, die mich betreffen.
Immer noch keine Socken. Was für Scheißkerle.
Ich werde die Menschheit retten. Das haben mir schon Ärzte, Krankenschwestern und sogar ein General gesagt. Diese Wachen vor der Tür aber nicht. Sie wollen einfach nicht mit mir sprechen, egal, was auch passiert. Ich habe versucht, mit ihnen zu scherzen, aber sie lächeln noch nicht einmal. Ich werfe ihnen einen Obstkorb gegen die Scheibe, und sie nehmen mich nicht einmal zur Kenntnis. Was für Idioten. Ich nenne sie Jose und Hose B. Die beiden sprechen kaum miteinander, und sie wechseln sich alle zwölf Stunden mit Neil und Bob ab.
Ihr solltet wissen, dass ich mit Gewalt zum Wohle der Allgemeinheit hierhergebracht wurde. Unter Zwang musste ich meine Freunde zurücklassen. Ich habe einen Haufen Kumpel auf einer Ölplattform, der Atlantis, im Golf von Mexiko. Sie alle sind Überlebende dieser schrecklichen Seuche. Alle habe ich innerhalb des letzten Jahres kennengelernt, und sie gehören jetzt zur Familie. Mein bester Freund ist ein fantastisches Exemplar von einem Mann. Wie ich in einem anderen Tagebuch schon geschrieben habe, ist er eine Kreuzung aus Stephen Hawking und dem Hulk. Der über zwei Meter große Muskelprotz ist ein echtes Genie. So richtig schlau. Aber er ist stumm. Manchmal ist das eine gute Sache. Dann ist da noch Kat. Sie ist der härteste Teenager der Welt, ohne Scheiß. Ein tolles Kind, für mich wie eine kleine Schwester. Sie hat jetzt einen Freund, einen Soldaten namens Alvarez, der sein Leben für sie geben würde. Es gibt noch einige andere, vor allem eine Frau, deren Gesellschaft ich sehr genossen habe, aber ich werde ihren Namen zu ihrer Sicherheit hier nicht nennen.
Ich lasse sie aus, weil der Mistkerl, der mich entführt hat, hierherkommt und dieses Notizbuch jeden zweiten Tag liest. Er kennt Ship und Kat bereits. Hast du das gehört, Lynch? Du bist ein Arschloch, dem einer der Infizierten mal den Schwanz abbeißen sollte. Eigentlich müssten sie ihn erst mal finden, du sackloser Scheißkerl. Ich wette, er sieht aus wie ein Schwanz, nur viel, viel kleiner.
Redigiere das ruhig, du Arschloch. (Ich verärgere dich gern, Lynch).
Der Typ ist knallhart, aber unzurechnungsfähig. Ja, durchgeknallt wie ein Obstkuchen. Denkt, dass ich alle retten werde, und tötet jeden, der sich ihm auch nur annähernd in den Weg stellt. Der Bastard wollte meinen besten Freund zum Spaß erschießen. Nun gut, er hat ihn einmal getroffen, aber es ist schwer, ein gutes Schiff im Zaum zu halten.
Wenn ich so darüber nachdenke, glauben alle, dass ich die Welt retten werde. Das Problem ist nur, dass diese Ärzte bei den Tausenden, und ich meine wirklich Tausenden, von Tests, die sie bisher an mir durchgeführt haben, nichts gefunden haben. Gänseei, Donut, nada, niente, nichts. Es gibt keinen Unterschied zwischen meinen Flüssigkeiten und den Flüssigkeiten anderer Menschen. Die Ärzte haben keine Ahnung, warum ich nicht an einem Biss gestorben bin, während sich alle anderen infizieren. Ich besitze keine speziellen Antikörper, es gibt keinen Unterschied in meinem Stoffwechsel, mein Liquor ist normal, und meine Tränenflüssigkeit auch.
Ich wurde nie von Außerirdischen entführt. Das haben sie tatsächlich gefragt.
Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich eingesperrt gewesen war, bis der Arzt, der heute Morgen zu mir kam, sagte, dass die Tests auch nach vier Monaten nichts ergeben hätten. Vier Monate! Ist das alles? Ich dachte, ich sei mindestens ein Jahr hier, hatte aber gehofft, es sei nur ein Monat gewesen. Vier Monate bin ich jetzt schon von meinen Freunden getrennt. Vier Monate, in denen ich ihnen nicht hatte helfen können.
Der Arzt, der heute hier war, hat meinen letzten Arzt ersetzt. Er hat kein Namensschild getragen, aber ich nenne ihn dick. Ich habe das absichtlich nicht großgeschrieben, weil es kein Name ist, wenn du verstehst, was ich meine. Wenigstens hat der Letzte mit mir wie mit einem menschlichen Wesen gesprochen und nicht wie mit Frühstücksfleisch. Dick, (jetzt musste ich es großschreiben, weil es das erste Wort des Satzes ist), ist erst seit ein paar Wochen da. Aldous war mein letzter Arzt und ich mochte ihn. Dick hingegen ist eben ein dick. Er ist aus vielen Gründen ein Arschloch, aber das Schlimmste davon ist, dass mir zwei Stunden, nachdem er mir gestern eine Spritze gegeben hat, schlecht geworden ist. Die Gegend um die Einstichstelle herum verfärbte sich genauso wie meine Wunden nach dem Biss, und dann erschienen diese schrecklichen schwarzen Linien. Mir wurde furchtbar schlecht, aber nur für etwa zwölf Stunden, dann ging es mir wieder besser. Ein Haufen Arschlöcher hat mich die ganze Nacht über durch das Aquariumfenster beobachtet, und ich konnte sehen, wie Jose und Hose B mehrmals Geld austauschten. Die Wichser hatten gewettet, wie lange es dauern würde, bis ich sterbe. Dr. Dick kam heute Morgen zu mir und war vollkommen schockiert. Er dachte, ich müsste tot sein. Er kam mit ein paar anderen Ärzten und den Wärtern und sie haben mich festgeschnallt und mir wieder alle möglichen Flüssigkeiten abgenommen. Ich weiß nicht, ob ihr herausgefunden habt, was sie mit mir gemacht haben, aber setzt euren Helm auf, Kinder, denn ich werde gleich alles Mögliche von mir preisgeben.
Die Bastarde haben mich absichtlich infiziert. Sie haben mich mit dem Schleim eines Infizierten vollgepumpt. Speichel, Blut, was auch immer. Diese Hurensöhne. Ich hätte an einer Infektion sterben können. Natürlich nicht an dieser Seuche, aber an irgendeiner anderen Infektion. Ich meine, sie haben mir schließlich das Zeug von einem Toten gespritzt. Allein der Gedanke daran verursacht mir eine Gänsehaut. Ich meine … echt … igitt.
Ich brauchte eine Minute, um zu verstehen, dass sie mir das tatsächlich angetan haben, falls ihr euch dadurch besser fühlt, aber ich wusste es mit Sicherheit, als ich krank wurde und mir die Einstichstelle meines Unterarms ansah. Es war alles ziemlich durchgeknallt. Ich wusste es, aber ich wollte es nicht glauben. Dann erinnerte ich mich daran, wo ich war.
Aber ich habe mich gerächt. Ich habe diese Arschlöcher bezahlen lassen. Doc Dick wollte mir mit seiner Taschenlampe ins Auge leuchten, und dabei kam er mir zu nahe. Ich war zwar festgeschnallt, mein Kopf aber nicht. Ich knurrte und biss ihn. Ich schleuderte meinen Kopf nach vorne und krallte mich in das Fleisch seiner linken Hand. Das Arschloch muss einen Moment lang ungläubig gewesen sein, aber nur kurz. Sein überraschender Blick verwandelte sich nämlich sofort in einen Blick voller Schmerz, Angst und Entsetzen.
Es war episch.
Er fing an zu schreien, und alle sahen mich schockiert an. Dann ging es Schlag auf Schlag. Drei Ärzte, zwei Krankenschwestern, zwei Militärangehörige in Anzug und Krawatte und Hose B, die alle übereinander stolperten wie fette Kinder auf der Jagd nach Kuchen. Sie stürmten panisch zur Tür. Doktor Dick umklammerte sein Handgelenk, und ich mache mir keine Illusionen darüber, dass er einfach nur dagesessen und sich von mir hätte auffressen lassen. Ich spuckte ihn aus, und er riss seinen Handschuh herunter und untersuchte seine Haut hastig. Oh, da war nur ein bisschen Blut, aber das war genug. Jose war der Einzige, der sich zusammengerissen hatte, und obwohl ich mich selbst bemitleide, taten mir diese Bastarde fast leid.
Jose sah nicht im Geringsten ängstlich aus, als er mich anbrüllte, ich solle irgendetwas sagen, sonst würde er mir den Kopf wegpusten. Ich spuckte ihm das angebissene Ding aus gut einem Meter Entfernung ins Gesicht. »Wie wär's mit: Fick dich?«
Er wischte sich das Gesicht ab und betrachtete den rosafarbenen Fleck. Jetzt dämmerte es ihm, und nun sah er tatsächlich erschrocken aus.
»Du Mistkerl«, brüllte er. »Du hast mich gerade umgebracht.« Es war das Zweite und zugleich das Letzte, was er zu mir sagte.
»Oh, entspann dich«, erwiderte ich, »du wirst nicht …«
Er hob seine M4 und zielte mit dem Lauf auf meinen Kopf.
Der Klang der Schüsse war in dem kleinen Raum sehr laut, aber hey, das war nicht mein erstes Rodeo. Das letzte Mal, als so etwas passierte, wurde mir in den Kopf geschossen. Na ja, es war eher ein Streifschuss, aber immerhin.
Was ich nicht verstand, war, warum Jose jetzt nach rechts ruckte und zu Boden sackte. Mit klingelnden Ohren schaute ich auf den blauen Instrumentenkasten auf einem meiner medizinischen Dinger. Dieser knallte und zischte, und aus einem Loch an der Seite kam Rauch. Außerdem tropfte etwas von Jose herunter. Lynch betrat den Raum und sah mich kopfschüttelnd an, während aus dem Lauf seiner M9 weiße Rauchschwaden aufstiegen.
Er sagte Hose B, der immer noch außerhalb des Zimmers stand und durch das Aquariumfenster starrte, er solle sofort wieder zurück ins Zimmer kommen. Doc Dick stand da und versuchte, sich aus seinem eigenen Untergang herauszureden. Das habe ich auch schon erlebt, aber ich hatte gerade kein Mitleid mit diesem Arschloch. Ich konnte sowieso niemanden anstecken, das hatten sie bereits bewiesen, denn ich bin kein Überträger, ich bekomme nur die Symptome, und mein Körper sagt dieser Pest dann, dass sie sich verpissen soll.
Aber dieses Arschloch war immer noch vollkommen entsetzt.
Lynch zeigte auf den Doc und sagte: »Isolieren Sie ihn.«
Hose B nickte und brachte den Doc raus, der immer noch seine Pfote hielt. Der Typ lächelte mich an, schüttelte erneut den Kopf und sagte nur ein Wort: »Episch.« Dann lachte er und schlenderte hinaus.
Wenigstens waren wir uns über etwas einig.
Und jetzt denkst du bestimmt: Nur ein Streifschuss? Was für eine Muschi.
Fick dich, versuch es doch selbst mal.
Verdammt, ich muss pinkeln.
Man sollte meinen, dass die Mächte der Ewigkeit mich nach meinem Nervenzusammenbruch dauerhaft an das Krankenhausbett gefesselt hätten, so wie sie es ursprünglich getan hatten. Aber Nein. Mein kleiner Wutanfall hat wahre Wunder bewirkt. Ich bin sogar aus meiner Gefängniszelle im Krankenhaus herausgekommen. Zwei bewaffnete Wachen und ein bewaffneter Lynch eskortierten mich überallhin, und daher habe ich schon einiges von dieser Einrichtung gesehen.
Sie ist wirklich groß.
Ich habe mich auf einer Krankenhaus-Etage befunden, und wie ich schon vermutet hatte, waren wir unter der Erde. Es gibt nirgendwo Außenfenster, also habe ich nachgefragt, und Lynch hat mir gesagt, dass wir uns einundzwanzig Meter unter der Oberfläche des Baldy Mountain befinden, zweiundsiebzig Kilometer südlich von Havre Montana. Ich schätze, es interessiert niemanden mehr, ob ich es weiß, oder zumindest Lynch ist es egal. Ich glaube nicht, dass ihm wirklich viel wichtig ist … außer mir natürlich.
Es gibt sechs Ebenen unter der Oberfläche, und mein Zimmer befindet sich auf Ebene drei. Ich muss mich immer noch in meinem Zimmer aufhalten, und die Tests haben auch nicht aufgehört. Aber ich darf Basketball spielen. Jawohl, richtig gehört. Es gibt einen kompletten Fitnessraum in dieser Einrichtung. Gewichte, einen Pool, einen Tennisplatz und einen Mini-Basketballplatz, perfekt für Zweikämpfe. Ich habe die Konkurrenz regelrecht plattgemacht. Es liegt mir fern, zu prahlen, aber ich habe diese Militärschwänze fertiggemacht. Normalerweise ist mein Partner Lynch, und er ist verdammt gut. Besser als ich, und ich bin wirklich gut. Ich habe mich nämlich gegen die großen, bösen Jungs im großen Haus behauptet. Weiße Männer können springen. Oh, falls du mein erstes Tagebuch nicht gelesen haben solltest, ich bin ein Ex-Häftling. Ich habe es vorher nicht erwähnt, weil es nicht so wichtig ist.
Ich habe auch Backgammon, Schach, Dame und ein Spiel gespielt, bei dem ich Steine auf einem Holzbrett hin und her schiebe. Auch das spiele ich normalerweise mit Lynch, und er schlägt mich jedes Mal in allem. Der Bastard ist nicht nur eine lebende Waffe mit blitzschnellen Reflexen und einer schnippischen Einstellung, er ist auch verdammt schlau. Er liest mein Tagebuch mittlerweile nicht mehr, also kann ich ihm ein Kompliment machen, ohne dass er gleich abhebt.
Ich habe die Anlage, die alle Area 8 nennen, erkundet, und wie ich schon sagte, sie ist unfassbar groß. Von meinem Zimmer bis zu den Aufzügen sind es achtundzwanzig Schritte, und hinter meinem Zimmer gibt es sogar noch mehr. Der Fitnessraum befindet sich auf der dritten Ebene zusammen mit dem Krankenhausflügel. Auf den Ebenen eins und zwei sind die Verwaltung, mit Büros, Kasernen, eine Cafeteria und Lagerräume. Auf der dritten Ebene befinden sich einige Büros und jede Menge medizinischer Geräte, zusätzlich zu den Trainingsgeräten. Außerdem gibt es einen kleinen Schießstand und mehrere Trainingsbereiche. Sie haben alle Arten von Waffen, und das sind nur die, die für den Schießstand bestimmt sind. Absolut jeder hierist bewaffnet, und irgendwo auf dieser Ebene soll es sogar eine Waffenkammer geben, aber ich weiß nicht, wo sie ist. Ich muss ein paar Kugeln abfeuern, damit ich nicht aus der Übung komme. Ich mag die M16s, die sie hier haben, doch sie haben auch HK416s. Die hohen Tiere (wichtige Leute wie Generäle und Ärzte von USAMRIID) besitzen alle Bodyguards mit FNP90, diese kleinen Maschinenpistolen, und mit einer davon durfte ich auch mal schießen. Ich ziehe meine alte M4 allerdings all diesen Waffen vor.
Auf Ebene vier befinden sich Laboratorien und Waffenlager, mit einer Art Satellitenüberwachungsanlage. Ich war noch nicht an der Oberfläche, denn Lynch sagt, das geht nicht, ich könnte mir einen Niednagel einfangen oder so.
Meine Erkundungen finden immer in Begleitung statt. Der einzige Ort, den ich nicht betreten darf, ist Ebene sechs. Dafür braucht man eine Sondergenehmigung, und Lynch will mir partout nicht verraten, was sich da unten befindet. Ebene sechs hat sogar einen eigenen Aufzug. Das macht mich irgendwie nervös, ich weiß auch nicht warum. Es gibt keine Wachen an den sechs Fahrstühlen, die die Leute in alle anderen Stockwerke bringen, aber der Aufzug zu Ebene sechs hat eine eigene Wachhütte. Nicht nur Wachen, sondern ein kleines Gebäude, durch das man gehen muss, um überhaupt zum Aufzug zu gelangen.
Hier unten befinden sich dreihundert Leute, und Lynch sagt, dass die Einrichtung auf dem Berg darüber genauso groß ist. Er hat mir auch gesagt, dass abgesehen von gelegentlichen verirrten Zombies seit Beginn der ganzen Sache kein einziger Angriff auf die Basis stattgefunden hat. Die meisten dieser Leute, abgesehen von den Soldaten, haben bisher nicht einmal Infizierte gesehen. Sie sind hier unten seit einem Jahr abgeschottet.
Sie wissen, dass ihre Familien tot sind, dass das Land tot ist und dass die gesamte Welt tot ist. Sie konnten es in den ersten Wochen der Seuche sozusagen in High Definition sehen. Ich habe mit einigen von ihnen gesprochen, und sie sind meist freundlich, aber zurückhaltend. Heute Morgen um drei habe ich mit einem Labortypen namens Frank eine Partie Schach gespielt. Er hat mich ebenfalls fertiggemacht.
Ich kann mich nicht frei bewegen, und es gibt immer noch ein paar Wachen vor meinem Zimmer, aber ich kann wenigstens kommen und gehen, wie ich will, solange die bewaffneten Wachen oder Lynch mitkommen. Hose B ist nicht mehr als einer meiner Türwächter zurückgekommen, aber ich habe ihn gesehen, wie er in der Turnhalle gearbeitet hat. Er hat mir Todesangst eingejagt.
Ich habe Doktor Dick ebenfalls nicht mehr zu Gesicht bekommen, seit ich ihn gebissen habe. Lynch hat aber gesagt, es geht ihm gut. Sie haben ihn eine Weile beobachtet, ein paar Tests gemacht und ihn dann aus der Quarantäne entlassen. Ich hoffe, sie haben ihm ebenfalls seine Rückenmarksflüssigkeit und seine Tränenflüssigkeit abgenommen. Arschloch!
Das war's also. Jetzt kennst du den allgemeinen Aufbau der Einrichtung und meine Rolle als Versuchskaninchen. Du hast herausgefunden, dass Lynch nicht meine Lieblingsperson ist, auch wenn er mir das Leben vor einem ausgeflippten Jose gerettet hat. Du weißt außerdem, dass meine Freunde alle weit weg sind. Das fasst es ziemlich gut zusammen. Ein paar Schuhe habe ich nun auch bekommen. Ein Paar Kampfstiefel und ein Paar Turnschuhe.
Ich weiß, was du jetzt denkst: Wo sind meine verdammten Zombies? Das ist doch eine Zombie-Geschichte, oder nicht? Keine dumme Geschichte über einen Typen, an dem Experimente durchgeführt werden. Ich habe dieses zerfledderte und vergilbte (und wahrscheinlich auch blutbespritzte) Tagebuch nicht in die Hand genommen, um über einen Handlanger der Regierung und seinen Laborratten-Ableger zu lesen. Ich will lebende Tote.
Nun, die wirst du bekommen. Im nächsten Kapitel wird es jede Menge Zombies geben, ich bin gerade nur zu müde vom Laufen und Ausweichen und Schießen und vom Durst, um weiterzuschreiben. Außerdem ist die Hintergrundgeschichte wichtig. Es sind relevante Informationen, die du wissen musst, damit du eine rationale, fundierte Entscheidung darüber treffen kannst, ob du dieses Notizbuch ins Feuer werfen sollst, um dich damit zu wärmen oder nicht.
Tue es nicht. Noch nicht zumindest. Es sei denn, dir ist wirklich kalt.
Oh, und ich habe jetzt auch Socken.
Ich will ein Bier. Wenn ich wirklich durstig bin, will ich meistens einen Softdrink oder Wasser, aber ein Bier klingt verdammt gut. Keines dieser Yuppie-Mikrobrauereien oder ausländisches Starkbier, ich will ein massenproduziertes, eiskaltes, sprudelndes, amerikanisches Gebräu.
Aber Wasser würde schon reichen.
Ich hoffe, du hast begriffen, dass ich durstig bin und keinen Zugang zu Flüssigkeit habe. Wie, fragst du dich offensichtlich, ist es möglich, dass ich Durst habe, wo ich doch in einer Einrichtung wohne, die einem nuklearen Holocaust standhalten soll und in der es jede Menge Essen und Trinken gibt? Du hast uns sogar gesagt, es gäbe einen Fitnessraum, um Himmels willen!
Ich werde dir jetzt erklären, wie schnell alles den Bach runtergehen kann: in Sekunden.
Ich war in der Turnhalle, an die du gerade gedacht hast, und spielte ein Spiel zwei gegen zwei. Lynch war in der anderen Mannschaft, und ich habe ihn endlich, endlich besiegt. Ich war mit Tim zusammen im Team, eine Art Satellitentechniker, der nie seinen Ausweis abnahm, auch nicht beim Basketballspielen. Lynch war mit einem Chief Master Sergeant der Air Force namens Brick zusammen. Ich weiß nicht, ob das sein Vor- oder Nachname war, alle nannten ihn stets Chief Brick. Das Spiel stand bei einundzwanzig (wir müssen mit zwei Punkten Vorsprung gewinnen), und wir lagen neunzehn zu acht vorne. Neunzehn zu acht, und ich war natürlich Feuer und Flamme. Ich konnte den Korb gar nicht verfehlen.
Also nimmt Lynch eine Auszeit für eine Pinkelpause und geht aufs Klo. Ich sitze da und quatsche mit Tim und Brick, meinem Wachmann (ich habe ihn Stoic genannt, nach dem Wikingerkönig in Drachenzähmen leicht gemacht), und wir unterhalten uns. Meine Wärter haben nie mit mir geredet, wahrscheinlich wurden sie angewiesen, es nicht zu tun. Ich schnappe mir also ein Handtuch und trinke etwas von meinem Gatorade, als diese beiden Jungs durch die offene Tür hinter der winzigen Tribüne in die Turnhalle kommen, die nur achtzehn Meter entfernt ist. Wir drehten uns alle um und unterbrachen nicht einmal unsere Tätigkeit. Es waren nur zwei Typen, die auf uns zukamen. Stoic drehte sich einfach um und sah uns an, ohne einen weiteren Gedanken an sie zu verschwenden. Keiner von uns tat das.
Brick hatte gerade über Larry Bird gegen Magic Johnson gesprochen und darüber, dass dies möglicherweise die beste Rivalität im gesamten Profi-Basketball-Bereich sei. Ich stimmte dem nicht zu und sagte, dass die Spiele zwischen Bird und Dr. J. besser gewesen waren. Tim sagte: »Ja, aber Kareem hatte diesen Sky Hook«, und er führt einen aus. Der Ball schlägt dabeiaufund bleibt zwischen dem Rand und der Rückwand hängen. Er klemmt fest. Brick und ich fangen an, Tim zu beschimpfen, ich habe sogar Stoic bei einem halben Lächeln erwischt.
Wir stehen also unter dem Korb und schauen hoch, ich sage Tim, dass er den Ball eingeklemmt hat und er sich deshalb darum kümmern muss, als wir plötzlich ein Handgemenge hören. Wir drei drehten uns um und sahen, wie die beiden Typen, die hereingekommen waren, auf Stoic einschlugen, der nicht einmal einen Schuss hatte abgeben können. Sein Adamsapfel war weg, und er hatte ein klaffendes Loch in seiner Kehle, aus dem sein Leben herausspritzte und sprudelte. Eines der Dinger machte dieses furchtbar knirschende Geräusch, als es Stoics Kehlkopfknorpel zwischen seinen Backenzähnen zermahlte wie eine Faust voller Fritos. Stoic hat keinen Laut von sich gegeben, aber das Zerreißen seines Fleisches wird mich für immer verfolgen, und ich habe schon einiges gesehen. Ich konnte erkennen, dass er versuchte zu schreien, aber es war nichts mehr von seiner Kehle übrig, um irgendetwas anderes als gurgelnde und hustende Geräusche von sich zu geben, als seine Lungen versuchten, das Blut auszustoßen, das sie gerade zweifellos überflutete.
Tim rührte sich nicht, der Schock des Augenblicks überwältigte ihn vollkommen, aber Brick und ich liefen zur Bank, um unsere Waffen zu holen. Ich schnappte mir Tims M9, und Brick nahm seine. Zwei Schüsse ertönten, noch bevor ich meine Waffe heben konnte, und in meinem Kopf lobte ich Brick dafür, dass er die beiden Leichen, die gerade zu Boden gegangen waren, so schnell niedergeschossen hatte. Perfekte Kopfschüsse. Brick jedoch sah mich an, die Waffe irgendwo in die Nähe des Basketballplatzes gerichtet.
»Jetzt sind sie drin«, sagte Lynch, und der Rauch seiner M9 wehte mir in die Nase. Während mein Geruchssinn vom Gestank der frisch abgefeuerten Pistole angegriffen wurde, wurde mein Gehör von der gleichen Sirene attackiert, die man in jedem B-Film hört, der jemals eine Alarmsirene abgespielt hat. Und der Scheiß hörte neun Stunden lang nicht auf.
Ich schaute zur Tür hinüber, durch die jetzt Schreie erklangen. »Was zum Teufel hat das zu bedeuten?«
»Der Alarm bedeutet, dass die Absperrung durchbrochen wurde«, sagte Brick und überprüfte sein M9-Magazin. »Und die Schreie sind ein Hinweis auf eine unmittelbare Gefahr.«
Lynch nickte. »Der Alarm könnte auch eine Flucht bedeuten.«
»Eine Flucht?«
Er sah mich intensiv an. »Was bist du … ein Papagei? Ja, ein Ausbrecher.«
Tim und Brick sahen sich zuerst gegenseitig an, dann Lynch. »Sie meinen einen Gefangenenausbruch?«
»Nun, irgendwie schon, denn auf Ebene sechs sind fast zweihundert Infizierte eingesperrt.« Er sagte das, als wären wir alle Idioten, weil wir das nicht von selbst herausgefunden hatten.
Bumm! Das war es. Schockierenderweise hielten sich die Verantwortlichen für so intelligent, dass sie Hunderte von Trägern der schlimmsten Seuche in der Geschichte der Menschheit in einer sicheren Einrichtung unterbrachten. Vor nicht einmal drei Tagen hatte ich mich nach Angriffen von Infizierten auf diese Einrichtung erkundigt, und man hatte mir gesagt, dass es bisher keine Angriffe gegeben hatte. Das hieß, es gab keine Infizierten in der Nähe. Das heißt, sie hatten die Scheißer hierher importieren und sie hier unten reinstecken müssen.
»Sie wussten es! Sie wussten, dass diese Dinger hier sind und haben nichts dagegen unternommen?«
»Natürlich wusste ich es. Ich fand es genauso blöd wie Sie, aber was hätte ich denn tun können? Kumpel, ich bin kein Soldat und ich bin auch kein Labortyp. Ich tue, was getan werden muss. Ich werde gerufen, wenn niemand anders den Job machen will. Sie und ich? Wir sind uns zufällig in Tennessee begegnet, und ich wusste sofort, wie wichtig Sie sind. Als ich erfuhr, dass Sie einen Biss überlebt haben, war mir alles andere egal, und ich wäre nicht nur gestorben, sondern hätte auch getötet, um Sie zu schützen. Es ist mir scheißegal, ob ich ein Arschloch bin. Ich mache nur meinen Job, und deshalb bin ich so gut. Jetzt lassen Sie sie uns schnappen.« Schnappen. Er hatte schnappen benutzt, wie ich es tun würde. Scheinheiliges Arschloch. Er bewegte sich auf die leblose Gestalt von Stoic zu, während er die Tür betrachtete, aus der weiterhin Schreie kamen.
Dieser Typ. Ich hatte eine Waffe, und ich war fast versucht, ihm in den Hinterkopf zu schießen. Zwei Dinge hielten mich davon ab. Erstens: Er war der beste Mann, der mir in dieser Situation den Arsch retten konnte. Zweitens: In der Sekunde, in der ich die Waffe hob, würde er seine Jedi-Ninja-Kräfte einsetzen, um sich umzudrehen und mir die Waffe aus der Hand zu schießen, wobei er mir wahrscheinlich den Abzugsfinger abschießen würde, um mir eine Lektion zu erteilen. Wir wussten beide, dass er mich nicht töten würde, aber meine Finger sind mir nun mal wichtig, und da ich nicht zum Mittagessen gehen wollte, folgte ich ihm.
Lynch, immer noch in Shorts und Tanktop, zog ein Kampfmesser wer weiß woher (ich frage mich immer noch, ob es nach Kacke roch) und stieß es in Stoics offenes Auge. Zum Spaß stach er auch noch unter das Kinn des Toten und vergrub das Messer bis zum Griff. Danach holte Lynch Stoics HK416 heraus und überprüfte das Magazin.
Wir schauten alle durch die Aluminiumtribüne zur hinteren Tür auf eine Frau im Laborkittel, die schreiend in den Raum gerannt kam. Sie befand sich im vollen Lauf, und im nächsten Moment sahen wir auch, warum. Zwei Runner stürmten durch die offene Tür und sprinteten, ohne zu zögern, der immer noch schreienden, hysterischen Frau hinterher. Sie rannte direkt auf uns zu, ihre Augen weiteten sich und sie warf ihre Hände in die Luft: »Nicht schießen!«
Ich hatte keine Ahnung, wovon sie sprach, bis ich sah, dass Lynch mit dem Sturmgewehr auf sie zielte. Zwei Schüsse in rascher Folge, die Frau zuckte zusammen und ihre Hände fielen auf ihre Brust.
Sie blieb abrupt stehen, fiel aber nicht um. Sie bewegte ihre Hände an ihrem Körper auf und ab, und schien genauso verwirrt wie ich zu sein. Dann drehte sie sich um und sah die beiden Runner an, einen mit einem Loch im Kopf und den anderen, der mit einem Teil seines rechten Lungenflügels auf dem Beton nach Luft rang. Er starrte uns an, mit Augen voller Wut und nicht wenig Traurigkeit. Dieser Blick erinnerte mich an das erste Mal, als ich gebissen worden war und daran dachte, eine Kugel zu schlucken. Was ist, wenn diese Dinger immer noch du sind, aber etwas von dir Besitz ergriffen hat und du in deinem Inneren gefangen bist und hinausschaust, während dein Körper die abscheulichsten Taten begeht?
Das Ding versuchte jetzt, aufzustehen und zu knurren, aber es gelang ihm nur zu gurgeln und eine Blutblase aus seinem rechten Nasenloch zu blasen. Es kratzte und krallte sich immer noch in unsere Richtung, während sein Lebensblut in dicken, purpurnen Strömen aus der Brustwunde floss.
»Sie«, sagte Lynch und zeigte auf die Frau, »kommen Sie jetzt her. Haltet eure Waffen auf sie gerichtet«, sagte er zu Brick und mir. Sie kam hechelnd zu uns, rang die Hände und weinte.
Der Spion schnappte sich seine schwarze Tasche von der unteren Tribüne und zog eine Sig P226 hervor. Er warf die HK416 weg und ergriff eine weitere Sig mit Schalldämpfer. Er reichte mir eine und sagte mir, ich solle Tim seine M9 zurückgeben, was ich auch tat. »Pass auf sie auf«, sagte er und sprintete zur offenen Tür. Er warf einen kurzen Blick hindurch und schloss sie dann hastig. Es war eine Stahltür mit einem kleinen Fenster, das mit Maschendraht gesichert war. Sie hatte auf unserer Seite einen Schiebebügel und war nicht anders als jede andere Sporthallentür, die man je gesehen hat.
Ich fragte die Frau nach ihrem Namen, und durch ihre Tränen hindurch sagte sie, sie heiße Sara. Ihr Laborkittel war mit Blut bespritzt, und ich fragte sie, ob sie gebissen oder gekratzt worden sei. Plötzlich wurde sie sich des infizierten Blutes an ihr bewusst und zog den Kittel blitzschnell aus. Sie untersuchte sich sorgfältig und schaute mich dann erschrocken an.
»Ich muss ebenfalls nachsehen«, sagte ich ihr, und sie nickte. »Es tut mir leid, aber Sie müssen Ihr Hemd ausziehen.« Sie tat es, und ich sagte ihr, sie solle ihre Arme hochheben und sie auf Bisse untersuchen. Sie trug eine weiße Hose, und außer an ihrem linken Knie war kein Blut zu sehen. Sie krempelte ihr Hosenbein hoch und ich konnte erkennen, dass sie nicht gebissen worden war.
»Geht es ihr gut?«, fragte Lynch, als er zurückkam.
»Zumindest im Moment. Ich habe keine Bisse oder Kratzer gesehen.«
»Wir werden sie später gründlicher überprüfen. Ich hasse es, ein Klischee zu sein, aber lasst uns jetzt gehen. Sie werden nämlich in ein paar Minuten hier drin sein.«
Die Fäuste an der Tür, die er gerade geschlossen hatte, unterstrichen seine Aussage. Er deutete mit dem Daumen auf die Tür: »Sehen Sie?« Das Fenster war voller Gesichter, die uns alle ansahen, als wären wir leckere Häppchen, die man gerade nur nicht erreichen konnte.
Was ja auch irgendwie stimmte. Der unerreichbare Teil. Ich werde mich jetzt nicht zu der Sache mit dem Geschmack äußern.
Wir gingen zu den Doppeltüren auf der Seite der Turnhalle, die in den Krankenflügel mündet. Lynch hielt uns an den Türen an und musterte Sara, als wäre sie ein neues Werkzeug.
»Warten Sie …« Er öffnete wieder seine schwarze Tasche und fischte kurz darin herum. »Schießen Sie nur, wenn Sie unbedingt müssen. Diese hier hat keinen Schalldämpfer, Sie werden also jeden toten Bastard in der Umgebung auf uns hetzen, wenn Sie schießen.« Er reichte Sara eine M9. »Und dann ist da noch die Tatsache, dass ich nicht erschossen werden will.«
»Ich … ich weiß nicht«, stammelte sie.
Er hob die Augenbrauen. »Wollen Sie, dass ich sie zurückbringe?«
»Nein«, sagte sie hastig.
»Nur wenn sie uns erwischen. Als letzter Ausweg.«
Sie nickte, und er öffnete die Tür, wobei er nach links und rechts starrte. Dieser verdammte Alarm war echt laut. WÄH! WÄH! WÄH! Im Krankenflügel war der Alarm nicht so extrem, aber er war immer noch da. Auch hier befanden sich überall panische Menschen. Der lange Korridor war voll mit Ärzten, Patienten und einigen Militärs, die nach etwas zum Schießen suchten. Es war zwar noch kein Chaos, aber es wurde immer schlimmer, und ich hatte so etwas leider schon einmal gesehen.
Lynch auch. Er schüttelte den Kopf und seufzte. »Haltet alle mal die Klappe!« Es war, als hätte er einen Schalter umgelegt. Wäre da nicht diese verdammte Sirene gewesen, hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Alle Leute im Korridor sahen ihn an.
»Wir müssen diesen Flügel schnellstens verstärken. An der hinteren Tür in der Turnhalle befinden sich Infizierte. Sie wird nicht ewig halten.«
Er fing an, Befehle zu erteilen, und die Leute befolgten sie, als wäre er der Präsident. Es waren vielleicht vierzig Mann hier, und die Hälfte von ihnen schob jedes einzelne Möbelstück in Richtung der Doppeltüren, die einer der Soldaten bereits mit einem schweren Elektrokabel gesichert hatte. Das Problem war nur, dass es sich auch hier um eine Schiebetür handelte, und der Riegel befand sich auf der anderen Seite. Die Tür konnte nur in der offenen Position verriegelt werden.
Er ließ die andere Hälfte seiner kleinen Armee damit beginnen, so viele Lebensmittel und Wasser wie nur möglich zu horten, aber er hielt uns fünf zusammen und sagte mit leiser Stimme, während er auf mich deutete: »Dieser Mann überlebt. Alles andere ist mir scheißegal, aber er überlebt, ist das klar?« Tim und Brick sahen sich stumm an, aber alle nickten und ich kam mir wie ein Idiot vor.
»Wir müssen die östlichen Aufzüge abriegeln.« Lynch schnappte sich zwei Männer in Kitteln. »Kommen Sie mit uns.« Wir sieben rannten den Korridor hinunter, und ich warf einen Blick in einige der anderen Räume, während wir das taten. Viele der Menschen, die in den Betten lagen, würden nicht laufen können. Wir erreichten eine weitere Tür, die zu dem Teil des Krankenhauses führte, in dem sich auch mein Zimmer befand. Sie war verschlossen, doch der Wachmann ließ uns durch. Wir liefen wieder den Korridor entlang, der aber kürzer war, nur drei Zimmer auf jeder Seite. Ich muss wohl ein High Roller sein, denn alle anderen Zimmer waren noch leer. Sie besaßen auch alle diese Fenster und diese hermetischen Türen. Wir erreichten jetzt das Ende des Flurs, und ein weiterer Wachmann ließ uns durch, wobei er aber auf der Krankenhausseite der Tür blieb.
Wir befanden uns in einer kleinen Aufzugshalle mit mehreren Gängen, die nach links und rechts und um die Ecken führten. Lynch überprüfte eine Ecke, Brick und ich die andere. Doch es war nichts zu sehen.
Der Spion schaute auf die Edelstahltüren des Aufzugs. »Wir müssen diesen Aufzug benutzen, um an die Oberfläche zu kommen.«
Einer der Männer im Kittel schaute ihn ungläubig an. »Was ist mit all den Leuten im Krankenhausbereich? Warum lassen Sie sie Essen und Wasser sammeln, wenn wir fortgehen?«
Lynch schaute auf die beleuchteten Etagenanzeigen über den Aufzugtüren. Das weiße Licht war auf der fünften Etage stehen geblieben, aber es blinkte nicht mehr.
»Zurück«, sagte er und hob die HK416. Auch wir hoben unsere Waffen. »Feste Schusslinie, niemand vor den anderen. Sara, Sie schießen nur, wenn Sie unbedingt müssen.« Die beiden Typen ohne Waffen (was echt seltsam war, denn hier unten trug jeder eine Waffe, sogar der Typ, der den Mopp schwang), traten zurück, sodass sie auf unserer Seite waren. Das Licht über der vierten Ebene ging an und aus, und Lynch klopfte an das Fenster der Tür, die zurück in den Krankenflügel führte. Der Wachmann schaute durch das Fenster, und Lynch sagte ihm, er solle die Tür öffnen. Das tat er auch.
»Richten Sie Ihre Waffen einen Meter vor der Tür aus. Feuern Sie nicht auf das Erste, was sich bewegt. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und vergewissern Sie sich, dass Sie wirklich auf Infizierte schießen, bevor Sie abdrücken.«
Wie zum Teufel konnte er nur so ruhig sein, während ich mir ständig in die Hose machte?
Das runde Licht hinter der 3 über der Tür leuchtete auf und es ertönte ein Knall. Die Edelstahltüren glitten zur Seite, und wir wurden Zeugen eines Albtraums. Die Rückseite des Aufzugs war mit Blut beschmiert, das in starkem Kontrast zum glänzenden Stahl stand. Drei Gestalten, zwei in Laborkitteln und die dritte eine schwarz gefleckte, verrottende Monstrosität, knieten über einer anderen liegenden Gestalt, ebenfalls in einem Laborkittel. Die Eiterbeutel schoben sich gerade ausgewählte Teile des unglücklichen Opfers in ihre gierigen Mäuler, und es war nicht mehr viel von ihm übrig. Sie hatten sich wirklich vollgefressen. Ich beobachtete, wie einer zweimal zupacken musste, um etwas Lilafarbenes wegzuziehen, und als das Ding es zum Maul hievte und hineinbiss, spritzte es über seinen Kumpel auf der rechten Seite.
Es war schon eine Weile her, dass ich diese Scheiße mitangesehen hatte. Offensichtlich war ich nicht der Einzige, denn sowohl Sara als auch der lautere der beiden Pfleger würgten.
In Zeitlupe hoben alle drei Angreifer ihre Köpfe und schwenkten sie in unsere Richtung. Die beiden in den Laborkitteln waren zerfleischt worden, und es fehlten wichtige Teile von ihnen, aber der Verfaulte war so weit zersetzt, dass ich nicht sagen konnte, ob er männlich oder weiblich war.
»Das ist es, wofür wir kämpfen, Leute. Wir fordern kein Pardon und geben keines.« Lynch feuerte seine Waffe dreimal ab, bevor sich einer von uns von den überwältigenden Gefühlen des Mitleids und des Ekels erholen konnte. Alle drei Zombies fielen in sich zusammen. Wieder waren es perfekte Kopfschüsse. Die Türen versuchten, sich zu schließen, aber einer der getöteten Untoten war in den Türspalt gefallen, und die Stahlplatten prallten immer wieder an seinem Leichnam ab und öffneten sich erneut. Der Spion trat vor und erschoss denjenigen, von dem sie sich ernährt hatten. Dann betrat er den Aufzug und tat etwas, damit die Türen offen blieben. Dann schaute er zu uns. »Ich brauche hier mal Hilfe.«
Ich hatte kein Holster dabei, also gab ich meine Sig kurzerhand an Tim weiter und ging ihm zur Hand. Ich betrat den Aufzug, und der Gestank des verrotteten Aufzugs war so schlimm, dass ich fast gekotzt hätte. Aber nur fast.
Lynch sah mich an, als ich mich bückte. »Passen Sie auf, dass Sie kein Blut an die Finger bekommen.«
Ich soll kein Blut abbekommen? War das sein verdammter Ernst? Es gab keinen Quadratzentimeter in dieser Metallkiste, der nicht triefte oder mit Blut besudelt war. Die Untoten glaubten nun mal nicht an Servietten. Ich konnte meinen Mund nicht halten »Ich kann mich nicht anstecken«, sagte ich ihm.
»Ich aber schon. Wenn Sie mit dieser Scheiße bedeckt sind und gegen einen von uns stoßen, steigt unser Infektionsrisiko.«
»Aber Sie stehen doch mittendrin!«
»Tue ich das?«
Ich sah nach unten. Ich hatte mich geirrt. Es gab einen Quadratzentimeter des Bodens, der nicht mit infiziertem Zombie-Schleim bedeckt war, und dieses Arschloch stand genau darauf. Wie er diesen Scheiß immer wieder abziehen konnte, war mir ein Rätsel und er war auch noch selbstgefällig dabei. Es sind immer die kleinen Dinge.
Er griff nach oben und drückte gegen die Notausstiegsluke, von der ich immer gedacht hatte, sie sei nur Blödsinn und Aufzüge hätten in Wirklichkeit gar keine. Haben sie aber. Zumindest dieser hier, und sie öffnete sich, was ich irgendwie blöd fand. Wie zum Teufel sollte man denn da hochkommen, wenn man allein war und es tatsächlich einen Notfall gab? Lynch stellte sich auf meine zehn ineinander verschränkten Finger und ich half ihm, in den Schacht über dem Aufzug zu schauen. Er wurde schwer, als er wieder nach unten sprang und sagte: »Das wird funktionieren.«
»Was wird funktionieren?«
»Wir nehmen die Treppe.«
Ich schaute durch das Loch in der Decke der Aufzugskabine nach oben. Ich konnte keine Treppe sehen.
Wir begaben uns zum Rest der Gruppe, um zu besprechen, was jetzt zu tun sei, als plötzlich Schüsse und Schreie durch die offene Tür drangen. Wir blickten alle den Weg zurück, den wir gekommen waren, in den Krankenhausbereich, und konnten durch das Fenster in der hinteren Tür sehen, dass die Lebenden und die Toten dort miteinander kämpften. Der Wachmann wollte zurücklaufen, um zu helfen, aber Lynch packte ihn am Arm. »Da hinten ist nur noch der Tod.«
Doch der Wachmann riss sich los und rannte an meinem Zimmer vorbei zurück zur anderen Tür. Lynch schüttelte den Kopf und schlug dem armen Kerl mit seiner Sig zweimal in den Rücken. Der Wachmann fiel nach vorne, Lynch rannte auf ihn zu und schoss ihm einfach in den Kopf. Dann hob er die HK416 und den Munitionsgürtel des Wachmanns auf. Er lud seine Pistole nach, als er zu uns zurückkehrte. Brick hatte seine Waffe auf Lynchs Brust gerichtet. »Warum haben Sie das getan?«
Lynch blickte nicht einmal auf. »Er wollte die Tür öffnen«, sagte er, als hätte Brick eine äußerst dumme Frage gestellt. Er reichte mir das Gewehr und den Munitionsgürtel und gab einem der Pfleger die Pistole der toten Wache. Ich versuchte, dem letzten Kerl die Sig zu geben, die mir der Spion überreicht hatte, doch Lynch sah mich an, als wäre ich vollkommen bekloppt. »Tun Sie das nicht.«
Durch das Klopfen an das Fenster in achtzehn Metern Entfernung sahen wir auf die Tür in meinem Flügel. Die Toten wurden jetzt dagegen gepresst, und einige von ihnen waren Leute, mit denen wir keine zwanzig Minuten zuvor noch gesprochen hatten. Einige waren auch Runner, und sie schlugen die Scheiße aus dem Fenster.
»Sollte er nicht eine Waffe haben?«
»In den oberen Stockwerken werden noch viele davon herumliegen, glauben Sie mir. In der Zwischenzeit behalten Sie sie und erschießen alles, was Ihnen über den Weg läuft, ob lebendig oder tot.«
»Lebendig?«
»Ja, wenn jemand an mir vorbeikommt, dann bin ich tot. Ich will deshalb, dass Sie den Kerl erschießen. Ich will, dass Sie ihn erschießen, selbst, wenn es der Präsident ist. Wie oft muss ich es noch sagen? Sie müssen überleben. Ganz zu schweigen davon, dass ich ihn nicht mag, wenn er mich gerade getötet hat.«
Das Fenster auf der anderen Seite bekam zuerst Spinnwebenrisse, und dann brach ein ganzes Stück davon heraus. Es war dieses Sicherheitsglas mit dem Hühnerdraht darin, das dem Runner, der daran riss, das Leben schwer machte. Ich weiß, dass sie eine gewisse Schmerztoleranz haben, aber ich glaube, das Entscheidende ist eher, dass sie so sehr auf uns eindreschen wollen, dass ihnen alles andere einfach scheißegal ist. Diese spezielle Runnerin, eine Frau in einem weißen Laborkittel, zog so stark am Glas, dass ich sah, wie ihr kleiner Finger fast abriss. Sie schaute auf ihre zerfetzten Hände, der kleine Finger hing nur noch an Fleischfetzen, dann brüllte sie die Decke an und stürzte sich auf das Glas. Ich weiß nicht, ob es an ihrer Wut lag oder an der Tatsache, dass sie und die anderen gemeinsam an dem Fenster zerrten, aber das Zeug zerbrach, und sie kletterte hindurch, tropfend und angepisst.
Lynch schloss die Tür und wir rannten zum Aufzug. Ich habe ihn nicht gesehen, aber ich hörte, wie der Runner gegen die Tür hinter uns knallte. Dies würde die letzte Barriere zwischen ihnen und uns sein.
Weißt du, im Nachhinein ist man immer schlauer. Im Nachhinein hätte ich dir wahrscheinlich erzählen sollen, dass die beiden Pfleger rote Hemden trugen. Das taten sie nicht wirklich, und trotz der Star-Trek-Anspielung habe ich dir ihre Namen nicht gesagt oder sie zu sehr beschrieben, sodass du dir denken könntest, was mit ihnen passiert ist.
Der Pfleger mit der Pistole richtete diese nun in unsere Richtung und sagte, er würde zurückgehen. Lynch drehte sich nicht einmal um. »Dann gehen Sie.«
»Gehen Sie nicht«, schrie ich ihn an. »Hier unten gibt es nichts für Sie, hier sind alle tot!«
Er schüttelte den Kopf und sagte: »Das können Sie nicht wissen!« Er wich zurück, bis er in der Nähe der Kreuzung war, und rannte dann zurück in den Gang, der parallel zu dem in meinem Flügel verlief. Was für eine Überraschung: Wir haben ihn nie wieder gesehen.
»Sie zuerst«, sagte Lynch zu Brick. »Alles, was da oben ist, kriegt sofort eins auf die Birne.«
Brick nickte, woraufhin der Spion ihn fest umklammerte. »Immer noch sauber!«
»Warum nehmen wir nicht einfach den Aufzug?«, fragte Sara.
Lynch verdrehte tatsächlich die Augen. »Weil die Türen in einem der Stockwerke über uns aufgehen könnten, und ich weiß nicht, was da oben ist.«
Er zeigte auf mich. »Sie sind der Nächste.« Ich ging hin, und es war äußerst staubig und schmierig dort oben, mit wenig Licht von den Notleuchten, die anscheinend ewig zu leuchten schienen, aber es gab wenigstens keine Infizierten. Sara kam als Nächste, gefolgt von Tim. Sein Ausweis fiel herunter und er geriet komplett in Panik. »Den brauche ich!« Lynch hob ihn auf und wischte ihn an einem weißen Teil eines der Zombie-Laborkittel ab.