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Lasst euch treiben und taucht ein in leichte Erzählungen über Liebe, Freundschaft und auch ein wenig über das Anderssein. So vielfältig wie Beziehungen selbst, so unterschiedlich sind auch die Kurzgeschichten in dieser Anthologie. Aber eines verbindet sie alle: Am Ende ist das fremde Ufer zum Greifen nahe. Zwölf Kurzgeschichten auf 120 Seiten und jede einzelne liebevoll mit einer Illustration versehen, kommt das Büchlein im schlanken Taschenbuchformat daher und ist ideal als eine schnelle Lektüre für Zwischendurch geeignet.
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»Ist doch alles nur scheiß Kommerz! Die wollen damit nur Geld machen, sonst nichts. Pah, Tag der Liebe – am Arsch!« Daniel hatte sich immer weiter in Rage geredet und ich konnte lediglich dasitzen und es über mich ergehen lassen. Ich seufzte. Er nervte schon seit zwei Wochen wegen Valentinstag. Wie dumm und unnötig und was für eine Geldmacherei dieser Tag doch war. Ich musste gestehen, er ging mir damit deutlich mehr auf die Nerven als all die Pärchen in unserem Umfeld zusammen. Die waren jetzt alle still beieinander und feierten ruhig ihren Tag der Liebe. Vermutlich hatten sie Sex – wenigstens die. Ich atmete nochmals tief aus. Daniel hielt trotzdem nicht die Klappe.
»Du bist doch nur frustriert, weil du niemand hast«, sagte ich schließlich und wow, plötzlich war er still. Endlich. Ich hätte keinen weiteren Satz ertragen, ohne ihn zu strangulieren. Sein entsetzter Blick änderte daran auch nichts. Gut, ich war selbst Single und hatte leider, leider nicht die Möglichkeit jemand ein überteuertes, kitschiges Geschenk zu machen oder eines zu bekommen. Aber ehrlich, ich konnte damit leben. Ich war drei Jahre in einer Beziehung gewesen. Heute wollte ich es genießen, im Pyjama auf der Couch zu sitzen und absolut gar nichts vorzuhaben. Na ja, ich hätte es genossen, wenn da nicht Daniel wäre. Er sah mich übrigens immer noch so an, als hätte ich ihm ein Messer in den Rücken gerammt. Immerhin schwieg er dabei.
»Jetzt schau nicht so, ist doch wahr!«, brach ich schließlich das vorwurfsvolle Schweigen, warf dabei meine Hände in die Höhe. Möglicherweise fühlte ich mich ein bisschen gemein, weil ich unsere vermeintliche Kameradschaft gebrochen habe. Trotzdem, seine Valentinsdepressionen waren einfach nicht zum Aushalten!
»Ich bin nicht frustriert«, presste er hervor.
»Natürlich.« Ich verdrehte die Augen.
»Du hast doch auch niemand«, gab er schließlich trotzig zurück. Als wäre das ein Argument für irgendwas … Mir war der Tag schlichtweg egal. Deshalb fand ich auch, ich musste nichts mehr darauf erwidern. Stattdessen drehte ich den Fernseher etwas lauter, so konnte ich ihn leichter ignorieren. Zu meiner Verteidigung: Das war seit drei Jahren der erste Valentinstag, an dem ich tun konnte, was ich wollte. Daniel wusste das nicht zu schätzen, sonst würde er mir nicht so den Tag verderben!
Der hatte auch nichts Besseres zu tun, als sich weiter nach hinten zu lehnen, die Arme zu verschränken und mit einer Schmollmiene auf die Mattscheibe zu starren. Vielleicht stellte er sich auch endlich der Wahrheit. Er war unglücklich Single. Ich nicht. Ein bisschen tat er mir ja leid, weil er so darunter litt. Änderte jedoch nichts an meinen eigenen Gefühlen.
»Bist du nie einsam?«, fragte er schließlich mit einer belegten Stimme.
»Nein, eigentlich nicht.« Ich war selbst ohne eine zweite Person vollständig, deshalb kam ich wohl gut alleine zurecht.
»Ernsthaft? Auch nicht nach deiner Trennung?«
Irritiert runzelte er die Stirn. Es war seltsam, Daniel so offen darüber reden zu hören. Wir waren Kumpels. Wir sprachen nicht über Trennungen, Beziehungen … oder Gefühle. Das waren Themen, für die wir uns nie nah genug gestanden hatten. Und es vermutlich nie tun werden.
»Ich bin froh, wieder Single zu sein.« War schließlich meine ehrliche Antwort. Ein Freund, der mich näher kannte, hätte die Reaktion besser verstanden. Daniel wusste nicht, dass ich einer von denen war, die gerne für sich waren. Prinzipiell suchte ich auch nie nach Beziehungen, sondern sie ergaben sich einfach.
Jetzt war es an Daniel, ungläubig den Kopf zu schütteln. Ich wusste, er würde es nicht verstehen. Warum genau musste ich mich damit herumschlagen? Weshalb wollte mir Daniel eigentlich so unbedingt auf die Nerven gehen? Wir hatten so viele … Warte, nein. Okay, in unserem Freundeskreis gab es momentan nur Pärchen. Frühjahr, schreckliche Sache. Trotzdem fühlte ich mich von ihm benutzt. Seine Frustration konnte man doch auch allein in seinem kleinen Kämmerchen pflegen.
»Willst du ein Eis?«, fragte ich ergeben. Das Schmollen nervte nämlich auch und womöglich munterte ihn das etwas auf oder lenkte ihn zumindest ab.
»Was für eines?« Er linste zu mir herüber, die Augen leicht zusammengekniffen, aber sein Interesse war klar zu erkennen. Tja, dreiundzwanzig Jahre alt und immer noch mit Süßigkeiten bestechlich!
»Erste Liebe.« Ich hob ermahnend meinen Finger, weil er bei dem Namen sofort das Gesicht verzog und dazu ansetzte, etwas zu sagen. Ich kam ihm aber zuvor. »Es ist ein Special zum Valentinstag und super lecker und ich freue mich jedes Jahr, wenn es wieder im Sortiment ist! Dass ich das mit dir teile, ist ein großer Beweis meiner Freundschaft!« Tatsächlich hortete ich einen kleinen Vorrat im Kühlfach, den ich bewachte wie ein Drache. Aber endlich Ruhe zu haben, wäre es mir wert, das Eis mit Daniel zu teilen.
Von ihm kam erstmal nur ein undankbares Seufzen, fast so, als würde ich ihn zwingen, die kalte Köstlichkeit zu essen. Offensichtlich hatte er seine Freude daran, es mir schwerzumachen. Musste ich mir aber nicht geben. Ich stand auf und ging in die Küche. Auch wenn es hier nur einen gab, der ein Eis verdient hatte – nämlich mich – holte ich zwei kleine Schalen aus dem Schrank und den gut bewachten Schatz aus der Tiefkühltruhe. Während ich eine vernünftige Menge an Eis in beide Gefäße verteilte, überlegte ich, ob ich eine meiner kostbaren Eiswaffeln für Daniel opfern sollte, entschied mich aber dagegen. So weit reichte meine Freundlichkeit nicht.
Als ich wieder das Wohnzimmer betrat, klebte sein Blick am Fernseher. Anhand des Slogans war klar, dass Valentinswerbung lief. Für Sexspielzeug. Danach für Blumen. Beides erzeugte dieselben Emotionen auf seinem Gesicht: Abscheu und Wehmut. Etwas wie Mitleid regte sich in mir und ich hob ihm die Schale mit dem Eis hin.
»Danke.« Er lächelte sogar ein bisschen, als er die Köstlichkeit entgegennahm.
»Keinen Ton mehr über den heutigen Tag, okay?«, warnte ich ihn vorsorglich. Sonst würde ich ihm nämlich das Eis wieder wegnehmen und es selbst essen! Da kannte ich nichts.
»Aber …«
»Nein! Kein Wort mehr!« Ich schaute ihn drohend an. Per se war mir Valentinstag egal, aber nicht, wenn man mir damit penetrant auf den Sack ging. Ich nahm mir deshalb einen großen Löffel Eis und ließ es langsam im Mund schmelzen. Oh ja, das war der gute Scheiß! Ich fühlte mich gleich deutlich besser!
»Hmm…«, war Daniels kurzer Kommentar. »Das Eis ist aber echt lecker.«
»Ich weiß.« Ein breites Grinsen zog sich über mein Gesicht. Ich wusste eben, was gut war.
»Du hattest schon immer Geschmack.« Irgendwas in seinem Tonfall ließ mich aufhorchen. Da stimmte etwas nicht. Ein Kompliment von ihm?
»Ähm, danke …«, antwortete ich zögernd. Was sollte ich dazu sagen?
»Hast du heute eigentlich noch was vor?« Er sah auf das Eis, als er fragte. Ich runzelte die Stirn. Jetzt begann er damit, den Löffel abzulecken. Was zur Hölle? Vertrug er das Eis nicht?
»Ich denke nicht … warum?« Wehe, er sagte jetzt etwas Falsches! Die letzten Wochen war er ständig hier gewesen, hatte mir wegen des Tags der Liebe in den Ohren gelegen, meine Aufmerksamkeit beansprucht! Und nun fing er an zu flirten? Ich kannte diesen Blick, die Art, wie er die Wörter langsamer betonte als sonst! Ich war nicht dazu da, dass er den Frust über sein Singledasein an mir auslassen konnte! Ich war kein Trostpflaster.
»Nur so.« Ein kurzes Zwinkern. Dieser Mistkerl! Jetzt aß er ganz unschuldig sein Eis weiter, verfolgte die Sendung im Fernseher. So, als könnte er kein Wässerchen trüben. Da war was faul. Machte das der Valentinstag aus ihm? Hoffentlich war er morgen wieder der Alte. Der etwas verpeilte, aber lustige Typ, mit dem man gut Party machen konnte und der jeden Scheiß mitmachte. Das war der Grund, warum wir überhaupt Freunde waren. Scheiße, den Kerl wollte ich zurück.
»Wir könnten Sex haben.«
Ich verschluckte mich am Essen, pfefferte die Schale auf den Couchtisch. WTF?! Ich rang nach Luft und um meine Fassung. Ja, ich hätte nicht überrascht sein sollen. Daniel war nicht der Typ für Subtilität. Das war mir deutlich zu aggressiv. Vor allem für einen Kerl, der bisher nie echtes Interesse an mir gezeigt hatte. Aber gerade heute dann doch?
»Was?« Als er das fragte, legte er seinen Kopf etwas schief, lächelte unbedarft. Dieser Wichser!
»Ich … du … ich meine … Nein! Einfach nein!« Ich hob die Hände abwehrend hoch. Vielleicht in einer anderen Situation, an einem anderen Tag, in einem anderen Kontext. Aber so? Bestimmt nicht! Er hatte immerhin schon Eis von mir bekommen.
»Warum nicht?« Daniel blinzelte überrascht. »Ich müsste doch dein Typ sein, oder nicht? Ich seh deinem Ex ziemlich ähnlich!«
»Nein, tust du nicht!« Nur ein bisschen, die Haare und die Augen und die Statur … Darum ging es ja eigentlich gar nicht! »Und ganz ehrlich, ich bin nicht dafür da, dass du deinen Valentinsfrust bei mir loswirst!« Dafür war ich mir auch zu schade. Es kam nur ein Lachen als Reaktion. Was zur …
»Ich meine nicht mich, sondern den Valentinstag.« Ich verdrehte die Augen. Meine Eltern hatten mich mit dem furchtbaren Namen Valentin gestraft und ich hatte mir schon als Kind dumme Witze darüber anhören müssen. Mittlerweile stand ich über so was, heute nicht. Nicht mit Daniel.
»Aber du kannst einen auch ganz schön frustrieren.« Während er das sagte, hatte er ein amüsiertes Funkeln in den Augen. War das alles kalkuliert von ihm? Ich hatte wirklich das Gefühl, als hätte er auf diesen Moment hingenervt. Wollte er Mitleid? Mitleidssex, je nachdem.
»Niemand zwingt dich, hier zu sein«, erwiderte ich und klang dabei trotziger, als mir lieb war. Tss, dem hatte ich Eis gegeben …
Er lachte wieder, stellte sein Eis auch auf den Couchtisch, um mich direkt anzusehen. Scheiße verdammt. War das sein Ernst? Daniel beugte sich zu mir, den Blick auf meine Lippen gerichtet. Wenn er mich jetzt küsste, würde ich ihm ungelogen die Nase brechen! Unsere Gesichter trennten noch ein paar Millimeter und ich schubste ihn von mir weg.
»Wir haben keinen Sex, bloß weil Valentinstag ist!« Ich hatte das Gefühl, dass ich das auf jeden Fall klarstellen musste.
»Aber morgen?« Hartnäckiger Kerl.
»Such dir jemand anders zum Nerven.« Ich ließ mich nach hinten in die Couch fallen und seufzte. Anstrengend ... Ernsthaft, ab heute fange ich auch an, diesen Tag zu hassen! Gratuliere dir, Daniel! Das schaffte nicht jeder. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass er lächelnd den Kopf schüttelte. Er nahm mich und meinen Widerstand nicht ernst. Vielleicht zu Recht. Er hatte nämlich durchaus recht damit, dass er mein Typ war. Na ja, solange er nicht so ein Jammerlappen wie in den letzten Tagen war. Selbstsicher lehnte er sich gegen meine Schulter. Ich ließ ihn. Anlehnen war okay, das war kein Sex, das hatte überhaupt nichts mit Sex zu tun. Alles fein. Er gab mir einen Kuss auf die Schläfe. Ich schob ihn von mir, sah ihn erbost an. Was er scheinbar völlig fehlinterpretierte! Er drückte seine Lippen auf meine. Eine vorwitzige Zunge strich darüber. Ach, verdammt. Warum musste ich gerade jetzt daran denken, wie wenig er mir auf den Geist ging, wenn nicht gerade Valentinstag war? Ich erwiderte den Kuss, ein bisschen enttäuscht von meiner mangelnden Willensstärke. Aber zugegeben, das mit dem Küssen konnte er! Als er von mir abließ, verzogen sich seine Lippen zu einem frechen Grinsen.
»So schmeckt also Erste Liebe!«
Ich schlug ihm mitten ins Gesicht. Immerhin machte ich keine falschen Versprechungen. Daniel hielt sich die blutende Nase, während er noch immer grinste. Irgendwie hatte das etwas … charmantes. Eventuell war auch einfach das Eis schuld.
»Hey, an was denkst du gerade?«, dringt es an mein Ohr und ich schaue irritiert zu ihm auf. Wir sitzen auf dem Bett in seiner kleinen, mülligen Wohnung und hatten eben unglaublich miesen Sex. Das weiß er, das weiß ich. Aber es stört niemanden von uns. Sex ist nicht alles. Nicht bei uns.
»Suppe«, antworte ich schließlich. »Suppe?« Er ist etwas verwundert. »Willst du welche?« Soll ich es ihm erklären? Mein Lebensrezept? Es schmeckt wie schales Bier in einer schlecht gewürzten Tütensuppe. Am liebsten würde ich es wegschütten, aber was blieb mir dann noch?
Vielleicht versteht er es ja. Mit solchen Gedanken kann er so seltsam sein wie ich. Allerdings will ich ihm nicht sagen, dass er mein schales Bier ist. Ich bin eventuell taktlos, unsensibel und schlecht gewürzt, aber selbst für mich wäre es zu gemein, ihm so offen die Meinung über unsere Beziehung ins Gesicht zu schleudern. Er hat es sich schließlich nicht ausgesucht, seltsam zu schmecken. Ich schüttle etwas verspätet den Kopf. Er ist es gewohnt, dass meine Antworten manchmal dauern und oft kurz ausfallen. Genau genommen hat er sich mit vielen meiner Eigenheiten arrangiert. Ich erhebe mich vom Bett und suche nach meiner Hose von gestern. Das Problem ist hierbei nicht, dass keine Kleidungsstücke zu finden sind. Ich habe nur null Ahnung, welche mir gehören. Wir geben beide nicht sonderlich viel auf unsere Klamotten, Hauptsache sie passen, sind bequem und nicht unmöglich zu kombinieren. Wobei ... ich habe auch schon ein leuchtend oranges Hemd im Schrank hängen sehen, was sich ordentlich mit seiner roten Krawatte beißt. Ich hoffe für ihn, er hat das noch nie zusammen getragen. Bei seinem schlechten Geschmack wäre es durchaus möglich. Hm, diese Jeans hat gewisse Ähnlichkeit mit meiner. Ich schaue auf die Größe. Okay, dann eben nicht.
»Bleibst du noch ein bisschen?« Manchmal verstehe ich ihn nicht. Findet er nicht auch, dass einfach alles an uns unpassend ist?
»Wir sind eine verdammt schlecht schmeckende Suppe.« So, ich habe es doch gesagt.
»Sind wir?« Er scheint zu überlegen, ob es eine Beleidigung ist. Über die Aussage selbst wundert er sich nicht. Immerhin kennen wir uns nun schon einige Jahre. Auch wenn wir die meiste Zeit nicht damit verbracht haben, uns irgendwie näherzukommen, und insbesondere nicht sexuell. Ist offensichtlich nur eine begrenzt gute Idee, wir sind echt nur mäßig kompatibel im Bett.
»Schon ...« Ich habe keine Lust ihm mein Konzept mit dem Lebensrezept zu erklären. Er wird sich auch mit dieser billigen, einsilbigen Antwort zufriedengeben, schließlich weiß er prinzipiell, was sie zu bedeuten hat. »Was für eine Suppe?« Er klingt amüsiert. Er weiß, was es bedeutet, aber er ignoriert es einfach. »Ich weiß nicht ... so eine Fertigsuppe, die nach nichts schmeckt und in die man dann betrunken abgestandenes Bier gekippt hat.« Das ›betrunken‹ ist übrigens ein ganz wichtiger Punkt. Als wir das erste Mal miteinander geschlafen haben, standen wir nämlich ... nicht unter Alkoholeinfluss. Es wäre aber besser gewesen, eine schöne Ausrede. Es hätte gezeigt, wie unvernünftig das alles ist. Und das wollte ich mit dieser Aussage noch mal unterstreichen. Ich bin mir nicht sicher, ob er den subtilen Hinweis versteht. »Keine Fischsuppe?« Er hat sich bäuchlings auf das zerwühlte Bett gelegt und beobachtet mich, wie ich noch immer versuche herauszufinden, welche dieser vielen Hosen denn meine ist. Es ist schon die dritte, die mir nicht passt. Warum zur Hölle gibt es hier überhaupt so viele Hosen?!
»Wie kommst du auf Fischsuppe?« Ich habe erst einmal Fischsuppe gegessen und kann mich, ehrlich gesagt, nicht mehr an den Geschmack erinnern. Wieso sollen wir Fischsuppe sein? Das ist unlogisch! »Weil du mein Karpfen bist.« Es ist eine Unverschämtheit, dass er das mit so einem ernsten, unschuldigen Blick sagen kann, sodass man meinen könnte, er redet nicht totalen Blödsinn! Karpfen?!
»Blubb.« Eine dumme Feststellung verdient eine dumme Erwiderung! »Ja.« Er strahlt über das komplette Gesicht. Wir sind ganz bestimmt keine Fischsuppe! Oder Fischsuppe schmeckt absurder, als ich immer dachte.
»Du bist mein Karpfen der Liebe, mein Koi.« Ich und ein Zierkarpfen?! Ich fühle mich beleidigt – zumindest ein wenig. Außerdem macht er sich über mich lustig, über uns. Über eine Internetseite, in der einem erklärt wird, dass ein Koi immer noch ein Fisch ist und nicht die Abkürzung für ›Koibito‹, was im Japanischen sowas wie ›Geliebter‹ heißt. Ich habe ihm die Website verlinkt, da er gerne abscheuliches Fanboy-Japanisch spricht und dabei nur halb so cool wirkt, wie er immer denkt. Verdammt, ich hätte ihm das nicht schicken sollen!
»Mir wäre neu, dass man Zierkarpfen zu Suppe verarbeitet.« Ich werde ihm nicht den Gefallen tun, tatsächlich darüber zu lachen. Vielleicht ein bisschen, innerlich, aber am Ende steigt ihm das noch zu Kopf und das ist in seinem Zustand sicher nicht gut. »Für mich ist unsere Beziehung sowieso eher wie Sushi.« Er hat sich auf den Rücken gedreht, zwirbelt eine seiner Haarsträhnen um den Finger und schaut dabei an die Decke. Ihm ist klar, dass er meine Aufmerksamkeit hat. Er genießt es, wie ich ihn so perplex anstarre.
Wie kommt er auf Sushi? Vielleicht hätte ich mich ja darüber wundern sollen, dass er über uns auch in Form von Essen denkt. Aber gerade Sushi? Sushi ist teuer, edel, etwas Besonderes, Luxus! Und seit wann wird es aus Zierkarpfen hergestellt?!
»Sushi?« Ich bin wirklich ehrlich schockiert. »Ja.« Sein Grinsen ist verträumt, aber auch sehr selbstgefällig, weil ich noch mal nachgefragt habe. Nur er kann so dämlich schauen. »Also wenn, dann allerhöchstens Gurkensushi.« Das ist wirklich das einzige Sushi, das ich mir bei uns vorstellen kann. Selbst wenn das Rezept immer noch zu gut für uns ist, oder? Er schaut zu mir und lächelt.