Love in the Moshpit - Mo Kast - E-Book

Love in the Moshpit E-Book

Mo Kast

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Beschreibung

Als eingefleischter Metalhead glaubt Birdo eigentlich nicht an die Liebe auf den ersten Blick. Doch mitten im Moshpit entdeckt er das wunderschöne Gesicht von Lukas und Amors Pfeil trifft ihn mitten ins Herz – oder ist es ein Ellenbogen aus der tobenden Menge? In jedem Fall findet sich Birdo in der Notaufnahme wieder und Lukas fordert ihn heraus, alte Glaubenssätze über Bord zu werfen und seine Welt neu zu überdenken. »Love in the Moshpit« ist eine lustige Kurzgeschichte über einen Metalfan, der sehr lange überzeugt ist, der einzige schwule Metaller in seiner Szene zu sein.

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Sequenz #1
Sequenz #2
Sequenz #3
Sequenz #4
Sequenz #5
Sequenz #6
Sequenz #7
Sequenz #8
Sequenz #9
Bitte an euch fabelhafte Leser!
Vita von Mo
Mehr von Mo
Impressum

Love in the Moshpit

von Mo Kast

Sequenz #1

Nur zufällig fiel mir dieser Typ auf. Er stand am Rande des Moshpits. Mit dem abgetragenen Bandshirt von »The Ocean Collective«, seinen Tattoos, den Piercings und dem Sidecut fügte er sich so gut in die Menge ein, wie ich es mit meinem Vollbart und den schweren Stiefeln tat. Allerdings lag ein konzentrierter Ausdruck in seinem Gesicht, der nicht zu einem Metalkonzert passte. Er sah aus, als würde er einer Oper lauschen und nicht inmitten einer grölenden Menge betrunkener Metalheads stehen. Ich versuchte, noch herauszufinden, was ihn so faszinierte, bevor ich von einem Ellenbogen an der Schläfe getroffen wurde und ich mich zurück in den Moshpit warf. Wäre ich umgefallen, hätte man mir sicher aufgeholfen. Ich stand aber noch und wollte Spaß! Es sah zwar nicht so aus, jedoch ging es beim Moshen nicht darum, anderen wehzutun, sondern sich zu fühlen. Wenn jemand an meinem T-Shirt riss, wir zur Musik sprangen, rempelten, Schultern gegeneinander rammten, schrien, waren wir eine Masse, die aus purem Leben bestand. Alles andere war dann egal. Nur noch sein. Die blauen Flecken danach fühlten sich wie Auszeichnungen an!

Trotzdem ging mein Blick immer wieder in die Richtung des Kerls. Mochte er »The Ocean Collective« nicht oder warum bewegte er sich nicht zur Musik? Es war immerhin ein verdammtes Livekonzert und die waren absolut hardcore! Aber würde er ein Bandshirt von ihnen tragen, wenn er sie nicht mochte? War er allein hier? Ich konnte niemanden entdecken, der bei ihm stand oder mit ihm sprach. Ich ging nie allein auf Konzerte, ich hatte immer meine Kumpels dabei. Dieses Mal war ich der Fahrer. Was okay war, ich trank eh keinen Alkohol und die Stimmung berauschte mich normal genug. Warum nur konnte ich mich jetzt nicht einfach auf das Konzert konzentrieren?

Sein Gesicht gefiel mir, stellte ich fest. Ich zwang mich, wieder von ihm wegzusehen.

Es ging nicht lange gut. Als mein Blick zu ihm zurückwanderte, bemerkte ich nicht den Kerl, der sich mit voller Wucht gegen mich warf und mir die Luft aus der Lunge trieb. Etwas knackste. Fuck, tat das weh! Gequält ächzte ich und sackte ein Stück zusammen. Sofort packte mich Eugen unter dem Arm, zog mich wieder hoch. Fragend und leicht besorgt sah er mich an. Ich klopfte ihm auf die Schulter. Das war unser Zeichen, wenn man kurz eine Pause wollte. Für mich würde es wohl eher eine lange Pause werden. Der Schmerz ließ zwar wieder nach, während ich mich zum Rand der Menge kämpfte, aber auf noch einen Treffer hatte ich keine Lust.

Ob es Zufall war, dass ich nun direkt neben dem Kerl mit dem hübschen Gesicht stand? Nein. Definitiv nicht. Trotzdem zögerte ich einen Moment, ihn anzusprechen. Aber wir waren hier auf einem Konzert. Vielleicht lag es an der Stimmung oder die Musik machte mich mutig, jedenfalls beugte ich mich in seine Richtung.

»Bist du alleine hier?«, brüllte ich in sein Ohr. Es kam allerdings keine Reaktion. Hatte er mich nicht gehört? Die Band war schon ziemlich laut. Kurz überlegte ich, ob ich mit meiner Hand vor seinem Gesicht wedeln sollte. Aber das galt vermutlich als schlechte Flirt-Netiquette. Nicht, dass ich viel Erfahrung damit hätte. So richtig geoutet war ich nämlich nicht. Ich hatte nur im Vollsuff einmal versucht, Eugen zu küssen. Seitdem rührte ich keinen Alk mehr an und Eugen … Der hatte jetzt eine Freundin und wir sprachen nicht mehr darüber. Für ein Outing bei Andy und Petros hatte mein Mut danach nicht mehr gereicht. Es war ja auch nicht so wichtig. Bisher hatte ich keinen Typen, der mir gefiel und der mich mochte, und warum sich unnötig Stress machen?

Erst jetzt entdeckte ich bei dem Kerl einen dünnen, silbernen Ring im rechten Nasenflügel. Das Schmuckstück sah irgendwie feminin aus? Es wirkte jedenfalls fein. Ich runzelte die Stirn. Gab es unter Schwulen nicht ein Erkennungszeichen mit Piercings? Ich dachte, ich hätte bei meiner Recherche mal gelesen, dass sie Ohrpiercings auf der rechten Seite trugen. Das tat er auch. Genau genommen hatte er auf der Seite einen Tunnel und mehrere Ringe. Ich beugte mich etwas hinter ihn, um zu sehen, wie sein anderes Ohr aussah. Vielleicht mochte er einfach Piercings. Was ich verstehen konnte, sie standen ihm gut. Ich selbst hatte mal überlegt, mir ein Septum stechen zu lassen, aber als Eugen meinte, damit sähe man aus wie ein Rindvieh, hatte ich es gelassen. Links trug der Typ ein Industrial und ebenfalls mehrere Ringe. Ich hatte auch mal gegoogelt, ob es in der Metalszene Erkennungsmerkmale für Schwule gab. Keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht hatte. Das Ergebnis war ernüchternd gewesen: Es gab natürlich auch in unserer Szene queere Menschen, aber die meisten gingen wohl nicht sehr offen damit um. Da könnte man mich wahrscheinlich als Beweisstück A anführen.

»Bist du alleine hier?«, versuchte ich es trotzdem noch mal, lehnte mich diesmal näher zu ihm.

Er zuckte erschrocken zusammen und sah mit gerunzelter Stirn zu mir, als hätte er mich jetzt erst bemerkt.

»Meinst du mich?«, schrie er zurück, deutete auf sich.

Ich nickte.

Er blickte mich noch immer irritiert an.

»Magst du die Band?«, fragte ich in Ermangelung jeglicher Flirtexpertise.

Er zog eine Augenbraue hoch, deutete an sich herab. Stimmt, das T-Shirt. Ich Vollidiot. Ohne es zu wollen, fuhr ich mir mit meiner Hand übers Gesicht. Vielleicht sollte ich doch wieder mit Alkohol anfangen.

»Tut es weh?«, kam jetzt von ihm.

Ich ließ die Hand sinken. Was meinte er? War das ein komischer Anmachspruch wie ›Tat es weh, als du vom Himmel gefallen bist‹? Ich hätte nichts dagegen, aber ehrlich gesagt machte er nicht den Eindruck, als ob er mit mir flirten würde.

»Was?«, rief ich zurück.

Er deutete auf seinen Rippenbogen. Ach, das meinte er.

»Oh, das hast du gesehen?« Ich hätte nicht erwartet, dass man in einem Moshpit viel erkennen konnte. Ob er mich beobachtet hatte? Allein bei dem Gedanken stellten sich meine Nackenhaare auf. Im positiven Sinne.

Er zuckte mit den Schultern und nickte so halb. Sehr aufschlussreich. Also gar nicht. Ich setzte dazu an, wieder etwas zu sagen. Allerdings begann gerade das Schlagzeugsolo von Paul Seidel und der war nicht ohne Grund einer der besten deutschen Drummer. Zumindest sagte das Eugen. Ich selbst kannte mich mit Schlagzeug nicht aus. Ich hörte nur gerne Musik. Der Typ wandte sich wieder ganz der Bühne zu und hatte diesen konzentrierten Ausdruck im Gesicht. Ich folgte seinem Blick. Von hier hatte man einen überraschend guten Blick auf die Bühne. Was am Moshpit lag. Dadurch, dass er ständig in Bewegung war, konnte man gut an den Menschen vorbeisehen.

Als ich wieder zu ihm schaute, entdeckte ich nun ein zufriedenes Lächeln. Stand er etwa auf Schlagzeugsolos? Welcher Mensch konnte sich dafür begeistern? Sein Lächeln war aber ein hübscher Anblick. Ich merkte, wie sich bei mir automatisch die Mundwinkel hochzogen.

»Wie heißt du?«, rief er mir unvermittelt zu. Seine Augen waren jedoch immer noch nach vorne gerichtet.

»Birdo!«, antwortete ich, so laut ich konnte. Eigentlich hieß ich Simon, aber so nannte mich seit Jahren keiner mehr.

»Horse the Band?« Jetzt schaute er mich doch an. Ich spürte, wie ich unter seinem Blick rot wurde. Hoffentlich verdeckte mein Bart das!

»Du kennst sie?« Ich war überrascht. Die Nintendocore-Band war eigentlich nie jemandem ein Begriff. Eugen hatte aber mal gemeint, ich würde aussehen wie der Kerl aus dem Birdo-Video, und seitdem hieß ich so.

»Leider«, sagte er mit einem Lachen. »Ich bin übrigens Lukas.«

»Freut mich!«, antwortete ich aus Reflex. Es gab aber kein Händeschütteln. Wäre auch komisch gewesen, so mitten auf einem Konzert.

»Hast du Signal?«, fragte er weiter.

Ich nickte und merkte, wie mein Herz dabei höherschlug. Wollte er etwa meine Nummer haben? So wie ›eine Nummer, um in Kontakt zu bleiben‹? In Kontakt mit mir. Weil … weil … Mir fiel ehrlich gesagt kein Grund ein, warum er meine Nummer haben wollte. Ich würde sie ihm trotzdem geben! Aber so was von! Hastig zog ich das Smartphone aus der Hosentasche und schmiss es dabei fast auf den Boden, so nervös war ich. Mich hatte noch nie jemand nach meiner Nummer gefragt. Kein Mädchen und schon gar kein gut aussehender Kerl auf einem Metalkonzert.

Er nahm mir das Handy ab und ich hätte schwören können, dass sich dabei unsere Fingerspitzen berührten. Unsere Fingerspitzen! Seine Fingerspitzen auf meinen! Körperkontakt! Der Moshpit fühlte sich im Vergleich wie eine sanfte Brise an. Er tippte seine Nummer ein. Und ganz eventuell forcierte ich noch ein bisschen mehr Körperkontakt, als ich ihm das Smartphone wieder abnahm. Jetzt hatte mein kleiner Finger sicher seinen gestreift! Ich hoffte nur, dass ich ihn nicht so dümmlich angrinste, wie es sich im Moment anfühlte.

Er wackelte mit der Gestik für Handy vor seinem Ohr herum. Ich sollte anrufen. Und wie ich das würde! Ich starrte den Kontakt an: Lukas Helwig. Dann drückte ich auf das Telefonsymbol. Er zog sein Smartphone heraus, tippte kurz darauf herum und hielt mir das Display hin. Lukas hatte mich als »Birdo Ocean« eingespeichert. Das klang ziemlich extravagant. Möglicherweise grinste ich nun noch bescheuerter.

 

Sequenz #2

 

»Ich … uhm … trinke nicht«, erklärte ich schließlich. Lukas hatte mich gleich am nächsten Morgen nach dem Konzert gefragt, ob wir uns abends im ›Subculture‹ treffen wollten. Ohne darüber nachzudenken, hatte ich ihm zugesagt. Und jetzt saßen wir hier: in einer verrauchten Bar an einem kleinen, runden Tisch in die hinterste Ecke gedrängt. Der Laden war brechend voll und die Gäste machten dem Namen alle Ehre. Hier gab es gefühlt alles an Leuten: Punks, Rocker, Hipster, mich … Ich war mir immer noch nicht sicher, wo ich Lukas einordnen sollte.

»Straight Edge?«, fragte Lukas nun, musterte mich dabei von oben bis unten, als würde er etwas suchen. Ich wusste allerdings nicht, was, und auch nicht, was er von einer ehrlichen Antwort hielt. Meistens machten sich die Leute darüber lustig, dass ich nicht trank.

Deshalb wackelte ich nur etwas vage mit dem Kopf. »Sozusagen.«

»Sehr cool, ich auch.« Er hielt mir seinen Handrücken entgegen. Ein schwarzes X war darauf zu sehen. Neben seinen ganzen anderen Tattoos war es mir tatsächlich nicht aufgefallen. Ob die anderen Tätowierungen auch ›versteckte‹ Hinweise waren? Ich erwischte mich dabei, wie ich seine Arme absuchte. Leider waren sie die einzigen Stellen, die nicht mit Stoff bedeckt waren. Wer allerdings dermaßen tätowierte Arme hatte, hatte sicher noch mehr unter seinen Klamotten.

---ENDE DER LESEPROBE---