Eine Prinzessin für den Playboy-Millionär - Annie West - E-Book

Eine Prinzessin für den Playboy-Millionär E-Book

Annie West

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Beschreibung

Nach zwei geplatzten Hochzeiten flieht die hinreißende Prinzessin Ilsa von Altbourg vor der Presse nach Monaco! Ist es Schicksal, dass sie auf einer Party dem umwerfenden Noah Carson in die Arme läuft, einem Selfmade-Millionär mit strahlend blauen Augen, der sie auf Händen trägt? Mit ihm will sie fernab von allen Pflichten nur einen Flirt genießen! Doch mit jeder Sommernacht, die sie in Noahs Armen auf seiner Luxusjacht verbringt, sehnt sich Ilsa nach mehr. Aber kann es mit dem sexy Playboy das Happy End geben, von dem Ilsa schon so lange träumt?

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Seitenzahl: 202

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2022 by Annie West Originaltitel: „Claiming His Virgin Princess“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA, Band 2562 09/2022 Übersetzung: Marina Michaelsen

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2022 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751509954

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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PROLOG

„Er sieht gut aus, aber ich kann ihn nicht leiden. Er hat unserer lieben Prinzessin das Herz gebrochen …“

„Schh! Sie kann jeden Moment hier sein“, flüsterte eine zweite Mädchenstimme. „Du weißt, dass sie immer pünktlich ist.“

Auf dem Flur der Kinderstation beschleunigte sich Ilsas Herzschlag. Doch sie schaffte es, äußerlich gelassen zu bleiben. Von Geburt an hatte man ihr beigebracht, in der Öffentlichkeit keine Gefühle zu zeigen.

Die Oberschwester warf ihr einen nervösen Seitenblick zu.

Ilsa blieb stehen und bewunderte ein neues, farbenfrohes Wandbild. „Das war letzten Monat noch nicht da. Sehr fröhlich.“

„Ja, das ist es, Euer Hoheit. Die Patienten durften sich wünschen, was darauf zu sehen sein sollte. Es ist schön, wie die Kleinen lächeln, wenn sie daran vorbeikommen.“

Ilsa nickte und betrachtete einen kristallklaren Wasserfall, Feen, Gnome und unzählige Tiere vom Igel bis zum Einhorn. In einer Ecke des Bildes sah sie das Königsschloss von Altbourg. Davor stand eine Prinzessin mit funkelndem Diadem im goldenen Haar, an ihrer Hand ein dunkelhaariger Mann in der grünen Uniform von Vallort.

Damit waren dann wohl sie selbst und der König des Nachbarlandes gemeint. Ilsas Mundwinkel zuckten. Würde man Lucien jetzt wegretuschieren, nachdem ihre Verlobung geplatzt war?

Ilsa bedauerte nicht, dass diese dynastische Hochzeit nicht stattfinden würde. Doch sie war es leid, ständig daran erinnert zu werden. Jeder sah in ihr die verlassene Verlobte.

Nicht eine, sondern gleich zwei geplatzte Hochzeiten.

Ihr erster Verlobter war in einem schrecklichen Unfall gestorben, der andere hatte sie sitzengelassen, um eine Kellnerin zu heiraten. Man bemitleidete sie.

Die aufsteigenden Emotionen kämpfte Ilsa hartnäckig nieder. Wie sehr sie sich nach ein wenig Privatsphäre sehnte! Nach einer Auszeit von ihren gescheiterten Hochzeitsplänen.

Allerdings musste sie ihren offiziellen Pflichten nachkommen. Sonst würde man denken, sie trauere Lucien hinterher.

Außerdem brachte die Arbeit sie wenigstens auf andere Gedanken.

So konnte sie sich für Kinder einsetzen, die sich weit größeren Herausforderungen stellten als sie selbst mit ihren unbedeutenden Problemen.

Sie begegnete der Oberschwester mit einem betont lockeren Lächeln. „Sollen wir?“

Also betraten sie das Zimmer zweier Teenagerinnen, denen von der Behandlung die Haare ausgefallen waren. Die jüngere griff nach einem Magazin auf ihrem Bett und stopfte es rasch unters Kopfkissen.

Das hätte sie sich schenken können. Das Presseteam des Palastes brachte Ilsa täglich auf den neuesten Stand. Wenn sie sich recht erinnerte, lautete die Titelstory „Lucien präsentiert neue Flamme – und bricht Ilsa das Herz“. Der Text beschrieb sie als tragisch und einsam.

Manchmal verfluchte sie ihr gutes Gedächtnis.

Abends zurück im Palast war Ilsa so müde, dass alles wehtat. Durchgängig lächelnd die perfekte Prinzessin zu spielen, forderte seinen Tribut.

Vor allem wegen der aufdringlichen Fragen der Paparazzi und der besorgten Anteilnahme ihres Volkes. Es fühlte sich an, als hätte sie vierzehn Termine absolviert statt nur vier.

Sie bedankte sich bei dem Diener, der ihr die Tür zum Privatflügel öffnete. Sobald diese sich hinter ihr schloss, ließ Ilsa die Schultern kreisen und zog die High Heels aus.

Ein langes, heißes Bad würde ihr jetzt guttun und ihre Nerven beruhigen.

Sie lachte in sich hinein. Prinzessinnen hatten keine Nerven. Das verstieß gegen das Protokoll.

Auf dem Weg zu ihrem Apartment kam sie am Arbeitszimmer des Königs vorbei. Durch die geöffnete Tür hörte sie Stimmen. Als ihr Name fiel, hielt sie inne.

„Hältst du das wirklich für eine gute Idee, Peter?“, fragte ihre Mutter. „Ilsa ist nicht mehr siebzehn, sondern siebenundzwanzig. Damals war es vernünftig, sie aus der Schusslinie zu nehmen, aber jetzt …“

„Natürlich ist es vernünftig. Als Teenagerin standen nur ihre romantischen Vorstellungen von der Liebe auf dem Spiel. Dieses Mal schadet sie unserem Land. Die Verhandlungen mit Vallort drohen zu scheitern.“

Ilsa schnappte nach Luft. Hielt ihr Vater sie für eine Belastung?

Ein Leben lang hatte sie hart für Altbourg gearbeitet. Nie hatte sie sich gegen die arrangierte Verlobung mit Prinz Justin aufgelehnt – auch nicht gegen die mit seinem Erben Lucien, als Justin verunglückt war. Dabei war sie sich vorgekommen wie ein Gebrauchtwagen, der den Besitzer wechselte. Doch ihren Stolz hatte sie heruntergeschluckt, wie sie ihre romantischen Träume begraben hatte. Immer hatte sie ihre Pflicht getan.

Selbst nun, da sie am liebsten allein wäre, gab sie ihr Bestes. Zuverlässig kam sie jeglichen Verpflichtungen nach, um alle Spekulationen in Schach zu halten.

„Peter! Das kann nicht dein Ernst sein. Ilsa liebt ihr Land. Sie tut alles für Altbourg.“

Wärme breitete sich in Ilsas Brust aus. Wenigstens ihre Mutter verstand sie.

Doch da antwortete schon ihr Vater: „Natürlich tut sie das. So wurde sie erzogen.“ Ilsa schluckte die Bitterkeit hinunter. Auch ihr Vater liebte sie. Allerdings kannte sie diesen Tonfall. Er sprach als König, und das stand über der Familie. „Im Moment wären unsere diplomatischen Beziehungen ohne sie einfacher.“

Zitternd holte sie Luft, doch ihre Lunge war wie zugeschnürt.

Dafür also hatte sie ihre eigenen Bedürfnisse immer ignoriert.

Mit siebzehn hatte sie noch geglaubt, die Liebe könnte ihr Leben verändern. Zugegeben, sie hatte falschgelegen, aber sie hatte auch gelernt, dass ein gebrochenes Herz sie nicht umbrachte. Es hatte sie stärker gemacht, entschlossener. Sie hatte Trost gefunden in ihrer Pflicht, in der Liebe zu ihrer Familie und dem Respekt ihres Volkes.

Nun allerdings zeigte ihr Volk nur noch Mitleid. Fremde stellten ihr die intimsten Fragen und ihre Familie …

Sie blinzelte die aufsteigenden Tränen weg.

Ein Leben lang war sie die herzliche, zugewandte, verlässliche Prinzessin gewesen, die dem Königshaus von Altbourg einen freundlichen Anstrich verlieh und der Öffentlichkeit schöne Fotos lieferte.

Aber sie war mehr als nur ein Gesicht auf einem Cover. Mehr als die höfliche Gastgeberin, die hingebungsvolle Botschafterin ihres Landes. Mehr als ein Pfand für diplomatische Beziehungen.

Von Geburt an war ihre Zukunft vorgezeichnet gewesen. Nun hatten sich alle Pläne in Luft aufgelöst.

Wann hatte sie je etwas nur für sich selbst getan?

Wahrscheinlich fühlte sie sich deshalb innerlich leer.

Ilsa war für sich selbst verantwortlich. Sie musste dafür sorgen, dass es ihr besser ging. Niemand sonst würde das für sie tun.

Auf einmal wollte sie nichts sehnlicher als das.

Sie wollte Freiheit, wenigstens für eine kurze Zeit. Einfach nur sie selbst sein.

Und sie wollte es jetzt.

1. KAPITEL

Noah nickte abwesend, während der Mann ihm seine Geschäftsidee erklärte.

Es war weder die Zeit noch der Ort dafür. Der glamouröse Yacht Club de Monaco war randvoll mit Leuten, und die Musik der Liveband dröhnte durch offene Türen auf die Terrasse hinaus. Aber Noah verstand, dass ein Start-up jede Möglichkeit nutzte, Sponsoren zu finden. Außerdem hatte die Idee durchaus ihren Reiz.

Nur konnte er sich eben auf nichts anderes konzentrieren als auf die Tanzfläche.

Die quoll über von reichen und schönen Menschen. Alle versuchten anscheinend, sich möglichst gut darzustellen. Immer wieder begegnete er den Blicken junger Frauen, die sich vergewisserten, ob er auch hinschaute.

Doch nur eine stach aus der Masse hervor.

Sie wirkte nicht weniger privilegiert als die anderen, aber sie war vollkommen in sich gekehrt. Unmöglich, den Blick von ihr abzuwenden, während sie sich selbstvergessen zur Musik bewegte.

Denn nicht nur ihr offenkundiges Desinteresse ließ sie derart hervorstechen.

Sie war unglaublich verführerisch. Wunderschön im kobaltblauen Etuikleid, mit faszinierenden roten Lippen und offenem goldenen Haar.

Beim Anblick ihrer fließenden Bewegungen erwachte ein sinnliches Verlangen in ihm.

Schon seit gestern schwirrte sie in seinem Kopf herum. Dabei hatte er ihr eigentlich aus dem Weg gehen wollen.

Prinzessin Ilsa von Altbourg, dem Königreich in den Alpen, das für Skipisten, Banken, hoch entwickelte Robotik und seine altmodische Monarchie bekannt war.

Seit er selbst Milliardär war, ging Noah oft mit reichen Frauen aus. Doch er hatte tiefsitzende Vorurteile gegenüber Snobs mit geerbten Privilegien. Eine Prinzessin gehörte sicher dazu.

Und trotzdem war sie ihm beim Charity-Lunch gestern aufgefallen.

Dort war sie sehr elegant erschienen, beherrscht und würdevoll, wie man es von einer Prinzessin erwarten durfte. Fasziniert hatte er allerdings festgestellt, dass ihre Ausstrahlung merkwürdig zerbrechlich gewirkt hatte.

Wahrscheinlich war es nur Einbildung gewesen, so selbstbewusst, wie sie in letzter Sekunde für die erkrankte Auktionatorin eingesprungen war.

Und dennoch sagte ihm sein Instinkt, dass da noch mehr an ihr war.

Den ganzen Lunch über hatte er sie beobachtet.

Interessanterweise hatte er bemerkt, dass auch Prinzessin Ilsa ihn heimlich angesehen hatte. Wieder und wieder hatten sich ihre Blicke getroffen, und ein Schauer war ihm den Rücken hinuntergelaufen. Instinktiv hatte ihn tiefe Begierde erfasst.

Dabei waren ihre Blicke noch nicht einmal kokett gewesen.

Nein, sie war … kontrolliert. Zurückhaltend. Während mit zunehmendem Champagnerkonsum der Lärmpegel im Saal gestiegen war, hatte Ilsa von Altbourg nie auch nur einen Moment die Fassung verloren.

Heute Abend hielt sie sich weniger zurück. Noah beobachtete, wie ihr beim Tanzen das goldene Haar um die Schultern wirbelte, und alles in ihm zog sich zusammen. Sein Puls folgte einem tiefen, ursprünglichen Beat, der nicht von der Musik herrührte, sondern von ihr. Von einer Frau, die ihn noch nicht einmal wahrnahm.

„Mr. Carson? Ich würde Ihnen meine Idee gern in Ruhe erklären. Mit ein wenig Startkapital könnte ich …“

Noah wandte sich zu ihm um. „Ich möchte tatsächlich mehr erfahren.“ Nur nicht jetzt. „Mailen Sie mir die Details. Ich sorge dafür, dass mein Team sich das ansieht.“ Der Mann bedankte sich überschwänglich, doch Noah nickte, reichte ihm seine Karte und ging hinein.

Er hörte immer auf sein Bauchgefühl.

Und das sagte ihm, dass er sich einer Frau vorstellen sollte, die ihm seit anderthalb Tagen nicht aus dem Kopf ging.

Sie reagierte auf seine Blicke – ihre Haut prickelte am ganzen Körper, und Ilsa spürte, wie ihre Brustwarzen sich unter dem Stoff ihres ärmellosen Kleides aufrichteten.

Sie war sich seiner Anwesenheit bewusst, noch bevor sie die Augen öffnete. Und tatsächlich – etwas abseits stand er, der breitschultrige Mann, der sie gestern so rätselhaft angesehen hatte.

Beim Lunch hatte sie ihn lieber nicht kennenlernen wollen, jedoch instinktiv immer wieder zu ihm hinübergeschaut.

Die Musik setzte aus, und Ilsas Haar fiel auf die Schultern, als sie in der Bewegung innehielt und nach Luft schnappte.

Der kurze, kostbare Moment war vorbei. Sie hatte sich in der Musik verloren, nun war es Zeit, in die Realität zurückzukehren. In den Augen ihres Vaters wäre es schlimm genug, dass sie ihr Haar offen trug und das Kleid nur die Hälfte ihres Oberschenkels bedeckte. Doch an den König wollte sie jetzt nicht denken.

„Möchten Sie tanzen?“ Die tiefe, volle Stimme wirkte äußerst sinnlich.

Langsam drehte sich Ilsa zu ihm herum. Sie wusste, wer es war. Dabei kannte sie ihn nur aus ihren Träumen der vergangenen Nacht.

Die Härchen auf ihren Unterarmen stellten sich auf, und eine ungekannte Hitze durchströmte ihren Körper.

Trotz ihrer High Heels reichte sie ihm gerade einmal bis zu seinem Mund.

Ein schöner Mund. Sinnlich. Sein leichtes Lächeln nahm ihr den Atem. Der Kiefer war markant, sein Gesicht braungebrannt, und eine schmale Kerbe zierte das Kinn.

Alles in Ilsa schrie nach Flucht. Diese Anziehungskraft war gefährlich.

Und doch blieb sie, wo sie war, hob stattdessen den Kopf und blickte in die außergewöhnlichsten Augen, die sie je gesehen hatte.

Klar, klug und nicht blau oder grün, sondern von einer türkisen Farbe, die irgendwo dazwischenlag. Kohlschwarze Augenbrauen und dichte, lange Wimpern bildeten einen atemberaubenden Kontrast.

Aus der Nähe war er nicht nur charismatisch, sondern absolut umwerfend.

„Eure Hoheit?“

Sofort setzte die Ernüchterung ein.

Einen kurzen Moment lang hatte Ilsa gehofft, sie wären von einer unerklärlichen Macht zueinander gezogen worden.

Aber das war natürlich Unsinn. Er wusste, wer sie war, und wollte sich vorstellen, eine Verbindung knüpfen, die ihm später von Nutzen sein konnte.

Ilsa setzte ihr kühles, professionelles Prinzessinnenlächeln auf. „Sie kommen leider zu spät. Der DJ-Part ist vorbei, und ich …“

In diesem Moment setzte die Musik wieder ein. Weniger beatlastig, sondern langsamer und melodischer. Die Lichter wurden gedimmt, und er hob die schwarzen Augenbrauen, ein selbstgefälliges Grinsen auf dem Gesicht.

Hatte er etwa dafür gesorgt? Gefühlvolle Musik, dämmriges Licht …

Sie fand die Bestätigung in seinem Gesicht. Er wirkte nicht eingebildet, aber auf eine sehr attraktive Art selbstbewusst.

Ilsa atmete tief durch und erinnerte sich daran, dass er nur einer dieser Männer war, die unbedingt eine Prinzessin kennenlernen wollten. Doch so sog sie seinen würzigen Duft ein, und in ihrem Inneren spielten die Hormone verrückt.

Noch immer konnte sie behaupten, sie hätte für heute genug getanzt.

Stattdessen nickte sie.

Da war ein seltsam vorsichtiger Ausdruck in seinen türkisblauen Augen, als wüsste er selbst nicht, ob das eine gute Idee war.

Dann nahm er ihre Hand und legte seine andere an Ilsas Taille. Eine klassische Tanzhaltung, die sich allerdings wenig anständig anfühlte, als er die ersten Schritte mit Ilsa machte. Ihre Nerven flatterten unkontrolliert, ihre Atmung wurde flach.

Wie selbstverständlich bewegte sie sich in seinen Armen. Als wären ihre Körper seit Jahren aufeinander eingestimmt und ahnten jeden noch so kleinen Schritt des anderen voraus.

Dabei sahen sie sich tief in die Augen. Es war unglaublich intim.

Was allerdings nur wieder bewies, wie leer Ilsas Leben sonst war.

Als sein Blick zu ihren Lippen glitt, erfasste sie atemlose Hitze. Erst dann wurde ihr bewusst, dass er beobachtete, wie sie sich gerade mit der Zunge über die trockenen Lippen fuhr.

Er dachte doch wohl nicht, dass sie das absichtlich machte? Vor Schreck verkrampfte sie sich.

„Vorsicht, Prinzessin.“

Er zog sie an sich, bevor sie mit einem anderen Paar zusammenstießen. Sie spürte die Wärme seines Körpers.

Seine Bewegungen waren so kraftvoll wie geschmeidig. Was er wohl beruflich machte? Vielleicht war er Sportler? Athletisch genug war er, und es mangelte ihm nicht an Entschlossenheit. Doch sein Auftreten ließ etwas anderes vermuten. Diese Art, wie er sie musterte, als versuchte er, sie ebenso einzuschätzen wie sie ihn.

Einerseits wollte sie alles über ihn herausfinden, andererseits reizte sie diese fremdartige Anziehungskraft.

War sie verrückt geworden?

„Warum wollten Sie mit mir tanzen?“, fragte sie schließlich.

Er schien zu zögern. „Ich konnte nicht widerstehen.“

Sein Blick durchdrang mehrere Schichten ihres antrainierten Selbstschutzes. Von jedem anderen hätte sie jetzt ein oberflächliches Kompliment zu ihrem Aussehen gehört. Doch er sah sie nur weiter eindringlich an, und ihr Körper bewegte sich wie von selbst zur sinnlichen Musik. Im perfekten Einklang mit seinem.

Sie waren umgeben von Menschen, und trotzdem schien alles um sie herum zu verschwimmen, als wären sie allein in einer unsichtbaren Blase, abgeschirmt von der Außenwelt.

Ilsa blinzelte, und ihr wurde bewusst, dass ihre Hand wie von selbst von seiner Schulter auf die muskulöse, durchtrainierte Brust gewandert war. Ihre Wangen wurden heiß vor Verlegenheit. Sie wollte die Hand wegziehen, doch er hielt sie fest und schüttelte den Kopf.

Außer dem König machte ihr niemand Vorschriften, doch dieser Mann hier war anders.

„Warum konnten Sie nicht widerstehen?“, wollte sie wissen.

Als er lächelte, zog sich ihr Inneres zusammen. „Sie sind mir gestern schon aufgefallen, aber ich hatte nicht vor, sie anzusprechen.“

Ilsa nickte. Sie war einerseits erleichtert gewesen. Doch er war ihr auch nicht aus dem Kopf gegangen.

Das war neu. Seit dieser missglückten Teenager-Romanze hatte sie sich noch bei keinem gefragt, ob sie ihn wiedersehen würde. Und Monaco war klein.

„Allerdings konnte ich das hier nicht ignorieren.“ Er nahm ihre Hand von seiner Brust und führte sie an seine Lippen.

Sofort gaben Ilsas Knie nach, und er hielt sie fester. Mit großen Augen begegnete sie seinem wissenden Blick.

„Sie fühlen es auch.“ Er triumphierte nicht, sondern es wirkte eher, als ob …

„Sie können mich eigentlich gar nicht leiden.“ Die Worte waren heraus, bevor sie darüber nachdenken konnte. Bei ihm schien ihre Zurückhaltung zu versagen.

„Ich kenne Sie überhaupt nicht.“

Normalerweise wollten die Menschen gern Zeit mit ihr verbringen. Ein seltsames Gefühl, sich seine Anerkennung verdienen zu müssen. Offenbar wollte er sie nicht mögen.

Aber sie wollte ihn überzeugen.

Also strich sie mit den Fingern über seine Handfläche – spürte, wie er erschauerte, und sah Verlangen in seinen Augen aufflackern.

Prompt reagierte etwas tief in ihrem Innern. So etwas hatte sie noch nie gespürt. Unwillkürlich verlagerte sie das Gewicht.

Ilsa versuchte, sich zu beruhigen. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie reglos am Rande der Tanzfläche standen, während die Paare an ihnen vorüberglitten.

Sie sollte jetzt Abstand gewinnen.

Aber dieser Mann war außergewöhnlich.

Wenn sie sich abwandte, würde sie es später bereuen. Dieses Prickeln … Würde sie je wieder so empfinden? Sie glaubte nicht. Schon gar nicht, wenn ihr Vater die nächste Verlobung für sie arrangierte.

„Ich kenne Sie ebenso wenig.“

„Das lässt sich ändern.“ Er sah sie an. „Lassen Sie uns gehen.“

Unter seinem intensiven Blick schlug Ilsas Herz schneller. Oder vielleicht lag es daran, dass sie sich noch immer so dicht gegenüberstanden.

Die Idee war verlockend, aber echt skandalös. Mit einem Fremden den Club zu verlassen, verstieß gegen alle Regeln.

Und Ilsa befolgte immer die Regeln.

Aus den Augenwinkeln bemerkte sie unzählige neugierige Blicke.

Doch auf einmal war es ihr egal. Sie war es leid, auf ihr Image zu achten.

„Wer sind Sie?“ Verrückt, was sie bereit war zu tun, bevor sie überhaupt seinen Namen kannte.

„Noah. Noah Carson.“

Den Namen kannte sie aus der internationalen Presse. Ein Selfmade-Milliardär, der für seinen Erfindungsreichtum und einen glamourösen Frauengeschmack bekannt war. Jetzt endlich konnte sie seinen australischen Akzent zuordnen.

Er schien ihre Reaktion zu bemerken. „Mein Name sagt Ihnen etwas?“

„Sie sind ziemlich berüchtigt.“

Er verzog den Mund. „Glauben Sie alles, was Sie lesen?“

Gegen ihren Willen zuckte sie zusammen. Das war ein wunder Punkt. Seit ihrer Pubertät wurden wilde Geschichten über sie verbreitet. In letzter Zeit dominierten Mitleid, Hohn und anzügliche Spekulationen über sie und Lucien.

Sie sah, dass Noah verstand. „Anscheinend nicht.“

Er drückte sanft ihre Hand, und wieder breitete sich ein ungewohntes Prickeln in ihrem Körper aus.

Noah beugte sich vor und flüsterte an ihrer Wange: „Bei mir sind Sie sicher, Prinzessin. Ich gebe Ihnen mein Wort. Ich tue nichts, was Sie nicht wollen.“

Ihr Atem stockte bei der Vorstellung, was sie im Gegenteil alles wollte. Noch nie hatte sie einen Mann derart begehrt.

Sie versuchte sich einzureden, dass sie eben verletzt worden war, und Noahs Interesse war wie Balsam für ihr angeschlagenes Ego. Doch die Wahrheit ging tiefer.

Niemanden hatte sie je so attraktiv gefunden. Mit jeder Faser ihres Körpers.

Sie befeuchtete erneut die Lippen mit der Zunge und sah das Feuer in seinen Augen. Heiße Schauer jagten ihr über den Rücken.

„Nenn mich Ilsa. Nicht Prinzessin.“

Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen und machte ihre Zurückhaltung endgültig zunichte.

Wie würden sich diese Lippen anfühlen?

„Gehen wir?“ Er ließ sie los, und plötzlich stolperte sie.

Als könnte sie sich ohne ihn nicht mehr aufrecht halten.

Doch er nahm ihre Hand, und obwohl seine größer und rauer war, passte ihre perfekt hinein.

„Wohin gehen wir?“ Ilsa stellte sich vor, wie sie ihn aufs Hotelzimmer mitnahm, vorbei am verschlossenen Gesicht des Bodyguards, den sie heute Morgen bemerkt hatte. Ihr Vater musste ihn geschickt haben, als unangenehme Erinnerung daran, dass die Realität sie letztendlich einholen würde, egal, wie weit sie auch vor ihr davonlief.

„Komm mit zu mir.“

Sie blickte in seine faszinierenden Augen und war überrascht, wie richtig es sich anfühlte, jetzt zu nicken. Geradezu unausweichlich.

2. KAPITEL

Ilsa sah, wie viel Aufsehen sie mit ihrem Abgang erregten, und war dankbar, dass Noah nicht stehen blieb, um sich von irgendwem zu verabschieden.

Er hielt ihre Hand, und auch das tat gut, denn plötzlich wurde Ilsa nervös.

Mit einem Mann nach Hause zu gehen war Neuland, doch es fühlte sich absolut richtig an. Und so ließ sie sich davon beruhigen, wie selbstbewusst er agierte, wie sein Ärmel ihren nackten Unterarm berührte, wie die Hitze seines Körpers auf sie ausstrahlte.

Draußen stand der Bodyguard mit undurchdringlichem Gesicht. Fraglos würde ihr Vater noch heute Nacht hören, wohin sie gegangen war und mit wem.

„Ist alles in Ordnung?“ Noah hielt inne und wandte sich zu ihr um. „Hast du es dir anders überlegt?“

Es gefiel Ilsa, dass er ihr Zögern bemerkte und darauf reagierte.

Sie lehnte sich an ihn und atmete seinen männlichen Duft ein. „Mir geht’s gut. Ich habe meine Meinung nicht geändert.“

Er grinste breit, und Ilsa schluckte. Dieser Mann war nicht nur sexy, sondern auch fürsorglich.

„Wir haben es nicht weit.“

Sein Boot lag am anderen Ende des Jachthafens.

Anstelle einer riesigen, prahlerischen Superjacht besaß Noah eine klassische, sehr elegante Segeljacht mit weißem Anstrich und antikem Holz. Sie war groß genug, um damit die Welt zu bereisen.

„Ein wunderschönes Schiff.“

Ilsa nahm sich Zeit, die Jacht zu bewundern. Es sagte viel über einen Mann aus, wie er sein Geld ausgab. Noah schien Qualität und Handwerkskunst zu schätzen zu wissen. Viele Reiche legten es nur darauf an, mit noch größeren, noch schnelleren Booten, Jets oder Autos zu beeindrucken. Noah schien sich nicht beweisen zu müssen.

Sicher würde ein Mann wie er dafür sorgen, dass sie beide die Nacht genossen? Sprach es nicht von Geduld, mit einer Segeljacht zu reisen?

Und trotzdem war Ilsa ganz schön nervös.

„Sie ist nicht neu, aber Recycling ist mir eben wichtig.“

Klangen seine Worte ein wenig gereizt? Sein Gesichtsausdruck war unergründlich.

„Neu ist nicht immer auch besser“, erwiderte sie. „Sie hat Charakter.“ Das konnte selbst Ilsa erkennen, die keine Expertin für Jachten war.

Er sah sie an, und Ilsa bekam das Gefühl, dass sie ihn überrascht hatte. Er hob ihre miteinander verschränkten Hände und hauchte einen Kuss auf Ilsas Fingerknöchel.

Verlangen erfasste sie wie eine mächtige Welle.

„Wollen wir?“, murmelte er.

Ihr bezauberndes Lächeln raubte Noah fast den Verstand.

Er musste aufpassen, dass er nicht über sie herfiel, sobald sie das Deck betraten. Sie hatten die ganze Nacht miteinander, und er wollte sich Zeit lassen. Zumal ihre rauchblauen Augen ein wenig beklommen wirkten.

War diese souveräne Prinzessin, der die Welt zu Füßen lag, etwa nervös?

„Eine Sekunde.“

Sie entzog ihm ihre Hand, und seine Finger griffen ins Leere. Es fühlte sich an, als hätte sie ihm etwas weggenommen.

Wann hatte er zuletzt mit einer Frau Händchen gehalten? Bei Ilsa fühlte es sich völlig natürlich an.

Sie zog sich die Schuhe aus und hielt die sexy Stilettos an den Riemchen hoch. „Absätze sind nicht gut fürs Holz, schätze ich.“

Noah nahm ihre Hand und zog Ilsa weiter. Im Moment waren ihm Löcher im Deck völlig gleichgültig, doch ihm gefiel ihre Rücksichtnahme.

An Denk zwang er sich innezuhalten. Vielleicht hatte er sich ihre Nervosität nur eingebildet, doch er war entschlossen, nichts zu überstürzen. Das machte es letztendlich aufregender.

Statt in seine Suite führte er Ilsa in den geräumigen Loungebereich. Als er die Lampen einschaltete, wurde der Raum in ein warmes, intim goldenes Licht getaucht.

„Was möchtest du trinken?“, fragte er.

„Kirschsaft“, antwortete sie augenblicklich und schaute genauso überrascht wie er selbst. Hastig drehte sie sich weg und bewunderte die Einrichtung, als wollte sie ihre Verlegenheit überspielen. „Altbourg ist für seine Kirschen bekannt. In Kuchen, Strudeln …“

„Und Saft.“

Sie nickte. „Aber du hast bestimmt keinen da. Apfelsaft ist auch gut, danke. Oder einfach Mineralwasser.“

Noah hatte mit Champagner oder irgendeinem exotischen Cocktail gerechnet. Hatte er Vorurteile? Andererseits waren die Prominenten, denen er bisher begegnet war, ziemlich vorhersehbar gewesen.

Widerwillig ließ er ihre Hand los und ging zur Bar hinüber. Schon jetzt war sein Körper ganz angespannt vor Erregung.

„Du hast recht, kein Kirschsaft. Aber Mineralwasser habe ich.“