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Im zweiten Teil von "Eine Woche und sieben Tage" zwingen unvorhergesehene Ereignisse Thomas, Andreas, Nicole und Susanne, ihre Weiterreise zu verschieben. Bei dem Versuch, der Bedeutung des geheimnisvollen Spruches auf dem Ring auf die Spur zu kommen, stoßen sie immer wieder auf Hinweise, die mit einem alten Haus in Verbindung stehen, über das niemand gerne redet. Um Antworten auf ihre Fragen zu erhalten, machen sie sich auf den Weg zum Sternenhaus.
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Seitenzahl: 158
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Samstag, 11. April
Sonntag, 12. April
Montag, 13. April
Dienstag, 14. April
Mittwoch, 15. April
„Kikerikiii! Kikerikiii!“
„Was? Wer? Wo?“ Andreas saß mit aufrechtem Oberkörper im Bett und schaute aus verschlafenen Augen im Zimmer umher.
„Hähne, Andreas, es sind die Hähne.“
„Hähne! Grauenvoll. Wir sollten wirklich das Hotel wechseln.“
„Wenn du meinst. Mich stören die Viecher nicht, ich konnte sowieso kaum schlafen. In meinem Kopf dreht sich alles. Was soll ich machen, Andreas?“
„Machen?“ Andreas sah ihn fragend an.
„Soll ich Nicole davon erzählen?“
„Wovon?“ Andreas war noch nicht ganz in die Welt der Lebenden zurückgekehrt.
„Wach du erstmal in Ruhe auf“, Thomas stand auf, „du findest mich dann unten!“
„Ja, bis dann, irgendwann.“ Andreas ließ sich wieder in die Kissen fallen.
Einige Hahnenschreie später saß Thomas im Speiseraum und hatte bereits seine erste Tasse Kaffee hinter sich, als er eine inzwischen nur allzu vertraute Stimme hörte:
„Morgen! Na, ausgeschlafen?“ Nicole hatte sich ihm von hinten genähert und ihre Hände auf seine Schultern gelegt. „Was ist?“ fragte sie, nachdem er seinen Rücken derart bewegt hatte, als wenn er ihre Hände abschütteln wollte.
„Was soll sein?“ sagte er etwas gereizt.
„Du bist so, anders.“
„Ich bin nicht anders. Ich habe nur schlecht geschlafen. Das ist alles.“
„Du machst dir zu viele Gedanken. Wenn Susanne und Andreas da sind, sprechen wir die ganze Sache durch und dann machen wir einen Plan für heute. Du wirst sehen, dann geht es dir bestimmt gleich besser.“
Nicole setzte sich neben ihn. Thomas nickte nur und versuchte, ihrem Blick möglichst auszuweichen. Nicole war sofort mit Kaffee und Brötchen beschäftigt und zum Glück tauchte auch Susanne ein paar Minuten später auf, so daß die beiden miteinander plauderten und er sich im Hintergrund halten konnte. Das änderte sich mit dem Eintreffen von Andreas.
„Endlich, wir sind komplett. Na dann, fangen wir an!“ Nicole schien auf einmal vor Energie zu sprühen, „was machen wir zuerst?“
„Vielleicht sollten wir mal einen Tag einfach entspannen? Das würde uns allen guttun, glaube ich.“
„Was ist denn auf einmal in dich gefahren, Thomas?“ Susanne verstand die Welt nicht mehr, „du warst doch derjenige, dem es nie schnell genug weitergehen konnte!“
„Ich habe eben alles noch einmal in Ruhe überdacht.“
„So kann man das auch nennen!“ entfuhr es Andreas. Er legte dabei seinen Kopf seitlich auf die gefalteten Hände, schloß die Augen und atmete tief ein und aus.
„Was kann man so nennen?“ wollte Nicole wissen.
„Ach, nichts. Andreas und ich könnten zu Don Alfredo gehen und nach dem Verletzten sehen“, versuchte Thomas abzulenken, „und Susanne und du“, er schaute Nicole an und da war es wieder, dieses Gefühl, das er sich nicht erklären konnte und vor dem er Angst hatte, „ihr könntet nach einem neuen Hotel Ausschau halten.“
„Na also, geht doch“, sagte Nicole, „so gefällst du mir schon besser.“ Sie lächelte Thomas an, „aber ich finde, wir sollten alle zu Don Alfredo gehen und nach dem Mann schauen, schließlich sehen acht Augen mehr als vier!“
„Un a On hön ach me!“ schaltete sich Susanne ein.
„Hörst du eigentlich nie auf zu kauen?“ sagte Andreas.
Susanne errötete, wie sie immer errötete und legte den Rest des Brötchens vor sich auf den Teller.
„Entschuldigt. Ich meinte: Und acht Ohren hören auch mehr!“
„Gut, wenn ihr wollt. Gehen wir alle. Danach können wir uns dann immer noch aufteilen.“
„Das ist ein vernünftiger Vorschlag, wer ist dafür?“ Andreas schaute in die Runde: „Gut, keine Gegenstimme. Beschlossen und verkündet.“
Eine knappe Stunde später standen die vier vor eben jener weißen Mauer mit dem kleinen Tor hinter dem sich das Haus von Don Alfredo befand.
„Wo ist eigentlich Pablito?“ wollte Nicole wissen.
„Ja, stimmt, wo ist er?“ sagte Susanne, der nun auch seine Abwesenheit aufgefallen war.
„Ach, das habe ich ganz vergessen“, Thomas schlug sich mit der Hand vor die Stirn, „der hat heute keine Zeit. Wir treffen ihn morgen Vormittag. Hier, den Zettel hat mir Anna gegeben.“
„Na, dann bin ich beruhigt, ich hatte mir schon Sorgen um ihn gemacht“, sagte Nicole.
Susanne betrachtete Carlos: „Er sieht so friedlich aus, als wenn er schläft.“
„Das liegt daran, daß er schläft, Susanne“, sagte Nicole, „setz deine Brille wieder auf.“
„Die habe ich doch auf!“
„Dann schau auch durch!“
Susanne zog einen Schmollmund in Nicoles Richtung.
„Ob er uns hören kann?“ Andreas sah die anderen fragend an.
„Wenn er wach ist, bestimmt“, meinte Thomas, „die Frage ist nur, kann er uns schon etwas mitteilen?“
„Das glaube ich weniger“, sagte Nicole, „das wird noch ein paar Tage dauern.“
„Was sagt denn der Arzt?“ wollte Susanne wissen.
„Da müssen wir Don Alfredo fragen“, sagte Thomas.
„Dann sollten wir das tun“, drängte Andreas.
„Gut, gehen wir gleich zu ihm.“
„Herein!“
„Disculpa, Señor, Don Ameche, Alfredo!“ Nicole steckte ihren Kopf durch die Tür zur Bibliothek: „Anna hat uns gesagt, daß wir sie hier finden.“
„Kommt herein!“ Nacheinander betraten die vier den Raum. „Setzt euch!“
Don Alfredo zeigte auf das große braune Sofa. Gehorsam folgten alle seiner Aufforderung. Susanne saß links, daneben Nicole, neben ihr Thomas und neben ihm Andreas. Nicole tauschte Nettigkeiten mit Don Alfredo aus, der ihr dabei einen kleinen Zettel reichte.
Thomas wurde warm. So dicht war er Nicole noch nie gekommen. Er spürte ihren Körper an seinen gepreßt. Er merkte, wie sich ihr Brustkorb hob und senkte. Thomas schluckte: er merkte es nicht nur, er sah es auch! Da er etwa einen halben Kopf größer war als Nicole konnte er von seiner Position aus direkt von oben in ihre Bluse schauen, deren obere Knöpfe geöffnet waren. Erste Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn.
„Oder?“ Andreas stieß Thomas an.
„Oder?“
„Du bist doch auch der Meinung?“
„Welcher Meinung?“
„Aufwachen! Es ist helllichter Tag!“ Andreas schüttelte Thomas Oberkörper leicht.
„Ich war mit meinen Gedanken gerade bei der Lösung eines wichtigen Problems.“
„Dann verschieb´ die Lösung noch ein bißchen und sag uns doch mal deine Meinung zu dem hier“, sagte Nicole und reichte ihm den Zettel, den Don Alfredo ihr gegeben hatte.
„Was ist das?“
„Das hat Don Alfredo bei dem Verletzten gefunden.“
„Casa de las Estrellas“, las Thomas, `Das Sternenhaus´, oder?“
„Ja. Sagt dir das nichts?“ Nicole hüpfte auf der Couch vor lauter Aufregung. Alles bei Nicole hüpfte, stellte Thomas fest.
„Sollte es mir denn was sagen?“ sagte er und versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was auf dem Zettel stand und nicht auf das, was sich neben ihm auf der Couch befand.
„Sternenhaus“, sagte Andreas. „Sternenhaus!“ wiederholte er, als Thomas keinerlei Reaktion zeigte. „Also, mit dir ist aber heute überhaupt nichts los.“ Andreas gab auf: „Susanne, sag du es unserem Professor.“
„Das ist das Haus auf dem Hügel, wo die Wasserfälle sind und wo man nachts nicht nur die Lichter der Stadt, sondern auch Millionen von Sternen sehen kann“, fügte sie hinzu und warf Thomas einen schmachtenden Blick zu.
„Klar, natürlich, das Haus. Besprechen wir das später, ja? Wir wollten doch eigentlich wissen, was der Arzt gesagt hat, oder?“
Nicole stellte Don Alfredo diese Frage und er beantwortete sie auch.
„Der Arzt meinte, daß es ihm von Tag zu Tag besser geht. Die Wunde heilt hervorragend. In zwei bis drei Tagen werden wir mit ihm reden können.“
„Na, das ist doch mal eine gute Nachricht!“ rief Andreas voller Begeisterung aus. „Vielen Dank, Don Alfredo!“
Nicole übersetzte. Don Alfredo nickte Andreas kurz zu. Anschließend unterhielten sich Nicole und er eine ganze Weile. Dann lächelte Don Alfredo und Nicole sagte zu ihren Freunden:
„Er hat gefragt, was wir so den ganzen Tag über machen, wo wir wohnen und dann, ihr werdet es nicht glauben, hat er uns für heute Abend zum Essen eingeladen…“
„Das ist ja toll!“ Susanne klatschte vor Begeisterung in die Hände.
„Klar“, sagte Andreas, „Essen ist immer toll für dich, das haben wir inzwischen auch kapiert!“
Susanne schaute zu Andreas und zog eine Grimasse.
„Wartet“, unterbrach Nicole die beiden, „es kommt noch besser: er erwartet uns mit unserem Gepäck!“
„Mit was für Gebäck denn?“
„Gepäck, Susanne, Gepäck!“ sagte Nicole, den Kopf schüttelnd.
„Mit dem Gepäck?“ Andreas schaute Nicole fragend an.
„Ja, er lädt uns ein, in seinem Haus zu wohnen. Es ist groß und fast leer, sagt er. Ein bißchen Leben würde ihn erfreuen.“
„Dann tun wir ihm doch einfach den Gefallen“, sagte Andreas, „wir wollten doch sowieso umziehen!“
„Genau, wir sollten die Gelegenheit beim Schopf packen, das finde ich auch“, pflichtete Thomas seinem Freund bei, „zum einen wird uns dieser Pablo dann hoffentlich nicht mehr finden und zum anderen schont das unsere Reisekasse auch ein bißchen. Das Colonial ist nicht gerade billig und eigentlich wollten wir da nur höchstens zwei Nächte bleiben.“
„Das geht uns genauso“, stimmte Susanne zu, „wir leben auch über unser Budget im Moment.“
„Dann sag Don Alfredo, daß wir uns sehr geehrt fühlen und sein Angebot gerne annehmen.“
Nicole tat, was Thomas ihr gesagt hatte. Don Alfredo lächelte zufrieden und die vier verabschiedeten sich und verließen das Haus in Richtung Sternenhaus.
„Es ist doch merkwürdig“, sagte Andreas, „immer wieder dieses Sternenhaus.“
„Was könnte unser Verletzter dort wohl gewollt haben?“ überlegte Nicole.
„Keine Ahnung“, sagte Thomas, „aber wir sollten uns das Ding mal näher ansehen.“
„Gute Idee“, pflichtete Andreas bei, „dann wissen wir vielleicht mehr.“
„Schade, daß Pablito nicht da ist“, Nicole schaute etwas betrübt, „der wäre bestimmt gerne mit gekommen, nachdem was er mir erzählt hat.“
„Was wußte er denn über das Sternenhaus?“
„Nicht viel, nur das, was alle wissen.“
„Wir fragen heute Abend einfach den Don, der kennt bestimmt die ganze Geschichte!“
„Das ist wirklich genial!“ Andreas schüttelte seinen Kopf, „dann weiß er sofort, wie der Hase läuft.“
„Stimmt“, Thomas runzelte die Stirn, „ist wirklich nicht mein Tag heute. Wir müssen erst rausbekommen, was er mit dem Kerl mit dem Stock mit dem goldenen Griff zu tun hat, diesem Francesco.“
„Da fällt mir ein“, Susanne blieb stehen und schaute Thomas an, „was ist eigentlich mit den Münzen?“
„Welchen Münzen?“
„Na die, die der Don Pablito geschenkt hat. Die aus der Schachtel von dem Mann.“
„Die hatte ich ganz vergessen!“ Thomas konnte es nicht fassen: „Gut, daß du mich daran erinnerst. Gleich morgen werden wir Pablito fragen.“
„Ja“, sagte Nicole und schüttelte sich leicht dabei, „wenn er morgen tatsächlich da ist!“
„So, da wären wir wieder.“ Andreas schnaufte ähnlich einem Pferd.
Die vier hatten die Hochfläche erreicht, auf der sich der Parkplatz mit dem Zugang zu den Wasserfällen befand. Wie bei ihrem letzten Besuch standen einige Busse dort und erwarteten die Rückkehr ihrer Fahrgäste. Auch die kleinen Buden gab es noch. Andreas steuerte direkt auf eine zu, dicht gefolgt von Susanne.
„Laß sie!“ sagte Nicole und fasste sanft um Thomas Handgelenk, „sie bringen uns bestimmt was mit.“ Dann zog sie ihn mit sich zu jener Stelle, an der sie vor zwei Tagen zusammen gesessen hatten.
„Ist es nicht schön!“
„Ja“, pflichtete Thomas ihr bei, „sehr schön.“ Er schaute Nicole von der Seite an.
Sie blickte hinunter auf die Stadt: „Weißt du noch, das kleine Tal mit dem Fluss und der alten Kirche?“
„Natürlich erinnere ich mich. Möchtest du da noch immer hin?“
„Ja, sehr gerne. Aber wer weiß, ob wir die Zeit dazu haben werden, bei all dem hier.“
„Wie wäre es mit morgen oder übermorgen, Nicole?“
Nicoles Gesicht wandte sich Thomas zu und sie lächelte ihn mit leuchtenden Augen an: „Das wäre - phantastisch! Meinst du, es geht?““
„Du hast den Don gehört“, sagte Thomas, der nun kaum mehr als zehn Zentimeter entfernt von Nicole stand, „es wird noch ein paar Tage dauern, bis der Verletzte reden kann, wir haben Zeit!“
„Ja, viel Zeit“, hauchte Nicole, schloß ihre Augen und spitzte ihre Lippen, die sich langsam denen von Thomas näherten.
„Ich hoffe, Bier ist gut!“
Thomas und Nicole fuhren herum und sahen Andreas und Susanne, die fröhlich auf die beiden zukamen in der einen Hand je zwei Flaschen und in der anderen Fritten oder etwas in der Art.
„Bier ist super, ganz toll!“ Thomas biss die Zähne zusammen und nahm Andreas eine Flasche ab. Susanne reichte ihrer Freundin ebenfalls eine.
Conchita saß auf der Schwelle ihrer Haustür. Sie hatte ihren Kopf in ihre Hände gestützt und starrte auf den Sand vor ihren nackten Füßen. Sie dachte an ihren Besuch bei Don Alfredo, an das Essen, das Haus. Es war ein schöner Nachmittag, einer der schönsten seit langem. All die Erinnerungen, die sie so lange verdrängt hatte, waren wieder in ihr hoch gekommen. Sie war Carmen, das kleine Mädchen in dem weißen, geblümten Kleid, das durch die weite Wiese vor dem großen Haus rannte und sich unter die alten Bäume in den Schatten flüchtete. Dann saß sie da mit Tanja, ihrer Lieblingspuppe und beide sahen nach oben durch die Zweige der riesigen Mangobäume und lauschten dem Rauschen der Wasserfälle, die ein Stück weiter Richtung Tal stürzten. Oft vergingen Stunden und Esmeralda, ihre Amme mußte sie zurück ins Haus holen, wenn die Sonne schon fast am Horizont verschwunden war. Nur, wenn Onkel Alfredo kam, verließ sie ihren Lieblingsplatz, um mit ihm durch den weitläufigen Park, der das Haus umgab, zu gehen. Dann erzählte ihr Alfredo Geschichten aus früheren Jahrhunderten, von spanischen Edelleuten, die in ihr Land gekommen waren und die Indios, die hier wohnten versklavten. Und er erzählte von den unermesslichen Goldschätzen, die sie fanden und an geheimen Orten verbargen und von ihrer Familie, die mit einem der ersten Schiffe in die neue Welt gekommen war. Es waren schöne Geschichten und es war eine schöne Zeit.
„Mama!“
Conchita spürte ein Zupfen am Ärmel ihres Kleides und sah auf: Vor ihr stand Cassiopeia und sah sie mit ihren dunklen Augen an, die denen ihrer Mutter so glichen.
„Was ist, mein Stern?“ sagte Conchita und lächelte ihre Tochter an.
„José hat gesagt, daß Papa nicht mehr wiederkommt. Ich habe gesagt, daß er lügt.“ Cassiopeia schaute nach unten, „da hat er gesagt, daß ich noch zu klein bin, um das zu verstehen und das ist bei Erwachsenen so.“
Conchita nahm Cassiopeia in die Arme.
„Dein Bruder hat das nicht so gemeint, er ist auch traurig, weil sein Vater nicht da ist, aber er denkt, daß man das als Mann nicht zeigen darf.“
„Warum?“
„Das verstehst du noch nicht, meine Kleine!“
„Kommt Papa nicht wieder?“
„Er kommt wieder, ganz bestimmt.“ Conchita strich ihrer Tochter durch das lange, helle Haar und sah sie dabei nachdenklich an.
Francesco Getafe ging die paar Schritte von der Straße zum Hotel. Er trug wie immer einen modischen Anzug mit der dazu passenden Krawatte. In der Hand hielt er den Spazierstock mit dem goldenen Griff, der untrennbar mit seiner rechten Hand verbunden zu sein schien. Langsam durchquerte er die Halle des Hotels.
Nach einem zehn minütigen Gespräch mit dem Portier ging er, sehr zufrieden wirkend, Richtung Bar. Dort nahm er am Tresen Platz, bestellte einen Cognac und wartete.
„Und wo ist nun dieses Haus genau?“ Susanne schaute die anderen an und erwartete eine schnelle und erschöpfende Antwort. Andreas sah zu Thomas und der zu Nicole:
„Susanne, wir wissen genauso viel wie du! Irgendwo dahinten wahrscheinlich.“ Nicole zeigte in die Richtung, in der das Haus liegen mußte und in die sie sich inzwischen bewegten.
„Toll!“ sagte Susanne einige Minuten später, „ich bin begeistert! Da ist nichts, nur das da!“
Sie standen jetzt vor einem großen, alten eisernen Tor, das mit einer Kette verschlossen und von grünen, lianenartigen Pflanzen umwuchert war. Hinter dem Tor sah man eine Art Weg, der von allen Seiten von der Vegetation bedrängt wurde. Nach etwa 20 Metern machte er eine Kurve nach rechts und dann war nichts mehr zu sehen als eine dichte, grüne Wand. Links und rechts zog sich ein endlos scheinender Zaun die Straße entlang.
„Und jetzt?“ Andreas sah Thomas fragend an.
„Keine Ahnung“, Thomas zuckte mit den Schultern. Er stand inzwischen direkt an dem eisernen Tor und seine Hände hatten die Gitterstäbe umfasst. „Ich weiß es nicht. Vielleicht sollten wir…“, er zögerte.
„Was?“ wollte Nicole wissen.
„Vielleicht sollten wir reingehen!“
„Da rein?“ Andreas sah ihn entsetzt an.
„Das meinst du nicht ernst, oder?“ Susanne sah ihn mit dem gleichen Blick wie Andreas an.
„Doch, das meine ich“, bekräftigte Thomas. „Würdest du mitkommen?“ Er sah zu Nicole, die ein kleines Stück neben ihm an dem Zaun stand.
Nicole lächelte ihn an: „Ich bin nicht ganz sicher, ob es das Richtige ist, aber ich habe auch keine bessere Idee. Ich komme mit.“
Thomas sah mit einem Blick voll tiefer Zuneigung in ihre Richtung.
„Okay“, Andreas stieß seinen rechten Fuß in den Sand, „ich bin auch dabei.“
„Hatte ich auch nicht anders erwartet!“ Thomas lächelte seinem Freund anerkennend zu. „Und du, Susanne?“
Susanne schaute verlegen zur Seite: „Nicole, du weißt, ich…“, sie suchte in ihren Taschen nach Etwas, das sie nicht fand. Am Ende kam ein: „gut, wenn ihr meint, dann komme ich eben auch mit“ über ihre Lippen.
„Super!“ Nicole strahlte ihre Freundin an und fiel ihr im nächsten Moment um den Hals.
„Dann wäre das geklärt“, sagte Thomas mit einer völlig sachlichen Stimme. „Morgen“, fügte er hinzu, „wir gehen morgen Abend rein. Kurz, bevor es dunkel wird.“
„Du spinnst!“ Andreas zeigte seinem Freund einen Vogel und drehte ihm danach den Rücken zu. Selbst Nicole war sich nicht ganz sicher, ob sie Thomas richtig verstanden hatte:
„Morgen Abend? Wenn es dunkel wird? Wir finden den Weg ja kaum bei Tageslicht – hast du da mal rein geschaut?“ sagte sie und streckte ihren Arm in Richtung Tor.
„Ja“, sagte Thomas, „habe ich. Aber, wann denn sonst? Am Tag sind hier viel zu viele Menschen. Schaut euch nur um, die ganzen Touristen und die Händler und all die, die den Touristen ihre Dienste anbieten wollen. Alle werden auch das Sternenhaus erwähnen, es den Leuten zeigen und sie zu dem Tor hier führen.“
„Daran habe ich überhaupt nicht gedacht“, sagte Andreas etwas kleinlaut.
„Dafür hast du ja mich!“ sagte Thomas und grinste dabei.
„Und warum gehen wir nicht gleich?“ Susanne sah die beiden an: „Ihr wisst doch - Was du heute kannst besorgen...“
„Susanne!“ Andreas sah sie streng an: „Es ist hell, es sind viele Leute hier - hast du nicht zugehört?“
„Ich…“, begann Susanne, wurde aber von Thomas unterbrochen:
„Schon gut. Wir kommen morgen nochmal her und schauen, ob wir nicht noch einen anderen Eingang finden, wo nicht so viele Leute sind. Ist das in besser?“
„Viel besser!“ sagten Nicole und Andreas im Chor.
„Das könnten wir doch aber gleich machen!“ strahlte Susanne, begeistert ob der Ausicht, nicht im Dunkeln durch das Gelände hinter dem Zaun schleichen zu müssen.
„Es ist schon spät“, sagte Thomas: „Wir sind zum Essen bei Don Alfredo eingeladen und wir müssen vorher noch unsere Sachen aus dem Hotel holen!“
„Das habe ich jetzt total vergessen!“ Susanne schaute beschämt nach unten.
„Kommt, gehen wir! Vielleicht gibt es ja wirklich einen anderen Zugang, der auch am Tage ein bißchen einsamer ist. Morgen wissen wir mehr.“ Nicole setzte sich in Richtung Parkplatz in Bewegung. Die anderen folgten ihr.
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