Einen Platz in der Welt haben - Werner Milstein - E-Book

Einen Platz in der Welt haben E-Book

Werner Milstein

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Beschreibung

Dietrich Bonhoeffer entdecken

»Für alle, die den bekennenden Christen, Ausnahmetheologen und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus etwas näher kennenlernen wollen, genau die richtige Einstiegslektüre.« (Peter Geschke, amazon-Rezension)
Dietrich Bonhoeffers Platz in der Welt und in der Theologie wird in diesem kleinen Büchlein, das zum 75. Todestags Bonhoeffers am 9. April 2020 wieder aufgelegt wird, spannend erzählt und dargestellt. Bonhoeffer entdecken heißt hierin einen wachsamen Glauben und ein entschiedenes Leben kennenzulernen, einen Menschen, der für seine Überzeugungen einzustehen bereit war.
Werner Milstein erzählt von der behüteten Kindheit und Jugend Bonhoeffers in Breslau und Berlin bis in den Widerstand gegen das Nazi-Regime und von seiner Hinrichtung im Konzentrationslager Flossenbürg.

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Seitenzahl: 84

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Werner Milstein

Einen Platz

in der Welt haben

Dietrich Bonhoeffer

entdecken

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.

1. Auflage

Copyright © 2004

Durchgesehene Nachauflage

Copyright © 2020 Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

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Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln

Umschlagmotiv: Hintergrund: pixabay.com; Dietrich Bonhoeffer als Student 1923

Die Bilder stammen aus: Dietrich Bonhoeffer – Bilder aus seinem Leben, herausgegeben von Eberhard Bethge, Renate Bethge, Christian Gremmels, Chr. Kaiser Verlag, München, 2. Auflage 1989.

ISBN 978-3-641-25948-8V001

www.gtvh.de

© privat

Werner Milstein, geboren 1955, Studium der Theologie und Philosophie in Münster und Göttingen, er war Gemeindepfarrer in Ostwestfalen, danach am Verlagswesen in Hamburg tätig. Zurzeit ist er Religionslehrer im Berufskolleg in Olsberg/Sauerland.

Meiner Schwester und ihrer Familie

Inhalt

1. Kapitel

»Ein Fundament haben« – Die Kindheit

2. Kapitel

Kirche ist konkret

3. Kapitel

Dreierlei Leben

Dozent – Pfarrer – Jugendsekretär

4. Kapitel

... dem Rad selbst in die Speichen zu fallen

5. Kapitel

Gemeinsames Leben

6. Kapitel

Ein Pastor im Widerstand

7. Kapitel

Gefängnis Tegel

8. Kapitel

Es ist das Ende, aber auch der Anfang

Zum Weiterlesen

1. Kapitel

»Ein Fundament haben« – Die Kindheit

Die Wärter wussten anfangs nichts mit diesem seltsamen Gefangenen anzufangen, der da am 5. April 1943 in das Tegeler Militärgefängnis eingeliefert worden war. Ein evangelischer Pastor, der mit Widerstandskämpfern in Verbindung stehen soll? Sie werden sich mit der Zeit aneinander gewöhnen und sie werden voneinander lernen. Für Bonhoeffer war es ein Leben in verschiedenen Zeitebenen. Er erinnerte sich seiner Vergangenheit, er lebte in der Gegenwart und nahm Anteil am Leben der Mitgefangenen wie der Wärter. Er dachte an seine Familie, seine Freunde und seine Verlobte. Er richtete seine Gedanken auf die Zukunft. An Selbstmord dachte er nicht mehr.

Er wurde sich, wieder einmal, seiner bürgerlichen Herkunft bewusst. Sein Blick ging zum Wandbrett. Bücher lagen da, Briefe und dicht beschriebene Zettel. Längst war er versorgt worden mit Literatur, mit Papier, mit allem, was er zum Arbeiten brauchte. Die Eltern schickten ihm Bücher zu, die Gefängnisbibliothek stand ihm offen und manche Schrift besorgten ihm auch die Wärter.

Als Jugendlicher hatte er einmal zu dichten begonnen, nun versuchte er es wieder. Er machte sich an den Entwurf für ein Drama. Es handelt von dem Bürgersohn Christoph. Zu ihm sagt der Arbeiter Heinrich: »Ihr habt ein Fundament, ihr habt Boden unter den Füßen, ihr habt einen Platz in der Welt … Für euch kommt es nur auf das Eine an, die Füße auf dem Boden zu behalten.« In Christoph sieht Bonhoeffer sich selbst. Er wusste, auf welchem Fundament er steht, und er kannte auch seinen Platz in der Welt.

In diesem herrschaftlichen Haus in Breslau, Birkenwäldchen 7, werden am 4. Februar 1906 die Zwillinge Dietrich und Sabine geboren. Als sechstes und siebtes Kind wachsen sie unter acht Geschwistern auf.

Neben Sabine und Dietrich (von links) haben sich Christine (1903), Ursula (1902), Klaus (1901), Walter (1899) und Karl-Friedrich (1899) aufgestellt. Auf dem Bild fehlt das jüngste Kind, Susanne (unten). Sie kam 1909 zur Welt.

1906-1912 Geburt und Kindheit in Breslau

Das Haus seiner Eltern stand Bonhoeffer vor Augen, als er in der Zelle im Tegeler Militärgefängnis seine literarischen Entwürfe begann, ein Drama, das er bald aufgab, und einen Roman über eine bürgerliche Familie, der ebenfalls unvollendet bleiben musste.

In Breslau hatten die Bonhoeffers das Glück, »ein hübsches, im großen Garten gelegenes Haus am Birkenwäldchen in der Nähe der Kliniken zu mieten, das den Kindern reiche Bewegungsfreiheit gab. Der Garten mit seinen alten Bäumen war ungepflegt. Ein alter asphaltierter Tennisplatz wurde im Winter begossen für die ersten Schlittschuhlaufversuche der beiden Ältesten …« So beschrieb der Vater die wohl behütete Welt, in die Dietrich 1906 mit seiner Zwillingsschwester Sabine hineingeboren wurde. An den Kliniken war er Professor für Psychiatrie und Neurologie. Ein nüchtern-sachlich denkender Mensch, der sich an die Erkenntnisse der Naturwissenschaften hielt. Darum stand er auch der Psychoanalyse seines Wiener Kollegen Sigmund Freud sehr skeptisch gegenüber. Karl Bonhoeffer war ein Mann von großer Autorität, er sprach leise und wenig, aber was er sagte, war eindeutig und gewichtig. Er hasste ausschweifendes Gerede und war stets beherrscht. Gleiches verlangte er auch von seinen Kindern. Er war pünktlich, korrekt und verlässlich. Durch sein Vorbild hatte er seine Kinder geprägt. Er war sich seiner bürgerlichen Herkunft bewusst und auch der Tatsache, dass dem Bürgertum für die Zukunft die entscheidende Rolle zugefallen war.

Die Eltern Paula und Karl Bonhoeffer

Ein wenig lächelte man in der Familie über die adlige Herkunft der Mutter. Paula Bonhoeffer war eine geborene von Hase, ihr Vater hatte das Amt des Hofpredigers bei Kaiser Wilhelm II. inne. Als dieser das Volk verächtlich als eine »Canaille« bezeichnete, protestierte er und verließ infolge des Streites Berlin und ging als Theologieprofessor nach Breslau. Ihre Mutter, eine Gräfin Kalckreuth, war sehr musikalisch gewesen und hatte bei Franz Liszt und Clara Schumann Klavierunterricht gehabt. Paula Bonhoeffer ergänzte ihren Mann. Sie war temperamentvoll, kontaktfreudig und ebenso optimistisch wie energisch. Sie hatte es in ihrer Familie durchgesetzt, dass sie ein Lehrerinnen-Examen machen durfte. Ihr Ziel war es, ihre Kinder zu verantwortlichen Menschen zu erziehen. Das sah sie auch als ihre christliche Aufgabe. In allem Handeln sollten ihre Kinder stets auch die Bedürfnisse der anderen berücksichtigen.

Die Eltern schickten ihre Kinder nicht zum Kindergottesdienst, vielmehr übernahm die Mutter selbst den Religionsunterricht. Wert wurde auch auf eine musikalische Erziehung gelegt. Dietrich war ein so begabter Klavierspieler, dass die Eltern sogar überlegten, ob er nicht zum Pianisten ausgebildet werden sollte. Seine drei älteren Brüder waren wie der Vater naturwissenschaftlich ausgerichtet. Karl-Friedrich wird später ein berühmter Physiker werden, Klaus, wohl der begabteste unter den Kindern, sollte Mediziner werden, wurde jedoch Jurist, Walter durchstreifte den Wald und beobachtete die Tiere. Dietrich glich mehr seiner Mutter, er verstand sich gut mit seinen Schwestern. Ursula wurde Sozialpädagogin und Christine Biologin, Sabine ließ sich im Modellieren ausbilden, während Susanne sich mit religiösen Fragen beschäftigte und in der Kirche aktiv wurde. Alle Kinder waren intelligent und begabt, sie wussten, dass ihnen in der künftigen Gesellschaft eine verantwortliche Rolle zufiel. Sie kannten ihren Platz in der Welt.

1912 Umzug nach Berlin