Elsi, die seltsame Magd - Jeremias Gotthelf - E-Book

Elsi, die seltsame Magd E-Book

Jeremias Gotthelf

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Beschreibung

Dieses eBook: "Elsi, die seltsame Magd" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Zur Handlung: Die Müllerstochter Elsi verlässt nach dem Tod ihrer lieben Mutter das Vaterhaus und wird von einem Bauern in Heimiswyl als Magd aufgenommen. Alle, außer dem Bauern, meinen, Elsi könne wegen ihrer "gewissen adelichen Art" keine Magd sein. Elsi beweist das Gegenteil. Durch ihre umsichtige, selbständige Arbeit in Haus und Hof gewinnt das große, stark gebaute, schöne Mädchen die Achtung und dann die Zuneigung der zunächst voreingenommenen "Bäurin". Junge Burschen weist Elsi zurück, besonders wenn diese das Mädchen auf den Tanzboden führen wollen. Das hat einen Grund. Elsis Vater hatte das beträchtliche Vermögen in Gasthäusern verjubelt und die ganze Familie ins Unglück gestürzt. Der junge Bauer Christen lässt sich von der Schönen nicht so schnell abweisen. Elsi ist zu stolz. In ein Gasthaus zu einem Vergnügen geht sie nicht mit Christen, denn sie müsste währenddessen immer an ihren leichtsinnigen Vater denken. Christen bemüht sich trotzdem unbeirrt weiter um das schöne Mädchen. Als ihm Elsi gar nicht entgegenkommen will, wird er zornig und stachelt ihre Eifersucht an. Christen nimmt sich ein willigeres Heimiswyler Mädchen. Die Bäuerin versteht Elsi nicht. Sie will das Mädchen unbedingt mit Christen, dem Sohn wohlhabender Eltern, verkuppeln. Jeremias Gotthelf (1797-1854) war das Pseudonym des Schweizer Schriftstellers und Pfarrers Albert Bitzius. Seine Romane spiegeln in einem zum Teil erschreckenden Realismus das bäuerliche Leben im 19. Jahrhundert. Mit wenigen starken, wuchtigen Worten konnte er Menschen und Landschaften beschreiben. Gotthelf verstand es wie kaum ein anderer Schriftsteller seiner Zeit, die christlichen und die humanistischen Forderungen in seinem Werk zu verarbeiten.

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Seitenzahl: 48

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Jeremias Gotthelf

Elsi, die seltsame Magd

Liebesgeschichte aus dem bäuerlichen Leben

e-artnow, 2015
ISBN 978-80-268-4591-1

Inhaltsverzeichnis

Cover
Title Page
Text

Elsi die seltsame Magd

Inhaltsverzeichnis

Reich an schönen Tälern ist die Schweiz; wer zählte sie wohl auf? – In keinem Lehrbuch stehn sie alle verzeichnet. Wenn auch nicht eins der schönsten, so doch eines der reichsten ist das Tal, in welchem Heimiswyl liegt, und das oberhalb Burgdorf ans rechte Ufer der Berner Emme sich mündet. Großartig sind die Berge nicht, welche es einfassen, in absonderlichen Gestalten bieten sie dem Auge sich nicht dar, es sind mächtige Emmentaler Hügel, die unten heitergrün und oben schwarzgrün sind, unten mit Wiesen und Äckern eingefaßt, oben mit hohen Tannen bewachsen. Weit ist im Tale die Fernsicht nicht, da es ein Quertal ist, welches in nordwestlicher Richtung ans Haupttal stößt; die Alpen sieht man daher nur auf beiden Eggen, welche das Tal umfassen, da aber auch in heller Pracht und gewaltigem Bogen am südlichen Himmel. Herrlich ist das Wasser, das allenthalben aus Felsen bricht, einzig sind die reichbewässerten Wiesen und trefflich der Boden zu jeglichem Anbau; reich ist das Tal, und schön und zierlich die Häuser, welche das Tal schmücken. Wer an den berühmten Emmentaler Häusern sich erbauen will, der findet sie zahlreich und ausgezeichnet in genanntem Tale.

Auf einem der schönen Höfe lebte im Jahre 1796 als Magd Elsi Schindler (dies soll aber nicht der rechte Name gewesen sein); sie war ein seltsam Mädchen, und niemand wußte, wer sie war, und woher sie kam. Im Frühjahr hatte es einmal noch spät an die Türe geklopft, und als der Bauer zum Läufterli hinausguckte, sah er ein großes Mädchen draußen stehen mit einem Bündel unter dem Arme, das über Nacht fragte, nach altherkömmlichen Sitte, nach welcher jeder geldlose Wanderer, oder wer sonst gerne das Wirtshaus meidet, um Herberge frägt in den Bauernhäusern und nicht nur umsonst ein Nachtlager erhält, bald im warmen Stall, bald im warmen Bette, sondern auch abends und morgens sein Essen und manchmal noch einen Zehrpfennig auf den Weg. Es gibt deren Häuser im Bernbiet, welche die Gastfreundschaft täglich üben, den Morgenländern zum Trotz, und deren Haus selten eine Nacht ohne Übernächtler ist. – Der Bauer hieß das Mädchen hereinkommen, und da sie eben am Essen waren, hieß er es gleich zuechehocke. Auf der Bäurin Geheiß mußte das Weibervolk auf dem Vorstuhl sich zusammenziehen, und zuunterst auf selbigen setzte sie die Übernächtlerin.

Man aß fort, aber einige Augenblicke hörte man des Redens nicht viel, alle mußten auf das Mädchen sehen. Dasselbe war nämlich nicht nur groß, sondern auch stark gebaut und schön von Angesicht. Gebräunt war dasselbe wohl, aber wohlgeformt, länglicht war das Gesicht, klein der Mund, weiß die Zähne darin, ernst und groß waren die Augen, und ein seltsam Wesen, das an einer Übernächtlerin besonders auffiel, machte, daß die Essenden nicht fertig wurden mit Ansehen. Es war eine gewisse adelige Art an dem Mädchen, die sich weder verleugnen noch annehmen läßt, und es kam allen vor, als säße sie da unten als des Meisters Tochter oder als eine, die an einem Tische zu befehlen oder zu regieren gewohnt sei. Es verwunderten sich daher alle, als das Mädchen auf die endlich erfolgte Frage des Bauern »Wo chunnst, und wo wottsch?« antwortete: es sei ein arm Meitli, die Eltern seien ihm gestorben, und es wolle Platz suchen als Jungfere da in den Dörfern unten. Das Mädchen mußte noch manche Frage ausstehen, so ungläubig waren alle am Tisch. Und als endlich der Bauer mehr zur Probe als im Ernst sagte »Wenn es dir ernst ist, so kannst hier bleiben, ich mangelte eben eine Jungfere«, und das Mädchen antwortete, das wäre ihm gerade das Rechte, so brauchte es nicht länger herumzulaufen, so verwunderten sich alle noch mehr und konnten es fast nicht glauben, daß das eine Jungfere werde sein wollen.

Und doch war es so und dem Mädchen bitterer Ernst, aber freilich dazu war es nicht geboren. Es war eine reiche Müllerstochter aus vornehmem Hause, aus einem der Häuser, von denen ehedem, als man das Geld nicht zu nutzen pflegte, die Sage ging, bei Erbschaften und Teilungen sei das Geld nicht gezählt, sondern mit dem Mäß gemessen worden. Aber in der letzten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts war ein grenzenloser Übermut eingebrochen, und viele taten so übermütig wie der verlorene Sohn, ehe er zu den Trebern kam. Damals war es, daß reiche Bauernsöhne mit Neutalern in die Wette über die Emme warfen und machten »welcher weiter«. – Damals war es, als ein reicher Bauer, der zwölf Füllimähren auf der Weide hatte, an einem starkbesuchten Jahrmarkt austrommeln ließ: wer mit dem Rifershäuser Bauer zu Mittag essen und sein Gast sein wolle, der solle um zwölf Uhr im Gasthause zum Hirschen sein. So einer war auch des Mädchens Vater gewesen. Bald hielt er eine ganze Stube voll Leute zu Gast, bald prügelte er alle, die in einem Wirtshause waren, und leerte es; am folgenden Morgen konnte er dann ausmachen um schwer Geld dutzendweise. Er war imstande, als Dragoner an einer einzigen Musterung hundert bis zweihundert Taler zu brauchen und ebensoviel an einem Markt zu verkegeln. Wenn er zuweilen recht einsaß in einem Wirtshause, so saß er dort acht Tage lang, und wer ins Haus kam, mußte mit dem reichen Müller trinken, oder er kriegte Schläge von ihm. Auf diese Weise erschöpft man eine Goldgrube, und der Müller ward nach und nach arm, wie sehr auch seine arme Frau dagegen sich wehrte und nach Vermögen zur Sache sah.