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2. Teil der Fantasy-Reihe "Elves and Roses by Night"
Sie hatte 'Ja' gesagt und ihm damit das Herz höherschlagen lassen! Es würde der schönste Tag in Medinas Leben werden. Und hoffentlich auch für Tobén. Doch dunkle Wolken zogen am anderen Ende auf, verschlangen alles, was ihnen in die Quere kam. Und wer war der mysteriöse Elf, der plötzlich auftauchte und neue Fragen hervorrief? Was hatte er mit dem Ganzen zu tun? Stand er wirklich auf ihrer Seite? Und würden sie es gemeinsam schaffen, die Talismane der Mondgöttin zu finden, bevor es zu spät wäre?
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Lisa Wagner
Elves and Roses by Night
Lovers
Fantasy-Liebes-Roman
Copyright: Lisa Wagner 2022
Alle Rechte vorbehalten.
Jede Verwertung oder Vervielfältigung dieses Buches - auch auszugsweise - sowie die Übersetzung dieses Werkes ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet. Handlungen und Personen in diesem Roman sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Teil 2 der fantastischen EARBN-Reihe
Weil die Sterne dich
nach Hause führen,
auch wenn du nicht mehr weißt,
was das Wichtigste
im Leben ist!
Sie hatte ihm einen unglaublichen Schrecken eingejagt.Noch immer stand er irgendwie unter Schock, obwohl sie bereits wieder sicher zurück war, hier bei ihm, und ihr zum Glück nichts passiert war, sonst hätte er für nichts garantieren können. Wahrscheinlich hätte er die ganze Burg in Schutt und Asche gelegt und danach hätte er sich auf die Suche gemacht. Nach dem Bastard, der ihr das angetan hatte. Der sie berührt hatte, an Stellen, an denen nur er sie berühren durfte. Die Vorstellung machte ihn wahnsinnig, doch er musste sich zusammenreißen. Wut und Hass halfen ihm jetzt nicht weiter. Und außerdem wollte er nicht wieder in sein altes Muster fallen, er durfte einfach nicht. Er hatte Angst, dass sie ihn dann hassen würde und das könnte er nicht ertragen.Jetzt musste er sich einfach auf etwas anderes konzentrieren, also setzte er sich in dem großen Bett auf. Er würde noch ein Wörtchen mit Keálas sprechen müssen. Und mit Siénah. Sie waren ihm in den Rücken gefallen, ihrem High Lord. Das konnte er nicht so stehen lassen, auch wenn es ihm schwerfallen würde, den beiden die Hölle heißzumachen. Sie hatten sich gegen ihn gestellt und doch war Siénah mit Medina mitgegangen, hatte sie nicht alleine gehen lassen und das beruhigte ihn etwas. Trotzdem musste er das klarstellen, obwohl er wusste, wie gut Medina jemanden um ihren Finger wickeln konnte. Als Philiás endlich aufgewacht war, hatte er sofort zu ihr gewollt, ihr die guten Nachrichten mitteilen wollen. Ihre Magie war überall spürbar gewesen, doch er hatte sie nicht finden können. Nicht in ihren Gemächern, dem Garten oder der Bibliothek und direkt hatte er eine Ahnung gehabt, doch er wollte es nicht wahrhaben. Niemals hätte er damit gerechnet, dass sie wirklich ohne ihn gegangen war. Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Ohne Hilfe wäre es ihr niemals gelungen, unentdeckt aus der Burg zu kommen. Die Wahrheit war nur so aus Keálas Mund gesprudelt und nichts hatte ihn mehr halten können. Er war sauer gewesen, mehr als das, doch ihm war ein Stein vom Herzen gefallen, als er sie endlich wieder in den Armen gehalten hatte und ihr nichts passiert war. Sie hatte grausam ausgesehen, als sie aus der kleinen Höhle gekrochen gekommen war, und es hatte ihm einen Schlag versetzt, als er ihre Tränen gesehen hatte. In diesem Moment war er so froh gewesen und seine Wut war auf einmal verschwunden.Dann hatte sie ihm alles erzählt. Unter Tränen und komplett aufgelöst. Was Siénah und sie durchgemacht hatten, war unbeschreiblich für ihn und doch konnte er ein kleines bisschen durchatmen.Der Kerl, der sie angegriffen hatte, war tot. War in ihren Flammen ums Leben gekommen und nur das schenkte ihm etwas Ruhe. Sie hatte sich verteidigt, sich und Siénah und ihre Magie hatte sie beide gerettet.Schon immer hatte er gewusst, dass Medina stark war, eine enorme Kraft in ihr schlummerte, in seiner Seelengefährtin. Der Liebe seines Lebens.Doch noch immer hatte er diesen Kloß im Hals. Sie hatte sich entschieden, einfach zu gehen, ohne ihn. In eine Welt, die sie noch gar nicht richtig kannte und er hatte die Schuld daran. Sie war einfach gegangen, kopfüber in die Gefahr gerannt und er wusste genau, von wem er das noch kannte. Von sich selber! Er hätte wahrscheinlich das Gleiche getan, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, so wie sie es getan hatte, und doch hatte er nicht gemerkt, dass er sie verletzt hatte.Er hatte nichts mehr wahrgenommen, war gefangen in seinen Sorgen gewesen. Die Angst um seinen Bruder hatte ihn gelähmt und damit hatte er sie weggestoßen. Er hatte unbedacht gehandelt und reagiert, anstatt erst einmal darüber nachzudenken. Doch das hatte er nicht gewollt. Er wollte, dass sie bei ihm blieb, glücklich war und sie sich immer auf ihn verlassen konnte, auch in schwierigen Zeiten. Das hatte er ihr in den letzten Tagen nicht geben können. Deswegen machte er sich unglaubliche Vorwürfe. Er wollte nicht so sein, nicht mehr. Er war nicht mehr alleine, musste keine Fassade vor ihr aufrechterhalten. Sie liebte ihn, auch seine zerbrechliche Art und dank ihr hatte er schon so viel über sich selber gelernt. Seine Mauer hatte deutliche Risse bekommen, die er nicht mehr schließen wollte. Er hatte sich entschieden. Für das Leben. Für die Liebe.Die Liebe zu der wunderbaren Frau an seiner Seite und er wollte ihr alles zurückgeben. Sie hatte so viel mehr verdient und er konnte das möglich machen.Und der Entschluss hatte festgestanden, als er ihr Strahlen gesehen hatte. Sie hatte das Kleid erblickt, welches er ihr besorgt hatte. Sie war in das Badezimmer gestürmt, um sich frisch zu machen und er hatte sich daraufhin verabschiedet. Sie würde eine Weile brauchen, also hatte er genügend Zeit, alles vorzubereiten. Doch er brauchte Hilfe, da war er sich sicher. Also hatte er Gildá eingeweiht. Er wusste, dass sie ihr Bestes geben und es ein perfekter Abend werden würde. Für ihn, aber vor allem für Medina. Und er hoffte. Nein! Eigentlich war er sich sicher. Sie würde ihn nicht enttäuschen. Am Ende würde sie ‚Ja‘ sagen. Es musste einfach so sein. Er wünschte es sich, denn sie war seine Familie. Seine neue Familie. Ein Teil seiner Zukunft, die nur besser werden konnte und dafür würde er alles tun. Sogar sein Leben geben.
Mein Leben? Das hatte sich verändert, sehr sogar.Wenn ich nur darüber nachdachte. So viel war in den letzten Monaten passiert und nichts davon wäre mir jemals in den Sinn gekommen. Warum auch!Niemand glaubte mehr an so etwas. An Magie, andere Welten oder sogar an Elfen, Drachen, schwarze Schatten. Doch so wie alle anderen hatte auch ich mich geirrt. Das alles war echt und ich war Teil dieser Welt, wenn nicht sogar der wichtigste Teil.Medina, die Retterin! Noch immer schien mir das alles unwirklich zu sein und niemand, wirklich niemand hätte mich davon überzeugen können, hätte ich es nicht mit eigenen Augen gesehen oder am eigenen Leib erlebt. Tod. Schmerz. Kampf. Das alles existierte und war Bestandteil meines neuen Lebens.Die schüchterne Studentin war verschwunden und ich konnte mir auch gar nicht mehr vorstellen, einfach vor einer Leinwand zu sitzen und im Hintergrund das Radio laufen zu lassen. Es war wie ein fremdes Leben, ein fremdes ich, welches irgendwann einmal existiert hatte. Dafür war ich jetzt die Retterin, die ihr Volk beschützen und versuchen musste, Elfen und Nachtelfen wieder zu vereinen. Und außerdem würde ich bald sogar Königin sein. Königin ...Dieses Wort schwebte unwiderruflich in meinem Kopf herum. Es war für mich nicht greifbar und doch würde es geschehen, denn ich hatte mich dazu entschieden, vollkommen und mit ganzem Herzen. Ich würde den stärksten Nachtelfen zu meinem Mann nehmen. Und zugleich auch den Schwächsten.Er hatte seine Familie verloren, sein Leben, sich hinter einer Mauer verkrochen und es hatte uns beide viel Zeit gekostet. Zeit, ihn da rauszuholen.Wir waren noch nicht am Ende und jeden Tag lernte ich ein bisschen mehr von ihm kennen, doch Tobén hatte sich in mein Herz geschlichen. Ganz leise, zaghaft und immer tiefer, bis er nicht mehr wegzudenken war und ich es nicht aushielt, ohne ihn zu sein. Er war mein Seelenverwandter, auch ohne diese Prophezeiung und manchmal war er sogar noch viel mehr. Er war mein Schutzengel und mein bester Freund, der mich so oft zum Lachen gebracht und in jeglicher Form beschützt hatte. Genau das wollte ich ihm von ganzem Herzen zurückgeben, doch ich hatte nicht nur deswegen ‚Ja‘ gesagt, sondern vor allem, weil ich ihn liebte.„Ich bin echt froh, dass ihr die Hochzeit auf den Frühling verschoben habt. Ich hätte keine große Lust gehabt, die ganze Zeit auf Krücken laufen zu müssen.“Ich blickte von meinem Buch in der Hand auf. Siénah saß mir gegenüber auf einem der Sessel. Ihre Hand streichelte über das silberne Fell von Béal. Mein Schattenwolf lag direkt vor unseren Füßen, eingerollt wie eine Schnecke. Ihre Atmung ging stetig und flach. Meine Béal! Siénah streckte den Arm noch weiter aus. Ein Fluchen kam über ihre Lippen. Noch immer zierte ein weißer Verband ihren Brustkorb und sie konnte sich auch noch nicht wieder ganz normal bewegen. Es waren auch erst drei Wochen seit unserem Abenteuer vergangen, seit meiner Entscheidung, die uns am Ende rein gar nichts gebracht hatte, außer Schmerz.Siénah war verletzt worden und das ziemlich stark. Wir hatten großes Glück, dass sie es überlebt hatte und bald wieder ganz gesund sein würde. Ich hätte nicht gewusst, was ich sonst getan hätte. Mir blieb die Erinnerung, die Qualen, die ich jedem bereitet hatte. Nicht nur Siénah, auch Philiás und vor allem Tobén. Ich schämte mich auch jetzt noch dafür. Wie hatte ich nur so dumm sein können! Niemand wäre auf die Idee gekommen, ohne richtigen Plan auf diese Reise zu gehen und natürlich war ich direkt in dieses Fettnäpfchen gesprungen.„Hey Meddi, hörst du mir überhaupt zu?“Ihr verwirrter Blick traf mich.„Eh ja ... Ja klar. Tut mir leid, was hast du gesagt?“Verschmitzt grinste ich ihr zu. Eine tolle Freundin bist du ...„Ach Meddi. Bist du mit deinen Gedanken schon bei eurem großen Tag?“Ihre linke Augenbraue wippte hoch und runter. Mit einem hatte sie recht. Meine Gedanken waren woanders. Sie glitten immer wieder zurück. Zurück zu dem Abend. Der Abend, der so vieles verändert hatte.
„Ich, Tobén Blackthorn, frage dich, ob du weiterhin an meiner Seite stehen willst. Die Liebe meines Lebens sein möchtest, für den Rest unserer Tage und das ganz offiziell. Medina, werde meine Frau ... Bitte!“Ich lächelte ihn an.Mein ganzer Körper kribbelte.Ein letztes Mal fiel mein Blick in den Himmel.Immer noch funkelten die Sterne wie wild.Strahlten womöglich noch heller.Eine letzte Träne lief über mein Gesicht, als ich den Blick wieder senkte.Immer noch das strahlende Lächeln auf meinem Gesicht.Und dann gab es für mich keinen Zweifel mehr.„Ja! Solange die Sterne unsere Zuflucht sind ...“Sein Strahlen umhüllte meinen ganzen Körper.Dann nahm er den Ring aus dem Schächtelchen.Ließ es auf den Boden sinken.Seine Hand ergriff meine.Er steckte mir den Ring langsam an meinen Finger.Ich blinzelte immer noch einzelne Tränen bei Seite.Dann erhob er sich.Zog mich an meiner Taille zu sich.Seine andere Hand lag in meinem Nacken.Er küsste mich.So innig.So intensiv.Und die Zeit blieb wieder einmal stehen ...
Mein Blick fiel auf meine linke Hand. Dort, an meinem Ringfinger, saß er jetzt. Der schönste Ring, den ich wohl jemals gesehen hatte. Silber schlängelte sich um meinen Finger, dünn und zart. Er sah so zerbrechlich aus und doch wusste ich, dass er Jahrhunderte überstehen würde. In der silbernen Fassung saß ein kleiner Stein. Ein Opal, so schwarz wie die Nacht. Im richtigen Moment sah man einen silbernen Schimmer, immer und immer wieder. So, als würde der Stein von innen leuchten. Ich betrachtete ihn, drehte den Ring hin und her. In meinem Bauch fing es an zu kribbeln und mir stieg Wärme in das Gesicht.Ich konnte es immer noch nicht ganz glauben und doch war es so. Wir würden heiraten! Tobén wollte mich zu seiner Frau nehmen, zu seiner Königin machen. Ich hatte zwar Angst, aber ich freute mich umso mehr darüber. Es war nur ein weiterer Titel und solange ich Tobén an meiner Seite hatte, würde ich auch das schaffen.Es klopfte an der Tür. Vor Schreck wäre ich fast aus dem Sessel gesprungen.„Herein!“Langsam ging die Tür auf, nur einen ganz kleinen Spalt breit. Eine kräftige Hand wurde hindurchgesteckt und wedelte mit einem kleinen, weißen Tuch.„Ich komme in Frieden!“Ich musste mir ein Lachen verkneifen.„Philiás, du brauchst keine Angst zu haben. Siénah wird dir kein Haar krümmen, versprochen!“Ihr mürrischer Blick huschte zu mir.„Ich verspreche nichts!“Was sich neckt, das liebt sich ... Und das war bei den beiden definitiv der Fall. Auch, wenn keiner von beiden es zugeben wollte und ich Philiás nicht mehr darauf angesprochen hatte, wusste ich insgeheim, dass beide mehr füreinander empfanden, als sie es zugaben. Philiás hatte mir gesagt, dass er unsterblich in Siénah verliebt war und ich hatte ihn mehrmals ans Herz gelegt, dass er es ihr sagen sollte, doch bis jetzt hatte er es anscheinend nicht getan. Da Siénah immer noch verletzt war, ließ er sie nicht mehr aus den Augen, begleitete sie bei jedem Schritt, wie ein persönlicher Arzthelfer und das kam bei ihr überhaupt nicht gut an. Je länger sich der Tag zog, desto schlimmer wurde es. Geschrei und lautes Gebrüll, Türen, die mit voller Wucht zuschlugen. Dinge, die geschmissen wurden und an den Wänden lauthals zersplitterten. Doch am nächsten Tag war wieder alles gut, solange Philiás den Kopf einzog und die weiße Fahne schwenkte. Natürlich hatte ich Siénah vorher gut zureden müssen. Wie oft hatte ich ihr schon gesagt, dass es sein Beschützerinstinkt war und Philiás das gar nicht böse meinte. Er hatte ihr doch einfach nur helfen wollen. Insgeheim wusste ich, dass sie es genau so sah und dass sie dankbar für die Unterstützung war.Aber ihr Kämpferherz war zu stolz, um das zugeben zu können.Die Tür wurde geschlossen. Philiás kam nun langsam auf uns zu. Sein Blick ruhte dabei die ganze Zeit auf Siénah. Die Hände hatte er in seine Hosentaschen gesteckt. Er sah gut aus in seiner Lederuniform. Das Braun stand ihm ausgezeichnet, ließ seinen Teint noch mehr hervorstechen. Seine bernsteinfarbenen Augen leuchteten hell und durchdringend. Ein Lächeln umspielte seinen Mund, welches mir in den letzten Tagen des öfteren bei ihm aufgefallen war. Nachdem er einige Schritte in den Raum gekommen war, wandte er sich mir zu.„Mylady ...“Diese Ansprache. Sie war mir ein Dorn im Auge. Ein Unbehagen machte sich in mir breit.„Philiás, du musst damit aufhören. Ich bin Meddi, nur Meddi!“Er stemmte eine Hand in seine Seite und seine Augen rollten hin und her.„Na schön, nur Meddi. Ich höre vielleicht damit auf, doch versprechen werde ich nichts. Und nach der Zeremonie wirst du mich ganz sicher nicht mehr davon abhalten können. Lebe damit!“Er schwenkte seine Hand, als würde er etwas nicht Sichtbares verscheuchen wollen.„Er hat recht, Meddi. Du bist und wirst bald offiziell die High Lady der Nachtelfen sein. Du solltest dich so langsam daran gewöhnen.“Siénah gab ihm recht. Dieses Verhalten war mir neu.Mein Unbehagen musste sich in meinem Gesicht widerspiegeln. Siénah zwinkerte mir locker zu.Auch Philiás schien über ihre Aussage überrascht.„Wow, also, dass du mir mal recht gibst, damit hätte ich in Millionen Jahren nicht gerechnet.“„Das liegt daran, dass du einmal keinen kompletten Mist von dir gegeben hast, Philiás. Also gewöhne dich nicht daran. Es war womöglich das einzige Mal, dass du so etwas von mir gehört hast.“Ein angriffslustiges Blitzen war in ihren Augen zu sehen.Eindeutig 1:0 für Siénah ... Sein kehliges Lachen drang an meine Ohren. So laut, dass es durch die ganze Burg schallen musste. Siénah hatte sich eine Hand vor den Mund gedrückt. Auch sie musste ein Lachen unterdrücken. Es gab nur wenige Momente wie diesen hier, wenn sie sich mal nicht gegenseitig den Kopf abreißen wollten. Auch ich fand es sehr amüsant, diese lockere Atmosphäre. Meine Hand fuhr wie automatisch zu dem Körper vor meinen Füßen. Ihr seidiges Fell war warm. Meine Haut kribbelte bei jeder Berührung. Ein lautes Gähnen war zu hören. Béals Zähne funkelten in voller Pracht. Sie streckte sich und ließ dann ihren Kopf seitlich auf den Boden gleiten.- Ich hoffe für die beiden, dass er ihr bald sagen kann, was tief in seinem Herzen verborgen scheint.Ich blickte Béal in die Augen. Dieses wunderschöne Blau.Niemals würde ich davon genug bekommen. Mit einem sanften Streicheln über ihr Ohr stimmte ich ihr zu.Auch ich hoffte es, hoffte es für sie beide. Philiás hatte aufgehört zu lachen. Er räusperte sich noch einmal.„Warum ich eigentlich hier bin, bevor ihr mich abgelenkt habt. Tobén hat mich geschickt. Er würde dich gerne sehen, Meddi.“Allein schon sein Name erzeugte Gänsehaut. Es gab wohl kein schöneres Gefühl. Jemanden bedingungslos und abgöttisch zu lieben und das tat ich. Für immer und für ewig.„Er ist in der Bibliothek und wartet dort auf dich.“Ein letztes Mal blinzelte Philiás mir zu. Ich legte das Buch in meiner Hand auf den kleinen Beistelltisch. Zupfte noch einmal an meinem Morgenmantel. Prüfte, ob er auch richtig saß. Dann stand ich langsam aus dem Sessel auf. Das lange, schwarze Baumwollkleid fiel mir in Wellen um die Beine. Mein Blick fiel wieder zurück zu Béal. Sie hatte sich aus ihrer Starre aufgerafft und stand nun erhobenen Hauptes neben mir.„Du kommst also mit?“Ihr Blick fiel erst auf die geschlossene Tür, dann traf er mich. Ihre Augen funkelten hell.- Ich werde dich überall hin begleiten. Er wird sich freuen, mich zu sehen. Wir verstehen uns.„Ja, das tut ihr!“Ich musste bei dem Gedanken abermals lächeln. Vor Monaten hatte sich das noch ganz anders angehört.Damals hätte sie Tobén mit Haut und Haaren gefressen, mich vor ihm beschützt. Nie und nimmer hätte sie ihm getraut, geschweige denn sich darauf gefreut, ihn zu sehen. Doch das war eine andere Zeit. Vergangenheit, an die ich heute nicht mehr denken wollte und zum Glück auch nicht mehr musste.
***
Der Gang zur Bibliothek fühlte sich endlos lang an.Ein Schritt nach dem anderen lief ich den Flur entlang.Béal trottete gemächlich neben mir her. Mein Blick war stur geradeaus gerichtet. Vereinzelt kamen mir Nachtelfen entgegen. Alle mit einem breiten Lächeln auf ihren Gesichtern. Sie knicksten kurz und liefen dann weiter an mir vorbei. So war es jetzt also. Überall würde ich jetzt nur noch die Königin sein, die High Lady der Nachtelfen. Wieder setzte sich ein Kloß in meinem Hals fest.- Du solltest dir selber nicht so viel Druck machen, Meddi. Das war leichter gesagt als getan. Noch ein neuer Status in meinem Leben. Ich war nicht mehr nur Medina, die Retterin, geboren als Mensch, wiedergeborene Elfe.Nein! High Lady der Nachtelfen!Béal stupste mich leicht mit ihrer Nase an und riss mich damit aus meinen Gedanken.- Meddi, du musst ehrlich zu dir selbst sein. Du beschützt diese Seelen schon die ganze Zeit. Es wird nicht anders sein, wie jetzt auch schon. Du musst dir selbst vertrauen, stark sein ...Meine Hand legte sich auf ihren Nacken.Ich beobachtete, wie sie ganz entspannt neben mir herlief. Ich wusste, dass sie recht hatte und dass ich ihren Worten vertrauen konnte. Der Kloß in meinem Hals wurde kleiner, bis er nicht mehr spürbar war und wir direkt vor der Tür der Bibliothek standen.Ich drückte sie langsam auf. Ein zartes Quietschen war zu hören und als sie weit genug offen stand, trat Béal über die Schwelle. Ich folgte ihr langsam.Der Raum strahlte wie immer eine angenehme Wärme aus. Dieser Geruch nach Holz und Papier. Er erfüllte meinen ganzen Körper und beruhigte mich immer wieder. Es war mein absoluter Lieblingsort. Gefolgt von dem großen Garten mit den zahlreichen Blumen. Hier konnte ich entspannen, meinen Gedanken nachhängen und die Nase in Bücher stecken. An diesen Tagen vergaß ich die Zeit einfach komplett und Tobén wusste das ganz genau.Wahrscheinlich hatte er mich deswegen hier treffen wollen.Mein Blick streifte über die unzähligen Ecken.Überall gab es kleine Nischen, in denen Sessel und kleine Sofas standen und zum Entspannen einluden oder ein Tisch mit passenden Stühlen. Doch in keiner von ihnen hielt sich Tobén auf. Also ging ich weiter. Béal lief vor mir her. Sie machte einen Schlenker nach links.Lief auf ein deckenhohes Regal zu und davor erblickte ich eine Gestalt. Ich hätte ihn unter Tausenden erkannt.Tobén! Mit dem Rücken stand er zu mir, blätterte gedankenverloren in einem der Bücher. Er überflog die Seiten. Wahrscheinlich um sich zu beschäftigen, während er auf mich gewartet hatte.Er trug eine enge, schwarze Stoffhose. Dazu schwarze Stiefel, die bis über sein Schienbein reichten. Ich erkannte seinen Wams. Eigentlich hatte ich ihn nur selten ohne gesehen. Das schwarze Leder an den Armen, es war bis zur Mitte seines Unterarms hochgekrempelt.Wie immer trug er es am Hals aufgeknöpft. Darunter kam ein elegantes Baumwollhemd zum Vorschein.Weinrot. Ich liebte diese Farbe an ihm. Es ließ seine Haut auf magische Weise strahlen. Auch das Hemd war aufgeknöpft. Es ließ keinen Platz für Fantasie übrig.Mir wurde schlagartig warm. Diese Reaktion konnte wirklich nur Tobén auslösen. Auch ohne dass er etwas dafür tat. Der lange schwarze Umhang fiel ihm über den Rücken. Zwei silberne Broschen hielten ihn an seiner Brust. Er sah wie ein richtiger Krieger aus.Wie ein König. Mein König! Doch ein anderer Anblick trieb mir ein Lächeln ins Gesicht und ich konnte nicht eine Sekunde den Blick von den beiden nehmen.Béal, die im vollen Galopp auf ihn zu lief. Ihr Körper wackelte dabei schnell hin und her. Sie hechelte laut, quietschte wie ein junger Welpe. Mit voller Wucht versenkte sie ihren Kopf in seine Hände. Das Buch fiel mit einem lauten Knall auf den Boden. Ich lehnte mich an eins der Regale, die Arme vor der Brust verschränkt und ließ das Spektakel vor mir weiter auf mich wirken.Tobén schlang seine Arme um Béal. Kraulte sie intensiv hinter den Ohren, am Hals und im Nacken. Er lächelte sie breit an und seine tiefblauen Augen glänzten.Auch ich musste bei diesem Anblick lächeln. Es war so schön, die beiden so innig miteinander zu sehen. Ich musste mir eine Träne aus dem Augenwinkel wischen. Langsam beruhigte sich die Situation wieder. Béal setzte sich neben Tobén. Er kniete sich hin und fasste mit seiner Hand unter ihre Schnauze. Ihre Blicke trafen sich.„Wie immer ist es mir eine Freude, dich hier zu sehen, Béal. Aber insgeheim hoffe ich, dass du nicht alleine gekommen bist. Dass du mir mein Mädchen mitgebracht hast.“Ich räusperte mich kurz, blieb aber weiterhin an meinem Platz stehen. Tobén erhob sich und streichelte Béal noch einmal über die Ohren. Dann heftete sich sein eindringlicher Blick auf mich und nur auf mich. Er kam langsam auf mich zu und es kam mir vor wie in Zeitlupe. Seine Schultern erhoben, elegant und machtvoll und mit jedem Schritt bebte sein Körper. Jeder Muskel vibrierte förmlich. Sein Umhang zog sich hinter ihm her, umhüllte ihn. Der schwarze Glanz in seinen Augen funkelte wild. Mein Herzschlag wurde schneller, mit jedem Schritt, den er auf mich zu trat. In jeder Faser meines Körpers spürte ich es schlagen und das Atmen fiel mir immer schwerer. Als er mich dann berührte, war es um mich geschehen. Meine Beine hätten am liebsten nachgegeben und ich musste mich an ihm festhalten, um nicht den Halt zu verlieren. Dieses Kribbeln an der Stelle meiner Wangen, dort, wo er mich mit seinen Händen berührte. Dann seine weichen Lippen, die er auf meine presste. So leidenschaftlich, so intensiv. Ich hätte ihm hier und jetzt die Kleider vom Leib reißen können, doch meine Hände ruhten ruhig auf seiner Brust und ich genoss diesen sinnlichen Moment. Sein wilder Atem war auf meiner Haut zu spüren. Er drückte mich mit dem Rücken an das Regal. Sein Körper eng an meinen gepresst. Er küsste mich immer noch und ich küsste ihn zurück. Er drängte mit seiner Zunge vor.Ein Stöhnen aus seinem Mund, als ich meine Hand gleiten ließ. Unter sein Hemd, über seine starken Bauchmuskeln. Er ließ ein leises Knurren hören.„Medina ...“Seine Stimme war rau und angeheizt von unserem intensiven Kuss. Er stemmte seine Hände links und rechts von mir am Regal ab. Seine Stirn drückte er auf meine. Sie war schweißgebadet. Ich spürte, wie sehr er sich zurückhalten musste.„Wie gerne ich jetzt weitermachen und komplett in dir versinken würde ... Du, stöhnend unter mir, meinen Namen schreiend ...“Meine Hand fuhr wieder zu seinem Hosenbund.„Wieso tun wir es dann nicht? Hast du etwa etwas Wichtigeres zu erledigen?“Ich versuchte meine Stimme so sanft wie möglich klingen zu lassen. Verführerisch. Mein Körper war so voller Lust und ich konnte nicht mehr klar denken.Ich wollte ihn. Jetzt! Abermals ein Stöhnen von ihm, während ich weiterhin über seinen Bauch strich und mir die versauten Dinge vorstellte, die er mit mir machen würde.„Meddi, ich muss zurück in den Thronsaal. Es-es ist einiges vorzubereiten. I-ich muss Entscheidungen treffen ... Das Fréyháim-Fest steht bevor ... Ich ...“„Sei leise, Tobén!“Ich fuhr mit meiner Hand in seine Hose und ließ sie langsam hinuntergleiten. Die andere streichelte über seinen Rücken. Ich presste mich an ihn, forderte ihn damit auf, mir entgegenzukommen. Mein Kuss war besitzergreifend. Unsere Zungen spielten miteinander, flogen wild umher. Er stöhnte in meinen Mund, während ich weiter machte. Ein Beben ging durch seinen Körper.„Du hast es nicht anders gewollt!“Seine Stimme trotzte nur so vor Lust. Seine Hände griffen meinen Morgenmantel. Behutsam ließ er ihn auf den Boden gleiten. Mein Kleid kam nicht so glimpflich davon. Die Knopfleiste am Rücken wurde mit einem Ruck aufgerissen. Ich hörte die einzelnen Knöpfe auf dem Boden landen. Im nächsten Moment wurde es mir vom Körper gezogen.Auch sein Mantel und das Wams landeten unterhalb unserer Körper. Sein Herz hämmerte wild, schlug immer wieder schnell gegen seine Brust. Meins tat es ihm gleich. Dann packte er mich an den Oberschenkeln. Hielt mich zwischen ihm und dem Regal. Meine Beine schlangen sich um ihn. Er küsste mich immer noch wild. Seine Finger gruben sich in meine Beine und ich stöhnte vor Lust auf. Dann schlang ich meine Arme um seinen Hals und wurde ohne Vorwarnung in die nächste Nische getragen. Mit einer Handbewegung wurde der Tisch freigeräumt. Unzählige Bücher landeten auf dem Boden. Eine der Tischkerzen ging dabei zu Bruch, doch das alles war in diesem Moment egal. Er strich mir mit seiner Zunge über den Körper, über meine Brust. Er blieb an meinem Bauchnabel stehen und dann richtete er sich auf. Sein lustvoller Blick ruhte auf mir, beobachtete mich. Wie von selbst öffnete sich seine Hose und langsam glitt sie an seinen Beinen hinab, legte alles für mich frei. Niemals würde ich davon genug bekommen. Niemals! Wieder legte er sich über mich, bedeckte mich mit seinem nackten Körper. Seine Hände glitten an mir auf und ab. Ich musste ein Stöhnen unterdrücken, als sein Mund zu meinem Ohr fuhr.„Ich werde dich jetzt nehmen, meine Königin. Und ich werde es jeden Augenblick genießen ...“Seine Stimme war nur ein Flüstern, rau und kehlig.Er war nicht mehr Herr seiner Sinne. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Ein letztes Mal fuhr seine Hand in meinen Schritt und blieb einige Sekunden dort, bis er tief in mich eindrang. Mein Stöhnen erfüllte den Raum. Ich drängte jeden Zentimeter meines Körpers an ihn. Seine Arme umschlangen mich. Ich hielt mich an seinem Hals feste. Seine Zunge spielte mit meiner und sein Kuss durchflutete mich intensiv. Alles um mich herum war vergessen. Ich hörte nur noch sein rhythmisches Atmen, welches sich mit meinem Stöhnen vermischte.„Bei der heiligen Mondgöttin, Medina, ich liebe dich ...“
Die Mittagssonne des nächsten Tages schien mir ins Gesicht. Ich nahm das Plätschern des Flusses wahr, ganz nah. Ruhig schlängelte das Wasser seine Bahnen entlang. Eine leichte Brise wehte mir durch das Haar und ließ einzelne Strähnen um mein Gesicht schweben.Das Gras der Wiese wiegte sich hin und her und vereinzelt sah ich kleine Knospen heranwachsen.Bald würden aus ihnen weitere Frühlingsblumen blühen, die das saftige Grün in ein Meer aus Farben verwandeln würde. Ich konnte es gar nicht mehr erwarten, dass die Natur aus ihrem Winterschlaf erwachte.Ich strich mit meiner Hand durch das hohe Gras. Es fühlte sich warm und weich an. Die Energie kribbelte mir die Haut entlang, fuhr meinen Arm hinauf und auch mein Körper schien aus seiner Starre der letzten Monate wieder langsam zu erwachen. Wieder und wieder sah ich Vogelschwärme am Himmel. Sie flogen in Formation und ließen Laute durch den Himmel schallen. Endlich kamen sie zurück. Der Winter war anscheinend wirklich vorbei.Ich freute mich, obwohl ich den Winter auch sehr gerne hatte. Den weißen Schnee und die Kälte, die sich in meine Knochen schlich. Dann das Knistern des Kamins, welches durch die ganze Burg hallte und die Abende zusammen mit Tobén, während wir eingekuschelt unter der Decke lagen und uns einfach nur stumm anschauten.Doch jetzt war diese Zeit vorbei und doch freute ich mich darauf. Auch die sommerlichen Temperaturen gefielen mir. Die Wärme, die sich auf meine Haut legte. Das Strahlen der Sonne. Herrlich ...Mein Blick schwebte umher. Wie friedlich die magische Welt aussah. Ruhig und entspannt. Ich hatte mir eine kleine Decke geschnappt und war dann über den Burghof gelaufen, durch das große Tor und hatte mir ein sonniges Plätzchen gesucht. Nun saß ich hier, mitten auf der großen Wiese. Direkt vor den Mauern der Burg. Béal lag an meinen Füßen. Ihre Beine hatte sie von sich gestreckt und den Kopf auf der kleinen Decke platziert.Sie atmete ruhig, genoss die Sonnenstrahlen genauso wie ich. Ja, es war unglaublich schön, diesen friedlichen Moment mit ihr gemeinsam genießen zu können.Der Schein der Sonne spiegelte sich in ihren weißen Energiesteinen und ließ sie unnatürlich leuchten. Ein kleiner gelber Schmetterling hatte sich zu uns verirrt und landete unkontrolliert auf ihrer Nase. Mit wildem Kopfschütteln versuchte sie ihn loszuwerden, doch er blieb hartnäckig auf ihrer Nase sitzen. Sie zog ihre Nase kraus. Ein leises Niesen war zu hören und der Schmetterling flatterte unbeeindruckt davon.Ich verkniff mir ein Lachen, grinste trotzdem freudig über das ganze Gesicht. Mit erhobenem Kopf schaute Béal dem gelben Geschöpf nach. Wehmut lag in ihren Augen.- Wie sehr ich gerne so frei sein würde, wie dieses kleine Wesen. Ich schaute sie an und fuhr mit meiner Hand langsam über ihre Ohren, dann über ihren Nacken. Natürlich kannte ich dieses Gefühl und hatte mich damals in der Zelle bei den Elfen ähnlich gefühlt. Es war ein schreckliches Gefühl gewesen, aber nicht vergleichbar mit der Sehnsucht, die Béal fühlen musste.„Aber könntest du das nicht? Niemand hält dich davon ab. Ich halte dich nicht davon ab, wenn das dein Wunsch ist ...“Sie schloss ihre Augen und legte ihren Kopf wieder zurück auf die Decke. Ich hörte ein leichtes Schnaufen.- Natürlich könnte ich gehen. Aber niemals könnte ich das mit meinem Gewissen ausmachen. Die Bindung zu dir würde mich immer wieder hier her zurückbringen, zurück zu dir. Außerdem ...Kurz schwieg sie. Es sah fast so aus, als würde sie schmunzeln.- Außerdem wäre es mein größter Wunsch, auch irgendwann einmal die Menschenwelt erkunden zu können. Deine alte Welt!Ich grub meine Finger wieder in ihr Fell.Arme Béal ... Irgendwie tat sie mir leid. Sie war erschaffen worden und sollte ihr ganzes Leben nur einer Aufgabe dienen, mich zu beschützen, zu unterstützen. An meiner Seite zu kämpfen. Doch sie war immer noch ein Lebewesen mit einer eigenen Seele, mit einem eigenen Leben und wenn ich gekonnt hätte, dann hätte ich ihr diesen Wunsch erfüllt. Sie sollte das bekommen, was sie sich ersehnte und auch wenn sie an meiner Seite zufrieden war, wusste ich, dass es nicht ausreichte.Mir kam das ziemlich unfair vor, doch leider spielte meine Meinung hier keine große Rolle. Auch ich war in ein Leben gedrängt worden, welches ich vorher wohl nie gewollt hatte und selbst jetzt oft damit überfordert war. Doch irgendwie kam ich damit klar, kam ich mit der Umstellung zurecht. Dank der Personen an meiner Seite.Mit jedem Tag wurde es besser und besser, trotzdem vermisste ich an manchen Tagen mein altes Leben, meine Freunde und meine Familie. Zu gerne hätte ich gewusst, wie sie jetzt lebten und sich ihre Zeit vertrieben, ob sie vielleicht noch Erinnerungen von mir hatten, egal wie klein sie waren. Doch leider konnte ich mir darauf selber eine Antwort geben und ließ diese Gedanken wieder einmal in mein Unterbewusstsein verschwinden.
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Wir saßen noch eine Weile auf der Wiese.Die Nachtelfen des Dorfes waren in freudiger Aufregung.Sie wuselten über die Straßen, liefen zwischen den Häusern hin und her. Blumen wurden gepflückt und leise Melodien gesummt. Eine kleine Gruppe Frauen hatte sich auf einer Veranda versammelt. Die Blumen wurden zu Kränzen zusammen gesteckt, lange Girlanden aus Efeu und Seil gebunden. An jedem Haus wurden sie angebracht. Bunte Kränze zierten nun die Eingangstüren. Die Girlanden hingen an den Dachrinnen oder wurden von einem Haus zum nächsten gespannt. Die ersten Vorbereitungen für das Fréyháim-Fest, an dem der Übergang von Winter zu Sommer gefeiert wurde. Für die Nachtelfen war es ein wichtiger und besonderer Tag. Ich wusste, dass dieses Fest vor langer Zeit das erste Fest war, welches die Nachtelfen gefeiert hatten, als sie aus dem Reich der Elfen verbannt worden waren. Ein Fest der Neugeburt, so kam es mir auf jeden Fall vor und deswegen war ich auch sehr gespannt darauf.Noch immer beobachtete ich die Nachtelfen um mich herum. Männer saßen mit Angelruten am Flussufer, andere waren auf den Feldern weiter hinten tätig. Weitere Frauengruppen bildeten sich. Es wurde Schmuck aus kleinen Steinen und Ornamenten gefertigt, andere färbten graue und weiße Baumwolle.Die beliebteste Farbe dieses Sommers war wohl Blau, doch dagegen konnte ich nichts sagen. Es war auch meine liebste Farbe. Ich beschloss, mir bald etwas Stoff zuzulegen und daraus ein Kleid fertigen zu lassen.Vielleicht nach der Hochzeit, wenn wieder etwas Ruhe in unser Leben eintrat.Kinderlachen durchdrängte die Stille um mich herum.Sie spielten miteinander, versteckten sich hinter Häusern und liefen fangend hintereinander her. Ihr Lachen und Kichern drang über das ganze Dorf, dann erblickten sie Béal und mich. Schnell kamen zwei Mädchen über die Wiese gelaufen. Ihre Röcke hielten sie mit den Händen hoch, so konnten sie nicht über den langen Stoff stolpern und abwartend blickte ich ihnen entgegen. Ihr breites Lächeln steckte mich automatisch an. Das größere Mädchen kam auf mich zu. Sie streckte mir ihre Hand entgegen, in der sie etwas für mich bereit hielt. Ich nahm ihr die kleine Blume aus der Hand. Ihre orangen Blüten leuchteten hell. Langsam steckte ich sie mir hinter das Ohr. Mein Blick fiel auf das junge Mädchen. Sie musste noch jung sein, vielleicht neun oder zehn Jahre alt. Sie hatte schwarzes, langes Haar und wunderschöne gelbe Augen. Ihr fröhliches Kichern war Musik in meinen Ohren. Kurz zwinkerte ich ihr zu, dann wandte sie sich auch schon Béal zu. Auch sie bekam eine Blume. Doch ihre war nicht orange. Nein.Eine Blüte, so weiß wie Schnee lag in ihrer kleinen Hand. Sie passte perfekt zu Béal. Langsam steckte das Mädchen die Blume auch hinter Béals Ohr. Diese ließ ihre Nase zucken und nahm den Geruch der Blüte in sich auf. Ein Schmatzen kam aus ihrem Maul. Anscheinend schien Béal der Geruch zu gefallen. Die Große streichelte über ihr Fell. Auch das kleine Mädchen griff nach Béal. Ihre Hand landete auf ihrer kalten Nase. Anscheinend war Béal dort heute etwas empfindlich, denn abrupt musste sie lautstark niesen.Die Mädchen schlugen sich die Hand vor den Mund, mussten aber im nächsten Augenblick belustigt anfangen zu kichern. Dann griff die Große nach der Hand der Kleinen. Mit lauten Lachen liefen sie die Wiese hinauf, zurück zu den anderen Kindern. Ich schmunzelte freudig vor mir her und kurz kam mir ein Gedanke in den Kopf. Tobén! Würden wir irgendwann Kinder haben? Ich zwirbelte eine Haarsträhne in meiner Hand.Ich hoffte, dass es irgendwann dazu kommen würde.Tobén war einfach alles, was ich wollte, was ich brauchte, und ich wusste, dass er ein toller Vater sein würde. Auch wenn er seine Familie verloren hatte, hoffte ich, dass er eines Tages eine neue Familie mit mir gründen würde. Doch vorher hatten wir noch eine Aufgabe zu erledigen und auch die würden wir bewältigen. Irgendwie. Da war ich mir sicher.„Medina, wie schön dich hier zu sehen!“Mein Kopf fuhr herum. Langsam kam er die Wiese heruntergelaufen. Seine schwarze Kampfrüstung schmiegte sich um seinen Körper. Die violetten Energiesteine um seinen Hals leuchteten in der Sonne und sein Umhang wehte im Wind hinter ihm her.Es sah so aus, als würde er über den Boden schweben.Wahrscheinlich hätte Keálas das auch tun können, doch ich hörte seine Schritte deutlich im hohen Gras.Er kam direkt auf mich zu. Ein breites Lächeln zierte sein Gesicht und seine violetten Augen leuchteten. Durch die hohen Wangenknochen kamen sie noch mehr zur Geltung.„Keálas, wie schön es ist auch dich zu sehen. Was machst du hier?“Ich rutschte ein kleines Stück zur Seite und zeigte mit der Hand auf den freien Platz neben mir. Er ließ sich nicht lange bitten. Elegant setzte er sich. Seine Beine vor seinem Körper gekreuzt. Mit der Hand fuhr er kurz über Béals Nacken. Ihr Gähnen drang in meine Ohren.Ihre Art, den Neuankömmling zu begrüßen.Keálas kreuzte seine Arme vor der Brust. Sein Blick fiel in die Ferne.„Ich habe mich heute früh aufgemacht, um den Dorfbewohnern zu helfen, den Festplatz für Fréyháim vorzubereiten. Es stimmt mich zufrieden, unter Personen zu sein und sie zu unterstützen. Ohne, dass ich meine Magie dabei anwenden muss.“Ein schiefes Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht.Keálas war der stärkste Magier, den ich bisher getroffen hatte, wenn nicht sogar der Beste. Unzählige Male hatte er mich gerettet und meine Verletzungen geheilt.Und auch die anderen hatte er mit seiner Magie retten können. Außerdem hatte er mich damals aus dem Kerker befreit, als König Leopas mich einsperren ließ.Für dieses Risiko würde ich ihm mein Leben lang dankbar sein und ich hoffte, dass er das wusste.„Weißt du, Medina, manchmal ist es eine richtige Bürde für mich. Natürlich bin ich dankbar für die starke Magie, die mir geschenkt wurde. Aber manchmal würde ich einfach gerne normal sein. Auf einem dieser Felder arbeiten, Kräuter anbauen ... Eine eigene Familie haben können ...“Seine Stirn legte sich in Falten und seine Augen fingen an zu glänzen. Wie automatisch legte ich ihm eine Hand auf die Schulter. Er tut mir leid! Niemand sollte so eine Entscheidung treffen müssen. Niemand!Doch er hatte es vor langer Zeit tun müssen, als er noch zu jung war, um das Ganze zu begreifen. Hätte ich mich anders entschieden? Gegen die Magie und für ein normales Leben? Nein! Wahrscheinlich nicht. Magie war hier eine besondere Gabe. Nicht jeder trug sie von Anfang an in sich und selten wurde sie einem in enormer Form geschenkt. So, wie es bei Keálas der Fall gewesen war. Dem letzten Nachfahren seines Stammes. Ich wusste nicht viel darüber, nur, dass die Druiden damals angegriffen worden sind und niemand das Gemetzel überlebt hatte. Keálas teilte das gleiche Leid wie Tobén. Sie mussten beide ohne Familie weiterleben.„Ich glaube, das Schicksal hat das alles geplant, wenn nicht sogar die Mondgöttin selbst. Wieso hätte ich sonst so viel Magie bekommen sollen? Von Anfang an war alles so geplant. Dass ich an der Seite der Retterin kämpfen sollte, an deiner Seite, und wir das Volk Lyviáns zusammen beschützen würden.“Ich legte meinen Kopf an seine Schulter. Durch die Sonne war seine Rüstung angenehm warm. Es prickelte leicht auf meiner Haut.„Ich glaube ganz fest daran, dass es genau so ist, wie du es gesagt hast. Niemand ist ohne Grund hier, auch du nicht, Keálas!“Seine Hand griff nach meiner, dann drückte er sie einmal kurz. Ein zaghaftes Lächeln lag auf seinen Lippen.„Ich danke dir, Mylady ...“ Bitte nicht ...„Keálas, fang bitte nicht auch noch damit an. Diese Hochzeit ändert nichts daran, wer ich bin. I-ich bin immer noch Medina ...“Mir blieb der Kloß weiterhin im Hals hängen. Wahrscheinlich würde ich niemals damit zurechtkommen und meine Freunde machten es mir nicht gerade leicht. Ich blickte Keálas aus dem Augenwinkel an, doch sein Lächeln wurde noch breiter.„Medina Aryell, auch wenn du es nicht wahrhaben willst. Du bist die High Lady der Nachtelfen, auserwählt von Tobén selbst. Wahre Liebe, die dieses Band zwischen euch geknüpft hat. Außer ein paar zusätzlichere Pflichten wird sich nichts verändern. Und ich weiß, dass Tobén dir immer zur Seite stehen wird.“Ich hob mein Kinn leicht an und versuchte ihm in seine Augen zu schauen.„Was sind das für zusätzliche Pflichten?“„Außer an Festen und Versammlungen neben deinem König zu stehen, wirst du dich öfter mal im Thronsaal blicken lassen müssen. Wichtige Dokumente unterschreiben, dich bei Verhandlungen einbringen, die das Volk betreffen. All das langweilige Zeug, womit sich Tobén bis jetzt alleine herumschlagen musste.“Ich musste leicht kichern. Wenn es nur das ist ...Rücklings ließ ich mich ins Gras fallen.„Das sollte ich hinbekommen.“Mein Blick richtete sich in den Himmel. Er strahlte hellblau und kaum eine Wolke war zu sehen. Der perfekte Tag. Hoffentlich würde es noch lange so bleiben. Das Fréyháim-Fest stand in wenigen Tagen an und auch meine Hochzeit war nicht mehr allzu weit entfernt. Ich hoffte sehr, dass das Wetter weiterhin auf unserer Seite war.„Also so langsam könnte ich etwas zu essen vertragen. Würde mich die High Lady der Nachtelfen begleiten?“Ich schlug ihn mit meiner Faust gegen den Oberarm und fing unwillkürlich an lautstark zu lachen. Keálas tat es mir gleich. Wir lachten laut und herzhaft. Alle Blicke mussten auf uns ruhen, doch das war mir egal. In diesem Moment war einfach alles egal. Es würde mein perfekter Tag bleiben ...
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„Mit Pfeil und Bogen kann dir keiner das Wasser reichen, Medina!“Philiás klopfte mir schwungvoll mit einer Hand auf den Rücken. Fast wäre ich dadurch vornüber gefallen, doch ich konnte mich zum Glück halten, sonst wäre der nächste dumme Kommentar auf meine Kosten gegangen und darauf hatte ich absolut keine Lust.„An deiner Standhaftigkeit sollten wir wohl noch einmal arbeiten ...“Philiás grinste mich verschmitzt an. Na toll ...„Du hast mich ganz klar überrumpelt. Darauf war ich nicht vorbereitet.“Er ließ ein lautes Schnauben hören.„Meinst du, im Kampf wird es anders sein? Nein! Da werden deine Gegner dir auch keine Zeit lassen, dich auf ihren Angriff vorzubereiten. Dort zählt jede Sekunde.“Ich ließ meinen Kopf hängen. Der Bogen hing schlaff in meiner Hand. Ich hatte mich mit ihm zum Trainieren verabredet, nicht, um mich von ihm fertigmachen zu lassen. Außerdem wollte ich mir nicht meinen perfekten Tag versauen lassen, also brachte ich ihm das einzige Argument entgegen, das ich hatte.Ich schloss die Augen für einen kurzen Moment und streckte die freie Hand nach vorn aus. Als ich tief in mich horchte, sah ich das helle Licht. Rot. Wild pochend.Im nächsten Moment hatte ich die Augen wieder geöffnet und meine Hand wurde von kleinen Flammen umzingelt. Der Schein flackerte in meinen Augen.Auch in seinen Augen sah ich die Spiegelung der Flamme. Abrupt ließ Philiás sein Schwert fallen.Mit einem lauten Gong landete es auf dem harten Felsboden. Seine Hände fuhren blitzschnell in die Höhe, als würde ich ihn mit einer Waffe bedrohen.Was ich ja auch sozusagen tat. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Nie zuvor war es mir so leicht gefallen, jemanden in Angst zu versetzen und doch wusste ich, dass ich nicht leichtsinnig mit meiner Magie umgehen durfte. Auch hier gab es einige Regeln, die ich zu beachten hatte und zudem erinnerte es mich immer wieder an die Taverne, die ich in Schutt und Asche gelegt hatte und die armen Dorfbewohner, denen ich hoffentlich nicht auch alles andere genommen hatte.„Ja, schon gut! Ich hab‘s verstanden. Meine High Lady wünscht, dass ich mit dem Mist aufhöre ...“Blödmann! Er stand immer noch mit erhobenen Händen dort. Irgendwie fand ich die ganze Situation amüsant.Ich ballte meine Hand zur Faust und ließ damit die magische Flamme verschwinden. Philiás atmete vor Erleichterung schwer aus.„Freu dich nicht zu früh! Für den letzten Spruch hättest du definitiv einen Feuerball verdient.“Seine Hände fielen auf seine Knie. Sein Blick sah verkrampft aus, doch er zwinkerte mir lächelnd zu.„Ich weiß ...“Er nahm sein Schwert wieder auf und putzte es an seiner Hose ab. Dann steckte er es sorgfältig zurück in die Schwertscheide. Der Knauf ragte über seinem Rücken hervor.„Hast du mal versucht mit Siénah zu sprechen?“Er verkrampfte sich abrupt wieder. Vor meinen Augen wurde der starke Krieger zu einem schüchternen Jungen.Natürlich hatte ich gewusst, was diese Frage auslösen würde und natürlich hatte ich die Antwort vorher schon geahnt. Mit einer Hand strich er sich nervös durch sein Haar. Die andere hatte er in die Hosentasche gesteckt. Mit der Fußspitze kratzte er über den Boden.„Eh, ich ... also ... Ich wollte, aber ...“„Du bist ein Feigling, Philiás!“Sein Blick traf mich und seine Augen funkelten im Schein der letzten Sonnenstrahlen. Sie durchbohrten mich regelrecht. Da hatte ich wohl einen Nerv getroffen.„Ich bin kein Feigling! Niemals würde ich einem Kampf aus dem Weg gehen, NIEMALS!“Ich schüttelte den Kopf.„Wenn es um deine Gefühle geht, bist du ein Feigling! Wie soll das weitergehen? Willst du Siénah weiterhin stillschweigend hinterher schmachten?“„Das hört sich nach einem tollen Plan an, Me ...“Ich lief so schnell ich konnte auf ihn zu und hatte ihn anscheinend damit überrumpelt. Seine Augen weiteten sich. Ich stand jetzt direkt vor ihm und tippte mit meinem Zeigefinger gegen seine Brust. Immer und immer wieder.„Blödmann! Stell dir mal vor, dir passiert etwas. Oder ihr! Niemals werdet ihr herausfinden, ob es mit euch funktioniert hätte, wenn du nicht endlich deinen Mund auf bekommst!“So langsam wurde ich richtig sauer. Männer ... Warum musste es immer so laufen? Ich verstand es nicht. Philiás machte sich das Leben schwerer, als es sein müsste und nicht nur ihm tat er damit keinen Gefallen. Auch Siénah war darin verwickelt, obwohl sie selber wahrscheinlich noch gar nichts davon wusste.„Meddi ...“Noch einmal versuchte er es, dieses Mal auf die sanfte Tour.„Ja, ja. Schon gut, ich weiß, was du sagen willst. Irgendwann wirst du es ihr sagen, wenn du es für richtig hältst. Doch denk an meine Worte: Irgendwann könnte es zu spät sein!“
Der gestrige Tag hatte mich doch sehr geschlaucht.Ich war in mein Zimmer zurückgekehrt, nachdem ich Philiás auf dem Trainingsgelände hatte stehen lassen.Ich hatte ihm meine Meinung deutlich gemacht, mehr konnte ich nicht tun und eigentlich war es auch gar nicht meine Angelegenheit. Er musste jetzt die Entscheidung treffen, was er tun wollte. Ich mischte mich viel zu sehr ein. Vielleicht lag es daran, dass ich sie beide sehr mochte und einfach nur wollte, dass sie glücklich wurden, miteinander. Genauso wie Tobén und ich. Was war daran falsch? Nichts!Also hatte ich mir noch ein warmes Bad gegönnt und war dann einfach nur noch in mein Bett gefallen.Wann ich eingeschlafen war, wusste ich nicht, aber am frühen Morgen hatte ich den warmen Körper neben mir gespürt. Sein Arm lag um meinen Körper, seine Hand auf meinem Rücken. Unsere Gesichter waren zueinander gewandt. Meine Hände lagen auf seiner Brust und ich spürte das ständige Auf und Ab seines Herzens. Sein Kinn ruhte still über meinem Kopf und sein Atem strich sanft über meine Haut. Ein Prickeln lief durch meinen Körper. Dieses Gefühl war unbeschreiblich schön. Ich fragte mich noch oft, wie ich es geschafft hatte, so lange ohne jemandem an meiner Seite zu sein, ohne dieses Gefühl der Vollkommenheit gespürt zu haben, und doch wäre es niemals an das Gefühl herangekommen, welches ich bei Tobén verspürte. Ich war zufrieden, mehr als das, und auch jetzt wäre ich am liebsten für immer mit ihm liegen geblieben. Doch nur wenige Stunden später saßen wir bereits in seinem Zimmer. Unserem Zimmer ... Immer wieder musste ich mich daran erinnern. Wir gehörten jetzt zusammen, bald war es sogar ganz offiziell. Also teilten wir natürlich auch die Räumlichkeiten miteinander.Ich hatte es mir auf einem der Sessel bequem gemacht und blätterte durch eines der Bücher. Tobén saß an seinem Schreibtisch. Unzählige Stapel Papier verteilten sich um ihn herum. Er nahm jedes einzelne Blatt sorgfältig in die Hand und überflog sie schnell mit seinem Blick. Dann das Nächste und immer so weiter.Er gab ein unglaubliches Bild ab, wie er da so lässig in seinem Stuhl saß. Ich zwang mich dazu, den Blick abzuwenden. Meine Gedanken spielten schon wieder verrückt. Er auf mir. Nackt!Am liebsten hätte ich ihn angesprungen und ihm ungeniert die Kleider vom Leib gerissen. Ich musste unwillkürlich schmunzeln.„Wenn ich nicht so beschäftigt wäre, dann hättest du mit Sicherheit schon nichts mehr an und würdest meinen Namen schreien!“Ich blickte wieder von meinem Buch auf. Natürlich hatte ich das extra gemacht. Tobén hatte meine Gedanken hören sollen, laut und deutlich. Ich grinste schelmisch vor mich her. Der Abend in der Bibliothek. Die Erinnerung schwebte bildlich in meinem Kopf.„Meddi, du musst aufhören ... Ich muss das hier fertigmachen! Morgen ist Fréyháim und die letzten Einladungen müssen verschickt werden.“Ich gab resigniert nach, schenkte ihm aber noch ein letztes Mal einen verführerischen Blick und doch sah ich auch in seinen Augen das Funkeln, ein intensives Leuchten, welches nur so vor Verlangen schrie. Nicht nur mir ging der Abend nicht mehr aus dem Kopf.
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