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4. Teil der Fantasy-Reihe "Elves and Roses by Night"
Nur als Familie können sie den neuen Hindernissen entgegentreten!
Medina hat es tatsächlich geschafft. Sie hat Leopas besiegt und damit ihr Volk und ganz Lyvián gerettet. Der lange und anstrengende Kampf scheint endlich vorüber zu sein, doch hinter den Bergen kommt ein neuer Gegner zum Vorschein. Werden Tobén und Medina es auch dieses Mal wieder schaffen, den Gegner zu besiegen? Oder ist ihr Glück nun endgültig verbraucht? Welche Geheimnisse verstecken sich noch in Lyvián? Der allerletzte Kampf steht Medina nun bevor...
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Lisa Wagner
Elves and Roses by NightStarmoon
Fantasie-Liebes-Roman
Verlag: BookRix GmbH & Co. KGImplerstraße 2481371 MünchenDeutschland
Copyright: Lisa Wagner 2023Alle Rechte vorbehalten.Jede Verwertung oder Vervielfältigung dieses Buches - auch auszugsweise - sowie die Übersetzung dieses Werkes ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet. Handlungen und Personen in diesem Roman sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Teil 4 der fantastischenEARBN-Reihe
Manchmal erkennt manerst am Ende des Weges,warum man ihn gehen musste ...
NachtelfenMedina Aryell - Me-di-na Ar-jellTobén Blackthorn - Toh-ben Bleck-zornPhiliás - Fili-jäsGildá - Gil-deiLoóna - Luh-naMaxím - Ma-xiemGarrow - Ger-rohRíccon - Ri-konFarláh - Far-leiFaolán - Fao-lenRayánne - Rei-enEsmé - Es-mieLavindyr - La-win-durCeangáel - Ken-giel
ElfenLenox - Len-noxCarrán - Kar-reinLeopas - Leo-pasSiénah - Zieh-en-nahBrandur - Brahn-durSloan - Slo-ehnAlvá - Al-weiGrádom - Grei-demSiocháin - Zioh-schenRueth - Ruh-ß
SchattenwölfeBéal - Bie-hlGhrian - Grie-anSolas - Soh-lasLyrazs - Lü-raschBreack - Brie-k
RiesenMoérs - Mö-rsGrifhyn - Griff-inAéryn - Ei-renChará - Ka-rahDeégan - Die-genGlyn - Glin
DruidenKeálas - Kiel-li-esEndovíer - En-do-wirMírjam - Mier-jemLianne - Li-enEydána - Ih-denaKasimyr - Ka-si-mür
MeerwesenDaymón - Dei-menÉdessa - Ih-deßaNikósz - Nie-koschMenélaos Szinárdín - Mieneh-laos Zienar-denNephíles Szinárdín - Ne-fie-les Zienar-denLava - Lah-waGréycia - Gries-ja
AndereSidney/Sid - Zit-nei/ZitCollien/Lien - Kol-lin/LinSibhyél - Sie-billFalingeár - Fah-ling-gierMelody - Mel-odieLydía - Li-diaLuascán - Lu-asch-kahnAmathá - Ah-mah-taRobúlái - Roh-bu-lah
OrteLyvián - Lüh-wianAnduvár-Fluss - An-du-wiarDragongóul-Berg - Dra-gon-guhlElládan-Gebirge - El-ja-denThierim - Tzi-rimTherren - Tzer-renÉldem - Iel-demMerédyn - Meri-dünDelhyá - Del-jia
Der eiskalte Wind wehte an den Fenstern von Faoláns Haus vorbei und noch immer saß Tobén in seinem dicken Wintermantel da, obwohl er schon mindestens eine halbe Stunde hier war und der Kamin unglaubliche Wärme ausstrahlte.
Seine Füße waren eiskalt, auch seine Hände konnte er immer noch nicht richtig bewegen. Er wusste, warum er den Sommer lieber hatte als den Winter. Sich dick anzuziehen und trotzdem noch zu frieren, war nichts für ihn. Trotzdem war dieses Treffen wichtig.
Er musste mit Faolán besprechen, wie es weitergehen sollte. In einigen Tagen würde sich vieles für seine Familie verändern, und schon lange schwebte dieser Plan in seinem Kopf herum.
Er hatte oft mit Medina darüber gesprochen, und seine Frau war ebenfalls begeistert davon gewesen.
Tobén wollte endlich etwas für sich tun.
Und für sie.
Doch bevor er alles realisieren konnte, musste Faolán eingeweiht werden. Hoffentlich stimmte er dem Ganzen zu. Ihm war es unglaublich wichtig, dass sein Volk weiterhin zufrieden leben und er die Zeit genießen konnte, solange sie fort waren. Nur Faolán und seiner langjährigen Erfahrung im Führen eines Volkes vertraute er diese Aufgabe an.
Zu gern hätte er Philiás gefragt, doch Siénah und er planten andere Dinge. Sie wollten gemeinsam reisen und Lyvián aus anderen Blickwinkeln kennenlernen. Wahrscheinlich würden sie sogar eine Weile die Menschenwelt besuchen.
Sein bester Freund hatte es verdient.
Also war Philiás kein Kandidat dafür gewesen. Tobén wusste außerdem nicht, ob sein erster Kommandant sich darüber gefreut hätte. Er war nie der Typ gewesen, der sich gern mit Papierkram und anderem Zeug herumgeschlagen hatte.
Und Keálas?
Der Magier hatte genug mit seinem geheimen Bund und seinen Reisen zu tun. Auf Dauer wären beide Aufgaben zu viel für ihn gewesen. Also war nur Faolán übrig geblieben, und mit Rayánne an seiner Seite würde er die Aufgabe mit Bravour meistern.
Sie würden auch nicht für immer fort sein. Nur solange sie es eine Weile mit der Ruhe um sich herum aushielten. Sie hatten es sich verdient, endlich in Frieden zusammen sein zu können.
Darauf hatte Tobén sich schon so lange gefreut, und jetzt war es an der Zeit, seine Pläne in die Tat umzusetzen und Faolán seine Bitte entgegenzubringen. Deswegen war er hier bei ihm und hatte die beschwerliche Reise auf sich genommen.
Obwohl der dunkle Nebel ihm immer sehr gute Dienste leistete, war es schrecklich, im Winter mit ihm zu reisen. Der Wind war eiskalt und zog sich in jede Ritze seiner Kleidung. Schon oft hatte es die Regentropfen in seinen Haaren gefrieren lassen. Ein unangenehmes Gefühl, doch immer noch besser, als tagelang auf dem Rücken eines Pferdes zu sitzen.
»Ihr wollt also abreisen?«
Faoláns Frage war offen, aber herzlich. Er hatte sich schon immer für seinen High Lord ein besseres Leben gewünscht.
Eine Auszeit, die nach etlichen Jahrhunderten wirklich nötig war. Toben selbst spürte es ganz tief in seinem Herzen. All das, wegen der Frau an seiner Seite, die er so bedingungslos liebte.
Ohne Medina wäre er wohl niemals auf die Idee gekommen, seinen Platz auf dem Thron der Nachtelfen für eine Weile abzulegen.
»Ja! Ich denke, dass du weißt, wie sehr wir uns das verdient haben. Wie viel Glück Medina und ich am Ende doch noch haben werden. Ich bin es ihr schuldig, und auch mir wird es helfen, mit meiner Vergangenheit abzuschließen. Ich bin hier, weil du mich in dieser Zeit vertreten sollst. Ich vertraue dir die Burg und seine Bewohner an. Nicht für immer, denn Medina und ich werden zurückkommen.«
Tobén ließ seinen Blick über Faolán gleiten, doch nichts an seiner Haltung oder dem Ausdruck in seinem Gesicht verriet ihm, welche Gedanken der Lord der Nachtelfen hegte. Würde er nein sagen? Ein Kloß bildete sich in seinem Hals, während der High Lord auf eine Antwort wartete, doch dann kam endlich die Erlösung, als sich ein breites Lächeln auf Faoláns Gesicht zeigte. »Gewiss werde ich diese Aufgabe übernehmen. Alle Nachtelfen in deinem Volk gönnen euch diese Auszeit. Medina und du habt wahrlich genug durchgemacht und es ist wichtig, Zeit mit der Familie zu haben. Ich fühle mich geehrt, dass du mich ausgewählt hast, Mylord.« Tobén schenkte ihm ein bestätigendes Nicken, während sein Herz sich langsam wieder beruhigte.
Die erste Hürde hatte er gemeistert, fehlte nur noch eine.Doch eine Hürde war es sicherlich nicht. Er hatte sich noch nie im Leben so auf etwas gefreut, und bereits jetzt spürte er die unbändige Liebe, die sich in seinem Herzen festgesetzt hatte. Nur noch ein paar Tage trennten ihn davon.Vor einem Jahr hätte er nicht mehr damit gerechnet, auch wenn sich die Erkenntnis niemals in ihm festsetzen wollte. Er hatte die Hoffnung nie verloren und immer daran geglaubt, dass alles gutgehen würde. Die Mondgöttin hatte sein Bitten und Flehen gehört. Sein Herz setzte wieder einmal aus, als er daran dachte und sich das breite Grinsen nicht mehr verkneifen konnte.
»Wann ist es so weit bei ihr?«, fragte Faolán. Immer noch war Tobén in Gedanken versunken und konnte das Bild seiner Frau direkt vor sich sehen. Wie wunderschön sie aussah und vor Freude strahlte, während ihre blauen Augen immer heller zu leuchten schienen.
»Ein paar Tage, wahrscheinlich zwei oder drei.« Automatisch formten sich Tobéns Lippen zu einem Lächeln. Er konnte dieses Gefühl mit keinem Wort beschreiben, und trotzdem wusste er, dass er sein Leben lang darauf gewartet hatte. Er griff nach der Tasse, die vor ihm auf dem Tisch stand. Warm schmiegte sie sich in seine Hände und der dampfende Tee wärmte sogar sein Inneres. Ein helles Licht tauchte auf einmal neben ihm auf und blendete ihn so stark, dass er seine Augen schließen musste.
Tobén, zum Glück habe ich dich gefunden. Du musst schnell zurück in die Burg kommen!
Er traute seinen Gedanken kaum, doch als er die Augen wieder öffnete, stand Béal vor ihm. Mit weit aufgerissenen Augen drängte der Schattenwolf ihn, sich zu beeilen, und er musste gar nicht nachfragen, worum es sich bei der dringlichen Bitte handelte. Béal wäre niemals von Medinas Seite gewichen, wenn es nicht wichtig gewesen wäre, da war er sich sicher.
Béals auftauchen konnte nur eines heißen.
Es ging los.
Ein paar Tage zu früh, doch das war egal. Er musste zu seiner Frau. Jetzt!
Die Tasse landete auf dem Tisch vor ihm. Noch schnell schenkte er Faolán ein Nicken, verabschiedete sich stumm von ihm, und dann rannte er aus dem Haus. Béal folgte ihm und verschwand nur Sekunden, nachdem sie das Haus hinter sich gelassen hatten, wieder in einer hellen Lichtkugel. Auch Tobén spürte bereits den kalten, starken Schatten um sich herum aufwirbeln. Er wollte keine Zeit verschwenden. Ihm war klar, dass jede Sekunde zählte. Er wollte diesen Moment nicht verpassen, und vor allem war ihm wichtig, dass er seiner Frau beistehen konnte. Als seine Füße wieder Halt auf dem Untergrund fanden, rannte er los. Er dachte nicht weiter nach und hastete die Stufen in die Burg der Nachtelfen hinauf.
Das geschlossene Tor war kein Hindernis, und schon hatte er die lange Wendeltreppe erreicht, die ihn in die obere Etage führte. Er nahm nur verschwommen seine Umgebung wahr, hastete immer weiter, ohne den Blick von seinem Ziel zu nehmen. Nur knapp vor ihm sah er die geöffnete Tür, aus der helles Licht schien.
Siénah stand in dem schmalen Gang davor. Ihr Speer war an die Wand gelehnt, während sie ruhig hin und her lief. Sie machte einen entspannten Eindruck und Tobén wünschte sich, er könnte ebenfalls entspannt sein. Doch das war er nicht. Er zitterte am ganzen Körper. Schweiß lief über seine Stirn und seine Haut fühlte sich viel zu warm an. War er schon jemals so nervös gewesen? Er konnte sich nicht daran erinnern.
Als er bei Siénah ankam, schenkte sie ihm ein breites Lächeln. Mit Stolz klopfte sie ihm auf die Schulter und ließ ihn durch die Tür treten. Dann blickte er sich in dem Zimmer um, in dem er all die Jahre zusammen mit Medina die Zeit verbracht hatte. Eine leise Stimme drang an sein Ohr. Gildá stand an der einen Seite des Bettes und tupfte Medina vorsichtig mit einem Lappen über die Stirn. Seine Frau hatte sich unter die Laken gekuschelt, während ihre Atmung immer schwerfälliger wurde. Béal, die sich durch ihr helles Licht hatte zurückbringen lassen, wuselte durch den Raum und lief beobachtend an den Kanten des Bettes entlang.
Als Tobéns Blick in die Augen von Medina traf, fing sie an zu strahlen. »Du bist hier! Ohne dich hätte ich das nicht durchgestanden ...« Er lief auf sie zu und nahm Gildá geistesabwesend den Lappen aus der Hand. Behutsam strich er seiner Frau damit über die Stirn, den Hals und ihre Arme, die sich selbst durch die Feuchtigkeit des Lappens zu warm anfühlten.»Sei dir sicher, dass ich immer bei dir sein werde. Niemals wird mich etwas davon abhalten, neben dir zu stehen und dich zu unterstützen. Wir schaffen das zusammen!«
In Lyvián war endlich der Winter eingekehrt.
Die Natur lag unter einer hohen Schicht Schnee und das Summen der Insekten war schon lange verstummt. Nur selten hörte ich einen Vogel zwitschern oder eine Biene summen. Fast alle von ihnen waren in den Süden verschwunden und würden erst nach dem Winter wieder nach Hause zurückkehren.
Die kleinen rothaarigen Eichhörnchen waren mindestens genau so spannend zu beobachten. Jeden Morgen hörte ich ihre mit Krallen besetzten Pfoten über den Balkon an unserem Zimmer huschen und wusste, dass sie sich die Nüsse und Kastanien schnappten, die ich am Abend dort hingelegt hatte.
Ich liebte den Winter und die Kälte, die meine Haut prickeln ließ.
Diese wunderschöne weiße Landschaft.
Es erinnerte mich immer an zuhause.
An mein altes Zuhause.
Als ich ein Mensch gewesen war, waren meine Eltern oft mit mir in die Berge gefahren. Wir hatten Stunden dort verbracht, hatten im Schnee gespielt und waren Schlitten gefahren. Ab und an hatten wir uns eine Hütte für das Wochenende gemietet. Anfangs waren wir zu dritt losgefahren, bis Sid und ich beste Freundinnen wurden und ich sie jedes Mal mitnehmen durfte.
Für mich war es immer die schönste Zeit gewesen, in die hohen Schneemassen einzutauchen und meine Sorgen vergessen zu können.
Ich hatte Tobén davon erzählt, doch zu meiner Verwunderung hatte er die Nase kraus gezogen und sich unter der wärmenden Decke verkrochen. Ich hatte schnell gemerkt, dass ihm der Winter nicht lag. Immer wieder fing er an zu zittern, zog sich seinen Mantel bis unter die Nase und beschwerte sich über die Kälte. Ich fand es amüsant, dass Tobén sich wie ein kleiner Junge aufführen konnte. Sein Verhalten hatte mir bereits mehrere Lachanfälle beschert.
Und den anderen natürlich auch.
Philiás war der Meister darin, ihn mit seinen Sprüchen zur Weißglut zu bringen. Des Öfteren war ein lautstarker Streit zwischen den beiden Männern entstanden, der sich zu einer Tirade aus Beleidigungen hochgeschaukelt hatte. Kurz danach war alles wieder gut, während sie sich ein Glas Wein nach dem anderen einverleibten.
Sie davon abzubringen, sich nicht gegenseitig den Kopf abzuschlagen, schaffte ich sowieso nicht, also ließ ich sie einfach machen. Siénah hatte sich dabei auf meine Seite geschlagen, weil wir uns beide einig waren, dass es für unsere Nerven definitiv besser war.
Wie so oft verbrachten wir Frauen den Nachmittag zusammen. Wir hatten uns eine Kanne Tee gemacht, dessen Inhalt nach lieblicher Vanille und Minze roch. Mit zwei dicken Decken waren wir in die Bibliothek gegangen, wo bereits das Feuer im Kamin gebrannt hatte.
Seit unserer Rückkehr hatte sich einiges verändert.
Nicht nur, dass die Stadt der Elfen nicht mehr existierte und der Palast durch Falingeár zerstört worden war. Auch die Elfen waren geflohen, nachdem die restliche Stadt von ihnen in Schutt und Asche verwandelt worden war. Sie wollten keinerlei Erinnerungen mehr daran haben, was sie all die Jahre hatten durchmachen müssen.
Ich konnte nur vermuten, wie lange sie mit den Erinnerungen noch zu kämpfen haben würden.
Einige von ihnen befanden sich nun hier bei uns und lebten in der kleinen Stadt vor der Burg. Andere hatten sich außerhalb unserer Mauern einen Platz zum Leben gesucht.Ich wusste, dass sie jetzt in Frieden leben konnten. Sie fingen an, sich ein neues Leben aufzubauen, Verluste zu verarbeiten und aufzublühen. Sie hatten lange in Leopas Befehl gehandelt, und die meisten Elfen, die jetzt hier lebten, waren Frauen und Kinder. Einige Männer hatten sich unseren Kriegern und somit auch Philiás angeschlossen. Sie wollten ihre Ruhe haben und Tobén und mir etwas zurückgeben, weil wir sie gerettet hatten.
Und an erster Stelle darüber hinweg kommen, was sie in den letzten Jahren durchmachen mussten.
Viele von ihnen litten immer noch. Wie konnte man es ihnen verübeln. Zwei Wochen waren seit diesem Tag vergangen. Sie würden noch lange damit zu kämpfen haben, doch sie strengten sich an.
Die Männer arbeiteten neben dem Wachdienst auf den Feldern. Die Frauen kümmerten sich um die Verarbeitung der Ernte.
Und die Kinder?
Sie waren frei und genossen ihr junges Leben in vollen Zügen. Endlich konnten sie lachen, spielen und herumtollen.
Sie strahlten echte und unbändige Freude aus.
Wieder einmal merkte ich, dass die Elfen und Nachtelfen sich in keiner Weise voneinander unterschieden. Erst jetzt, wo alle zusammen lebten und man sie jeden Tag miteinander kommunizieren sah, wurde es deutlich. Sie hatten keinerlei Unterschiede. Nicht in ihrer Denkweise, und auch nicht in der Art, wie sie lebten. Tobén hatte lange darauf hingearbeitet und es machte mich glücklich, ihn endlich zufrieden sehen zu können. Ich hatte ihm bei seinem Lebenstraum helfen können.
Darauf war ich besonders stolz.
Des Weiteren war Faolán wieder nach Hause zurückgekehrt. Auch ihm waren einige der Elfen gefolgt und hatten sich für ein Leben im Süden entschieden.
Eine Nachricht von ihm und Rayánne war vor ein paar Tagen angekommen. Faolán hatte geschrieben, dass es ihnen allen gut ging und die Elfen sich fabelhaft in das neue Leben integrierten und sie endlich den Anbau ausweiten konnten.
Dank der neuen Helfer.
Auch diese Nachricht hatte mich mit Freude erfüllt.
Ich merkte seit ein paar Tagen, dass ich öfter lachte und es mir besser ging als noch vor einigen Monaten. Der große Kampf war wirklich vorbei. Es war nicht die Ruhe vor dem Sturm. Dieses Mal herrschte absolute Stille, die von niemandem unterbrochen werden konnte.
Natürlich schwebte immer noch der Gedanke an Aéryn und die Riesen in meinem Kopf herum.
Wir hatten in den vergangenen zwei Wochen nichts von ihnen gehört. Kein Lebenszeichen war an unsere Ohren gedrungen oder durch einen Brief überbracht worden. Keálas hatte seinen Spion sicherheitshalber abgezogen und seitdem gab es keine Nachrichten mehr.
Ob gut oder schlecht war dabei völlig egal.
Wir tappten im Dunkeln, und innerlich bescherte es mir ein ungutes Gefühl. Nicht zu wissen, was dort vor sich ging, fühlte sich wie ein Riss an, der die angenehme Stille durchbrach.
Und was war mit Moérs?
War er überhaupt noch am Leben?
Auch darüber wusste keiner von uns Bescheid. Was wir wussten, war, dass Aéryn etwas plante, sonst hätte sie einen der Robúlái nicht gefangen genommen oder so offensichtlich nach dem Onyx gefragt. Es konnte möglich sein, dass sie sich selbst darum gekümmert hatte und bereits einen schwarzen Stein besaß.
Mein ganzer Körper zitterte bei dem Gedanken.
Wenn sie dazu fähig war, dann bestimmt auch noch zu anderen Dingen. Und das alles nur, weil sie nicht das bekommen hatte, was sie wollte.
Meinen Mann.
Natürlich konnte ich sie irgendwie verstehen. Niemand bekam gerne einen Korb. Vor allem, wenn Gefühle mit im Spiel waren. Meiner Meinung nach war es krank, sich nach so vielen Jahren immer noch daran zu klammern.
An eine Person, die sich für jemand anderen entschieden hatte.
Wir mussten weiter auf der Hut sein. Selbst Leopas hatte Aéryn und ihren Zorn erwähnt, während er vor mir auf seinem Sterbebett gelegen hatte.
Wir mussten mit einem weiteren Angriff rechnen und ich war gespannt, wann es passieren würde. Noch deutete nichts darauf hin. Aber wer wusste das schon so genau. Die Riesen waren auch bei Kälte und Schnee begnadete Krieger. Ihnen würde es nichts ausmachen, durch die tiefen Massen zu stampfen und sich tagelang dort draußen aufzuhalten.
Wahrscheinlich hätten sie dadurch sogar einen Vorteil.
Warum griffen sie dann nicht an?
So viele Fragen, die mich plagten, und langsam fing mein Kopf an zu schmerzen.
Ich blickte von meinem Buch in der Hand auf. Siénah war immer noch versunken in ihre Papiere. Wie ein kleines Mädchen kritzelte sie darauf herum. Manchmal verzog sie ihr Gesicht, strich dann schnell das Geschriebene wieder durch und versuchte es erneut. Sie so zu sehen war amüsant.
»Schade, dass wir noch so lange warten müssen. Ich würde so gerne jetzt schon eure Hochzeit feiern.«, sagte ich in die Stille hinein.
»Nein, Meddi. Es ist viel zu kalt draußen, und ich wollte nie eine Hochzeit im Schnee haben. Da warte ich lieber die paar Monate, um so eine schöne Hochzeit zu haben, wie Tobén und du sie hattet.« Sie zwinkerte mir verschmitzt zu.
»Wenn du an das Ende denkst, dann war meine Hochzeit nicht gerade perfekt.«
Auch dieses Bild war noch oft in meinen Gedanken.
Lenox, der einfach nicht mehr er selbst war. Verdorben durch den Onyx auf seiner Stirn. Das alles war längst Vergangenheit und zum Glück hatten wir Lenox aus den Fängen der dunklen Magie befreien können. Er hatte nicht in dieser Form sterben müssen, und genau das stimmte mich etwas zufrieden.
Er hatte seinen Frieden finden können.
Ein bisschen machte dieser Gedanke seinen plötzlichen Verlust leichter. Ich hoffte sehr, dass es seiner Seele gutging, und ich hoffte auch, dass ich die Zeitspanne überbrücken und ihn wiedersehen könnte.
Ich wollte ihm von ganzem Herzen danken.
Doch bis dahin war es noch eine lange Zeit, in der ich niemals aufhören würde, ihn zu vergessen.
»Ich hoffe, dass wir bis dahin noch Zeit haben. Doch die ganze Situation mit den Riesen macht mir Sorgen. Die Ungewissheit ist kaum auszuhalten ...«, kam es aus meinen Lippen geschossen.
Siénah blickte von ihren Papieren auf. Ihre Augen sagten mir, dass sie es sehr ähnlich sah.
»Ja, ich stimme dir zu. Nicht zu wissen, was Aéryn plant und wie weit sie vielleicht schon sind ... Ich bin es langsam leid, immer wieder in den Kampf ziehen zu müssen.«
Obwohl ich nur einen Krieg miterlebt hatte, wusste ich, wie Siénah fühlen musste. Sie war schon so lange eine Kriegerin. Sie hatte unzählige Kämpfe gesehen und war mittendrin gewesen. Und nach so vielen Jahren hätte auch ich langsam keine Lust mehr.
Ich wollte jetzt schon nicht mehr.
»Es wird schon alles gut, Meddi. Mach dir nicht zu viele Gedanken. Außerdem solltest du dich freuen. Das große Jólmoon-Fest steht bevor. Endlich mal wieder ein Grund, zu feiern!« Siénah wippte zuversichtlich mit ihren Augenbrauen. Dabei funkelten ihre grauen Augen vor Freude auf.
Ich konnte ihre Euphorie verstehen.
Ein Fest war immer ein besonderer Anlass. Alle kamen zusammen, lachten und feierten. An diesem Tag waren die Sorgen vergessen.
Nur wenige Wochen trennten uns noch von dem Fest, auf das wir jetzt schon hin fieberten.
Und bei dem Gedanken fing mein Körper an zu kribbeln.
Wie ein Wirbelsturm wehte der kalte Wind durch meine Haare. Meine Ohren waren eiskalt und wahrscheinlich schon dunkelrot angelaufen.
Trotzdem rannte ich weiter, immer weiter.
Schon mehrmals hatte ich den gesamten Trainingsplatz umrundet. Mein Atem stieg in kleinen Wolken in den Himmel, während der Bogen aus Eschenholz ruhig in meiner Hand lag.
Bis jetzt hatte ich kein Ziel verfehlt.
Und das, obwohl starker Wind, gemischt mit Schneeflocken, meine Sicht erheblich trübte. Auch auf meine Bewegungen musste ich viel mehr achten. Der Schnee lag mindestens vierzig Zentimeter hoch und an den Stellen, wo er zertrampelt worden war, war es rutschig und glatt. Schon einige Male hätte ich mich fast nicht mehr halten können und wäre ausgerutscht. Doch im letzten Moment hatte ich wieder Halt gefunden.
Zum Glück!
Ich hatte absolut keine Lust, in einer nassen Hose herumlaufen zu müssen. Wahrscheinlich würde ich sogar krank werden oder erfrieren. Nein, das wollte ich auf jeden Fall vermeiden.
Obwohl mir sowieso nicht mehr viel Zeit blieb. Das dicke Fell meiner Schuhe gab langsam aber sicher nach und die Kälte kroch an meine Füße. Bei jedem Schritt fing es immer deutlicher an zu quietschen und es war ein unangenehmes Gefühl.
Meine Stiefel würden der Nässe nicht mehr lange standhalten, aber nach drei Stunden Training war es wohl nicht zu vermeiden. Und langsam taten mir auch alle Muskeln weh und meine Lunge brannte, weshalb ich wohl oder übel nun ein Ende finden musste. Hatte ich es vielleicht übertrieben? Möglich wäre es, doch ich musste einfach mal wieder raus.
Die frische Luft und die Kälte auf meiner Haut gaben mir ein lebendiges Gefühl.
Ich konnte nicht nur in diesem Zimmer hocken, über Papiere gebeugt oder stundenlang auf dem Thron sitzen und nichts tun. Das war nicht ich.
Es hatte mich in den letzten Tagen mehr angestrengt, als es sollte.
Außerdem war es wichtig, eine Balance zu schaffen. Das hatte ich mir von Anfang an vorgenommen. Also ging ich mit vollem Elan meinen Pflichten als High Lady nach und danach tat ich das, was alle guten Kämpferinnen taten.
Nämlich wie wild trainieren.
Doch heute musste ich zugeben, dass meine Kraft mich langsam verließ und es deutlich anstrengender war als sonst.
Noch ein letztes Mal schoss ich einen Pfeil ab, direkt auf die Zielscheibe auf meiner Linken. Die Spitze traf ins Schwarze und innerlich fing ich an zu jubeln. Dann lief ich schnell weiter und schüttelte mir den Schnee aus den Haaren, als ich unter der Überdachung ankam, die sich direkt am Rand des Trainingsplatzes befand und wo alle Waffen, die gerade nicht in Gebrauch waren, lagerten und für jedermann zum Üben zur Verfügung standen.
Hier nahm zum Glück auch der Wind deutlich ab und ich konnte mich einen Moment sammeln. Meine Schuhe bestanden nur noch aus dicken Schneeklumpen. Von dem wärmenden Fell war nichts mehr zu erkennen.
Ein loderndes Kaminfeuer würde mir jetzt guttun. Ich wollte gerade hinaustreten, als mich ein kräftiger Schlag an der Schulter traf. Erstaunt blickte ich an mir hinab, aber keine Wunde oder Blut war zu sehen. Nur ein großer, weißer Fleck und Schnee, der von meinem Mantel bröckelte.
Ich schaute auf und sah meinem Gegner direkt in die Augen. Das mir bekannte Kribbeln flog durch meinen Körper.
»Mit so einem Hinterhalt hätte ich hier nicht gerechnet, und vor allem hätte ich nicht mit dir gerechnet. Ein Wunder, dass du dich hinausgewagt hast.«, sagte ich und verkniff mir ein freches Grinsen. Es war so schon amüsant zu sehen, wie der Schnee sich in Tobéns Haaren verfing und er sich seinen Mantel mal wieder bis zu seinem Kinn hinaufgezogen hatte
Und mir war klar, dass er wusste, dass er diesen Angriff zurückbekommen würde.
Irgendwann.
Mit kräftigen Schritten trat er in den Unterstand und kam direkt auf mich zu. Tobén funkelte mich mit seinen leuchtenden Augen an und der schwarze Glanz in ihnen war deutlich zu sehen. Allein sein Körper strahlte unglaubliche Wärme aus. Oder kam die Hitze, die ich auf einmal spürte, von mir?
Meine Wangen mussten feuerrot sein, so warm war mir auf einmal. Auch Tobén schien die Hitze um uns herum wahrzunehmen. Er lächelte mich wissend an und ich forderte ihn mit meinem Blick heraus.
»Warum bist du hier, Tobén?«
Er kam noch näher, bis er direkt vor mir stand und ich seinen Duft in meine Lungen ziehen konnte.
»Ist das nicht offensichtlich?« Sein Mundwinkel hob sich leicht und immer noch fixierte er mich mit seinem Blick.
»Anscheinend hattest du ein Attentat auf mich vorbereitet, oder wie soll ich den Angriff mit dem Schneeball verstehen?«, witzelte ich.
Tobén lächelte breit in sich hinein und seine Augen fingen noch stärker an zu strahlen.»Ein Attentat aus Schnee ist bei deiner inneren Flamme wohl eher unmöglich. Besser gesagt wäre es ziemlich dumm, dich auf diese Weise anzugreifen. Und ja, ich kann es hier draußen in dieser Kälte echt nicht ausstehen, aber mein Verlangen nach dir hat mich hierher getrieben.«
Wieder stieg mir diese unbändige Hitze in die Wangen.
Er löste immer noch so viel in mir aus, dass es mit Worten gar nicht zu beschreiben war.
»Tobén, habe ich das richtig verstanden, dass du dich gleich hier vor mir ausziehen wirst? Selbst mir wäre es eindeutig zu kalt dafür!«, versuchte ich ihn herauszufordern, indem ich spitzbübisch mit meinen Augenbrauen wackelte.
Als meine Worte bei ihm ankamen, verzog er gequält das Gesicht. Ich musste unwillkürlich schmunzeln.
»Hier in dieser Kälte? Niemals! Wie kannst du nur an so einen Unsinn denken. Du kommst jetzt mit mir und dann werde ich dich lieben, in unserem Bett, vor den wärmenden Flammen des Kamins, überall. Aber ganz sicher nicht hier draußen!«
Da war er wieder.
Der Kälte hassende, hübsche Mann, der mein Herz wild zum Pochen brachte. Und obwohl seine Worte rau waren, sehnte ich mich so sehr danach, genau das jetzt mit ihm zu tun.
Ihn zu lieben, immer und immer wieder.
Ich griff nach seiner Hand, die er mir zaghaft entgegenstreckte. Schon wirbelte der Wind wieder durch meine Haare und der dunkle Nebel nahm mir die Sicht. Doch schnell war es vorbei und wir standen zusammen in unserem Zimmer. Der Kamin prasselte vor sich her. Meine Finger fingen an zu kribbeln und auch meine Füße begannen damit, die Wärme in sich aufzunehmen. Vielleicht würde ein warmes Bad guttun. Aber dafür war später noch Zeit. Das, was als Nächstes geschehen würde, würde unsere beiden Körper genug erwärmen.
Als ich wieder in Tobéns Augen blickte, war das Verlangen deutlich sichtbar. Er schien nicht mehr länger warten zu wollen. Mit schnellen Fingern löste er den Knopf an seinem Mantel und ließ ihn einfach zu Boden fallen. Sein Anblick und die nackte Haut, die zum Vorschein kam, verblüffte mich. Er hatte noch nicht einmal ein Hemd oder dicken Pullover angezogen.
Und so war er nach draußen gegangen?
Selbst mir wäre das zu kalt gewesen.
»Du siehst verblüfft aus. So lange ist es doch gar nicht her, dass du mich oben ohne gesehen hast ...«
»Du ... du bist so rausgegangen, in die Kälte ... Wieso hast du dir nicht etwas Wärmeres angezogen?«, fragte ich sprachlos.
Sein Grinsen wurde breiter und mit einer Hand strich er sich sanft über seine Brust. Sein Körper war immer noch der Schönste, den ich jemals gesehen hatte. Wie definiert seine Brustmuskeln waren und sein straffer Bauch, auf dem jeder Muskel deutlich hervortrat. Seine Schulterpartie war kräftig und ließ erahnen, dass er stark war und kämpfen konnte. Und immer wieder fragte ich mich, wie er es hinbekam, so auszusehen.
Noch nie hatte ich ihn Sport machen sehen und trainieren tat er auch nicht so oft. Vielleicht hatte er aber einfach nur Glück.
Und mir kam es deutlich zugunsten.
»Ich wollte keine Zeit verschwenden, indem ich mir noch mehr anziehe. Es wäre doch sowieso direkt auf dem Boden gelandet, genauso wie mein Mantel. Und die paar Minuten in der Kälte habe ich ausgehalten. Außerdem wird mir immer ganz warm, wenn ich dich sehe und weiß, dass du gleich unter mir liegen wirst, nackt und meinen Namen stöhnend.«
Seine letzten Worte waren nur ein Knurren und zeigten mir deutlich, dass er mich wollte. Jetzt und hier. Und umso mehr wollte ich ihn.
Meine Hände landeten auf seinem nackten Oberkörper, als unsere Lippen sich trafen. Er küsste mich innig und drang mit seiner Zunge immer weiter vor. Es beflügelte mich, und wie von Sinnen krallte ich mich in seine Haare.
Ein leises Stöhnen kam aus seinem Mund.
Im nächsten Moment glitten seine Hände an meinen Körper. Mein Mantel, so wie mein Wams und die Bluse, landeten auf dem Boden. Schnell schlüpfte ich aus den Stiefeln, die ich durch das Zimmer pfefferte. Dann landete mein Mund wieder auf seinem. Seine nackte Haut an meiner fachte mich weiter an.
Mit einem schnellen Griff hatte er mir die Hose ausgezogen und mich auf unser Bett befördert. Im nächsten Augenblick lag er wieder auf mir, nackt und steif. Meine Gedanken fingen an zu verschwimmen. Ich hatte nur noch ihn vor Augen, seine Männlichkeit und die Lust, die sich nach mir verzerrte.
Er sollte nicht länger warten, doch ich wusste, dass er sich erst um mich kümmern würde. Sein Mund fuhr über meinen Hals und hinterließ eine Gänsehaut. Dann seine Stimme, die mir zart in mein Ohr hauchte. »Du bist die schönste Frau, die es auf dieser Welt gibt. Und du gehörst mir!«
Darauf konnte ich nichts erwidern, denn schon im nächsten Moment küsste er meine Brüste und fuhr intensiv mit seiner Zunge über meine Haut. Seine Finger glitten weiter hinab, vorbei an meiner Hüfte, und streichelten zärtlich über meinen Bauchnabel.
Er zog sich von meinen Brüsten zurück, nur um mit seinem Mund in meinem Schritt zu landen. Mir stockte der Atem und ein lautes Stöhnen flutete den ganzen Raum. Tobén wusste, was er mit seiner Zunge tat und trieb mich immer weiter. Dabei packte er meinen Po so fest, dass ich es nicht mehr zurückhalten konnte. Ich ließ es einfach zu und bäumte mich unkontrolliert auf, als ich gegen seinen Mund kam. Meine Finger krallten sich in Tobéns Haare, bis dieses Gefühl langsam abebbte. Wie von selbst schob er sich wieder hoch.
»Ich hoffe, meiner Frau hat es gefallen.«
»Ja ...«, flüsterte ich.
Meine Stimme war kaum wahrzunehmen und sie sehnte sich nach mehr. Ich griff zwischen uns und spürte seine Erektion in meiner Hand. Im selben Moment fing er an zu zittern und stöhnte laut auf. Sanft glitt ich auf und ab und machte ihn damit noch härter. Mit meiner freien Hand zog ich ihn zu mir und dann drang er sanft in mich ein.Ich hielt die Luft an, als ich ihn in mir spürte und er mich vollkommen ausfüllte. Er pulsierte in mir und mit jedem Stoß drang er tiefer vor. Mit jeder Sekunde wurde es intensiver und mein Stöhnen vermischte sich mit seinem.Seine Hand glitt in meinen Nacken, als er mich küsste und seine Lippen einige Augenblicke auf meine presste. Die andere lag unter meinem Rücken und drückte mich näher an ihn.
»Ich will gar nicht damit aufhören! Du bist so unglaublich weich und nass.«, zischte er zwischen zwei Stößen.
»Ich liebe dich, Tobén!«
Seine schweißnasse Stirn landete auf meiner, als er heftig in mich eindrang, dann wieder herausglitt, um noch fester in mich zu stoßen. Immer und immer wieder.Und dann hallte sein lustvolles, lautes Stöhnen durch den Raum, als er kam, seine Wärme in mir spürbar war und er seine Finger in das Laken krallte. In diesem Moment fühlte ich mich vollkommen. Dieser Mann machte mich glücklich und noch viel mehr.
Er machte mich lebendig.
Rotbraune Schuppen stachen in meine Augen, als ich in der schwachen Dunkelheit wieder etwas erkennen konnte.
Kleine Lady, wieder besuchst du mich. Ich fühle mich geehrt, so oft deine Gesellschaft genießen zu dürfen.
Ich musste schmunzeln.
Falingeár wusste genau, wie er mir schmeicheln konnte.
Natürlich hatte er mit seinen Worten recht. Fast jeden Tag, seitdem wir zurück in der Burg waren, war ich ihn besuchen gegangen. Immer wieder hatte es mich zu ihm gezogen. Vielleicht aus dem Grund, weil er mich gerettet hatte, als ich im Palast festgesessen hatte. Oder auch, weil er immer an meiner Seite gewesen war, als es mir so schlecht ging. Ich hatte das Gefühl, ich musste ihm etwas zurückgeben, und doch wusste ich, dass er es niemals von mir verlangt hätte.
Ich wollte es tun.
Außerdem fühlte ich mich mit Falingeár sehr stark verbunden. Zusätzlich kam ich so immer wieder in den Genuss, an die frische Luft zu kommen, die Natur um mich herum zu spüren.
Falingeár hatte sich in einer Höhle hinter der Wiese mit den blauen Blumen einquartiert, damit er nicht der Kälte und dem Schnee ausgesetzt sein musste. Ich hatte ihn gefragt, warum er nicht wieder zurück zum Dragongóul-Berg reiste, aber er hatte nur gesagt, dass er nicht zurückwollte. Anscheinend war er viel lieber hier bei uns.
Natürlich freute ich mich darüber.
Er war ein Freund, ein weiterer Teil dieser Familie. Und wenn es möglich gewesen wäre, dann hätte ich ihn in der Burg wohnen lassen. Leider war er dafür zu groß. Doch zum Glück hatte Tobén ihm von den verlassenen Höhlen hier oben erzählt. Sie waren groß genug, um Falingeár ausreichend Platz zu schenken, und er schien sich wirklich wohlzufühlen.
Was mich natürlich auch glücklich machte.
Und lange würde der Winter bestimmt nicht mehr dauern. Dann konnte Falingeár sich schnell wieder auf den Feldern breitmachen und die Sonne genießen.
Deine Gedanken sind sehr getrübt, kleine Lady. Dir macht etwas zu schaffen, das kann ich spüren.
Natürlich hatte Falingeár recht mit seiner Vermutung.
Ich konnte mich zwar ablenken und die Gedanken verdrängen, aber viel zu schnell kamen sie wieder.»Ich denke oft an die Riesen und vor allem an Aéryn. Die Tatsache, dass sie etwas plant, macht mich nervös. Wir haben Leopas besiegt und schon steht die nächste Herausforderung vor uns. Was ist, wenn wir es dieses Mal nicht schaffen zu gewinnen?«, antwortete ich ihm darauf.
Ich fuhr mit einer Hand durch meine Haare, die mir ins Gesicht geflogen waren. Der Wind hatte zugenommen. Eine kleine Böe mit Schnee war herein geweht worden. Kurz hatte er sich auf dem Boden gesammelt, doch jetzt war nur noch ein dunkler Fleck zu sehen. In wenigen Sekunden war er geschmolzen und sank tief in das Erdreich hinunter. Dank Falingeárs eigener Körperwärme war es hier unfassbar warm und angenehm. Ich musste die oberen Knöpfe meines Mantels öffnen.
Sei gewiss, kleine Lady, dass ich in dieser Situation bei dir sein werde. Du bist nicht allein.
Ich lächelte breit, während ich ihm in sein großes, grünes Auge blickte. Er schien mich zu fixieren und mit seiner Schönheit in den Bann zu ziehen.
»Ich bin froh, dass du wieder hier bist, Falingeár.« Ja, das war ich wirklich. Als ich ihn in der Stadt der Elfen gesehen hatte, und dann die Stimme von Carrán hörte, da war alle Last von mir abgefallen. Dank Falingeár hatten wir überlebt und waren sicher zu Hause angekommen. Ich erinnerte mich nur zu gerne an diesen Moment. Alle waren Falingeár dankbar, und natürlich auch Carrán. Er hatte den großen Drachen gefunden und war mit ihm zusammen unsere Rettung gewesen. Als wir in der Burg angekommen waren, war ich ihm schluchzend um den Hals gefallen. Ich war so froh gewesen, dass er unversehrt vor mir gestanden hatte, und hatte meinen Gefühlen freien Lauf gelassen. Mir war in dem Moment alles egal gewesen.
Wie geht es Carrán?
»Ihm scheint es gutzugehen. Erst heute ist ein Brief durch einen Boten angekommen. Auch in der Menschenwelt ist alles ruhig und friedlich.«, sagte ich.
Carrán war vor ein paar Tagen abgereist. Er hatte immer davon geredet, dass er irgendwann einmal dort leben wollte. Dann, wenn alles vorbei wäre. Und jetzt hatte er endlich die Chance bekommen, aus Lyvián fortzugehen.
Carrán war ungebunden und hatte sich aus freien Stücken dazu entschieden, alles hinter sich zu lassen. Fürs Erste!, hatte er mir versichert. Ich wusste, er würde niemals ganz verschwinden, doch diese Auszeit hatte er sich mehr als verdient. Carrán hatte zwar behauptet, dass er die Riesen im Auge behalten wollte und deswegen erneut in die Menschenwelt gereist war, doch es gab noch einen anderen Grund.
Die hübsche, junge Frau, die er kennengelernt hatte, als wir das letzte Mal zusammen in Edinburgh gewesen waren.
Sie tat ihm gut, das hatte ich damals schon gemerkt. Seit langem hatte er wieder strahlen können. Bis heute war sein Lächeln nicht verschwunden, wenn er über sie gesprochen hatte. Und deswegen hatte ich ihn bestärkt zu gehen.
Carrán sollte ebenso glücklich werden, wie alle anderen.
Früher oder später wäre er sowieso gegangen.
Zusätzlich zu den Informationen hatte er in dem Brief geschrieben, dass er schon lange nicht mehr so glücklich war wie jetzt und er jeden Tag mehr als genoss.
Ihretwegen.
Carrán würde sie zur Frau nehmen, da war ich mir sicher. Er hatte endlich wieder Glück in seinem Leben und würde es niemals wieder loslassen.
Bei dem Gedanken musste ich lächeln.
Ich würde ihn hoffentlich bald einmal zusammen mit Tobén besuchen können.
Und dann endlich Melody kennenlernen.
Es war immer noch ein komisches Gefühl, so eine Reise in Betracht ziehen zu können. Vor wenigen Wochen sah alles noch ganz anders aus. Vor wenigen Wochen hatte ich nur an den Kampf gedacht und darauf gehofft, dass alle überleben würden. Doch das war jetzt vorbei, und endlich konnte man sich anderen Gedanken widmen.
Der Zukunft, die vor uns lag.
War es das wirklich wert? Sollte ich mich weiter einmischen?
Mich noch mehr in Gefahr bringen, nur seinetwegen?
Wahrscheinlich war ich ein Dummkopf. Ein Dummkopf, der sich nur selber in sein eigenes Grab befördern würde!
Doch was tat man nicht alles, um dieses Spiel zu beenden. Ich riskierte sogar mein Leben. Für einen Bastard. Für diesen Idioten, der so dumm war, sich auf dieses Spiel einzulassen.
Ich konnte es immer noch nicht fassen.
Das war doch alles ein böser Traum. Eine Einbildung meiner Gedanken, die sich einen Weg hinaus bahnen wollten.
Nein, das war es nicht!
Ich stand wirklich hier, versteckt in der Dunkelheit. In dieser kleinen Nische, die mich vor aller Augen verborgen hielt. Noch konnte ich gehen. Einfach wieder verschwinden und niemand hätte mich gesehen. Oder hätte jemals mit meinem Plan gerechnet. Doch mein Körper rebellierte. Meine Beine blieben wie angewurzelt stehen und immer noch pumpte mein Herz Adrenalin durch meine Adern. Immer heftiger wurde das Pochen in meiner Brust. Das letzte Mal hatte ich dieses Gefühl während eines Kampfes gespürt.
Als ich mein Schwert durch die Körper meiner Feinde hatte sausen lassen und ihr Blut mir ins Gesicht gespritzt war. Wenn ich Pech hatte, würde mir ein Kampf gleich auch noch blühen. Das alles nur seinetwegen.
Wie war ich nur auf diese absurde Idee gekommen? Würde eine Rettung etwas an der Situation ändern?
Vielleicht hatte ich mir auch nur etwas eingeredet.Wahrscheinlich würde meine Tat alles nur schlimmer machen und es nur wenige Tage oder Wochen weiter hinauszögern.
Wieso hatte Aéryn es immer noch nicht getan?
Sie hatte doch alles, was sie dafür brauchte. Hatte sie vielleicht Angst?
Nein, niemals!
Aéryn kannte dieses Gefühl nicht. Niemals wäre sie auf diese Idee gekommen, einen so bösen Plan zu schmieden. Doch trotzdem musste ich mich fragen, was sie dann davon abhielt? Oder vielleicht wollte sie uns alle in Sicherheit wahren.
Dieses hinterhältige Miststück!
Aéryn war unberechenbar und das machte mir Angst. Ich wollte nicht wissen, was in ihrem Kopf vor sich ging.
Ich war froh, ihr Angebot damals abgelehnt zu haben. Diese Verbindung wäre am Ende mein Tod gewesen und wahrscheinlich war es mein derzeitiger Plan auch.
Doch ich musste etwas tun und ich wusste, dass auch Tobén so gehandelt hätte. Er würde uns beschützen, wenn wir es heile zu ihm schafften. Auch wenn wir nicht immer gleicher Meinung waren und Philiás mich zu hassen schien, würde der High Lord meine Bitte nicht abschlagen. Dieser Plan - mein Plan - würde uns wohl oder übel verbinden.
Wenn er mich nicht vorher umbringen würde.
Ich versuchte, mein Inneres zu beruhigen und atmete vorsichtig ein und wieder aus. Konzentration war jetzt das Wichtigste. Scheitern war keine Option.
Als Schritte neben mir zu hören waren, zuckte mein Körper kurz zusammen, doch schnell hatte ich mich wieder im Griff. Ich konzentrierte mich auf die Stimmen, die durch den Gang hallten.
»Meinst du, es ist wirklich eine gute Idee?«
»Natürlich, alter Freund. Wir werden höchstens eine halbe Stunde fort sein. Und aus diesen Zellen ist noch nie jemand herausgekommen. Es wird schon nichts geschehen ...«
Langsam verblassten die Stimmen, und auch die Schritte wurden leiser. Ich horchte noch einmal genauer hin.
Es war still.
Selbst die Mäuse und Ratten schienen sich versteckt zu haben. Eine halbe Stunde war nicht viel, also hastete ich los. Ich hatte Glück, dass die restlichen Zellen leer waren, sonst wäre es nicht so einfach gewesen, an mein Ziel zu kommen. Die Person im Inneren blickte mich mit trüben, gelben Augen an. Kein Wort kam über seine Lippen, als ich mit einem Zauber das Schloss knackte.
»Was willst du hier? Dich an meinem Elend ergötzen?«, zischte er.
Dieser sture Bock! »Nein! Im Gegenteil. Ich bin hier, um dir deinen Arsch zu retten!«
Bei meinen letzten Worten weiteten sich seine Augen. Er schien es nicht wahrhaben zu wollen, nicht glauben zu wollen, dass ich wegen ihm hier war. Ich lächelte ihm verschmitzt zu und hielt ihm auffordernd meine Hand entgegen.
Ja, er sollte meinen Worten ruhig Glauben schenken, denn allein würde ich diese Zelle und den Kerker nicht verlassen!
Ich war doch tatsächlich eingeschlafen. Erholsam war dieser Schlaf jedoch nicht gewesen.
Ganz im Gegenteil.
Die Vision hatte meinen Körper in eine Starre versetzt. Nicht nur hatte ich seit langem wieder eine Vision gehabt, auch hatten sich die Augen von Moérs deutlich in mein Gedächtnis gebohrt. Es war klar, dass jemand versucht hatte, ihn zu befreien, und seine Stimme mir bekannt vorgekommen war, aber ich mich nicht mehr erinnerte, wem sie gehörte. Vielleicht hätte ich mich an die Person erinnert, wenn ich mehr von seiner Stimme gehört hätte. Doch dass ich durch die Vision nicht wusste, ob er es geschafft hatte, Moérs zu befreien, machte es nur noch schlimmer.
Wenn er wieder auf freiem Fuß war, war es eine Katastrophe. Und sein Retter wollte ihn zu uns bringen? Das hatte er deutlich gesagt, als er kurz an seinem Plan gezweifelt hatte. Doch wie kam er darauf, zusammen mit Moérs zu uns zu kommen? Er musste doch wissen, was wir von ihm hielten. Dass Tobén den alten König der Riesen schon bei ihrer letzten Begegnung grün und blau geschlagen hatte. Der Retter glaubte daran, dass es ihre einzige Chance war zu überleben und sich vor Aéryn und ihrem Plan zu schützen.
Uns allen war bewusst, dass sie ein starkes, mächtiges Herz brauchte, um einen neuen Onyx zu erschaffen. Ein Herz, das dem von Tobén oder mir gleich kam.
Moérs!
Doch dieser lebte, was bedeuten musste, dass der Onyx noch nicht erschaffen worden war. Lautstark ließ ich einen Schwall warme Luft aus meinem Mund strömen. Dieser kleine Gedanke schenkte mir kurz Erleichterung, doch nicht lange.
Zwar war mir in diesem Moment bewusst, dass es keinen neuen Onyx gab, aber mir war nicht klar, ob der Retter seinen Plan überlebt hatte und sie auf dem Weg zu uns waren. War der Plan vielleicht doch gescheitert? Hatten sie es überlebt oder war Moérs jetzt tot und Aéryn hielt den Onyx in ihrer Hand? Mir brummte der Kopf und alles um mich herum schien nur verschwommener zu werden. Ich musste zu Tobén und den anderen, jetzt sofort.
Ich sprang aus den Laken, in die ich mich eingewickelt hatte. Mit beiden Beinen landete ich vor dem Bett, als ein Stechen mich zusammenzucken ließ. Mein Bauch krampfte und ich musste mir die Hand fest hinauf drücken. Auch mein Steißbein fing merklich an zu kribbeln, und im selben Augenblick wusste ich, was das zu bedeuten hatte.
Ich bekam meine Periode!
Ich hastete durch die Tür in das kleine Badezimmer direkt neben unserem Bett. Dann wischte ich mir mit einem nassen Lappen zwischen den Beinen. Ich schnappte mir eines der Baumwollhöschen, die Gildá mir schon vor Monaten gegeben hatte. Darin waren mehrere Lagen kleiner Baumwollstreifen, die mich vor weiteren Unfällen schützen sollten. Ich hatte mich daran gewöhnt, doch der Luxus von richtigen Binden oder Tampons fehlte mir trotzdem.
Oder dieses Gefühl, dass etwas Wunderbares in mir heranwuchs.
Wieder ein Monat, indem es nicht geklappt hatte. Wieder ein Monat, der mir immer mehr die Hoffnung nahm, obwohl Tobén alles dafür tat, um mich zu ermutigen. Ich wusste, dass es nach einer Fehlgeburt schwieriger war, wieder schwanger zu werden. Und natürlich war es keine normale Fehlgeburt gewesen, sondern eine, die durch böse Magie heraufbeschworen worden war. Noch immer wussten Tobén und ich nicht, was Leopas' Magie alles in mir angerichtet hatte. Selbst Keálas war es nicht möglich, das herauszufinden. Und dann war da noch der Preis, den ich hatte zahlen müssen, um Tobéns Seele wiederzubekommen. Vielleicht war es wirklich unser Schicksal, niemals Kinder haben zu können.
Vielleicht ...
Ich hatte ganz vergessen, warum ich eigentlich aufgestanden war. Was mich aus meinem Schlaf gerissen hatte. Doch jetzt war es wieder deutlich in meinem Kopf. Alles, was ich gerade gesehen hatte. Ich musste mich beeilen. Irgendwo würde ich Tobén und die anderen schon finden.
Als ich aus dem Bad heraustrat, blickten mich wunderschöne, blaue Augen an. Eingekuschelt lag Béal zwischen den aufgewühlten Laken und Kissen. Die Helligkeit, die ihr ganzer Körper ausstrahlte, stach mir direkt ins Auge. Sie war einfach wunderschön.
Ist alles in Ordnung?
»Ja! Und nein. Aber mir geht es gut, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.« Ich schenkte ihr ein kleines Lächeln, als ich auf das Bett zutrat und meine Finger langsam durch ihr Fell gleiten ließ. Ein warmer Funken kribbelte über meine Haut, während ich Béals Körper berührte, und ein leichtes Brummen kam aus ihrer Kehle. Sie schien es sichtlich zu genießen.
»Na los! Wir sollten zu Tobén gehen und ihm von meiner Vision erzählen.« Als ich einen Schritt beiseitetrat, sprang Béal in hohem Bogen von dem Bett herunter. Elegant und leichtfüßig landete sie auf dem harten Holzboden. Ihr Fell sträubte sich und ihre Energiesteine fingen an zu pochen.
Worauf wartest du. Komm, ich weiß genau, wo Tobén sich gerade befindet.
Ich legte meinen Kopf schief und schaute meinem Schattenwolf entgegen. Ihr Blick war fordernd und doch strahlte mir unglaubliche Freude entgegen.
Dieser Anblick verschlug mir immer wieder die Sprache.
Ich wusste nicht, womit ich eine Gefährtin wie Béal verdient hatte, und doch war ich jede Sekunde dankbar, sie an meiner Seite zu haben. Das Band unserer Seelen war so stark und immer noch unbegreiflich für mich. Und doch stand sie vor mir und war keine Einbildung.
Die beste Freundin, die sich jede Frau wünschen konnte.
Noch immer standen wir einfach nur so da und schauten uns gegenseitig an. Keiner von uns sprach nur ein Wort oder gab einen Ton von sich. Ich genoss den Moment, bevor sich mein Körper langsam in Bewegung setzte. Ich ging an Béal vorbei, direkt auf die Tür zu. Noch einmal streichelte ich ihr über das Ohr.
Dann griff ich nach der Klinke und drückte sie energisch nach unten. Béal folgte mir unaufgefordert und zusammen schritten wir den langen Flur entlang.
Béal führte uns durch die große Burg, die ich schon lange mein Zuhause nannte.
Je weiter wir vorankamen, desto deutlicher wurde mir, wo sie uns hinführte. Die große Flügeltür mit den geschnitzten Verzierungen wurde immer deutlicher. Sie war einen Spalt breit geöffnet und machte den Blick auf den Thronsaal dahinter frei.
Tobén war auch jetzt noch mit seinen Pflichten als High Lord beschäftigt, obwohl es schon langsam dunkel am Himmel wurde. Ich bewunderte ihn dafür, dass er so viel Herzblut in seine Aufgabe steckte. Natürlich wusste ich, dass er das für sein Volk tat, weil es ihm nun einmal so unglaublich wichtig war. Jedes Lebewesen hier bedeutete ihm viel, und er tat alles dafür, dass es seinem Volk gut ging und sie keine Angst haben mussten. Nur wegen seines Volkes saß er Tag für Tag bis spät in die Nacht auf seinem Thron, studierte unzählige Papiere, setzte Unterschriften und Stempel.
Nur, damit sein Volk weiterhin in Frieden leben konnte.
Ich war unglaublich stolz auf meinen Mann.
Meine Finger strichen wie von selbst über die Ringe, die ich an meiner linken Hand trug. Wie zur Bestätigung, dass es immer noch so war.
Dass unsere Hochzeit keine Einbildung gewesen war.
Wie von selbst zuckten meine Mundwinkel nach oben. Zu gern erinnerte ich mich an diesen Tag, an den kurzen Moment der Vollkommenheit.
Als ich zwei weitere Schritte auf die Tür zu machte, hörte ich plötzlich Stimmen von innen heraus und blieb abrupt stehen. Auch Béal hielt neben mir an und spitzte ihre flauschigen Ohren. Noch spürte ich das mir bekannte Kribbeln in meinem Bauch nicht, doch ich konnte Tobéns Stimme hören. Er sprach mit Philiás und ich konnte jedes Wort deutlich verstehen.
»Hat Medina dir jemals von dem Tag erzählt, als ihr euren Sohn verloren habt?«
»Nein. Und das muss sie nicht! Das soll sie auch nicht! Es ist das Schlimmste für mich, dass ich weiß, dass sie so etwas ohne mich durchmachen musste. Und auch wenn sie es mir nicht sagt, weiß ich, dass sie jeden Tag damit konfrontiert wird. Mit ihrem Schmerz, dem Verlust, mit dieser Narbe auf ihrem Körper. Und ja, Philiás, es macht mich fertig! Jedes Mal, wenn ich daran denke, zieht sich mein Magen zusammen ...«
Ich kannte dieses Gefühl nur zu gut. Auch jetzt gerade war es wieder allgegenwärtig, ließ meinen Puls rasen. Doch wie waren sie auf dieses Thema gekommen?
»Mit Sicherheit werdet ihr Kinder bekommen! Ihr habt so viel durchgemacht und immer wieder zueinandergefunden. Wieso sollte das Schicksal euch dieses Geschenk verwehren?«, hörte ich Philiás Stimme bis zu mir dringen.
»Danke, mein treuer Freund. Ich habe die Hoffnung lange nicht aufgegeben, auch wenn es mit jedem Monat schwerer wird. Ich spüre und sehe es deutlich, wenn sie Gewissheit hat, dass es wieder nicht funktioniert hat. Dieser Schleier der Traurigkeit, der sich über ihre Augen legt und das pulsierende Leuchten ein kleines bisschen verdrängt. Und dann die Erkenntnis, dass ich rein gar nichts dagegen tun kann, außer sie in meinen Armen zu halten und Mut zuzusprechen.«, quälten sich auch Tobéns Worte zu meinen Ohren.
Wie angewurzelt stand ich an der gleichen Stelle. Mein Körper reagierte nicht, nur Tobéns Worte schwebten immer wieder durch meinen Kopf. Ich hatte nicht gewusst, dass es doch so offensichtlich war. Er hatte mir jedes Mal ein unglaubliches Lächeln geschenkt und Hoffnung zugesprochen und mich mit geringster Mühe von meinen Gedanken ablenken können. Und doch wusste ich jetzt, dass es ihn mindestens genauso quälte wie mich.
»Vielleicht ist Meddis Körper noch nicht so weit, vielleicht braucht er noch einige Wochen oder Monate. Und dann werdet ihr viele Kinder bekommen!«
»Ich hoffe sehr, dass es genau so kommen wird, Philiás. Und wenn nicht, dann wird Meddi immer genug für mich sein. Diese Frau ist das Einzige, was ich brauche, um glücklich zu sein. Sie macht mich vollkommen!«
Ich hielt meine Hand auf der Klinke der Tür, weil ich Angst hatte, sonst den Halt zu verlieren. Tobéns Worte erwärmten mein Herz und ließen es schneller schlagen. Und dann spürte ich die Träne, die mir über die Wange lief. Doch es war keine Träne der Trauer. Ich musste lächeln, während meine Gedanken immer weiter um Tobén kreisten. Seine Worte ließen mich kurz alles vergessen und ich fühlte mich in einer dicken Wolke aus unendlicher Liebe gefangen.
Als Béal zart ihre Nase in meine Hand drückte, erwachte ich aus meiner Starre. Ihre Augen waren glasig und ihre Ohren hingen geknickt nach unten. Ich kniete mich vor sie und drückte meine Stirn sanft an ihre. Mir geht es gut, Béal. Es ist alles in Ordnung. Komm, lass uns zu ihnen hineingehen!
Sofort tapste sie durch die offene Tür und drückte sie mit einem lauten Quietschen weiter auf. Ich drängte mich nach ihr in den großen Raum hinein. Béal war bereits mit großen Sprüngen auf die beiden Männer zugeeilt. Sie saßen auf den kleinen Stufen, die hinauf zu den beiden Stühlen führten. Um sie herum lagen unzählige Papiere und Bücher, die sich auftürmten und gefährlich anfingen zu schwanken, als Béal an ihnen vorbeihuschte und einen Stapel leicht mit ihrem Schwanz strich. Hände fuhren durch weiches Fell und spielerisches Knurren war zu hören, als sich mein Schattenwolf ihre Aufmerksamkeit erschlich.Dann landeten beide Augenpaare auf mir und jeder schenkte mir sein breitestes Lächeln. Mit Leichtigkeit nahm ich die letzten Meter, die uns trennten, und stand dann direkt vor ihnen.
»Was macht ihr beiden denn da?«, fragte ich wie ein unwissendes Mädchen.
»Jólmoon, Meddi! Endlich wieder Jólmoon-Fest! Noch nie habe ich mich so sehr über ein Fest gefreut.«, sagte Philiás, wippte spielerisch mit seinen Brauen und das Funkeln in seinen Augen trat deutlich hervor. Ich musste mir ein Kichern verkneifen. Es war offensichtlich, dass er sich auf das Fest freute.
»Das liegt nur daran, dass es das erste Fest ist, welches Siénah und du offiziell als Paar und Verlobte feiert!«, schickte ich ihm meine Gedanken entgegen.
Philiás sprang von seinem Platz auf und schnappte sich meine Taille, als er mich in hohem Bogen durch die Luft wirbelte und im Kreis herumdrehte. Sowohl aus seiner Kehle, als auch aus meiner, drang ein herzhaftes Lachen. Dann ließ er mich langsam wieder zu Boden sinken, doch immer noch hielt ich mich an seinen Unterarmen fest. »Da hast du absolut recht, Meddi! Das wird das beste Fest meines Lebens. Und es wird Zeit, dass ich mich auf die Suche nach meiner Verlobten mache.«
Im nächsten Moment hatten sich seine Hände von mir gelöst und ich konnte ihm nur noch kurz nachschauen, als er schon durch die Tür in den Flur verschwunden war. Seine schnellen Schritte verhallten an den Wänden, bis nichts mehr zu hören war.
»Wow! Unfassbar, wie sehr er vor Freude strahlt!«
»Endlich spürt er am eigenen Leib, wie ich mich jedes Mal fühle, wenn ich dich sehe oder nur über dich spreche.«, antwortete Tobén mir und forderte mich mit einer kleinen Geste auf, zu ihm zu kommen.
Ich drehte mich auf dem Absatz um und überwand die letzten Meter. Ich ließ mich auf seinen Schoß fallen und legte meine Hände an seine Arme, streichelte sanft über die Haut. Dann trafen seine Lippen auf meine und ein Schwarm Schmetterlinge schien durch meinen Körper zu flattern. Alles kribbelte und Wärme legte sich über jede Pore. Immer wieder machte er das mit mir. Immer wieder brachte er mich zum Dahinschmelzen und ich wusste nicht, wie er das anstellte.
Doch das war vollkommen egal.
Einzig und allein das Gefühl, welches er in mir hervorrief, zählte.
Ich liebte ihn und verliebte mich immer mehr in ihn, jeden Tag aufs Neue.
»Wie geht es dir, liebste Meddi?«
»Mir ... mir geht es gut.«
Kurz dachte ich an meinen Sprung in das Badezimmer. Dieser Moment, der mir einen kleinen Schmerz versetzt hatte. Insgeheim wusste ich, dass Tobén es merken musste. Doch dieses Mal wollte ich nicht traurig sein. Ich wollte nicht, dass er sich Sorgen machte und der Schmerz zwischen uns stand. Wir würden es weiter probieren, immer und immer wieder, und dabei die Hoffnung nicht verlieren.
Ich schaute ihm in die Augen und lächelte. Dann nahm ich seine Hand in meine und ließ seine Wärme durch meinen Körper strömen. »Mir geht es gut! Aber ich bin nicht ohne Grund hier. Ich habe etwas gesehen, Tobén. Es war eine Vision!«, sagte ich noch einmal eindringlicher.
Er schien mich mit seinem Blick durchbohren zu wollen, so intensiv lagen seine Augen auf mir. Und dann sprang er auf und zog mich hinter sich her. Schnell flogen wir durch die Flure und ich sah Béal, die uns folgte. Die große Tür der Burg flog mit einem kräftigen Hieb auf und bevor wir auch nur die Treppen zum Innenhof erreicht hatten, schwebte bereits der schwarze Nebel um mich herum. Meine Kleider wirbelten wie wild umher und unter meinen Füßen spürte ich nichts außer Leichtigkeit. Ich konnte gerade noch Béal an ihrem Nacken packen, dann kamen meine Beine hart auf dem Boden auf und erst erkannte ich nicht, wo Tobén uns hingebracht hatte.
Dunkelheit lag um uns herum und nur langsam gewöhnten sich meine Augen daran. Der Mond schien sanft vom Himmel hinab in die Öffnungen der Höhle und ließ mich langsam immer mehr Umrisse erkennen.
Béal, die mit uns in dem Nebel gereist war.
Tobén, der direkt vor mir stand und sich suchend umzublicken schien.
Und dann war da noch Falingeár, der sich im hinteren Bereich zu einer Kugel eingerollt hatte und uns jetzt mit seinen großen, grünen Augen anblickte. Doch wieso hatte Tobén uns hier hergebracht?
»Tobén, was ist los?«, fragte ich skeptisch.
Er schien sich immer noch misstrauisch umzublicken. Suchte er etwas? Oder jemanden? Ich war mir nicht sicher, trotzdem war mir dieses Verhalten neu an meinem Mann. Er schien sich nicht sicher zu fühlen, obwohl wir uns zu Hause befanden.
Bei unseren Freunden, unserer Familie.
Er hielt noch immer meine Hand, als er sich zu mir umdrehte und seine freie Hand an meine Wange legte. Seine Wärme prickelte direkt auf meiner Haut. »Wir sollten so wichtige Informationen lieber unter Verschluss halten und nicht mehr so frei in der Burg darüber sprechen. Mein Gefühl sagt mir, dass etwas vor sich geht.«, antwortete er.
»Was sagst du da?« Ich blickte Tobén fragend an. Wusste er etwas, wovon er mir nichts erzählt hatte? Und wenn ja, was genau war es? Noch einmal drehte Tobén sich suchend um, doch niemand war hier. Ich fühlte mich nicht beobachtet und selbst Béal machte einen sehr entspannten Eindruck. Dann richtete Tobén das Wort wieder an mich.
»Ich bin in der Annahme, dass wir jemanden in der Burg haben, der nicht auf unserer Seite ist. Jemanden, der uns ausspioniert und mit den Elfen in die Burg eingeschleust worden ist. Leider weiß ich nicht, wer es ist und ganz sicher bin ich mir auch nicht. Trotzdem müssen wir die Augen offen halten. Es ist nicht Aéryns Art, solange nichts von sich hören zu lassen!«
Damit hatte ich nicht gerechnet und mein Mund stand weit offen. Ich musste ein lustiges Bild abgeben, denn ich sah, wie Tobén sich ein schiefes Grinsen verkneifen musste, selbst in dieser ernsten Situation.
»Dann wird dir meine Vision sicher nicht gefallen.«
»Was hast du gesehen?«
Ich wollte ihm alles so detailgetreu, wie es nur ging, erzählen, doch irgendetwas hielt mich auf. Dieses Gefühl, belauscht zu werden, hatte sich in meinem Kopf festgesetzt und ließ mich nicht mehr los. Doch mir fiel ein, dass es eine andere Möglichkeit gab, ihn sehen zu lassen, was ich gesehen hatte.