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Ichbezogenheit, Eigennutz und Gier prägen unsere Welt – heute mehr denn je. Wie können wir zu einem wahren Miteinander und zu echtem Frieden finden? Der Dalai Lama weiß: Äußerer Friede ist ohne inneren Frieden nicht möglich. Ein tiefer Wandel ist erforderlich. Wir müssen lernen, uns aus dem Käfig des Ich zu lösen und uns als Teil eines eng vernetzten Ganzen zu begreifen. Nur die Kunst des Mitgefühls kann uns aus der tödlichen Falle des Egoismus befreien. Wenn wir mit einem offenen Herzen, mit Ruhe und Geduld den Anderen gelten lassen, wenn wir ihm voller Mitgefühl und Respekt begegnen, können wir Einigkeit und Harmonie erlangen. Nicht nur in der Begegnung mit einzelnen Menschen, sondern auch zwischen Ideologien, Kulturen, zwischen Nationen oder wirtschaftlichen und politischen Systemen. „Ich bezeichne das Mitgefühl als globale Notwendigkeit. Die ganze Menschheit hat es grundlegend nötig, allem mit mentalem Frieden und einem soliden mitfühlenden Blick zu begegnen."
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Seitenzahl: 137
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Titel der Originalausgabe:
The Heart of Meditation
Discovering Innermost Awareness
The Dalai Lama
Translated and edited by Jeffrey Hopkins from oral teachings
A teaching on Patrul Rimpoche’s
Three Keys Penetrating the Core
By arrangement with Shambhala Publications, Inc., Boulder
© 2016 by The Dalai Lama Trust
Deutsche Erstausgabe
Für die deutsche Ausgabe:
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2017
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlaggestaltung: Verlag Herder
Umschlagmotiv: © Matthieu Ricard / www.karuna-shechen.org
E-Book-Konvertierung: post scriptum, Emmendingen/Hüfingen
ISBN (E-Book) 978-3-451-81067-1
ISBN (Buch) 978-3-451-31155-0
Vorwort
Erster TeilDer buddhistische Weg
1. Was es vor allem einzuüben gilt
2. Empathie
Die grundlegende Übung
3. Meditation
Die Geisteskraft kanalisieren
Den Geist wahrnehmen
Praktische Übung
4. Erkenntnis
Der Zweck der Konzentration
Beginne mit dir selbst
Der Fortschritt in Richtung Erleuchtung
Eigenschaften der Buddhaschaft
Zweiter TeilEinführung in die Große Vollständigkeit
5. Das allen Orden des tibetischen Buddhismus gemeinsame Grundprinzip
Die innerlichste Wahrnehmung durchdringt jede Art von Bewusstheit
Wie man den Weg hier und jetzt einüben kann
6. Der angeborene Geist klaren Lichts
Kein Zwang
Die zentrale Bedeutung des Geists klaren Lichts
Arten von Büchern
Dritter TeilKommentar zu Patrul Rinpoches Drei Schlüssel, die zum Kern vordringen
7. Der erste Schlüssel
Über die innerlichste Wahrnehmung
Entspanne dich
Höre eine Weile mit dem Denken auf
Schock
8. Der höchste Weg zur Ruhe
Ebenen des Bewusstseins
Das klare Licht in allen Formen der Bewusstheit
9. Der All-Gute Diamant-Geist
Die Aufmerksamkeit auf den Raum richten
Die innerlichste Wahrnehmung erkennen
10 Der zweite Schlüssel
Die Meditation beibehalten
Keine Gefahr
Wolken und Himmel
Die Begegnung von Mutter und Kind
Das klare Licht des Todes
Das mutter- und kindklare Licht im Gedicht
In der Erfahrung bleiben
Mit Störungen richtig umgehen
Die Innenseite und die Außenseite der Meditation gleichen einander
Drei Arten von Befreitwerden von Begriffen
11. Der schrittweise Weg
Die Gefahr
Zu einer Entscheidung kommen
12. Der dritte Schlüssel
Sich selbst loslassen
Der Raum des Sich-nicht-Einmischens
Der entscheidende Unterschied
Zuversicht
13. Die Einzigartigkeit der drei Schlüssel
Altruismus
Die Großartigkeit des Pfads
Die Dreiheit von Sehen, Meditation und Verhalten
Die Schlusszeilen des Gedichts
Vierter TeilVergleich zwischen der Alten und den Neuen Übersetzungsschulen
14. Grundstrukturen in der Alten Übersetzungsschule der Großen Vollständigkeit
Die zwei Wahrheiten
Grundlage, Pfade und Früchte
Ein spezieller Sinn von »Meditation«
15. Hinweis
Anhang
Drei Schlüssel, die zum Kern vordringen
Zum Autor
In diesem außergewöhnlichen Buch erschließt Seine Heiligkeit der Dalai Lama tiefe innerliche Details über die Meditation. Seine Heiligkeit vertraute mir diesen Text in seinem Privatbüro in Dharamsala, Indien, an; ich sollte ihn bei dessen öffentlichem Vortrag ins Englische übersetzen. Für das vorliegende Buch habe ich diese privaten Unterweisungen mit den Seminarvorträgen im Londoner Camden Centre verwoben. Damit bietet sich den Lesern eine eindrucksvolle Anleitung, wie sie sich in einen Tiefenzustand jenseits der beengenden Überlagerungen der vielen Gedanken versetzen können, um so im nackten Kern der innerlichsten Geistestiefe zu verweilen. Dabei geht es darum, Freiräume zwischen den Gedanken zu schaffen und eine tiefere Ebene der grundlegenden Wahrnehmung zu erfahren, diese zutage zu fördern und damit die Basis einer jeglichen bewussten Erfahrung wahrzunehmen.
Das Buch gliedert sich in vier Teile. Im ersten stellt der Dalai Lama den Kontext der außergewöhnlich direkten Unterweisungen eines Gedichts vor, indem er im Einzelnen die an dessen Ende stehende Anweisung auslegt, man solle sich in die Empathie mit allen Lebewesen und in die Kenntnis der Natur aller Phänomene einüben, von Personen wie auch von Gegenständen. Im zweiten stellt er das »System der Großen Vollständigkeit« vor und verweist auf die innerlichste Wahrnehmung als das Prinzip, das allen Orden des tibetischen Buddhismus gemeinsam als Grundlage dient. Im dritten kommentiert er das inspirierte Gedicht und erschließt dessen Sinn, indem er ausführlicher über die drei Schlüssel spricht, die dessen wesentliche Botschaft ausmachen: wie man die innerlichste Achtsamkeit in sich selbst entdecken kann, wie man in allen Zuständen mit der innerlichsten Wahrnehmung in Kontakt bleibt und wie man sich von zu vielem Denken befreit. Der gemeinsame Faden dieser ersten drei Teile lässt sich leicht erkennen: Indem man seine mitfühlende Empathie auf alle Lebewesen ausweitet, bricht man die Schranken nieder, die uns in unzählige kontraproduktive destruktive Gedanken und Handlungen gefangen halten. Und indem man die Natur des Geistes, seiner selbst und der Gegenstände, erkundet, neutralisiert man die Verlockung ihrer verführerischen Konkretheit und ermöglicht es, den Raum zwischen den Gedanken zu nutzen und einen tieferen Geist sich manifestieren zu lassen. Im vierten Teil bringt er weitere Erläuterungen zu speziellen spirituellen Themen wie etwa demjenigen der zwei Wahrheiten: der konventionellen und der letzten; über die Reinheit von Anfang an, die innere und äußere Leuchtkraft, die stufenweise Verringerung der Begrifflichkeit und die Steigerung der Aktualisierung der innerlichsten Wahrnehmung, und er identifiziert das klare Licht inmitten jeglicher Bewusstheit. Diese vier Teile verstärken einander gegenseitig; deshalb werden Sie darin je nach Gefallen bestimmte Stellen immer wieder einmal lesen wollen.
Ich möchte hinzufügen, dass für mich der Aufenthalt in London für die Vorlesungen im Camden Centre höchst interessant war. Meine Vorfahren beiderseits, die Hopkins und Adams, lebten seit der Zeit der Revolution in Amerika, und beide führten ihre Wurzeln auf England zurück. Meine Faszination für die Heimat meiner Vorfahren entstammte hauptsächlich dem Wunsch, herauszufinden, ob ich mich noch irgendwie mit den Engländern verbunden fühlte. Der Dalai Lama wohnte im Haus des Pazifisten, Ökumenikers und Feministen Reverend Edward F. Carpenter, Dekan (von 1974 bis 1986) von Westminster, und dessen Frau Lilian, die ich beide unverzüglich als sehr warmherzig und offen erlebte. Ich wurde einige Häuserblocks weiter im Liberal Club untergebracht und musste immer durch die Downing Street gehen, wo sich der Wohnsitz und das Büro des Premierministers befinden. Mein innerlich immer noch jugendlicher Hang zum Übertreten von Vorschriften verführte mich dazu, einige Schritte in Richtung Nummer 10 zu gehen und lange genug anzuhalten, um die Sicherheitsleute nervös zu machen.
Am 2. Juli bot mir Lilian Carpenter eine Führung durch die majestätische, aber schrecklich graue Westminster Abbey, bei der wir uns angeregt und entspannt unterhielten. Wir verbrachten eine höchst angenehme Zeit, genossen unser Zusammensein und versuchten die Geschichte der großen Führungspersönlichkeiten Englands nachzuverfolgen, an die mit großen Steinmonumenten erinnert wurde. Ich muss allerdings zugeben, dass mir meine Vorfahren zunehmend fremder wurden, obwohl ich mich in Lilian Carpenters Gesellschaft bestens aufgehoben fühlte.
Am Tag danach ging ich wieder in die Westminster Abbey, um für Seine Heiligkeit zu übersetzen. Ein Knabenchor sang mit den Engelsstimmen der Jugend, und Seine Heiligkeit wurde vorgestellt. Den ersten Satz, den er an die in dieser großen Abteikirche versammelten Zuhörer richtete, sprach er auf Tibetisch: »Gebäude interessieren mich nicht«, wobei er mit seiner Hand eine leichte Geste machte, mit der er auf das ihn umgebende Bauwerk hinwies und es sozusagen in Richtung Himmel fortwischte. Das war tatsächlich seine erste öffentliche Stellungnahme in London; er sprach nicht weiter, sondern hielt inne, damit ich übersetzte. Ich hatte aber keine Ahnung, worauf er hinaus wollte und was folgen würde, sodass mir jeglicher Kontext fehlte. Aber mir liegt sehr daran, das, was ein Lama sagt, genau zu übersetzen, selbst wenn der Kontext eine bestimmte Wortwahl offenlässt. Doch hier hatte ich keinen; mein einziger Kontext war, dass dieses Bauwerk der Zuhörerschaft recht viel bedeutete. Aber darum ging es hier nicht. Es ging um das, was er sagen wollte, und so musste ich seine Worte ganz genau übersetzen, und das tat ich dann auch. Das war sein zweiter Besuch in England, aber beim ersten war er nicht zum Lehren gekommen, und so hatte auch das Publikum keinen Kontext. Es zeigte sich kaum eine Reaktion; die Gesichter der Zuhörer wirkten, als habe er überhaupt nichts gesagt. Seine Heiligkeit fuhr fort: »Mich interessiert, was in Ihren Köpfen und Ihren Herzen vorgeht.« Wenn er das heutzutage sagt, weckt er unverzüglich Verständnis, ein tiefes Empfinden der Zustimmung; aber als ich an diesem Tag in der Westminster Abbey auf das Publikum blickte, schien es immer noch nicht zu reagieren. Wenn bei diesen Zuhörern etwas vor sich ging, dann nur untergründig; im Lauf der Zeit tauten sie jedoch offensichtlich auf.
Seine Heiligkeit sprach aus tiefster Überzeugung, und langsam hat die Welt diese wunderbare Persönlichkeit erkannt und schätzen gelernt, diesen Menschen, der uns aufruft, nach innen zu sehen. Die Botschaft ist immer die gleiche geblieben. Als er schließlich zum Lama der ganzen Welt wurde, hat sie sich bis in alle ihre Einzelheiten entfaltet.
Ich will hier noch eine amüsante Geschichte erzählen. Vor unserer Ankunft in London reisten der Dalai Lama und seine Begleiter nach Edinburgh, Glasgow, Coventry usw. Unterwegs hörten wir immer wieder: »Am 5. Juli wird er in der Royal Albert Hall einen Vortrag halten!« Ich bekam den Eindruck, diese Royal Albert Hall müsse die größte Renommierhalle ganz Großbritanniens sein. Tatsächlich ist sie ja großartig mit ihren fünf gewundenen Balkonen rings um die Bühne, sodass kein Sitz weit von ihr weg ist, was zugleich ein starkes Gefühl der Intimität vermittelt. Die Bühne krümmt sich derart ins Publikum hinein, dass die Zuschauer fast die Ellbogen darauf stützen können. Seine Heiligkeit und ich standen in der Mitte, und links von uns saß in einigem Abstand ein Mann in der ersten Reihe, der nach ungefähr zwei Dritteln des Vortrags eine Getränkedose hervorholte und aufriss, sodass ein lautes Zischen zu hören war. Wie immer, ließ sich Seine Heiligkeit davon überhaupt nicht beeindrucken, aber da ich stets das Gefühl habe, ich müsse den Dalai Lama als Erster abschirmen, weil ich so nahe bei ihm stehe, befürchtete ich, der Mann habe vor, ihn mit Limonade zu besprühen. Aber nichts dergleichen geschah und der Vortrag verlief einwandfrei. Der Dekan sprach seine Abschiedsworte, und als wir hinter die Bühne traten, flüsterte ich einigen Leuten vom tibetischen Sicherheitspersonal zu, sie sollten genau auf den Mann in der ersten Reihe mit der Limonadendose aufpassen. Die Sicherheitsleute verstanden mein »with a soda« als »with a sword« (»mit einem Schwert«) und trafen unverzüglich spezielle Vorsichtsmaßnahmen. Später rügten sie mich deswegen und hänselten mich wegen meines unklaren Flüsterns.
Nach dem Vortrag in der Royal Albert Hall über »Peace of Mind, Peace in Action« (»Geistesfriede ist Friede in Aktion«), der sehr herzlich aufgenommen wurde, kehrte Seine Heiligkeit an den viel kleineren Veranstaltungsort im Camden Centre in London zurück, wo er tags zuvor mit einem viertägigen Seminar über die zentrale buddhistische Lehre von der Interdependenz begonnen hatte. Nach Ende dieser Veranstaltungsreihe hielt er eine Reihe von fünf Vorträgen über jenes inspirierte Gedicht, das den Kern des vorliegenden Buchs ausmacht.
Dieses Buch ist sehr reichhaltig und spiegelt die Tiefen der tibetischen meditativen und denkerischen Kultur, die voller Güte und praktikabler Anregungen ist. Es ist ein glänzendes Beispiel dafür, wie diese großartige tibetische Zivilisation, die einen so enormen Einfluss auf ganz Asien hatte, weiterhin der Welt zum Guten gereicht.
Jeffrey Hopkins, PhD
Vorsitzender des UMA Institute of Tibetan Studies
Emeritierter Professor für tibetische Studien an der University of Virginia
Dank eines Netzes elektronischer Kommunikation und sofort verfügbarer Informationen ist der Großteil unserer Welt mittlerweile eng miteinander verbunden. Im 21. Jahrhundert hat unsere globale Wirtschaft die Nationen und ihre Bevölkerung stärker denn je in eine gegenseitige Abhängigkeit versetzt. In früheren Zeiten stellte der Handel zwischen einzelnen Nationen keine Notwendigkeit dar. Heute dagegen kann man unmöglich noch isoliert voneinander existieren. Wenn es also Nationen am gegenseitigen Respekt ermangeln lassen, sind Probleme unvermeidlich. Und es gibt ernsthafte Anzeichen für Schwierigkeiten – nicht nur zwischen ärmeren und reicheren Nationen, sondern zwischen ärmeren und reicheren Gruppen innerhalb einer Nation. Doch diese ökonomischen Risse lassen sich mittels eines stärkeren Sinns für die globale wechselseitige Abhängigkeit (»Interdependenz«) und Verantwortung beheben. Das Volk der einen Nation muss die Bevölkerung anderer Nationen und auch die Menschen innerhalb der eigenen Nation wie Brüder und Schwestern betrachten, denen das Recht zusteht, in Freiheit den eigenen Fortschritt zu verfolgen.
Den besten Bemühungen führender Persönlichkeiten in der Welt zum Trotz brechen jedoch immer wieder neue Krisen aus. In Kriegen kommen Unschuldige zu Tode; ständig müssen ältere Menschen und Kinder sterben. Viele Soldaten, die im Kampf stehen, tun das nicht freiwillig; diese unschuldigen Soldaten erfahren echtes Leid, was sehr traurig ist. Der Handel mit Waffen – Tausenden und Abertausenden Typen von Waffen und Munition –, betrieben von Produzenten in großen Ländern, nährt die Gewalttätigkeit; aber noch gefährlicher als Schusswaffen oder Bomben sind Hass, fehlendes Mitgefühl und mangelnder Respekt vor den Rechten anderer. Solange der Hass noch im Geist des Menschen wohnt, ist ein echter Friede nicht zu erreichen.
Wir müssen alles uns nur Mögliche tun, um den Krieg zu beenden und die Welt von Nuklearwaffen zu befreien. Als ich Hiroshima, das Ziel der ersten Atombombe, besuchte und den Ort des Geschehens sah und mir die Geschichten von Überlebenden anhörte, war ich tief in meinem Herzen bewegt. Wie viele Menschen starben da in einem einzigen Augenblick! Wie viele mehr wurden verwundet! Wie viel Schmerz und Verzweiflung schafft der Nuklearkrieg! Aber sehen Sie, wie viel Geld immer noch für Massenvernichtungswaffen ausgegeben wird! Das ist schockierend und eine unermessliche Schande.
Die Fortschritte in Naturwissenschaft und Technik haben der Menschheit tatsächlich in hohem Maß zum Wohl gereicht, aber das hat seinen Preis. Während wir zum Beispiel die Entwicklung von Flugzeugen genießen, die es uns ermöglichen, die Welt sehr einfach zu bereisen, muss uns bewusst sein, dass zugleich auch Waffen mit einem enormen Vernichtungspotenzial geschaffen wurden. Ganz gleich, wie schön oder abgelegen manche Länder liegen mögen – dennoch leben viele ihrer Einwohner in ständiger Angst vor einer sehr realen Bedrohung: Tausende und Abertausende von nuklearen Kriegswaffen sind auf sie gerichtet und für einen Angriff in Stellung gebracht, eine einzelne Nuklearwaffe könnte sogar in eine Großstadt geschmuggelt werden. Aber es sind Menschen, die sie zünden müssen, und folglich liegt die letzte Entscheidung und Verantwortung immer bei uns Menschen.
Der einzige Weg, dauerhaften Frieden zu erlangen, führt über gegenseitiges Vertrauen, Respekt, Liebe und Güte. Das ist der einzige Weg. Die Versuche der Weltmächte, einander gegenseitig im Wettrüsten zu übertrumpfen – sei es mit nuklearen, chemischen, biologischen oder konventionellen Waffen –, sind immer kontraproduktiv. Wie kann eine Welt voller Hass und Wut zu echtem Frieden finden?
Äußerer Friede ist ohne inneren Frieden nicht möglich. Es ist lobenswert, sich um äußerliche Lösungen zu bemühen, aber diese lassen sich nicht erfolgreich verwirklichen, solange Menschen Hass und Wut in sich tragen. Hier muss der tiefe Wandel ansetzen. Wir als Einzelne müssen daran arbeiten, die grundlegenden Sichtweisen zu verändern, auf denen unsere Gefühle beruhen. Das bringen wir nur mit konsequentem Einüben fertig, indem wir uns ganz konkret engagieren, und zwar mit dem Ziel, nach und nach die Art und Weise der Wahrnehmung unserer selbst und anderer neu auszurichten.
Der verzweifelte Zustand unserer Welt ruft uns dazu auf, tätig zu werden. Jeder von uns ist dafür verantwortlich, dass wir versuchen, auf der tieferen Ebene unseres gemeinsamen Menschseins hilfreich zu handeln. Bei der Verteidigung ideologischer Vorstellungen bleibt das Menschsein leider allzu oft auf der Strecke. Das ist völlig falsch. Eigentlich sollten politische Systeme die Menschen fördern, aber hier verhält es sich wie mit dem Geld: Diese Systeme kontrollieren uns, anstatt uns zu dienen.
Wenn wir mit einem offenen Herzen und mit Geduld die Ansichten anderer gelten lassen und wenn wir es fertig bringen, in friedlichen Diskussionen Ideen auszutauschen, können wir übereinstimmende Aspekte finden. Aus Liebe und Mitgefühl mit der Menschheit sind wir dafür verantwortlich, uns um Harmonie zwischen den Nationen, Ideologien, Kulturen, ethnischen Gruppen und wirtschaftlichen und politischen Systemen zu bemühen.
Wenn wir wirklich begreifen, dass die gesamte Menschheit untrennbar zusammengehört, wird das unsere Motivation stärken, Frieden zu stiften. Im tiefsten Sinn sind wir ja wirklich alle Schwestern und Brüder, und deswegen müssen wir auch gemeinsam unsere Leiden tragen. Unsere größten Quellen der Hoffnung für einen andauernden Weltfrieden sind gegenseitiger Respekt, Vertrauen und Sorge um das Wohl der anderen.
In dieser Hinsicht tragen sicherlich die nationalen Führungskräfte eine ganz besondere Verantwortung, aber auch jeder Einzelne muss die Initiative ergreifen, und zwar ohne Blick auf die jeweilige Religion. Bürger dieses Planeten sind wir einfach dadurch, dass wir Menschen sind, dass wir nach Glück streben und Leid zu vermeiden suchen. Wir alle sind mitverantwortlich dafür, eine bessere Zukunft zu schaffen.
Wenn wir eine freundschaftliche Einstellung, ein offenes Herz, Respekt vor den Rechten anderer und Sorge um deren Wohlbefinden entwickeln wollen, müssen wir jedoch unseren Geist schulen. Das wesentliche Ziel der geistigen Einübung besteht darin, eine Einstellung des Mitgefühls und der Stille zu entwickeln. Diese Geistesverfassung ist in der menschlichen Gesellschaft von heute von besonders entscheidender Bedeutung, denn sie verfügt über die Kraft, zwischen Nationen, Rassen und Menschen aus verschiedenen religiösen, politischen und wirtschaftlichen Systemen eine wirkliche Harmonie herzustellen. Mit einem mitfühlenden und ruhigen Geist können wir den Willen und den Antrieb dazu entwickeln, Veränderung herbeizuführen.