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Volkskrankheit Rückenschmerzen – viele Menschen leiden darunter. Die meisten Rückenpatienten sind mehrmals in ihrem Leben wegen unerträglicher Schmerzen in Behandlung. Bei vielen wird die Ursache nie gefunden, die klassische Medizin versagt. Doch die Psyche spielt häufig eine entscheidende Rolle. Dieses Buch betrachtet Rückenschmerzen hauptsächlich aus psychologischer Sicht. Zunächst werden grundsätzliche Erklärungsansätze vorgestellt im Anschluss widmen sich die Autoren dem Einfluss des Kohärenzgefühls. Außerdem stellen sie psychologische Therapiemöglichkeiten vor. Aus dem Inhalt: Risikofaktoren, Erklärungsansätze, Kognitiver Verhaltensansatz, Kohärenzgefühl, Interventionsmöglichkeiten
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Seitenzahl: 158
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Impressum:
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Ein Imprint der GRIN Verlags GmbH
Druck und Bindung: Books on Demand GmbH, Norderstedt, Germany
Coverbild: Male Hurt Backbone - Vertebrae Pain © decade3d Fotolia
Endlich frei von Rückenschmerzen
Psychische Einflussfaktoren und Therapiemöglichkeiten
Rückenschmerz-Verbreitung, Ursachen und Erklärungsansätze von Sven Schneider 2006
Zu diesem Buch
Über den Autor
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
Forschungsstand und Hypothesen
Datenbasis und Methodik
Ergebnisse
Diskussion
Schlussfolgerungen
Danksagung
Psychologische Therapie bei Rückenschmerz. Der Kognitive Verhaltensansatz von André Matthias Müller 2009
Einleitung
Terminologie
Die Medizin auf dem Prüfstand
Grundideen der Kognitiven Verhaltenstherapie
Praktische Umsetzung des kognitiven Verhaltensansatzes
Fazit
Zusammenfassung
Die Bedeutung der Salutogenese bei chronischen Rückenschmerzen. Ein Vergleich des Kohärenzgefühls bei Patienten ohne Rückenschmerzen und Patienten mit chronischen unspezifischen Rückenschmerzen und deren Bewältigungsstrategien von Josef Galert 2007
Zusammenfassung/Abstract
Problemstellung
Fragestellung
Methode
Ergebnisse
Diskussion und Ausblick
Schlussfolgerung
Literaturverzeichnis
Anhang
In westlichen Industrienationen nimmt die medizinische und volkswirtschaftliche Bedeutung des Rückenschmerzes seit Jahrzehnten zu. Dennoch ist die epidemiologische Datenlage zu diesem Beschwerdekreis defizitär. Dieses Buch liefert erstmals für die Bundesrepublik Deutschland repräsentative epidemiologische Prävalenzdaten zur Verbreitung der „Volkskrankheit“ Rückenschmerz sowie zu seinen Risikofaktoren und zeigt Erklärungsansätze auf.
Dabei scheint die Risikofaktorenstruktur äußerst komplex zu sein. Berufsspezifische Belastungen sind gemäß der in diesem Buch präsentierten Befunde für das Schmerzrisiko ebenso bedeutsam wie ein ungünstiger, passiver Lebensstil, ein defizitäres Präventionsverhalten und das Vorhandensein relevanter Begleiterkrankungen. Es liefert somit wichtige Daten für die Versorgungsforschung (z.B. Schmerzprävalenzen, Risikofaktoren-Prävalenzen), Präventionsagenten (u.a. zu Nutzerstrukturen von Rückenschulen), Sozial- und Arbeitsmediziner (durch die Identifikation von Hochrisikoberufe) und den klinisch tätigen Arzt (z.B. zu Begleiterkrankungen und Multimorbidität).
Dieses Buch basiert auf der Habilitationsschrift des Autors, welche an der Stiftung Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg, Abteilung Orthopädie I (Direktor: Prof. Dr. V. Ewerbeck) entstanden ist und an der Medizinischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg eingereicht wurde. Auf ihrer Basis wurde dem Autor im Mai 2007 die Venia legendi für das Fach „Sozialmedizinische Epidemiologie“ verliehen.
Sven Schneider ist Sozial- und Verhaltenswissenschaftler und Privatdozent an der Universität Heidelberg.
1996 Abschluss zum Soziologen M.A.
1998 – 2001 Promotion zum Dr. phil. am Institut für Soziologie der Universität Heidelberg, Prof. Thomas Klein Thema: „Lebensstil, Lebensbedingungen und Mortalität“
2001 – 2006 Forschungsgruppenleitung und Post-Doc an der Universitätsklinik Heidelberg Präventions- und Versorgungsforschung Arbeitsschwerpunkt: „Lebensstil“ u.a. zum Thema „Sport“ und „Bewegung“
seit 01/06: Habilitand am Deutschen Krebsforschungszentrum, Heidelberg Präventions- und Versorgungsforschung Arbeitsschwerpunkt: „Lebensstil“ u.a. zum Thema „Rauchen“
02/05/07 Erteilung der Venia Legendi in Sozialmedizinischer Epidemiologie
Über 85 nationale und internationale Publikationen (Impact-Faktorsumme: 25,00); u.a.:
Schneider S (2007) Ursachen schichtspezifischer Mortalität in der Bundesrepublik Deutschland. Int J Public Health 52: 39-53
Schneider S, Mohnen S, Schiltenwolf M (2006) „Sind Reiche gesünder?“ Epidemiologische Repräsentativdaten zu schichtspezifischen Krankheitsprävalenzen in der BRD. Deut Med Wochenschr 131: 1998-2003
Weitere Informationen finden Sie unter www.sozialepidemiologie.de und www.sozionet.de
Tabelle 1: Erwerbstätige mit unterdurchschnittlicher Rückenschmerz-Prävalenz nach Beruf (Eigene Berechnungen zu: Erster Bundes-Gesundheitssurvey)
Tabelle 2: Erwerbstätige mit überdurchschnittlicher Rückenschmerz-Prävalenz nach Beruf (Eigene Berechnungen zu : Erster Bundes-Gesundheitssurvey)
Abbildung 1: Struktogramm zur Differenzierung wichtiger Bedingungsfaktoren des Rückenschmerzes
Abbildung 2: Flussdiagramm der Probanden-Rekrutierung in Anlehnung an das CONSORT-Statement
Abbildung 3: Rückenschmerzrisiko und Teilnahmerate an Rückenschulkursen nach ausgewählten Bevölkerungsgruppen
Abbildung 4: Lebenszeitprävalenz der zehn häufigsten Begleiterkrankungen von Rückenschmerz-Betroffenen im Vergleich zu Rückengesunden
Abkürzungsverzeichnis
BMI: Body-Mass-Index
CAPI: Computer Assisted Personal Interview
DKFZ: Deutsches Krebsforschungszentrum
ISCO 88 COM: International Standard Classification of Occupations 1988
KldB: Klassifizierung der Berufe, Fassung 1992
LMU: Ludwig-Maximilians-Universität
M.A.: Magister Artium
NHANES III: Third National Health and Nutrition Examination Survey
OECD: Organization for Economic Cooperation and Development – Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
WHO: World Health Organisation – Weltgesundheitsorganisation
ZI: Zentralinstitut für seelische Gesundheit
Datenlage und Forschungsdefizite
Unbestritten ist Rückenschmerz das gravierendste Schmerzproblem unserer Zeit. In westlichen Industrienationen beträgt die Lebenszeit-Prävalenz für Rückenschmerz zwischen 58% und 85%, die Punkt-Prävalenz zwischen 20% und 40% (Latza, Kohlmann et al. 2000, Papageorgiou, Pfingsten & Hildebrandt 2004, Walsh, Cruddas et al. 1992). Trotz medizinischer Fortschritte, weit reichender Arbeitsschutzmaßnahmen sowie zunehmender Automatisierung in der Fertigung bei parallel fortschreitender Tertiarisierung nimmt die Bedeutung des Rückenschmerzes in der Gesamtbevölkerung ebenso wie im Subkollektiv der Erwerbstätigen weiter zu (Statistisches Bundesamt 1998). Hierzulande sind mittlerweile 6% aller direkten Krankheitskosten, 15% aller Arbeitsunfähigkeitstage und 18% aller Frühberentungen auf Rückenerkrankungen zurückzuführen (Kröner-Herwig 2004, Statistisches Bundesamt 1998). Erkrankungen des muskuloskelettalen Systems verursachen in der Bundesrepublik Deutschland Krankheitskosten in Höhe von insgesamt 25,2 Mrd. EURO pro Jahr. Diese Kosten steigen derzeit jährlich um durchschnittlich 370 Millionen Euro (Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung 2002).
Dies unterstreicht die Wichtigkeit repräsentativer epidemiologischer Daten zur Schmerzprävalenz sowie zu Bedeutsamkeit und Verbreitung relevanter Risikofaktoren. So sind allgemeine und berufsspezifische Angaben zur Schmerzprävalenz in der Bevölkerung für Ärzte, Public-Health-Akteure und Institutionen der Versorgungsforschung unabdingbar. Zudem können berufs- und tätigkeitsspezifische Daten dem Kliniker dienen, den individuellen Fall im Hinblick auf einen möglichen beruflichen Zusammenhang fundierter zu beurteilen. Zum anderen sind Informationen zu Risikofaktoren für den Sozial- und Arbeitsmediziner hilfreich, um Tätigkeiten mit erhöhtem Präventions- und Interventionsbedarf zu identifizieren und damit eine kosteneffiziente Verhaltens- und Verhältnisprävention zu initiieren.
Aus anderen Nationen sind derartige bevölkerungsbasierte Daten zur Rückenschmerz- sowie zur Risikofaktorenprävalenz verfügbar (Biering-Sorensen 1985, Brage, Bjerkedal et al. 1997, Guo 2002, Hildebrandt 1995, Macfarlane, Thomas et al. 1997). Solcherlei Repräsentativ-Daten existieren hierzulande lediglich für die Region Lübeck (sog. „Lübecker Rückenschmerzstudie“; Latza, Kohlmann et al. 2000). Dagegen mangelt es an Rückenschmerz-Studien innerhalb definierter Patientenkollektive nicht (Hoogendoorn, van Poppel et al. 1999, Linton 2000). Meist handelt es sich hierbei um klassische klinische Studien, welche aufgrund des experimentellen Designs eine hohe interne Validität aufweisen. Die externe Validität solcher Studien sei jedoch auf Grund der Fokussierung der Fragestellung auf einen oder wenige Risikofaktoren ohne Kontrolle möglicher Konfounder oft eingeschränkt, so die Kritik von Michel, Kohlmann und Kollegen (1997). Ähnliches monieren auch andere Autoren (Alexopoulos, Burdorf et al. 2003, Blyth, March et al. 2003, Guo 2002, Hagen, Tambs et al. 2002, Hofmann, Stossel et al. 2002, Olsen & Kovacs 2002, Omokhodion & Sanya 2003, Sheir-Neiss, Kruse et al. 2003). Auch uneinheitliche Erhebungsmethodiken sowie hochselektive Probandenkollektive machten eine Vergleichbarkeit von Prävalenzdaten aus klinischen Einzelstudien unmöglich, so Hildebrandt (Hildebrandt 1995). Kohlmann charakterisierte die bundesdeutsche Datenlage zum Rückenschmerz wie folgt: „Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, dass kaum versorgungsepidemiologische Daten mit ausreichendem Differenzierungsgrad zur Verfügung stehen“ (Kohlmann 2001).
Diese Forschungslücke sollte im Rahmen des vorliegenden Buches sukzessive geschlossen werden. Dazu diente eine in der orthopädischen Forschung wenig beachtete Datenquelle, der Bundes-Gesundheitssurvey. Diese nationale Gesundheitsstudie umfasst Informationen zu über 7.000 Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 79 Jahren und ermöglicht erstmalig für die gesamte Bundesrepublik Deutschland repräsentative Aussagen zur Auftretenshäufigkeit von Rückenschmerz sowie zu dessen Risikofaktoren. Kohlmann charakterisiert die im Folgenden verwendete Datenbasis als „eine der besten Quellen für Daten über die Verbreitung und Häufigkeit von Schmerzen in der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland“ (Kohlmann 2003).
Zielsetzung der Arbeit
Die Ziele dieses Buches sind demnach:
- die Ermittlung von Repräsentativdaten zur Rückenschmerz-Prävalenz in der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung sowie unter den Erwerbstätigen,
- die Beantwortung der Frage, welche Berufsgruppen eine vergleichsweise hohe respektive niedrige Schmerzbelastung aufweisen,
- die Identifikation von Bevölkerungsgruppen mit über- respektive unterdurchschnittlicher Schmerzbelastung entlang arbeitsplatzbezogener sowie sonstiger biopsychosozialer Risikofaktoren,
- die Ermittlung absoluter und relativer Daten zu typischen Begleiterkrankungen sowie
- Untersuchungen zur Inanspruchnahme präventiver Interventionsmaßnahmen.
Ausgehend von dieser Zielsetzung galt es, ex ante mögliche Risikofaktoren und Korrelate des Rückenschmerzes zu definieren, welche auf ihre Bedeutsamkeit hinsichtlich des Schmerzrisikos untersucht werden sollten. Die Identifikation und Auswahl relevanter Variablen erfolgte auf Basis einer standardisierten Literaturrecherche. Dazu wurden mittels der Literaturdatenbank „PubMed“ (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi) anhand der Schlüsselbegriffe (Keywords) „low back pain“ (Rückenschmerz im Lendenwirbelbereich) und „back pain“ (Rückenschmerz) in Kombination mit „risk factor“ (Risikofaktor), „chronification“ (Chronifizierung), „chronicity“ (Chronizität), „prevention“ (Prävention), „predictors“ (Prädiktoren) und „prevalence“ (Prävalenz) grundsätzlich relevante Publikationen identifiziert und ausgewertet. Eine solche deduktive, an den kritischen Rationalismus angelehnte Forschungsstrategie begegnet der Gefahr, durch beabsichtigtes oder unbeabsichtigtes Weglassen bedeutender Einflussgrößen die Risikoquanten anderer Variablen unrealistisch zu überschätzen (Adams, Mannion et al. 1999). Ergänzend wurden gängige orthopädische, epidemiologische und neurologische Zeitschriften („Spine“, „Pain“, „Epidemiology“, „Preventive Medicine“, „Der Orthopäde“ und „Schmerz“) für den Zeitraum von 1998 bis 2003 manuell nach ebenfalls relevanten Beiträgen zu Risikofaktoren des Rückenschmerzes durchsucht. Darüber hinaus wurde das umfangreiche Literaturarchiv unserer Forschungsgruppe ebenfalls in die Aufarbeitung des aktuellen Forschungsstandes einbezogen. Das Ergebnis dieses Literaturreviews wurde in Form einer tabellarischen Übersicht publiziert (vgl. Tabelle 6 aus Schneider, Schmitt et al. 2005b). Einschlusskriterium für diese Synopse waren alle Variablen, zu denen eine empirische Entsprechung im hier verwendeten Datensatz vorlag. Der Forschungsstand und die aus unserer Recherche abgeleiteten Hypothesen sind ebendort ausführlich expliziert (vgl. Tabelle 1 aus Schneider, Schmitt et al. 2005b).
Seit Engel (Engel 1977) wird das multiple Zusammenspiel biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren bei der Krankheitsentstehung in Form so genannter multidimensionaler, biopsychosozialer Modelle berücksichtigt. In einer weiteren Publikation (Schneider, Lipinski et al. 2005) wurde zusammen mit dem Zentralinstitut für Seelische Gesundheit ZI Mannheim ein ätiologisches Struktogramm entwickelt, welches die mehrdimensionalen Bedingungsfaktoren des Rückenschmerzes zu systematisieren sucht.
Die empirische Risikofaktorenanalyse erfolgte entlang der Dimensionen 1 bis 5: Als berufliche Faktoren wurden neben der konkreten Berufstätigkeit typische arbeitsplatzspezifische Belastungsfaktoren untersucht (1). Zusätzlich wurde der Einfluss eines Risiko erhöhenden Lebensstils (2) sowie eines defizitären Präventionsverhaltens berücksichtigt (3). Die vorgenannten Zusammenhänge können zu einer erhöhten Vulnerabilität und letztlich zu einem größeren Komorbiditätsrisiko führen, welche als zusätzliche Stressoren wirken (4).
Abb. 1: Struktogramm zur Differenzierung wichtiger Bedingungsfaktoren des Rückenschmerzes
Quelle: Eigener Entwurf, nach Schneider, Lipinski et al. 2005.
Bevor sich diese objektiven Stressoren und Noxen in einem subjektiven Schmerzerleben manifestieren, passieren sie einen kognitiven und affektiven Bewertungsprozess. So wirken Somatisierungstendenzen, ineffektive Copingstile und eine depressive Persönlichkeit verstärkend auf den Prozess der Schmerzwahrnehmung (5).
Diese Prozesse führen nicht nur im Einzelnen, sondern auch und vor allem in ihrer Interaktion für bestimmte Bevölkerungsgruppen zu einer Kumulation des Schmerzrisikos. Der empirische Teil dieser Arbeit fokussiert den bivariaten Zusammenhang zwischen den vorgenannten Faktoren und dem Rückenschmerz sowie weiters das komplexe Bedingungsgefüge durch eine entsprechende statistische Modellierung. Die Resultate seien im Folgenden dargestellt.