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Energieeffizienzmaßnahmen für Vermieter und Wohneigentümer Sie sind Miteigentümer einer Immobilie und wollen das Gebäude zukunftssicher gestalten, den Klimaschutz vorantreiben und mehr für die Umwelt tun? Sie möchten die gesetzlichen Vorgaben zur Energieeffizienz erfüllen, wollen Betriebskosten sparen und dabei Förderprogramme nutzen? Und nicht zuletzt sind Sie daran interessiert den Wert der eigenen Wohnung zu steigern und Wohnkomfort sowie Zufriedenheit aller Mieter zu erhöhen? Dieser Ratgeber der Stiftung Warentest enthält alle nötigen Informationen für die energetische Sanierung in der Wohnungseigentümergemeinschaft von der Beschlussfassung über Finanzierung und Planung bis hin zu Umsetzung und Gewährleistung. Schritt für Schritt wird erklärt wie Eigentümer, Verwaltungsbeirat und Hausverwaltung eine Sanierung vorschlagen und miteinander beschließen können. Die Abstimmung der unterschiedlichen am Prozess beteiligten Parteien unter Berücksichtigung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) ist dabei eine große Herausforderung. Wie das Projekt gut startet, viele überzeugt und am Ende alle profitieren, wird anhand vieler praktischer Beispiele in diesem Buch erklärt. Sei es die Fassadendämmung, der Fenstertausch oder eine neue Heizanlage, in diesem Handbuch erfahren Sie alles, was private Wohnungseigentümer über das energetische Sanieren wissen müssen - juristische, bautechnische, ökologische und finanzielle Aspekte werden dabei berücksichtigt. Praktische Tipps u. a. zu Fördermöglichkeiten über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Finanzierungskonzepten sowie Fallbeispiele und Vergleichstabellen helfen Ihnen eine passende Lösung für ihre Wohnimmobilie zu finden, andere Eigentümer davon zu überzeugen und schließlich Ihre Energieeffizienzmaßnahmen zu planen und umzusetzen. - Eigentümer im Gespräch: Schritt für Schritt zur Beschlussfassung für Sanierungsmaßnahmen - Finanzierung und Wirtschaftlichkeit: Kosten kalkulieren, Förderungen finden und ausschöpfen - Bautechnik: Details zu Dämmung, Fenstertausch, Heizsystemen, Lüftungskonzepten, Solaranlagen - Rechtliche Rahmenbedingungen: Gesetze und Verordnungen auf den Punkt gebracht - Die Umsetzung: Bauverträge, Qualitätssicherung, Abnahme, Gewährleistung
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Seitenzahl: 394
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Eva Kafke
KAPITEL 1
Ein Gebäude, viele Eigentümer – die Rahmenbedingungen
Gute Gründe für eine energetische Sanierung
Klimaziele und Umweltbewusstsein
Nachholbedarf in Eigentümergemeinschaften
Wachsende gesetzliche Anforderungen
Kostendruck durch unkalkulierbare Brennstoff- und CO2-Preise
Energieeffizienz als Wertfaktor
Geeignete Zeitpunkte
Austauschpflicht für Heizungen
Reparaturen und Instandhaltung
Wohnraumerweiterung und Barrierefreiheit
Mehr Wohnkomfort
Neues Erscheinungsbild
Wirtschaftliche Überlegungen
Termine für die Umsetzung
Die unterschiedlichen Beteiligten
Die Wohnungseigentümer
Der Verwaltungsbeirat: Sprachrohr der Eigentümer
Die Hausverwaltung
Experten an unserer Seite
Die unabhängige Energieberatung
Orientierungshilfe Energieausweis
Basisangebote zur Energieberatung
Auf der Suche nach einem qualifizierten Energieberater
Der individuelle Sanierungsfahrplan
Von der Bestandsaufnahme zum Konzept
Konzept ersetzt keine Planung
KAPITEL 2
Von der Idee zur Planung
Entscheidungen in der Eigentümergemeinschaft
Gemeinschafts- und Sondereigentum
Die Eigentümerversammlung
Beschlussfähigkeit
Stimmrecht und Mehrheiten
Verbündete gesucht!
Wie überzeuge ich meine Miteigentümer?
Vor der ersten Versammlung
Schritt für Schritt zur Beschlussfassung
Stimmungsbild als gemeinsamer Start
Unterstützung durch einen Bauausschuss
Kommunikation und Information strukturieren
Zeitmanagement
Von der Entwurfs- zur Ausführungsplanung
KAPITEL 3
Energieeffizienzmassnahmen
Gebäudehülle
Nachrüstpflicht bei der obersten Geschossdecke
Dachdämmung
Auswahl des Dämmstoffes
Fassadendämmung
Innendämmung als Alternative
Sonderfall Keller
Fenstertausch mit System
Erneuerung der Haustür
Anlagentechnik
Erneuerung von Heizungen mit fossilen Brennstoffen
Fernwärme – Vor- und Nachteile
Heizen mit Pellets
Wärmepumpe nachrüsten
Solare Wärme
Hybridsysteme: Partnerwahl
Wärme auf Vorrat
Sonnenstrom
Blockheizkraftwerk
Strom aus der Konserve
Lüftung mit Konzept
Smarte Steuerung
Prioritäten und Kompromisse
KAPITEL 4
Finanzierung
Kosten abschätzen
Bestandteile der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Investitionskosten ermitteln, Förderung berücksichtigen
Mögliche Ersparnisse und Einnahmen
Künftige Betriebskosten veranschlagen
Gesamtkosten: Summe der Unwägbarkeiten
Finanzierung planen
Zuschüsse und Förderkredite
Rücklagen
Sonderumlagen
Kreditaufnahme durch einzelne Eigentümer oder die Gemeinschaft
Mögliche Auswirkungen auf Mietverhältnisse
Steuerliche Möglichkeiten
Finanzierungskonzept
KAPITEL 5
Durchführung der Sanierung
Auftragsvergabe und Bauverträge
Unterschiedliche Vertragsformen
Sicherheiten in Verträgen
Bauzeitenplan
Bevor es losgeht
Ausreichend versichert?
Beeinträchtigungen gering halten
Umgang mit Mietern
Qualitätssicherung durch Baubegleitung
Unabhängige Begleitung
Technische Kontrolle
Kostenkontrolle
Abnahmen und Abrechnungen
Einbeziehung der Eigentümer
Vorbereitung und Durchführung der förmlichen Abnahme
Prüfung der Schlussrechnungen
Behördliche Abnahme
Nachbereitung
Gemeinsame Auswertung
Dokumentation der Sanierung
Monitoring
Gewährleistungsrechte
KAPITEL 6
Der rechtliche Rahmen
Vorgaben des Bundes
Das Wohnungseigentumsgesetz
Das Gebäudeenergiegesetz
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz
Das Bürgerliche Gesetzbuch
Weitere relevante bundesweit gültige Gesetze und Verordnungen
Vorgaben der Länder und Kommunen
Klimaschutzgesetze der Länder
Weitere länderspezifische Regelungen
Kommunalrecht
ANHANG
Service
Eine energetische Sanierung ist schon für Einzeleigentümer eine Herausforderung. Wohnungseigentümer müssen zusätzliche Hürden meistern: Viele Personen mit unterschiedlichen Interessen und finanziellen Möglichkeiten müssen einen gemeinsamen Weg finden.
Gute Gründe für eine energetische Sanierung
Geeignete Zeitpunkte
Die unterschiedlichen Beteiligten
Interview: Chancen und Fallstricke
Die unabhängige Energieberatung
Gute Gründe für eine energetische Sanierung: Für Eigentümergemeinschaften stellt sich drängender denn je die Frage, wie sie ihr Gebäude energetisch verbessern können und damit zukunftsfähig machen.
WAS ERFAHRE ICH?
Klimaziele und Umweltbewusstsein
Nachholbedarf in Eigentümergemeinschaften
Wachsende gesetzliche Anforderungen
Kostendruck durch unkalkulierbare Brennstoff- und CO2-Preise
Energieeffizienz als Wertfaktor
Wer im Sommer 2021 die Bilder aus dem Ahrtal gesehen hat, wird sie nicht mehr vergessen. Das Jahr 2022 machte mit Starkregen, aber auch mit Dürre und Waldbränden Schlagzeilen. Die Folgen des Klimawandels sind unübersehbar und mit dramatischen Ausmaßen bei uns angekommen. Die Begleichung der Schäden kostet uns alle jetzt schon viele Milliarden.
Durch Vorsorge lässt sich das Ausmaß künftiger vergleichbarer Katastrophen begrenzen. Zwar sind bauliche Maßnahmen in der Wohnungseigentümergemeinschaft ein komplexes Unterfangen, vor dem viele zurückschrecken. Doch immerhin hat die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes Ende 2020 zahlreiche rechtliche Hindernisse aus dem Weg geräumt. Und diejenigen Eigentümer, die die Initiative ergreifen wollen, haben zahlreiche gute Argumente, um zögerliche Miteigentümer zu überzeugen:
den Klimaschutz in der eigenen Immobilie vorantreiben und Verantwortung für die Umwelt übernehmen.
Gesetzliche Vorgaben zur Energieeffizienz erfüllen und vorausschauend mehr tun, als heute gesetzlich vorgeschrieben ist – denn die Anforderungen werden absehbar steigen, die Kosten auch.
den Wohnkomfort verbessern und das Gebäude zukunftssicher gestalten.
Förderprogramme nutzen und Betriebskosten sparen.
den Wert der Immobilie steigern und die Zufriedenheit der Mieter erhöhen.
Viele gute Gründe, die nicht für jeden Eigentümer gleich wichtig sein werden, aber in der Summe den Ausschlag bei der Willensbildung in der Gemeinschaft geben können.
Flutkatastrophen, Rekordhitzen, schwindende Eisschilde der Pole, rasch steigende Meerespegel, Artensterben und Versauerung der Ozeane – die Auswirkungen der Erderwärmung sind dramatisch. Mit dem wachsenden Wissen um die Ursachen und Zusammenhänge der Klimaveränderungen hat in den vergangenen Jahren ein Bewusstseinswandel stattgefunden. Regierungen in aller Welt haben KLIMASCHUTZGESETZE erlassen und Sofortprogramme aufgelegt. Das Ziel: die Treibhausgasemissionen schnell und drastisch reduzieren, um die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen. Dazu haben sich fast alle Staaten der Erde auf der 21. UN-Klimakonferenz 2015 in Paris verpflichtet.
DAS NEUE KLIMASCHUTZGESETZJahresemissionensmengen nach Bereichen bis 2030
*Datenpunkte wurden zur Veranschaulichung interpoliertQuelle: bmu.de
Für 2031 bis 2040 legt das Klimaschutzgesetz jährliche Gesamtminderungsziele fest. Bis 2040 müssen mindestens 88 Prozent weniger Treibhausgasemissionen ausgestoßen werden. Ab 2045 schreibt das Klimaschutzgesetz Treibhausgasneutralität vor, nach 2060 negative Emissionen (wir entnehmen der Atmosphäre netto Treibhausgase).
Deutschland soll bis zum Jahr 2045 TREIBHAUSGASNEUTRALITÄT erreichen. Das schreibt das im August 2021 in Kraft getretene aktualisierte Klimaschutzgesetz (KSG) vor. In seiner ersten Fassung hatte das Gesetz deutlich weniger ambitionierte Ziele enthalten. Doch das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber verpflichtet, nachzubessern. Begründung: Der Staat muss aktiv vorbeugen, sodass es in Zukunft nicht zu unverhältnismäßigen Einschränkungen der Freiheitsgrundrechte der heute jüngeren Menschen kommt. Als wichtige Etappen auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 wurde nun festgelegt: Bis 2030 sollen die Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 sinken, bis zum Jahr 2040 um mindestens 88 Prozent. Diese Gesamtziele werden nach dem Verursacherprinzip auf die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und Sonstiges heruntergebrochen. Für den Sektor Gebäude lautet das ambitionierte erste Etappenziel: Die CO2-Emissionen müssen von 118 Millionen Tonnen im Jahr 2020 auf 67 Millionen Tonnen im Jahr 2030 nahezu halbiert werden. Das erfordert gewaltige Anstrengungen im gesamten Gebäudebereich. Zum Vergleich: Im Jahr 1990 beliefen sich die Treibhausgasemissionen auf 210 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Innerhalb von 30 Jahren konnten sie gerade einmal um 47 Prozent reduziert werden.
Mit mehr als 83 Prozent wird der Löwenanteil der Endenergie im Gebäudesektor für die Erzeugung von Warmwasser und Heizwärme verbraucht. Zentrale Maßnahmen, um hier CO2 einzusparen, sind die Steigerung der Energieeffizienz und der Ausbau der erneuerbaren Energien.
ANTEIL DER WOHNUNGEN IN MFHnach Baujahren der Gebäude (21,2 Mio gesamt)
Quelle: destatis 2018
Mehr als 71 Prozent aller Wohnungen befinden sich in Gebäuden, die bis 1978 errichtet wurden.
Beim Neubau von Wohngebäuden hat sich bereits viel getan: Die gesetzlichen EFFIZIENZ-STANDARDS wurden stetig erhöht, die Anforderungen für den Erhalt von Fördermitteln ebenfalls. Beides lässt ich bei Neubauten von Anfang an gut berücksichtigen. Nur: Sie machen den allerkleinsten Teil der Gebäude aus.
Zwei Drittel der rund 42 Millionen Wohnungen in Deutschland befinden sich in Gebäuden, die vor 1978 errichtet wurden und deren Standard damit noch nicht die erste Wärmeschutzverordnung erfüllt. Bei den Mehrfamilienhäusern ist der Anteil von Altbauten mit 71,14 Prozent besonders hoch (siehe Grafik oben). Die Anpassung von energetischen Nachrüstungen an bestehende Gegebenheiten stellt in jedem Fall eine technische Herausforderung dar. Sie ist in innerstädtischer dichter Bebauung größer als bei frei stehenden Gebäuden auf dem Lande und im Mehrfamilienhaus größer als im Einfamilienhaus. Eigentümergemeinschaften vereinen alle Schwierigkeiten unter einem Dach. In Sachen energetische Sanierungen bilden sie das Schlusslicht im Gebäudesektor.
Die Klimaziele können nur erreicht werden, wenn sich hier ganz schnell ganz viel tut. Jede Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), die ihr Gebäude energetisch auf Vordermann bringt, leistet einen unverzichtbaren Beitrag. Den Handlungsbedarf sehen nicht nur Politiker und Experten, sondern auch immer mehr Privatpersonen. Mehr als acht von zehn Befragten in Deutschland halten den Klimawandel für ein „sehr ernstes Problem“, beinahe jeder Dritte gar für das „wichtigste Problem, dem die Welt gegenübersteht“ (Eurobarometer Juli 2021).
Ältere Gebäude genießen in Deutschland weitgehend Bestandsschutz. Dass sich dieses Prinzip aufrechterhalten lässt, darf bezweifelt werden. Die vergangenen Jahre haben gezeigt: Die getroffenen Maßnahmen haben bei Weitem nicht die notwendige Reduzierung der CO2-Emissionen gebracht. Die Klimaziele wurden daher immer weiter verschärft und gesetzliche Anforderungen erhöht. Auch das aktualisierte Klimaschutzgesetz beinhaltet eine jährliche Überprüfung, ob die Emissionen in den einzelnen Sektoren auf Kurs sind. Gibt es Abweichungen, so muss das für den betroffenen Sektor zuständige Bundesministerium ein Sofortprogramm mit zusätzlichen Maßnahmen vorlegen. Bereits 2022 mussten vor allem die Sektoren Gebäude und Verkehr erstmals nachbessern. Und das erst im Dezember 2020 in Kraft getretene GEBÄUDEENERGIEGESETZ (GEG) wird bereits wieder in einzelnen Schritten überarbeitet (Stand 2022). Motor der deutschen Klimapolitik ist nicht nur die neue Bundesregierung mit Beteiligung von Bündnis90/Die Grünen, sondern vor allem die Europäische Kommission. Dort stehen die Zeichen seit Jahren auf Sanierungspflichten. Derzeit wird das „Fit for 55“-Gesetzespaket diskutiert. Es beinhaltet unter anderem Vorschläge für die Novellierung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) und der Energieeffizienz-Richtlinie (EED). Danach sollen zunächst die 15 Prozent der am wenigsten energieeffizienten Gebäude eines jeden Mitgliedsstaates in Angriff genommen werden. Sobald die EU-Gesetze verabschiedet sind, müssen die Vorgaben zeitnah in deutsches Recht umgesetzt werden. Einzelne europäische Nachbarländer machen bereits vor, wie stärkere Eingriffe aussehen könnten: In Frankreich beispielsweise müssen ab 2025 alle privaten Wohngebäude mit einem Energieverbrauch von mehr als 330 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr saniert werden. Außerdem soll der Verkauf oder die Vermietung von Gebäuden mit schlechten Energiewerten erschwert werden.
Es wäre vermessen, vorhersagen zu wollen, wie genau der deutsche Weg aussehen wird. Der Blick auf die vergangenen Jahre mit sich überstürzenden Klimaplänen und immer neuen Zielvorgaben macht jedoch überdeutlich, wie dynamisch die Entwicklung ist. Nach wie vor gilt hierzulande jedoch das Prinzip „Fordern und Fördern“. Dabei haben auch Besonderheiten von Wohnungseigentümergemeinschaften Eingang in die Fördermittellandschaft gefunden. Zahlreiche Programme stehen privaten Eigentümern offen. Darüber hinaus kann die Gemeinschaft Beratungsleistungen und erhöhten Verwaltungsaufwand geltend machen.
Derzeit haben Eigentümergemeinschaften mehr Freiheiten bei der Gestaltung einer energetischen Sanierung, als sie absehbar in Zukunft haben werden. Zugleich erleichtern die Fördermittel die Umsetzung. Gerade angesichts langwieriger Abstimmungsprozesse gilt es, die Zeit jetzt zu nutzen, um gut informiert ein Konzept zu beschließen und dieses baldmöglichst zu realisieren.
Der Blick auf die vergangenen Jahre mit sich überstürzenden Klimaplänen und immer neuen Zielvorgaben macht überdeutlich, wie dynamisch die Entwicklung ist.
Auch der Blick auf die Heizkostenabrechnung kann die Bereitschaft, die Energieeffizienz des Gebäudes zu verbessern oder die Heizung zu erneuern, entscheidend vergrößern. Unterm Strich mussten Verbraucher, die mit Öl heizen, im Jahr 2021 mit durchschnittlich 72 Prozent höheren Heizkosten rechnen als im Vorjahr, so die Prognose des Energiedienstleisters Techem. In gasversorgten Gebäuden stiegen die Raumheizkosten danach um rund 18 Prozent an. Zum einen sind die Gas- und Heizölpreise deutlich angezogen. Zum anderen war die Heizsaison kälter als in den Vorjahren. Und schließlich wurde vermehrt im Homeoffice gearbeitet. Doch dieser Kostenanstieg ist nur die Spitze des Eisbergs. Der Ukraine-Krieg, die Entwicklung der Brennstoffkosten seither und die ab Oktober 2022 befristet gültige Gasumlage machen deutlich: Die Kosten für fossile Energieträger sind kaum kalkulierbar und ein wirtschaftliches Risiko. Mit der Novelle der Heizkostenverordnung und der Einführung von fernablesbaren Zählern bis 2026 wird die Preis- und Verbrauchsentwicklung noch transparenter, der Druck damit größer. Zum anderen hat für alle Verbraucher, die mit fossilen Energieträgern heizen, erstmals der CO2-PREIS zu Buche geschlagen. Seine Einführung wurde mit der Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) gesetzlich verankert. Seit Anfang 2021 müssen Unternehmen, die fossile Kraft- oder Heizstoffe in Verkehr bringen, für die entstehenden CO2-Emissionen Rechte in Form von Zertifikaten kaufen. Der CO2-Preis steigt von 25 Euro pro Tonne schrittweise auf 55 Euro im Jahr 2025 (Stand: 8/2022). Im Jahr 2026 wird der Emissionshandel beginnen. Die Zertifikate werden zwischen einem Mindestpreis von 55 Euro pro Tonne CO2 und einem Höchstpreis von 65 Euro pro Tonne auktioniert. Die Nachfrage bestimmt dann den Preis.
Zunächst muss der In-Verkehr-Bringer der Energie – also Gasversorger oder Heizölhändler – den CO2-Preis bezahlen. Er gibt die Mehrkosten an die Kunden weiter. Höhere Preise für fossile Energieträger schaffen besonders bei hohen Verbräuchen einen Anreiz, auf erneuerbare Energien umzusteigen, so die Idee. Die Einnahmen aus dem CO2-Preis im Gebäudebereich fließen in FÖRDERPROGRAMME, beispielsweise zur Heizungserneuerung oder zur energetischen Sanierung. Im Jahr 2021 durften Vermieter den CO2-Preis noch vollständig auf die Mieter umlegen. Ab 1. Januar 2023 werden die Kosten auf beide Parteien verteilt, und zwar in Abhängigkeit von der Energiebilanz des Gebäudes. Dazu wird ein Stufenmodell angewandt: Je schlechter der energetische Standard, umso höher ist der Anteil des Vermieters. In der energetisch schlechtesten Stufe, bei einem Gebäude mit 52 kg CO2/(m2a) oder mehr, muss er 90 Prozent des CO2-Preises tragen. Im internationalen Vergleich findet sich Deutschland mit den aktuell vorgesehenen Preisen übrigens weit unten auf der Liste. In Schweden beispielsweise kostete Mitte 2021 die Tonne CO2 108,81 Euro. In der Diskussion über energetische Sanierungen wird der CO2-Preis künftig auf jeden Fall an Gewicht gewinnen.
ENTWICKLUNG DES CO2-PREISESfür Erdgas, Erdöl und Kraftstoffe
Quelle: Brennstoffemissionshandelsgesetz - BEHG, § 10 Stand 8/22
Die individuellen CO2-Kosten werden errechnet, indem der Energieverbrauch mit dem Emissionsfaktor des Energieträgers und dem CO2-Preis multipliziert wird.
Im Jahr 2021 haben private Wohnungseigentümer insgesamt knapp 180 Milliarden Euro in ihre Immobilien investiert, so Schätzungen von BauInfoConsult. Allerdings floss danach der Großteil des Geldes in die Verschönerung von Küchen und Bädern und nur 26,3 Prozent in energetische Maßnahmen. Es spricht viel dafür, diese Prioritäten bei Investitionsentscheidungen künftig zu verändern. Denn Energieeffizienz wird in der Immobilienbranche zunehmend zum WERTFAKTOR, der sich sowohl im Falle eines Verkaufs als auch bei der Vermietbarkeit auswirkt. Für private Eigentümer ist ihre Wohnung in der Regel ein wichtiger Baustein der Altersvorsorge. Der Mehrwert Energieeffizienz gibt Planungssicherheit.
Jeder vierte Deutsche (23 Prozent) achtet bei der Immobilienwahl auf Energieeffizienz, so eine Umfrage des Unternehmens LichtBlick (2021). Nach der Lage, dem Preis und der Quadratmeterzahl ist der energetische Zustand des Gebäudes das viertwichtigste Kriterium beim Kauf einer neuen Wohnung oder eines neuen Hauses. Die Bedeutung der Energieeffizienz schlägt sich auch in den Kaufpreisen der Immobilien nieder: Im Marktmonitor Immobilien 2017 des Portals Immowelt gaben 20 Prozent der befragten Makler an, eine Bestandsimmobilie mit hohem energetischen Standard lasse sich schneller vermarkten. 25 Prozent sind der Auffassung, der realisierbare Preis sei oftmals besser. Das bestätigt eine Marktanalyse von ImmoScout24 (2021): Gebäude mit hoher Energieeffizienz erzielen durchschnittlich 23 Prozent höhere Preise als unsanierte Vergleichsobjekte. Was für den Verkauf gilt, gilt auch für die VERMIETUNG: In einer Umfrage der Stadt Dortmund (2018) benannten 57 Prozent aller Umzugswilligen einen geringen Energieverbrauch als unbedingte Anforderung an ihre künftige Mietwohnung, für weitere 41 Prozent sollte diese Anforderung möglichst gegeben sein.
Geeignete Zeitpunkte: Den einzig richtigen, für alle WEG optimalen Zeitpunkt für eine Sanierung gibt es nicht. Zu unterschiedlich sind bauliche Realitäten, Zusammensetzung und Interessen der Bewohner.
WAS ERFAHRE ICH?
Austauschpflicht für Heizungen
Reparaturen und Instandhaltung
Wohnraumerweiterung und Barrierefreiheit
Mehr Wohnkomfort
Neues Erscheinungsbild
Wirtschaftliche Überlegungen
Termine für die Umsetzung
Es gibt jedoch in jeder WEG Anlässe, die sich anbieten, um energetische Maßnahmen anzudocken. Vielfach lassen sich dabei Synergien nutzen, die baulich sinnvoll sind und zugleich den Geldbeutel entlasten.
Das am 1. November 2020 in Kraft getretene Gebäudeenergiegesetz (GEG) enthält zwar vor allem eine Vielzahl von Auflagen für Neubauten. Aber auch Eigentümer von Bestandsimmobilien müssen zu bestimmten Terminen einige Austausch- und Nachrüstpflichten erfüllen: Ganz oben auf der Liste steht der HEIZUNGSTAUSCH. Heizkessel, die älter als 30 Jahre sind und mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen betrieben werden (also vor allem Heizöl oder Erdgas) und eine Heizleistung von 4 bis 400 kW haben, müssen außer Betrieb genommen werden (§ 72 Absatz 2 GEG). Diese Geräte sind seit Jahren veraltet und extrem ineffizient.
Die AUSTAUSCHPFLICHT gilt nicht für Brennwert- und Niedertemperaturkessel. Der freiwillige Heizungstausch vor dem gesetzlich vorgegebenen Termin wird durch umfangreiche Fördermittel versüßt. Wer bis zum Pflichttermin wartet, erhält keine Fördermittel. Aus Sicht von Experten sind die politischen Vorgaben übrigens meist ein Minimal-Kompromiss.
Die aktuelle Bundesregierung hat sich den schnellen und umfangreichen Ausbau erneuerbarer Energien auf die Fahne geschrieben. Demnach soll ab 2024 jede neu eingebaute oder ausgetauschte Heizung mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
Die Details sollen im Zuge der schrittweisen GEG-Novelle verbindlich geregelt werden und standen zum Zeitpunkt der Drucklegung noch nicht fest. Vorbereitend auf die Gesetzesänderung wird bereits seit Juli 2022 der Austausch von Gasheizungen analog zum Austausch von Ölheizungen gefördert.
Oft sind es unumgängliche Instandsetzungen, die den Anstoß geben, über eine energetische Sanierung nachzudenken: Das Dach ist durch einen Sturm beschädigt. Die Heizungsanlage ist defekt. Die Neueindeckung könnte prima mit einer Dämmung kombiniert und die Heizungsanlage auf CO2-arme Energieträger und erneuerbare Energien umgestellt werden. Der Haken ist nur: Das undichte Dach oder die defekte Heizungsanlage kann nicht warten, bis die Eigentümergemeinschaft über ein ganzheitliches energetisches Sanierungskonzept oder auch nur über kombinierte Maßnahmen entschieden hat. Solche akut erforderlichen Instandsetzungen müssen so schnell umgesetzt werden, dass in der Regel vorhandene Systeme erneuert, nicht jedoch durch andere, energieeffizientere ersetzt werden. Dann werden Fakten geschaffen, die für Jahrzehnte – eben für die Lebensdauer der Dacheindeckung oder der Heizungsanlage – Bestand haben. Experten nennen das „Lock-in-Effekt“: Kurzfristige oder auch unüberlegte Maßnahmen bergen die Gefahr, dass der bestmögliche energetische Einspareffekt verbaut wird.
Das lässt sich durch vorausschauende Planung umfangreicher Sanierungsmaßnahmen zumindest teilweise vermeiden. Sie kann sich an gängigen INSTANDHALTUNGSZYKLEN und den durchschnittlichen Lebens- und Nutzungsdauern von Bauteilen orientieren (siehe Tabelle rechts). Wer wartet, bis die elektrischen Leitungen 50 Jahre auf dem Buckel haben, riskiert Defekte. Wer jedoch die Erneuerung frühzeitig in Angriff nimmt, hat ausreichend zeitlichen Spielraum, um die Leitungserneuerung an die Installation einer Photovoltaikanlage zu koppeln.
Bei vielen turnusmäßigen Instandhaltungen müssen ohnehin nach dem Gebäudeenergiegesetz sogenannte „bedingte Anforderungen“ erfüllt werden. Wenn beispielsweise Sanierungsarbeiten beauftragt und dabei mehr als 10 Prozent eines Bauteils erneuert werden, müssen die Arbeiten so ausgeführt werden, dass das Bauteil anschließend den Vorgaben des GEG entspricht (§ 48 GEG). Konkret heißt das: Für den Fassadenanstrich oder den Ersatz einzelner Dachziegel gibt es keine Vorgaben. Wird jedoch der Außenputz oder die Dacheindeckung komplett erneuert, dann muss auch der Wärmeschutz mit auf den Prüfstand. Diese Regelung gilt nicht für denkmalgeschützte Häuser und für Bauteile, die unter Einhaltung energiesparrechtlicher Vorschriften nach dem 31. Dezember 1983 errichtet oder erneuert wurden.
MITTLERE LEBENSDAUER EINZELNER BAUTEILE(CIRCA-ANGABEN)
Dachpfannen aus Beton
60 Jahre
Gebrannte Dachpfannen und Ziegeldächer
80 Jahre
Zinkblecheindeckungen
25 Jahre
Schornsteinköpfe
30 Jahre
Dachentwässerung
20 Jahre
Tragende Dachkonstruktion
100 Jahre
Kellerlichtschächte
50 Jahre
Außentreppen
60 Jahre
Außenputz
50 Jahre
Verblendmauerwerk
80 Jahre
Außenanstrich
10 Jahre
Heiztechnische Anlagen
30 Jahre
Warmwasserboiler
20 Jahre
Elektrische Leitungen
50 Jahre
Elektrische Pumpen
15 Jahre
Fenster
40 Jahre
Quelle: Verband privater Bauherren e. V.
Bei einer vorausschauenden Planung von Baumaßnahmen ist wichtig, die Bauteile nicht einzeln, sondern im Zusammenhang zu betrachten. Werden Fassadendämmung, Putz und Anstrich aufgebracht, ist es sowohl unter wirtschaftlichen als auch unter baulichen Gesichtspunkten eine Überlegung wert, die Fenster auch gleich auszutauschen. Oder: Wenn der Schornsteinkopf und die Dachentwässerung erneuert werden müssen, bietet es sich an, die Dacheindeckung ebenfalls auszutauschen – selbst wenn die Ziegel vielleicht noch zehn Jahre halten würden. Bei der Gelegenheit werden dann gleich die Dachflächen mit gedämmt. Bautechnisch haben solche Koppelungen den Vorteil, dass Baumaterialien optimal aufeinander abgestimmt und Fehlerquellen bei Anschlussarbeiten reduziert werden.
MASSNAHMEN KOMBINIEREN
Eine sinnvolle Herangehensweise besteht darin, eine energetische Sanierung mit anderen zwar nicht zwingend notwendigen, aber gewünschten Baumaßnahmen zu kombinieren. Nach diesem Schema können an vielen Stellen Synergien genutzt werden.
Die Neueindeckung des Daches lässt sich nicht nur mit der Dämmung, sondern auch mit dem Ausbau des Dachgeschosses verbinden. Dabei müssen sowohl das Baurecht als auch das Wohnungseigentumsrecht beachtet werden. Befindet sich das unausgebaute Dachgeschoss im Gemeinschaftseigentum, so muss die Eigentümergemeinschaft zunächst einstimmig die Umwandlung in Sondereigentum beschließen. Dafür ist eine Änderung der Teilungserklärung notwendig, in der sinnvollerweise der nachträgliche Ausbau zu Wohnzwecken vereinbart wird. Dann verkauft die WEG als Eigentümer das entstandene Sondereigentum. Dieser formale Vorlauf ist zwar aufwendig, auch entstehen der Gemeinschaft in der Regel Kosten durch baurechtliche Anforderungen wie beispielsweise die Schaffung eines zusätzlichen Stellplatzes. Doch unterm Strich hat die WEG mit dem Erlös aus dem Verkauf eine ordentliche zusätzliche Summe für die Dachsanierung zur Verfügung.
Ganz frei ist die Gemeinschaft beim Dachgeschossausbau allerdings nicht. Hier greift eine weitere bedingte Anforderung des Gebäudeenergiegesetzes: Bei der Erweiterung von Bestandsgebäuden durch Anbau, Aufstockung oder Ausbau muss der bauliche WÄRMESCHUTZ der neuen Außenbauteile gewährleistet werden. Der Wärmeverlust darf maximal 20 Prozent über dem Wert des dem GEG zugrunde liegenden Referenzgebäudes liegen (§ 51 GEG). Im Keller ist eine dem Dachgeschoss vergleichbare Konstellation denkbar: Die Kelleraußenwände sollen in die Fassadendämmung einbezogen und feuchte Kellerräume saniert werden. Bisher als Abstellräume genutzte Flächen können bei dieser Gelegenheit in eine Souterrainwohnung umgewandelt werden. Eine energetische Sanierung bietet ebenso eine ideale Gelegenheit, das Gebäude altersgerecht umzubauen. Werden beispielsweise Balkone im Zuge einer Fassadendämmung vom übrigen Gebäude thermisch abgekoppelt oder Balkontüren ausgetauscht, so können zugleich hinderliche Schwellen entfernt und die Balkonflächen auf rollstuhlgeeignete Maße vergrößert werden. Investitionen in Barrierefreiheit erhöhen den Wert der Immobilie zusätzlich.
Der demografische Wandel wird absehbar zu einer steigenden Nachfrage nach barrierefreiem Wohnraum führen: Die Zahl der 60- bis 80-jährigen Einwohner Deutschlands wird bis zum Jahr 2030 von derzeit rund 19 Millionen auf mehr als 22 Millionen wachsen, die der Hochbetagten (über 80 Jahre) von 5,1 auf 5,2 Millionen, so die Prognosen des Statistischen Bundesamtes. Im Jahr 2030 wird damit beinahe jeder dritte Einwohner 60 Jahre oder älter sein. Vermieter sichern durch altersgerechte Umbauten langfristig die gute VERMIETBARKEIT ihrer Wohnung. Und für Selbstnutzer bringt ein altersgerechter Umbau persönlichen KOMFORTGEWINN oder macht gar den Umzug ins Heim unnötig. Angesichts des mit knapp 60 Jahren hohen Durchschnittsalters von Wohnungseigentümern (BBSR 2015) ist das ein nicht zu unterschätzendes Argument.
Fenster und Türen sind undicht und sorgen für unangenehme Zugluft. Räume werden auch bei aufgedrehten Heizkörpern nie richtig warm. Die Außenwände strahlen Kälte ab. Die Bewohner des Erdschosses haben am Esstisch kalte Füße. Das Spielen mit den Kindern auf dem Fußboden ist unangenehm. Die Dachgeschosswohnung ist im Sommer ohne Klimagerät kaum bewohnbar. Jede einzelne dieser Schwachstellen ist ärgerlich, aber für sich genommen kaum ein Anlass für eine energetische Sanierung. In der Summe und auf Dauer beeinträchtigen sie allerdings den Wohnkomfort und das Raumklima erheblich. Für selbstnutzende Eigentümer ist genau das ein wichtiger Aspekt und möglicherweise ein maßgeblicher Grund für eine energetische Sanierung: Sie wollen sich in den eigenen vier Wänden wohlfühlen.
Im Zuge eines Fenstertauschs lassen sich ungedämmte Rollladenkästen durch neue, in der Regel kleinere Kästen ersetzen und die BELICHTUNG der Räume so erheblich verbessern. Alternativ können künftig Schiebe- oder Klappläden die Verschattung übernehmen. Die Liste sinnvoller Kombinationen von energetischen mit anderen Maßnahmen ließe sich lange fortsetzen. Letztlich sind die Möglichkeiten immer von den Gegebenheiten vor Ort und den Wünschen der Eigentümer abhängig. An einer gemeinsamen ganzheitlichen Planung führt daher kein Weg vorbei.
Jede Kombination von Baumaßnahmen verringert nicht nur die Beeinträchtigungen für die Bewohner, sondern auch die Kosten erheblich. Die Baustelle muss nur einmal eingerichtet werden. Damit fallen die Kosten für die Anlieferung von Baustellentoilette und Bauwagen, für Absperrungen im Straßenraum und Zugang zur Baustelle, für Baufeldbeleuchtung, Baustrom und Bauwasser und für alle notwendigen Schutzmaßnahmen wie etwa Spritzschutz der Fenster nur einmal an. Besonders viel können Gemeinschaften sparen, indem sie Maßnahmen kombinieren, für die ein Gerüst notwendig ist. Die Kosten für Anlieferung, Montage, technische Abnahme und Abbau machen schließlich den Löwenanteil im Gerüstbau aus. Die Standzeiten von Baustelleneinrichtung und Gerüst auf der Baustelle halbieren sich zwar nicht, doch gibt es meist eine Überlappung in den Tätigkeiten der Gewerke, sodass die Gesamtstandzeiten kürzer ausfallen als die Summe der einzelnen Bauzeiten. Außerdem gibt es für längere Standzeiten Mietreduzierungen. Synergien entstehen auch bei der Entsorgung von Bauschutt. Im Sinne der Nachhaltigkeit sollten Baustoffe möglichst sortenrein getrennt werden, damit die Materialien recycelt oder wiederverwertet werden können. Je nach Maßnahme(n) werden dafür diverse Container benötigt, etwa für mineralische Abfälle, Holz und Metall. Auch hier reduzieren sich die Anlieferungspreise. Zudem werden die Container besser ausgelastet.
Im Zuge einer Fassadensanierung ist die zeitgleiche Erneuerung der Fenster eine sinnvolle Überlegung.
BAUPARTNER IN DER NACHBARSCHAFT
Für Eigentümergemeinschaften mit einem nicht-freistehenden Mehrfamilienhaus kann es spannend sein, frühzeitig mit den Eigentümern der Nachbargebäude ins Gespräch zu kommen.
Vielleicht planen sie ebenfalls eine energetische Sanierung, sodass eine gemeinsame Herangehensweise möglich ist. Auf jeden Fall lassen sich kritische Dach- und Fassadenübergänge gemeinsam am besten lösen.
Der Planungsvorlauf innerhalb der WEG mit dem komplexen und langwierigen Prozess der Willensbildung und hohen formalen Hürden ist beträchtlich und zudem schwer kalkulierbar. Von den Vorüberlegungen bis zum Baubeginn vergehen schnell zwei Jahre (siehe Seite 68). In dieser Zeit können sich viele Faktoren, die sich auf ein Projekt auswirken, verändern – von gesetzlichen Anforderungen über Fördermittel und Baupreise bis zur Auslastung der Handwerksbetriebe. Eine punktgenaue Vorbereitung, die all dies optimal berücksichtigt, ist kaum möglich.
Dennoch ist es sinnvoll, die wichtigsten Parameter während der WEG-internen Planung im Hinterkopf zu haben: Zinskonditionen von Kreditinstituten sowie Höhe und Bedingungen von Fördergeldern sind nicht in Stein gemeißelt. Über Bundesmittel wird alljährlich im Zuge der Haushaltsplanung neu beschlossen. Länder, Kommunen und manchmal auch Energieversorger legen hier und da neue Programme auf. Auf jeden Fall ist es ratsam, die FÖRDERMITTELLANDSCHAFT ab dem Beginn der Vorplanungen im Blick zu haben und damit frühzeitig über besonders spannende Programme informiert zu sein. Eine wichtige Rolle spielt auch der Marktkontext – sowohl in Sachen Materialien als auch in puncto Manpower. Die gesteigerte Nachfrage während der Corona-Pandemie und Lieferengpässe haben die Preise für zahlreiche Baumaterialien in die Höhe getrieben. So hat sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes beispielsweise Konstruktionsvollholz im Jahr 2021 um 77,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verteuert, Dachlatten um 65,1 Prozent und Dämmplatten aus Kunststoff um 20,7 Prozent. Preisentwicklungen wie diese können ein wichtiges Argument sein, eine Sanierung ins Folgejahr zu verschieben oder – falls möglich – die Reihenfolge einzelner Sanierungsschritte zu verändern.
Oft genug haben Bauherren allerdings nur sehr begrenzten Einfluss auf den Termin einer Baumaßnahme. In vielen Bereichen beeinträchtigt der Fachkräftemangel seit Jahren die Handwerkersuche. Erschwerte Arbeitsbedingungen in den Corona-Monaten haben nun zusammen mit Lieferengpässen dafür gesorgt, dass viele Betriebe eine Bugwelle von Aufträgen vor sich herschieben. Während die Ausbesserung eines Daches auf einem Einfamilienhaus vielleicht noch in den Kalender passt, sind die Lücken für Großaufträge schnell besetzt. Hier macht es sich bezahlt, wenn die Verwaltung auf ein gut funktionierendes Netzwerk zurückgreifen kann oder der leitende Architekt oder Ingenieur regelmäßig mit denselben Firmen zusammenarbeitet. Wie bei jeder Baumaßnahme gilt: Die Auftragsbücher füllen sich im Herbst und Winter für das Folgejahr.
Wer frühzeitig am Ball ist, kann jahreszeitliche Gegebenheiten im Bauablauf berücksichtigen. Frühjahr und Frühherbst bieten mit moderaten Temperaturen und guten Lichtverhältnissen oft optimale Arbeitsbedingungen für alle Außenarbeiten und sind entsprechend nachgefragt. Eine Dachsanierung beispielsweise kann zwar auch ganzjährig durchgeführt werden, ist jedoch besonders wetterabhängig. Herbststürme oder Sommergewitter erfordern unter Umständen zusätzliche Sicherungsmaßnahmen, Hitzeperioden im Sommer machen häufigere Pausen notwendig. Hitze ebenso wie Kälte schaden zudem vielen Baustoffen. Außenputz sollte bei Temperaturen zwischen 5 und 30 Grad Celsius verarbeitet werden. Beim Streichen sollte die Temperatur über 10 Grad liegen.
Die unterschiedlichen Beteiligten: Jeder Eigentümer, der Verwaltungsbeirat oder die Hausverwaltung kann eine Sanierung vorschlagen. Doch keiner kann sie allein oder gar gegen die anderen durchsetzen.
WAS ERFAHRE ICH?
Die Wohnungseigentümer
Der Verwaltungsbeirat: Sprachrohr der Eigentümer
Die Hausverwaltung
Experten an unserer Seite
Nur wenn alle drei Pfeiler der Eigentümergemeinschaft konstruktiv zusammenarbeiten, wird es gelingen, das Sanierungsprojekt auf den Weg zu bringen und schließlich erfolgreich umzusetzen. Dabei ist an vielen Stellen die Unterstützung von Experten gefragt. Je mehr die vielen Beteiligten voneinander wissen, umso besser kann jeder auf die Belange des anderen eingehen.
Je klarer Rollen verteilt und Aufgaben definiert sind, umso reibungsloser wird das Zusammenspiel aller funktionieren. Es lohnt sich, am Anfang und auch während des gesamten Prozesses immer wieder Zeit in das MITEINANDER zu investieren, Wünsche, Ziele und Vorstellungen klar zu formulieren, aber auch Befindlichkeiten und eigene Grenzen unmittelbar zu thematisieren.
Insgesamt rund neun Millionen Wohnungen in Deutschland gehören zu Wohnungseigentümergemeinschaften. Das sind 22 Prozent aller Wohneinheiten. Sie verteilen sich auf 1,77 Millionen Gebäude. Die aktuellsten Detailstatistiken zum Thema WEG stammen aus dem Mikrozensus 2011. Danach befanden sich die meisten Wohneinheiten in kleinen Mehrfamilienhäusern. Knapp ein Drittel (32 Prozent) aller Eigentümergemeinschaften bestehen aus drei bis sechs Einheiten, weitere 28 Prozent aus sieben bis zwölf Einheiten.
Die Eigentümer bilden eine extrem heterogene Gruppe aus Personen mit unterschiedlichem sozialen, familiären und beruflichen Hintergrund und Alter, verschiedenen finanziellen Möglichkeiten, persönlichen Präferenzen oder auch individuellen Kompetenzen. Daraus ergeben sich zwangsläufig jeweils sehr unterschiedliche Umgangsweisen mit dem Wohnungseigentum. Diese Heterogenität macht die Willensbildung und die BESCHLUSSFASSUNG in nahezu jeder Gemeinschaft zu einem komplexen, oft konfliktbehafteten und meist langwierigen Prozess. Aufgrund der individuellen Zusammensetzung ist keine WEG wie die andere. Pauschale Erfolgsrezepte kann es für diese Zielgruppe also nicht geben.
Nach ihrer Nutzung unterscheiden sich zwei ähnlich große Eigentümergruppen: 42 Prozent aller WEG-Einheiten werden von den Eigentümern selbst bewohnt, 54 Prozent sind vermietet. Die übrigen stehen leer (3 Prozent) oder sind Ferien- und Freizeitwohnungen (1 Prozent). SELBSTNUTZER und VERMIETER verbindet das Interesse an einer möglichst zu Beginn des Ruhestandes schuldenfreien Wohnung, ihrer kostengünstigen Bewirtschaftung und einer guten Verwaltung ihrer Eigentumswohnanlage. Und die geringe Bereitschaft, sich für Ihr Eigentum zu verschulden. Knapp 90 Prozent der privaten Kleinvermieter finanzieren Sanierungsmaßnahmen ausschließlich über Eigenkapital. Komplettsanierungen lassen sich jedoch aus der Portokasse kaum stemmen. Entsprechend wird das Gebäude einer WEG – anders als etwa das eines Wohnungsunternehmens – eher kleinteilig und sukzessive saniert.
Darüber hinaus gibt es jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den beiden Eigentümergruppen. Für Selbstnutzer fallen der eigene Wohnkomfort und individuelle Aspekte wie altersgerechte Gestaltung bei der Meinungsbildung ins Gewicht. Viele von ihnen planen, den Rest ihres Lebens in dieser Wohnung zu verbringen, und haben dadurch eine hohe emotionale Bindung an die eigenen vier Wände und ihre Umgebung. Auch das Miteinander der Hausgemeinschaft ist für sie wichtig.
In einer Umfrage des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW, 2020) gaben mehr als 60 Prozent der Befragten an, in ihrer WEG seien selbstnutzende Eigentümer die Akteure, die den Prozess der energetischen Sanierung vorantreiben; ein Drittel sprach ihnen sogar einen starken positiven Einfluss zu. Die vermietenden Eigentümer hingegen wurden nur von 17 Prozent der Befragten als Akteure wahrgenommen. Die ebenfalls vom IÖW befragten Verwalter bestätigten dieses Bild: Knapp 50 Prozent von ihnen betrachten die Selbstnutzer als Treiber oder gar wesentlichen Treiber einer energetischen Sanierung. Nur gut 10 Prozent sehen vermietende Eigentümer in dieser Rolle.
Vermietende Eigentümer haben vor allem bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen einen anderen Blickwinkel als Selbstnutzer. Für sie sind die Mieteinnahmen ein wichtiger Beitrag zur Altersvorsorge. Sie betragen bei gut drei Vierteln aller privaten Wohnungsvermieter monatlich weniger als 750 Euro. Den vermietenden Eigentümern geht es weniger um maximale Rendite, sondern vielmehr um langfristige Sicherung der Mieteinnahmen durch reibungslose Mietverhältnisse. Sie können gemäß § 559 BGB 8 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten für energetische Maßnahmen (abzüglich von Instandsetzungsanteilen) auf die Jahresnettokaltmiete umlegen. Diese Möglichkeit nutzen private Kleinvermieter allerdings seltener und in geringerem Maße als andere Vermietergruppen, so eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (2010).
Unter den Wohnungseigentümern sind Selbstnutzer oft die treibende Kraft bei Sanierungsvorhaben.
Nichtsdestoweniger: In der WIRTSCHAFTLICHKEITSBETRACHTUNG (siehe Seite 143) muss dies berücksichtigt werden. Neben den zukünftig potenziell höheren Mieteinnahmen schlägt zu Buche, dass Vermieter die Maßnahmen steuerlich geltend machen können.
Neben der Form der Nutzung unterscheiden sich Eigentümer bezüglich ihrer soziodemografischen Merkmale: Einer Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) auf Grundlage des Mikrozensus zufolge sind 52 Prozent aller privaten Wohnungseigentümer 60 Jahre und älter. Der Bundesdurchschnitt beläuft sich auf 26 Prozent. Der durchschnittliche Wohnungseigentümer ist den Berechnungen zufolge 58,3 Jahre alt. Der Faktor Alter spielt bei der Entscheidung für umfangreiche Investitionen eine maßgebliche Rolle. „Was hab‘ ich denn noch davon …“ oder: „Darum sollen sich dann meine Kinder kümmern“ sind typische Sätze in Eigentümerversammlungen.
Auch die Auseinandersetzung mit komplexen Sachverhalten und immer neuen Technologien ist für viele ältere Menschen eine enorme Herausforderung. Erschwerend kommt hinzu, dass noch nicht alle Personen dieser Altersgruppe versiert sind in der Nutzung digitaler Instrumente. Genau diese sind jedoch enorm hilfreich, um den zeitnahen und umfangreichen Informationsfluss vor, während und nach der Sanierung zu sichern und alle bei der Stange zu halten. Das ist mit herkömmlichen Mitteln deutlich schwerer möglich.
MIETERHÖHUNG NACH SANIERUNG
Wohnungsanbieter
Anteil der Sanierungen mit Mieterhöhung
Durchschnittliche Mieterhöhung in Prozent
Private Kleinvermieter
54,1 %
16,5 %
Private Unternehmen
76,1 %
43,5 %
Genossenschaften
72,5 %
28,2 %
Sonstige Unternehmen
78,4 %
24,1 %
Durchschnitt der Anbietergruppen
61,5 %
23,2 %
Quelle: KfW/IW Köln Wohngebäudesaniererbefragung 2010
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sieht in § 29 vor, dass die Eigentümer per Mehrheitsbeschluss einen Verwaltungsbeirat bestellen können. Zwingend notwendig ist ein solches Gremium nicht, es ist jedoch sinnvoll und entsprechend weit verbreitet.
Der Verwaltungsbeirat wird durch Mehrheitsbeschluss in der Eigentümerversammlung aus Mitgliedern der Gemeinschaft gewählt. Wenn die Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung nichts anderes vorsieht, reicht dabei die einfache Mehrheit der in der Versammlung Anwesenden. Das bedeutet, mehr als 50 Prozent der anwesenden Eigentümer müssen für den jeweiligen Kandidaten stimmen. In seiner nun gültigen Fassung schreibt das WEG weder eine Mindest- noch eine Höchstanzahl an Beiratsmitgliedern vor. Die Wohnungseigentümer können die Größe ihres Beirates nach den Bedürfnissen ihrer konkreten Gemeinschaft festlegen. Zweckmäßig ist jedoch eine ungerade Zahl, um eine Beschlussmehrheit in Beiratssitzungen zu ermöglichen. In der Regel besteht ein Verwaltungsbeirat aus drei Wohnungseigentümern – einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern. Wer welche Funktion übernimmt, kann im Beschluss der Wohnungseigentümer festgelegt werden. Es kann aber auch dem gewählten Beirat überlassen bleiben, wen er aus seiner Mitte zum Vorsitzenden wählt. Auch bezüglich der Bestelldauer macht das Gesetz keine Vorgaben. Ein Verwaltungsbeirat kann auf unbestimmte Zeit oder auch befristet bestellt werden. Die Beiratsmitglieder sind zumeist ehrenamtlich tätig und organisieren sich selbst. Sie bestimmen also Themen, Häufigkeit und Dauer ihrer Sitzungen selbst. Der Verwalter und andere Eigentümer können zu den Sitzungen eingeladen werden, sie haben jedoch keinen Anspruch darauf. Der Verwaltungsbeirat kann beispielsweise vereinbaren, mit einfacher Mehrheit Beschlüsse zu fassen. Diese haben allerdings keine Bindungswirkung für die Gemeinschaft. Mit der Gesetzesnovelle wurde die HAFTUNG von ehrenamtlichen Verwaltungsbeiräten auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt (§ 29 Abs. 3).
ZENTRALE AUFGABEN DES VERWALTUNGSBEIRATES (WEG 2020)
Er vertritt die Interessen der Gemeinschaft gegenüber dem Verwalter (§ 9b Abs. 2).
Er hat die Aufgabe, den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen und zu überwachen. Das Gremium soll den Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung prüfen und mit einer Stellungnahme versehen, bevor diese wichtigen Dokumente in der Eigentümerversammlung beschlossen werden (§ 29 Abs. 2).
Er ist befugt, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, wenn ein Verwalter fehlt oder die Einberufung pflichtwidrig verweigert (§ 24 Abs. 3).
Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirates oder sein Vertreter unterschreibt gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Eigentümerversammlung und einem weiteren Wohnungseigentümer die Niederschrift der in einer Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse (§ 24 Abs. 6).
In der vorherigen Fassung des WEG waren als weitere Aufgaben die Prüfung von Rechnungslegungen und Kostenanschlägen explizit aufgeführt. Dass diese Funktionen nun nicht mehr genannt sind, heißt jedoch nicht, dass der Verwaltungsbeirat sie nicht übernehmen kann oder darf. In der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung kann die Eigentümergemeinschaft dem Verwaltungsbeirat über das Gesetz hinausgehende BEFUGNISSE, Vollmachten und Aufgaben erteilen. Das ist auch per Mehrheitsbeschluss möglich. Weithin üblich ist beispielsweise, dass der Verwaltungsbeirat zum Abschluss des Verwaltervertrages oder auch zur Erteilung von Aufträgen „gemeinsam“ oder „in Abstimmung“ mit der Verwaltung ermächtigt wird. Doch Vorsicht: Solche Beschlüsse scheitern in Anfechtungsverfahren oft an unbestimmten Formulierungen, so die Beobachtung des Verbandes der Immobilienverwalter Deutschlands (VDIV). Er empfiehlt, im Beschluss genau zu formulieren, was unter „gemeinsam“ oder „in Abstimmung“ zu verstehen ist. Beispielsweise kann im Beschluss festgelegt werden, wie viele Beiratsmitglieder in die Entscheidungsfindung einzubinden sind und welche Mehrheitsregelungen gelten.
Die Eigentümer können den Beirat nicht per Beschluss zu Leistungen zwingen. Es reicht also nicht, dass die Eigentümerversammlung einen Beschluss über zusätzliche Aufgaben oder Aufträge des Verwaltungsbeirates fasst. Der Beirat muss diese in der Versammlung explizit annehmen oder ablehnen. Das sollte entsprechend dokumentiert sein.
Im Alltag und erst recht bei umfangreichen Maßnahmen wie einer energetischen Sanierung kann ein Verwaltungsbeirat eine SCHLÜSSELFUNKTION einnehmen und maßgeblich zum Gelingen beitragen. Meist engagieren sich vor allem diejenigen Wohnungseigentümer im Verwaltungsbeirat, denen die Wohnanlage besonders am Herzen liegt. Das sind vorwiegend Selbstnutzer. Sie sind ständig vor Ort, also für die anderen Selbstnutzer gut erreichbar und für weiter entfernt lebende Vermieter wichtige Ansprechpartner. Die Mitglieder des Verwaltungsbeirates können Anliegen, Bedenken und Anregungen, Fragen und Kritik von allen sammeln und in die Arbeit der Verwaltung einbringen.
In den schwierigen und komplexen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen über umfangreiche bauliche Maßnahmen kann der Verwaltungsbeirat damit Überlegungen anstoßen, den Informationsfluss auf allen Ebenen sichern, wertvolle Überzeugungsarbeit leisten, Ausgleich schaffen und zwischen den unterschiedlichen Interessen vermitteln. Kurz: Ein akzeptierter, engagierter und teamfähiger Verwaltungsbeirat kann den gesamten Prozess vorantreiben. Er kann bei der Auswahl externer Dienstleister einbezogen werden, Begehungen und Vorgespräche begleiten, Angebote und Kostenvoranschläge prüfen.
Je besser Verwaltungsbeiräte informiert sind, umso besser und verantwortungsvoller können sie diese Aufgaben wahrnehmen. Die Gemeinschaft profitiert davon, wenn Rechtsanwälte, Steuerberater oder Vertreter ähnlicher Berufe bereit sind, diese Aufgaben zu übernehmen und ihr Fachwissen für alle einzubringen. Nicht zu unterschätzen ist darüber hinaus die erforderliche Kommunikations- und Moderationskompetenz, um in dem oft hitzigen, manchmal sogar feindlichen Miteinander in der Gemeinschaft konstruktiv wirken zu können. Mit einer entsprechenden Schulung können sie darin unterstützt werden.
Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums einer Eigentumswohnanlage ist Aufgabe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (§ 18 Abs. 1 WEG). In der Regel beauftragt die Gemeinschaft damit einen gewerblichen Wohnimmobilienverwalter. Im Jahr 2017 waren auf diesem Feld deutschlandweit rund 24 600 Unternehmen mit mehr als 112 000 Beschäftigten tätig. Die Rechte und Pflichten der Verwaltungen sind im Wohnungseigentumsgesetz geregelt. Aus der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung, der Rechtsprechung, dem Verwaltervertrag und den Beschlüssen der Eigentümerversammlung können sich weitere Aufgaben ergeben. Die VERWALTERVERGÜTUNG und besondere Verwalterleistungen sind im Verwaltervertrag geregelt.
Hausverwaltungen werden für höchstens drei Jahre (Erstbestellung) bzw. fünf Jahre (Folgebestellung) bestellt (§ 26 Abs. 2 WEG) und sind normalerweise an einer langfristigen Zusammenarbeit und an Kunden interessiert, die sie weiterempfehlen. Umgekehrt hat die Eigentümergemeinschaft ein Interesse daran, kontinuierlich von einer kompetenten Verwaltung begleitet zu werden, die die Wohnanlage, die Eigentümer, die Mieter und alle Besonderheiten vor Ort kennt.
Für die Planung und Umsetzung einer umfangreichen Baumaßnahme ist ein gutes Miteinander von Eigentümern und Verwaltung das A und O. Im Team können Verwaltung und Verwaltungsbeirat substanzielle Vorarbeiten leisten und BESCHLUSSFASSUNGEN erleichtern, oft sogar ermöglichen. Doch ein Sanierungsprozess ist weder für die Eigentümer noch für die Verwaltung Alltag. Beide Seiten müssen wissen, worauf sie sich miteinander einlassen. Bevor es losgeht, ist daher ein guter Zeitpunkt, die Aussprache mit dem Verwalter zu suchen und zu besprechen, was in letzter Zeit besonders gut gelaufen ist, was weniger, was gar nicht. Was soll verbessert werden?
Zu den Aufgaben der Verwaltung gehört es auch, Erhaltungsmaßnahmen des gemeinschaftlichen Eigentums vorzubereiten und beschließen zu lassen. Nur: Die Vorbereitung und Begleitung mehrmonatiger Baumaßnahmen sind etwas anderes als die Organisation des Austausches von zehn defekten Dachziegeln. Es muss also geklärt werden, welche Aufgaben die Verwaltung übernehmen kann und will. Je nach Größe des Unternehmens kann das Sanierungsprojekt aufgrund seines Umfangs, seiner Komplexität oder auch der speziellen technischen Anforderungen die personellen oder auch die fachlichen Kapazitäten sprengen. Darüber hinaus erfordert ein solches Unterfangen ein hohes Maß an Prozessmanagementerfahrung und überfachlicher sozialer und kommunikativer Kompetenzen. Das ist nicht überall gegeben. Dass Verwaltungen die eigenen Möglichkeiten und Grenzen realistisch einschätzen, belegt eine Umfrage des Verbandes der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV). Darin gaben 31,4 Prozent der Umfrageteilnehmer an, sie fühlten sich wenig oder gar nicht qualifiziert, in Eigentümerversammlungen über energetische Sanierungsoptionen zu informieren. 35,1 Prozent fühlen sich wenig oder gar nicht qualifiziert, Finanzierungskonzepte zu erarbeiten. Nur wenn von Anfang an klar ist, welche Aufgaben die Verwaltung erfüllen kann und welche nicht, kann das bei der Zusammenstellung des übrigen Sanierungsteams entsprechend berücksichtigt werden.
RECHTE UND PFLICHTEN DES VERWALTERS (WEG 2020)
Er vertritt die Gemeinschaft gerichtlich und außergerichtlich (§ 9 b Abs. 1).
Er trifft Maßnahmen, die 1. untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder 2. zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind (§ 27 Abs. 1).
Er beruft mindestens einmal im Jahr eine Eigentümerversammlung ein (§ 24 Abs. 1).
Er führt die Beschlusssammlung (§ 24 Abs. 8).
Er erstellt jährlich einen Wirtschaftsplan mit den voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben (§ 28 Abs. 1 Satz 2).
Er stellt einmal im Jahr in einer Jahresabrechnung die tatsächliche Finanzsituation der Eigentümergemeinschaft dar (§ 28 Abs. 2 Satz 2).
Er erstellt nach Ablauf des Kalenderjahres einen Vermögensbericht (§ 28 Abs. 4).
Nur wenn von Anfang an klar ist, welche Aufgaben die Verwaltung erfüllen kann und welche nicht, kann das bei der Zusammenstellung des übrigen Sanierungsteams entsprechend berücksichtigt werden.
Viele Verwalterverträge sehen eine Aufspaltung der Vergütung in eine pauschale Grundvergütung und in Sondervergütungen für bestimmte Leistungen vor. So kann beispielsweise für die kaufmännische Betreuung von umfangreichen baulichen Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum (z. B. ab einem Investitionsvolumen von 10 000 Euro) eine Sondervergütung in Höhe von 4 Prozent, bei Hinzuziehen einer externen Bauleitung von 2 Prozent vereinbart werden. Eine solche Aufspaltung ist nicht zu beanstanden, wenn im Vertrag eine klare und transparente Abgrenzung erfolgt und darüber hinaus die tatsächliche Gesamtvergütung für laufend anfallende Aufgaben erkennbar ist. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 5.7.2019 (Az. V ZR 278/19) klargestellt.
Gibt es in einer WEG keine entsprechende vertragliche Regelung, dann sollten die Eigentümer mit ihrer Verwaltung offen über das Thema Vergütung sprechen. Den Eigentümern ist nicht damit gedient, ein ohnehin schwieriges und komplexes Projekt mit einer Verwaltung anzugehen, die möglicherweise unzufrieden und entsprechend unmotiviert ist, weil sie das Gefühl hat, nicht entsprechend ihren Leistungen bezahlt zu werden. Hat die Zusammenarbeit mit der Verwaltung in der Vergangenheit gut funktioniert und möchte diese aktiv an der Energiewende des Gebäudes mitwirken, dann besteht die Möglichkeit, sich auf ein Modell mit Sondervergütungen zu einigen. Die Höhe der Sondervergütung hängt von der Größe des Bauprojektes, seiner Kompliziertheit und dem daraus erwachsenden Arbeitsumfang sowie den Regelungen im Verwaltervertrag ab. Um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden, sollten die Leistungen des Verwalters, für die eine Sondervergütung vereinbart wird, im Vorfeld möglichst detailliert aufgeschlüsselt und per Beschluss festgelegt werden.
Es kann sich jedoch im Verlauf des Gespräches herausstellen, dass die gemeinsame Basis für eine komplexe Sanierung wackelig ist. Wenn eine oder beide Seiten jetzt schon Zweifel haben, dann ist es unter Umständen sinnvoll, vor Beginn des Megaprojektes den bisherigen Verwalter gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 abzuberufen. Liegt kein außerordentlicher Kündigungsgrund vor oder läuft der Verwaltervertrag nicht sowieso aus, endet dieser sechs Monate nach der Abberufung (§ 26 Abs. 3 Satz 2).
Bei der Suche nach einem neuen Verwalter ist neben Ortsnähe und einem gut funktionierenden Dienstleisternetzwerk die fachliche Qualifikation das wichtigste Kriterium. In Deutschland gibt es keinen Ausbildungsberuf zum Immobilienverwalter. Doch mit der Überarbeitung des Wohnungseigentumsgesetzes wurde erstmals ein gesetzlicher Anspruch auf einen fachkundigen gewerblichen Verwalter verankert. Ab spätestens 1. Juni 2024 hat jeder Wohnungseigentümer das Recht, als Teil der ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums die Bestellung eines zertifizierten Verwalters zu verlangen (§ 19 Abs. 2 Satz 6). Als KOMPETENZNACHWEIS dient eine IHK-Prüfung oder eine vergleichbare Qualifikation wie ein einschlägiges Hochschulstudium (§ 26a Abs. 1, Abs. 2 Satz 4).
Bereits 2017 wurde die Berufszulassung für Wohnimmobilienverwalter geregelt. Seither benötigen Wohneigentums- und Mietverwalter eine Erlaubnis nach § 34c der Gewerbeordnung. Voraussetzungen dafür sind geordnete Vermögensverhältnisse, Zuverlässigkeit und eine Berufshaftpflichtversicherung. Außerdem müssen Wohnimmobilienverwalter innerhalb von drei Jahren eine 20 Stunden umfassende FORTBILDUNGSPFLICHT erfüllen. Die Mitgliedsunternehmen der Landesverbände des Verbandes der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV) haben sich zu 45 Stunden Weiterbildung verpflichtet. Für den Sanierungsprozess ist es natürlich hilfreich, wenn die Verwaltung über möglichst umfangreiche Kenntnisse zu energetischen Maßnahmen verfügt. Darüber können Zusatzqualifikationen Auskunft geben. Das Europäische Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (EBZ) und der VDIV haben beispielsweise einen Zertifikatslehrgang „Klimaverwalter“ entwickelt. Im Idealfall hat der Verwalter in einer anderen WEG bereits energetische Maßnahmen begleitet. Dann bietet es sich an, den Kontakt in die dortige Eigentümerschaft zu suchen und sich vor Ort ein Bild zu machen. Möglicherweise ist manch eine getroffene Maßnahme oder Herangehensweise zum Nachahmen geeignet.
Energetische Baumaßnahmen sind so komplex, dass jede Gemeinschaft auf kompetente Berater, erfahrene Planer und versierte ausführende Unternehmen angewiesen ist. Dabei lohnt es sich, die notwendigen Spezialisten zu beauftragen. Das spart unterm Strich Reibungen, die eine oder andere Sackgasse und oft sogar bauliche Mängel.
Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl aller Dienstleister ist, dass sie möglichst umfangreiche Expertise in der energetischen Sanierung von möglichst vergleichbaren Mehrfamilienhäusern vorweisen sollten. Im Idealfall gibt es REFERENZOBJEKTE in der Umgebung, die besichtigt werden können.
Allerdings sind die Gegebenheiten in einer Eigentümergemeinschaft bekanntermaßen andere als die in einem Mehrfamilienhaus, das einem einzelnen Eigentümer oder einem Wohnungsunternehmen gehört. Die kommunikativen Herausforderungen sind für Externe noch weit größer als für Eigentümer und Verwaltung untereinander. Mindestens die leitenden Planer und Berater sollten im Umgang mit Eigentümergemeinschaften Erfahrung haben.
Von den ersten Überlegungen bis zur Bauabnahme werden viele Monate vergehen. Sehr hilfreich ist, in dieser Zeit an den wesentlichen Schnittstellen KONTINUITÄT zu sichern. Ein Verwalterwechsel im Lauf einer solchen Maßnahme kann die Abläufe nicht nur erheblich verzögern, sondern möglicherweise die gesamte Umsetzung gefährden. Kontinuität zählt jedoch genauso auf der anderen Seite des Tisches. Im Idealfall begleitet ein Planer das gesamte Projekt. Für diese Schlüsselrolle kommt der Energieberater, ein Architekt oder auch ein Bauingenieur infrage.
Wie das Team am Ende aussieht und welche fachlichen Ausrichtungen darin vertreten sind, hängt stark von der jeweiligen Maßnahme ab.
Je nach baulichen Anforderungen müssen Experten hinzu gezogen werden. Im Folgenden wird erläutert, welche Fachleute in Frage kommen.
Der erste und zugleich einer der wichtigsten Partner der Eigentümergemeinschaft ist der unabhängige Energieberater. Er analysiert die wichtigsten Gebäude-, Anlagen- und Verbrauchsdaten und erarbeitet ein energetisches Gesamtkonzept. Das enthält Vorschläge für einzelne Energieeffizienzmaßnahmen samt einer ersten Abschätzung zu Kosten und Wirtschaftlichkeit, Hinweisen auf Fördermöglichkeiten und Empfehlungen zur schrittweisen Umsetzung (siehe Seite 34